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taz, 06.03.02
   

Revolutionäre Enge
Ja, Mai, denkt die Polizei und untersagt Demo-Route für den 1. Mai. Denn Kreuzberg ist mit Feiern des Bündnisses für einen 1. Mai ohne Polizei belegt

von FELIX LEE

Das von dem Personenbündnis um den FU-Professor Peter Grottian vorgeschlage Konzept für einen friedlichen 1. Mai in Kreuzberg trägt erste Früchte - wenn auch überraschende. Denn diee Polizei nutzt die von dem Bündnis angemeldeten zahlreichen Veranstaltungen, um der ersten der beiden "Revolutionären 1.-Mai-Demonstration" die Wegstrecke nicht zu genehmigen.

Sie hat den Organisatoren der Demonstration mitgeteilt, dass die Route ihres traditionell um 13 Uhr beginnenden Umzugs abgelehnt werde. Denn die geplante Strecke vom Oranienplatz zur Sonnenallee und zurück über Herrmannplatz zum Kottbusser Tor sei in weiten Teilen bereits belegt, und zwar von der Großveranstaltung des Personenbündnisses. Das Grottian-Bündnis hatte unter dem Motto "Für einen politischen und polizeifreien 1. Mai" bereits vor zwei Monaten sämtliche Plätze im östlichen Kreuzberg für ein politisches Straßenfest angemeldet.

"Die Polizei will uns gegeneinander ausspielen", ärgert sich Katja Grote, Koordinatorin des Personenbündnisses. Man habe stets betont, dass ihr Festkonzept mit den Demonstrationen um 13 und um 18 Uhr weder zeitlich noch räumlich kollidiere. Vielmehr verstehe man sich als Rahmenprogramm der Demos.

Während sich die Antifaschistische Aktion Berlin (AAB), die den Protestzug um 18 Uhr organisiert, am Konzept des Personenbündnisses beteiligt, sehen es die Initiatoren der 13-Uhr-Demonstration jedoch ähnlich wie die Polizei. Das Grottian-Bündnis habe das gesamten Areal zwischen Lausitzer und Oranienplatz besetzt, kritisiert das Bündnis "Revolutionärer 1. Mai" in einem Schreiben an Grottians Mitstreiter. "Dies kann nur als Versuch verstanden werden, die revolutionäre Demonstration durch die Hintertür unmöglich zu machen." Auch die Organisatoren des traditionellen Familienfestes auf dem Mariannenplatz betrachten Grottians Initiative als Konkurrenz. Sie wollen ihr Fest absagen.

Unter Beschuss steht das Personenbündnis zudem weiterhin in der linksradikalen Szene. Sie kritisiert Äußerungen von Einzelnen aus dem Personenbündnis, die gewaltsamen Proteste der letzten Jahre seien "ritualisiert" und "unpolitisch". Die Einschätzung, insbesondere türkische Jugendliche seien für die Randale verantwortlich, bezeichnete ein Vertreter aus der autonomen Szene als "rassistisch".

Die Innenverwaltung hat auf die Pläne für einen polizeifreien 1. Mai in Kreuzberg offiziell noch gar nicht reagiert. Das Bündnis hat Innensenator Ehrhart Körting (SPD) aufgefordert, sich bis zum 2. April eindeutig zu einer Strategie für den 1. Mai zu bekennen. Die Polizei will sich vorest nicht äußern. "Wir haben ja noch viel Zeit", so eine Sprecherin.

taz Berlin lokal Nr. 6693 vom 6.3.2002, Seite 24, 91 Zeilen (TAZ-Bericht), FELIX LEE
  






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