Einfürung in die Geschichte

 

IM HERZEN EUROPAS

Infolge ihrer geographischen Lage im Herzen Europas war die Slowakei immer Bestandteil der entwickelten Zivilisation. Zahlreiche archäologische Funde sind ein prägnanter Beweis dieser Tatsache. In vorslawischen Zeiten hatten hier besonders germanische Stämme eine bedeutende Position. Ab 400 v. Chr. hinterließen die Kelten beachtliche prägnante Spuren. Um 6 n. Chr. stießen die Römer bis zur Donau vor und mußten sich mit den in der Südwest-Slowakei lebenden Quaden auseinandersetzen. In der Mittel- und Nordost-Slowakei verschmolzen die Träger der Puchauer Kultur mit Resten von Dakern und Kelten und Splittern anderer germanischer Stämme (Karpen, Buren, Ossen). Um 200 n. Chr. kamen die Vandalen in die Ostslowakei, 406 zogen sie mit den Quaden ab. Um 500 kamen die Langobarden in die Slowakei, welche sie nach 70 Jahren wieder verließen. In dieser Zeit kamen in die Slowakei die ersten Slawen. Anfang des 7. Jh. wurde der fränkische Kaufmann Samo zum König der Slawen ausgerufen. In die Slowakei strömten regelmäßig deutsche Missionäre, 828 weihte in Neutra der Salzburger Bischof Adalram die erste christliche Kirche ein.

DIE KARPATENDEUTSCHEN

Seit Stephan, dem ersten König Ungarns (1000-1038), wurden Deutsche als Fachleute in das Land gerufen: Bergleute, Handwerker, Kaufleute, aber auch Ritter und Geistliche. Den "Gästen" wurde zugesichert, dass sie nach ihrem heimischen "deutschen Recht" leben könnten. Die realistische Zahl der Deutschen in der mittelalterlichen Slowakei ist ca. 250.000, was 1/4 von der Gesamtbevölkerung war. In der Zeit der Hussiten- und Türkenkriege und später durch die Magyarisierung wurde die Zahl der Deutschen stark vermindert. Die Abstammung der Deutschen läßt sich vor allem aus der Mundart ableiten. Bei den Bewohnern des Preßburger Siedlungsgebietes herrschte eindeutig die bayerische Mundart vor. Für das Hauerland ist eine "ostmitteldeutsch-bayerische Mischung" festgestellt. Soähnlich auch für die Unterzips. Für die Oberzips kommt als Herkunftsgebiet der schlesische und sudetenländische Ruam in Betracht. Den Begriff "Karpatendeutsche" prägte der Historiker Raimund Friedrich Kaindl am Anfang des 20. Jh., er bezeichnet so die Deutschen in der Slowakei und der Karpatenukraine.

DIE DEUTSCHE BESIEDLUNG DER SLOWAKEI

Vom Anfang des 19. Jh. bis 1945 lebten durchschnittlich 150.000 Deutsche nur schon in drei größeren Siedlungsgebieten:

  1. Preßburg und Umgebung (ca. 49.000)

An der Grenze zu Österreich und Ungarn erstreckte sich das Preßburger Siedlungsgebiet mit sechs (1930) deutschen Mehrheitsgemeinden und neun Orten mit zum Teil beträchtlichen bodenständigen deutschen Minderheiten. Auch die Stadt Preßburg hatte bis 1900 eine deutsche Bevölkerungsmehrheit. Im Norden schließen sich zu Preßburg die Weinbaugemeinden St. Georgen, Bösing und Modern, welche ihre alte deutsche Tradition bewahrten. Östlich von Preßburg erstreckten sich die sechs Schüttinseldörfer, von denen Oberufer dank seinem Volkstheater weltberühmt war.

