Ausgestoßene der Woche: Entdecker

von Kolja Zydatiss (Die Achse des Guten, 12. August 2022)

Kürzungen, Anmerkungen & ergänzende Links: Nikolas Dikigoros

Das Deutsche Technikmuseum Berlin verabschiedet sich von seinem Slogan "Für Entdecker!", weil der Begriff kolonial und nicht inklusiv genug sei. Stattdessen wird nun schlicht mit "Einfach für dich!" geworben.

Entdeckt werden darf nicht mehr, zumindest im Deutschen Technikmuseum Berlin. Bereits Ende Juni hatte das staatliche Museum auf Facebook feierlich verkündet, seinen bisherigen Slogan "Für Entdecker!" aus dem Verkehr zu ziehen: "Es ist offiziell: Wir haben einen neuen Slogan - und der lautet: "Einfach für dich!" Da unser alter Slogan nicht gendergerecht war und zudem auf einem kolonial konnotierten Begriff basierte, war für uns klar, dass etwas Neues hermuss. Der Banner unter dem Rosinenbomber wurde auch gleich entfernt und der neue Schriftzug angebracht." Garniert ist der Post mit einem Foto, das die Abhängung des "Entdecker"-Banners von der Gebäudefassade zeigt.

Diese jüngste Bilderstürmerei wurde einem größeren Publikum bekannt, als Harald Martenstein sich kürzlich in einem Zeit-Artikel mit ihr befasste. "Sonderlich inspiriert klingt der neue Slogan nicht, finde ich, eher ein bisschen allgemein. Für leicht zu bedienende Handys, Zielgruppe Senioren, oder für einen Bergwanderführer, der sich an gehfaule Leute mit Höhenphobie richtet [...] wäre 'Einfach für dich' natürlich super," mokiert sich der Kolumnist. Ich selbst musste bei dem neuen Slogan an etwas ganz anderes denken, und zwar an Kosmetikprodukte. [...]

Unter dem ursprünglichen Facebook-Post führt das Technikmuseum in einem Kommentar weiter aus:

"Das Deutsche Technikmuseum ist ein Museum für alle. Wir schätzen die Vielfalt unserer Gesellschaft und möchten allen Menschen einen angenehmen Aufenthalt bei uns im Haus bieten. Wir arbeiten aktiv an dem Abbau von unbeabsichtigten Barrieren und Ausschlüssen. Damit sich alle Menschen angesprochen fühlen können, wählen wir eine möglichst diversitätssensible Sprache. Wir tun das, weil es uns wichtig ist, niemanden auszuschließen. Unser neuer Slogan transportiert diese Gastfreundschaft und Wertschätzung.
Auch unsere Themen werden in Zukunft diverser. Es ist uns wichtig, unsere eurozentrische Weltsicht mit anderen Perspektiven in den Dialog treten zu lassen. Wir setzen uns für Demokratie und globale Gerechtigkeit ein und bieten Raum für gesellschaftliche Diskurse. Dazu gehen wir vermehrt in Austausch mit zivilgesellschaftlichen Gruppen, entwickeln entsprechende Angebote und initiieren einen Veränderungsprozess für das gesamte Museum."

"Ganz gendergerecht fangen wir nochmal von vorne an"

Die fast durchweg negativen Reaktionen der Nutzer lassen darauf schließen, dass das Museum sein Stammpublikum wohl nicht so gut kennt. Ein Best-of:

Aus den eigenen Reihen kommt folgende Kritik:

Gerüchte, dass die Sammlung des Deutschen Technikmuseums künftig von einem superwoken Indonesischen Künstlerkollektiv kuratiert werden soll, wollte die Leitung bislang weder bestätigen noch dementieren.


LESERPOST
(ausgewählt und z.T. leicht gekürzt von Dikigoros)

paul brusselmans 12.08.2022
Wir brauchen keine Technik! Diese erzeugt CO2 und anderes. Ich benutze die Gelegenheit, mich im Namen meiner Vorfahren für deren Morde an unseren neandertalischen Brüder*Innen zu entschuldigen. Diese lebten noch in Harmonie mit der Natur, kannten weder Strom, Gas noch Dusche.

