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THEOSOPHISCHE BRIEFE

Von Peter Torstein Schwanke


„IHRE Söhne erheben sich
Und IHR Mann rühmt SIE:
Es sind wohl viele starke Frauen –
DU aber übertriffst sie alle!“
(Sprüche Salomos 31, 28.29)


1

Liebe Schwester!

Ich sende dir ein Beispiel meines poetischen Schaffens. Es sind Worte der Mutter Gottes, die in einer dunklen Zeit mir wie ein Trost vom Himmel erschienen, die ich darum in Versmaß und Reim gefaßt habe. Mir selbst ist von Gott der Glaube geschenkt worden nach dem Heimgang meiner geliebten Großmutter. Mir scheint, ihre Seele ist zu Gott getreten und hat den Herrn gebeten, mir, ihrem Lieblingsenkel, die kostbarste aller Gnaden zu schenken, nämlich den Glauben. Da ist mir denn auch Christus erschienen und ich habe Gott angebetet, den Gott der Allmacht und der Weisheit und der Liebe. So scheint mir, daß der Tod derer, an denen Gott sein Wohlgefallen hat, große Gnaden auf Erden bewirkt. Auch durch den Heimgang des Heiligen Vaters Johannes Pauls des Großen ist mir Schönes geschenkt worden, nämlich die Entscheidung, mein künstlerisches Talent ganz in den Dienst der Verherrlichung Gottes zu stellen und die schwarze Madonna, die Jungfrau von Guadelupe, zu meiner himmlischen Muse zu wählen, ja, nicht nur zur himmlischen Muse, sondern auch zur himmlischen Braut dessen, der von Gott zur Ehelosigkeit um des Himmelreichs willen berufen ist.


2

Liebe Schwester!

Bei dem beiliegenden Poem „Maria Magdalena und die Auferstehung“ mußte ich an dich denken. Nicht allein, weil deine Namenspatronin die Jüngerin Jesu und Freundin Magdalenas war, sondern auch, weil du in einer Kirche lebst und wirkst, da die Frauen selbstbewußt und mündig ihr Christusleben leben. Ich habe mein Poem geschrieben in der Seelenangst und Depression, aber es ist eine Predigt der Hoffnung, des Lichts und der Auferstehung geworden. Christus schenkt nämlich, wie ein altes evangelisches Kirchenlied sagt: „Freude in allem Leide“. Das Poem gründet auf Predigten der alten griechisch-orthodoxen Kirchenväter, aber ich fand in ihren Predigten eine Botschaft der Würde der Frau, der Freiheit der Frau in Christus und des Auftrags der Frau, der Sendung der Frau an die Kirche und die Welt. So ist meine griechisch-orthodoxe Magdalena eine Ikone des christlichen Feminismus geworden. Ich hoffe, du findest Muße, dieses Poem zu lesen, und ich hoffe besonders, daß es dich als Christin erfreut. Mein Poem sagt: „Freuet euch, ihr Frauen all, freut euch, Jesus liebt die Fraun!“ Und der Dichter und Papst Johannes Paul der Große dichtete einmal den unsterblich-schönen Vers: „Ich danke dir, Frau, dafür, daß du Frau bist!“


3

Lieber Bruder!

Aristoteles sagt, daß alles Seiende eine Ursache haben muß, und daß man daraus schließen kann, daß es eine Erstursache gibt, die alles sich Bewegende verursacht, diese Erstursache als der Allbeweger ist selbst aber ohne Ursache und unbewegt. Dies sagt einem die menschliche Vernunft. Ebenso ist das Ziel jedes Menschen das Gute, das Vollkommene, das Glück. Das höchste Gute aber und das schlechthin Vollkommene und das Glück ohne Bitterkeit ist das, was wir Gott nennen. So ist nach Aristoteles Gott die Erstursache aller Schöpfung und zugleich ihr Ziel. Platon behauptet, daß alles, was in der materiellen Welt Wirklichkeit hat, zuvor als geistige Idee im Ideenhimmel präexistent war. Die materielle Welt ist der Schatte oder das Abbild der ewigen Ideen in Gott. Der Neuplatonismus von Plotin lehrt ein Hervorgehen aller Wirklichkeiten aus Gott, zuerst gehen die Ideen und geistigen Kräfte hervor und als letzte Wirklichkeit, gleichsam als Verfinsterung des göttlichen Lichts, die materielle Welt. In der jüdischen Philosophie und Mystik der Kabbala, die neuplatonische und mosaische Ideen zu harmonisieren versucht, schafft Gott die wirkliche Welt nach dem Vorbild der geistigen Ideen, die in der Ewigen Weisheit existieren. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde, was aber heißt: Im Anfang? Als Gott die Welt schuf, war die Weisheit als seine Werkmeisterin bei ihm. In der Ewigen Weisheit (oder der zweiten Person der Gottheit) existierten die geistigen Formen, nach deren Exempel die materiellen Dinge geschaffen worden sind. Die neuplatonische Philosophie nennt die ewige Weisheit auch die Weltseele. Dabei stellt man sich den gesamten Kosmos aller Kreaturen als einen einzigen Körper oder Organismus vor, der von einer Seele belebt wird. Diese Weltseele ist von Gott in die Schöpfung eingehaucht und ist das Leben in allem Lebendigen oder die Weisheit in aller Schöpfung oder das, was die Welt im Innersten zusammenhält. Diese göttliche Kraft wird in der mittelalterlichen Philosophie mit dem Heiligen Geist identifiziert, als der Anwesenheit Gottes in der Schöpfung, der innere Lebensodem aller Kreatur, der schöpferische Geist, der wirkt und schafft bis auf den heutigen Tag. So verteidigte auch Papst Benedikt den Glauben an Gott den Schöpfer, indem er sagte, die menschliche Vernunft muß durch den Glauben erleuchtet werden, um wahrhaft vernünftig zu sein, die erleuchtete Vernunft lehrt aber, daß die Schönheit des Kosmos und die Würde des Menschen nicht aus Sinnlosigkeit und Chaos entstanden sein kann, sondern durch eine Intelligenz, einen Geist, eine Weisheit schön gebildet worden ist. Diese Kraft nennt Papst Benedikt den Schöpfergeist. Er sprach aber auch davon, daß es ähnlich sei wie in der jüdischen Überlieferung, die behauptet, daß Gott vor der Schöpfung in die Torah geschaut habe und nach der Weisung der Torah die Schöpfung geschaffen. Dies ist für Papst Benedikt das ewige Wort oder der Logos oder die Allvernunft oder der göttliche Sinn. Im Anfang war das Wort und in dem Wort und durch das Wort ist alles geschaffen. Die griechischen Philosophen wie Heraklit und Zenon sprachen auch von dem Logos, als dem göttlichen Sinn und Geist in der Schöpfung, der alles am Leben erhält, als die Allvernunft und Weisheit Gottes in der Schöpfung. Und diese göttliche Person – man nenne sie Logos oder Sophia, Wort oder Weisheit, oder Allvernunft oder Sinn oder Geist, ist in Jesus ein Mensch von Fleisch und Blut geworden.


4

Liebe Schwester!

Ich habe eine bestimmte Phase meines Lebens abgeschlossen. Es war nämlich mit der Geburt der Zwillinge meiner Freundin und dem satanischen Wahnsinn des leiblichen Vaters und der todesgefährlichen Krankheit der Mutter mir von Gott die Aktion der Caritas geboten worden. Ich las über den heiligen Ephraem den Syrer, der als Eremit in einer Höhle lebte und als Harfe des Heiligen Geistes Hymnen an Maria sang, der sah, daß in der Stadt seiner Nähe ein Erdbeben eine menschliche Katastrophe herbeigeführt hatte, da verließ er seine Einsiedelei und wurde tätig in den Taten der Nächstenliebe. Als aber seine Arbeit getan war, kehrt er zum mystischen Gebet in die dunkle Höhle zurück, der Gottesmutter sein Gebet zu singen. In jener Zeit hörte ich auch viel von dem Evangelium nach Mutter Theresa von Kalkutta, die in den Armen, den Kleinen, den Leidenden und Sterbenden Jesus selber sah und Jesus in den Armen umarmte. Auch der heilige Dietrich Bonhoeffer hielt mir eine Predigt, in der er sagte, der Christ solle nicht in erster Linie um sein eigenes Leid kreisen, sondern um das Leiden Gottes in der Welt. Damals sagte der Heilige Geist zu mir: Sei den Waisen ein Vater und der Witwe ein Ehemann, dann wird Gott der Herr dich mehr lieben als deine Mutter! So ausgerüstet, hab ich meine Taten getan und vorübergehend wie in einer Familie, wie ein Kindervater und Frauengatte gelebt. Im Pius-Hospital, da die Freundin mit ihrer Todesangst lag, erschien mir Maria als die „Knotenlöserin“, ich weihte ihr die Kranke, da flüsterte Maria mir das Wort „Caritas“ zu. Ich habe in jener Zeit die Gestalt der göttlichen Caritas als eine göttliche Mutter erfahren. Mir ist die Predigt von Bernhard von Clairvaux lebendig geworden, der die Caritas eine Mutter nannte, die die verlorenen Söhne liebevoll empfängt bei ihrer Rückkehr zu Gott und sie stillt mit der Milch des Trostes, der süßen Milch des Trostes aus dem Reichtum der Mutterbrüste, von der Jesaja spricht. Auch die heilige Hildegard von Bingen hat die göttliche Caritas als eine Quasi-Göttin verherrlicht und sie die Ehefrau des HERRN genannt, die mit ihm das Ehebett teilt und zugleich „die Welt im Innersten zusammenhält“. Ich habe gleichzeitig die Verehrung der Sapientia oder Sophia Gottes weiter im Herzen getragen. Im Umgang mit den von mir herzlich geliebten kleinen Kindern habe ich eine lebendige Predigt gefunden über das Wort, das Sophia im Weltenanfang bei dem Herrn als sein „Liebling“ oder spielendes Kind war, dessen Freude es war, mit den Menschenkindern zusammen zu sein. Besonders das spielende Kind ist mir zum Gleichnis der schöpferischen Weisheit Gottes geworden. Ich habe in jener Zeit immer wieder die geistliche Ehe mit der Ewigen Weisheit im Herzen bewahrt. Frau Torheit ist nämlich ein wildes Weib, sie schwatzt viel und weiß wenig! Frau Weisheit oder Sophia aber ist mir in allen meinen einsamen Meditationen während der oft anstrengenden Arbeit als die „Anima Mundi“ in Gestalt der makellosen Jungfrau erschienen. Gleichzeitig hat Maria als die Braut meiner Seele mich immer wieder in den kleinen Kindern das Kind der Kinder, das göttliche Kind, das Jesuskind erkennen lassen, das meiner Liebe bedürftig ist. Schließlich aber hat Gott das Joch der schweren Arbeit wieder von mir genommen und mich zurückgerufen, wie Ephraem den Syrer, in meine dunkle Höhle. Hier soll ich und darf ich Weisheit studieren in dem Studium der Heiligen Schriften. Hier darf ich meine Hymnen der Ewigen Weisheit und der makellosen Konzeption Maria singen, wobei, wie mir der heilige Papst Johannes Paul sagte, Maria meine Muse ist, oder, wie ein benediktinischer Mönch mir sagte, Maria die Quelle der Inspiration ist, oder dichterisch gesprochen, Maria mir die kastalische Quelle der Musen-Inspiration ist.


5

Liebe Schwester!

Du bist nun schwanger, da wird Maria dir natürlich anders begegnen, als sie mir begegnet, der ich ein Mann bin und auch kein Vater. Der Psychologe sagt, Maria ist dem Mann gewissermaßen seine Anima. Sie ist, poetisch gesprochen, die Athene des Odysseus, und philosophisch gesprochen, die Aphrodite Urania des Platon. Das ist die Anima des Mannes. Aber der Psychologe sagt, Maria sei für die Frau gewissermaßen das Selbst oder die höhere Persönlichkeit. Das Selbst der Frau ist der innere Mensch, der aus Bewußtem und Unbewußtem besteht und vollkommener ist als das rationale Ich. In Träumen, Phantasien und Visionen kann die Frau ihrem Selbst begegnen. Wie ich hörte, hat das Selbst der Frau ein Doppel-Antlitz, es ist ein übernatürliches Mädchen (Jungfrau) und eine irdische Mutter. Das spricht der Mythos der Antike in den Mysterien von Eleusis aus, da die göttliche Mutter Demeter die göttliche Jungfrau Kore Persephone im Schattennreich sucht, wo Persephone das göttliche Kind Triptolemus gebiert. Dieses Eleusinische Mysterium als ein Mysterium der weiblichen Seele scheint wieder auf in dem Bildtyp Anna Selbdritt, den auch Leonardo da Vinci gestaltet hat, auch Albrecht Dürer desöfteren. Dort umarmt die Marienmutter Sankt Anna das heilige Mädchen Maria, die das göttliche Kind in den Armen hält. Wenn das weibliche Selbst als die höhere Persönlichkeit der Frau, als die innere Weisheit des inneren Menschen oder als die innere Seelenführerin, in Gestalt einer Jungfrau und einer Mutter erscheint, dann ist das gewissermaßen Maria, die in ihrer göttlichen Mutterschaft gleichzeitig, wie die Reformatoren bekannten, immerwährende Jungfrau geblieben ist. Ich weiß nicht, über welches Marienbild du meditieren könntest, denn die Madonnen der Künstler sind doch in der Regel Anima-Gestalten oder die Musen der malenden Poeten. Aber ich denke, eine orthodoxe Ikone der Gottesmutter bringt eher den weiblichen Aspekt zum Ausdruck. Wenn du in einer orthodoxen Ikone die göttliche Mutterschaft Mariens anschaust, dann kannst du über die Mutterschaft Mariens meditieren, um deine eigene Mutterschaft zu benedeien, zu segnen und zu heiligen. Wenn du magst, dann meditiere folgendes Geheimnis aus dem heiligen Rosenkranz: „Gegrüßet seiest du, Maria, voll der Gnade! Der HERR ist mit dir! Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit ist die Frucht deines Schoßes, Jesus, den du, o Jungfrau, zu Elisabeth getragen hast.“ Denn vielleicht magst du einmal betrachten und dir vergegenwärtigen die Szene, da die selbst schwangere Jungfrau Maria über die Hügel von Judäa geeilt ist zu ihrer schwangeren Freundin Elisabeth, um ihr in den letzten drei Monaten der Schwangerschaft beizustehen. Ja, vielleicht hat Maria auch den Dienst der Hebamme an der Freundin Elisabeth geleistet? Ist Maria doch gewiß eine bessere Hebamme als Sokrates es jemals sein konnte! Also bitte die heilige Mutter Gottes, als deine Freundin zu dir zu kommen, als deine Schicksalsgenossin, die das Wunder und Geheimnis der Schwangerschaft an sich selbst erfahren hat. Ich möchte, da du davon sprachest, daß du bei Maria immer an deine Mutter denken mußt, dir noch sagen, was ich von einem Mönch gelernt habe. Er schlug vor, daß die Frau betrachte, welche Rolle Maria in der Kindheit der Frau gespielt hat. Ich selbst, wie du ein evangelisches Kind, habe in den kirchlichen Weihnachtsliedern und in der Krippe der Weihnachtsmesse, ein Bild von Maria gewonnen, Marie, die reine Magd, von der Jesaja uns gesagt. Dann schau einmal, wie Maria die Süßigkeit und Zärtlichkeit in die christliche Religion bringt. Dann schau einmal dieses evangelische Mädchen Marie von Nazareth an, die im Lobgesang Mariens ganz vom Wort Gottes her lebt und denkt und singt, dann schau die an, die gerechtfertigt ist aus Gnade durch Glauben, denn Elisabeth sagt zu ihr: „Selig bist du, weil du geglaubt hast“. Dann schau die an, die ganz für Christus gelebt hat, sich ganz in den Dienst Christi gestellt hat, seine erste Jüngerin war, ja, die ihn geboren hat, die ihn der Welt als das Heil geschenkt hat. So sollst du auch wie Maria sagen: „Siehe, ich bin die Magd des HERRN. Dein Wille geschehe, mir geschehe nach deinem Wort!“ Ich will desweiteren erwähnen, was ein jüdischer Philosoph gesehen, der über den Eros und die Religion gesprochen. Er meinte nämlich, daß im Zeitalter der Minne die Frau in Maria wieder eine solche Ehre als Göttin erhalten habe, wie sie sie mit dem Untergang des matriarchalischen Äons verloren hatte und war die leibeigene Sklavin der Herrensöhne im Patriarchat geworden. In den Minnedienern der Lieben Frau Maria aber habe die gerechte Vorsehung eben diese patriarchalischen Herrensöhne wieder knieen lassen zu Füßen der Frau. So will ich dir auch sagen, daß Johannes Paul der Große Maria gerade als „die Frau“ verehrte, die Neue Eva, die der Schlange den Kopf zertritt, die Frau des Evangeliums, die Frau der Apokalypse. In Maria ist erschienen die göttliche Würde der Frau, gewissermaßen der Genius der Frau. Maria als die Unbefleckte Empfängnis, oder besser gesagt, Maria als die Makellose Konzeption ist die Frau, wie Gott sie als Bild in seinem Geiste trägt, die vollkommene, das heilige Ebenbild der Frau nach Gottes (weiblichem) Bild. Insofern kann Maria dir in vollkommener und heiliger Weise helfen, dein weibliches Selbst zu finden und zu heiligen, dein Frausein zu leben. Dabei ist Maria nicht wie deine Mutter daran interessiert, dich klein und unmündig zu halten, sondern dich zu einer großen, freien, tüchtigen, weisen, frommen, starken Frau zu machen, kurz, zu einer Heiligen Gottes! Ich hoffe, meine Gedanken können dich inspirieren. Das Wichtigste ist, mit Maria ins Gespräch zu kommen, denn sie sagt: „Bete, bete, bete!“


6

Liebe Schwester!

