[Inhalt]

SPIRITUELLE LIEBESGEDICHTE

Von Peter Torstein Schwanke

„Da war doch Sokrates gescheiter!
(...)
So machte er sich als Galan
Auch an Aspasia heran
(Das kann uns Platon selbst bezeugen),
Nach einem angemessnen Schweigen
Hat lächelnd und mit viel Verbeugen
Er vor sich hingeseufzt und dann
Geflüstert: Alles ist nur Wahn,
Die Weisheit, Staat und Ruhm und Plan;
Was ist denn wirklich? nur die Triebe!
Das einzig Wahre ist die Liebe!“
(Puschkin)




DIE BLUTHOCHZEIT

Madonna, gib mir einen Musenkuß,
Komm, küss mich mit wollüstigem Genuß!

1

Ich sang das feminine Angesicht
Der Gottheit in Maria, Licht vom Licht,
Die Vera Ikon, sang die Virgencita,
Die Indianita, mia Morenita,
Das wahre Angesicht der Mutter-Maid
Maria in dem Geist der Ewigkeit,
Die wahre ewigweibliche Ikone
In Gottes Geist Äone um Äone,
Die Frau, die ewigweibliche Idea,
Die Jakob Balde sang als Diva, Dea!
Und da vernahm ich durch ein Medium
Der Herrin mystisches Mysterium,
Da siebzehn Jahre jung die Jungfrau war,
Verschleiert von dem langen schwarzen Haar,
Und sprach zu mir mit sanfter Frauenstimme,
Die süß wie Honig war der goldnen Imme,
Daß ich ihr Indianer sei und werde
Die Jungfrau freien schon auf dieser Erde,
Der Indianer sein der Indianita,
Es traue sich mir an die Virgencita,
Der Hochzeitsritus indianisch sei:
Dein ganzes Leben Morenita weih!

Den Vater und die Mutter soll ich ehren,
So hör ich Gott durch Moses mich belehren.
In Liebe nicht, nur in Respekt begegne
Den Eltern ich, dass mich die Gottheit segne.
Ist Liebe nicht in meiner Mutter Herzen,
Erfahre ich des Ungeliebten Schmerzen!
Gott gab der Straußenhenne Weisheit nicht,
Die in den Sand die Eier legt und schlicht
Einfältig unbekümmert, ob die süßen
Zertreten werden, ach, von stolzen Füßen!
Kann eine Mutter ihre Leibesfrucht
Vergessen je, den Zögling ihrer Zucht,
Kann eine Mutter je erbarmungslos
Vergessen den, der war in ihrem Schoß,
Kann eine Frau vergessen ihren Sohn?
Erbarmte sich die Mutter nicht, im Thron
Des Himmels liebt die Gottheit unermessen
Dich, Sohn, ob deine Mutter dich vergessen,
Vergißt dich nie der Liebe Gottheit, schau,
Sie liebt als Mutter dich und junge Frau!
So weiß ich auch von dem Marienherzen,
Der Mutterliebe dieser Frau der Schmerzen,
Daß keiner sagen kann, der ihr sich gibt,
Er habe keine Mutter, die ihn liebt!

Nun aber schau ich an die Mutterwunde.
Im Traume sehe ich im Herzensgrunde
Mich wie Prometheus an dem Ararat
Gekettet, gierig mir der Geier naht,
Der mich mit spitzem Schnabel angefallen,
Mein Herz zerfleischte mir mit scharfen Krallen!
Wie weh mein wundes Herz im Busen tut,
Ein fleischernes und offnes, voller Blut,
Mein wunder Körper Kerker wundem Herzen,
Dem wunden Herzen voll von Blut und Schmerzen,
Voll Schmerzen, die mein Gott mir zugemutet,
Da wie am Kreuz mein Herz in mir verblutet!

