[Inhalt]

ZWEI MARIEN

Von Peter Torstein Schwanke



MARIA VON MAGDALA


1

Maria Magdalena hat
Begleitet den Messias treu,
Johanna und Susanna auch,
Sie war mit all den andern Fraun
Von Galiläa ihm gefolgt,
Als Jesus Christus ging ans Kreuz.
Sie war mit Sankt Maria auch,
Der Mutter Jesu, Unsrer Frau,
Und mit den andern frommen Fraun
Bei Jesus Christus unterm Kreuz.

Nach Christi Kreuzigung und Tod
Ist er zuerst erschienen ihr
Im Ostergarten Sonntag früh,
Im Auferstehungsparadies,
Ihr, und Maria Salome.
Sie war bei Sankt Maria auch
Und den Aposteln unsres Herrn
Und bei den Brüdern unsres Herrn
Und bei den Jüngerinnen auch
Im irdischen Jerusalem
Nach Jesu Christi Himmelfahrt,
Erwartend betend Gottes Geist,
Der auch auf sie herniederkam
In Feuerzungen auf ihr Haupt.

Der Mythos der Ecclesia
Maria Magdalena schmolz
Zusammen mit Maria von
Bethanien, Marthas Schwester, und
Der namenlosen Sünderin
Und jener, die denn Herrn gesalbt.
Und der Apostel Königin
Apostelin von Frankreich ward,
La Madelaine de la France,
Zur reuevollen Sünderin,
Zur Hure und zur Büßerin.
Der Mythos der Ecclesia
Maria Magdalena schmolz
Zusammen mit Maria von
Ägypten, jener Hure, die
Asketin in der Wüste ward.

Von Anfang an im Jüngerkreis
Maria Magdalena war,
Sie, ohne Gatte, ohne Sohn,
Hieß Miriam von Magdala.

Johanna und Susanna und
Maria Magdalena auch,
Sie wurden von dem Herrn geheilt,
Befreit von der Dämonen Fluch,
Sie dienten ihm mit ihrem Gut,
Dieweil er zog von Dorf zu Dorf
Und kündete das Himmelreich.

Maria Magdalena ward
Befreit von der Dämonen Fluch,
Die sieben bösen Geister flohn
Vorm Finger Gottes durch den Herrn.
Sie war sehr reich an Hab und Gut,
War Herrin, unabhängig, frei,
Die mit dem Wunder-Rabbi zog.

Die Augenzeugin unsres Herrn,
Die Ohrenzeugin unsres Herrn,
Sie folgte ihm als Jüngerin
In Galiläa durch das Land
Und war des Meisters Dienerin.

Die Zeugin seines Todes sah
Gelegt ihn werden in das Grab.

Sie war die Erste aller Fraun,
Die auserkorne Jüngerin.
Susanna und Johanna und
Die andere Maria und
Maria Salome und all
Die andern Frauen unsres Herrn –
Maria Magdalena war
Messias auserwählte Braut.

Es flohen die Apostel all,
Als Jesus Christus hing am Kreuz,
Nur Sankt Maria, Unsre Frau,
Und Sankt Marien Schwester und
Maria Magdalena sind
Geblieben bei dem Herrn am Kreuz.

Maria Magdalena war
Voll Tapferkeit gefolgt ans Kreuz,
Voll Mut und Solidarität
Stand sie bei Jesus unterm Kreuz.
Denn ihre Liebe war so stark,
War stärker als die Todesangst.
Sie gab sich ganz dem Heiland hin,
Dem Heiland und dem Himmelreich.

Als Jesus Gott gehorsam war
Bis zu dem Tode an dem Kreuz,
Maria Magdalena war
Dem Meister treu bis an den Tod.


2

Ist denn dem auferstandnen Herrn
Marie von Magdala allein
Begegnet in der Sonntagsfrüh,
Sprich, oder Magdalena als
Die Königin der lieben Fraun?

Sie sind ja mutig, liebevoll!
Doch ist auch durch den Kreuzestod
Der Frauen Glaube tief erbebt.

Der Engel in dem weißen Kleid
Sagt Magdalena und den Fraun:
Ihr sucht den Christus in dem Tod,
Doch er ist auferstanden, lebt,
Nun geht er weisend vor euch her.

Sankt Magdalena und die Fraun
Als erste Zeuginnen des Herrn
Den Christus als Erscheinung sahn.

Voll Mutes, großer Freude voll,
Sie eilen zu dem Jüngerkreis,
Die Auferstehung preisen sie.

Sankt Magdalena und die Fraun
Bekennen Christus an dem Kreuz
Als ihren Meister, ihren Herrn.

Sankt Magdalena treu bezeugt
Messias Jesus‘ leeres Grab,
Ihn, der hinaufgeht zu dem Herrn,
Zu seinem Gott und ihrem Gott.

Sankt Magdalena sammelt nun
Die weit zerstreute Herde ein
Und gründet die Ecclesia.

Die Fraun von Galiläa um
Sankt Magdalena glaubten fromm
Der Auferstehung unsres Herrn
Und bauten die Ecclesia.

Die Erste Magdalena war
Der Fraun von Galiläa wie
Sankt Petrus war Apostelfürst
In der Apostel Jüngerkreis,
Doch stritten sich die beiden nicht,
Sie liebten sich in Gott dem Herrn.

