KEIN "WUNDER VON KARFREIT"

Der Einsatz von Giftgas entschied 1917 die Schlacht bei Kobarid

von Beppo Beyerl (Wiener Zeitung, 19.05.1998)

(Bebilderung, Anmerkungen und Nachwort von Dikigoros)

[zeitgenössisches Gemälde]

In der österreichischen Geschichtsschreibung wird es als "Wunder von Karfreit" bezeichnet, manche Militärhistoriker treiben die Etymologie auf die Spitze und würdigen das "Karfreitag-Wunder", obwohl es sich in den Morgenstunden des 24. Oktober 1917 ereignete. Und der slowenische Ort Kobarid kann ja wirklich nichts dafür, daß er auf italienisch zwar unverfänglich Caporetto, auf deutsch hingegen Karfreit heißt. Zu alledem hat sich das Wunder gar nicht in Karfreit, sondern in Bovec/Flitsch/Plezzo zugetragen. [Na ja, das sollte man doch nicht auf die Goldwaage legen. Streng genommen fand auch die "Schlacht von Tannenberg" nicht in Tannenberg statt, die "Schlacht von Langemarck" nicht bei Langemarck, und die "Schlacht im Teutoburger Wald" nicht im Teutoburger Wald, Anm. Dikigoros]

Dort - in Bovec/Flitsch - bildeten nach der 11. Isonzoschlacht die Truppen der 2. Italienischen Armee einen schier uneinnehmbaren Sperrriegel durch die Sohle des Socatales/Isonzotales. Doch am 24. Oktober durchbrachen die österreichisch-deutschen Verbände des 1. Korps der 14. Armee in einem wunderbaren Furioso den Verteidigungsriegel der Gegner. Der nun einsetzende rasante Sturmlauf der sowohl im Tale als auch über die Berge angreifenden 14. Armee konnte erst am 12. November am Ufer des Flusses Piave gestoppt werden.

In der Zwischenzeit ließ sich der Oberste Kriegsherr Karl in seiner Staatskarosse in Siegerpose durch das von Italienern restlos gesäuberte Socatal (Isonzotal) führen. Beindruckt heftete er in Kobarid/Karfreit dem Kommandanten des 1. Korps, General Alfred von Krauss, den nächsten Orden auf die stolzgeschwellte Brust.

Diesem Obersten Kriegsherrn Karl gelten seit Jahren die Bemühungen einer kleinen Gruppe unentwegter Aktivisten um den monarchistischen Altbischof Hans Hermann Groër, die eine Seligsprechung ihres Idols im Vatikan anstreben. 50.000 Bittbriefe sollen dort eingelangt sein, 2.000 "Nachrichten um Gebetserhöhung" liegen vor, die literarische Seligsprechung erfolgte bereits in der Biographie "Karl I. - ein Kaiser sucht den Frieden" , in der der Autor Heinz von Lichem bekennt: "... daß das Böse per se versucht hat, sein Wirken zu bekämpfen. Aber er, Karl, Diener Gottes und letzter Kaiser von Österreich, hat diesem Bösen, diesen Kräften der Hölle widerstanden, ließ sich vom Bösen nicht korrumpieren... und starb in Frieden mit seinem Gott."

Für die offizielle Seligsprechung durch den Vatikan ist allerdings laut Regolamento der "Heiligen Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungsprozesse" mehr als ein lobhudelndes Buch erforderlich: "Für die Seligsprechung ist ein ordnungsgemäß bewiesenes Wunder notwendig."

Also - wie wär's mit dem Wunder von Karfreit? Immerhin brachten mehrere Autoren - unter anderem der katholische Priester und Publizist Rudolf Schermann (Zeitschrift "Kirche Intern" ) sowie der slowenische Arzt und Historiker Vasja Klavora ("Blaukreuz - die Isonzofront Flitsch/Bovec 1915 - 1917" im Klagenfurter Hermagoras/Mohorjeva-Verlag) Licht in die bisweilen unerforschte und geheimnisvolle Konsistenz eines Wunders.

Die teils in den Fels eingehauenen und teils mit Beton überdeckten Stellungen der Italiener galten tatsächlich als uneinnehmbar.

Da mußte schon eine Wunderwaffe her, die bis dato im Kriegsverlauf noch nie eingesetzt wurde, die völlig neu war für die mit bodenständigen Kriegsmaterialien vertrauten Infantristen und Artilleristen und deren verheerende Auswirkungen weder von Feind noch von Freund richtig eingeschätzt werden konnten: Giftgas.