2. Das Hauerland (ca. 40.000)

Die deutsche Besiedlung der Mittelslowakei erfolgte wegen der reichen Bodenschätze. Im 13. und 14. Jh. entstanden die "Sieben niederungarischen Bergstädte", darum das "goldene" Kremnitz, "silberne" Schemnitz und das "kupferne" Neusohl. Im 14. Jh. entstanden um die Städte (besonders um Kremnitz und Deutsch-Proben) ländliche Siedlungen, deren Bewohner neben ihrer Tätigkeit in Gruben auch auf kargen Böden Landwirtschaft betrieben. Zum Namen "Hauerland" kam es nach 1930, weil von 24 deutschen Dörfern acht auf die Silbe "hau" endeten, was eine durch die Rodung des Waldes entstandene Lichtung bezeichnete.

3. Die Zips (ca. 35.000)

Sie liegt an einem der wichtigsten europäischen Handelswege des späteren Mittelalters, der eine Verbindung zwischen Ungarn und Polen durch das Hernadtal und das zur Weichsel entwässernde Poppertal herstellte. In der Oberzips bestand im 13. Jh. der Bund der Zipser Städte mit Zentren in Käsmark und Leutschau. An der Fluß Göllnitz lagen sechs Bergbauorte. Im Bodwatal liegen Metzenseifen und Stoss, die Gemeinde der Hammerschmiede. Die Zips weist auf einem relativ kleinen Gebiet, umstellt von einer herrlichen Hochgebirgsszenerie, eine derartige Fülle an mittelalterlichen Kunstschätzen auf, wie kaum ein anderes Land. Außerhalb dieser Gebiete lebten ca. 26.000 Deutsche. Konfessionell waren die Karpatendeutschen zu ca. 65 % katholisch, ca. 30 % evangelisch und ca. 5 % entfielen auf andere, darunter Israeliten und Konfessionslose.

WEITERE KARPATENDEUTSCHE SIEDLUNGEN

Die Habaner

Im 16. und 17. Jahrhundert wanderten Handwerker und Gewerbetreibende aus deutschen Ländern und der Schweiz aus religiösen Gründen in die Slowakei ein. Das waren Wiedertäufer, Habaner genannt. Aufgrund ihres Gemeinschaftssinns, der sich aus ihrem Glaubenbenskenntniss ergab, schufen sie gemeinsame Siedlungen und "Höfe". So war in Groß-Schützen ein ganzes Habanerdorf zu sehen. Weitere Habanersiedlungen befanden sich in Sobotischt. Unter anderen vielen Handwerken beherrschten die Habaner besonders die Fayence- oder Steingutherrstellung.

Besiedlung im 18. Jahrhundert

Im Zuge der Besiedlung, die das Königreich Ungarn während der Regierungszeit Maria Theresias und Josefs II. vornahm, wurden auch Deutsche in die Slowakei gerufen. In den Kleinen Karpaten waren deutsche Holzfällerkolonien angelegt. So kamen 1786 aus verschiedenen deutschen Ländern Deutsche nach Deutsch Dioseg, wo jede Familie Grund, landwirtschaftliche Geräte, zwei Pferde, eine Kuh und Lebensmittel erhielt. Im Roten Kloster lebten die Kamadulenser, die Mönche eines katholischen Ordens. Im Zuge seiner Reformen hat Josef II. den Kamadulenser-Orden aufgelöst. Das Vermögen der Kamadulenser erhielten 1786 teilweise über 100 Familien, welche aus deutschen Ländern nach Unter-Lechnitz und Meier-Hof kamen.

Tscherman

1857-58 kamen die Güter der Grafen Degenfeld-Schinburg und des Barons Heinrich von Splenyi bei Tscherman im Neutratal zum Verkauf. Agenten gelangten bis nach Hannover und Oldenburg und bewogen eine Anzahl von Familien dazu, die Besitztümer gemeinsam zu erwerben. Gerhard Heuer aus Suttrup führte im Herbst 1858 die Auswanderer in die neue Heimat. 1859 folgte unter Führung Steltenpohls aus Schemde eine weitere Gruppe.