Apostel der Apostel ist
Sankt Magdalena, ausgesandt
Von unserm auferstandnen Herrn.

Propheten sprachen Seherwort
Im weisen Geist des Ich-bin-da
Zu Gottes auserwähltem Volk.
Maria Magdalena sprach
In Jesus Christus, dem Ich-bin,
Zu Petrus, zur Apostelschar.

Maria Magdalena rief
Mit Jesu Jüngerinnen und
Maria, Unsrer Lieben Frau,
Und Jesu Brüdern, Schwestern auch,
Und den Aposteln unsres Herrn
Herab von Gott den Geist des Herrn!


3

Die Jüngerinnen unsres Herrn
Und Jünger rangen in dem Geist,
Weil Jesus Magdalena doch
Bevorzugt küsste auf den Mund.

Sie stellte viele Fragen ihm,
Von fünfzig Fragen an den Herrn
Maria stellte vierzig ihm,
Er gab ihr Antwort allezeit.

Da forderte Sankt Petrus einst,
Maria Magdalena sollt
Verlassen die Apostelschar,
Doch Jesus strafte Petrus ab:
Geh weg von mir, du Satanas!
Betrübt mir nicht die liebe Frau,
Ich möchte, daß sie bei mir bleibt!

Sie war die Jüngerin des Herrn.
Im Petrus-Evangelium
Ist sie die Frau, die Sonntag früh
Am Ostermorgen kam ans Grab,
Der frommen Frauen Führerin.

Die schöne Jüngerin des Herrn
Und ihre Freundinnen in Gott,
Sie hatten Jesus sehr geliebt
Und weinten über seinen Tod
Und brachten Gaben an das Grab.

Um die enttäuschte Hoffnung nur
Wehklagte der Apostelkreis,
Doch Magdalena und die Fraun
Wehklagten um den Bräutigam!

Maria Magdalena war
Die Erste unter Frauen, die
Mit Salben gingen an das Grab,
Dort Christus auferstanden sahn
Und hörten ihres Meisters Wort:
Es gehe Eine nun von euch
Zum heiligen Apostelkreis,
Sag: Auferstanden ist der Herr!

Sankt Magdalena und die Fraun
Vertrauten ihrem Herrn sofort
Und zweifelten an Christus nicht
Und seinem Auferstehn vom Tod.

Die Brüder aber zweifelten:
Wer tot ist, lebt der wieder auf?
Der Christus aber half den Fraun,
Zu predigen der Brüderschar.
Der Herr erschien den Brüdern selbst,
Noch zweifelte der Brüderkreis.
Erst als die Wunden sie berührt
Und hörten Jesus predigen,
Zum Osterglauben fanden sie.


4

Sankt Miriam von Magdala
Ist Zeugin leeren Gottesgrabs,
Empfangende vom Engelsgruß,
Des Auferstandnen Seherin.

Sie ragt hervor aus allen Fraun,
Bevorzugt von dem Bräutigam.

Was ist der Vorrang dieser Frau
Und Magdalenas Freundinnen
Vor Petri Männerfreundschaft und
Der anderen Apostel Macht?
Es ist die freie Gnadenwahl
Und Auserwählung unsres Herrn!

Die heilige Geliebte, Frau,
Vor allen Frauen auserwählt,
Ist von besondrer Würdigkeit,
Die sich dem Augenschein entzieht.

Frau Eva lauschte Schlangenwort
Und ward mit Weh und Schmerz bestraft
Und ward zur Magd der Traurigkeit,
Zum Quell für Adams Traurigkeit.
Maria lauschte Christi Wort
Und wurde von ihm ausgesandt
Zur Freudenbotin aller Welt,
Zur Quelle unsrer Seligkeit!

Weil Eva einst, die erste Frau,
Der ersten Sünde Fluch erfuhr,
Drum liebt Messias nun die Fraun
Mehr als die Menschensöhne all
Und unter allen Frauen meist
Sankt Miriam von Magdala.

Sei Neue Eva jede Frau,
Geliebte Christi jede Frau
Und grüße den Erstandenen
Und trage Freude in die Welt!

Maria Magdalena, ach,
Beweinte ihren Herrn und Gott,
Bedürftig sie des Trostes sehr,
Darum erschien ihr selbst der Herr.

Doch nicht allein das leere Grab
Und nicht die Leinenbinden nur
Und nicht allein der Engelsgruß
Und nicht nur die Vision des Herrn,
Sie gründen ihren Glauben nicht,
Doch daß der auferstandne Herr
Sankt Miriam mit Namen ruft:
Maria! war sein erstes Wort
Als Auferstandner von dem Tod!

Sie muß es nur begreifen, daß
Sie nicht auf gleiche Weise nun
Geliebte ihres Herrn sein kann
Wie vor des Meisters Kreuzigung,
Vielmehr, daß er zum Vater geht,
Zu seinem Gott, zu ihrem Gott.

Der Herr verheißt den Tröster-Geist,
Maria tröstet seine Schar.

Die Ruach ist die Trösterin,
Die Diakonin Miriam
Ist Trösterin durch Ruach-Trost.

Die Engel künden Miriam
Das neue Evangelium
Der Auferstehung von dem Tod.
Chorführerin ist Miriam
Des Chores gottgeliebter Fraun.
Sankt Magdalena und die Fraun
Verkünden nun des Herrn Triumph
Den guten Hirten seiner Huld.

