Zur Geschichte der Gewürze

von Jens Kremer & Robert Simunek
Aktion Eine Welt/Universität Siegen

(mit ein wenig Schleichwerbung für Gewürz-Importeure,
die Dikigoros seinen Lesern nicht vorenthalten will :-)

Was sind eigentlich Gewürze?

Wesentliches Merkmal der Gewürze ist, daß sie aromatische, scharf oder bitter schmeckende Substanzen enthalten. Nur wenige sind bisher systematisch und wissenschaftlich erforscht. Das Zusammenspiel dieser oft zahlreichen unterschiedlichen Substanzen macht den Geschmack und die gesundheitsfördernde Wirkung der Gewürze aus. Erst die harmonische Kombination verschiedener Gewürze bereitet in vielen Fällen den Wohlgeschmack und das Wohlbefinden.
Verschiedene Pflanzenteile können als Gewürz dienen - zum Teil sind es die Blüten, wie etwa bei der Kapuzinerkresse, zum Teil die Blätter, wie bei den meisten Kräutern, aber auch Wurzeln und Samen können Gewürzfunktion haben. Gelegentlich können unterschiedliche Teile derselben Pflanze Verwendung finden, etwa Samen und Blätter des Korianders.

Eine kleine Geschichte der Gewürze

Aus dem alten Ägypten stammen erste Funde, die eine systematische Verwendung von Gewürzpflanzen belegen, aus der Zeit um 4000 v.Chr. In der indischen Naturheilkunde werden Gewürze bereits seit mehr als 4000 Jahren genutzt.
Bis in das Mittelalter hinein beherrschten die Araber, die bereits um 1000 v.Chr. ein florierendes Geschäft mit Gewürzen betrieben, den gesamten Gewürzhandel Europas. Die wertvollen Waren wurden von ihnen mit Karawanen auf dem Landweg aus Asien in die europäischen Länder gebracht. Ihr Erfolgsrezept war die Geheimhaltung ihrer "Gewürzquellen", so daß bei europäischen Konsumenten (Griechen u. Römer) über den Ursprung der Gewürze nur Vermutungen und Märchen kursierten.
Nachdem die Nutzbarkeit der Monsunwinde für die Schiffahrt entdeckt worden war, breiteten sich die arabischen Händler weit nach Süden und Osten aus. Ihre Handelsniederlassungen waren weit gestreut (z.B. Sansibar, Malaisen, China) und ihr Handelsmacht war sehr gefestigt und konnte nur mit Gewalt zerstört werden.
In Europa (außer für die Römer) waren Gewürze ausschließlich luxuriöse Genußmittel für Könige und Fürsten. Durch die Kreuzzüge kamen schließlich größere Mengen an Gewürzen nach Europa. Nun begann die große Blütezeit der italienischen Handelsstädte. Da fast der gesamte Gewürzhandel Europas über Venedig abgewickelt wurde, bestimmte die Stadt den Preis, den die Europäer für Gewürze zu zahlen hatten.
Die Handelsspannen waren enorm: z.B. im Jahr 1411 konnte man mit Pfeffer rund 100% Gewinn erzielen. Um diese Zeit nahmen die Türken einen großen Teil der Herrschaft im Mittelmeerraum an sich. Gefährlich wurden den Arabern allerdings erst die nüchternen Überlegungen der Portugiesen, den Seeweg zu den "Gewürzinseln" zu suchen.
Als Vasco da Gama 1499 das erste Mal mit einer Gewürzladung an Bord in Lissabon einlief, war das wirtschaftliche Schicksal der bis dahin vorherrschenden Händler besiegelt. Der portugiesische Pfeffer kostete nur ein Fünftel des venezianischen Pfeffers. Daß bei dieser Fahrt etwa zwei Drittel der Seeleute starben, findet sich nicht in der Kalkulation wieder.
Eine Gewürzladung in London bracht im Jahr 1606 etwa das Zwölffache ihres Einkaufpreises. Vor allem die Staaten Europas mit Zugang zum Meer wurden im Laufe der Zeit zu Kolonialstaaten, die sich nicht nur untereinander bekämpften. So interessierten sich die Kolonialherren in Südostasien für die einheimische Bevölkerung fast nur als Gewürzpoduzenten, als billige oder sogar kostenlose Arbeitskräfte. Wer sich nicht unterwarf oder wer eigenmächtig Gewürze anbaute, wurde rücksichtslos bekämpft oder getötet.
Im 14 und 15. Jhdt. war der Gewürzverbrauch in Deutschland vorsichtigen Schätzungen nach rund einhundertmal höher als Heute. Sie blieben aber weiterhin nur den begüterten Bürgern vorbehalten.
Der Krieg um die Vormachtstellung der Kolonialstaaten brachte allgemein viel Krieg und Gewalt mit sich.
Auch wenn im 18. Jhd. die Bedeutung des Gewürzhandels für die Weltpolitik sank, so blieben die Strukturen in den ausgebeuteten Ländern bis heute erhalten. Heute spielen Gewürze keine bedeutende Roll mehr im Welthandel, wohl aber für einzelne Staaten wie Grenada, Madagaskar, Indien oder Sri Lanka. Die Abhängigkeit von Gewürzen ist aber nicht so groß wie bei Kaffee, Tee, Baumwolle, Kautschuk, Bananen oder Bodenschätzen. Auch wenn heute statt abenteuerlichen und kriegerischen Begleitumstände nüchtern über Auktionen, per Telefon und Fernschreiber der Gewürzhandel abgewickelt wird, so hat sich seit der Kolonialzeit eines nicht verändert: An Gewürzen verdienen nach wie vor nicht diejenigen, die sie in harter und mühsamer Arbeit anbauen.

