Druckfassung (neues Fenster)Paranoide Komplottjäger
Wer fälschte die Hitler-Tagebücher?

Waren die falschen Hitler-Tagebücher ein Komplott der SS? Das fragen sich die BILD und eine britische Journalistin. Aber die ganze Wahrheit ist noch viel schlimmer: Der wahre Schuldige war wieder einmal Osama bin Laden!

stern 1983: Hitler-Tagebücher als journalistische Sensation

stern 1983: Hitler-Tagebücher als journalistische Sensation.

stern: Der journalistische Flop des 20. Jahrhunderts

Die Story kennt jeder. 1983: Gerd Heidemann, Reporter beim stern, "entdeckt" die Hitler-Tagebücher, die der Fälscher Konrad Kujau in nahezu satirischer Manier für ihn beschreibt. Die Geschichte des "Dritten Reichs" sollte umgeschrieben werden müssen. Tja, war dann wohl doch nichts. Dafür bekamen wir aber mit "Schtonk!" einen der besten deutschen Filme aus dem Genre der Satire inklusive einem extrem schmierig-genialen Götz George.

Alt-Nazis und die Tagebücher?

Die britische Journalistin Gitta Sereny hat für ihr neuestes Buch im 19 Jahre alten Skandal recherchiert und Unglaubliches zutage gefördert. Der Ex-SS-Soldat und Waffenhändler Medardus Klapper hatte Verbindungen zu senilen Alt-Nazis und dubiosen Halbwelt-Ganoven. Neben Kujau und Heidemann tauche auch Klapper auf der 10-Millionen-Mark-Liste der stern-Zahlungen auf. Von Klapper stammen angeblich die "gut recherchierten" Fakten in den Tagebüchern und ebenfalls Unterlagen über den Leibwächter von Rudolf Heß, die für die Bilderstrecke zum Tagebuch-Bericht dienten.

BILD vom 24. April 2002

BILD vom 24. April 2002.

Zudem soll von Klapper die Geschichte über den angeblich noch lebenden Martin Bormann stammen, er fälschte ein Foto mit sich und einem falschen Bormann, der echte starb 1945. Obwohl Klapper seine Unschuld beteuert, wurde er wegen Betrugs verurteilt. Die Akten über Heß allerdings waren keine Fälschung, was Gitta Sereny auf die Spur von Alt-Nazis in Südamerika brachte. Deren angebliches Motiv soll eine versuchte Geschichtsfälschung gewesen sein, die den Führer in ein besseres Licht gerückt hätte.

War das schon alles?

Keinerlei weitere Infos, liebe BILD? Müssen die Leser jetzt darauf warten, daß das Buch auch irgendwann in Deutschland erscheint? Oder stellt die Journalistin nur Vermutungen an? Ist die ganze Story vielleicht noch viel brisanter und so angsteinflößend, daß man die Leser schonen will?

In den Zeiten des internationalen Terrorismus muß man vorsichtig sein, um keine Panik zu erzeugen. Erst der Terroranschlag auf Djerba, gut übermalt durch die tunesische Tourismusbehörde und geplant von Osama bin Ladens El Kaida. Dann zeigen sich Verbindungen nach Deutschland auf - wieder einmal. Und jetzt wurde eine Terrorzelle der Al-Tawhid hochgenommen, die von Deutschland aus ihre Verbindungen unterhielt und vermutlich auch Anschlage in Deutschland geplant hatte.

Zunächst sagt uns das, daß die internationalen Terrorgruppen wohl Deutschland als Zentrale ausgewählt haben. Das spricht für ihren guten Geschmack, was die Landschaften, das Essen und die deutsche Ignorier-Mentalität angeht. Latente Ausländerfeindlichkeit funktioniert bei uns eben über das völlige Nichtwahrnehmen. Diese Gruppen scheinen ihre Kontakte schon länger zu betreiben. In den 70er Jahren ließen sich auch RAF-Leute in Nahost-Camps ausbilden. Die Regierungen der Bundesrepublik, aber auch Strauß in Bayern, pflegten Kontakte zu vielen arabischen Staaten zwecks Waffenverkäufen.

Die ganze Wahrheit!

Vielleicht waren die Hitler-Tagebücher in Wahrheit ein Komplott von Osama bin Laden. Sozusagen sein Gesellenstück, mit dem er versuchen wollte, die bundesrepublikanische Gesinnung vom Intellekt her zu unterlaufen. Dumm nur, daß es mit dem Intellekt nicht so weit her ist bei uns. Und dumm, daß man Deutsche mit ihm Team hatte, die wollen immer gleich zu viel Geld haben und können nicht für ehrhafte Ziele kämpfen. Osama bin Laden hat die Hitler-Tagebücher in Auftrag gegeben? Auch eine schöne Komplott-Idee... Wie wäre es mit einer neuen Serie, liebe BILD-Zeitung??? Wir warten gespannt...

Die einzig belegte Aussage der letzten Wochen über Hitler war übrigens in stern.de nachzulesen: "Was vermutlich kaum einer der jetzigen polnischen Einwohner der früher deutschen Landeshauptstadt Pommerns wusste, fand das Ratsmitglied Janusz Modrzejewski kürzlich im Stadtarchiv heraus. Danach gehört der nationalsozialistische Diktator seit 1943 zu den Ehrenbürgern der Stadt - und auch nach 1945, als der größte Teil der deutschen Ostgebiete an Polen fiel, änderte sich an diesem Status nichts." Und das beinaltet, würde Hitler noch leben, daß er umsonst Straßenbahn fahren und im Verein trainieren dürfte. Außerdem hätte er Anspruch auf ein Ehrenbegräbnis. Und seine Tagebücher dürfte er mit ins Grab nehmen...

satiricum.deKarsten Wilke
26. April 2002

     

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