111.000 Gasgranaten setzten die deutsch-österreichischen Verbände ein, schrieben slowenische Historiker, andere kamen auf nur 89.000 Gasgranaten, wieder andere auf 68.100. Die Gasgranaten wurden ergänzt durch die 894 in den Boden eingegrabenen Minengaswerfer eines deutschen Gaswerferbataillons, von den ursprünglich geplanten 1.000 Gaswerfern sind mehr als 100 beim aufwendigen Transport beschädigt worden. Als "Gaswerfer" wurden nicht die bedienenden Mannschaften, sondern die Minen schleudernden Apparaturen bezeichnet: "Die Mine, eigentlich ein einfacher Metallbehälter, der oberhalb mit einem Zünder und explosivem Material ausgerüstet war, wurde mit 12 bis 15 Liter Phosgen bzw. Di-Phosgen unter Druck gefüllt. Sie wurde mit Hilfe einer elektrisch gezündeten explosiven Ladung abgeschossen. So konnte eine größere Zahl von Minen gleichzeitig abgefeuert werden" , soweit Vasja Klavora.

Auf Granaten und Minen waren blaue und grüne Kreuze gepinselt. Die "Blaukreuze" enthielten den Reizstoff Diphenylchlorarcin, der über Reizungen der Schleimhäute zu Niesen, Husten und Erbrechen führte. Die "Grünkreuze" waren mit Phosgengasen gefüllt, die absolut tödlich wirkten. Angeblich sollen auch "Gelbkreuze" verwendet worden sein, doch fehlen genaue Angaben über Einsatz und Zusammensetzung des betreffenden Giftgases. Beim Angriff wurde zuerst der Reizstoff "Blaukreuz" abgefeuert, der die Italiener zum Herunterreißen ihrer Gasmasken zwang. Das danach abgeschossene "Grünkreuz" wirkte schon in kleinster Dosis tödlich.

Am 24. Oktober des Jahres 1917 begann die 12. Isonzoschlacht um zwei Uhr früh mit dem Befehl "Feuer". Vielleicht glaubten die einfachen Soldaten, daß sie ihre gewohnten Granaten abfeuerten, auf die zwecks Unterscheidbarkeit ein blaues oder ein grünes Kreuz gemalt war. Wahrscheinlich hatte keiner von ihnen in seinem bisherigen Kriegsleben irgendetwas gehört von Stoffen wie Phosgen oder Di-Phosgen. Sicher wußte niemand, daß der Einsatz dieser Giftgase in der Haager Konvention verboten war, und unter "Haager Landkriegsordnung, HLKO, 2. Abschnitt" hätte jeder nur Bahnhof verstanden.

An die 100.000 Gasgranaten, dazu 900 andauernd feuernde Minenwerfer - die Wunderwaffen hielten, was die Heeresleitung sich von ihnen versprach. Vier Stunden lang - von 2 bis 6 Uhr - prasselten die Granaten und die Minen auf die gegenüberliegenden Kavernen und Erdlöcher. Die Italiener wurden im wahrsten Sinn des Wortes im Schlaf überrascht: Sie erstickten in den Unterständen und in den Schützengräben; manche schafften es nicht mehr, ihre noch dazu untauglichen Gasmasken aufzusetzen; wer sie aufsetzte, riß sie in Todesangst wieder hinunter; wer sie nicht herunterriß, erstickte trotzdem, da das Giftgas Phosgen mühelos durch die schwachen Kohle-Filter drang; neben ihnen verreckten die Ratten und die Zugtiere; in den Kavernen wurden die Fernsprecheinrichtungen zerstört, aber es lebte ohnehin keiner mehr, der sie bedienen konnte.

Um 6 Uhr lag in der Talsohle eine Nebelsuppe aus tödlichen Giftgasen. Von nun an bis 8.30 Uhr feuerte die Artillerie und machte alles dem Erdboden gleich, was sich mit Glück oder Zufall dem tödlichen Gift entziehen konnte. Die Kriegsberichterstatter meldeten, daß 40.000 Italiener in den Morgenstunden des 24. Oktober 1917 gefallen sind. Präzise ist diese Angabe nicht, da sie im Sitzen oder Liegen vergast wurden und daher schwer umfallen konnten. - Also gut, die Italiener verloren an die 40.000 Mann. Aha, die wurden einfach verloren? Hätte man nicht auf sie besser aufpassen können? - 40.000 sind halt einfach vor dem Feind geblieben. Aber was haben sie dort gesucht? Am Ende den Heldentod?