An Allerheiligen sagtest du: „Ich hörte von der Königin von Saba und dem König Salomo. Ob sie sich wirklich so getroffen haben, wie es in der Bibel steht?“ Ich will gar nicht sagen, daß die jüdischen Rabbis meinen, die Königin von Saba sei in Wahrheit Lilith gewesen. Ich will dir auch nicht die Legenden erzählen, die die muslimischen Frauen von ihr erzählen, stolz auf ihre Königin von Saba des Koran, oder die die jüdischen Frauen erzählen, stolz auf die Weisheit Salomos, welche die Königin von Saba begehrte zu hören, oder die die äthiopischen Christinnen erzählen, stolz auf ihre Kaiserin, die jungfräuliche Königin von Saba, die schwarze und schöne Braut des Hohen Liedes, die Königin des Südens, die im Weltgericht die reichen Völker richten wird. Nein, ich will dir nur von einem poetischen Schauspiel erzählen, daß ich einmal sah, einem kleinen romantischen Liebesroman. Die Königin von Saba kam aus Afrika, dort betete sie die Mondgöttin an. Sie hörte aber von der weltberühmten Weisheit des weisen Salomo und kam, ihn zu besuchen und zu befragen über das göttliche Wesen. Da sah Salomo die Königin von Saba, die Bilkis hieß, und verliebte sich in ihre Schönheit. Sie erkannte die Weisheit Salomos und sah das Reich des Friedens, das er begründet hatte, und sie verliebte sich in ihn. Er sang ihr Liebeslieder, die nun in der Bibel stehen. Er nannte sie seine schwarze und schöne Geliebte, die er mehr liebte als das Licht, denn die Sonne geht unter, aber das Licht der Geliebten ist ein unsterbliches Licht. Er nannte sie seinen Atem, den reinen Hauch der Gottheit. Er nannte sie seine Lebensgenossin von göttlichem Adel. Sie liebten einander, und die Königin von Saba bekam einen Sohn. Salomo wollte ihn zu seinem Thronnachfolger machen, er sollte König von Israel werden. Aber da standen die jüdischen Hohenpriester zornig auf, sie sagten: „Ein Heide soll Israel regieren? Das kann und darf nicht sein! Salomo, du mußt deine Heidin fortschicken.“ Salomo wollte nicht auf die Hohenpriester hören, aber sein Prophet sagte: „Salomo, wenn du die Priester gegen dich hast, hast du das Volk gegen dich, dann kannst du nicht König von Israel sein. Das Friedensreich wird zerfallen. Das Volk Gottes wird sich unter die heidnischen Völker auflösen.“ Aber Salomo wollte nicht lassen von seiner heidnischen Geliebten. Da sagte die Königin von Saba: „Salomo, gegen die Hohenpriester kann mein Sohn niemals in Frieden ein König in Israel sein. Ich werde nach Äthiopien zurückkehren, dort soll mein Sohn der Erste Kaiser von Afrika sein.“ Da reiste die Königin von Saba ab. Salomo lag mit gebrochenem Herzen am Boden zerstört. Er trank Wein und schrieb eine philosophische Schrift voll bitterer Weisheit, voller existentiellem Lebenspessimismus und voller Melancholie und Resignation. Das Buch steht nun in der Bibel. „Alles ist sinnlos, spricht der Prediger, alles ist sinnlos, Sinnlosigkeit der Sinnlosigkeiten! Alles ist ein Jagen nach Luftgespinsten, ein vergebliches Haschen des Windes, ein vergebliches Seufzen des Geistes, ein sinnloser Verdruß des Geistes! Ich pflanzte mir Gärten und hatte einen Harem von Frauen, aber das war sinnlos. Ich forschte nach Weisheit, aber auch das war sinnlos. Denn alles ist sinnlos.“ In seinem Elend und seiner Verzweiflung ließ Salomo, um Trost bei einer Mutter zu finden, die Marmorstatue einer Muttergöttin errichten. Die Frauen seines Harems tanzten und sangen vor der göttlichen Mutter. Salomo lag jammernd vor dem Bild der Muttergöttin und betete: „O große Mutter, deren fruchtbare Brüste das ganze Weltall ernähren, spende mir deinen Muttertrost in meiner Verzweiflung! Göttliche Mutter der ewigen Liebe, stille mich mit dem Reichtum der prallen Mutterbrüste voll der Milch des Trostes!“ Das erregte den Zorn der jüdischen Hohenpriester, sie wiegelten den männlichen Pöbel in den Gassen auf. Die zornigen Männer aus den Gassen hassten das Götterbild der göttlichen Mutter, sie hassten alle Götterbilder! Voller Zorn und Eifer stürmten die aufgehetzten Männer die Kulthöhe und zertrümmerten mit Hämmern das Bild der Muttergöttin. Die Hohenpriester sprachen zu Salomo: „Dein Friedensreich wird zerfallen, aus dem einen Israel werden zwei jüdische Staaten werden. In Nord-Israel werden heidnische Könige herrschen, die heidnische Götter und Göttinnen verehren! Die Könige nach dir werden den Göttern Menschenopfer bringen, ja die Israeliten werden den Göttern ihre eigenen Kinder opfern! Das ist die Strafe für deinen Abfall vom Glauben an den Gott Israels!“ Salomo war alt geworden. Sein Tod stand ihm nah bevor. Er ging in unendlicher Verlassenheit und Einsamkeit allein in den leeren Tempel, ging durch das Heiligtum zum Allerheiligsten, dem leeren dunklen Raum, da unsichtbar die Gegenwart der Gottheit wohnte. Er warf sich weinend vor der unsichtbaren ewigen Gottheit nieder und weinte das ganze Elend seines Lebens vor der unsichtbaren ewigen Gottheit aus, und unter jammernden Tränen stieß er immer wieder hervor den Namen: „HERR! HERR! HERR!“


7

Liebe Schwester!

Ich habe in der zurückliegenden Zeit einer kranken Freundin und ihren Kindern mit viel Tätigkeit geholfen. Dabei sind mir die kleinen Kinder so ans Herz gewachsen, daß mir oft schien, ich küsste das Jesuskind, das Jesuskind saß auf meinem Schoß, das Jesuskind umschlang meinen Hals, das Jesuskind nannte mich Mama, ich schlief mit dem Christkind in der Krippe. Das Jesuskind wurde von Maria mit ihrem Sternenmantel zugedeckt, wenn es ins Bett ging. Dann sang Maria als Wiegenlied dem Jesuskind: Schlaf selig und süß, schau im Traum‘s Paradies. Das Jesuskind war so verliebt in Maria, daß es in jedem Mädchen auf der Erde, jedem jungen schönen Mädchen Maria sah! Da hab ich etwas über die Gottheit gelernt, denn Mutter Theresa von Kalkutta sagte von der Caritas, man sähe Jesus in den Armen und Kleinen und Kranken und Sterbenden. Dietrich Bonhoeffer sagte: Kreise nicht um dein eigenes Leiden, sondern um das Leiden Gottes in der Welt. Bernhard von Clairveaux sagte, Gott ist die Mutter Caritas, die all ihre verlorenen Söhne gerne wieder in die Arme nimmt. Hildegard von Bingen sagte, die göttliche Caritas sei die Gattin Gottes und hüte das göttliche Ehebett. Papst Benedikt schrieb: Deus Caritas est. Aber der Poetenpapst Schwanke schreibt: Deus Mater Caritas est! Dann habe ich mich wieder der Suche der Weisheit zugewandt in Studium und Betrachtung und Gebet. Da habe ich zum einen den hinduistischen Heiligen und Mystiker Ramakrishna studiert, der einmal nach theologischen Spitzfindigkeiten gefragt wurde und sagte: Ich weiß nichts von diesen theologischen Spitzfindigkeiten, ich weiß nur, daß ich ein Sohn der göttlichen Mutter bin. Dann habe ich im Frühjahr mich mit der Kabbala beschäftigt und darin besonders mit der Gestalt der Chochma-Sophia und der Matrone Schechinah, der Einwohnung Gottes in der Schöpfung als dem mütterlichen Prinzip der Gottheit. Die Sophia ist dort die Tochter des ewigen Königs, die der Mystiker zu seiner Braut wählt. Ich habe dann besonders im Herbst mich mit der griechischen Philosophie beschäftigt und vor allem Gefallen am Platonismus und Neuplatonismus gefunden, da ich dann die Gottheit als die Urgottheit und die Urschönheit (Urania) verherrlicht habe.

8

Liebe Schwester!

In der katholischen Zeitschrift „Fatima“ las ich von Eurem Eintritt in die Marianische Frauen-Congregation, Prinzessin. Ich möchte als ein unbekannter deutscher Dichter und Minnesänger Unserer Lieben Fraue Euch dazu herzlich beglückwünschen. Eure natürliche Anmut wird durch die Grazie Unserer Lieben Frau im Spiegel Eurer Seele vielmals erhöht. Maria als die Frau der Frauen oder die philosophische Idee der Weiblichkeit ist in ihrer makellosen Heiligkeit ein vollkommenes Vorbild für jede Frau, die wahrhaft fraulich, wahrhaft menschlich, wahrhaft christlich, wahrhaft heilig werden will. Maria ist die Frau nach dem mütterlichen Herzen Gottes. Ich freue mich, daß Ihr, hochedle Prinzessin, die Himmelskönigin verehren wollt, denn darin besteht der wahre Adel der Seele. Unsere Liebe Frau Maria als selige Jungfrau und Gottesmutter ist das höhere Selbst der Frau. In der „Imitatio Mariae“ nähert sich die Frau dem innewohnenden weiblichen Ebenbild Gottes, den der Mystiker die „Urschönheit“ nennt.


9

Lieber Bruder!

Ich habe dieses Jahr vor allem Arbeit auf die Theologie der Ewigen Weisheit gewandt. Die Ewige Weisheit, Frau Weisheit, Ischa Chochmah oder Gynä Sophia, ist die Gestalt, die in den Sprüchen Salomos, der Weisheit Salomos, Jesus Sirach, Baruch, Ersten Korintherbrief niedergelegt ist. Sie ist von Theologen der Orthodoxie, des Katholizismus, des Lutherischen Protestantismus und des pietistischen Protestantismus und der Anglikanischen Konfession gleicherweise entfaltet worden. Sie ist gewissermaßen Christus in Gestalt einer göttlichen Braut. Denn der Herr bereitet der Christus-Sophia die Hochzeit mit dem Christen. So hat mich der Herr denn auch zur Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen berufen, wie ich am Pfingstfest deutlich erkannte. Der Herr, Jahwe Zebaoth, stellt sich mir selbst als mein Herr und Schöpfer, als mein Bräutigam und Gemahl dar, meine Seele ist seine geliebte Königin. Er, der Herr, will mich führen den Weg der Weisheit, sie hab ich liebgewonnen, ihre Schönheit und ihr göttlicher Adel lassen sie mir als eine ideale Braut erscheinen, darum habe ich beschlossen und mich wahrhaft entschlossen, sie, Frau Weisheit, als meine Lebensgefährtin heimzuführen, wie Salomo. Jesus stellt sich im Evangelium vor als die menschgewordene Sophia, Paulus im Korintherbrief bezeichnet Christus, den Auferstandenen, als Gottes Sophia. Ich habe in diesem Jahr vor allem zu der christlichen Theologie der Sophia eine jüdische und eine griechische Bereicherung gefunden. Denn ich habe mich mit jüdischer Mystik der Kabbala und jüdischer Philosophie der Antike, des Mittelalters und der Renaissance beschäftigt. Darin sind viele Erkenntnisse über die göttliche Weisheit, die der christlichen Weisheit entsprechen. Dazu habe ich mich auch mit griechischer Philosophie beschäftigt und vor allen anderen Systemen Gefallen an der Platonischen Philosophie gefunden, ja, ich habe mich in die Schönheit der platonischen Philosophie verliebt. Ein katholischer Priester aus dem Florenz der Renaissance, der selbst neuplatonische Philosophie trieb, nannte die platonische Philosophie die immerwährende Philosophie und eine Schwester des christlichen Offenbarungsglaubens. Ich habe alle meine Erkenntnisse, die ich immer in meinem Gebet vor Gott im Herzen bewegt habe, wie ich glaube, angeregt vom Heiligen Geist, in Versen und Prosa niedergelegt. Wie Jesus Sirach sagt, habe ich mich nicht für mich allein gemüht, sondern für alle, die Weisheit suchen. Ich meine, es ist ein Leichtes dem Heiligen Geist, die dafür vorgesehenen Menschen zu meinen Poetischen Werken zu führen. Ich sorge mich nicht um Ruhm oder Nachruhm, sondern allein um die Ehre des Herrn. Meine Poesie hat in dem Maße Anteil an der Ewigkeit, als es Gebet, Lobpreis und Betrachtung des Ewigen ist.


10

Lieber Bruder, liebe Schwester!

Ich möchte die Geburt Jesu aus der Jungfrau feiern. Ihr wisst, mein Mund geht immer von Gott über. Wes das Herz voll ist , des fließet der Mund über, sagt Jesus. Mein Herz ist nun einmal voll von Maria. Die Weihnacht ist die Nacht, in der sie geboren hat. Ich sah die Geburtskirche, dort ist im Boden ein Stern an der Stelle, da Maria Jesus geboren hat. Das möchte ich gerne feiern. Ich kann das nicht feiern mit einem Mann, der fleißig ins Hurenhaus geht, aber bei jeder liebenden Erwähnung der heiligen Jungfrau in Spott oder Haß ausbricht. Ich will aber auch nicht aus purer Höflichkeit von nichts anderem reden als von albernen Scherzen, sondern will die heilige Nacht heiligen. Goethe sagte einmal: „Das ist es, was dich mit der Welt entzweit, sie will nicht Gemüt, sie will nur Höflichkeit.“ In gesellschaftlicher Höflichkeit kann ich mich mit einem Mann arrangieren, der Maria vielmals beleidigt, aber eine heilige Nacht kann ich mit solch einem Spötter nicht feiern. Ich weiß, ihr verehrt Maria als evangelische Christen auch nicht so, wie ich das tue. Aber der Anglikaner C.S. Lewis hat einmal in seinem Buch über den christlichen Glauben gesagt: „Über Maria sage ich hier nichts, denn ich möchte niemanden kränken, der Maria wie seine Mutter oder seine Geliebte liebt.“ Es gibt auch eine evangelische Ehre Mariens, da man die Magd des Herrn und Mutter Jesu stillschweigend wertschätzt. Aber sie mit zornigen Worten zu übergießen und ihr oftmals ein Schwert durch die Seele zu bohren und so zu meinen, Jesus zu ehren, indem man seine Mutter verhöhnt, das ist gewiß unheilig. Soweit die Worte meines Zornes.


11

Liebe Schwester, lieber Bruder!

