KILLEN FÜR DIE NATION?

Die ETA und ihre Mordanschläge

von Wolfgang Mayr (pogrom Nr. 207/2000)

Für die Freunde von Euzkadi, dem freien Baskenland, wird es immer schwieriger, die ETA und deren Partei Herri Batasuna zu verstehen. Die jüngste Mordserie, der konservative Politiker im Baskenland und nicht nur dort zum Opfer gefallen sind, ist unbegreifbar. Warum mordet die ETA? Killen deren Kommandos beispielsweise in Navarra, baskisch Nafarroa, weil die Menschen dort zu wenig baskisch sind? Werden die baskischen Politiker des regierenden Partido Popular des ehemaligen Frankisten Aznar ermordet, weil sie ihre ethnische Herkunft zugunsten einer politischen Karriere in einer kastilisch geprägten Partei aufgegeben haben? Ist die ETA nicht angetreten für einen souveränen sozialistischen Baskenstaat? Die Zweifel gegenüber der ETA und deren "bewaffnetem Kampf" für die nationale Freiheit überwiegen inzwischen die Sympathie für die baskische Unabhängigkeitsbewegung.

Die Basken haben Solidarität verdient. Im spanischen Bürgerkrieg von 1936 bis 1940, das Dritte Reich betätigte sich effizient mordend auf der Seite Francos, fielen mehr als 15.000 der 1,4 Millionen Basken Massakern der Franco-Faschisten zum Opfer. 30.000 kamen in die Gefängnisse des neuen Staates, mehr als 150.000 flohen ins Ausland. Totalitaristisch war auch die Sprachenpolitik des Franco-Regimes. 1936 sprachen noch 700.000 Basken ihre Muttersprache, 1954 waren es nur mehr knapp eine halbe Million. Die Repression war im Baskenland bis zum Ende der Franco-Diktatur total und terroristisch. Das Baskenland befand sich über lange Strecken im Ausnahmezustand. In den letzten sieben Jahren der Franco-Ära wurden mehr als 10.000 Basken verhaftet, viele gefoltert. Zwischen 1970-1974 wurden 900 Basken bei Schießereien verletzt. In den beiden letzten Jahren des Franco-Regimes kamen 22 Basken ums Leben.

Keiner der für diese Politik Verantwortlichen wurde je vor Gericht gestellt und verurteilt. Davon lebt die ETA noch heute – und von den nie aufgeklärten Mordanschlägen der sogenannten antiterroristischen Befreiungsgruppen GAL, die zwischen 1983-1987 vom spanischen Staat mit Schwarzkonten gefördert wurden und 30 ETA-Aktivisten ermordeten. Zulauf gibt es für die ETA und deren Partei Herri Batasuna auch, weil der Staat bei Menschenrechtsverletzungen bisher immer strikt weggeschaut hat. Das kritisierte auch das Anti-Folter-Komitee des Europarates.

Die ETA war unfähig, daraus politisches Kapital zu schlagen. Stattdessen nahmen sich die ETA-Kommandos das Recht heraus, mit der Pistole über das Leben von Politikern und Vertretern des Staates zu richten. Damit hat es die ETA jetzt geschafft, die gemeinsame politische Perspektive der baskischen Parteien zu kriminalisieren, die eine autonome baskische Region aus der Region Navarra und dem nördlichen Baskenland in Frankreich anstreben. Mit jedem ermordeten Bürger, der auf dem Altar der Nationalstaatlichkeit geopfert wird, stirbt auch diese Vision einer neue Form der Souveränität innerhalb der EU. Statt politisch zu agieren, ziehen sich die gewählten Mandatare von Herri Batasuna aus dem spanischen Parlament zurück, boykottieren wieder die Arbeit des baskischen Landtages und sorgen dafür, dass auch die autonomen Institutionen gelähmt werden.

Der Landtagsabgeordnete der baskischen Nationalpartei PNV, Joseba Arregi, kritisiert: "Wir, die Basken, haben eine Autonomie, die wir uns nicht zu erträumen wagten und niemals für möglich gehalten hätten. Aber wir haben das Gleichgewicht nicht gefunden und können unsere Grenzen nicht erkennen. Einige von uns haben sich dem Goldenen Kalb der absoluten Souveränität verschrieben. Wir sind dabei, in unserer Autonomie ein Klima der Unfreiheit zu erzeugen und Angst und Schrecken zu verbreiten". Die ETA opfert ihrem Goldenen Kalb Menschenleben und die politische Zukunft des Baskenlandes - zur Freude des spanischen Staates, dessen Folterknechte aus der Franco-Zeit nachträglich ihre gewalttätigen und menschenverachtenden Aktionen mit der ETA-Brutalität begründen können.

Terror gegen Basken unter Franco

ETA kriminalisiert politische Perspektive der baskischen Parteien

Wir Basken haben das Gleichgewicht nicht gefunden

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