Da ging ich durch den Wald zu der Geliebten,
Ob Trösterin sie sei des Tiefbetrübten.
Da sah im Walde ich in Geistes Schau
Das Schwert im Herzen Unsrer Lieben Frau!
Maria, ich bin dein von ganzem Herzen,
Dein ist mein wundes Herz mit allen Schmerzen,
Dein Herz, durchbohrt von Schärfe scharfen Schwerts,
Pflanz mir in meinen Busen ein dein Herz,
Mein Herz nicht lebe mehr in meiner Brust,
Ja, meiner eignen Schmerzen unbewusst,
Ich will nur leiden deinen Mutterschmerz,
In meinem Busen blute mir dein Herz!
Mein Herz ist dein, dein Herz ist mein, o Braut,
Wir sind uns unterm Kreuze angetraut!
So trat ich zur geliebten schönen Frau,
Frau Schönheit in des Kleides Himmelblau,
Der göttlichsten und schönsten aller Musen.
Doch wehe mir! ein Stein in ihrem Busen,
Mit einem steinernen und kalten Herzen
Sie wandte stumm sich ab von meinen Schmerzen
Und wandte ohne liebendes Erbarmen
Sich grausam ab vom Elenden und Armen!

Großmutters Engel kam zu meinem Troste
Nachts aus dem Jenseits, sprach im Lied der Droste,
Großmutters Lieblingsdichterin Annette,
Die tröstend trat zu meinem Trauerbette:
Die Weisen haben aus dem Lehm erschaffen
Einst ihren Golem-Menschen, Gottes Affen,
Die Lehmgestalt, die ohne Seelenfunken,
Die Lehmgestalt, die nie von Liebe trunken!
Mein lieber Junge, stets die Golems meide,
Mit Scheidebriefen dich von ihnen scheide!
Großmutter sprach mit lispelndem Gefistel:
Die Rosa Mystica, das ist die Distel,
Sie lässt die Fäden wallen lüstern lose,
Die Distel die geheimnisvolle Rose
Des Dichters ist, die ihn verletzt am Herzen,
Daß er prophetisch singt in seinen Schmerzen,
Sieht er am Kreuzesholz das Blutlaub sprießen,
Daß seine Weisheit Enkel noch genießen!

Nein, keiner tröstet mich auf dieser Erde
Als Midda mit der zärtlichsten Gebärde!
Ach, könnt ich meinen kleinen Liebling malen,
Die Antlitzsonne mit den Augenstrahlen,
Den Augenhimmel voll des Liebeslichtes,
Voll Liebesglück den Glanz des Angesichtes!
Wie wir uns mit dem herzlichsten Erbarmen
Umhalsen und mit reiner Lust umarmen
Und uns gestehn, wir taten uns vermissen,
Wie keusch sich unsre süßen Lippen küssen,
Wie Midda wie ein Amor Gottes lacht!
Ach, augenblicks entflieht die Todesnacht!

Allein des Nachts in meiner stillen Kammer
Die dunkle Nacht naht wieder voller Jammer!
Mich überfällt der Mutterwunde Schwermut
Und bis zum letzten Tropfen trink ich Wermut
Und trinke Bitternisse wie ein Zecher
Und bin betrunken von dem Blut im Becher!
Da hör ich mystisch durch ein Medium
Der Herrin liebendes Mysterium,
Sie singt mir still ein Liebeslied: Mein Held,
Gemacht ist nicht die tiefverdorbne Welt
Für einen Liebenden, so schön wie du!
Die Gottheit schenkt den Wein ein immerzu
Und Jesus Christus ist der volle Becher
Und jeder Selige ist trunkner Zecher!
Du aber sollst auf Erden Galle zechen,
Die Galle schenken ein die gottlos Frechen,
Dank ihnen gern für allen Seelenschade,
Denn so verdienst du dir die höchste Gnade!
Denn willst du Gottes Frau als Frau erwerben,
Mußt du wie sie viel innre Tode sterben,
Ja, stirbst du deinen Tod an deinem Kreuz,
Schenkt Gott dir die Geliebte reich an Reiz!


2

Ich ruf die Trösterin der Tiefbetrübten,
Ich schreie laut zu meiner Vielgeliebten!
Schau, da erscheint mir schön das Jesuskind!
Bevor wir Kinder rein empfangen sind,
Sind wir in Gottes Geist in lichter Klarheit
Und schauen an die makellose Wahrheit!
Wenn wir im Schoße dann empfangen sind,
Vergißt der Wahrheit Schau das Menschenkind,
Wir trinken vom Vergessensstrom der Lethe.
Die Wahrheit, die den Samen in uns säte,
Erwacht erneut durch die Erinnerung.
Wie hören wir von Gott gern, sind wir jung,
Wenn Menschen Gottes Liebe in uns schreiben!
Die Teufel gieren nur, uns abzutreiben,
Die Satanssöhne wollen uns ermorden!
Wir aber sind von dem Marien-Orden,
Die alle wir Marias Kinder sind,
Sind alle Kinder wie Ein Jesuskind!