Am Heiligen Abend kurz vor Mitternacht hörte ich die Frohe Botschaft: Ein Kind wird geboren! Ihr bekommt ein Kind! Dazu fällt mir soviel Schönes ein, daß ich gleich um Mitternacht in der Heiligen Nacht euch ein Liebeslied an das Kind schreiben will. Wie es sich für einen evangelischen Christen gehört, ein Wort der Schrift voran: „Kinder sind eine Gabe Gottes, Leibesfrucht ist ein Geschenk des Herrn!“ Der Psalmist sagt: Wohl dir, Mann Gottes, du hast es gut: Deine Frau im Innern deines Hauses ist wie ein fruchtbarer Weinstock, deine Kinder um deinen Tisch sind wie Zweiglein des Ölbaums. Wohl dem Mann, der seinen Köcher gefüllt hat mit den Pfeilen seiner Kinder! - Von Konfuzius hab ich gelernt, daß die Erziehung im Mutterschoß beginnt. Die Mutter, sagt Konfuzius, soll keine aggressiven Farben anschauen und keine kriegerische oder lüsterne Musik hören. Ein Psychologe, der sich auf die Psyche der Embryos spezialisiert hatte, erzählte, wie eine Frau in ihrer Schwangerschaft einen Trauerfall in der Familie erlebte und davon so traurig ward, daß sich um die Seele ihrer Leibesfrucht für immer ein schwarzer samtener Mantel der traurigen Schwermut legte. Ein katholischer Priester erzählte von einer schwangeren Frau, deren Onkel ihr zur Abtreibung riet, da zürnte sie ihn an und sagte: Sei still, mein Kind soll das nicht hören! Eine amerikanische schwarze Baptistin ging in die Gebärstationen der Hospitäler und legte den Schwangeren die Hände auf den Bauch und sang Gospel-Lieder, da stellten die Ärzte fest, daß die Kinder im Schoß freudig belebt auf die Gute Nachricht und die Freude des Heiligen Geistes reagierten. Jesus selbst spricht ja von der Entbindung und sagt: Wenn eine Frau in Wehen liegt, so überkommt sie die Angst, aber wenn das Kind da ist, vergißt sie die Angst über der Freude, daß sie ein Kind in Armen hält. Als ich den Liebling der Zwillinge meiner Freundin in den Armen hielt, verstand ich den Feminismus, ich sage das als Scherz: Denn wie Siegmund Freud vom Penisneid der Frauen sprach, so sprachen die Feministinnen vom Gebärneid der Männer. Ich aber hatte das süße Baby so lieb, als es in meinen Armen lag, daß ich ihm gern die Brust gegeben hätte, das war mein maskuliner Stillneid oder Brustneid. Hier setzt das Wort Jesajas an: Ich will euch trösten, spricht der Herr, wie einen seine Mutter tröstet. Ja, ihr sollt an Jerusalem getröstet werden. Ihr werdet saugen die Milch des Trostes aus dem prallen Reichtum der Mutterbrüste. Auf den Knieen wird man euch wiegen und in den Armen wird man euch liebkosen. An der Stelle setzt dann Hosea an, der von der Pädagogik der Gottesliebe spricht und sagt: Ich zog euch an Seilen der menschlichen Liebe, ich war zu euch wie Mutter und Vater, die den Säugling in ihre Arme nehmen und dem Kinde Sprechen und Laufen beibringen. Da spricht der Herr: Ist nicht Ephraim mein Lieblingskind? Und wenn ich meinem Lieblingskind auch zürnen muß, weil ein Vater sein Kind auch streng erziehen muß, so bricht doch mein Herz vor Barmherzigkeit, so oft ich an ihn denke. So wird es euch ergehen in der Liebe zu eurem Kind. Denkt auch an die Stelle in den Sprüchen Salomos über die Weisheit Gottes im achten Kapitel des Buches, da die Ewige Weisheit der Liebling Gottes genannt wird. Luther übersetzte das Wort mit Werkmeister, man kann es auch mit Architektin und Künstlerin übersetzten, aber es heißt auch Liebling oder Hätschelkind. Mutter und Vater schauen zu ihrem Hätschelkind wie Gott zur Ewigen Weisheit schaut. Und die Freude des Lieblings Gottes war es, vor dem Ewigen zu scherzen und mit den Menschenkindern zu spielen. Welche Freude ist es, mit einem Kind zu spielen! Kinder sind Poeten. Mein lieber Pflegesohn sprach im Alter von drei Jahren wie ein romantischer Dichter. Kinder haben solch eine Freude an Schönheit, und wenn ihr mir glauben wollt, es wird den Kindern das Jesuskind lieb sein, wenn sie es in den Armen der schönen Mutter Maria sehen, etwa auf dem Bilde Raffaels. Kinder identifizieren sich mit dem Jesuskind und werden selbst „Jesuskind spielen“. Da wird euch viel über das Jesuskind aufgehen, da wird euch auch viel über die elterliche Güte der Ewigen Liebe Gottes aufgehen, die Vaterliebe und Mutterliebe ist. Dann werdet ihr dem Kind sprechen beibringen, ihr werdet die Urlaute des Kindes lernen, der erste Buchstabe des Kindes ist das M, das, wie der Dichter Rilke sagt, die Mütter bedeutet. Der Hahn im Garten heißt Ammi, die Großmutter Amma, die Mutter Mamma, das Essen heißt Mam-Mam, das auf den Arm-Nehmen heißt Am! Das ist die Ursprache, wie man sie in den Anfängen der Steinzeit vielleicht auch gesprochen hat. Kinder sind Gläubige. Eine indische Weisheitsschrift, die Bhagavadgita, sagt vom Heiligen und Weisen, daß ihm Erdkloß und Stein und Goldstück gleichviel wert sind, so ist es bei den Kindern, sie sind naive Heilige, sie spielen mit Erde wie mit Kieselsteinen wie mit Münzen, alles ist gleich wertvoll, gleich schön! Mit Kindern über Gott zu sprechen ist eine Quelle ewigen Staunens, und Platon sagt: Staunen ist der Anfang der Weisheit. Die Fragen, die ein Kind euch stellen wird, wird euch oft an die allzuengen Grenzen eurer menschlichen Weisheit bringen. Eine russische Dichterin sagte: Man muß Kinder beschwören, ja, beschwören wie mit magischen Formeln. Ein evangelischer Pastor sagte, Kinder lebten in einer magischen Weltsicht. Eine große Zauberformel, die in Ewigkeit eingeschrieben bleibt in der Seele des Kindes ist das Vaterunser: Vaterunser der du bist im Himmel! Keiner versteht das, aber es ist ein ewiges Wort Gottes in der Seele eures Kindes. Papst Benedikt sagte bei seinem Antritt als Papst: Wichtiger als in materielle Güter zu säen oder in Eigentum oder selbst in Bücherwissen, wichtiger ist es, Liebe in eine Seele zu säen, denn das bleibt für alle Ewigkeit. Also säet die Liebe in die Seele eures Kindes und ihr habt ein Werk getan, das den Missionsreisen des Apostels Paulus gleicht! Ich gratuliere euch, ihr werdet in den reinen strahlenden Augen eures Kindes sehen, wie euch Gott in Liebe anschaut, euch Liebe schenkend und auf eure Liebe wartend! Und selbst das Windeln und Wickeln, wie süß, wenn man einmal bedenkt, daß Maria dem Jesuskind den Kot vom Popo gewischt und die gewaschenen Windeln noch den Magiern aus dem Morgenland als Reliquien mitgab, ja, daß Maria zum heiligen Josef sagte: Wickle das Jesuskind, und der heilige Josef wischte das Exkrement vom Po des fleischgewordenen Logos und murmelte in seinen Bart lauter Liebkosungen für den „kleinen Gott“!


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Liebe Schwester, lieber Bruder!

Am Heiligen Abend meditierte ich über die „Gottesgeburt im Menschen“, ein Gedanke der katholischen Mystik. Dann war meine fromme Weihnacht beendet, es folgte das Kreuz des Familientreffens. Jesus sagte: Das alles muß geschehen, der Menschensohn wird überliefert in die Hände der Sünder, er muß das erleiden, um am dritten Tage in seine Herrlichkeit einzugehen. – So steht es geschrieben, und so ist es auch an mir geschehen. Was aber heißt: Er wird am dritten Tage in seine Herrlichkeit eingehen? Was ist denn die „Herrlichkeit des Herrn“? Es ist der Lichtglanz Gottes oder die außerordentliche Schönheit Gottes. In der jüdischen Mystik ist es die „Schechinah“, die Gegenwart Gottes im Innern der Welt, die Einwohnung Gottes in der Welt, dieselbe Mystik bezeichnet die Schechinah als das mütterliche Wesen Gottes, die göttliche Natur. Nun, dieses Eingehen in die Herrlichkeit des Herrn, das war die Gnade der Weihnachtsfeier „am dritten Tage“ bei euch. So ist das Himmelreich wie ein Fest! Aber ich wollte doch über die Gnade predigen und der Frau des Hauses einen Minnesang singen. Wohlan denn! Die Gnade heißt auf griechisch Charis. Die Charis in der Theologie Homers ist die Aphrodite, die Göttin der Liebe und Schönheit, die Gemahlin des lahmen Vulkanos. Die Übersetzuung des Wortes Charis mit Gnade ist ein Werk der irischen Mönche zur Zeit Karls des Großen. Gnade kommt von Genade, das heißt: Die Sonne geht zu Genaden, die Sonne sinkt herab. Gnade heißt also Herablassung oder das Niederneigen oder auch die Zuneigung. Das griechische Wort Charis bringt aber mehr noch zum Ausdruck. Ich schreibe euch ein Wörterbuch: Charis heißt feminine Grazie, Lieblichkeit, Schönheit, Anmut, Freude, Gefallen, huldvolle Rede, überschwengliche Gunst, Dank, Segnung, Erkenntlichkeit. Hier also der Minnesang an die Frau des Hauses: Liebe Frau, du warst mir am Weihnachtsfest ein Abglanz und ein Spiegel der göttlichen Charis! Die göttliche Charis als die Grazie Gottes ist deine Gottebenbildlichkeit, die Idee deines Lebens in Gott, du bist das Ebenbild der femininen Grazie Gottes! Zurück zur Predigt: Im Hebräischen werden zwei Worte mit Gnade übersetzt. Das Wort Chesed bedeutet Freundlichkeit, Frömmigkeit, Pietät, Schönheit, Favorisieren, Güte, Lieblichkeit, Barmherzigkeit. Heil dir, Mann Gottes, du bist ein Ebenbild der göttlichen Chesed! Du bist wahrhaftig ein Freund Gottes, ein Freund der Freundlichkeit Gottes! Das andere Wort der Gnade ist Chen, es bedeutet: Gnädigkeit, Huld, Güte, Freundlichkeit, Liebenswürdigkeit, Gefälligkeit, Gunst, Wohlgefallen, Begünstigung, Wohlwollen, Favorisieren, Schönheit, die Gnade ist angenehm, erfreulich, sympathisch, scherzend, kostbar, edel, schön, nett, niedlich, fein, herzlich! All dies ist die Gnade Gottes, die allein uns selig macht! All diese Gnade verheißt, daß wir aus Gnade Anteil erlangen an der göttlichen Natur, am Wesen Gottes. Wir werden alle diese Gnaden Gottes erlangen: Wir werden Anteil erlangen an Gottes Liebreiz und Schönheit, Anmut und Lieblichkeit, wir werden jeder für sich und einzigartig Favoriten der Schönen Liebe Gottes sein!


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Liebe Schwester!

Gerne wollte ich dir eine Sendung als Trostschreiben zukommen lassen. In der beiliegenden Hymne an die Brüste Mariens wirst du dich wohl entdecken können, wie ich vermute. Ich habe diese Hymne im Juni geschrieben, als ich große Schmerzen an der Seele leiden mußte, meine Seelenangst war so schmerzlich, es war wie tausend kleine Nadelstiche in die Seele. Da schrie meine Seele zu Maria: O Maria, tröste meine Seele, heile meine Seele, denn meine Seele ist sehr erschrocken! Da entblößte Maria ihre Brüste und ließ mein inneres Seelenkind in reichem Maß die Milch des Trostes aus ihren bloßen Brüsten saugen. Da war meine Seele, wie der Psalmist sagt, wieder ruhig wie ein gestilltes Kind in den Armen seiner Mutter. Ich habe dir gleichzeitig eine Meditation und Musik über Maria zukommen lassen, die von einem Benediktiner-Mönch stammt, die wie Balsam für die Seele ist. Nicht umsonst heißt Maria, die Trösterin der Betrübten, auch die Balsamstaude. Ich hoffe, daß dir auch heilsamer Trost der Balsamstaude zufließt. Zuletzt habe ich dir eine kleine persönliche Litanei gedichtet: - Christus, erbarme dich über uns! Christus, sei uns barmherzig! Christus, gib uns deinen Frieden! Maria, Mutter Jesu, bitte für uns! Maria, Mutter Gottes, bitte für uns! Maria, Mutter aller Menschenkinder, bitte für uns! Maria, Frau der Frauen, bitte für uns! Maria, Trösterin der Betrübten, bitte für uns! Maria, Zuflucht der Heimgesuchten, bitte für uns! Maria, Hort der Verlassenen, bitte für uns! Maria, wahre Freundin der Einsamen, bitte für uns! Maria, deren Brüste prall sind von der Milch des Trostes, bitte für uns! Maria, deren Seele durchbohrt ist von sieben Schwertern der Schmerzen um die Leiden deines Kindes, bitte für uns! Maria, die du weinst und schreist um die Leiden der unschuldigen Kinder, bitte für uns! Bei der Armut, in der du Jesus geboren, bei der winterlichen Kälte, in der du Jesus zur Welt gebracht hast, bei dem durstigen Weinen deines Kindes, bei deiner Flucht vor den Häschern des Herodes, bei deinem mütterlichen Mitleid mit dem Leiden deines Kindes – nimm alle Mütter als deine geliebten Töchter an, nimm alle Kinder als deine geliebten Kinder an! Laß alle Menschenkinder, die großen und kleinen Menschenkinder reichlich trinken die süße Milch des Trostes aus dem Reichtum deiner prallen Mutterbrüste! O du lebendiger Gott der allumfassenden Barmherzigkeit, erbarme dich über alle deine großen und kleinen Kinder und schenke uns deine bedingungslose Liebe!


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Liebe Schwester!

Als ich dich das erste Mal sah, da standest du neben mir, eigentlich hoch über mir, und ich sah an dir hinauf, da ich am Boden lag. Ich war voll von altägyptischen Hymnen an die Isis und sah an dir hinauf wie an einer Hohepriesterin der Isis. Du hattest nämlich geflochtene Locken nach altägyptischer Mode und trugest eine Kleidung wie die liebreizendste Ägypterin. Darum hab ich auch ein oder zwei Jahre später im Spiel dich dich selbst als Kleopatra erraten lassen. Kleopatra war nämlich nicht nur eine Hohepriesterin der Liebe, sondern verstand sich auch als eine Gottkönigin, als eine Verkörperung der Göttin Isis. Isis ist nun die älteste Göttin Ägyptens, gewissermaßen die Urgöttin schlechthin, die Große Mutter der dunklen Vorzeit. Ihr Kult war in den letzten Zeiten des vorchristlichen Zeitalters im ganzen Orient und auch in Griechenland und Rom so weit verbreitet, daß man fast von einem weiblichen Monotheismus und weiblicher Weltreligion sprechen kann, wie manche behaupten. Ich habe dir ja zu lesen gegeben meine Gedichte von den ägyptischen Ostermysterien. Nämlich wie im Mythos die Isis den gemordeten Gott Osiris beweint, ihn wieder zusammenfügt, er aufersteht und im Jenseits Richter der Toten wird, der den Guten das ewige Leben schenkt, so in der wirklichen menschlichen Geschichte beweinte Maria den gekreuzigten Christus, der auferstanden ist und in die unsichtbare Welt Gottes heimging, wo er verehrt wird als der Richter der Lebenden und Toten und als der Spender des ewigen Lebens. Maria ist also die neue Isis? Schon in vorchristlicher Zeit lebten Juden in Ägypten, die den Gedanken eines einzigen Gottes, der der Schöpfer aller Welt und Menschen ist, zusammendachten mit dem Kult der großen Göttin Isis. Sie nahmen die religiöse Sprache der Isis-Religion und drückten den jüdischen Eingottglauben in weiblicher Sprache aus. Daraus sind die biblischen Bücher der Frau Weisheit oder Hagia Sophia entstanden, Gott der Einzige in Gestalt einer weiblichen Göttin Sophia. Als das Christentum dann in die Gebiete am Mittelmeer kam, da die Isis verehrt wurde, da wurden die Isistempel zu Kirchen umgebaut. Man nahm die Bilder der Isis mit dem Horuskind auf dem Schoß oder der Mutter Isis mit dem Horuskind am stillenden Busen zu Vorbildern für Bilder der Madonna mit dem Jesuskind. Isis wurde auch verehrt als dunkle oder schwarze Göttin, da die Ägypter besonders an Mysterien und an den Geheimnissen von Tod und ewigen Leben interessiert waren. Daraus entstanden dann die vielen Kultbilder der schwarzen Madonna, die besonders in Frankreich reich vertreten sind, aber auch in der Schweiz, in Bayern und in Polen verehrt werden. Hier wird die neue Isis, Maria, zur Mutter eines „esoterischen“ Christentums, das heißt, eines Christentums, das nicht in dem Befolgen äußerer Traditionen besteht, sondern in dem Eindringen in die inneren Geheimnisse des Glaubens. Man spricht von einem religiösen Leben als dem Befolgen der Traditionen und Gebote, dann von einem spirituellen Leben, das heißt, einem unbewußten Suchen nach den Geheimnissen des Lebens und des Höchsten Wesens, und schließlich von einem mystischen Leben, das ein Leben der gläubigen Seele in immerwährender Liebesgemeinschaft oder Liebesvereinigung mit dem Göttlichen besteht. Maria als die schwarze Madonna ist die Herrin des mystischen Lebens. Die schwarze Isis-Madonna verweist auch auf die dunklen Aspekte Gottes, das heißt, daß Gott nicht ein Großvater mit Wolkenbart ist, sondern ein unerforschliches Geheimnis, Gottes Licht ist für uns Menschen wie eine dunkle Nacht, das man mit dem Licht der menschlichen Vernunft nicht erleuchten kann, sondern man kann sich allein mit dem Vertrauen, wie es ein Kind in seine Mutter setzt, diesem dunklen Geheimnis der Gottheit liebend anvertrauen. Das ist der Glaube. Es gibt auch eine poetische Prosa von Novalis über die Isis. Denn im ägyptischen Ort Sais stand in einem Tempel die Statue der Isis als verschleierte Göttin der Wahrheit oder als die verschleierte Weisheit. Schiller schrieb darüber ein Gedicht, da ein Jünger trotz des göttlichen Verbotes den Schleier von der Wahrheitsgöttin heben wollte – man fand ihn am nächsten Tag tot. Aber bei Novalis verläßt der Jünger der Weisheit seine menschliche Geliebte Rosenblüte, um die Göttin der Weisheit zu suchen. Und als er zu der verschleierten Weisheitsgöttin von Sais kommt, hebt er den Schleier von dem Antlitz der Göttin und – sinkt Rosenblüte in die Arme, wird glücklich mit ihr und zeugt mit ihr viele lachende Kinder. In einem Sinnspruch schrieb aber Novalis: Er hob den Schleier der Göttin von Sais und – fand sich selbst! In der christlichen Religion heißt es, daß wir die Gottheit in unserer irdischen Lebenszeit nur undeutlich wie in einem antiken dunklen Metallspiegel erkennen, daß wir im Dunkel des bloßen Glaubens, oder im Halbdunkeln des Glaubens leben, daß wir aber nach dem Tod im ewigen Leben die Gottheit schauen werden von Angesicht zu Angesicht und die Gottheit erkennen werden, wie wir schon immer von der Gottheit zutiefst erkannt worden sind. Im Tode als dem Eingang in das ewige Leben wird die Weisheitsgöttin ihren Schleier vom Angesicht heben und wird uns in ewiger Liebe anlachen, in seliger Liebe wie eine göttliche Geliebte! Ich nun bin nicht berufen zu einem ehelichen Leben mit einer sterblichen Geliebten Kleopatra-Rosenblüte in einer kinderreichen Familie, sondern berufen bin ich, zu sein der Jünger und der Geliebte der Isis-Maria-Sophia selbst, des Gottes in Gestalt einer Göttin der Weisheit, Schönheit und Liebe! Aber im Gleichnis der Rosenblüte wird Isis erkannt, im Anschauen der Kleopatra wird der Isis Schönheit wie im Spiegel erkannt und in deiner zauberhaften Herrlichkeit, liebe Schwester, erkenne ich wie im Bild das Urbild der Schönheit Gottes.