Das ist die neue Hierarchie
Der Auferstehung aus dem Tod:
Der Engel der Gemeinde grüßt
Die Prophetissa Miriam
Und Miriam prophetisch spricht
Zu Petrus als der Kirche Fels.

Der auferstandne Christus grüßt
Maria Magdalena und
Die anderen Marien all:
Nun freuet euch, Geliebteste!
Seht, durch euch sollen freuen sich
Die lieben Frauen aller Welt!

Wo eine schöne Frau dereinst
Die große Traurigkeit gepflanzt,
Wird nun die neue schöne Frau
Einpflanzen unsre Seligkeit.

Die Brüder sind geflohen all,
Als Jesus Christus hing am Kreuz,
Die Schwestern blieben bei dem Herrn.
Die Brüder suchten in der Flucht
Das eigne Heil in dieser Welt,
Die Schwestern suchten in des Leids
Mitleiden ihren Heiland nur.

Noch heute sucht der Männer Volk
Den eignen Vorteil und Gewinn.
Die Schar der Frauen aber ist
Trotz Traurigkeit und Seelenangst
Dem Glauben offen und dem Geist.

So freut euch! Christus auferstand!
So freut euch! Tod ist nun besiegt!
So freut euch, liebe Frauen all,
So freut euch, Jesus liebt die Fraun!


5

Der Schlange Eva hat gelauscht,
So treibt das weise Wort des Herrn
Die sieben bösen Geister aus
Aus Miriam von Magdala.

Jungfräulich war Sankt Miriam,
Die aufgebrochen als Apostelin
Ins Heiligtum von Ephesos,
Dort lebte mit Johannes sie,
Nachdem die Gottesmutter fort
Gegangen war zu Gott dem Herrn.
Maria Magdalena litt
Dann in der großen Ephesos
Und starb dort im Martyrium.

Wie auf den Felsen Petrus die
Gemeinschaft der Apostel hört,
Maria, Frau Apostelin,
Ist Führerin der frommen Fraun.

Der Herr verlieh Sankt Miriam
Im Kreis der Frauen das Primat.

Maria Magdalena ist
Die Bischöfin der frommen Fraun.
Maria, Jesu Mutter, ist
Die Päpstin der Ecclesia.

Maria Magdalena war
Voll starker Liebe, voll Gefühl,
Die Seele voll Empfindung war,
Gereinigt durch Gelassenheit,
Ihr leidenschaftliches Gefühl
Und ihre Liebe wurden so
Der Grund des Harrens an dem Grab,
Der gnädigen Vision des Herrn,
Der Freudenbotschaft an die Welt,
Ihr weibliches Apostelamt.

Mensch, der du Religion studierst,
Wie Magdalena eifrig sei,
Sei strebsam wie des Meisters Braut,
Dann wirst den Jüngern du des Herrn
Ein Lehrer der Sophia sein.

Sankt Magdalena und die Fraun,
Apostelinnen waren sie,
Gesandt zu dem Apostelkreis,
Evangelistinnen des Herrn,
Gesandt zu Jesu Predigern,
Und Christusträgerinnen sie,
Die Christus trugen in die Welt.

Ahnmutter Eva nämlich hat
Dem Menschen, ihrem Mann, gelehrt
Die Schlangenweisheit voller Trug.
Drum Miriam von Magdala
Als Mutter der Ecclesia
Den Petrus lehrt, der Kirche Fels,
Daß Christ-Sophia auferstand.

Auch Thekla von Ikonion
Mit Wohlgefallen Pauli war
Evangelistin, Lehrerin
Und Missionarin in der Welt.

Die zwölf Apostel unsres Herrn
Sind unter allen Heiligen
Was Miriam von Magdala
Ist unter allen frommen Fraun.

Mit den Aposteln kämpfte sie,
Sie übertraf die frommen Fraun,
Ist aller Christen Ideal.

Maria Magdalena war
Der zwölf Apostel Lehrerin.
Denn wenn nicht auferstand der Herr,
Ist aller Glaube ohne Sinn.
Der auferstandne Christus ist
Erschienen Miriam zuerst,
Auf daß die Auferstehung sie
Verkünde als Apostelin
Dem apostolischen Konzil.


6

Die frommen Frauen schickten sie,
Sie sandten Magdalena aus,
Sie sprachen: Laßt uns weise sein
Und handeln klüglich und gerecht,
Maria Magdalena soll
Besehen sich das Gottesgrab,
Und was sie dann uns sagen wird,
Das werden wir getreulich tun.

Der Herr wird auferstehen, ja,
Wie er es uns verheißen hat,
Wie aber wird er auferstehn?

Maria sah das leere Grab,
Als Gärtner trat zu ihr der Herr,
Der fahren wird zu seinem Gott.

Maria Magdalena sprach:
Ihr lieben Jünger Jesu all,
Lernt, was ich bei dem Grab geschaut,
Verbergt nicht, was ihr nicht versteht.
Vom Grab ist fortbewegt der Stein.
Ward fortgetragen unser Herr?
Ich habe Wachen nicht gesehn,
Soldaten sind geflohen all.
Ist Christus auferweckt von Gott,
Der Herr, der den Gefallenen
Die Totenauferstehung schenkt?

