DIE GESCHICHTE DER BUREN

Von der Landung am Kap der guten Hoffnung bis zum Burenkrieg

von Hagen {Die Heimattreue Jugend e.V."}

Links und Bilder: Nikolas Dikigoros

Im Jahre 1488 entdeckte der Portugiese Bartholomäus Diaz an der Südspitze Afrikas völlig zufällig eine weit in den Ozean vorspringende Felsnadel, die er angesichts des schlechten Wetters "Kap der Stürme" nannte. Er war damals mit zwei Karavellen unterwegs, die wir heute als lächerliche Nußschalen bezeichnen würden - den Eingeborenen erschienen sie als unheilvolle Ungetüme. Sein König gab der Felsnadel den Namen "Kap der guten Hoffnung", da man sich auf diesem Weg eine Verbindung auf dem Seeweg nach Indien erhoffte. Diese war damals für den Handel von ernormer Wichtigkeit, und so dauerte es nur elf Jahre, bis es Vasco da Gama gelang Afrika zu umsegeln. Den Portugiesen folgten bald Dänen, Engländer, Holländer und Franzosen und immer diente die Bucht am Kap als Landestation zur Aufnahme von Frischwasser.

Jan van Oldenbarneveldt hatte die konkurrierenden Kaufleute in der United Chartered East India Company, der ersten Aktiengesellschaft der Welt, zusammengeschlossen. Als das, dieser Gesellschaft gehörende Ostindienboot "Haarlem" vor der Kapküste sank, rettete sich die überlebende Besatzung in der Tafelbucht, wo sie bis zu ihrer Bergung einige Monate ausharren mußte. Aufgrund ihrer Erzählungen von einem fruchtbaren, klimatisch erträglichen und nur dünn besiedelten Land, zogen am 6. April 1652 die ersten europäischen Siedler unter Leitung von Jan van Riebeeck nach Südafrika und gründeten Kapstadt.

Im Jahre 1713 legte ein Schiff der Kompanie in Kapstadt an. Sklaven brachten Kleider zum Waschen an Land, doch diese waren von ostasiatischen Pockenkranken getragen worden und rasch breitete sich diese, bis dahin in Südafrika unbekannte Krankheit unter den Eingeborenen aus, bis ein ganzes Volk nahezu ausgerottet war. Die Eingeborenen waren Hottentotten und Buschmänner, Vertreter einer braunen Pygmäenrasse.

Die junge Kolonie entwickelte sich erfolgreich. Zu den Holländern gesellten sich viele Deutsche und Österreicher, aber auch Dänen, Schweden und Hugenotten. Aus diesen Einwanderern bildete sich nach und nach eine Nation mit eigener Sprache: die Buren ("Bauern") oder Afrikaner, deren frühere Abstammung noch an den Familiennamen erkennbar ist. Die Swart, van Heerden und Van Rooy sind holländisch-flämischen, die Badenhorst, Krüger, Pelzer, Steyn und Schumann deutschen und die Du Plessis, de Villers und Malan französischen Ursprungs.

Die Ostindische Kompanie, die ihre Nachfolger in Holland in geheimer Sitzung selbst bestimmte, hatte in ihren Kolonien unbeschränkte Vollmachten. Sie setzte als Vertreter einen Gouverneur ein, übte absolute Gerichtsbarkeit aus, setzte die Preise für Vieh, Saatgut, Gemüse und Wein willkürlich fest. So erlebte Kapstadt zeitweise schlechte, aber auch blühende Zeiten unter einem gerecht denkenden und weitblickenden Gouverneur. Insgesamt entwickelte sich die Kolonie aber erfolgreich. Kapstadt hatte Ende des 18. Jahrhunderts bereits 1200 Häuser, teils in schönem holländischen Barock, die Kolonie insgesamt 27.000 weiße Einwohner.