Madonna thront in ihrem Weisheitsthron,
Im Gnadensessel, auf dem Schoß den Sohn,
Er drückt sich dicht an ihrer Brüste Paar
Und spielt mit ihrem langen schwarzen Haar.
Sankt Josef steht an der Madonna Rücken
Und streichelt ihren Rücken voll Entzücken...
Er schaut demütig und sanftmütig lind
Madonna und das süße Jesuskind.
Madonna ist die Schönheit ohne Mängel!
Ja, ihr zur Seite stehen lichte Engel,
Dort mit der Botschaft Wort steht Gabriel,
Dort mit der Hochzeit Trost steht Raphael.
Sankt Josef über der Madonna Schulter
Aufs süße Jesuskind schaut voller Huld er.
Das Jesuskind spielt mit der Haare Fessel.
Madonna lächelt voller Huld im Sessel.

Madonna, Dank! Dein Mund im Traum mich küsste
Mit vollen Lippen, Liebe voller Lüste!
Nun singe ich, geküsst von deinem Mund,
O Trösterin, von unserm Liebesbund,
Von meinem Bunde mit der Mutter-Maid.
Ich schrie zur Mutter der Barmherzigkeit,
Zu ihr ich schrie und weinte voller Stöhnen
In diesem Jammertal, dem Tal der Tränen.
Das Herz, zerschlagen wie von einem Hammer,
Als ein verbanntes Evaskind voll Jammer,
Zur Mutter schrie, zur großen Mutter, und
Schloß mit der großen Mutter einen Bund,
Den Bund mit Gottes Mutter ich erwähle,
Mit Ihr, der Großen Mutter meiner Seele!

Ben Jonson unsre Hochzeit zelebrierte,
Sein Genius den Jünger inspirierte.
Im höchsten Himmel thronte herrlich Jahwe
Mit seiner ewigen Gemahlin! Ave,
O meine Göttin, Hagia Sophia,
So schön wie Unsre Liebe Frau Maria!
Ich preise dich, o Himmelskönigin,
Erscheinst als Göttin du dem innern Sinn,
Erscheint zum Hochzeitsfeste auch der Eros,
Den Orpheus einst besang, der große Heros,
Der vor der Welt war, der der Schöpfer ist,
Der in der Schöpfung ist, so glaubt der Christ,
Der stiftet in den Seelen die Union
Und zieht das Paar hinan zu Gottes Thron!
Der immerwährenden Jungfräulichkeit
Der Makellosen bin ich ganz geweiht,
Die mehr als bloße Jungfrau ist – Matrone,
Die Gottesmutter mit dem Gottessohne!
So glorreich mir erscheint die Seelengattin,
Ich preis sie meine feminine Göttin!
Ich singe meine Göttin Madonnina,
Ich singe: Ecce femina divina!

Musik erklang, die Göttin der Musik
Sang unsrer Liebe Jubilus und Sieg!
Es sang der Genius der Sonnen-Sphäre
Und gab der Liebe Lichtglanz alle Ehre,
Es sang der Genius der Luna-Sphäre
Und gab der milden Sanftmut alle Ehre,
Es sang der Genius der Ares-Sphäre
Und gab dem Kampf der Liebe alle Ehre,
Es sang der Genius der Merkur-Sphäre
Und gab der frommen Weisheit alle Ehre,
Es sang der Genius der Jovis-Sphäre
Und gab den Freundlichkeiten alle Ehre,
Es sang der Genius der Venus-Sphäre
Und gab der schönen Liebe alle Ehre,
Es sang der Genius der Saturn-Sphäre
Und gab der weisen Schwermut alle Ehre,
Es sang der Genius der Fixstern-Sphäre
Und ich versank in dem kristallnen Meere
Und hörte tönen in dem Empyreum
Magnificat der Mutter und Tedeum!