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Liebe Schwester!

Was zieht dich an? Du sagst: Meine Kinder, die Natur und die Schönheit. Ich sagte: Das ist eine schöne Dreifaltigkeit! Da lachtest du mit deinem schönen Lachen. Aber ich will dir Hinweise geben, wie in deinen Kindern, in der Natur und in allem Schönen Gott aufleuchtet. Zuerst einmal die Kinder: An deinem Erstgeborenen kannst du die Weisheit Gottes erkennen. Seine Liebe zur Sprache zeigt dir, daß die Weisheit Gottes auch das Wort Gottes ist. Die Welt wurde, weil Gott sprach: Es werde! In dem Wort und durch das Wort sind geworden alle Dinge und nichts, das lebt, ist geworden außer durch das Wort. Das Wort war im Anfang bei Gott, ja, das Wort ist Gott. Es ist das schöpferische Wort. Der Evangelist Johannes sagt, dieses Wort Gottes ist Christus, das Mensch geworden ist und bei den Menschen wohnte. An der Liebe deines Erstgeborenen zur Mathematik und zur Zahl an sich kannst du wiederum die Weisheit Gottes erkennen. Die Heilige Schrift sagt, die Weisheit Gottes hat den Kosmos geschaffen nach Maß, Gewicht und Zahl. Die griechischen Philosophen liebten die Mathematik, weil sie eine so wahrheitsvolle Wissenschaft ist. Pythagoras lehrte, der Kosmos sei aufgebaut nach gewissen geheimnisvollen Zahlenordnungen. Auch die Planetensysteme ständen in einem zahlenmäßigen Verhältnis zueinander, die den Zahlenordnungen der Musik entsprechen, den Tönen der Oktave. Ja, alles sei zusammengesetzt aus geraden und ungeraden Zahlen, wobei die geraden Zahlen das Unendliche und die ungeraden Zahlen das Endliche bezeichnen. Platon studierte die Mathematik und bewunderte die Reinheit ihrer Idealität. Das Wort Gottes ist Christus, aber auch die Weisheit Gottes ist Christus, die das All nach Maß und Zahl geschaffen. Du siehst also in deinem Erstgeborenen verborgen einen geheimnisvollen Abglanz der Weisheit Gottes oder Christus. Bei deinem Kleinen will ich vor allem auf das Spiel hinweisen. Hier erscheint die Weisheit Gottes in einer kindlich spielenden Form, so beschrieb sie der weise Salomo: „Ich, die Weisheit, war im Anbeginn aller Dinge bei Gott dem Ewigen, ich scherzte und spielte vor ihm und war sein Entzücken und Wohlgefallen den ganzen Tag, ich war sein Liebling, sein Pflegling, sein Zögling, sein Hätschelkind, und meine Freude ist es, bei den Menschenkindern zu sein.“ Diese biblische Selbstvorstellung der Weisheit Gottes glänzt an deinem Kleinen auf. Hier ist die göttliche Weisheit oder Christus das göttliche Kind. Damit bin ich beim Wesentlichen. In den Kindern scheint auf das Urbild des göttlichen Kindes. Man darf nicht denken, daß Gott ein alter Mann mit weißem Bart ist, nein, das Göttliche offenbart sich auch im Judentum und Christentum und eigentlich in allen Religionen der Völker auch als das göttliche Kind. So erscheint in den Erscheinungen Mariens in den vergangenen Jahrhunderten Maria oft mit dem Jesuskind, dem göttlichen Kind. Dieses göttliche Kind ist aber nicht nur die schöpferische Weisheit, die durch ihr geniales Spiel den Kosmos erschaffen hat, dieses göttliche Kind ist nicht nur das Jesuskind auf den Armen der himmlischen Madonna, sondern dieses göttliche Kind ist auch das göttliche Kind in jedem Menschen, das reine makellose Bild des höheren Selbst, in unbefangener Freiheit, die reine Seele, wie sie kindlich-unschuldig den Händen Gottes entsprungen ist im Akt der Schöpfung der Seele durch Gott. Dieses göttliche Kind wohnt auch in dir, meine liebe Schwester, und wartet im Innersten deiner Seele auf deine mütterliche Liebe. Denn so sagte selbst einmal der weise Jesus: Wer Gott liebt, der ist meine Schwester und meine Mutter. So schau das göttliche Kind in der innersten Kammer deiner Seele an und spiele mit dem göttliche Kind. Dann wirst du selbst frei und glücklich sein, ein Kind Gottes. Das war der erste Monolog, und der zweite folgt sogleich. Ich gebe dir Hinweise, in der Natur Gott zu entdecken. Die griechischen Philosophen vor Sokrates waren Naturphilosophen und versuchten, das Wesen der Natur zu ergründen. Sie versuchten, in all dem Wandel, dem Werden und Vergehen in der Natur, ein Ewigseiendes zu entdecken. Dieses ewige Leben alles Lebens nannten sie Gott oder Geist oder Weltvernunft. Die Weltvernunft ist auf griechisch der Logos, und im Evangelium heißt Jesus der menschgewordene Logos, der bei Gott war und Gott selbst war. Diese Weltvernunft wird auch als Weltseele bezeichnet, wobei die Vernunft ein Wesenszug der Seele ist. Dabei herrscht der Gedanke vor, daß der gesamte Kosmos ein universeller Körper ist. Der menschliche Körper als kleiner Kosmos wird ja belebt und gestaltet von der Seele des Menschen, so wird der kosmische Körper beseelt, belebt und gestaltet von der Weltseele. Diese Weltseele der Philosophen wird manchmal identifiziert mit Sophia, der göttlichen Weisheit der Bibel, oder auch mit dem Heiligen Geist, dem Hauch Gottes. Der Heilige Geist oder der göttliche Hauch wird als die göttliche Liebe bezeichnet. Der große Dichter Dante beschreibt in seiner Göttlichen Komödie das Wirken der göttlichen Liebe. Goethes Faust suchte zu ergründen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Und Dante sagt, das sei die Liebe. Er unterscheidet zwischen der natürlichen Liebe und der seelischen Liebe. Die natürliche Liebe herrscht in allen Dingen und Lebewesen im All. Es ist die Liebe, die die Teile des Atoms verbindet, die Liebe, die die Bahnen der Sterne ordnet, die Liebe, die die Tiere paart. Gott ist diese natürliche Liebe in Vollkommenheit. Die Liebe, die Gott dem Menschen zugeteilt hat, ist die seelische Liebe, eine Liebe in Freiheit, die in der Freiheit des Menschen frei ist, sich für die Liebe oder gegen die Liebe zu entscheiden. Weil aber die seelische Liebe als die freie Liebe die höhere Liebe ist als die natürliche Liebe der Natur, die nicht frei ist, darum ist der Mensch Mitte und Krone des Kosmos. In der Seele des Menschen findet gewissermaßen der Kampf statt zwischen Liebe und Anti-Liebe, zwischen Gut und Böse. Die freiwillige Entscheidung der Seele für die Liebe bringt den Menschen in Übereinstimmung mit der natürlichen Liebe im Kosmos und mit Gott, der die Liebe in totaler Vollkommenheit ist. Wenn du also die Natur betrachtest, dann schau im Frühling das Paar der Schmetterlinge in deinem Garten tanzen und sage dir: Dies ist die göttliche Liebe. Und siehst du im Gespräch mit dem Freund der Weisheit die Insekten auf dem Wasserkrug kopulieren, so denke: Das ist ein Akt der göttlichen Liebe. Und höre die Vögel aus purer Brunst so schöne Gesänge singen und sage dir: Das ist die göttliche Liebe. Und siehe die Rose so glühen wie ein junges Mädchen, dem ein Mann geschmeichelt hat, so denke: Das ist die göttliche Liebe. Und sieh den Wind mit den Blättern des Baumes spielen wie mit einer Orgel und denke: Da höre ich die göttliche Liebe. Alles ist Liebe, alles ist Hauch, alles ist Geist. So wie du bei einem Menschen auch nicht allein den Körper lieben willst, sondern auch und mehr noch die Seele, so suche in der Liebe zur Natur auch die Liebe zur göttlich-eingehauchten Weltseele zu pflegen. Diese Weltseele ist der Heilige Geist oder die göttliche Liebe. Dieser Geist wirkt der Gottheit lebendiges Kleid, das ist die Natur. Die Natur ist eine große Dame, sie trägt schöne Kleider, aber das innere Geheimnis in ihrem Busen ist die göttliche Liebe, die die Welt im Innersten zusammenhält. Das war der zweite Monolog, und der dritte folgt sogleich. Nun will ich über die Schönheit sprechen. Ich habe einmal gesucht, ob meine erste Sammlung poetischer Texte unter dem Titel „Lobgesang der göttlichen Schönheit“ gelesen wird. In meinen Forschungen stieß ich auf einen Brief von Papst Johannes Paul dem Großen an die Künstler. Er sagte darin, so wie jeder Mensch zur Wahrheit berufen ist, ja, geradezu verpflichtet, die Wahrheit zu suchen, so sind die berufenen Künstler zur Schönheit berufen. Dabei spricht er von der Schönheit, die der Philosoph Platon die Wahrheit-Schönheit nannte. In der Philosophie wird das Höchste Wesen in dieser Dreifaltigkeit gepriesen: Als Gutheit, Wahrheit und Schönheit. Die Gutheit ist Gott, wie Jesus einmal sagte: Gott allein ist gut. Die Wahrheit ist Gott, wie Jesus als Gottessohn sagte: Ich bin die Wahrheit. Die Schönheit ist aber auch Gott, wie es im Alten Testament bei einem Propheten heißt: Deine Augen werden den König in seiner Schönheit schauen. Ja, mehr noch, der griechische Mönch Dionysios Areopagita, der als der Vater der abendländischen Mystik gilt, bezeichnet Gott als die Urgottheit, die Urschönheit! Paulus sagt, in der Schönheit der Schöpfung kann wie im Spiegel die Schönheit Gottes des Schöpfers erkannt werden. Platon, der der besondere griechische Philosoph der Liebe und Schönheit war, bezeichnete alles Wirkliche in dieser Sinnenwelt als bloße Schatten oder Abbilder oder einen Abglanz der wirklichen geistigen Urbilder, der geistigen Ideen. Theologisch gesprochen, sind alle Dinge geschaffen nach den Idealen dieser Dinge, die im Gedanken der Weisheit Gottes geistig existieren. Gott denkt sich die Dinge in Vollkommenheit, diese Gedanken der Vollkommenheiten sind allesamt in Gottes Geist. In Gottes Geist sind alle Schönheiten, dorther stammen sie, Gottes Schönheit spiegeln sie wieder, und in Gott soll ihre Schönheit vollendet werden. Eine schöne Frau zum Beispiel ist ein Abglanz der Schönheit Gottes. Das geistige Ideal der schönen Frau existiert von Ewigkeit zu Ewigkeit im Geist Gottes oder in der Weisheit Gottes. Gott ist die Urgottheit der Urschönheit, die schöne Frau ist der Spiegel dieser göttlichen Urschönheit. Je transparenter die Frau für die Güte und Liebe Gottes wird, desto durchlässiger wird sie auch für die Schönheit Gottes. Je mehr sie von Gottes Liebe und Güte erfaßt wird und erfüllt und verwandelt in eine Heilige oder Gott-Ähnliche, desto schöner wird sie, weil sie gleichsam übergossen wird mit dem Licht und dem Liebreiz der göttlichen Schönheit. Darum ist Maria als die am allerinnigsten mit Gott vereinigte Frau auch die Schönste aller Frauen. Ja, der Papst Johannes Paul der Große bezeichnete Maria als den Spiegel der göttlichen Schönheit. Aber Maria ist der einzigartig makellose Spiegel der göttlichen Schönheit. Jede schöne Frau ist ein Spiegel der göttlichen Schönheit. Darum betete ich auch einmal auf dem Weg zu dir die Perlenschnur des Rosenkranzes so: „Sei gegrüßt, Maria, du Spiegel der göttlichen Schönheit, segne meine Schwester, den Spiegel der göttlichen Schönheit.“ Jetzt in unserem irdischen Leben erkennen wir die Urgottheit der Urschönheit nur wie im Spiegel oder im Gleichnis oder Abbild, aber Jesus verheißt uns, daß wir im ewigen Leben die göttliche Schönheit schauen von Antlitz zu Antlitz, und dieses Schauen wird ewige Glückseligkeit sein.


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Liebe Schwester, lieber Bruder!