Michalok

Zehn Kilometer nördlich von Frönel an der Töpl liegt Michalok, wo bis 1944 ein unverfälschtes Egerländerisch gesprochen wurde. Im Jahre 1899 kauften sich deutsche Bauern hier ein. Die meisten stammten aus der Gegend von Tachau in der Tschechischen Republik, kamen aber nicht aus dieser ihrer ursprünglichen Heimat, sondern aus Ostgalizien, der Gegend von Ludwikunka und Werschinietz. Die Männer waren meist gelernte Zimmerleute, viele arbeiteten in der Quecksilbergrube in Mernik.

Tochtersiedlungen

Im 19. und 20. Jh. wurde die Armut vieler deutscher Gemeinden durch den kargen Boden der Gebirgslandschaft und die Überbevölkerung verursacht. Viele Deutsche aus der Slowakei arbeiteten in Böhmen, Mähren oder dem Ausland als Saisonarbeiter, die Unternehmungslustigeren wanderten in die Übersee aus. Manche kauften Güter im Süden der Slowakei. So haben 20 deutsche Familien aus Deutsch-Litta und Drescherhau die Siedlung Neu-Weinberge bei Jasova gegründet. Mehrere Familien aus Hochwies und Paulisch kauften Güter in Demenditz, Sazdice und bei Vrable. Mehrere Krickerhauer haben sich in Groß-Bedzan angesiedelt.

DAS LETZTE JAHRHUNDERT DER KARPATENDEUTSCHEN

Die Madjarisierungsbestrebungen, getragen vom ungarischen Staat, schwächten die Karpatendeutschen von Jahr zu Jahr, besonders in den Städten. An allen deutschen Schulen war die deutsche Unterrichtssprache abgeschafft worden. Die Eingliederung der Slowakei in die Tschechoslowakei im Jahr 1918 brachte für das Karpatendeutschtum eine Wende zum Positiven: die nationale Minderheiten hatten das Recht auf eigene Schulen, Vereine und Presse. Da es vielfach an qualifizierten Lehrern fehlte, kamen Lehrer aus dem Sudetenland, welche neben der Bildung auch bei der Entstehung eigenständiger Vereine mitwirkten und das nationale Bewußtsein belebten. Politisch war das Karpatendeutschtum zersplittert, nur die Zips stand fast geschlossen hinter der Zipser Deutschen Partei. 1929 die Karpatendeutsche Partei gegründet, 1935 schloß sie ein Wahlbündniss mit der Sudetendeutschen Partei. Im Oktober 1938 vollzog sich die Umwandlung der Karpatendeutschen Partei in die Deutsche Partei, der jeder erwachsene Deutsche in der Slowakei angehören sollte. Die Deutsche Partei neigte zur nationalsozialistischen Weltanschauung, ihre Agitation und Auftreten war oft übertrieben. Die Karpatendeutschen genauso wie Slowaken standen aber nicht geschlossen im Dienste des deutschen Faschismus. Aufgrund des Vertrages der Slowakei mit dem Deutschen Reich erhielten die Karpatendeutschen in der Slowakischen Republik politische Freiheit und Schul- und Kulturautonomie. Auf dem Hintergrund der Kriegsentwicklung 1943-1945 löste sich eine Krisenstimmung bei den Karpatendeutschen aus. Während des Aufstandes im Herbst 1944 waren besonders die Streusiedlungen und das Hauerland betroffen. Damit hat der Leidensweg der Karpatendeutschen begonnen.

