Henry RAWLINSON
(05.04.1810 - 05.03.1895)
Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros
- 1810
- 05. April: Henry Creswicke Rawlinson wird als zweiter von drei Söhnen des Pferdezüchters Abram Rawlinson und dessen Ehefrau Elizabeth, geb. Creswicke, in Chadlington (Oxfordshire) geboren.
- 1826
- Rawlinson tritt als Offiziersanwärter in die Armee der British East India Company [EIC] ein.
- Zur Ausbildung gehört u.a. das Erlernen der persischen Sprache.
- 1833
- Rawlinson wird als Militärausbilder nach Persien abkommandiert, das damals mit Großbritannien verbündet ist. Der Šāh will eine moderne Armee nach westlichem Vorbild aufbauen.
- [Als potentieller gemeinsamer Feind gilt Rußland. Nachdem sich Großbritannien in den Napoleonischen Kriegen fast alle französischen und holländischen Kolonien in Asien gekrallt hat, ist das Tsarenreich der einzige verbliebene Konkurrent um die Position der Weltmacht Nr. 1; und Persien ist das Objekt
Nr. 1 Nr. 2 (nach Konstantinopel :-) seiner Begierde.]
- 1836
- Der Norweger Christian Lassen - Professor für altindische Sprache und Literatur und Altiranistik an der Universität Bonn - veröffentlicht "Die altpersischen Keil-Inschriften von Persepolis. Entzifferung des Alphabetes und Erklärung des Inhalts".
- Rawlinson wird nach Kirmanshāh versetzt.
- Im nahe gelegenen Bihistūn entdeckt er alte Reliefs mit [Keil-]Inschriften in drei Sprachen (Altpersisch, Elamitisch und Babylonisch) und zeichnet sie eigenhändig ab. (Die Daguerreotypie wird erst 1839 erfunden.)
- 1837-38
- Rawlinson.
- 1839
- Juli: Als Reisebegleiter des Kaffeepflanzers Edward Mitford bricht Rawlinson nach Ceylon auf, das die Briten einige Jahre zuvor den Holländern geraubt (und
- anders als Insulinde, das heutige "Indonesien" - auch nach Beendigung der "Napoleonischen Kriege" nicht zurück gegeben) hatten, wo sein Vater bis zu seiner
Frühpensionierung tätig gewesen war.
- Anders als damals üblich, wählen sie nicht den Seeweg um das Kap der Guten Hoffnung (das Kapland ist ebenfalls eine von den Briten kurz zuvor geraubte
und nicht zurück gegebene Ex-Kolonie der Holländer), sondern den Landweg.
- 1840
- Auf dem Weg durch das
Osmanische Reiche
macht Rawlinson von Konstantinopel aus Abstecher nach Jerusalem, Petra und Ammon. 20 Meilen hinter Mossul sieht er einen auffälligen Hügel und beschließt, ihn
eines Tages zu erforschen. Von Bagdad aus besichtigt er die Ruinen von Babylon.
- Anschließend reist er weiter nach Persien.
- 1841
- Rawlinson gerät in kriegerische Auseinandersetzungen zwischen der persischen Regierung und aufmüpfigen Stämmen, die ihn zur Flucht zwingen. Er schlägt sich
mit knapper Not bis zum britischen Militär-Residenten nach Bagdad durch.
- (Der Ruf, den er sich damit - durch einen ausführlichen schriftlichen Bericht nach England - erwirbt, führt dazu, daß er später bevorzugt
zu Missionen in Kriegs- oder Bürgerkriegsgebieten eingesetzt wird.)
- 1842
- Rawlinson reist zurück nach Konstantinopel, wo er in die (Privat-)Dienste des britischen Botschafters Canning tritt, der hinter dem Rücken der Londoner
Regierung seine eigene Nahost-Politik betreibt - zu der auch die Entdeckung "interessanter Altertümer" (und ihr Abtransport nach England :-) gehört.
- 1845-47
- Im Auftrag Cannings erforscht Rawlinson den ominösen Hügel hinter Mossul, unter dem er irrtümlich Ninive, die alte Hauptstadt der Assyrer, vermutet.
(Später stellt sich jedoch heraus, daß es sich um das biblische Kalah handelt, die Stadt Nimruds, nach dem der Ort heute benannt ist.)
- Er findet großflächige Reliefs und Skulpturen, u.a. Adler, Stiere und eine Art Sfinx (Löwe mit Flügeln und Menschenkopf), die nach England
verschifft werden, als Geschenke für das British Museum.
- Er dehnt seine Untersuchungen auf einen weiteren Hügel bei Kujundschik aus, unter dem sich tatsächlich die Überreste von Ninive verbergen (was er jedoch
noch nicht weiß; für größere Ausgrabungen fehlt es ihm einstweilen an finanziellen Mitteln).
- 1848/49
- Rawlinson kehrt nach England zurück. Er schreibt "Niniveh and Its Remains". Das mit Kupferstichen reich illustrierte Buch wird zum Bestseller und trägt
ihm neben bescheidenem Ruhm und etwas Geld (den Löwenanteil am Verkaufserlös steckt der Verleger ein :-) auch einen Ehrendoktorhut der Universität Oxford
ein.
