Hochmut, Rassismus, Antisemitismus

Martin Luther und Wilhelm Busch

von Pfarrer Eberhard Wegener

(Predigt in Bonn-Holzlar am 24.2.2002)

Paulus warnt vor Hochmut der Heidenchristen gegenüber den Juden. Geholfen hat die Warnung nicht. Solcher Hochmut hat sich trotzdem viele Jahrhunderte lang gehalten. Er ist auch heute noch nicht ausgestorben. Wie tief er in uns Christen verwurzelt ist, mögen vier Beispiele zeigen, vom Mittelalter bis in die Zeit des Nationalsozialismus.

-- Erstes Beispiel: In mittelalterlichen Kathedralen findet man "Ecclesia und Synagoge" als zwei Frauen dargestellt, die Figur der Ecclesia, der Kirche, schön und triumphierend, aber die Figur der Synagoge unansehnlich, mit geknicktem Stab und mit verbundenen Augen. Die Augenbinde heißt, die Juden sind blind und erkennen Christus nicht. Das ist in Stein gehauener Hochmut. Hier rühmen sich Christen gegenüber Juden ausgerechnet so, wie Paulus das in unserem Text verhindern will.

-- Zweites Beispiel: Martin Luther, der doch die Bibel sehr gut kannte und die Paulusbriefe besonders gut, hat in seinen späten Lebensjahren leidenschaftlich zur Vernichtung der Juden aufgerufen, zum Verbrennen, und er hat das sogar theologisch begründet. Er erlag damit auch dem Geist der Zeit, leider nicht nur seiner Zeit.

-- Drittes Beispiel: Auch ein so gescheiter Mann wie der Dichter, Zeichner und Kunstmaler Wilhelm Busch war nicht gefeit gegen Hochmut und Rassismus, auch er lobt sich selber auf Kosten von Juden. Ich zitiere aus der Bildergeschichte "Plisch und Plum" von 1882 unter der Karikatur eines in sich hinein grinsenden Juden:

Kurz die Hose, lang der Rock,
Krumm die Nase und der Stock,
Augen schwarz und Seele grau,
Hut nach hinten, Miene schlau --
So ist Schmulchen Schievelbeiner.
(Schöner ist doch unsereiner.)

In meiner Kindheit vor 1945 lag das als Kinderbuch voll im herrschenden Geist oder vielmehr Ungeist. Heute gibt es Wilhelm-Busch-Alben, in denen dieses Kapitel herausgekürzt ist.


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