DER LEIDENSWEG DER KARPATENDEUTSCHEN

Neben den Millionen Deutschen aus dem Osten gehörten auch die Karpatendeutschen zu den Leidtragenden des von Deutschland verursachten Krieges und der Machtpolitik Stalins und Beneschs. Nach dem Ausbruch des Aufstandes in der Slowakei (Herbst 1944) waren die Karpatendeutschen auf sich alleine angewiesen. Am schlimmsten betroffen waren die Streusiedlungen und das Hauerland: Massenmorde in Rosenberg, Glaserhau, Schemnitz, Deutsch-Proben mit allein ca. 450 Toten. Seit November 1944 begann die Evakuierung, insgesammt dürften zwei Drittel der Karpatendeutschen durch die Evakuierung erfaßt worden sein. Viele versuchten nach dem Kriege in die Heimat zurückzukehren, wurden aber, wie die in der heimat Verbliebenen, in Lager gesteckt, und 1945/46 aus der CSR ausgewiesen. Ungefähr 10-15 % der Karpatendeutschen sind aus verschiedenen Gründen in der Slowakei geblieben. Bei der Flucht, Vertreibung, Verschleppung und im Konzentrationslager in Nováky verloren weitere Hunderte Karpatendeutscher ihr Leben. Dadurch wurde in den Jahren 1944-1947 die mehr als 800 Jahre dauernde überaus fruchtbare Kultur und das freundliche Zusammenleben der Karpatendeutschen mit den Slowaken zerstört. Nach 1945 kamen sich die Karpatendeutschen im zerstörten Deutschland und Österreich recht verloren vor. Kirchliche Organisationen und karpatendeutsche Seelsorger halfen den Verstreuten bei der Zusammenführung ihrer Familien und leisteten auch soziale Hilfe. In ihrem Rahmen entstanden der "Hilfsbund karpaterdeutscher Katholiken" und das "Hilfskomitee für die evangelisch-lutherischen Slowakeideutschen". Diese beiden Organisationen gaben 1949 in der BRD Anstoß zur Gründung der "Karpatendeutschen Landsmannschaft Slowakei e.V.". Auch in Österreich und den USA bestehen landsmannschaftliche Organisationen der Karpatendeutschen.

DIE KARPATENDEUTSCHEN IN DER SLOWAKEI

Schwer war die Lage der Karpatendeutschen, die aus verschiedenen Gründen in der Slowakei geblieben sind. Aufgrund der Benesch-Dekrete sind sie recht-, ehr- und besitzlos geworden. Bei der Volkszählung 1950 haben sich 5179 Bewohner zur deutschen Nationalität bekannt. 1980 waren es nur noch 2819. Die zielbewußte Assimilation und das vollkommen absentierende deutsche Schulwesen haben dazu geführt, daß die Karpatendeutschen am Ende der 80er Jahre in ihrer Existenz vollkommen bedroht waren. Ein neues Licht der Hoffnung ist ihnen nach 1989 aufgegangen. Bei der Volkszählung 1991 haben sich 5629 Personen zur deutschen Nationalität gemeldet, es wird jedoch angenommen, das diese Zahl höher ist. Am 30.9.1990 wurde in Metzenseifen der Karpatendeutsche Verein in der Slowakei ins Leben gerufen. Er gliedert sich organisatorisch in fünf Regionen: Preßburg und Umgebung, Hauerland, Oberzips, Unterzips und Bodwatal. Dieser kulturelle Verein hat mehr als 4.000 Mitglieder in 36 Ortsgruppen. Die flächenmäßig größte ist die Region Hauerland mit mehr als 1.000 Mitgliedern. Die finanzielle Unterstützung vom Kulturministerium der SR, Zuwendungen aus der Bundesrepublik Deutschland sowie die moralische und materielle Unterstützung der Landsmannschaften und Landsleute helfen den in der Slowakei lebenden Deutschen ihre eigene Kultur, Sitten und Traditionen zu pflegen und zu bewahren.

