Vor 100 Jahren gab es in Deutschland eine Vielzahl von Organisationen und Verbänden, die sich pro-burisch engagierten, wie etwa die Deutsche Kolonialgesellschaft, die Deutsche Buren-Centrale, der Allgemeine Deutsche Sprachverein, der Verein Deutscher Studenten sowie diverse
Kriegervereine.
Die wichtigste dieser Hilfsorganisationen aber war der Alldeutsche Verband. Es wurden mit bisweilen hochkarätigen Gästen Vortragsabende organisiert, ebenso Gedicht-, Lichtbilder- und Liedervorträge, Ansprachen und Ausstellungen. Während den von vielen tausend Teilnehmern besuchten Veranstaltungen, die sowohl mit dem Deutschlandlied als auch der Transvaalhymne abgeschlossen wurden, ist immer wieder zu Spenden aufgerufen worden. Diese Aufrufe blieben
nicht ungehört. Bis Ende 1902 spendete der Alldeutsche Verband allein 600.000 Goldmark, eine Summe, mit der ein Teil der größten Not der burischen Kriegsgefangenen und Konzentrationslager-Häftlingen sowie deren Familien gestillt werden konnte, aber auch heimkehrende deutsche Burenkämpfer unterstützt wurden.
Auch in den meisten anderen europäischen Staaten hatten sich - teilweise spontan -
Hilfsorganisationen für die Buren gegründet. In den Niederlanden beispielsweise hatte das
Pressebüro Perskantoor in Dordrecht es sich zur Hauptaufgabe gemacht, mit Hilfe von
Presseberichten die niederländische Bevölkerung mit den Kriegsgreueln der Engländer vertraut
zu machen. Meist unter genauer Angabe von Ort und Zeit und unter Namensnennung von Zeugen
dokumentierte man die durch die Engländer vorgenommene Vernichtung der Burenfarmen, die
Bewaffnung und Aufhetzung der Eingeborenen, die Mißhandlung oder Ermordung verwundeter oder
gefangener Buren und die Hinrichtung kap-holländischer Burenkämpfer, den sogenannten
Kap-Rebellen. In Frankreich taten sich vor allem Organisationen zusammen, die sich der
Kranken- und Verwundetenpflege widmeten. Hier zu nennen sind erstrangig die Frauenverbände
Associaion des Dames Françaises und die Union des Femmes de France. Diese schickten neben
hochwertigen Nahrungsmitteln und Medikamenten eine vollständige Lazarettausrüstung nach
Pretoria und Johannesburg, wo die französische Gemeinschaft ein eigenes Krankenhaus errichtete.
Die größte unter den irischen Unterstützungsbewegungen für die Buren, das Irish Transvaal
Comittee, gehörte zu den radikalsten in Europa. In beeindruckenden Aufmärschen, zu denen
Militärkapellen aufspielten, und Massendemonstrationen mit mehreren Zehntausend Menschen
verurteilten sie unter einem Fahnenmeer von Transvaaler Flaggen (Vierkleur) den englischen
Angriff auf die Unabhängigkeit der Burenrepubliken scharf. Die ersten Tage nach Kriegsausbruch
kam es zu bürgerkriegsähnlichen Aufständen in Dublin. In Irland wurden Mauern und Gebäude mit
Hunderten von Plakaten überklebt: »Sich zur englischen Armee zu melden ist Verrat an Irland!«.
Wie in kaum einem anderen europäischen Land waren in Irland die proburischen Gefühle mit einem
unversöhnlichen Haß auf England verbunden.
Der Anglo-Burenkrieg brach am 11. Oktober 1899 aus. Die Buren des Oranje-Freistaats und der
Südafrikanischen Republik (ZAR) standen dem übermächtigen Weltreich Großbritannien keineswegs
allein gegenüber. Insgesamt traten etwa 3.000 Freiwillige aus Europa (und einige aus Amerika)
als Waffenbrüder an die Seite der Buren. Unter ihnen fanden sich Bauern und Soldaten,
Minenarbeiter und Goldgräber, Lehrer und Ärzte, reichsdeutsche und österreichische Adlige
und Offiziere, französische Berufssoldaten, russische Politiker, irische Revolutionäre,
niederländische Staatsanwälte und skandinavische Berserker. Böse Zungen behaupten, daß es sich
bei diesen Freiwilligen um nichts anderes als um Söldnerheere gehandelt habe. Diese Unterstellung
ist geschichtlich unhaltbar. Keiner der Angehörigen der europäischen Freikorps wurde für seinen
Dienst besoldet. Die Freiwilligen finanzierten ihre Reise und ihren Unterhalt entweder aus
eigener Tasche oder wurden von den oben genannten proburischen Bewegungen Europas unterstützt.
Die Deutschen waren die ersten Ausländer, die vor Ausbruch des Krieges mit der Bitte an die
Regierung der ZAR getreten waren, ein eigenes Korps aufstellen zu dürfen. Die maßgeblichen
Initiatoren in der Anfangsphase des Krieges waren hierbei Oberst Adolf Schiel und Major Richard
Albrecht. Aufgrund persönlicher Differenzen zwischen den deutschen Offizieren untereinander
war es nicht möglich gewesen, einen großen und starken deutschen Großverband - Schiels Traum -
zu verwirklichen. Wie ein englischer Kriegsberichter zu sagen pflegte: Die deutschen Soldaten
kämpften wie Löwen, ihre Anführer benahmen sich wie Schulmädchen. Auch die Niederländer und
Skandinavier riefen ein Korps ins Leben, die Iren zwei so genannte Brigaden, die Franzosen
formierten unter ihrem genialen Oberst Georges Comte de Villebois-Mareuil eine Internationale
Legion. Auch stellten die Russen, ebenso wie die Italiener und Amerikaner, Kampfverbände
auf.
