Feinde fürs Leben: Der Firmenchef Mason und der abtrünnige Genetiker Adam

aus der Serie "Mutant X" von Tribune Entertainment.

 

 

 

"Eine Plotline würdig des Dritten Reichs"

Ein Artikel zur Fernsehserie "Mutant X" von Dark Mirage

Ins Deutsche übertragen von Electra

 

 

"Nichts ist leichter, als den Bösewicht zu benennen; nichts ist schwieriger als ihn zu verstehen." (Fjodor Michailowitsch Dostojewski)

... schaut man die Season 1 von Mutant X nur gelegentlich, bekommt man nur einen Eindruck von Mason Eckhart: böse und verdorben bis in die letzte geschädigte, kranke Zelle seines Körpers. Eckhart intrigiert, mordet, kungelt, manipuliert und schmunzelt sich durch 22 Episoden, getrieben vom Haß auf seinen früheren Freund Adam und auf die mutierten Menschen, bei deren Schöpfung Adam beteiligt war. Selten war das Böse im Fernsehen so unterhaltsam.

Seht euch die Sache mal ein kleines bißchen genauer an. Das meiste von dem, was Eckhart tut, geschieht aus Berechnung, wegen seiner Wirkung auf andere Leute. Eckhart läßt nur sehr selten die Maske fallen, seltene und bedeutsame Momente, Hinweise auf tief im Inneren verschüttete Menschlichkeit. Inkonsistenz in der Charakterzeichnung ist hierfür keine Erklärung. Hinweise darauf, daß an Eckhart mehr dran sein könnte, findet man auf der (von Tribune Entertainment geschaffenen und bezahlten) Hoax-Webseite http://www.masonesque.net ...

Wer unbedingt glauben möchte, daß Eckhart böse auf die Welt kam, dem steht es natürlich frei zu glauben, daß Eckhart im Alter von 8 Jahren seinen Zwillingsbruder Marcus ertränkte. Aus denselben biographischen Notizen von genomex.net können jedoch auch völlig andere Schlüsse gezogen werden ...

Die Standarderklärung der Serie, warum Eckhart Mutanten jagt, lautet: "Weil sie anders sind." Dies trifft nicht einmal im Kontext der Serie zu, denn viele dieser Mutanten sind gemeingefährlich. In der Serie wimmelt es nur so von außer Kontrolle geratenen Mutanten, die das Gemeinwohl bedrohen. Wie Adam sagt, einige von ihnen halten sich für Götter, und Brennan, der kein Einzelfall sein kann, benutzt seine Fähigkeiten zur Begehung von Straftaten. Die Botschaft, "Biotech-Firma = Schlecht - aus dem Alter rausgewachsene Teenager mit überschäumenden Emotionen = Gut" wird dick aufgetragen und lädt dazu ein, die gesamte Idee in Frage zu stellen. Das ganze garniert mit einer dicken Schicht Antiintellektualismus, und hier zieht Eckhart wiederum den kürzeren, denn Worte sind nun mal die Waffen seiner Wahl.

Je mehr man mitansieht, wie Adam seine Mutantengefolgschaft dominiert, und wie sie sich ohne nachzudenken seinen Wünschen fügen, desto mehr muß man sich fragen, ob die Welt von Mutant X wirklich so ist, wie sie scheint. Wie sicher kann man sich sein, daß Adam wirklich der Gute ist und Mason Eckhart die rechte Hand des Teufels?

Um zu glauben, daß Adam gut ist, muß man schlucken, daß Adam – der klügste Mensch der Welt – 20 Jahre bei Genomex arbeitete, ohne mitzubekommen, daß seine Forschung nicht dem Wohle kranker Kinder, sondern zur Erzeugung von Mutanten diente. Dies ist schwer zu glauben. Menschen mit Adams (vermutlichem) Expertenwissen werden nicht einfach irgendwo in eine Ecke gestellt. Normalerweise haben sie gute Kenntnis davon, was die ganze Gruppe tut. Adam hat nicht nur mehrere Doktortitel, er leitete die Forschung zu großen Teilen und war der vorgesehene Nachfolger des Genomex-Gründers Paul Breedlove. Adam erfand die Stasiskammern und die subdermalen Commander, was er in "A breed apart" endlich eingesteht. Keines dieser Geräte hat einen Platz in der Behandlung von Kindern.

Eine Welt mit einem komisch aussehenden Krüppel als Bösewicht und schrecklich netten, unfehlbaren Jungs mit verbesserten Genen als Guten ist eine Plotline würdig des Dritten Reichs.

Denkt noch einmal nach. Mutant X um 180 Grad herumzudrehen ist nicht nur möglich, sondern zeigt ein Universum, das wesentlich interessanter ist als die vorgegebene Version... Szenen, denen man ursprünglich eine bestimmte Bedeutung beilegte, nehmen von diesem Standpunkt aus eine ganz andere Bedeutung an.