BERGBAU

Seit dem 13. Jahrhundert luden die ungarischen Könige deutsche Fachleute, die fähig waren wertvolle Erze sachkundig zu fördern, ins Land. So kamen Bergleute aus Kärnten und dem Harz, aus Böhmen und Mähren in die Slowakei. Sie errichteten nach und nach die sieben "niederungarischen Bergstädte" im Hauerland und die sieben "oberungarischen Bergstädte" in der Zips. Besonders die mittelslowakischen Bergstädte wie Kremnitz, Schemnitz und Neusohl waren in ihrer Blütezeit im 14.-16. Jh. die Grundlage der Geldwirtschaft in ganz Ungarn. Durch die Zusammenarbeit zweier Unternehmerfamilien - der Augsburger Fugger und der Zipser Thurzo - wurde der Bergbau des Hauerlandes im 16. Jh. auf einen Höhepunkt geführt. Die Entdeckung der Amerika, Türkeneinfälle mit Brandschatzungen, Pestepidemien und antihabsburgischen Aufstände verursachten neben einer Dezimierung der deutschen Bevölkerung auch Ruin und Untergang vieler Bergwerke. Erst während der Regierung von Maria Theresia haben die Montangebiete und Bergstädte der Slowakei eine Wiederbelebung, sogar eine weitere Blütezeit erlebt. In den Bergbaugebieten des Hauerlandes wurde eine einzigartige Bergbautechnik entwickelt. Besondere Bedeutung hat die 1762 in Schemnitz gegründete erste Montanhochschule der Welt. Nach 1910 wurde in Krickerhau eine Lagerstätte mit hochwertiger Pechbraunkohle erschlossen.

HANDWERK UND ZÜNFTE

In den Städten der Slowakei entstandten die ersten Interessengemeinschaften der Handwerker - die Zünfte - 14. Jh. Die Mitgliederschaft war zuerst nur auf Deutsche beschränkt. Die Artikel Zunft regelte das Verhältnis zur kirchlichen und weltlichen Obrigkeit, sowie die Angelegenheiten der Zunftmitglieder untereinander, zwischen den Lehrlingen, Gesellen und Meistern. In Neusohl waren 1529 28 handwerkliche Zünfte registriert, in Leutschau am Ende des Mittelalters sogar 42. Ab dem 18. und 19. Jh. verlor das Zunftwesen seine praktische Bedeutung.

INDUSTRIE

Den Werdegang der Industrie in der Slowakei kann man gut an der Entwicklung der Fabriken karpatendeutscher Unternehmer verfolgen. Sie gingen den Weg von der Manufaktur zur Fabrik, aber nicht alle schafften diesen Übergang. Überregionale Bedeutung erreichten folgende Familienbetriebe: Wein in Käsmark (Weberei, Textilveredelung), Cziser (Papier) und die 1. Zipser Dampfbrauerei in Deutschendorf, C.A. Scholtz in Matzdorf (Haushaltsgeräte, Emailwaren), Grüneberg (Bürsten), Brüder Stein (Bierbrauerei) und Manderla (Großfleischerei) in Preßburg.

WISSENSCHAFT UND TECHNIK

Im Bereich der Wissenschaft und der Technik sind Leistungen vieler Karpatendeutscher hoch geschätzt. Der Preßburger Johann Andreas Segner schrieb sich als Erfinder des "Segnerschen Wasserrades" in die Annalen des physikalischen Fortschritts ein. Sein Zeitgenosse Wolfgang Kempelen erfand eine Sprechmaschine. Maximilian Hell aus Sielgesberg wirkte als Astronom und Direktor der Sternwarte in Wien. Der aus Zipser Bela gebürtige Josef Maximilian Petzval, Professor an der Wiener Universität, ist bekannt als Erfinder des neuen photographischen Objektivs. An der Wiener Universität wirkte auch der Preßburger Botaniker Stefan Endlicher. Ein weiterer Preßburger, Philipp Lenard, erhielt für die Erforschung der Kathodenstrahlen im Jahr 1905 den Nobelpreis für Physik.