Im ersten Buch der Könige ist mir einmal aufgefallen, daß dort zwei Töchter Salomos namentlich erwähnt werden. Als ich nun bei unserem Weihnachtsfest eure beiden Töchter beobachten durfte, sind mir gewissermaßen die beiden Töchter Salomos leibhaftig-lebendig und gegenwärtig geworden. Der Name der Mutter ist nicht überliefert. Salomo heiratete ja die Tochter des Pharao und holte sie in die Stadt Davids, aber sie sollte nicht in der Stadt Davids, das ist Zion, bleiben, denn dort war die heilige Bundeslade, es sollte keine Frau in der Burg sein, wo sie, die heilige Bundeslade, wohnte. Salomo baute für die Tochter des Pharao ein eigenes Haus aus Zedernbalken und Zypressenbrettern, ausgelegt mit schwarzen Teppichen Salomos und ausgestattet mit Säulenschäften mit Lilienverzierung, daran Ketten hingen von goldenen Granatäpfeln. Er nannte sie fortan Schullammyth, das heißt: die Friedsame oder die Friedliche oder die Fürstin des Friedens, das ist die weibliche Form von Schelomo oder Schlomo, dem Friedsamen oder Friedlichen oder Friedefürsten, oder auf Deutsch: Friedrich. Schalom ist die Wurzel dieser beiden Namen und bedeutet nicht nur Friede, sondern auch Wohlergehen und Fülle des Heils, der Gesundheit und des Lebens. Schalom als Gruß kann man mit: Friede sei mit dir! übersetzen, aber auch mit: Heil! Daß Schelomo und Schullammyth so gleiche Namen tragen, zeigt, daß sie ganz ein vereinigtes Liebespaar waren. So hießen Adam und Eva im Paradies Isch und Ischscha und so hießen bei den Germanen der Gott und die Göttin Freyr und Freyja (Fraue), so heißen bei den Persern die Göttin Mithra (Erste Mutter) und ihr Sonnengott Mithras. Die Liebe von Schelomo und Schullammyth war also eine vollkommene Liebe von Mann und Männin oder Herr und Herrin, gleich würdig, einander ebenbürtig, gewissermaßen, wie es in der Ehe sein soll, Ein Fleisch geworden mit Leib und Seele. Nun wird von dem Fürsten des Friedens, nämlich dem Messias, gesagt, daß er, Jesus, mehr ist als Salomo, nämlich der wahre König des Friedens, und so sage ich von Unserer Lieben Frau Maria, daß sie mehr ist als Sulamith, nämlich die wahre Freundin ohne Flecken und Fehler, nämlich die Unbefleckte Empfängnis oder Makellose Konzeption, die sich selbst in unserer Zeit als die Königin des Friedens vorstellt, wobei die Freunde Jesu und Mariens bekennen, daß Jesus und Maria gewissermaßen Ein einiges Herz haben, nämlich das Herz der bedingungslosen Liebe Gottes. Aus dieser Hochzeit also von Herr und Herrin, von Schlomo und Schullammmyth, sind zwei Töchter hervorgegangen. Ihre Namen sind Tafath und Bosmath oder Baschemath. Tafath bedeutet Tröpfchen oder Tropfen, insbesondere Tropfen der Salbung oder Ölung. Bosmath oder Baschemath bedeutet Duft oder Wohlgeruch. Da in der Heiligen Schrift Nomen immer auch Omen ist, sind diese beiden Töchter Salomos und Sulamiths besondere Trägerinnen des Heiligen Geistes. Zum einen Tafath als Salbentröpfchen oder Salböltropfen bezeichnet die Salbung des Heiligen Geistes, welche nach einer heiligen Salbenmischung über Könige, Priester und Propheten ausgegossen wurde, daß diese fortan die Gesalbten des Herrn waren. Der Gesalbte des Herrn ist der Messias. Aber auch die im Dienste des Messias sind die Gesalbten des Herrn, gesalbt mit der Taufe des Heiligen Geistes, wie sie ausgegossen wurde im Ersten Pfingsten oder heute im neuen Pfingsten der Liebe. Die einen meinen nun, daß im Sakrament der Firmung als der Salbung mit dem heiligen Salböl Chrisam oder Myron der Getaufte in besonderer Weise mit dem Heiligen Geist versiegelt wird, um ein lebendiges Zeugnis Jesu in dieser Welt zu sein, und die anderen meinen, daß durch Lobpreis und Anbetung und Zungenrede als Charismen des Heiligen Geistes eine besondere Feuertaufe mit dem Heiligen Geist geschieht, wodurch der geistgetaufte Christ ein freudiges Zeugnis der Kraft des Heiligen Geistes in dieser Zeit wird. Auffällig ist aber, daß Tafath oder Salbtröpfchen nicht die Gesalbte bezeichnet, sondern die Salbe selbst, das heißt den stofflichen Träger des Heiligen Geistes, gewissermaßen das Sakrament des Heiligen Geistes. Dabei muß ich an den reformatorischen Theologen Valentin Weigel denken, der als Protestant die Überschattung Mariens mit dem Heiligen Geist so deutete, daß Maria gewissermaßen eine Inkarnation des Heiligen Geistes ist. Zumindest scheint Maria in besonderer Weise Trägerin des Heiligen Geistes zu sein, daß sie von der Kraft Gottes schwanger geworden ist. So meint ein brasilianischer Theologe, daß es insbesondere das weibliche Geschlecht ist, daß offen für den Heiligen Geist ist. Der Heilige Geist oder die Ruach ha kadosch, im hebräischen ein weiblicher Begriff, ist Hauch oder Atem Gottes. Im Hebräer-Evangelium, einer Apokryphe, die von den Kirchenvätern löblich erwähnt wird, ruft Jesus die Ruach als seine Mutter an, und es heißt: Und die Ruach ergriff Jesus bei den Locken. Tafath ist also marianisch, feministisch und charismatisch. Das ist die erste Tochter Salomos und Sulamiths. Sie ist eine emanzipierte Frau der Gnadenzeit des neuen Pfingsten der Liebe! Nun zu Bosmath oder Baschemath. Zuerst findet sich der Name Bosmath in der Genesis, da von Esau oder Esaw (dem Rauhen) berichtet wird, daß er im Alter von vierzig Jahren zwei hethitische Frauen zu Ehefrauen nahm, nämlich Judith und Bosmath. Judith bedeutet die Jüdin schlechthin oder Juda in weiblicher Gestalt. Judith ist im Buch Judith eine Retterin des Gottesvolkes wie Esther im Buch Esther und wie die apokalyptische Frau im zwölften Kapitel des Buches der Offenbarung, nämlich die Maria des christlichen Gottesvolkes. Wie Esther den Gegenspieler Haman überwindet, so überwindet Judith den Gegenspieler Holofernes, so überwindet die apokalyptische Frau Maria den Gegenspieler Satan, den Drachen, die alte Schlange. Bosmath aber, die andere Ehefrau Esaus oder Esaws, bedeutet Duft oder Wohlgeruch. Nun aber zu der anderen Tochter Salomos, Bosmath oder Baschemath. Man muß dabei unbedingt an eine Rose denken, hebräisch Schoschannah, die für ihren Duft und Wohlgeruch bei allen Völkern berühmt ist. Die Rose ist zu einem Bild der katholischen Poesie für Maria geworden, sie ist die mystische Rose, die geheimnisvolle Rose, die edle Rose, die Himmelsrose, die Rose ohne Dornen. Sie verströmt den Wohlgeruch des Heiligen Geistes. So sagte einmal ein Priester über die Art und Weise, Zeuge der Liebe Gottes in dieser Welt zu sein, wir sollten nicht mit überredenden Worten die Menschen bedrängen, sondern wie eine Rose den Duft der Liebe Gottes verströmen. So spricht auch das Evangelium von dem Duft, den die Christen verströmen, da ist die Rede von einem Wohlgeruch des Lebens aus dem Glauben und eine Gestank des Todes aus der Gottlosigkeit. So scheint mir Baschemath als die andere Tochter Salomos und Sulamiths wieder eine ganz besondere marienähnliche Frau zu sein, die als Rose Gottes (Schoschanna) den Duft der göttlichen Liebe oder den Wohlgeruch des Heiligen Geistes ausströmt. Wieder steht hier das Weibliche in besonderer Beziehung zum Heiligen Geist, der als dritte göttliche Person mit der Gottesqualität der göttlichen Liebe in Beziehung gebracht wird. Der Vater ist die Allmacht, der Sohn ist die Weisheit, der Heilige Geist ist die Liebe. Hier ist die marienähnliche Gläubige Trägerin des Heiligen Geistes oder der schönen Liebe, der ewigen Liebe, der göttlichen Liebe. Damit sind wir wieder bei einer emanzipierten Christin als prophetischem Gefäß des Heiligen Geistes in der apokalyptischen Gnadenzeit des neuen Pfingsten der Liebe!


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Liebe Schwester!

Dein inneres Kind, dem du aus der Tiefe deines Unbewußten den Namen Mora gegeben hast, ist gewissermaßen dein Selbst, zusammengesetzt aus Bewußtheit und Unbewußtheit. Das Selbst der Frau wird in der Tiefenpsychologie dargestellt als eine dunkle Erdmutter und ein himmlisches Mädchen. Es drückt sich aus in dem matriarchalen Mythos von Demeter, der dunklen Erdmutter, und ihrer Tochter Kore, dem göttlichen Mädchen oder der himmlischen Jungfrau. Dies ist der Doppelaspekt des weiblichen Selbst. In der Heiligen Schrift, der Bibel als dem Buch der Selbstoffenbarung Gottes, ist die Rede von der Ewigen Weisheit, Hagia Sophia, der göttlichen Weisheit, die dem Weisen „entgegenkommt wie eine Mutter und eine junge Braut“. Hier ist auch ausgesprochen der Doppelaspekt des Göttlichweiblichen, das in der Bibel Sophia heißt. Ich wollte aber vor allem dem Namen Mora auf den Grund gehen. Zuerst fand ich in meinen Forschungen, daß Mora ein international verbreiteter weiblicher Vorname und auch ein Nachname ist, daß es sowohl in Schweden, als auch in Italien und Portugal und Amerika Orte namens Mora gibt. Desweiteren sind Urlaubshäuser mit dem Namen Mora zu erwähnen. Das kommt vermutlich daher, daß Mora im Lateinischen Ruheort oder Aufenthalt heißt. Wir wollen dabei festhalten, daß Mora etwas mit Ruhe zu tun hat. Im Italienischen bezeichnet Mora die Brombeere oder Maulbeere, aber vor allem das Schwarz der Beere wird damit bezeichnet, denn Mora im Italienischer bedeutet auch Negerin oder Mohrin. Mora heißt also die Schwarze. Das führte mich zu der Verkleinerungsform von Mora, im Spanischen heißt die kleine Mora nämlich Morenita. Morenita nennen die Mexikaner und überhaupt alle Indios Lateinamerikas die Jungfrau von Guadelupe, wegen ihrer braunen Hautfarbe wird die Jungfrau Morenita genannt, nämlich braunes Mädchen. Johannes Paul der Große nannte die Jungfrau von Guadelupe zärtlich Morenita mia, mein kleines braunes Mädchen. Sie war seine geistige Geliebte und die Muse seiner Künstlerseele. Sie hat ihn auch in seinem Tod besucht und in den Himmel geführt, davon bin ich persönlich überzeugt. Die Morenita, das braune Mädchen, oder Mora hängt also mit der Schwarzen Madonna zusammen. Darauf komm ich noch zurück. Zuerst ist mir noch aufgefallen, daß Mora verwandt ist mit dem lateinischen Wort Mare, dem Meer. Das mare tenebrarum ist das Meer der Dunkelheit. Mare und Mora sind beides Mutterworte. Die Mehrzahl von Meer, Mare, ist nämlich lateinisch Maria, die Meere. Das Meer wird immer als Mutter gesehen, wie im Französischen La Mer, das Meer, sich reimt auf La Mère, die Mutter. Überhaupt ist allein der Anfangsbuchstabe M ein Buchstabe der Mütter. Der Buchstabe M heißt im hebräischen Mem und bedeutet das Meer und die Mutter. Rainer Maria Rilke ersann ein Sternbild M, das die Mütter bedeutet, wie er schrieb. So hieß die Mutter des Konfuzius Ma, die die Verkündigung seiner Empfängnis von einem weißen Einhorn empfangen hat. Die Mutter des Buddha hieß Maya, die die Seele Buddhas in Gestalt eines himmlischen weißen Elefanten empfangen hat. Die Mutter Jesu heißt Maria, die Jesus durch den Heiligen Geist empfangen hat, der gewöhnlich mit einer Taube in Verbindung gebracht wird. Ma, Maya und Maria, das ist das M der Mutter. So auch Mora ist ein Muttername. Aber Mora ist die schwarze Mutter, wie ich meine. Das bedeutet die Morenita mia, mein braunes Mädchen als Schwarze Madonna. Aber ich muß auch an die Fata Morgana denken, die Fee Morgana. Die Fee Morgana ist die christianisierte Form der keltischen Göttin Morrigen. Diese stand in Beziehung zu den schwarzen Raben des Schicksals und war eine Todesgöttin. Hier taucht also der matriarchale Mythos der schwarzen Göttin auf. Nach den Theorien der Anhängerinnen des Matriarchats bezeichnet die schwarze Göttin die weise alte Frau, die die Herrin ist über das Schicksal, die Magie, das Orakel, den Tod, das Abwickeln des Lebensfadens, das Spinnrad als Rad des Schicksals, die Wiedergeburt, das Jenseits. Ihr Symbol ist die Eule als Nachtvogel der Weisheit, denn die schwarze Göttin ist die Göttin der Weisheit und der Inspiration. Die schwarze Göttin ist also die Muse der Künstler. Hier erinnere ich dich daran, daß Johannes Paul die schwarze Jungfrau Maria seine Muse nannte. Ein Symbol der schwarzen Göttin ist auch der Todesapfel und das Jenseits als Apfelgartenparadies. Hier ist nämlich die eigentliche Heimat der Fee Morgana, das Apfelgartenparadies des Jenseits, oder das Reich Avalon jenseits der Nebel, wohin der sterbende König Arthus gebracht wurde. Die schwarze Göttin hängt also mit dem Tod und dem Jenseits zusammen. Das erinnert wieder an die lateinische Bedeutung des Wortes Mora, nämlich Aufenthalt oder Ruheort. Ruhe in Frieden, so wünscht man den abgeschiedenen Seelen, und betet: und das Licht der ewigen Ruhe leuchte ihnen. – Dann forschte ich auch in der Heiligen Schrift, ob das Wort Mora dort angedeutet wird. Was ich jetzt schreibe, ist nicht wissenschaftlich gesichert, sondern pure künstlerische Intuition. Zuerst mußte ich an die alte Witwe Noomi denken, das bedeutet, die Liebliche, die als Witwe sagte: Nennt mich nicht mehr Noomi, die Liebliche, sondern Mara, die Bittere. Mora und Mara scheinen doch verwandt zu sein. So wird der Name Maria manchmal auch hergeleitet aus Marjam, nämlich Mara, die Bittere, und Jam, das Meer. Dann kam ich im Ersten Buch Moses zu einem Hain namens More. Der Stammvater des Monotheismus, auf den sich Juden, Christen und Muslime berufen, nämlich Abraham, dem Gott sich offenbarte, weilte in dem Hain More. Der Hain lag in Kanaan, das war eine heidnische Landschaft mit Fruchtbarkeitsgöttern und Göttinnen. Sie ehrten ihre Götter und Göttinnen in heiligen Hainen und auf heiligen Hügeln. Der Hain More war solch ein heiliger Hain auf einem heiligen Hügel, vielleicht sogar einer Göttin namens More geweiht? So wurde die heidnische Göttin der Araber, Allath, auch in Gestalt eines heiligen Lebensbaumes verehrt. Aber in ihrem Aspekt als schwarze Göttin oder weise alte Frau wurde sie in Gestalt eines schwarzen Steines verehrt. Diesen schwarzen Stein der Todes- oder Schicksalsgöttin Allath-Manath brachte Mohammed in das Heiligtum von Mekka. Noch heute bezeichnen sich die Wächter von Mekka als Diener der Alten Frau. Hier lebt also das Gedächtnis an die Schicksals- und Todesgöttin weiter. Aber ich fand noch einen dritten Namen im Alten Testament, der mit Mora in Beziehung zu stehen scheint, nämlich den heiligen Berg Morijah. Morijah setzt sich zusammen aus Mori und Jah, Jah ist Gottes Name, nämlich Jahwe, ICH BIN DER ICH BIN. Mori-Jah wird übersetzt mit: Der, den Jahwe sieht. Aber vielleicht hängt Mori auch mit Mora-Mara-More zusammen, nämlich dem Schwarzen und dem Tod und der ewigen Ruhe? Nämlich der heilige Berg Morijah ist der, wo Abraham meinte, seinen Sohn Isaak opfern zu sollen, wo ihm aber Gott in die Opferhandlung einfiel durch einen Engel und offenbarte, daß Gott keine Menschenopfer will. Gott spricht im Alten Testament immer wieder davon, daß ihm die Menschenopfer der heidnischen Völker ein Greuel und eine widerliche Abscheulichkeit sind! So ist also der Ort Morijah ein heiliger Berg des Todes, des Opfers, ja, auch des göttlichen Verbots der Menschenopfer. Auf diesem Berg Mori-jah stand später der Tempel von Jerusalem, der Tempel Salomos, als der Wohntempel Gottes. Heute steht nur noch die Klagemauer dieses Tempels, dafür steht der muslimische Felsendom auf diesem Berg. Hier vor den Toren Jerusalem ist auch Jesus gekreuzigt worden, das einzige Lammesopfer Gottes, das alle anderen Menschenopfer und Tieropfer abgeschafft hat, durch das Selbstopfer Gottes ersetzt. Gott hat sich in seinem Sohn selbst geopfert, um den Tod zu überwinden durch das Sterben Gottes und durch das Auferstehen Gottes den Menschen ewiges Leben zu schenken, also Mora: Das Jenseits, die Geburt ins ewige Leben, das Apfelgartenparadies, den ewigen Ruheort.- Die schwarze Göttin hält die Waage des Seelengerichts im Tod. Die schwarze Göttin ist die Herrin über Intuition, Kunst, Weisheit. Ihr Thema ist die Transformation des Menschen im Tode. Von der schwarzen Göttin führt ein Weg zur Schwarzen Madonna. Die Schwarze Madonna sagt im Hohenlied Salomos von sich selbst als die schöne Geliebte: Ich bin schwarz und schön. Sie sagt nicht, wie es in den Bibelübersetzungen steht: Ich bin schwarz, aber schön – sondern sie sagt: Ich bin schwarz und anziehend! Die schwarzen Juden und überhaupt die Schwarzen fassen das zusammen in dem Wort: Black is beautiful! Die Schwarzen sind nicht, wie Rassisten sagen, zwar außen schwarz und häßlich, aber haben innen eine weiße, reine, heilige Seele. Nein, sie haben eine schwarze Seele, eine schwarze, schöne, anziehende Seele. So in Äthiopien in der koptischen Kirche werden die Teufel weiß gemalt und die Engel schwarz. Sulamith, die Geliebte des Hohenliedes in der Bibel, ist schwarz und schön! Und die Königin von Saba, die mit dem weisen Salomo über Weisheit diskutierte, war schwarz und schön! Nun wird in den katholischen Kirchen in allen Ländern die Schwarze Madonna verehrt. Es gibt die Schwarze Madonna von Altötting in Bayern, die Schwarze Madonna in der Kupfergasse in Köln, die Schwarze Madonna in Maria-Einsiedeln, dem Hauptheiligtum der Schweiz, die Schwarze Madonna von Montserrat im Baskenlande, das lange als die Gralsburg schlechthin galt, die Schwarze Madonna von Tschenstochau in Polen, die als Königin Polens gilt und als Göttin (Diva) auf dem Lichten Berg verehrt wird, unzählige Schwarze Madonnen in Frankreich und die Schwarze Madonna von Mexiko, die zur Kaiserin der beiden Amerika erklärt wurde und die Ikone der feministischen und revolutionären Befreiungsbewegungen Südamerikas geworden ist, eben die Morenita Mia, die Jungfrau von Guadelupe (die dich von deinem Klavier anschaut). Ein Theoretiker der matriarchalen Göttin schrieb einmal, die schwarze Göttin der Weisheit oder die Schwarze Madonna wird den Menschen zurückführen zu seinem sicheren Instinkt der Liebe, den er vor langer Zeit durch den Stolz des Intellekts verlor. Ein Religionshistoriker schrieb über die Schwarze Madonna, als er frühchristlich-gnostische Manuskripte in der ägyptischen Wüste fand, daß die schwarze Madonna eine wesentliche übernatürliche Rolle spielt. Man kann sie beschreiben als Erde, Materie, das Weibliche im Mann und das Höhere Selbst in der Frau. Bevor nicht Männer und Frauen gleichermaßen sich dieser uralten Vorstellung der Schwarzen Madonna wieder bewußt werden und sie in sich selbst integrieren, wird die Menschheit unfähig sein, die Probleme des Materialismus, des Rassismus und die Aufgabe der Frauenemanzipation zu lösen. Von der Schwarzen Madonna muß man dann die Linien ziehen zu den frühchristlichen Gottesbildern, da die göttliche Mutter auch Weisheit (Sophia), Heiliger Geist (die Ruach) und Gott genannt wurde. Ja, die jüdischen Christen der ersten Zeit beteten zum Heiligen Geist als der mütterlichen Geistigkeit (Ruach ha kadosch), als zur göttlichen Mutter. Denn Sie – ist Gott! Ein Wort, fand ich, traf dies alles hier von mir beschriebene, besonders schön: Die Schwarze Madonna verweist auf „das Faszinierende des Geheimnisvoll-Göttlichen als des ganz Anderen“...