Es gibt zahlreiche Theorien über Eckharts Motive – einschließlich eines Plans zur Übernahme der Weltherrschaft. Jedoch erwähnt er in Season 1 nicht ein einziges Mal Ziele, die über Genomex oder den GSD hinausgehen. Es ist am plausibelsten, daß Eckhart das Zusammentreiben und In-Schach-Halten der Breedlove/Adam-Mutanten als seine Lebensaufgabe sieht, um der Welt dieses Problem zu ersparen. Etwas in diese Richtung sagt er am Ende von "I Scream The Body Electric" während einer Konfrontation mit Adam.

Mason: Hast nie gewußt, wenn du aufhören mußt, nicht wahr?

Adam: Des hemmungslosen Strebens sind wir beide schuldig, Mason. Das ist etwas, was wir schon immer gemeinsam hatten.

Mason: Stimmt. Aber während du deinen furchtbaren Träumen von der Rettung dieser Laborunfälle nachjagst, gilt meine Leidenschaft dem Dienst an der Menschheit.

Adam: Eine düstere und begrenzte Vision der Menschheit, definiert von deiner Engstirnigkeit und deiner bedauernswerten Perspektive.

< Pause >

Mason: Du und deine Freaks stellen eine Bedrohung für alles dar, was mir lieb ist.

Adam: Diese sogenannten Freaks sind das Ergebnis der Rücksichtslosigkeit von Genomex.

Mason: Was? Soll ich mich vielleicht mit Schuld quälen?

Adam: Nein, ich würde niemals Schuldgefühl von dir erwarten, Mason. Das wäre zuviel verlangt von einem Soziopathen.

Mason: Nun, das ist es, was ich immer an dir bewundert habe, Adam: Dein schrecklich perverser Sinn für die Realität.

Zu dieser Konfrontation werden keine Hintergrundinformationen geliefert, aber betrachtet einmal die Szene zusammen mit dem zeitlichen Ablauf, wie er vom Kanon vorgegeben ist, und behaltet dabei folgendes im Auge:

  1. Adam ist ein Genetiker, der aktiv an der Schaffung von Mutanten beteiligt war.
  2. Mason ist KEIN Genetiker, sondern ein Absolvent der Militärschule in West Point mit einer Ausbildung in Militärrecht.
  3. Adam begann bei Genomex am 13. Oktober 1978.
  4. Da Mason 1962 geboren wurde, kann Mason bei Genomex nicht viel eher angefangen haben als Mitte der 1980er Jahre, nachdem die meisten Mutanten erzeugt waren. Mason ist Teil des "Aufräumtrupps", wie er Breedlove gegenüber in der Episode "Shock of the New" andeutet.
  5. Dem Zuschauer wird gesagt, daß Adam und Breedlove ungefähr 1000 Mutanten erzeugten, der letzte davon genauso mit Mängeln behaftet, geschädigt und zum frühzeitigen Tod verdammt wie der erste. Denselben Fehler tausendmal zu machen, ist sehr dumme Wissenschaft....

Der Austausch zwischen Adam und Mason nimmt eine ganz andere Bedeutung an, wenn einmal verstanden hat, wer die "Anomalien" geschaffen hat und jetzt versucht, sie so weit wie möglich zu verbreiten – und wer versucht, das Problem zu verlangsamen oder zu stoppen. In diesem Kontext hört sich Adam irrational an.

... in der Episode "The Meaning of Death" hat Adam einen weiteren bemerkenswerten Gefühlsausbruch, den man unter die Lupe nehmen sollte, denn Adam stellt darin unbewiesene Behauptungen auf:

Adam: Die Krankheit, die diese Frau getötet hat, könnte innerhalb einer Woche jeden neuen Mutanten auslöschen. Ich könnte die Krankheit besiegen, aber ich habe keine Chance, wenn ich gleichzeitig dich bekämpfen muß.

Mason: Was schlägst du vor?

Adam: Einen Waffenstillstand, für ein gemeinsames Ziel.

Mason: Glaubst du ernsthaft, ich würde auch nur eine Träne vergießen, wenn deine monströsen Freaks ausgelöscht werden?

Adam: Wenn die Neuen Mutanten verschwinden, wird auch der GSD verschwinden, Mason. Über Nacht wirst du überflüssig.

Mason: Überflüssig zu sein im Bewußtsein, vollkommen gesiegt zu haben, ist ein Segen mit bitterem Beigeschmack, aber dennoch ein Segen.

Adam: Aber was wird aus dann aus dir? Du verlierst deine schwarze Bestie, den Sinn deines Lebens.

Mason: Ich bin zutiefst berührt von deiner Sorge um mein Wohlergehen, Adam.