Und Petrus und Johannes sind
Im Wettlauf zu dem Grab geeilt,
Sie waren traurig und verzagt,
Weil ihnen nicht der Herr erschien.

Maria Magdalena ward
Zur Mutter der Apostel und
Zur Trösterin der Jüngerschar.

Ihr Eingeweihten unsres Herrn,
Ihr, Jesus feurig Liebende,
Verliert die Hoffnung nicht, habt Mut!
Was da geschehen, wirkt zum Heil.
Die Frau, die Erstgefallene,
Als Erste schaut den Meister in
Der Auferstehung aus dem Tod.
Uns allen spricht er freundlich zu:
Nun freut euch, Frau und Mann und Kind,
Nun freut euch, ihr Gefallenen,
Ihr werdet alle auferstehn!

Maria weinte an dem Grab,
Als wär getragen fort der Herr.
Als Gärtner ihr der Herr erschien,
Der Christus, der erstandene:
O Miriam, o Miriam!
Verkünde deine Zunge, Frau,
Erklär den Söhnen meines Reichs,
Die warten auf mein Auferstehn,
Daß ich die Auferstehung bin.
Nun eil, Maria, liebe Frau,
Versammle meine Jünger all.
Ich werde dich verwenden, Frau,
Als meiner Auferstehung Horn.
Nun bringe meinen Frieden du
Furchtsamen Ohren meiner Schar,
Die sich verstecken in dem Haus.
Du wecke alle sie vom Schlaf,
Ich will sie treffen in dem Licht.
Sprich: Auferstanden ist der Herr
Und blieb nicht länger in dem Grab.
Apostel nun, vertreibt den Tod,
Denn auferstanden ist der Herr,
Der allen den Gefallenen
Die Auferstehung schenken wird.

Die frommen Frauen sprachen da:
Erwählte Lieblingin des Herrn,
Maria Magdalena, ja,
Wahrhaftig deines Mundes Wort
Und weise deine Botschaft ist.

Sankt Magdalena und die Fraun,
Sie sprachen zu der Jüngerschar,
Der zagenden Apostel Kreis:
Ihr, was verliert ihr allen Mut,
Was seid ihr denn so hoffnungslos?
Verhüllt nicht euer Angesicht,
Erhebt die Herzen zu dem Herrn,
Denn auferstanden ist der Herr.
Nun ordnet euch zum Reigentanz
Und singt mit Magdalena schön,
Daß Jesus lebt, daß Jesus lebt!


7

Sankt Miriam von Magdala
Die Seelenkinder unterwies
Und taufte sie zur Neugeburt...

Heil, Freudenbotin unsres Heils,
Heil, Freudenbringerin der Welt!



MARIA VON NAZARETH


GABRIELADE


1

Sankt Maria stand im Garten,
Schöne Mutter Nazarenus,
Flora Nazareths, die Blume
In der Hand war eine Rose,

In der Hand die rote Rose
War die Rose von der Sorte
Neuer Morgen, neuer Morgen
Hieß die Rose Sankt Mariens.

Aber leise eine Schlange
Nahte Unsrer Lieben Fraue,
Kommend von dem Feigenbaume
Schlich die Schlange zu Maria.

Diese Schlange war sehr listig,
War die klügste aller Tiere.
Zur Versuchung kam die Schlange,
Unsre Herrin anzufechten.

Und es sprach mit Menschenstimme
Zu Maria diese Schlange:
O Maria, Gottes Sklavin,
Sollst du Gottes Sklavin heißen?

Möchtest du nicht Göttin heißen,
Himmelskönigin Astarte
Oder Liebesgöttin Ishtar
Oder Jenseitsgöttin Isis?

Sei die göttliche Madonna,
Braut und Mutter deines Sohnes,
Deines Sohngeliebten Jesus,
Deines sterbenden Adonis!

Ja, du wirst zur Göttin werden,
Werden ewig wie die Gottheit,
Schöpferin des Weltalls heißen,
Nur anbete du die Schlange!

Nur anbete du die Schlange:
O du Weisheit aller Weisheit,
Voll des schöpferischen Eros,
Mein Gebieter, Gott-sei-bei-uns!

Aber Unsre Liebe Fraue
Als die Königin des Friedens
Blieb bei der Versuchung ruhig,
Betete in Seelenruhe:

O du schöner Stern des Morgens,
Wie im Anbeginn der Welten
Warst du herrlich auf dem Gipfel,
König auf dem Götterberge,

Wie war strahlend deine Weisheit
Und bewundert deine Schönheit
Von den klugen Cherubinen
Und den lieben Seraphinen!

Jade, Nephrit, Onyx, Jaspis,
Lapislazuli umgab dich,
Strahlen flossen von dir schimmernd,
Und du warst der Fürst der Engel!

Aber zu dem Throne Gottes
Voll Begierde du begehrtest,
Wolltest sitzen in dem Throne
Gottes, Herrscher sein der Welten!

Darum stürzte dich der Gotther
Aus dem hohen Himmelreiche,
Du bist wie ein Blitz gefallen
Aus dem Himmelreiche, Satan.

Siehe, Gott hat mich geschaffen
Als Geschöpf, als makelloses,
Neue Eva, Liebe Fraue,
Ich zertrete dir den Schädel!