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Liebe Schwester!

Wie die Frau ein Gleichnis Gottes ist, will ich eine Blumenpredigt der schönen Gottheit schreiben. Beginnen wir bei Jesus, der zu seiner geliebten Jüngerin Susanna sagte: Siehe, Schoschannah, meine Braut, siehe die Lilien (Schoschannim), sie weben nicht, sie spinnen nicht, und doch ist jede von ihnen schöner gekleidet als Schullammyth in ihrer feinsten Seide! – Die Jüngerin des Meisters Susanna führt zu der Susanna des Alten Testaments. Zwei Älteste der Gemeinde suchten sie lüstern zu verführen, doch blieb sie rein und unberührt ihrem Gemahle treu. Es ist ein beliebtes Motiv der Künstler der Renaissance, wie Susanna in ihrem Garten ein Bad nimmt. Die Ältesten der Gemeinde verbergen sich in den Sträuchern, zu spionieren die liliengleiche Gestalt der schönen nackten Susanna aus. Aber der Prophet Daniel erkannte die ehebrecherischen Begierden der Ältesten der Gemeinde und verteidigte die unbefleckte Keuschheit der Susanna, der Lilie. Die Lilie, Schoschannah, ist ein Symbol der Keuschheit, die in der Berufung zur Ehe bedeutet, die Treue Gottes in der ehelichen Treue zu leben und die Liebe Gottes in der ehelichen Liebe. Das ist die eheliche Keuschheit, die den Eros in das innerste Brautgemach der Ehe verweist, wo der gottgewollte Eros seine Hochzeitsfackel zünden möge! Daß Susanna aber im Garten badete, bedeutet auch ein Gleichnis auf das Paradies. Denn der nackte Leib der liliengleichen Susanna im Bad im Garten ist ein paradiesisches Bild der makellosen Reinheit und Schönheit und Liebe und Wonne! Der eigentliche Gemahl Susannas im Garten ist Gott der Herr, der die unbefleckte Lilie Susanna zu seiner Geliebten, Braut und Ehefrau erwählt hat. – Von Susanna, der Freundin des Propheten Daniel, komme ich zum Schloß Susan, dem Schloß des persischen Königs. Hier lebte das jüdische Mädchen Esther, das bedeutet Morgenstern, in dem Schloße Susan im Harem der Frauen, unter der Aufsicht des Eunuchen im Harem der Frauen. Sie wurde mit Myrrhe und Narde gesalbt und mit Schönheitsmitteln gepflegt, bis sie die Schönste aller Frauen war. Und der König hatte Gefallen an Esthers Schönheit und liebte sie und erwählte sie zu seiner Braut und sprach: Bitte von mir, was du willst, und sei es auch die Hälfte des Königreichs, ich will es dir geben! Das Harem der Frauen im Schloß Susan ist also ein Schloß der Lilien, der unberührten Jungfrauen, die sich bereiten für die Hochzeit mit dem König. Das Harem der Frauen im Schloß Susan ist auch ein Schloß der Rosen, nämlich der Geliebten und Lieblinge des Königs, ein Palast der Liebe und Schönheit. So ist das Schloß Susan auch zu einem Bild des Paradieses oder der Braut des Lammes, nämlich der himmlischen Jerusalem, geworden. – Kommen wir zum „Allerheiligsten“ der Heiligen Schrift, nämlich dem Hohenliede Salomos. Salomo nennt dort seine Geliebte Lilie unter Disteln, er nennt also die Braut Sulamith eine Schoschannah unter den Disteln, Dornen und Nesseln der anderen Frauen. Sulamith selbst sagt von sich: Ich bin die Schoschannah, die Lilie des Tales! Der Dichter Salomo preist seine Schwester und Freundin Sulamith als einen Lustgarten, ein Gartenparadies. Die Blumen, die das Lustgartenparadies beschreiben, sind gleichzeitig Beschreibungen der Geliebten. Die Blumen des Hohenliedes sind lauter exotische Blumen von idealer Schönheit, wie sie im alltäglich-wirklichen Garten in Israel nicht vorkamen. Der Dichter vergleicht also die Geliebte einem Lustgartenparadies von Sandelholz, Ebenholz, Elfenbein, Pfirsichblüten, Feigen, Pflaumen, Lotosblumen, Orchideen, Aloe, Ylang-Ylang, Jasmin, Rosen, Lilien, Zimt. Der Dichter würde etwa schreiben: Meine Schwester, du bist die Schoschannah unter den anderen Frauen. Dein Haar ist braun wie Zimt und rötlich wie Henna, deine Augen gleichen den Blumen des Himmels, deine Zähne sind von Elfenbein, deine Lippen sind Blütenblätter roter Rosen, vom Tau betaut, deine Brüste gleichen Granatäpfeln, deine Gestalt ist schlank wie eine Palme, dein Schoß ist wie eine Schale mit Wein aus Shiraz, die nie des berauschenden Rebenblutes für deinen Gemahl ermangelt! – Wenn der weise Dichter Salomo aber seine Schwester Sulamith als Paradies besingt, so besingt er in Wahrheit seine eigentliche Ehefrau, die göttliche Sophia. Der Lebensbund Salomos mit der göttlichen Sophia ist im Buch des Weisheit Salomos ausgesprochen. Salomo sagt: Sie hab ich gesucht von Jugend an, ich habe ihre Schönheit liebgewonnen und suchte, sie als Braut heimzuführen. Da nahm ich sie zu meiner Lebensgefährtin und schloß den Bund mit ihr. Der katholische Heilige Grignion de Montfort schrieb in seinem Buch über die Ewige Weisheit: Wenige beschlossen ernsthaft, Frau Weisheit heimzuführen, bei vielen ist es nicht mehr als ein frommer Wunsch. Wer kann schon wie Salomo sagen: So beschloß ich...? Die Ehe mit Sophia ist eine mystische Ehe, aber eine wirkliche Ehe, nur für die Kinder der Welt ist das nicht zu begreifen. Diese göttliche Sophia oder die Weisheit Gottes (das ist Christus) besang Salomo als sein Paradies. Hier trifft die Rede wieder, das die Geliebte dem Liebenden ein Paradies ist! Und die göttliche Geliebte ist eben das wahre und ewige Paradies des Himmels! – Nun will ich beweisen, daß Sophia eine wahre Schoschannah ist. Ob nun Schoschannah mit Blume, Lilie oder Rose zu übersetzen ist, weiß ich nicht genau zu sagen. Sophia aber stellt sich selbst im Hohelied der Weisheit im Buch Jesus Sirach als Lebensbaum und Blume vor. Sie vergleicht sich den Zedern und Zypressen, Olivenbäumen und Palmen, Eichen und Oleander, der Rose von Jericho, dem Myrrhestrauch und dem Zimt. Sophia sagt also in der Selbstoffenbarung in der Heiligen Schrift selbst: Ich bin ein Lustgartenparadies für meinen Geliebten! So ist es auch zu verstehen, daß der heilige Grignion von Montfort Maria, als einen Spiegel der göttlichen Sophia, das wahre Paradies des Christen nennt. Er sagt, der Schoß Mariens ist ein seligerer Aufenthaltsort als der Schoß Abrahams, der Schoß Mariens ist der Ruheort der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, der Schoß Mariens ist der Lustort Gottes und das Paradies der Erlösten! So sah der Dichter Dante in seiner Göttlichen Komödie am Ende seiner Wanderung durch das Paradies die weiße Himmelsrose. Himmelsrose oder mystische Rose oder geheimnisvolle Rose ist in der katholischen Poesie ein Name Mariens. Wie die Blütenblätter sich im Kreisen, Zyklen und Spiralen um die Mitte ordnen, so ordnen sich in der weißen Himmelsrose die seligen Geister der Erlösten in Sphären und Spiralen tanzend um die Zentralsonne Gottes, das ewige Licht der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, das die ewige Liebe ist. So kann man frei nach einem indischen Dichter sagen, daß die Rose ein Zeichen der schönen Liebe Gottes ist, daß die Rose als Blume der Liebe ein Paradiessymbol für den Schoß der Gottheit ist. Der Schoß der Gottheit ist aber die Quelle, aus der alles Leben geflossen ist, und der Schoß der Gottheit ist auch das Ziel, in den alle Erlösten eingehen werden, um in der Vereinigung mit der Gottheit der Schönen Liebe selbst vergöttlicht zu werden und Anteil zu haben an dem glückseligen Wesen der göttlichen Natur. Die mystische Schoschannah, mit einem Wort, ist also Anfang und Ende, der Schoß der göttlichen Liebe!


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Lieber Bruder!

In den Erscheinungen der Mutter Jesu in unserer Gnadenzeit in Medjugorje sahen die Seher die Mutter Jesu immer fröhlich, aber einmal sagte sie weinend: „Ihr habt die Bibel vergessen!“ Sie sagte: „Legt die Bibel zuhause auf einen sichtbaren Platz und lest sie und lebt sie. Laßt euch durch sie zum Gebet anregen. So werdet ihr das Gebet mit dem Herzen erfahren und eure Gedanken werden in Gott sein.“ So spricht die Mutter Jesu in Medjugorje. Ich möchte nun einen Liebesbrief an die Bibel schreiben. Die Kabbala als jüdische Mystik ist im zwölften Jahrhundert in Spanien entstanden und versteht sich als eine mystische Interpretation der Torah, der fünf Bücher Moses. Die Torah wird dort als eine verschleierte Jungfrau gesehen. In einem Gleichnis erzählt der Rabbi: Wie ein Liebhaber sich nach seiner Geliebten sehnt, so ist es, da die Geliebte wohnt verborgen in einem schönen Palast. Manchmal erscheint sie am Fenster und zeigt sich für einen Augenblick dem Geliebten, um seine Sehnsucht zu entflammen. Dann wird er sie eifriger suchen. Sie verbirgt sich wieder, aber sie wird sich ihm mehr und mehr offenbaren. Es ist mit der Torah (oder der Byblia) wie mit einer schönen Geliebten. Zuerst bewunderst du ihre äußere Erscheinung, ihren schönen Schmuck und ihre schöne Haarlänge und Haarfarbe und ihre reizende Seide, das ist, wenn man den Buchstaben der Bibel wörtlich nimmt und die historischen Erzählungen für geschichtlich. Dann begehrt man aber, die Geliebte nackt sehen zu dürfen und verliebt sich in ihren Körper, ihr schönes Angesicht, ihren langen schlanken Hals, ihre makellosen jugendlichstraffen Brüste und ihr dichtes Schamhaar, ihre schlanken Beine und schmalen Füße. Das ist, man betrachtet schon den tieferen Sinn der Buchstaben. Die wahre Liebe bleibt aber nicht bei der Begierde des Körpers der Geliebten stehen, sondern liebt am meisten ihre Seele, den Reichtum und die Tiefe ihrer Seele, die makellose Schönheit ihrer jungfräulichen Seele, die dunklen nächtlichen Geheimnisse ihrer Seele, ihre magdliche Demut und Sanftmut. Das ist, der mystische Sinn des Wortes Gottes geht dem Geliebten der Byblia auf. In den menschlichen Gleichnissen schaut der Weise überall Symbole, die Gott widerspiegeln. Er erkennt den geheimnisvollen inneren Sinn der Schrift. Aber die vollendete Liebe bleibt nicht einmal bei der Seele der Geliebten stehen, denn die Seele der Seele der Geliebten oder das Höhere Selbst der Geliebten ist Gottes Präsenz im Innern der Seele. Der wahre Liebhaber liebt Gott im Geheimnis der Seele seiner Geliebten. So, wer den mystischen Sinn der Heiligen Schrift gefunden, der wird sehen, daß die ganze Heilige Schrift den Namen Gottes verkündet. Darum darf kein Jota vergehen. So wird der Liebhaber der Heiligen Schrift ein Freund der Heiligen Schrift, ein Bräutigam der Heiligen Schrift, ein Ehemann der Heiligen Schrift, ein Hausherr der Heiligen Schrift, und schließlich ein Gatte des Namens Gottes, hebräisch Baal-Schem, Ehemann des Namens. Diese erotische Mystik der Heiligen Schrift bezeichnet die Heilige Schrift als die göttliche Weisheit. Dies sagt auch Jesus Sirach, der die Weisheit Gottes mit dem Wort Gottes identifiziert, und dies sagt auch Baruch, der zu Israel sagt: Diese Weisheit Gottes ist das Buch der Gebote Gottes. Israel, dir ist dieses Buch gegeben, Jakob, dir ist diese Weisheit verliehen. Geh in ihrem Licht! Die Kabbala spricht nun von der Torah als der Ewigen Weisheit. Aber hier wird unterschieden zwischen der Unteren Weisheit und der Oberen Weisheit. Die Untere Weisheit ist die in Menschensprache geschriebene Torah, die Obere Weisheit ist die göttliche Torah, das himmlische Urbild. So wie Moses das himmlische Urbild der Stiftshütte sah, das himmlische Heiligtum Gottes, so wie der Tempel Salomos nach dem Urbild des himmlischen Heiligtums gestaltet ist, so spricht die Kabbala von einem himmlischen Urbild der Torah, der göttlichen Weisheit. Ja, sie wird gewissermaßen wie die Ewige Weisheit im achten Kapitel der Sprüche Salomos Werkmeisterin und Mitschöpferin Gottes, denn Gott schaute im Anbeginn der Schöpfung in die göttliche Torah und nach deren Wort ist die Schöpfung geschaffen. Dies führt Papst Benedikt zu dem Gedanken des Logos, der ja auch das Wort Gottes ist, und in dem Wort und durch das Wort ist alles erschaffen. Das Wort ist aber auch die Weisheit, und die Weisheitstheologie der Heiligen Schrift nennt die Weisheit Mitschöpferin Gottes. Diese göttliche Weisheit heißt auf hebräisch Chochmah, und Jesus Sirach sagt, sie wird dem Weisen und Schriftgelehrten wie eine Mutter und junge Braut entgegenkommen. Der Gesetzeskundige und Schriftgelehrte wird also Bräutigam der göttlichen Weisheit. Darum heißt es: Wem eine gute Frau beschert ist, das ist von Gott! Eine schöne Frau erfreut den Mann, und nichts ist ihm lieber, und wenn sie dazu freundliche sanfte Worte spricht, so ist er mit nichts zu vergleichen! Eine starke Frau ist mehr wert als Perlen, wer findet sie? Wer Gott wohlgefällt, der erlangt eine gute Frau. Ihr Angesicht gleicht der Sonne und ihr Leib dem heiligen Leuchter im Tempel. Wenn sie den Mund auftut, so gibt sie milde Weisung und spricht Worte der Weisheit. Diese Frau ist die verschleierte Jungfrau Torah oder eigentlich die göttliche Weisheit! Die Mutter Jesu sagte einmal: „Wenn ihr die Bibel gelesen habt, dann küsst sie, und wenn euch eure Kinder fragen: Warum küsst du die Bibel? Dann sagt: Ich küsse Jesus Christus!“ Denn Christus ist die göttliche Chochmah, die ewige Weisheit, die wahre Ehefrau des Schriftgelehrten.