Die Lage änderte sich mit Beginn des 19. Jahrhunderts, als Napoleon Holland besetzte, die Ostindische Komapnie ihre Tore schloß und England die Kolonie Hollands gegen eine Entschädigung von sechs Millionen Pfund annektierte. Engländer übernahmen die Herrschaft in Kapstadt, und mit ihnen kam ein Strom von Einwanderern, Beamten, Offizieren, Farmern und Händlern aus Großbritannien. Die örtlichen Amtsträger erhielten nur noch wenig Bewegungsfreiheit, es kam zu Konflikten zwischen englischen Missionaren und den Buren. Rebellische Farmer, die sich gegen die englische Gerichtsbarkeit auflehnten, wurden gehängt. London verfügte die Freilassung von 34.000 Sklaven, die erst wenige Jahre zuvor von der englischen Verwaltung an die Farmer teuer verkauft worden waren. Nicht alle Freigelassenen wurden Tagelöhner, mancher wurde Landstreicher und Viehräuber, ohne daß die englische Verwaltung in der Lage gewesen wäre, die Farmer hinreichend vor ihnen zu schützen. Immer stärker wuchs der Hass gegen die englische Fremdherrschaft, Unterdrückung, Bevormundung. So zogen im Jahre 1835 über 10.000 Menschen mit ihren Ochsenwagen, Vieh und all ihrem Hab und Gut gen Norden in ein ihnen nahezu unbekanntes, unwirtliches Land. Ihr Haus und Hof, ihre angestammte Heimat ließen sie schweren Herzens hinter sich, der ersehnten Freiheit zum Opfer. Der "Große Treck" ging über die Glutsteppe des südafrikanischen Hochvelds, über die Flüsse Oranie und Vaal, durch die Schluchten und unwegsamen Pässe der Drakensberge, durch dichten Busch bis an die Nähe Natals und bis hinauf zum Limpopo. Sie nannten sich Voortrekker, "Pioniere".

Drei Jahre dauerte diese Wanderung und sollte das Volk der Buren tief prägen. Sie fanden ein Land, nur spärlich von Buschmännern besiedelt und unwirtlich, aber sie waren frei von englischer Kolonialherrschaft. Der Hauptteil der Trekker ließ sich in Transvaal nieder, wo 1836 die erste Republik ausgerufen wurde. Kurze Zeit später drangen von Norden her Angehörige des Matabele-Stammes in Transvaal ein und stellten Besitzansprüche. Die Voortrekker verschanzten sich in ihren Wagenburgen und siegten schließlich am 17.01.1837. Doch nicht alle Buren waren sich einig, hier das verheißene Land gefunden zu haben. Ein Teil der Buren suchte weiter im Norden ihr Heil. Etwa 600 andere liefen in Natal in die Falle eines Zuluhäuptlings und wurden ermordet. Ein anderer Burenführer rächte diese Opfer. Der 16. Dezember ist seither zum Nationalfeiertag geworden. Dieser Burenführer gründete die Republik "Natalia". Kurze Zeit später landeten jedoch die Engländer an der Küste und trieben die Buren zurück nach Transvaal.

1844 wurde in Transvaal die erste Verfassung genehmigt. Darin wurde u.a. die Sklaverei verboten und der Schutz des für die Bantu reservierten Landes festgeschrieben. Am 17.01.1852 erkannte England die Unabhängigkeit Transvaals an. Zwei Jahre später wurde ein zweiter Burenstaat gegründet, der Oranjefreistaat. Damit hatten die Buren ihr Ziel erreicht: Die ersten beiden, von Europa unabhängigen Republiken mit je einem, vom Volk gewählten Präsidenten, einem Volksraad als Einkammerparlament, einer guten Gerichtsbarkeit und den Heemrade als Provinzialverwaltungen.

Doch die erreichte Freiheit war keineswegs ungefährdet, für ein Volk, wenige 10.000 Menschen zählend, umgeben von zum Teil kriegerischen Bantustämmen, in einem Raum, der im Zeitalter der Kolonisation zunehmend strategische und wirtschaftliche Bedeutung erlangte. So gelang es dem früheren Missionar Theophilus Shepstone als Spezialkommisar den zu jener Zeit nicht sehr erfolgreichen Präsidenten Transvaals zu entlassen und die Republik am 12.04.1877 unter englische Krone zu stellen. Da erwachte der Widerstand, getragen von Paul Krüger als Vizepräsidenten. Es folgten zwei Reisen nach London, um gegen die Annektierung zu protestieren - vergeblich! Daraufhin kamen die Buren den Briten auch nicht zu Hilfe, als sich in der benachbarten englischen Kolonie der Stamm der Zulu erhob. Als die englische Besatzungsmacht daraufhin zur Deckung der Kriegskosten Steuern erhob, brachen in Transvaal Unruhen aus. Um Ohm Krüger bildete sich eine provisorische Burenregierung mit dem Ziel, die Unabhängigkeit der Republik wiederherzustellen. Die Buren verfügten lediglich über 7.000 Mann und geringe Munitionsvorräte, die britische Weltmacht hatte hingegen die stärkste Flotte der Welt, mit der sie jede beliebige Truppenmacht, jeden Nachschub an Waffen, Munition und Ausrüstung nach Afrika transportieren konnte. Um so mehr erstaunte die Welt, als die Buren ihren Eersten Vryheidsoorlog, ihren "ersten Freiheitskrieg" 1881 gewannen. Die Engländer hatten den Krieg zu wenig ernst genommen, den Feldzug strategisch schlecht vorbereitet.

