"PABLO NERUDA"
Eliecer Ricardo Neftalí Reyes Basoalto*
(12.07.1904 - 23.09.1973)
Tabellarischer Lebenslauf
zusammengestellt von
Nikolas Dikigoros
- 1904
- 12. Juli: Eliecer Ricardo Neftalí Reyes Basoalto wird in Parral (Chile) als Sohn des Eisenbahners José Carmen Reyes Morales und der Lehrerin Rosa Basoalto de Reyes geboren. (Die Mutter stirbt kurz nach der Geburt.)
- 1906
- José Reyes heiratet in zweiter Ehe Trinidad Candia Marvedre und zieht mit der Familie nach Temuco.
- 1916
- Ricardo lernt die Dichterin
Gabriela Mistral kennen.
- 1917
- Ricardo veröffentlicht seinen ersten Atikel in La Mañana.
- 1918
- Ricardo veröffentlicht sein erstes Gedicht: "Mis ojos [meine Augen]" in Corre-Vuela.
- 1920
- Ricardo veröffentlicht weitere Gedichte in Selva Austral, wobei er erstmals das Pseudonym "Pablo Neruda" benutzt.
- 1921
- Ricardo beginnt ein Lehramtsstudium (Hauptfach Französisch) am Pädagogischen Institut von Santiago de Chile.
- 1924
- Ricardo veröffentlicht "20 Liebesgedichte und ein verzweifelter Gesang".
- 1927
- Ricardo wird als chilenischer Konsul nach Rangoon (British Indien) entsandt. Als Diplomat lernt er u.a.
Federico García Lorca und
Jorge Luis Borges kennen.
- 1930
- Ricardo heiratet die Niederländerin Marie-Antoinette Hagenaar. (Aus der Ehe, die 1936 getrennt und 1942 geschieden wird, geht eine geisteskranke Tochter - Malva Marina - hervor, die 1942 stirbt.)
- 1935
- Ricardo wird an die chilenische Botschaft in Madrid versetzt.
- 1936
- Nach Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs stellt sich Ricardo demonstrativ auf die Seite der "Rojos" und wird daher aus dem diplomatischen Dienst Chiles entlassen. Er geht nach Paris, wo er eine
politischepoetische Zeitschrift heraus gibt, die jedoch bald eingeht.
- 1938
- Neruda kehrt nach Chile zurück und wird Redakteur der Zeitschrift "Aurora de Chile".
- Dezember: Nach dem Sieg der Volksfront in Chile wird der Kommunist Pedro Aguirre
CerdoCerda neuer Präsident. Er errichtet ein Terror-Regime, in dem "Rechte" blutig verfolgt werden, und holt Neruda zurück in den diplomatischen Dienst.
- 1939
- Neruda baut in Paris ein Zentrum für Kommunisten auf, die das sinkende Schiff Spanien verlassen und in Chile Asyl erhalten. Nach Ende des Spanischen Bürgerkriegs wird Neruda Generalkonsul in Mexiko.
- 1942
- Neruda schreibt einen "Liebesgesang für Stalingrad", in dem er den Kampf der Roten Armee verherrlicht.
- 1943
- Neruda kehrt nach Chile zurück, tritt der kommunistischen Partei bei und heiratet in zweiter Ehe seine langjährige Maitresse Delia del Carril. (Die Ehe wird 1955 geschieden.)
- 1945
- Neruda wird Mitglied des chilenischen Senats. Die sozialistische Regierung schickt ihn nach Frankreich, um dort noch immer internierte spanische Kommunisten - Strandgut des Bürgerkriegs - für die Auswanderung nach Chile zu gewinnen.
- 1948
- Nachdem Neruda erfolglos zum Sturz des neuen, nicht-kommunistischen Präsidenten Videla aufgerufen hat, flieht er über Argentinien und Mexiko nach Frankreich, das ihm auf Fürsprache seines Freundes
Pablo Picasso
die Staatsangehörigkeit verleiht.
- 1949
- Aus Angst vor Auslieferung durch Frankreich an Chile siedelt Neruda in die Sowjet-Union über; dort freundet er sich mit Gleichgesinnten, wie dem jüdischen Kriegspropagandisten Ilja Ehrenburg und dem türkischen Exilanten Nazim Hikmet an.
- Auch auf Reisen nach China - wo gerade
Mao Tse-tung
den Bürgerkrieg gewonnen hat - und im zwei Jahr zuvor von Großbritannien in die Unabhängigkeit entlassenen Indien - wo
Nehru
sich am Aufbau des Sozialismus versucht - verbreitet Neruda Propaganda für das kommunistische Arbeiter- und Bauern-Paradies.
- Die DDR wird gegründet. Noch im selben Jahr wird der Gedichtband "beleidigtes Land" veröffentlicht. Neruda ist damit einer der ersten ausländischen Dichter, dessen Werke dort gedruckt werden.
- 1950
- Neruda veröffentlicht "Canto General", ein Sammelsurium von Gedichten über Lateinamerika, die er während der zurück liegenden Jahre geschrieben hat. Am bekanntesten wird "Alturas de Macchu Picchu".
- 1952
- Nachdem in Chile erneut die Kommunisten an die Macht gelangt sind, kehrt Neruda dorthin zurück und widmet sich seiner Propaganda-Tätigkeit.
- 1953
- Neruda wird für besondere Verdienste um den Kommunismus der sowjetische "Stalin-Preis" (später in "Lenin-Preis" umbenannt) verliehen.