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Liebe Schwester!

Maria brachte ich vergangenes Jahr zu Sankt Valentins Tag zu ihrem Bild eine chinesische Rose aus Seide, eine Pfingstrose, eine Rose ohne Dornen, denn Maria ist die Rose ohne Dornen, oder wie die Bibel sagt: Die Ehe mit ihr bereitet keinen Liebeskummer und keinen Verdruß, sondern lauter Wonne und Seligkeit. Nun aber will ich dieses Jahr zu Sankt Valentins Tag etwas schreiben über die Königin der Rosen. Nach dem Zweiten Weltkrieg ist Maria in Deutschland erschienen, in Heroldsbach. Viele tausend Menschen sahen die Sonne am Himmel tanzen und Maria aus der Sonne erscheinen und zur Erde kommen. Sie sprach dort in einem Birkenwäldchen mit sieben Kindern und gab die Botschaft, die Menschen sollten beten, beten, beten, dann könnten Kriege verhindert werden. Die Kinder sahen Maria in übernatürlicher Schönheit, auf ihren Füßen blühten Rosen. Maria sprach: „Ich bin die Königin der Rosen.“ Am nächsten Tag sagte sie: „Verwechselt das nicht mit der Rosenkranzkönigin, ich bin die Rosenkönigin.“ Da sahen die Kinder um die Madonna viele Rosen, immer abwechselnd eine rosane Rose, eine gelbe Rose und eine rote Rose. Diese Maria von Deutschland wird nun, wie passend für die Deutschen, das alte Volk der Dichter und Denker, als Mutter der göttlichen Weisheit verehrt. Aber was heißt: „Ich bin die Königin der Rosen“? – Ich hörte einmal, wenn ich mich recht erinnere, den Unterschied zwischen der Edelrose und der Wildrose. Die eine hat sieben Blätter und die andere fünf. Fünf Blätter hat die Rose, denn fünf Geheimnisse hat der freudenreiche Rosenkranz, fünf Geheimnisse hat der schmerzensreiche Rosenkranz, fünf Geheimnisse hat der glorreiche Rosenkranz, das sind die Geheimnisse Jesu, mit dem Herzen der Mutter Maria betrachtet. Sieben Blätter hat die Rose, weil sieben die Zahl der Vollkommenheit ist, vor dem Throne Gottes sind sieben Geister, das ist der Heilige Geist, es gibt sieben Gaben des Heiligen Geistes, Christus, das Opferlamm der Menschheit, hat sieben Hörner als Zeichen seiner Macht und sieben Augen als Zeichen seiner Allwissenheit. Das Buch der Offenbarung ist ein Buch mit sieben Siegeln, das nur Christus öffnen kann. Maria wurde bei der Kreuzigung Jesu mit sieben Schwertern der Schmerzen in ihrem Herzen durchbohrt, sieben Schmerzen litt Maria in ihrer Passion bei der Passion Jesu. Die Passion Jesu und das Mitleiden Mariens bringen mich zu der Rose, die Bloody Mary heißt. Jesus hat durch sein blutiges Sterben den Tod überwunden und das Tor des ewigen Lebens aufgestoßen. Maria hat aus Mitleid mit dem Todesleid des Sohnes in ihrem Mutterherzen blutige Tränen geweint, sie hat in ihren Schmerzen ihr Mutterherz allen Menschen geöffnet. Das ist die Bloody Mary. Diese Rose heißt nun heute aber Freiheit. Das Paradox des Glaubens besagt, daß der Mensch erst wahrhaft frei wird, wenn er sich an Gott bindet. Dann wird er frei von allem und jedem, denn der Geist Gottes ist die Freiheit. Die Weisheit Gottes weist den Weg in unserer Zeit, sich an das Herz Mariens zu binden, um in Maria dem Heiligen Geist verbunden zu sein, der frei macht, der weht, wo er will, in dem die Freiheit ist, denn er ist der Geist der Wahrheit, und Jesus sagt: Die Wahrheit wird euch frei machen. Die Bindung an Maria gleicht der Bindung eines Sklaven an seine Herrin, aber das ist die Garantie der göttlichen Freiheit. Das ist die Rose Freiheit. Aber du pflanztest in deinem Garten auch die Rose New Dawn, die neue Morgenröte. Maria wird auch als die Morgenröte bezeichnet, die den Morgenstern Christus hervorbringt, oder als Morgenstern Maria, der der Sonne Christus vorangeht. Es wird gesagt, daß Maria als Neue Eva und Christus als der Neue Adam das verschlossene Paradies wieder eröffnet haben und gleichsam in Maria und Christus eine neue Schöpfung beginnt, das ist die Rose der Morgenröte einer neuen Schöpfung, einer neuen, mit Gott vereinigten Menschheit, das kommende Reich Gottes. Maria ist auch in unserer Zeit die Morgenröte einer neuen Zeit, die Morgenröte eines neuen Zeitalters der Gnade, denn sie sagt: Sagt jetzt Ja zu Jesus, denn es ist eine Neue Zeit, eine große Gnadenzeit, in der sich alle zu Jesus bekehren können. Maria ist die goldene Morgendämmerung des neuen Zeitalters, der Morgenstern der neuen Zeit. Aber als die du Rose New Dawn gepflanzt, sagtest du, beinahe hättest du die Rose Marion gepflanzt. Marion ist aber ein französischer Kosename Marias. So sind in allen Ländern Kosenamen Marias entstanden, und jeder Mensch kann eine so innig und intim vertraute Liebesbeziehung zu Maria eingehen, daß für die intime Vertrautheit nur noch ein zärtlicher Kosename angemessen ist. So nannte Johannes Paul Maria zärtlich Morenita Mia, mein kleines braunes Mädchen. Denn wie Christus die Liebe Gottes offenbart, so offenbart Maria gewissermaßen die Zärtlichkeit Gottes, die Zärtlichkeit einer Braut des Mannes oder einer Schwester und wahren Freundin der Frau. Darum gibt es auch eine Rose namens Johannes Paul, weil er der Minnefreund der Königin der Rosen war, denn er sah seine Morenita, die schwarze Madonna, als seine Schwester und geistige Braut. Er ist durch alle Länder der Erde gereist, alle ihre Heiligtümer zu besuchen und die ganze Erde und die ganze Menschheitsfamilie aller Völker der Madonna anzuvertrauen. Ich muß auch denken an die Hagebutten oder Heckenrosen, die auf der Insel Baltrum so zahlreich wachsen, daß die Insel das Dornröschen der südlichen Nordsee heißt. Die Heckenrose heißt auch Weinrose, denn der Wein ist wie die Rose ein Symbol der Liebe, der Ekstase, der Glut und der Hingabe. Die Heckenrosen umschließen einen stillen friedlichen Ort, da die Seele ruhen kann und träumen. So ist auch oft die Rede von Maria im Rosenhag, im Rosengarten, als einem abgeschlossenen Paradiesesgarten oder Lustgarten der Liebe. Der Rosenhag ist ein Hag, das heißt ein heiliger Hain der Behaglichkeit und der Heiligkeit (Hagia). Es ist auch ein Bild für den inneren Ort der Seele, den Maria beschützt, und in dem sie als Herzenskönigin wohnen will, einen inneren Ort der Heiligkeit und Ganzheit der Seele, wo der Mensch wahrhaft Mensch ist und ganz mit Gott vereint. So schlummerte auch Dornröschen in einem Schloß, von Heckenrosen umgeben. Das ist ein Zeichen für den Menschen, der durch den Fluch der Sünde, das heißt, der Trennung von Gott, wie tot ist. Aber Christus als der Prinz auf dem Schimmel kommt und küsst die Seele Dornröschen wach, sie ersteht vom Tod und feiert Hochzeit mit dem Prinzen, dem Bräutigam Jesus. Nun sah ich bei dir auch noch die Christrose, die du einpflanzen wolltest. Christus ist auch eine Rose, denn Christus hat allen die Liebe Gottes verkündet und den Menschen ein einziges Gebot gegeben: Liebt die Liebe Gottes und liebt die Menschen alle, wie ihr euch selber liebt. Das ist die Christrose der göttlichen Menschenliebe. Die Königin der Rosen ist also eine Rose der Mutterschmerzen Marias beim Kreuz Christi, eine Rose der Freiheit im Heiligen Geist durch die sklavische Bindung an Maria, eine Rose des Neuen Zeitalters im Geiste Christi und Marias, eine Rose der Morgenröte der neuen Schöpfung und neuen Menschheit der Erlösung durch Gott, eine Rose der inneren Heiligkeit und Vereinigung mit Gott im inneren Garten der Seele und eine Rose der Auferstehung vom Tode schon in diesem Leben und eine Rose der spirituellen Hochzeit mit dem Bräutigam Christus. Dem Mann ist die Rose ein Zeichen der spirituellen Hochzeit mit der geistigen Braut, der Morenita, der schwarzen Madonna. Und der Frau ist die Rose ein Zeichen der spirituellen Hochzeit mit Christus, dem Verkündiger der göttlichen Liebe. Maria als die Rosenkönigin ist also die Rose des Heils, die Rose des Heilands, die Rose der Liebe Gottes, die Rose des liebenden Herzens Gottes. Ich schließe mit einem Gedicht an die Rose Gottes: „O Rose Gottes, rötliche Glut auf dem Saphirglanz des Himmels, Rose der Freude, Rose der süßen Glut, in sieben Tönen wie in sieben Ekstasen! Blühe im Herzen des Menschen, du wunderbare Flamme, du Passionsblume des Unbekannten Gottes, du Blüte des mystischen Namens Gottes. Rose Gottes, du bist die Blüte der Weisheit auf dem Gipfel des Daseins, du bist die Rose aus Licht, ein unberührbarer Kern der heiligen Anschauung Gottes! Lebe auf unserer Erde im Geist als goldnes Geheimnis und sprieße, du Sonne an der Stirn der Ewigkeit, du Freundin der vertrauten Stunde! Rose Gottes, du Schwert des siegreichen Wortes, du Ikone der göttlichen Energie, du Rose der Kraft, mit deinem Diamantglanz durchdringe das Dunkel! Entflamme in den Herzen der Sterblichen, zeichne den Heilsplan deiner Wunder in die Seelen der Menschen, dein Bild der Unsterblichkeit der Seele, das Aufblühen Gottes im Innern des Menschen! Rose Gottes, du rötliche Wunde des göttlichen Liebesverlangens, du Rose des ewigen Lebens, dein Kelch gefüllt mit dem mystischen Wein und deine Farbe getönt mit der Glut der göttlichen Liebe! Verwandle den sterblichen Körper, wie durch ein machtvolles Wort, mach unsterblich die Seelen und laß auferstehen das Fleisch in Ewigkeit! Rose Gottes, verzückte Glut des Errötens auf dem Antlitz der Ewigkeit, du Rose der göttlichen Minne, du Rubin des Heils, die glühende Sehnsucht der göttlichen Gnade, glühe du im Herzen des sehnsuchtsvollen Menschen, das im Abgrund weint, verwandle Himmel und Erde in eine paradiesische Heimat und mach das ewige Leben zu einem glückseligen Kuß!“


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Liebes Schwester!

Ich bin ein Minnesänger Gottes. Ein Minnesänger verehrt die Hohe Frau, ohne sie als Geliebte und Braut zu begehren. Letztlich verehrt der Minnesänger in der Hohen Frau die Madonna, und in dem er die Madonna verehrt, verehrt er das weibliche Angesicht Gottes. Als ich dich gesehen habe, hat mich das tief bewegt und ich sprach auf der Heimreise im Gebet: Wenn man allen Dingen auf den Grund geht, findet man Gott. Ich habe die makellose Schönheit gesehen. Wer ist diese makellose Schönheit? Ich habe die schwarze Madonna gesehen, nicht in ihrer göttlichen Mutterschaft, sondern in ihrer göttlichen Jungfräulichkeit oder Mädchengestalt. So sprach ich im Gebet auf der Heimreise. Dann gab mir der Heilige Geist den Gedanken an die Huri ein, die Paradiesmädchen des Koran. Ich fand im Kommentar zum Koran, das Huri ein Wort ist, die Paradiesmädchen bezeichnend, das wörtlich bedeutet: Mit Augen, darin das Schwarze und das Weiße deutlich ist. Da sah ich im Geist deine schönen schwarzen Augen. Sie gleichen dem schwarzen Edelstein Onyx. Es sind Augen eines Paradiesmädchens, denn die Paradiesmädchen heißen auch Schönäugige, Großäugige und Schwarzäugige, kurz Huri. Die Einzahl von Huri ist Haura. Und ich nannte einmal eine Frau in meiner Poesie Haura. Nun sehe ich Haura ganz als inneren Menschen, als bloße schwebende Seele, wobei ihre Seele der Spiegel meiner Seele ist. Aber du bist mir vorgekommen, wie die Haura in ihrer Jugendblüte. Du bist also die jugendliche Haura. Deine schwarzen Locken sind nach derselben ägyptischen Mode der Kleopatra geknüpft. Dieselben lockigen Strähnen fallen an deinen Wangen herab. Das brachte mich auf den Gedanken der Kleopatra. Kleopatra verstand sich ja als eine göttliche Kaiserin, als eine Tochter und Inkarnation der Göttin Isis. Isis ist die Allgöttin als schwarze Göttin der Mysterien von Tod und ewigem Leben. Sehr berühmt ist der Isis-Tempel von Sais, da gab es eine Statue der verschleierten Isis als der verschleierten Weisheit, deren Schleier kein Sterblicher heben durfte oder konnte. Denn die göttliche Weisheit ist ein ewig unausforschliches Mysterium, das vom Verstand der Sterblichen nicht ergründet werden kann. Der Tempel der verschleierten Isis zu Sais wurde umgewandelt in einer Kirche Unserer Lieben Frau Maria. Hier wurde die schwarze Madonna verehrt. Die schwarze Madonna verweist ebenfalls auf die dunkle Nacht des Geheimnisses Gottes. Gott ist nicht im Tagesbewußtsein des menschlichen Verstandes zu begreifen, sondern Gott ist wie eine dunkle Nacht, der man sich nur vertrauensvoll ausliefern kann, um dann in der Tiefe der Nacht die Morgenröte zu ahnen, die Morgenröte des ewigen Lichts. So kam ich also auf die schwarze Madonna. Die schwarze Madonna Maria wird aber verehrt in ihrer göttlichen Mutterschaft als Mutter Jesu und wird auch verehrt als himmlisches Mädchen in ihrer göttlichen Jungfräulichkeit als mystische Braut Gottes. Bevor ich dich traf am Tag, träumte ich am Morgen von der makellosen Braut Gottes. Da ahnte ich, daß ich in dir wie in einem Spiegel oder einem Gleichnis die makellose Braut Gottes als die schwarze Jungfrau erkannt habe. In der Heiligen Schrift aber heißt die Braut Gottes Sophia. Du hast sicher schon von der Kirche der Hagia Sophia in Istanbul-Konstantinopel-Byzanz gehört. Sie gilt als die Mutter aller Kirchen des Orients. Die Hagia Sophia ist die göttliche Weisheit. In der Heiligen Schrift wird sie als Mutter und als junge Braut des Philosophen verehrt. Ein Mystiker des Christentums nannte die göttliche Weisheit oder Hagia Sophia auch Idee der Schönheit. Das ist ein Begriff aus der Philosophie Platons. Platon sagt, beziehungsweise, er läßt die Prophetin Diotima es vor Sokrates sagen, daß alle erotische Liebe bei der sinnlichen Liebe beginnt, dann aufsteigt zur seelischen Schönheit, dann zur Schönheit des Guten an sich und im letzten dann die göttliche Idee der Schönheit erotisch geliebt wird. Diese Idee der Schönheit nennt Platon nach einem antiken Mythos die Himmlische Aphrodite. Im Christentum heißt sie aber Hagia Sophia, die göttliche Weisheit, das göttliche Urbild der Schönheit. Denn die Mystiker bezeichnen Gott als die Urgottheit der Urschönheit. So habe ich also letztendlich in der Meditation über die bewegende Schönheit deines Antlitzes und besonders deiner Augen Gott gefunden. Nämlich Gott ist der Grund aller Dinge. Der göttliche Grund deines Angesichts und deiner schönen Augen ist die Urgottheit, die Urschönheit. Diese ist meine Herrin, und Ihr habe ich diesen Minnegesang gesungen.


