Nur jeder Zehnte kennt das Ausmaß der Vertreibung

von Sven Felix Kellerhoff (Die WELT, 11. November 2005)

(mit einigen Anmerkungen von Nikolas Dikigoros)

Flucht und Vertreibung der Deutschen aus Ostmitteleuropa sind auch nach 60 Jahren das zweitwichtigste historische Thema hierzulande. Das hat eine repräsentative Umfrage im Auftrag des Hauses der Geschichte der Bundesrepublik in Bonn ergeben. Als wichtiger gilt in Gesamtdeutschland nur der Nationalsozialismus. In den ostdeutschen Ländern steht die Vertreibung dagegen nur an dritter Stelle hinter DDR- und NS-Zeit.

Die Umfrage, die in dieser Woche veröffentlicht wurde, ist Grundlage der Ausstellung "Flucht, Vertreibung Integration", die am 3. Dezember in Bonn eröffnet wird. 2200 Deutsche und je 500 Polen und Tschechen hat das Institut für Demoskopie Allensbach befragt. Demnach hat ein knappes Drittel aller Deutschen einen persönlichen Bezug zur Vertreibung 1945 bis 1948. Sogar unter den bis 30jährigen geben 24% an, mit dem Thema familiär verbunden zu sein.

Zugleich ist das Wissen um die Fakten der Vertreibung gering. Nur 10% konnte die Größenordnung der betroffenen Deutschen korrekt angeben (12 bis 14 Millionen); eine deutliche Mehrheit (60%) unterschätzt diese stark oder deutlich. [Das ist eine Folge der einseitigen politischen Indoktrination, der die BRD-Bürger seit Jahrzehnten ausgesetzt worden sind: Die deutschen Verbrechen sind immer weiter aufgebauscht worden, bis wie geradezu wahnwitzige Dimensionen eingenommen haben; im Gegenzug sind die Verbrechen an den Deutschen - und ihren Verbündeten - immer mehr verschwiegen, beschönigt und klein geredet worden. Und nun wundert man sich über die Unwissenheit der bewußt dumm gehaltenen und gezielt manipulierten Untertanen... Anm. Dikiogros.] 31 Prozent der Bevölkerung insgesamt sind der Ansicht, Polen, Tschechien und Rußland sollten sich für das Leid der Vertreibungen entschuldigen, 44 Prozent lehnen das unter Hinweis auf den Beginn des Krieges durch einen deutschen Angriff ab. [Als ob es mit einer "Entschuldigung" getan wäre! Wie wäre es mal mit etwas "Wiedergutmachung"? Und die Vertreibungen der Deutschen durch Polen und Tschechen haben ja schon viel früher begonnen als der Zweite Weltkrieg - nämlich gleich nach dem Ersten - und waren weniger dessen Folge als dessen Ursache. Anm. Dikigoros]

Von den persönlich betroffenen Vertriebenen wollen 37% eine Entschuldigung, 38% lehnen eine solche Forderung ab. Zwei Drittel aller Deutschen haben noch nie von den zahlreichen Museen gehört, die nach § 96 des Vertriebenengesetzes gefördert werden. [Die sind ja auch meist schlecht gemacht, und wenn nicht, dann werden sie praktisch tot geschwiegen, Anm. Dikigoros.] Ein Drittel aller Befragten hält das umstrittene "Zentrum gegen Vertreibungen" für eine gute Idee, 45% lehnen den Vorstoß des Bundes der Vertriebenen dagegen ab.

Spannend ist der Vergleich der Ergebnisse aus Deutschland mit den Werten aus Polen und Tschechien. Dort wird die Zahl der von Flucht und Vertreibung betroffenen Deutschen ähnlich wie in der Bundesrepublik deutlich unterschätzt, die Zahl der daraufhin in die ehemals deutschen Gebiete umgesiedelten Polen und Tschechen dagegen stark überschätzt.

Das heikle Thema von Entschädigungen für deutsche Vertriebene beschäftigt Polen und Tschechen stark. Entgegen gültigen Verträgen und Aussagen der Regierung erwarten fast zwei Drittel der Polen und Tschechen, daß die Bundesrepublik solche Forderungen erheben wird. Hier vergiftet das Wirken der privaten "Preußischen Treuhand GmbH" das politische Klima. Nur rund 15% der Polen und Tschechen halten ein "Zentrum gegen Vertreibungen" für eine gute Idee - solange es nur von den Vertreibungen der Deutschen berichten würde. Das war aber ohnehin nie geplant. Wenn es dagegen um Vertreibungen insgesamt im 20. Jahrhundert gehen würde, fänden 56% der Polen und 43% der Tschechen ein solches Zentrum gut. [Sicher in der Annahme, daß dort - wie bisher - die Zahl der deutschen Vertriebenen weit unter- und die der polnischen und tschechischen stark übertrieben wird. Eine Vertreibung von Tschechen durch Deutsche hat es im 20. Jahrhundert - und auch davor - nie gegeben; eine Vertreibung von Polen eigentlich auch nicht. Allerdings vertrieben die Sowjets am Ende des Zweiten Weltkriegs zahlreiche Polen aus den litauischen, weißrussischen und ukraïnischen Gebieten, die sich der polnische Raubstaat nach dem Ersten Weltkrieg gewaltsam angeeignet hatte, Anm. Dikigoros.] Hermann Schäfer, Präsident des Hauses der Geschichte, sieht darin "ein gewisses Grundmißtrauen gegenüber Deutschland", das in Polen und Tschechien noch vorherrsche.


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