Um 9 Uhr erfolgte der Befehl zum Angriff der Infanterie. Den über die Berge vordringenden Fußtruppen bot sich kaum ein Hindernis - die Bataillone der 2. Italienischen Armee waren entweder aufgerieben oder die Soldaten sind in panischer Angst ungeordnet ins Hinterland geflüchtet.

Das in der Talsohle des Flitscher Beckens liegende Zielgebiet des Giftgasangriffs wurde zur selben Zeit von mit Masken versehenen Elitetruppen - etwa 200 Mann - kontrolliert, die speziell für den Einsatz in von Giftgas verseuchtem Gebiet ausgebildet worden waren. Sie perlustrierten die Kavernen und Schützengräben der vordersten Linien. "In diesen Graben herrschte Todesstille - es gab keine Anzeichen von Leben. Die Vergasung war perfekt gewesen - so jedenfalls meldeten es die deutschen Soldaten kühl", schreibt Vasja Klavora. "Alle Soldaten des 3. Bataillons der Brigade Friuli hatten in diesem Graben das Leben gelassen." Erst langsam nahm im Flitscher Becken die Luftkonzentration der Giftgase ab, nachdem die Elitetruppen anfangs sogar befürchteten, daß die Giftgase durch eine Winddrehung sich gegen die eigenen Leute richten könnten. Stunden nach dem verheerenden Angriff konnten die Spähtrupps melden: "Die Luft ist rein."

Weniger cool berichtete der Artillerieleutnant Fritz Weber, der an dem Gemetzel teilgenommen hat, in seinen 1938 erschienenen Erinnerungen. Blau und aufgedunsen waren die Gesichter der Leichen, "die meisten an den Wänden ihrer Unterkünfte hockend, das Gewehr zwischen den Knien, die Rüstung umgeschnallt. In einer Baracke ihrer 40, beim Ausstieg die Offiziere, die Unteroffiziere; Telephonisten mit umgeschnallten Kopfhörern, den Schreibblock vor sich, den Bleistift in der Hand... Sie müssen gestorben sein, ohne zu wissen, was da draußen geschehen war. Hinaus, weg! Es ist einem, als müßte man in der Maske ersticken!"

Was da draußen geschah, wurde von beiden Seiten in weiterer Folge verheimlicht. Weder erwähnte der Kommandant der 14. Armee, General Otto von Below, in seinem publizierten Tagebuch die Giftgasangriffe, noch macht der Orden vergebende Oberste Kriegsherr Karl darüber viel Aufsehen. Allerdings gab er den Giftgaseinsatz an der Piave-Front in einem Brief vom 8. Oktober 1920 zu. In seiner gewohnten zynisch-kaltschneuzigen Art verteidigte er sich gegen Vorwürfe, die Soldaten mit zu wenig Giftgas ausgerüstet zu haben, und er wies auf eine von ihm eingeleitete Untersuchung hin, "die ergab, daß Gasmunition im Verhältnis in genügender Menge vorhanden war".

Auch in einem in Berlin 1942 erschienenen Buch "Die Infanterie greift an, Erlebnis und Erfahrung" erwähnte der Autor mit keinem Wort die Giftgaseinsätze. Der Autor war ein beim "Wunder von Karfreit" durch seine Verwegenheit aufgefallener Leutnant der Gebirgsjäger, der sich schon damals durch die Kühnheit seiner Attacken für höhere Aufgaben in späteren Kriegen qualifizierte. Er hieß Erwin Rommel. [Das Buch stammt von 1937; die Ausgabe von 1942 war bereits die 12. Auflage jenes Bestsellers. Rommel war auch keineswegs "aufgefallen" - ganz im Gegenteil: Er mußte einen Monate langen Papierkrieg führen, um endlich "seinen" Orden für die Schlacht von Karfreit zu bekommen. Im übrigen handelt das Buch hauptsächlich vom Einsatz an der Westfront, Anm. Dikigoros.]