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Liebe Schwester!

Auf der oberflächlichen Ebene erscheint der Animus als eine Vielzahl von Männergestalten und Vätergestalten und Autoritäten, die gewissermaßen unfehlbare vernünftige Urteile abgeben. Aber tiefer betrachtet, ist das nur ein von Kindheit an zusammengelesenes Sammelsurium von Männermeinungen. Damit bleibt die Frau durch den oberflächlichen Animus an die patriarchalische Kultur gebunden und die Meinung, daß die vorherrschenden Männer auch wertvoller sind. Dem eigentlichen Wesen des Weiblichen ist diese oberflächliche Animus-Schicht eigentlich fremd. Dieser Animus treibt die Frau in die Anpassung an die patriarchalischen Werte und Normen. Denn zu tief sitzt seit Jahrhunderten in den Frauen unbewußt die Auffassung, das Weibliche sei weniger wert als das Männliche, es wird die Macht des Animus betont als das Männlich-Wertvollere. So wird das eigentlich weibliche Wesen der Frau aufgerieben zwischen dem Patriarchat der Gesellschaft und dem inneres Animus als gewissermaßen innerem Patriarchen. Denn die Seele der Frau ist zu tief an den Werten des Eros und der Liebe orientiert, als daß die männlichen Werte der Macht und des Wissens ihr helfen könnten. Während die weibliche Anima als die Seele des Mannes im Mann eine Verbindung zum eigenen Unbewußten herstellt, treibt der männliche Animus die Frau in die äußere Welt. Durch die in der Außenwelt aber vorherrschende Männlichkeit, die Dominanz des Patriarchats, ist der Animus für die Frau gewissermaßen gefährlich geworden, ein Moment der Selbstentfremdung. Der Animus speist sich aus den Vaterbeziehungen, die ja nicht so ursprünglich sind wie die Mutterbeziehungen, aus denen sich die Anima des Mannes speist. Darum ist die Anima des Mannes eine stärkere Macht des Unbewußten als der Animus der Frau. Die Macht aber, die die Anima im Manne ausübt (oder ausüben sollte), wird in der Frau ausgeübt von ihrem weiblichen Höheren Selbst. Das Höhere Selbst ist die Ganzheit der Persönlichkeit aus Unbewußtem und Bewußtem, das wahre Selbst. Das Wahre Selbst der Frau führt die Frau aus der patriarchalischen Selbstentfremdung in ihr eigenes Wesen. Das Höhere Selbst der Frau erscheint als göttliche Jungfrau und als große Mutter, entspricht also genau dem christlichen Bilde der Jungrau-Mutter Maria. Beim Mann ist es die Anima und letztlich die hinter der Anima stehende Ganzheit der Persönlichkeit, die den Mann zur Selbstfindung treibt. In der patriarchalen Kultur bedeutet also Selbstfindung oder Selbstwerdung beides für Mann und Frau eine Hinwendung zum Weiblichen, des Mannes Hinwendung zur Anima und der Frau Hinwendung zum Höheren Selbst. Aber der Animus ist nicht nur so oberflächlich ein angelernter innerer Patriarch, es gibt auch einen tieferen Animus, den Geist-Animus. Aber um zu diesem positiven Animus zu gelangen, muß die Frau zuerst den anstudierten inneren Patriarchen, den oberflächlichen Animus des Vaters, der konkreten Männer und der Gesellschaft, entschieden zurückweisen. Die Frau darf sich von diesem kulturell-patriarchalischen Animus nicht beherrschen lassen. Sie muß sich empören gegen den äußeren und inneren Patriarchen. Sie muß aufstehen oder auferstehen und zu ihrem eigentlich weiblichen Wesen finden. Aber wenn die Frau zu dem dem weiblichen Wesen tiefer einwohnenden positiven Geist-Animus vordringt, dann verkörpert dieser Geist-Animus gewissermaßen den Sinn, die Vernunft, den Gedanken in der Frau. Das zutiefst erotisch-liebende Wesen der Frau, ihre visionäre Gabe, die mehr schaut und fühlt als denkerisch durchdringt, wird hier durch den Geist-Animus ergänzt, der der Frau als innerer Seelenführer hilft, das von ihr Geliebte, Gefühlte, Visionär-Geschaute auch wissensmäßig und denkerisch zu durchdringen. In der griechischen Philosophie ist der Geist-Animus als Gedanke, Sinn und Vernunft „Logos“ genannt. Im Evangelium wird Jesus als ewiger Logos bezeichnet. Dieser ewige göttliche Logos wird in der griechischen Naturphilosophie auch als die Weltvernunft des Weltalls oder als das Ewig-Innerliche der Natur gesehen, als schöpferischer Geist, als geistige Weltseele. Dieser Logos (Jesus) oder Geist-Animus führt die Frau zu einem gewissermaßen „göttlichen Animus“, einem überpersönlichen Gottvater, der gleichzeitig auch „dämonisch“ und leidenschaftlich-erotisch und natürlich ist, gleichzeitig auch der mystische Zusammenfall der Gegensätze, oder das weibliche Sowohl-als-auch von Gottvater und Gottmutter, ein göttlich-liebendes Wesen oder die innere Gottheit der Frau. Letzlich führt also der Animus der Frau als geistiger Seelenführer auch zur inneren Gottheit, wie ja auch die Anima den Mann, wenn er seine Anima integriert, letztlich zu einer Gottheit führt, die nicht ausschließlich männliche Züge trägt, sondern in gleichem Maße auch weibliche Züge. Die Ganzwerdung von Mann und Frau führt zu einem ganzheitlichen Gottesbild, in dem männliche und weibliche Züge, geistige und natürliche, vernünftige und erotische zusammenfallen zu einem unbeschreiblich vollkommenen Wesen, das man auch All-Einheit oder All-Eins nennt oder: Gott.


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Lieber Bruder!

Überall finden in dieser Zeit in den katholischen Ländern Narrenprozessionen statt. Heute sprach ein Ober-Narr: Wir sind ökumenische Narren! Da sprach der Neben-Narr: Und du bist unser Narrenpapst! Ha, sprach der Narrenpapst, dann bin ich Johannes Paulus der Dritte! Da sprach der evangelische Narr: Und wirst du ein neues Dogma verkünden? Da sprach der Narrenpapst: Ich werde General-Absolution erteilen! Wohlan denn, ich will ein Narrenlied singen auf den Wein, das soll dir schmecken vor der Fastenzeit, lieber Bruder in Bacchus. Denn ich will feiern die Hochzeit von Venus und Bacchus. Wahrlich, deine Gattin ist Venus, die Göttin der Liebe und Schönheit, aber du bist ihr Gatte, Bacchus, der Gott des Weines und der Ekstase! Der Mythos meldet, daß die Frucht der Vereinigung von Bacchus und Venus der Gott Priapus war, der Gartengott, der mit einem riesigen Phallus im Garten die nächtlichen Hexen vertreiben sollte. Überhaupt scheint in den griechischen Mysterien-Abendmählern der Gott Bacchus für den kultischen Wein als Blut des Gottes gestanden zu haben, das Brot aber war das Sakrament der Erdgöttin Demeter. Aber noch ein anderer Gott ist dem Weine nahe, nämlich den kleine Liebesgott Amor. Ich sah einmal und ein andres Mal, wie im Sommer eine Fruchtfliege in meinen Weinkelch fiel, im Wein ertrank und von mir verschluckt wurde. Da hatte ich eine prophetische Vision, daß es der kleine Liebesgott Amor war, der mit Pfeil und Bogen in meinen Becher gefallen war und gar jämmerlich im Roten Meer ertrunken. Da sprach ich: Wohlan denn, grausamer Amor, nun sind dein Pfeil und dein Bogen wie die Wagen und Waffen Pharaos im Roten Meer meines Bechers ertrunken, nun soll mich dein vergifteter Pfeil der unerwiderten Liebe nie mehr zu Tode durchbohren. Ich trank den Wein aus und nahm den Amor mit dem Wein in mich auf und nun glühe ich von den Feuerpfeilen Amors im Innern meiner Eingeweide für immer! So bekam ich einmal zu Weihnacht einen starken schweren Bordeaux in sechs Flaschen wie die sechs Reinigungskrüge auf der Hochzeit von Kana, da war auf dem Grunde jeder Flasche eine schlafende Nymphe, nämlich die Frau, die ich liebte. Aber dieses Jahr bekam ich zu Neujahr eine Flasche schweren herben Bordeaux und auf dem Grunde der Flasche lag im fließenden Lichtgewande Unsere Liebe Frau Maria! Nun hörte ich durch die Medien auch die Rede von der Liebfrauenmilch. Die Weisen meinen, es käme der Name von dem Anbaugebiet des lieblichen Weines bei dem Liebfrauendom zu Worms. Das ist aber nicht wahr. Denn es kommt wahrlich von der Milch Unserer Lieben Frau, mit der sie den Herrn Jesus genährt aus ihren makellosen Brüsten. Sie zog so den kleinen Heiland groß, daß er später in seinem Fleisch und Blut sich für unser aller Heil am Kreuze opfern konnte – Amen dem Selbstopfer Gottes! – so daß gewissermaßen die Liebfrauenmilch aus den perfekten Brüsten der Madonna zum Blut des Abendmahles Jesu geworden ist, zum Blut der Ganzhingabe der göttlichen Liebe am Kreuz des Todesüberwinders! Das ist die wahre Liebfrauenmilch. So wird von den Propheten auch von Maria als einem Weinstock gesprochen, nämlich von der Mutter des Königshauses von Israel, die einem Weinstock gleicht. Wenn du einen Weinstock anschaust, so wirst du dies Prophetenwort verstehen. Ich sah einmal in der Provence einen Weinberg, da schienen mir die Zweige und Trauben des Weinstocks majestätisch und glorreich wie eine schwangere Frau. Ich trank dort abendlich die Liter Wein aus den Tonnen der Reinigung und wandte mich dann meiner Geliebten zu, einem wahrem Weib der Wollust, einer archaischen Fruchtbarkeitsgöttin! So sagt auch der Dichter und Philosoph Salomo in seinem Liebeslied: Geliebte, deine Brüste gleichen den Weintrauben. Ich meine, den prallen Trauben selbst, nicht den einzelnen Beeren, sondern nur die Rosine auf der Spitze der Brust gleicht der einzelnen Beere, aber die Brüste selbst, wie Salomo sagt, gleichen der ganzen prallen Traube. Und die Geliebte sagt: Geliebter, deine Küsse sind berauschender als Wein! Und der Geliebte sagt: Und deine Liebe geht dem Liebenden ein wie Wein in den Mund, daß er im Schlaf noch betrunken murmelt von Liebe! So sagt der Prophet Salomo auch von dem Schoß der Geliebten, er gleiche einem Kelch, dem nie der Mischwein mangelt. Andere sagen, das Becken der Geliebten gleiche einem Becher, dem nie der Mischwein mangelt. Der Mischwein aber ist der Wein der Liebe Gottes nicht in der puren göttlichen Gottheit, sondern gemischt, wie es entspricht dem Fassungsvermögen des irdisch-sterblichen Menschen. Aber die Mystikerin Mechthild von Magdeburg begehrte von Gott den puren, lauteren, ungemischten Wein der nackten göttlichen Liebe, der bloßen Gottheit ohne sterbliche Beimischung zu trinken. Also in der höchsten Ekstase ist der Schoß der Geliebten, das ist die Seele oder Maria oder die Kirche, ein Becken wie ein Becher voll des ungemischten Weines der bloßen göttlichen Liebe! Das Hohelied Salomos wird als das Allerheiligste der Heiligen Schrift bezeichnet und ist ein Gesang der Heiligen Hochzeit, in der Heiligen Hochzeit ist die erotische Liebe das innigste Mysterium, und in der erotischen Liebe ist der Schoß der Geliebten das Gottähnlichste! So wird der Rausch des unvermischten Weines aus dem Becher des Beckens der Geliebten zu einem Symbol und Gleichnis der ekstatischen und berauschend-begeisternden Mystischen Vereinigung mit der Gottheit selbst! Die Griechen würden sagen als Meister des Eros, daß der mystische Jünger das Blut des Bacchus trinkt, damit das Blut des Bacchus in dem Blut des mystischen Jüngers lebt und blutet und glüht, damit der mystische Jünger zu einem zweiten Bacchus werde. So ist auch in der persisch-islamischen Mystik des Mittelalters der verbotene Wein zu einem Symbol der mystischen Vereinigung mit Gott als der göttlichen Liebe geworden. Die göttliche Liebe ist auch die Rose als die Geliebte des Mystikers, aber in dem Rausch und der Ekstase des verbotenen Weines tritt der mystische Jünger aus seinem Ego heraus und tritt in der Begeisterung in das liebeglühende Herz der Gottheit ein. So erzählt die Bibel, daß nach der Sintflut Noah als Erstes einen Weinstock pflanzte. Ich meine, wir leben alle heute in einer großen Sündflut, und die salzigen Wasser von unten und die sauren Wasser von oben werden uns noch alle ersäufen. Wenn wir aber in der Arche, daß ist Maria oder die Kirche, gerettet sind, dann werden wir auf dem himmlischen Berg Ararat sehen, wie Noah, seines Namens der Tröster, also der Heilige Geist, einen Weinberg pflanzt, denn nach all dem Wassersaufen der Sündflut werden wir im Paradiese gar fröhlich zechen dürfen vom Wein des Blutes Jesu! So sagte auch Maria auf der Hochzeit von Kana: Sie haben keinen Wein mehr! Nun, Maria ist sehr großzügig, denn die Hochzeitsleute und Hochzeitsgäste hatten schon viel getrunken, aber Maria ist die Freude aller Freuden, sie sagte: Sie haben keinen Wein mehr: Und Jesu sagte: O Liebe Frau, was ist das zwischen dir und mir!? Und Jesus tat sein erstes Wunder und machte aus Wasser Wein. Das ist, Jesus ist der Freudenbringer und der Seligmacher, der Kummerbrecher und der Erlöser! Denn wir sind auch zu der Hochzeit von Kana eingeladen, nämlich auf die himmlische Hochzeit des Lammes, da wird Maria uns den Wein der Freude erbitten, und Jesus wird uns den Wein der Freude schenken. Das ist aber der beste Wein, der am Ende kommt. So spricht auch Jesaja vom Festmahl am Ende, da uralte, geläuterte Weine von Gott den Kindern Gottes werden eingeschenkt. Schließlich sind wir Jünger Jesu und der Jünger ist nicht mehr als sein Meister, im besten Fall ist er dem Meister gleich. Und Jesus wurde als Weinsäufer bezeichnet und sagte daraufhin nur: Und dennoch ist die Weisheit gerechtfertigt durch ihre Werke und ihre Söhne! So werden wir auch als Weinsäufer bezeichnet werden und wir werden lächelnd sagen: Und dennoch ist die Weisheit gerechtfertigt! Wir werden nämlich auf dem Hochzeitsfest und Hochzeitsmahl des Lammes den besten edelsten Wein trinken, für den der Wein Noahs vom Ararat und der Wein Salomos vom Libanon und der Wein Jesu von Kana nur ein schwaches irdisches Abbild ist, wir werden den urbildlichen idealen Wein des Paradieses trinken. Sein Erdboden wird der Garten Eden vor dem Sündenfall sein, er ist nicht gereift im Licht der geschaffenen Sonne, sondern im Lichtglanz der Herrlichkeit des Herrn, er ist nicht gereift in sieben Jahren, sondern in Äonen! So werden wir singen, wie einst der Dichterfürst Goethe sang: Von Liedestrunkenheit und Liebestrunkenheit und Weinestrunkenheit werden wir umgetrieben, von der göttlichstes Betrunkenheit! Gebe Gott, daß Mohammed dann Recht gegeben wird, und uns die Paradiesjungfraun (nach jedem Liebesakt wieder eng jungfräulich gebaut und bereit zu neuer Liebesvereinigung), daß diese Paradiesjungfrauen uns den edelsten Wein der Weine einschenken im Paradies, der keine Kopfschmerzen bereitet, wie der Prophet verkündet (Friede sei mit ihm). So bei der apokalyptischen, eschatologischen, paradiesischen Hochzeit des Lammes mit der Frau Jerusalem, der Nymphe des Lammes, werden wir begeistert und berauscht sein von der göttlichsten Betrunkenheit, ewig begeistert und ekstatisch berauscht von dem Hochzeitssakrament der göttlichen Liebe im Blut Christi! Dann wird Salomo das letzte Wort sprechen, und das soll unser Amen im Paradies sein an jedem Abend einer Ewigkeit: Schmaust, Freunde, zecht und berauscht euch an der Göttlichen Liebe!




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