Dr. Joachim Lucas 12.08.2022
Der Spruch “einfach für dich” ist geklaut. Das steht schon bei uns im Ort an einer Hüpfburg.

T. Brecht 12.08.2022
Die doofen Woken stoßen in Bereiche vor, wo noch nie ein Mensch gewesen ist.

Hans Reinhardt 12.08.2022
Passt doch: “Einfach für dich”. Zusammenhänge über Klippschulniveau können den Almans nicht mehr zugemutet werden. Beispiele? “Die Impfung ist einfach sicher”. “Es gibt einfach keine Nebenwirkungen”. “Deutschland braucht einfach Zuwanderung”. “Einfach alle Flüchtlinge sind in ihren Herkunftsländern bedroht”. “Wir haben einfach Platz”. “Die Eisbären sterben einfach aus”. “Bald gibt es einfach keine Gletscher mehr”. “Es gibt einfach viel mehr als zwei Geschlechter”. “Die Deutschen sind einfach rassistisch”. “Wir brauchen einfach eine neue Nationalhymne”. “ARD und ZDF sagen einfach immer die Wahrheit”. “Deshalb muss einfach jeder Rundfunkgebühren zahlen”. So, und jetzt habe ich einfach keine Lust mehr und gehe einfach zum Strand. Einfach noch viele Grüße nach Dodo-Land.

Karl Heinz Münter 12.08.2022
In diesem Museum stehen so viele Exponate und die allermeisten sind von weißen Männern erfunden und geschaffen worden, das war nun mal so. Der “neuen deutschen Logik” zufolge müssen diese Exponate samt und sonders entfernt werden da sie einzeln oder in ihrer Gesamtheit sicherlich ungute Gefühle bei den Besuchern hervorufen könnten. Reizungen des Verdaungstraktes unten sowie Teilen der geistigen Verarbeitung weiter oben sind nur ein Beispiel. Bis die Berliner Senatsverwaltung dann genügend und dringend notwendige gendergerechte Toiletten im Museum aufgestellt hat sowie Betreuer*Innen für seelisch irritierte Besucher müssen die erwähnten Exponate hinter dichten Sichtblenden verborgen werden. Diese Exponate kann das Museum dann gegen gutes Inflationsgeld an andere Museen und Privatleute verkaufen.

j. heini 12.08.2022
Mit “Entdecker” nicht gendergerecht und “kolonial”. Mit Entdecker verbindet sich Abenteuerlust, Mut, fremde Welten ausserhalb des eigenen Kulturkreises und ohne die bekannte Infrastruktur. Geld, Forschung. Gender jedenfalls nicht. Wer so wenig Selbstbewusstssin hat, sich von Entdecker nicht angesprochen zu fühlen, der wird auch nicht zur Entdecker*in. Der einzelne Entdecker war auch grundsätzlich nicht kolonial. Er hat Subventionen gebraucht. Geld für die Finanzierung seiner Entdeckungsreisen. Und die Geldgeber wollten Gewinn und Land. Was ist schon selbstlos auf dieser Welt. Daher auch “Umsonst ist nur der Tod”. Damals haben Entdecker noch ihr Leben auf's Spiel gesetzt. Ohne dass jemand für Tod oder Verletzung gehaftet hat. Heute darf man noch nicht mal mehr auf Bäume klettern. Und wenn das Kind fällt, ist der Baumeigentümer schuld und haftet. Kolonial ist vielleicht ein Aspekt von “Eroberer”. Aber die gab es schon immer und gibt es auch heute noch. Erobern eines Partners, erobern eines Marktes, erobern eines Landes mit und ohne Waffen. Entdecken bedeutet abweichen von ausgetretenen Pfaden. Hinein in das Unbekannte. Und genau das ist unerwünscht.


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