Traditionspflege: die falschen Helden der Bundeswehr

Jakob Knab

Rommel - der Feldherr des "Führers"

Die Bundeswehr unterhält Rommel-Kasernen in Augustdorf, Osterode am Harz und in Dornstadt sowie den Zerstörer "Rommel".

Nach dem Einmarsch in Polen schrieb Rommel über den "Führer": "Von ihm geht eine magnetische, vielleicht hypnotische Kraft aus, die ihren tiefsten Ursprung in dem Glauben hat, er sei von Gott oder der Vorsehung berufen, das deutsche Volk ,zur Sonne empor' zu führen" (vgl. Syring/Smelser, S. 463). Rommel: "Die deutsche Wehrmacht ist das Schwert der neuen Weltanschauung."

Ab Februar 1941 war Rommel der Oberbefehlshaber des Deutschen Afrika-Korps. Seine Kriegspläne waren erschreckend und maßlos: "Angriff gegen die Südfront des Kaukasus". Im Mai 1943 kapitulierte die Heeresgruppe Afrika.

Rommel und der schmutzige Krieg in Norditalien

Rund 1 070 000 italienische Soldaten wurden nach den 8. September 1943 entwaffnet. Die italienischen Militärinternierten wurden zum Arbeitseinsatz für die Kriegswirtschaft zwangsverpflichtet.

{Quatsch - sie wurden einfach nach Hause geschickt, Anm. Dikigoros}

Die Wehrmacht führte ab Herbst 1943 in Italien einen schmutzigen Krieg. "Mit dem in der Nacht zum 9. September 1943 vom OKW ausgegebenen Stichwort Achse wird der Heeresgruppe B (Rommel) als wichtigste Aufgabe die Entwaffnung der italienischen Streitkräfte zugewiesen... Der deutsche Erfolg ist allerdings auch Ergebnis eines nicht nur zupackenden, sondern oft auch brutalen Vorgehens... Vor allem sind es die rabiaten völkerrechtswidrigen Befehle, mit denen die oberste Wehrmachtsführung und auch die Befehlshaber in Italien, die Feldmarschälle Rommel und Kesselring, die ihnen unterstellten Soldaten aufputschen" (vgl. Andrae, S. 49).

Ein schlimmes Beispiel für die enge Verquickung der Partisanenbekämpfung mit Verbrechen gegenüber der unschuldigen Zivilbevölkerung ist das Massaker von Boves (vgl. Schreiber, S. 129 ff.). Auf jene Bluttat bezogen meldete die Heeresgruppe B (Rommel) am 21. September 1943, daß die

SS-Panzergrenadier-Division "Leibstandarte-SS-Adolf-Hitler" am 19. des Monats mit einer "verstärkten Kompanie im Kampf mit Bandengruppen die Ortschaften Boves und Castellar" in der Provinz Cuneo "niedergebrannt" hat.

Von den wenigen überlebenden italienischen Augenzeugen ist überliefert, daß die Opfer vor allem Körperbehinderte, Alte und Kranke waren. Durch diese kaltblütige und scheußliche Ermordung wollte der berüchtigte SS-Sturmbannführer Joachim Peiper ein brutales Exempel statuieren. Lebendigen Leibes verbrannt haben die SS-Leute den Priester Don Bernardi und seinen Begleiter Vassallo. Hunderte Bovesaner starben außerdem bei den Kampfhandlungen oder wurden obdachlos.

Für das Massaker in Boves war der Kommandeur der SS-Panzergrenadier-Division "Leibstandarte-SS-Adolf-Hitler" truppendienstlich verantwortlich. Rommel trug jedoch, da er ja Oberbefehlshaber der Heeresgruppe B war, der das II. SS-Panzerkorps zugehörte, im Rahmen seiner Verpflichtung zur Dienstaufsicht die Verantwortung.

Durch Rommels ­ wie auch Kesselrings ­ völkerrechtswidrige Befehle wurde der Vergeltungsterror angeheizt. Am 23. September 1943 gab Rommel diese Weisung:

"Irgendwelche sentimentalen Hemmungen des deutschen Soldaten gegenüber Badogliohörigen Banden in der Uniform des ehemaligen Waffenkameraden sind völlig unangebracht. Wer von diesen gegen den deutschen Soldaten kämpft, hat jedes Anrecht auf Schonung verloren und ist mit der Härte zu behandeln, die dem Gesindel gebührt, das plötzlich seine Waffen gegen seinen Freund wendet. Diese Auffassung muß beschleunigt Allgemeingut aller deutschen Truppen werden.

Rommel und Die Kriegspropaganda

Goebbels in Hitlers Tischrunde: "Kaum ein General ist so durchdrungen von der Wichtigkeit des Propagandaeinsatzes wie Rommel." Ein Beispiel ist Rommels Propagandarede "Entscheidungsschlacht im Westen" für die Wochenschau im Mai 1944:

"Wir wollen am Atlantikwall nicht Deckung nehmen, wir wollen in erster Linie kämpfen und schießen können. Der angreifende Gegner muß in ein tödliches Staunen fallen!"