SCHULWESEN

Der überwiegend städtische Charakter der deutschen Siedlungsgebiete brachte es mit sich, daß sich schon seit dem 14. Jh. ein beachtliches Bildungswesen entwickelte. Mit der Reformation erfuhr das Schulwesen in den deutschen Städten eine starke Vertiefung. Ab diesem Zeitpunkt hatten nicht nur alle Städte, sondern auch Dörfer eigene, sogenannte "Brot- oder Schreibschulen". Zu den bedeutendsten deutschen Schulanstalten, die auch von namhaften Persönlichkeiten der Madjaren und Slowaken besucht wurden, gehören das Preßburger Gymnasium (1606 gegründet) und das Käsmarker Lyceum (1533 gegründet). Große Bedeutung errang die erste Montanhochschule der Welt, die 1762 in Schemnitz gegründet wurde. Die Apponyische Gesetzgebung aus dem Jahre 1907 schränkte den Unterricht in deutscher Sprache stark ein. Erst nach 1918 kam die deutsche Unterrichtssprache wieder zu ihrem Recht. 1939 erhielt das deutsche Schulwesen durch eine eigene Abteilung im Schulministerium eine beträchtliche Unterstützung. 1943 hatten die Deutschen in der Slowakei in 122 Schulorten 141 Volksschulen, 23 Bürgerschulen, 1 Lehrerakademie, 2 Handelsakademien, 3 Gymnasien und 17 Fachschulen der verschiedensten Art. Nach 1945 wurde Deutsch nur als Fremdsprache gelehrt, und erst seit 1992 kam es zu einem Neuanfang mit eigenen deutschen Kindergärten, bilingualen Volksschulen und Gymnasien.

ZEITUNGSWESEN

Als erste periodische Zeitung in Ungarn, die eine lange Lebensdauer (bis 1929) hatte, erschien am 14.7.1764 die deutsche "Pressburger Zeitung". Auch in anderen Regionen der Slowakei, mit Ausnahme des Hauerlandes, wurde eine Reihe von deutschsprachigen Zeitungen gegründet, z.B. in Leutschau "Zipser Anzeiger", später "Zipser Bote" (1863-1908), in Kaschau "Kaschauer Zeitung" (1872-1914), in Neutra "Pannonia" (1872-1897), in Tyrnau "Tirnauer Wochenblatt" (1869-1880), in Preßburg "Preßburger Tagblatt (1870-1873, 1896-1924). Drei Zeitungen existierten bis in die 40-er Jahre: "Westungarischer Grenzbote" (1872-1918), ab 1919-1945 als "Grenzbote" in Preßburg, "Deutsche Stimmen" (1934-1945) auch in Preßburg und in Kesmark "Karpaten-Post" (1880-1942). Seit 1991 erscheint in Deutschendorf das "Karpatenblatt", Monatsblatt der Karpatendeutschen.

KIRCHLICHES LEBEN

Die deutschen Siedler, die seit dem 11. Jh. in die Slowakei kamen, waren Christen. In den von ihnen gegründeten Siedlungen bauten sie ihre Kirchen, die nicht nur Mittelpunkt ihrer Siedlungen, sondern auch ihres geistigen Lebens waren. Durch die Reformation im 16. Jh., der sich zunächst die meisten Karpatendeutschen anschlossen, wurde die Verbindung zum deutschen Mutterland wieder enger. Die künftigen Pfarrer studierten an deutschen Universitäten, und in den Städten der Slowakei wurde ein Schulwesen nach deutschem Muster (Melanchton) aufgebaut. Durch diese Schulen erhielten auch die Slowaken die Möglichkeit an deutschen Universitäten zu studieren und bekamen dadurch Verbindung zum westeuropäischen geistigen Leben. Durch die Gegenreformation der Habsburger wurde die konfessionelle Struktur der Karpatendeutschen wieder verändert, so daß die Zips mehrheitlich evangelisch, Preßburg und seine Umgebung mehrheitlich katholisch, das Hauerland hingegen fast ganz katholisch war. 65 % der Karpatendeutschen waren katholisch und 30 % evangelisch A.B.