Auch die Italiener bekundeten keinen erkennbaren Willen, die Ursachen für den rasanten Durchbruch der feindlichen Armee zu bekunden. Der Leiter des Armeeoberkommandos, General Luigi Cadorna, erwartete beim Bekanntwerden eine massive Verunsicherung sowohl der Soldaten als auch der Zivilbevölkerung. Zudem befürchtete man Kritik an der italienischen Armeeführung: Durch Überläufer und Spione habe man sehr wohl vom bevorstehenden Gasangriff in Bovec/Flitsch gewußt, und zudem hätte man die Soldaten in den vordersten Reihen nur sehr mangelhaft und mit untauglichen Gasmasken ausgerüstet.

Licht in die Angelegenheit brachte erst Vasja Klavora, der für sein in Österreich nahezu unbekanntes Buch "Blaukreuz" die letzten lebenden Zeitzeugen interviewte. Durch die Überfülle des Materials ließ er ebenfalls im Hermagoras Verlag ein zweites Buch folgen: "Die Isonzofront - Karfreit/Kobarid-Tolmein/Tolmin 1915 - 1917".

Weiteres Anschauungsmaterial ist im Museum von Karfreit/Kobariski Muzej ausgestellt: Etwa Schwarzweiß-fotos von Opfern der Giftgasangriffe, der eine Soldat hält gerade die Spielkarten in der Hand, der andere raucht die Pfeife, da muß sie der Gasangriff überrascht haben.

Das Wunder von Karfreit ist also geklärt, aber für den Obersten Kriegsherrn Karl und seiner Seligsprechung bedeutet diese Klärung nichts Gutes. Schon seine bisherige Sündenliste, die laut "Kirche Intern" dem Vatikan vorliegt, ist nicht endenwollend. So sei Karl ein besessener Militarist gewesen, außerdem sei auf Grund seiner Unzuverlässigkeit und Unehrlichkeit eine Zusammenarbeit mit dem jungen Monarchen schwer, ja oft unmöglich gewesen; er habe sich an der Front leidenschaftlich persönlich für das "Sterben für Kaiser und Vaterland" eingesetzt; er habe egoistische und zynische Charaktermerkmale (etwa in seinen Privatbriefen) zum Vorschein kommen lassen und er habe über das übliche traditionelle Mittelmaß und das kaiserliche Protokoll hinaus keine besondere Gläubigkeit an den Tag gelegt.

Die Auflistung der Sünden des Obersten Kriegsherrn Karl kann nun durch die nächste Sünde ergänzt werden: Seine Zustimmung zum völkerrechtswidrigen Einsatz von Giftgas.


Nachbemerkung: Daß Kaiser Karl der letzte von Habsburg ein krummer Hund war, der alles andere verdient hat als eine Seligsprechung, daran hat Dikigoros nie einen Zweifel gelassen. Gleichwohl wird sie eines Tages kommen, wenn kein Deutscher mehr auf dem Stuhl Petri sitzt; denn es ist nun mal ein unbestreitbares Verdienst jenes Karls, daß er den Ersten Weltkrieg - der im Frühjahr 1917 vor einem Erschöpfungs-Frieden ohne Annexionen und Reparationen stand, mit seinem Sixtus-Brief um furchtbare anderthalb Jahre und viele Millionen Tote verlängert hat mit dem Ausgang, der so viel Leid nicht nur über "Österreich", sondern über ganz Europa brachte, mit anderen Worten: daß er den Sieg der Entente-Mächte und ihrer Alliierten herbei geführt hat. Das wird ihm den Heiligenschein, pardon, den Seligenschein einbringen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche, denn so wie in der BRDDR gilt: "Man muß nur ein bißchen kriminell sein, schon bekommt man das Bundesverdienstkreuz" (vgl. hier), und wie in Oslo gilt: "Man muß nur ein Kriegsverbrecher sein, schon bekommt man den Friedensnobelpreis", so gilt im Vatikan... aber das könnt Ihr selber ergänzen, liebe Leser; und wenn Ihr irgendeinen "Heiligen" oder "Seligen" kennt, der vor der Verleihung eines jener beiden kirchlichen Adelstitel tatsächlich ein nachweisbares "Wunder" vollbracht hat, dann dürft Ihr ihm gerne mailen; er wird das dann hier unverzüglich nachtragen. Vorsorglich weist er aber schon mal darauf hin, daß weder der sächsische Oberstleutnant Hentsch noch der polnische Marschall Piłsudski dafür in Frage kommen, denn ein "Wunder an der Marne" gab es ebenso wenig wie ein "Wunder an der Weichsel". Letzteres war ursprünglich ein Schlagwort der Feinde Piłsudskis, die damit zum Ausdruck bringen wollten, daß es an ein Wunder grenzte, daß Polen den Krieg gegen Rußland trotz eines derart unfähigen Oberbefehlshabers nicht verloren hatte; und ersterer war nach dem vermeintlich verschenkten Sieg gegen Frankreich ein überaus praktischer Sündenbock - da er rechtzeitig gefallen war und sich nicht mehr verteidigen konnte - für die chaotische deutsche Schlachtenführung im September 1914.