Das Ende Rommels

In einer Denkschrift vom 15. Juli 1944 übte Rommel militärische Kritik an Hitlers Kriegsführung. Rommel wußte auch um die Pläne der Verschwörer. Indes: Als Rommel auf dem Krankenlager von Stauffenbergs Tat erfuhr, schrieb er an seine Frau: "Zu meinem Unfall hat mich das Attentat auf den Führer besonders stark erschüttert. Man kann Gott danken, daß es so gut abgegangen ist."

In das mißglückte Attentat vom 20. Juli 1944 wurde Rommel durch belastende Äußerungen seines Generalstabschefs Hans Speidel hineingezogen. Am 14. Oktober 1944 wurde er vor die Wahl gestellt, entweder eine Giftkapsel zu schlucken oder wegen Hochverrats vor den Volksgerichtshof gestellt zu werden. Rommel wählte den Freitod.

Mit seinem Tagesbefehl förderte Hitler den Heldenkult:

"Mit ihm ist einer unserer besten Heerführer dahingegangen. Sein Name ist im gegenwärtigen Schicksalskampf des deutschen Volkes der Inbegriff für hervorragende Tapferkeit und unerschrockenes Draufgängertum. Das Heer senkt vor diesem großen Soldaten in stolzer Trauer die Reichskriegsflagge. Sein Name ist in die Geschichte des deutschen Volkes eingegangen."

In seiner Trauerrede sprach Generalfeldmarschall von Rundstedt diese markigen Worte:

"Der unermüdliche Kämpfer war erfüllt von nationalsozialistischem Geist, der die Kraftquelle und Grundlage seines Handelns bildete. Sein Herz gehörte dem Führer. Das deutsche Volk aber hat in einer geradezu einmaligen Art den Generalfeldmarschall Rommel geliebt und gefeiert. Sein Leben für Deutschland hat durch die Berufung zur großen Armee seine Krönung erfahren... Mein lieber Rommel, Ihr Heldentum weist uns allen erneut die Parole: Kampf bis zum Sieg!"

Am 20. Juli 1961 wurden fünf Kasernen der Bundeswehr nach Widerstandskämpfern benannt: Julius Leber (Husum), Henning von Tresckow (Oldenburg), Oberst Graf Stauffenberg (Sigmaringen), P. Alfred Delp S. J. (Donauwörth) sowie Generalfeldmarschall Rommel (Augustdorf).

Die Verklärung Rommels als Widerstandskämpfer verkürzt und verzerrt seine historische Rolle in der NS-Gewaltherrschaft. Insgesamt sind ein gutes Dutzend Kasernen nach Widerstandskämpfern benannt. Aber über zwei Dutzend Kasernen der Bundeswehr tragen noch immer die Namen von "Kriegshelden" der Wehrmacht oder von Günstlingen und Gefolgsleuten Adolf Hitlers. Ein Beispiel: Generalfeldmarschall von Mackensen ist der Kasernenpatron in Karlsruhe und Hildesheim. Er empfand Genugtuung über die Ermordung Erzbergers: "Den Schädling sind wir los...". Im November 1944 richtete er einen Aufruf an die deutsche

Jugend, um sie zu "Opferbereitschaft und Fanatismus" zu ermahnen. Bis zuletzt hielt er an Hitler als "Retter" fest.

Literatur

Andrae, F.: Auch gegen Frauen und Kinder. Der Krieg der deutschen Wehrmacht gegen die Zivilbevölkerung in Italien 1943­1945. München 1995

Behrenbeck, S.: Der Kult um die toten Helden. Nationalsozialistische Mythen, Riten und Symbole 1923 bis 1945. Vierow 1996

Knab, J.: Falsche Glorie. Das Traditionsverständnis der Bundeswehr. Berlin 1995

Ders.: Bundeswehr und Tradition ­ Die Suche nach den "richtigen" Kasernennamen. In: D. Bald und A. Prüfert (Hrsg.), Vom Krieg zur Militärreform. Zur Debatte um Leitbilder in Bundeswehr und Nationaler Volksarmee. Baden-Baden 1997, S. 151­171

Ders.: Generaloberst Eduard Dietl. In: G. Ueberschär (Hrsg.), Hitlers militärische Elite, Bd. II. Darmstadt 1998, S. 29-36

Kuby, E.: Verrat auf deutsch. Wie das Dritte Reich Italien ruinierte. Hamburg 1982

Smelser, R. und E. Syring (Hrsg.): Die Militärelite des Dritten Reiches. 27 biographische Skizzen. Berlin 1995

Schreiber, G.: Deutsche Kriegsverbrechen in Italien. Täter, Opfer, Strafverfolgung. München 1996

Josef Knab

geb. 1951. Studium in München und Edingburgh. Oberstudienrat am Jakob-Bruck-Gymnasium in Kaufbeuren. Buchautor. Arbeitsschwerpunkt: Entwicklung ganzheitlicher Methoden im Unterricht.

Quelle:
Jakob Knab: Traditionspflege: die falschen Helden der Bundeswehr.
In: Praxis Geschichte, Heft 2/99, S. 53-55, Westerman Schulbuchverlag GmbH.

Internetfassung mit freundlicher Genehmigung des Westermann Schulbuchverlags.

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