- 1956
- Auch nach dem 20. Parteitag der KPdSU, auf dem Chruschtschow die Verbrechen
Stalins
anprangert, bleibt Neruda strammer Stalinist. Er beginnt jedoch an der Sowjetunion, die ihren großen Führer derart verleugnet, zu zweifeln.
- 1957
- Neruda wird Präsident des chilenischen Schriftstellerverbandes.
- 1960
- Neruda besucht Kubas
Diktator"Máximo Lider [größten Führer]"
Fidel Castro,
der gerade begonnen hat, die bis dahin reichste Insel der Karibik gründlich zu ruinieren in ein sozialistisches Paradies zu verwandeln, und veröffentlicht "Hundert Liebes-Sonette".
- 1965
- Neruda nimmt als Mitglied des Präsidiums am kommunisischen "Weltfriedenskongreß" in Helsinki teil, auf dem sich der Bruch zwischen der Sowjetunion und Rotchina abzeichnet.
- 1966
- Neruda heiratet in dritter Ehe die Sängerin Matilde Urrutia.
- 1967
- Neruda wird von der Universität Leipzig zum Dr. h.c. promoviert.
- 1969
- Die Kommunistische Partei Chiles will Neruda zum Präsidentschafts-Kandidaten nominieren; er verzichtet jedoch zugunsten seines Freundes Salvador Allende.
- 1970
- Nach Allendes Machtergreifung wird Neruda Botschafter Chiles in Paris.
- 1971
- Oktober: Neruda wird der Nobelpreis für Literatur verliehen - eine offenbar politische Entscheidung, denn sein Werk ragt nur quantitativ, nicht aber qualitativ, heraus.
- 1972
- Dezember: Neruda, der an Lungenkrebs (nach anderen Quellen: an Leukemie) erkrankt ist, kehrt nach Chile zurück, wo inzwischen - nach Verstaatlichung der Schlüsselindustrien und Enteignung des privaten Grundbesitzes - Hyperinflation, Armut und Hungersnot herrscht.
- 1973
- September: General
Augusto Pinochet
befreit Chile mit Hilfe der USA vorübergehend vom Kommunismus. Entgegen späteren Behauptungen verhält er sich streng rechtsstaatlich und läßt Individuen wie Neruda nicht verfolgen. In einem seiner letzten Gedichte ("Incitación al Nixoncido") ruft Neruda zur Ermordung des US-Präsidenten
Richard Nixon auf.
- 23. September: "Pablo Neruda" stirbt in Santiago de Chile.**
- Seine Bebräbnisfeier wird von den Kommunisten zu einer Hetzveranstaltung gegen Pinochet und dessen Vor-Vorgänger, den Christdemokraten Eduardo Frei, umfunktioniert; die Regierung läßt die Veranstaltung jedoch unbehelligt ablaufen. Auch Nerudas Memoiren ("Confieso que he vivido", deutsche Übersetzung unter dem Titel "Ich bekenne, daß ich gelebt habe") dürfen unzensiert erscheinen.
- Nicht nur in der SU, der DDR u.a. kommunistischen Staaten, sondern auch in Ländern des Westens, wo gewisse Politiker ebenfalls den ("demokratischen") Sozialismus aufbauen wollen, wie der BRD (BK
Brandt) und Schweden (MP
Palme),
wird Neruda posthum zum großen Poeten und Menschenfreund hochstilisiert. Straßen und Plätze werden nach ihm benannt, Briefmarken, Münzen und Medaillen mit seinem Konterfei versehen.
- 1995
- Michael Radfords The Postman - eine Verfilmung des Romans Il postino von Antonio Skarmetas über den (fiktiven) Aufenthalt Nerudas als Exilant auf einer italienischen Mittelmeer-Insel im Jahre 1952 - wird für mehrere "Oscars" nominiert, gewinnt jedoch keinen einzigen. Der von linken Kritikern hoch gelobte Streifen flopt an den Kinokassen.
- 2004
- Juni: Zu Nerudas 100. Geburtstag veranstaltet die Universität Leipzig ein "Pablo-Neruda-Symposium" und überhäuft ihn mit Lobhudeleien wie "Universallyriker", "Heimatlyriker", "Universaldichter" und "Dichter der Massen" (was sich nur auf seine literarische Massenware beziehen kann, denn die Masse der Normalverbraucher kennt ihn nach wie vor nicht :-). Zutreffend erscheint allerdings seine Einordnung als "Picasso der Lyrik", denn sein literarisches Opus dürfte objektiv betrachtet ebenso wertvoll sein wie das künstlerische Œuvre jenes
AnstreichersMalers.
- 2006
- In Chile ergreifen die Kommunisten erneut die Macht. Sie wandeln Nerudas Grabstätte in einen Wallfahrtsort für den PKPT (politisch korrekten Pilger-Tourismus) um.
*Klingt ja enorm - aber wer will schon "Elias Ölig-Tiefenhoch" heißen?! "Pablo Neruda" offenbar nicht. Schon bevor er jenes Pseudonym annahm, ließ er seine jüdischen Namensbestandteile - Naftali ist einer der 12 Stämme Israels (der nordöstlichste) - zumeist weg und nannte sich bloß "Ricardo Reyes".
**Als Todesursache wird "Prostatakrebs" angegeben. 40 Jahre später wird seine Leiche wieder ausgebuddelt exhumiert, um die Todesursache nachträglich in "Giftmord auf Befehl von Pinochet" zu ändern. (Man findet zwar keine Giftspuren, aber die Behauptung, Pinochet sei an seinem Tode schuld, macht sich immer gut, und widerlegen kann man sie ja ebenso wenig wie beweisen :-)
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