p r e s s e |  & - m i t t e i l u n g         von:
Neues Deutschland, 07.03.02, Artikel
   

Chaos-Tag?

Von Rainer Funke

Seit ein Personenbündnis sich müht, dem ersten Maitag einen Boden so ganz ohne brennende Mülleimer zu bereiten, will das psychologische Chaos nicht enden. Innensenator Ehrhart Körting (SPD) schien zunächst geneigt, über ein Kreuzberg ohne massierte Polizeikräfte nachzudenken, zog sich jetzt jedoch im Innenausschuss darauf zurück, dass die Polizeiführung selbst wissen müsse, wo sie wann und warum wie viele Beamte postiert.

Die wiederum kann von Amts wegen und aus anderen ideologischen Gründen die eigene Abwesenheit nicht ertragen, heizt also das revolutionäre Klima an, indem das Verbot der Revolutions-Demo angekündigt wird, jener am Mittag, bei der es bislang eher gewaltlos zuging. Begründet wird das Verbot mit der allumfassenden Anwesenheit des Personenbündnisses auf Kreuzbergs Straßen an diesem Tag.

Das wiederum hat längst mit den Verbots-Kandidaten geredet. Man war sich einig, dass auch dieser Revolutions-Marsch stattfinden soll. Man will sich mitnichten ins Gehege kommen. Kreuzberg soll an diesem Tage von vielfältigen politischen Radikalitäten geprägt sein. Wie sonst auch. Von alldem haben die Sprecher des Polizeipräsidenten nach eigener Auskunft nichts gehört, obwohl es einen Schriftwechsel (Aktenzeichen LKA 5211-07700/010502) zwischen Polizei und Revolution zum Demo-Verbot gibt. Wird mit dieser chaotisierten Meinungsmache seitens der Behörden nicht schon das gewohnte Chaos-Klima programmiert?

Wie es scheint, werden weiter bisherige Feindbilder gepflegt. Und der rot-rote Senat steht dazwischen. Weist er ein polizeifreies Kreuzberg an, findet sich gewiss jemand, der den ersten Stein mit allen bekannten Folgen schmeißt. Und jede Seite wird schwören, dass er von der anderen stammt. Wie gehabt. Wiederholt sich aber der alljährliche martialische Polizeiaufmarsch, der die Demos in provokanter Weise säumt und bedrängt, bleibt Gewalt ganz gewiss nicht aus. Rot-Rot würde in jedem Falle haftbar gemacht, was oder warum und wie es auch immer geschah.

So muss man bei unvoreingenommener Analyse der diesjährigen Mai-Situation – leider – befürchten, dass das Personenbündnis wünschenswerten, aber doch vielleicht etwas weltfremden Vorstellungen nachhängt. Lebenstüchtig werden dieselben erst, wenn sie von allen beteiligten Seiten auch als lebenstüchtig empfunden werden. Und sowas dauert.

   





Hosted by www.Geocities.ws

1