Und Madonna hob das Füßchen,
Bloßes Füßchen der Madonna,
Henna auf den Perlenzehen,
Angsterfüllt davonkroch Satan!


2

Zu Maria, Unsrer Fraue,
Kam der große Engel Gottes,
Gottes Kraft, so heißt sein Name,
Gabriel sei hochgebpriesen.

In dem langen weißen Kleide
Stand er da, die Schwingen schneeig,
Um den Busen einen Gürtel
Golden wie von Uphas-Golde.

Seine langen lichten Haare
Flossen um das lichte Antlitz,
Seine Augen, große Sterne,
Brannten wie des Himmels Feuer.

Seine Beine glichen Säulen
In dem Tempel Salomonis,
Seine schönen bloßen Füße
Aber strahlten goldenerzen.

Um die englische Erscheinung
Schimmerte ein Regenbogen,
Buntgekleidet wie die Iris,
Die die Botin war der Götter.

In den großen weißen Schwingen
Hielt der schöne Engel Gottes
Eine goldne Leier, himmlisch
Tönten seiner Leier Saiten.

Seiner Stimme Meeresrauschen
War durchsetzt mit Donnerworten
Und dem süßen sanften Säuseln
So als wie des Windes Wehen.

Also sang der Engel Minne,
Sang den Sang der Minne Gottes,
Unsre Liebe Frau Maria
War des Engels Minnedame.

Fraue! Allgebenedeite
Fraue bist du voll der Gnade,
Ave, gratia plena, ave,
Salve, o Regina, salve!

Chaire kecharitomene!
Freue dich, o Liebe Fraue!
Die du bist die Gnadenvolle,
Die Holdselige, die Holde,

Hulda möchte ich dich nennen.
Wahrlich, Unsre Liebe Fraue,
Huld hast du bei Gott gefunden,
Du bist Gottes Minnedame,

Du bist Gottes Auserwählte,
Du bist die Erkorne Gottes.
Gott nun sendet seinen Engel,
Dich recht minniglich zu grüßen:

Siegelbild der Gottesschönheit!
Becher du der Ganzhingabe!
Rose du der Morgenröte!
Paradieses Neue Eva!

Siehe, Minne will ich singen
Als Galan und als galanter
Dichter deines Minnehofes
Und dir huldigen, o Fraue!

Bitten will galant und höfisch
Gott um deine Hand, Liebfraue,
Gott will dich zur Ehe, Jungfrau,
Dich zur Mutter seines Sohnes! –

Leise lächelte Madonna:
Ja, ich will! In sanfter Demut
Und Holdseligkeit verneige
Ich mich vor dem edlen Gottherrn!

Ja, die Mutter seines Sohnes
Will ich werden, wie es Gott will,
Aber bleiben reine Jungfrau,
Unberührte reine Jungfrau!


3

Unsre Liebe Frau Maria
Sah den Frühlingshimmel offen,
Schaute Heilig Geist als Singschwan
Durch denn lichten Äther pfeilen.

Heilig Geist, der reine Singschwan,
Welcher singt vom ewgen Leben,
Brachte Unsrer Lieben Fraue
Wundersame die Wonnenbotschaft:

Gott ist Liebe, Gott ist Liebe,
Gott ist Caritas und Eros!
Gott ist Vater, Gott ist Schöpfer,
Gott ist Ur-Idee des Eros!

Gott ist Eros, Gott ist Eros,
Gott ist Bräutigam der Seele,
Gott ist Minner, Gott ist Freier,
Gott will lieben die Geliebte!

Gottes Eros schickt den Singschwan
Heilig Geist voll Gottes Eros.
Gott will in dem Heilgen Geiste
Die Geliebte ganz erkennen.

O Geliebte, du Geheimnis,
Gott allein kann dich erkennen,
In dem Brautgemach der Seele
Ist dein Bräutigam der Schöpfer.

Heilig Geist, der weiße Singschwan,
Schwebte zu dem Schoß Mariens,
Ließ sich nieder auf dem Schoße,
Sang den Hymnus an den Eros.

Weib, dein Schoß ist wie ein Becher,
Welchem nie der Mischwein mangelt,
Und die Wölbung deiner Hüfte
Wie Geschmeide eines Künstlers.

Unsre Liebe Frau liebkoste
Sanft den Schlangenhals des Schwanes,
Daß der Singschwan sang von Hochzeit
In dem Paradies der Liebe.

Unsre Liebe Frau Maria
Wear ein Zelt der Offenbarung,
Überm Zelt der Offenbarung
Schwebte Gott in goldner Wolke.

Oh das Brautgemach des Zeltes
War jungfräuliche Empfängnis,
War Empfängnis, makellose,
Schöpferischen Eros‘ Gottes.

Gottes goldne Wolke aber
Voll des Glanzes, voll der Strahlen,
Senkte liebend sich hernieder
Fruchtbar zu dem Schoß des Zeltes.

Offne Pforte, Hauch von Schleier,
Purpurdecken, violette
Tücher in dem Heiligtume,
Weibes wesentliche Schleier,

Wurden überwölbt vom Geiste,
Der im schöpferischen Drange
Voll des schöpferischen Eros
Einging in des Bundes Hütte.

Über dem geliebten Schoße
Unsrer Lieben Frau der Frauen
Als dem Turm von Elfenbeine
Niederging der goldne Regen.