Mit dem diplomatischen Geschick Paul Krügers gelang es, daß den Transvaalern in den darauffolgenden Friedensverhandlungen freie Selbstregierung unter britischer Oberhoheit zugestanden wurde. Aber auch damit war Krüger noch nicht zufrieden. Er reiste als neuer Präsident Transvaals nach London, in das Zentrum des Weltreiches, verhandelte mit Joseph Chamberlain - bis er am 27.02.1884 die Freiheit Transvaals wiederhergestellt hatte.

Doch bald schon sollte neues Unheil die lang ersehnte Freiheit wieder zerstören: In Transvaal wurden die damals reichsten Goldlager der Welt entdeckt. Auch Präsident Krüger, der die seinem Land drohende Gefahr erkannte, gelang es nicht, den 1886 beginnenden Goldrausch zu verhindern. Massen abenteuerlicher Goldsucher, profitgieriger Händler und leichtlebiger Glücksritter vornehmlich englischer Herkunft strömten in das bisher rein bäuerliche, dünnbesiedelte Land, so daß es schließlich mehr Uitlanders, "Ausländer", als Buren gab. Die Buren standen plötzlich vor bisher nicht gekannten Schwierigkeiten, die durch das fordernde Verhalten der britischen Regierung noch vergrößert wurden. Unruhen wurden angestiftet und kurzentschlossen ließ Cecil Rhodes, Engländer und seit 1890 Premierminister der Kapkolonie, ohne vorangehende Kriegserklärung eine kleine Truppe gewaltsam in Transvaal einfallen. Doch die Wachsamkeit der Buren zwang die Engländer nach kurzem Gefecht am 02.01.1896 zur Aufgabe. Ohm Krüger löste den Zwischenfall mit diplomatischem Geschick und lieferte die Anführer zur Aburteilung an England aus. Anläßlich des Sieges erhielten die Buren von Kaiser Wilhelm II. von Deutschland vor 104 Jahren ein Glückwunschtelegramm, die "Krügerdepesche".

Doch die Spannungen zwischen Engländern und Buren waren nicht beigelegt, sondern wuchsen noch mehr. Nach den Erfahrungen des ersten Krieges wollten sich die Engländer nicht noch ein zweites Mal überrumpeln lassen, sondern bereiteten ihren Aufmarsch sorgfältig vor. Präsident Krüger, der sich nicht kampflos geschlagen geben lassen wollte, hatte nur die Möglichkeit eines Überraschungsangriffs, um nicht vor der Übermacht der Weltmacht erdrückt zu werden. So erklärte er am 21.11.1899 den Krieg, um die Freiheit der Burenrepublik zu retten. In den ersten Wochen des "zweiten Freiheitskrieges" errangen die Buren eine Reihe von Siegen, doch dann änderten die Engländer ihre Strategie. Während die Buren anfangs etwa 50.000, später nur noch 20.000 Mann waren, hatte England 300.000 Mann zur Verfügung. Die Buren mußten bald erkennen, daß sie in offener Feldschlacht der britischen Feuerüberlegenheit nicht mehr gewachsen waren. Die Engländer besetzten Kimberley, dann Bloemfontein, die Hauptstadt des Oranjefreistaats, der am 29.05.1900 annektiert wurde; es folgte Pretoria und schließlich wurde am 01.09.1900 auch Transvaal annektiert. Präsident Krüger eilte nach Europa, wo er vergeblich tatkräftige Unterstützung für sein Vaterland suchte. Trotz allen Unglücks leisteten die Buren Widerstand, kämpften für ihre Freiheit, während die Engländer mit immer grausameren Methoden versuchten, den Willen der Buren zu brechen. So sperrten sie über ein Drittel der Gesamtbevölkerung, 122.000 Zivilpersonen, hauptsächlich Frauen und Kinder in Konzentrationslager, wo unter grausamen Bedingungen mindestens jeder vierte qualvoll ums Leben kam. Damit hatte Großbritannien eine der schrecklichsten Einrichtungen der Menschheit erfunden. Nach zwei Jahren war das ganze Land ausgebrannt, ausgehungert, die Farmen zerstört, das Vieh verschleppt, die Brunnen zugeschüttet oder vergiftet. Das war das Ergebnis des ersten Krieges im Jahrhundert der Kriege ohne Gnade.


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