Adam: Für jemanden wie dich, der sich ausschließlich über das definiert, was er am meisten haßt, könnte das den Untergang bedeuten.

Kurioserweise scheint Eckharts Organisation der größte Arbeitgeber für Mutanten zu sein. Der GSD beschäftigt Dutzende, vielleicht Hunderte von ihnen. Adam behauptet, daß Eckhart Mutanten hassen würde, und dennoch dienen ihm diejenigen, die für ihn arbeiten, mit Hingabe und Loyalität. Dieser Widerspruch wird niemals erklärt, und es bleibt einzig der Schluß übrig, daß Adam möglicherweise keine Ahnung hat, wovon er redet...

Zu einer anderen interessanten Konfrontation kommt es in "Dancing on the Razor", dem eigentlichen, ursprünglich beabsichtigten Ende der Serie [= d. h. der Season 1]. Adam und seine "Kinder" kreuzen auf und lassen ihre Mutantenmuskeln spielen, aber dieses eine Mal taucht der GSD mit überwältigender Macht auf, doppelt so viele Agenten wie Mutanten. Der GSD könnte dieses eine Mal gewinnen ... Eckhart zieht sich zurück, weil dieser Kampf niemandes Blutvergießen wert sei...

Ein großes Versprechen liegt in behutsamer Gentechnologie mit genau vorgegebenen Zielen wie dem der längeren Lagerfähigkeit und dem der Selbsterzeugung von Pestiziden durch die Pflanze. Möglicherweise das größte Versprechen liegt in Saatgut, das genetisch verändert wurde, um Vitamine oder essentielle Aminosäuren zu bilden, die in den ursprünglichen Pflanzen nicht vorkommen. Solche transgenische Pflanzen sind heutzutage Realität. Deren mögliche Bedeutung für eine hungernde Weltbevölkerung liegt auf der Hand.

Transgenische Menschen sind eine ganz andere Geschichte. Bringe genügend nicht-menschliche DNA in eine menschliche Zelle ein, und das daraus hervorgehende Individuum wird so viele Unterschiede zum homo sapiens aufweisen, daß es eine neue Spezies ist, mit allem, was das heißt. Die Erzeugung vieler verschiedener Typen transgenischer Menschen könnte zur Entstehung vieler verschiedene Spezies führen. Bei zu großen genetischer Unterschieden könnten die transgenischen Menschen unfruchtbare Nachkommen hervorbringen, - fast alle Maultiere [Kreuzung zweier verschiedener Arten, Pferd und Esel] sind unfruchtbar - , oder auch überhaupt keine Nachkommenschaft.

Die Mutanten des Mutant X – Universums sind transgenische Menschen, denen nach dem Zufallsprinzip fremde DNA beigebracht wurde. Ihre DNA unterliegt auch weiterhin Veränderungen. Dies ist zwar fiktionale Pseudowissenschaft, aber um der Diskussion willen wollen wir es als Möglichkeit stehenlassen.

Eines der Grundprinzipien der Genetik lautet, daß die Merkmale, die dem Individuum einen Vorteil im Überlebenskampf sichern, in einer Population weiter verbreitet werden. Die von Genomex erzeugten Mutanten haben offensichtliche Vorteile. Ohne Begrenzung werden sie ihre DNA weitervererben, und zwar in immer größeren Maßstäben. Unglücklicherweise haben die Genomex-Mutanten zusätzlich zu der Tatsache, daß sie transgenisch sind, noch weitere Probleme. Ihr genetisches Material verändert sich weiter und führt zu schließlich zu Krankheit und einem vorzeitigen Tod.

Einfach ausgedrückt, die Verbreitung der DNA der Genomex-Mutanten ist nichts weiter als eine langsam voranschreitende Plage mit dem Potential zur Vernichtung der Menschheit. Sie führt zur Auslöschung der Art und dem Verlust von allem, was wir jemals geschaffen haben.

Wer handelt wohl im Interesse der Menschheit?

Es ist nicht Adam.

Adam bereitet nicht "die Welt auf Mutanten vor". Es gibt keine Vorbereitung für die Akzeptanz einer langsam voranschreitenden, unausweichlichen Plage. Adam versucht, der Welt seine verheerenden Fehler aufzuzwingen; die Probleme, die dieser Schritt auf lange Sicht mit sich bringen kann, blendet er aus. Adam weiß, daß seine Mutanten gefährlich sind; immerhin erfand er Möglichkeiten, um sie unter Kontrolle zu bekommen: Den subdermalen Commander und die Stasiskammer.