DIE GOTIK IN DER SLOWAKEI

Kaum in einer europäischen Kunstlandschaft findet man eine derartige Fülle an Holzplastiken, die in der Entwicklung von der Früh- über die Hoch-, zur Spätgotik selbst kleinste Dorfkirchen bereichert. Neben zahlreichen Werken dem Namen nach unbekannter deutscher Meister, bildet das umfangreiche Werk von Meister Paul aus Leutschau den künstlerischen und stilistischen Höhepunkt. Reichlich vertreten ist die Wandmalerei.

ARCHITEKTUR

Charakteristisch für die westslowakische Region sind die sakrale und profane Architektur der Stadt Preßburg, die Häuser deutscher Weinbauer aus den Lokalitäten der Kleinen Karpaten (Limbach, Bösing) sowie die Wohnstätten deutschsprachiger Habaner aus dem Gebiet des Záhorie (Sobotischt, Grosschützen). Für das mittelslowakische Bergbaugebiet des Hauerlandes sind die Städte Kremnitz, Schemnitz, Deutschproben, die kleinen Kirchen und die stockhohen Häuser der deutschen Bevölkerung von Kremnitz und seiner Umgebung (Ober- und Unterturz, Oberstuben und Unterstuben, Blaufuß, Johannesberg, Honneshau, Fundstollen). Die Architektur der ostslowakischen Region ist sehr reich. Das bestätigen auch Abbildungen sakraler, städtischer und ländlicher Bauten von Kesmark, Georgenberg, Bela, Altlublau, Zipser Kapitel, Leutschau, Schmöllnitz, Bartfeld, Metzenseifen sowie der Anblick des prächtigen Bauwerks der Zipser Burg.

BILDENDE KUNST

Es gab keine spezifische karpatendeutsche Kunstrichtung, denn alle Stile haben ihre Vertreter. Allgemein überwogen diejenigen Kunstrichtungen, die sich von Westen nach Osten, wo sie sich etwas später auswirkten, verbreiteten. Trotzdem bewahrten die karpatendeutschen Künstler ihre Eigenart. Räpresentanten des Barocks sind die Bildhauer Raphael Donner und Johann Brokoff, die Malern Adam Fr. Oeser, Franz A. Maulbertsch, Andreas Zallinger. Im Klassizismus waren Franz X. Messerschmidt, Johann Rombauer, Joseph Czauszik u.a. tätig. In der späteren Zeit wirkten Karl Libay, Karl Sovánka, Ladislaus Mednyansky, Viktor Kiss. Als Graphiker waren Ludwig Rohbock, Karl Frech, als Bildhauer Viktor Tilgner, Anton Fadrusz, Alois Rigele, Josef Damko u.a. bekannt.

MUSIK

Im Kulturraum des Donaubeckens spielte die Musik eine große Rolle. Vor allem Preßburg, das manchmal auch als "Vorstadt Wiens" bezeichnet wurde, brachte eine Reihe hervorragender Künstler hervor. In Preßburg konzertierten Haydn und Beethoven, der sechsjährige Mozart fand ebenso sein Publikum wie der neunjährige debütierende Franz Liszt. Im 17. Jahrhundert wurde der Preßburger Johann Sigismund Kusser Begründer der Hamburger Oper. Ein anderer Preßburger, Johann Nepomuk Hummel, wurde Nachfolger Haydns in Eisenstadt und schließlich Hofkapellmeister in Weimar - ein Zeitgenosse Goethes, der ihn hoch schätzte. Preßburger waren auch der Schöpfer der Oper "Notre-Dame" Franz Schmidt und der Komponist Ernst von Dohnanyi. Wegbereiter der Operette und Unterhaltungsmusik in der Slowakei war Johann Mory aus Neusohl. Aus Komorn stammte Franz Lehár, Klassiker der Wiener Operette. Als Kapellmeister an der Wiener Staatsoper und Wiener Volksoper wirkte Anton Paulik.