Gott in goldnen Segensströmen
Voll der Fluten seiner Liebe
In der Fruchtbarkeit des Geistes
Sich ergab in Unsre Fraue.

Unsre Fraue wurde fruchtbar,
Die Mitschöpferin des Schöpfers
In der heiligen Empfängnis
Ward zur Schöpferin des Schöpfers.

Gott und Unsre Liebe Fraue
Schufen in der ehelichen
Mystischen Vereinung Eros
Unsern Herrn, Messias Jesus.


4

Josef war der Ehegatte,
Der vom Schicksal auserwählte
Ehemann der Gottesmutter,
Welcher schlief im eignen Bette.

Unsre Liebe Frau Maria
Schlief allein mit ihrem Kinde
In des Himmelsbettes Federn
Unter sanften Purpurdecken.

Bei der Werbung um die Jungfrau
Warb auch Schalak Eben-Ezer
Um die benedeite Jungfrau,
Ward vom Schicksal abgewiesen.

Gottes mütterliche Vorsicht
Wählte Schalak Eben-Ezer
Zum geweihten Gottesmanne,
Gottesmann der Gottes-Ehe.

Auf dem Karmel in der Höhle
Eines Eremiten lebte
Einsam Schalak Eben-Ezer,
Aber Unsre Frau mit Josef.

War ein Zimmermann Sankt Josef,
Kam er abends aus der Werkstatt,
Schlief schon längst das Jesuskindlein,
Von Liebfrau in Schlaf gesungen.

Aber an den Nachmittagen
Spielte Jesus mit den Vettern,
Unsre Liebe Frau Maria
Sprach dann mit den drei Marien.

Aber Schalak Eben-Ezer
Einsam lag in seiner Höhle
Betend auf dem Angesichte
Vor der Gottheit seines Lebens.

Einmal nur in seinem Leben
Sah er Unsre Liebe Fraue
Und um sie den Lichtglanz Gottes,
Sah der Gottesschönheit Spiegel,

Sah Liebfraue in dem Nimbus,
Sah die Herrlichkeit, den Lichtglanz,
Sah die Frauenschönheit Gottes,
Gottes mütterliches Antlitz!

Einmal nach dem Nachtgebete
Und dem vierten Becher Mischwein
Schaute Schalak Eben-Ezer
In des Schlummers Nachtvisionen

Unsre Liebe Frau Maria.
Warum heißt sie Unsre Fraue,
Wenn sie nicht die Liebe Fraue
Ist von Schalak Eben-Ezer?

Unsre Fraue war die Fraue
Auch von Schalak Eben-Ezer!
(Nein, das war nicht seine Mutter,
Nein nicht seine Jugendliebe.)

Die Madonna seiner Seele
Kam im leichten Nachtgewande
Eines seidnen Unterrockes
In der Mitternacht zum Träumer,

Öffnete das negligente
Nachtgewand, den Hauch von Seide,
Drückte den verliebten Träumer
Liebreich an die Lilienbrüste!

Da er lag an ihren Brüsten,
Bebenden Gazellenkitzen,
Schaute sie ihn an liebfraulich:
Ich bin deine Braut und Mutter.

Ja, die große Gottesmutter
War die Mutter seiner Seele,
Ja, die mystische Madonna
Die Geliebte seines Lebens!

In erotischer Liebkosung
Liebte Schalak Eben-Ezer
Die Madonna seiner Seele,
Seines Paradieses Eva.

Siehe, die Madonna flehte
Während ihres Liebesspieles:
Herre, lieb mich oft und lange!
Herre, lieb mich heiß und heftig!


DIE LÄCHELNDE LADY


Prolog

Einst zu Himmelfahrt Mariens
Sah in Televisionen
Ich in Indiens Gefilden
Einen Wallfahrtsort Mariens.

Dort in einer Gnadenstunde
Ist die Liebe Frau des Himmels
Einem kleinen Kind erschienen,
Schenkte Milch dem kleinen Kinde.

Mutter India, die große,
Dankt der Lieben Frau des Himmels
Jährlich nun mit Prozessionen,
Mit der Hindostanen Wallfahrt.

Hindus baden in der Ganga,
Scheren kahl sich ihre Schädel,
Auch in Indien Muslime
Feiern des Propheten Mutter,

Juden auch im Fernen Osten
Ehren diese Tochter Zion,
Katholiken singen Ave,
Singen der Regina Salve.

Alle nennen sie die Lady,
Sie die Lady mit dem Lächeln.
Ihre Dichter singen Hymnen
Ihr, die meine Minneherrin.

Alle religiösen Dichter
Aus den Hindus und Muslimen,
Juden oder Katholiken,
Hab ich übersetzt ins Deutsche.

Mutter India, die große,
Ihre Söhne, die Poeten,
Singen nun in deutschen Versen
Sie, die Lady mit dem Lächeln.


Der Hindu

O Maria, meine Göttin,
In dem Pantheon der Götter
Hab ich dich erwählt zur Göttin,
Göttin, Mutter schöner Liebe!

Eines ist das absolute
Ewige und höchste Wesen,
Unerkennbar, unbenennbar,
Unerforschlich, unergründlich.

Aber wie die Weisen sagen,
Stellt sich dieses höchste Wesen
Vor dem Gläubigen gestaltet
Dar als Dasein aller Götter.