Zurück zur Schlacht von Karfreit: Der Einsatz von Giftgas war durchaus keine deutsche Erfindung, geschweige denn eine deutsche Spezialität, auch wenn diese Lüge von "politisch korrekten" Geschichts- und Märchen-Büchern mehr und mehr verbreitet wird. Die ersten, die Granaten mit Giftgas füllten, waren die Japaner im Krieg gegen Rußland 1904/05. Daraufhin wurden solche Granaten auf der nächsten Haager Konferenz verboten - nicht aber der Einsatz von Giftgas generell. Die ersten, die im Ersten Weltkrieg gegen dieses Verbot verstießen, waren die Franzosen. Erst daraufhin setzten auch die Deutschen Giftgas ein - penibel korrekt wie sie waren, nicht in Granaten, sondern durch Abblasen aus speziellen Anlagen - die eine viel geringere Reichweite hatten als Granaten. Zur Spezialität wurde die Giftgaswaffe von den Briten entwickelt - 1918 füllten sie mehr als 2/3 ihrer Granaten mit Gas; und was sie bis Kriegsende nicht mehr verschießen konnten, setzten sie nach 1918 in ihren Kolonialkriegen ein. (Und die Reste verkauften sie an die Italiener, die sie dann im Abessinien-Krieg einsetzten - worüber die Briten von allen Heuchlern am lautesten zeterten und zetern :-) Nein, die Schlacht von Karfreit (oder wie immer Italiener und/oder Slowenen sie sonst nennen mögen - als ob es darauf ankäme!) war kein Wunder - es wäre vielmehr ein Wunder gewesen, wenn das italienische Oberkommando (das zweieinhalb Jahre nach dem ersten Giftgaseinsatz im Weltkrieg wohl mitbekommen haben mußte, daß es so etwas gab - wie auch der brave Beppo einräumt) rechtzeitig für entsprechende Gasmasken gesorgt hätte. Daß die Deutschen allerdings "Grünkreuz" einsetzten, fällt Dikigoros schwer zu glauben. Er wird nie vergessen, wie sein alter Chemie-Lehrer - ein Kampfgas-Experte im Zweiten Weltkrieg - seiner Klasse irgendwann in den 1960er Jahren einen Vortrag über Sinn und Zweck von Giftgas-Einsätzen hielt: "Das Ziel des Einsatzes von Kampfgasen, meine Lieben, ist, wie überhaupt jeder Waffeneinsatz im Krieg, nicht das Töten feindlicher Soldaten, sondern ihre kampfunfähige Verwundung. Ein toter Soldat kämpft zwar nicht mehr, aber er verbraucht auch keine Ressourcen mehr. Ein verwundeter Soldat dagegen kämpft auch nicht mehr, verbraucht aber trotzdem weiter Ressourcen, oft sogar mehr als ein gesunder, kämpfender Soldat; und er zieht außerdem Pflegepersonal ab, das sonst in der Waffenproduktion oder sonstwo in der Kriegswirtschaft eingesetzt werden könnte." Deshalb wurden an allen Fronten und von allen Kriegführenden nur solche Giftgase eingesetzt, die in der Regel nicht zum Tode führten - jedenfalls nicht sofort (es sei denn, auf der Gegenseite standen, saßen oder lagen Italiener, die entweder keine brauchbaren Gasmasken hatten oder aber zu blöd waren, sie rechtzeitig aufzusetzen) -, sondern "nur" zur Kampfunfähigkeit, z.B. durch Erblindung oder Lungenschäden - was sicher in vielen Fällen noch schlimmer war als der sofortige Tod. Ob Karl der letzte davon Kenntnis hatte, weiß Dikigoros nicht; er meint aber nicht, daß dies - so oder so - ein ausschlaggebendes Moment für seine Seligsprechung sein wird.
Was die Schlacht bei Karfreit/Caporetto/Kobarid angeht, so empfiehlt Dikigoros im übrigen diese Webseite von Andreas Sapan.


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