BRÄUCHE DER KARPATENDEUTSCHEN

Die altehrwürdigen Bräuche waren in vielen karpatendeutschen Orten noch bis in des 20. Jh. erhalten geblieben, in den meisten sind sie aber bereits seit einigen Jahrzehnten nicht mehr zu finden. Bleigießen, Knödelkochen zum Andreasabend, Hexenumgänge zu Luzia, Schemelschnitzen zur Christmesse aus verschiedenen Holzarten, Baden (Begießen) der Mädchen und Frauen zu Ostern, Kettenspannen bei Hochzeiten, Geldstreuen über das Hochzeitspaar an der Kirchentür, Aufstellen von Maibäumen, Spinnen und Federschließen in den Rockenstuben, Volksspiele und viele andere Bräuche könnte man nennen, womit bei weitem nicht alle erwähnt sind. Es gibt kaum eine deutsche Liedergattung, die bei den Karpatendeutschen nicht vertreten wäre, von primitiven Totenklagen bis hin zu kunstvollen geistlichen Liedern. Die Sprachinseln waren ein Sammelbecken des deutschen Liedergutes mehrerer Jahrhunderte.

MUNDART DER KARPATENDEUTSCHEN

Die Ansiedlung der aus den deutschen Stammlanden kommenden Gründer fand im Mittelalter statt. Die Siedler sprachen demnach noch das Deutsch des Mittelalters, dessen literarische Überlieferung "mittelhochdeutsch" genannt wird. Da die Auswanderer in der neuen Heimat von der Entwicklung der Sprache in ihrem Stammland weitgehend abgeschnitten waren, haben sich bei ihnen mehr alte mundartliche Sprachformen erhalten als bei den Teilen der Bevölkerung, die im eigentlichen deutschen Sprachgebiet lebten. Der selten geschlossene Siedlungsraum der Karpatendeutschen ließ es nicht zu, im Laufe der Zeit eine einheitliche karpatendeutsche Mundart zu bilden. Daher gab es verschiedene, voneinander abweichende Mundarten. Obzwar alle 24 Ortschaften des Hauerlandes eine eigene Mundart sprechen, die mehr oder weniger voneinander abweicht, könnten drei Hauptgruppen unterschieden werden. Die erste bildet die Kremnitzer Stadtmundart (das Pergstädterische), die zweite bilden sieben Orten der unmittelbaren Kremnitzer Umgebung und die dritte die restlichen Orte um Krickerhau und Deutsch-Probener Bereich.

BEKLEIDUNG DER KARPATENDEUTSCHEN

Im vorwiegend evangelischen Preßburger Weinbaugebiet finden wir einfarbige, dunkle Gewänder mit schwarzen Schürzen, bei jungen Frauen hellere Stoffe, teils noch dirndlmäßig verarbeitet. Schwarze oder weiße Hauben aus Tüll oder Häkelspitzen mit schwarzen oder einfarbig hellen Bändern bezeugen das Alter und den Stand der Trägerin. Die Männerbekleidung war vor allem durch den Weinbau beeinflußt. Im mittelslowakischen Hauerland sind die Trachten vielfältig und farbenfroh. Die geographische Teilung in drei Sprachinseln. mit den zentral gelegenen Städten Deutsch-Proben, Kremnitz und der Staudensiedlung Hochwies und Paulisch ist auch an den Trachten erkennbar. In der Männerbekleidung ist der starke Einfluß der Bergmannsrtracht gebliegen. Die Frauentrachten aus den einzelnen Ortschaften sind sehr unterschiedlich. In der Zips kam es zur Bildung von drei Gruppen deutscher Trachten, und zwar in den Siedlungen am Oberlauf der Popper, am Unterlauf der Popper, in der Unterzips. In den Abseits gelegenen Orten, wie Hopgarten und Metzenseifen, verlief eine eigene Entwicklung.

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