Was alle diese europaweiten Bewegungen mehr oder weniger gemeinsam hatten, war, neben einer
durch die Kriegsumstände bedingten anglophoben Haltung, eine tief verwurzelte Sympathie für die
Buren, die als kleine, von einer Weltmacht bedrängte Nation, angesehen wurden. Es war unter den
Völkern Europas allgemein der Drang spürbar, einer als Brudervolk betrachteten Nation, die in
einem existentiellen Verzweiflungskampf stand, zur Seite zu stehen.
Wie heroisch sich die Freiwilligen gemeinsam mit ihren
burischen Kameraden gegen die zwölffache Übermacht der britischen
Berufssoldaten stellten, mögen einige wenige Darstellungen verschiedener
Schlachten darlegen.
Die Schlacht Elandslaagte im Oktober 1899: »Alles
ging in Deckung. Nicht weit von den Deutschen entfernt war ein Fluß und
200 Meter dahinter lagen die Buren, die es schnellstens zu erreichen
galt. Oberst Schiel gab Befehl zum Sturmlauf. Alles sprang auf und gab
den Pferden die Sporen. Schiel hatte das Gewässer bereits durchquert,
als er sah, daß dies mit ihm nur etwa 30 Mann gelungen war. Die anderen
kämpften mit ihren Pferden noch in den Fluten. Diese Gelegenheit ließen
sich die Engländer nicht entgehen und richteten verstärkt das
Gewehrfeuer auf die Schwimmenden. Schiel wußte, daß sein Ziel so nah und
doch so fern war. Er gab Befehl, zu dem Fluß zurückzukehren und den sich
noch im Wasser befindlichen Kameraden Deckung zu geben. Dies gelang und
die Deutschen zogen sich an einen kleinen Hügel zurück, formierten sich
neu und setzten nochmals zu einem Gewaltritt zu den eigenen Linien an.
Den Engländern war dieser Entsetzungsversuch natürlich nicht verborgen
geblieben. Sie nahmen die Deutschen unter unaufhörlichen Beschuß. Das
Blei wütete fürchterlich unter ihnen. Zudem gaben die Engländer gegen 16
Uhr 30 den Befehl zum Sturmangriff. (...) Direkt vor Oberst Schiel fiel
Ludwig von Borries mit Kopfschuß. Potgieter wurde von einer Feuersalve
regelrecht niedergemäht. Die Engländer setzten zum Gnadenstoß an: Die
Infanterie ging zum Bajonettangriff über, die Dragoner preschten mit
schwingenden Säbeln hervor und auch die Ulanen stürmten, ihre
fürchterlichen Lanzen zum todbringenden Stoß bereit, mitten in die
Linien der Buren und Freiwilligen hinein. Die ersten befiel nun Panik.
Kock hatte alle Mühe, daß seine Männer auf ihren Posten blieben. Einige
Buren - und auch Freiwillige - hielt jedoch nun nichts mehr. Sie flohen
Hals über Kopf. Während die Mehrheit in Todesverachtung erbittert
weiterkämpfte.«
Die Schlacht bei Magersfontein im Dezember 1899: »Dies
war der Beginn des Heldenkampfes der Skandinavier bei Magersfontein,
über den Erland Mossberg, derzeit schwedischer Militärattaché, später
schreiben sollte, daß das Korps die besten Traditionen der alten
Wikinger wieder aufleben ließ. Die Nordmänner schossen, was die Gewehre
hergaben - was dazu führte, daß die Verluste des Feindes drei- bis
viermal höher sein sollten als die des Freikorps. Den Untergang der zu
allem Entschlossenen konnte indes auch dieses beeindruckende Verhältnis
nicht aufhalten. Die wenigen Skandinavier warfen sich mit
Todesverachtung gegen den Feind, der sie im wahrsten Sinne des Wortes
mit Blei eindeckte. Als sämtliche Munition verschossen war, droschen die
Nordmänner mit Gewehrkolben auf den Feind ein. Nur 2 Männern (andere
Quellen sprechen von 8, von denen wiederum 6 schwer verwundet waren),
dem Schweden Elof A. Blombergson - der später bei der Schlacht um
Paardekraal fallen sollte - und dem Dänen Peter Krohn, gelang es wie
durch ein Wunder auszubrechen; alle anderen, unter ihnen auch der
Deutsche Franz von Rassau, waren gefallen oder verwundet auf dem
Schlachtfeld liegen geblieben.
Nach dem Kriege kehrten die Freiwilligen
der einzelnen Freikorps und Kommandos sowie die Kriegsgefangenen in ihre
jeweilige Heimat in Europa zurück. Andere suchten sich neue
Schlachtfelder und fanden diese zur Genüge, zum Beispiel beim
Boxeraufstand in China. Die meisten Angehörigen europäischer Freikorps -
vor allem Deutsche und Niederländer - waren nach Ceylon ins
Strafgefangenenlager Ragama bzw. nach St. Helena gebracht worden. Nicht
alle gaben sich jedoch mit diesem Schicksal bis zum Kriegsende
zufrieden. Einigen wenigen gelang unter spektakulärem Einsatz die
Flucht. So zum Beispiel dem Deutschen Ernst Hausner, der mit vier Buren
im Hafen von Colombo vom Kriegsgefangenenschiff Catalonia sprang und zu
dem russischen Schiff Kherson schwamm. Dessen Kapitän zeigte sich
solidarisch und brachte sie nach einer langen Fahrt durch das Rote Meer
und den Bosporus nach Europa.