Zu Lagerung und Gebrauch

Zum Handel mit Gewürzen

Das schwächste Glied in der Kette des Gewürzhandels sind die Gewürzbauern in den Ländern der Entwicklungsländer.
In den Industrienationen wird der größte Anteil der Gewürze durch die Nahrungsmittelindustrie verbraucht. Hier zeigt sich ein deutlicher Trend zur Konzentration: Immer weniger Firmen importieren, verarbeiten und verkaufen immer größere Mengen von Gewürzen.
Der dadurch entstehende Nachteil: Je größer ein Gewürzkäufer, desto mehr wirtschaftliche Macht besitzt er und um so mehr Einfluß kann er auf die Gestaltung der Preise nehmen. Je weniger Händler und Firmen den Markt beherrschen, desto größer wird die Abhängigkeit der Gewürzproduzenten von ihnen.
Bei Gewürzen richtet sich der Preis nach Angebot und Nachfrage. Auch mit Gewürzen wird spekuliert, hierbei können aber nur jene mithalten, die viel Kapital zur Verfügung haben - die Produzenten sind somit in der Regel die Verlierer.
Ein weiterer Nachteil für die Erzeugerländer liegt darin, daß auch Gewürze fast ausschließlich als "Rohware" importiert werden. Die gesamte Weiterverarbeitung wie reinigen, mahlen, mischen oder verpacken geschieht in der Regel in den Industrieländern. Wie bei allen Waren steigt der Wert der Gewürze mit dem Grad der Verarbeitung. Die Erwirtschaftung eines Mehrwerts geht somit für die erzeugenden Länder verloren.
Zwar freuen wir uns als Verbraucher über stabile Preise, jedoch bedeuten z.B. bei Gewürzen stabile Preise über Jahre hinweg, daß die Produzenten zwar Mehrausgaben (z.B. für Öl) haben, aber nicht mehr Geld bezahlt bekommen. Die Handelsbilanzen der sog. "Entwicklungsländer" werden immer negativer.
Die BRD ist - nach den USA - zweitgrößter Importeur von Gewürzen in der Welt. Das wirtschaftlich bedeutendste Gewürz ist Pfeffer, das mengenmäßig am meisten importierte ist Cayennepfeffer.
Der "traditionelle" Gewürzhandel besteht aus zahlreichen Stufen von Zwischenhandel und Weiterverarbeitung, wobei der Produzent die geringste Verdienstspanne hat. Alternativ dazu importieren die GEPA u.a. Organisationen im Rahmen des Aktion Dritte Welt Handel Gewürze direkt von Zusammenschlüssen von Gewürzproduzenten in Sri Lanka und Indien. Somit wird ein unnötiger Zwischenhandel umgangen.
Da sich aber diese Organisationen nicht nach dem jeweiligen Weltmarktpreis richten, sondern vielmehr nach dem Betrag, den die Produzenten benötigen, um ihre Kosten zu decken und ein ausreichendes Einkommen zu erzielen, sind die Gewürze trotz direkten Handeln keinesfalls billiger als im "normalen" Gewürzhandel. Die GEPA kauft darüber hinaus nur Gewürze bester Qualität, die entsprechend teuer sind. Außerdem werden alle Gewürze grundsätzlich im Ursprungsland direkt verarbeitet. Somit verbleibt der Mehrwert im Land und es entstehen Arbeitsplätze.
Es werden bewußt arbeitsintensive Methoden angewandt. Dies kommt der Qualität zugute: Durch das Zerkleinern in Mörsern oder das Mahlen in kleinen Handmühlen verlieren die Gewürze erheblich weniger an Aroma als in großen, schnell drehenden Industriemühlen. Schließlich werden die Gewürze ausschließlich von Kleinbauern abgekauft. Neben der Förderung und Erhaltung der traditionellen Landwirtschaft hat dies auch ökologische Gründe (Mischkulturen).
Gemeinsam mit Partnerorganisationen in der "Dritten Welt" betreiben die GEPA u.a. Organisationen Aufklärungs- und Beratungsarbeit bei den Gewürzbauern und fördern Initiativen zum biologischen Anbau ohne Umweltgifte. Teilweise bemühen sich die Gewürzbauern auch um eine Zertifizierung durch einen anerkannten Verband des ökologischen Landbaus, etwa Demeter oder Naturland. Dabei ist zu bemerken, daß traditionelle Landwirtschaftsformen der "Dritten Welt" häufig schon ökologisch waren, bevor die moderne Wirtschaftsweise übernommen wurde.


Literatur/Quellen:
Arbeitskreis Dritte Welt Kamp-Linfort e.V. (Hrsg.): Gewürze - Ein Lern- und Aktionsmodell.
Bernd Merzenich: Gewürze.

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