- 1849-51
- Rawlinson, pro forma zum Attaché an der britischen Botschaft in Konstantinopel ernannt, nimmt - nunmehr offiziell im Auftrag des British Museum - weitere
Grabungen in "Nimrud" und Kujundschik vor. In alten Königspalästen macht er erneut reiche Beute**, die wiederum nach England verschifft (und z.T. auf der
Londoner
Weltausstellung
gezeigt) wird, u.a. die vermeintliche "Bibliothek Assurbanipals" (wohl eher das Staatsarchiv) - über 20.000 Tontafeln mit Keilschrift in mehreren Sprachen,
die später wesentlich zu deren Entschlüsselung beitragen.***
- Danach kehrt Rawlinson aus gesundheitlichen Gründen (er hatte sich - wohl schon auf seiner ersten Orient-Reise - Malaria zugezogen) nach England
zurück.
- 1852
- Rawlinson.
- 1853-56
- Im Krimkrieg Rawlinson.
- 1856-58
- Rawlinson.
- 1858-59
- Rawlinson.
- 1860-61
- Rawlinson.
- 1862
- Rawlinson heiratet Louisa, geb. Seymour. (Aus der Ehe gehen zwei Söhne hervor.)
- 1864
- .
- 1864-65
- Rawlinson.
- 1866-68
- Rawlinson.
- 1868
- Rawlinson.
- 1869
- März: Rawlinson
adoptiertheiratet seine Nichte, die 26 Jahre jüngere Mary Guest. [Die Ehe bleibt kinderlos.]
- (Sein Kollege
Heinrich Schliemann
toppt das sechs Monate später, als er die 30 Jahre jüngere Sofía Engastroménos heiratet :-)
- 1870
- .
- 1871
- .
- 1872
- .
- 1874
- Rawlinson veröffentlicht.
- 1876
- Rawlinson.
- 1878
- Rawlinson veröffentlicht.
- 1881
- Rawlinson veröffentlicht .
- 1884
- Rawlinson veröffentlicht.
- 1886
- Rawlinson veröffentlicht.
- 1888
- .
- 1894
- 05. Juli: Austen Henry Rawlinson stirbt in London.
- Posthum erscheint .
* * * * *
- 1994
- Eines der von Rawlinson aus "Nimrud"
geraubtengeretteten Reliefs erzielt bei einer Versteigerung durch das Auktionshaus Christie's
7,7 Millionen Pfund.
*In angelsächsischen Ländern galt Anwalt noch bis ins 20. Jahrhundert als Lehrberuf, d.h. es bedurfte nicht des Besuchs einer "Law School" oder gar einer Universität. Es bedurfte allerdings einer gesonderten Prüfung, um Mitglied der "Bar" ("Barrister") zu werden und vor Gericht auftreten zu dürfen; ansonsten konnte man lediglich nicht-forensische Rechtsberatung als "Solicitor" betreiben. [In der Praxis arbeiteten beide Berufsgruppen jedoch meist zusammen.]
**Dikigoros meint das durchaus nicht cynisch. Viele Überreste, die aus der "Dritten Welt" nach Europa gebracht wurden, sind dadurch
vor der Vernichtung bewahrt
worden. Das gilt insbesondere für Länder, die in die Hände der Muslime gefallen sind, die zu jenen Überresten keine eigene historische Beziehung hatten/haben und auch kein anderes als finanzielles Interesse - außer ggf. dem, sie als Werke der "Ungläubigen" zu zerstören (Afģānistān, Ägypten, Irak, Iran, Pākistān, Syrien, Türkei). Speziell die von Rawlinson "geraubten/geretteten" Fundstücke aus Mesopotamien hätten die jüngsten Golfkriege bzw. die Nachkriegswirren wohl nicht überstanden. Gewiß erlitten sie durch den z.T. unsachgemäßen Transport nach England gewisse Schäden; diese wurden jedoch durch die Restauratoren des British Museum weitgehend behoben, wovon sich jeder Besucher mit eigenen Augen überzeugen kann.
***Als wichtigster Fund galt nach Entzifferung der Tontafeln das so genannte "Gilgamesch-Epos". In kirchlichen Kreisen wurde es als Beweis für die Richtigkeit der biblischen Überlieferung von der "Sintflut" Noahs angesehen. Andere Kreise fühlten sich in ihrer Annahme bestätigt, daß die Juden große Teile des "Alten Testaments" bei den Babyloniern abgeschrieben hatten. Bei näherem Hinsehen hält sich die Ähnlichkeit der beiden Texte allerdings in Grenzen. Inzwischen hat sich die Auffassung durchgesetzt, daß es Flutkatastrofen an mehreren Orten und zu mehreren Zeiten gab, so daß es eine müßige Frage ist, ob sich die beiden Überlieferungen auf ein- und dieselbe beziehen oder nicht oder doch.
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