So das Schöpferwesen Gottes
Ist der anfanglose Brahma,
Das Erhalterwesen Gottes
Ist der wunderbare Vishnu,

Die Zerstörerkraft des Gottes
Ist der große Tänzer Shiva,
Aber noch auf Shivas Leichnam
Tanzt die schwarze Göttin Kali.

Kali dreht mit Gier die Augen,
Blutig streckt sie ihre Zunge,
Totenschädel an der Kette
Tanzt sie lüstern mit den Schlangen.

Bringen eifernd die Barbaren
Blutig ihr noch Menschenopfer,
Diese göttliche Dämonin
Ist ein ekler Greuelgötze.

Aber eine gute Mutter
Ist das allerhöchste Wesen,
Mütterlich und fraulich lieblich,
Sanftmut ist ihr Herz und Holdheit.

Darum wähle ich Maria
Mir zu meiner Muttergöttin,
Sie, die Mutter schöner Liebe,
Ist des Universums Mutter.

Sie ist Gottes Kraft und Weisheit
Und erlöst vom bittern Schicksal
Nichtiger Geburtenreihe
Durch die Gnade ihrer Liebe.

Alles was sie will ist Liebe,
Liebe eines kleinen Kindes
Zu der großen Muttergöttin
In der Pietät des Glaubens,

Liebe eines Gottesmannes
Zu der bräutlich schönen Göttin,
Die als Freundin und Geliebte
Lehrt der Gottesehe Mystik,

Liebe allertiefster Einheit,
Da die Seele ihres Minners
Ist identisch mit der Mutter,
Da der Minner ist Maria.

Wenn der Minner ist Maria,
Wenn des Gottesmannes Seele
Einig ward mit der All-Einheit
Durch Vereinung mit der Gottheit,

Sinkt der so erlöste Minner
Trunken in dem Arm der Göttin
Mit erleuchtetem Bewußtsein
Liebend in den Schoß des Einsseins.

So, Erlöserin Maria,
Durch der Liebe Ganzhingabe,
Bist als Göttin du die Pforte
In das Einssein mit dem Einen.


Der Muslim:

Miriam, du bist die Mutter
Unseres Propheten Jesus.
Mose war ein großer Seher,
Jesus war ein großer Seher.

Miriam, Muslime glauben,
Daß du Mutter bist und Jungfrau,
Die geboren den Messias
Nicht aus eines Mannes Samen,

Sondern Gott hat voller Gnade
Seinen Geist zu dir gesendet.
Gabriel, der Engel Gottes,
Sagte: Freue dich, Maria,

Denn du fandest Gottes Gnade.
Miriam, du sprachest: Gott ist
Ewig und barmherzig, Gott ist
Einer, einzig, mein Gebieter!

Miriam, die du geglaubt hast
An den einzig-ewig Einen,
Du hast durch den Geist empfangen
Den Messias, Seher Jesus.

Miriam, due Schwester Aarons,
Glücklich schlugest du die Pauke,
Als du schwanger warst vom Geiste,
Und umschlangst die Dattelpalme.

Ja, mit deinen bloßen Armen
Du umschlangst die Dattelpalme,
Drücktest heiß den Stamm der Palme,
Pflücktest die gespaltne Dattel.

Unter deinen bloßen Füßen
Rauschte unterirdisch Wasser,
Als du Jesus trugst im Schoße,
Als du Gottes Wort getragen.

Jesus legtest du, das Kindlein,
Liebend nieder in die Krippe,
Wickeltest ihn mit der Windel,
Da die Tiere euch umstanden.

Niemals hat ja Gott geboten,
Neben Gott zu ehren Götter,
Nicht drei Götter gibt’s, nur Einen,
Der barmherzig ist und ewig.

Niemals auch hat Gott geboten,
Neben Gott noch eine Göttin
Zu verehren, anzubeten
Miriam als eine Göttin.

Wie die Königin von Saba
Und Suleika und Aischa
Und wie Fatima die Holde
Ist auch Miriam im Himmel.

In dem Himmelsgarten Eden
Warten in den Zelten Huris
Auf die Männer Glaubenshelden,
Ewig enggebaute Jungfraun.

Aber Königin der Huris
In dem Paradiese Gottes,
Das ist Miriam, die Jungfrau,
Mutter des Messias Jesus.

Die Poeten der Muslime
Singen wie die Nachtigallen
Mystisch ihre fernen Rosen,
Gleichnisse der Schönheit Gottes.

Aber Miriam in Eden
Ist die Mystische, die Rose,
Die besingt in Ewigkeiten
Gottes Nachtigall Mohammed!


Der Jude

Miriam, du Tochter Zion,
Du bist eine Synagoge,
Da wir lesen in der Tora,
Jungfrau Tora in dem Schleier.

Ja, die Jungfrau Tora preis ich,
Die der Ewige gelesen
Und studiert als Schriftgelehrter
Vor dem Anbeginn der Schöpfung.

Ja, bevor der Herr die Welt geschaffen,
Schaute er in sieben Schleiern
Die verschleierte Maid Tora
Und befrug sie als Orakel.

Wie der Herr in ihr gelesen,
Im Geheimnis ihres Busens,
Also schuf er seine Schöpfung
Nach der Jungfrau Tora Weisheit.