Adam ist eingekerkert in einer Kombination von Verhaltensweisen: Seinem Interesse an der Fortführung seiner genetischen Studien; seinem Wunsch, so eine Art Sektenführer zu werden, bewundert zu werden von den Anomalien, die er mit Breedlove schuf (die Mitglieder von Mutant X haben wenige oder überhaupt keine Kontakte zu irgend jemandem außer Adam); und dem Verlangen nach der Linderung seiner persönliche Schuld. Adam ist vermutlich nicht böse, aber er ist fehlgeleitet und eine Bedrohung für die Menschheit. Er bezeichnet mit Vorliebe andere als "Soziopathen", aber wenn es irgend jemanden gibt, auf den diese Bezeichnung tatsächlich zutrifft, dann ist es Adam selbst.

Es liegt etwas Unangemessenes und Grausames in der Art und Weise, wie Eckharts Gebrechen Adams "Kindern" zur Erheiterung preisgegeben werden, insbesondere in einer Gesellschaft, die so sorgfältig darauf achtet, niemanden zu beleidigen, der verstümmelt, mißgebildet oder sonst irgendwie "anders" ist. Auf der anderen Seite liegt etwas Heroisches in Eckharts Weigerung, seinem Leiden nachzugeben, in der Beharrlichkeit, mit der er danach strebt, sich einer Welt unversehrter Menschen täglich aufs neue anzupassen und sich in ihr einzurichten. Firmen, in denen ein Angestellter während der Arbeitszeit auf dem Gelände der Firma durch die Handlungen eines anderen Angestellten (Adam) so schwer verletzt wurde, daß er mehrfache bleibende Schäden erlitt, werden einen Haufen Geld in den mehrfachbehinderten Angestellten stecken und nicht von ihm erwarten, daß er weiter arbeitet. Eckhart arbeitet trotz seiner Behinderung weiter. Dies spricht für die Ernsthaftigkeit seines Anliegens, was immer es auch sein mag, und es spricht für seinen Charakter.

Text ( c ) Dark Mirage

 

 

 

Mutant X belongs to Tribune Entertainment.

Images: mutantx.net, jag.cx

 

 

 

 

Mein Senf dazu:

Selbst wenn – die Angaben in dem vorstehenden Artikel als Diskussionsgrundlage vorausgesetzt – Schädigungen der Menschen durch die Neuen Mutanten eintreten sollten, so trifft das doch keine Aussage darüber, ob Masons Vorgehen ethisch vertretbar ist.

Die Regeln der Vererbung und der Evolution sind verführerisch einfach, aber Menschen sind keine Erbsensträucher. Die Mutantenfähigkeiten mögen vielleicht im Tierreich für eine bessere Fortpflanzung dienlich sein, aber die menschliche Gesellschaft funktioniert (idealerweise) nach anderen Gesetzen als denen von Charles Darwin. In Mutant X (Season 1) wird das Mutant-Sein als ein von der Gesellschaft isolierender Faktor dargestellt; es wird betont, daß normale Menschen vor den Mutanten Angst haben. Nach den Vorgaben der Serie liefen die Mutanten Gefahr, getötet zu werden, würde ihre Existenz der Öffentlichkeit bekannt.

Wenn also unter solchen Umständen der Kontakt mit normalen Menschen erschwert ist, warum sollte es dann bei der intimsten Form des menschlichen Kontaktes einfacher sein? Eine Ausnahme hiervon bildet nur der mit Gewalt erzwungene Geschlechtsakt, aber dies ist nichts, was spezifisch durch Mutantenkräfte hervorgerufen wird. Vergewaltigen kann man ebensogut mit dem Messer in der Hand.

Wenn nun die vorrangigen Partner für die Mutanten andere Mutanten sind, so kann dadurch keine Gefahr für die Gesellschaft entstehen. Entweder sind die Mutanten nicht fruchtbar - dann können die Gene nicht weitergegeben werden; oder ihre Nachkommen sind unfruchtbar – dann stoppt die Vererbung eine Generation später. Falls jedoch Mutanten mit Menschen fruchtbar sind, ist das ein Restrisiko, das die Gesellschaft zu tragen hat. Beispielsweise starben früher Diabetiker innerhalb eines halben Jahres. Heute ist es durch verbesserte Medizin möglich, daß Diabetiker eine normale Lebenserwartung erreichen. Gleichzeitig hat sich der Anteil von Menschen mit erblicher Diabetes verdreifacht und wird sich wahrscheinlich weiter erhöhen (selbiges gilt für viele genetisch bedingte Krankheiten). Auch dies stellt eine "Gefahr" für die Menschheit dar. Die Lösung des Problems kann aber nicht heißen, zur Reinhaltung des Genpools alle Diabetiker auszurotten. Man muß kranken, behinderten oder genetisch veränderten Menschen die Chance geben, mit dem Rest der Gesellschaft ganz normal zusammenzuleben. Jede Handlungsweise, die auf irgend etwas anderes abzielt als das, wäre unmenschlich.

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