Miriam, du Tochter Zion,
In dem schönen Lobgesange,
Im Magnifikat der Bibel,
Du erscheinst als Schriftgelehrte,

Die du trankest aus den Brüsten
Der gebenedeiten Tora,
Die du sprachest mit dem Worte
Unsres alten Testamentes.

Sagen doch die Schriftgelehrten,
Daß die Tora sei die Weisheit,
Ischa Chochma ist die Weisung,
Die uns Gott der Herr gegeben.

Miriam, die du gesungen
Deinen Lobpreis als Prophetin,
Du warst vvoll der ewgen Weisheit
Im Gesetz und den Propheten.

Ja, in Nazareth gesungen,
O Maria Nazarenus,
Hast du dich als Tochter Zion,
Auserwählte Tochter Gottes.

Denn zu ihr, der Tochter Zion,
Ist gekommen die Verheißung,
Daß sie wird von Gott gebären
Den Messias, Friedefürsten.

Und du gleichst der Mutter Hanna,
Welche Samuel geboren,
Die Magnifikat gesungen
Schon im alten Testamente,

Daß der Herr die Armen liebhat
Und entmachtet Unterdrücker,
Wird die Kinderlose Mutter,
Benedein sie Kindeskinder.

Also voll vom Wort der Weisheit
Bist Orakel du der Weisheit,
Tochter du der Mutter Weisheit,
Ihrer großen Mutter ähnlich.

Vor dem Weibe des Manoah,
Vater Gideons, erschienen
Ist der große Engel Gottes,
Ist des Ewigen Gesandter.

Und vor dir, o Magd Maria,
Einst ist Gabriel erschienen,
Der mit Daniel gesprochen
Und ihn machte zum Propheten.

Unser Aller Mutter Eva
Hörte nicht auf Gottes Weisung,
Wollte selbst seine eine Göttin,
Nicht mehr Gottes Wort empfangen.

Aber du, o Maid Maria,
Unterwarfest dich dem Himmel,
Sprachest: Adonai gebiete,
Ich bin meines Gottherrn Sklavin!

Darum Allgebenedeite
Nannte dich der Engel Gottes,
Denn du gabest Gott die Ehre,
Ihm, der war und ist und sein wird!



Der Christ:

O du Vater in dem Himmel,
Sohn des Vaters, Sohn des Menschen,
Heilig Geist, der du bist Liebe,
Segne mir Marien Lobpreis!

Erstens bist du Unbefleckte,
Liebe Freundin, ohne Makel,
Heilig, unbefleckt empfangen,
Himmlische Idee der Jungfrau.

Rein wie vor dem Sündenfalle
Eva war im Paradiese,
Da der Herr sie nackt geschaffen
Aus der linken Seite Adams.

Rein wie Hagia Sophia,
Reinem Spiegelbild der Gottheit,
Licht vom Licht, der Allmacht Ausfluß,
Hauch, Weltseele in dem Weltall.

Zweitens bist du Gottes Mutter,
Gottgebärerin des Christus,
Die gebar den Menschen Jesus,
Wahrer Mensch und wahre Gottheit.

Die Inkarnation des Logos
In dem Mutterschoß der Jungfrau
Ist der lautern Wahrheit Siegel
Gegen Ketzerei und Gnosis.

So das Zeugnis und Bekenntnis,
Daß du bist die Mutter Gottes,
Ist der Prüfstein und das Siegel,
Daß ein Mensch erkennt die Wahrheit.

Daher bist du Fels der Wahrheit,
Glaubenshüterin der Weisheit,
Die Vernichterin des Irrtums
Einzig durchs Mariendogma.

Drittens bist du in dem Himmel
Königin des Paradieses,
Die Mitherrscherin mit Christus,
Herrin, Unsre Liebe Fraue,

Nämlich du bist Unsre Fraue,
Neue Eva, Lebensmutter,
Unsre Frau des Paradieses,
Liebe Frau, der Lustort Gottes!

Schwarz sind deine langen Haare
Und sie wallen schwarz hernieder
Wie die schwarze Ziegenherde
An dem Hang des Berges Gilad.

Deine Augen gleichen Tauben,
Liebestauben, Friedenstauben,
Die du hast mit Zauberblicken
Meine Seele mir gestohlen.

Deine Lippen, rot wie Scharlach,
Sind rosinenfarbne Schnüre
Oder Schnüre Karmesinrot,
Sind berauschender als Rotwein.

Deine Brüste wie Gazellen
Weiden in den weißen Lilien,
Brüste wie Gazellenkitze
Hüpfen munter sie und springen.

Einem Becher gleicht dein Becken,
Einem Kelche ist dein Schoß gleich,
Welchem nie der Mischwein mangelt,
So berauschend ist dein Becken.

Deine Beine gleichen Säulen,
Festen weißen Marmorsäulen,
Deine Füße gleichen Sockeln,
Darauf stehn die Marmorsäulen.

Du bist lieblich, Freundin, lieblich,
Deine Liebe ist berauschend,
Deine Küsse sind berauschend,
Du mein Paradies der Wonne!

Ein verschlossner Liebesgarten
Bist du, meine Braut, ich komme
Liebend in den Liebesgarten,
Deine Wabe dort zu spalten.

Leidenschaft ist wie die Hölle,
Eifersucht ist von dem Teufel.
Stärker als der Tod ist Liebe –
O du bist die Flamme Jahwes!


[Inhalt]

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