Da sah ich auch als Kranz den Zodiak
In meiner Herrin Haar, das schwarz wie Lack.
Der Widder zeigte mit der Kraft der Tugend,
Wir lieben uns begeistert wie die Jugend,
Der Stier uns zeigte dann in seiner Kraft,
Wir lieben uns mit starker Leidenschaft,
Die Zwillinge uns offenbarten, sie
Und ich, wir sind ein Herz in Harmonie,
Der Krebs dann in der Muschel in dem Meere
Gab keuscher Liebeszärtlichkeit die Ehre,
Der Löwe dann, der stark am Himmel steht,
Maria pries als meine Majestät,
Die Jungfrau aber aus der goldnen Zeit
Pries die jungfräuliche Gerechtigkeit,
Die Waage schwebend in dem Himmelslicht
Sprach von der Liebe in dem Weltgericht,
Der Skorpion, der auch am Himmel steht,
Vom Tod sprach und von Sexualität,
Der Schütze war der Amor Gottes, weil
Uns beide traf der Liebe Feuerpfeil,
Der Wassermann goß aus den vollen Eimer
Der Fruchtbarkeit der Muse auf den Reimer,
Zuletzt die Fische, die sind Geist, nicht Fleisch,
Uns zeigen, unsrer Liebe Lust ist keusch.

Wenn ich den Frauen sonst gesungen habe
Mit meiner gottverliehnen Sangesgabe
Und ihre Schönheit priesen meine Triebe
Und stöhnend ich gestanden meine Liebe –
Je mehr ich dann vor Sehnsuchtsqual verschmachtet,
Um desto tiefer wurde ich verachtet!
Die Frauen stürzten mich in Elend nieder
Nach all der hohen Huldigung der Lieder!
Du nimmst mein Saitenspiel an deinen Busen,
Maria, Göttin Muse aller Musen!
Anbeten darf ich dich im tiefsten Staube
Und du girrst Liebe wie die Turteltaube!
Wie lieblos waren Närrin über Närrin,
Maria aber, meine Minneherrin,
Empfängt die Huldigungen meiner Triebe
Voll Huld wie eine Göttin schöner Liebe!
Der Liebe Göttin, frei von bösem Spotte,
All meine Liebe schenkt dem lieben Gotte!

Madonna, meine schwarze Mädchengöttin,
Du liebe voller Wonne, o Mulattin,
Dein Körper ist der schlanken Palme gleich,
Gott formte deinen Körper weiblich weich,
Besteigen möchte ich den Palmenbaum,
Du Liebe voller Wonne, schöner Traum,
Und pflücken möchte ich die Dattelfeige!
Frau, deine Traubenbrüste zu mir neige,
Daß strömt der dunkle Wein in meinen Mund
Und trunken wird von dir mein Seelengrund
Und meine Lippen murmeln, wenn ich schlafe,
Und küssen dich mit keuschem Kusse, Ave,
Wenn ich den Becher mit dem Blut-Wein trinke,
In deines Beckens Becher ich versinke –
Und wir verschmelzen dann in der Union –
Und unsrer Liebe Einheit ist... der Sohn!



DIE PLATONISCHE LIEBE

ER
Wie Solowjew die Theorie der Liebe
Entfaltet, schaut mit seinem tiefsten Triebe
Der Minner die Geliebte als Idee,
Der Minner die Idee verkörpert säh
In der Geliebten, die sein Ideal,
Idee der Schönheit im Ideensaal.
So scheint die Vielgeliebte Christus-gleich
Verkörperung der Gottheit gnadenreich.
Drum ist es auch so tragisch, wenn die Liebe
Unglücklich unerwidert bleibt, die Trübe
Der Trübsal ist dann fast nicht auszusagen,
Von Gottverlassenheit muß man dann klagen.
Der Dichter Ranke-Graves, ein Feminist,
Sprach von der Muse, die ein Abbild ist
Der Göttin, dieses Göttlichweibliche
Erscheint in einer Frau als leibliche
Idee der Wahrheit-Schönheit und der Liebe,
Der Dichter im mitschöpferischen Triebe
Schaut an die Göttin in der Muse Bild,
Vielleicht in Einer Nacht nur gnadenmild,
Vielleicht auch sieben Jahre lang steht leiblich
Vor ihm der Liebe Göttin ewigweiblich.
O Mora, als ich dich das erste Mal
Geschaut, schien mir aus dem Ideensaal
Der Weisheit Göttin mir herabgestiegen,
Die Göttin der Mysterien, wir schwiegen,
Ich aber hab im Inneren geredet,
Die menschgewordne Gottheit angebetet,
Da du mir Königin im Seelenthron,
Der Weisheit Göttin in der Inkarnation!
SIE
Ich fühle mich geschaffen für die Ehe,
In mir das Ideal der Ehe sehe
Ich unverwirklicht zwar und doch in Reinheit,
In Gottesliebe absolute Einheit.
ER
Ich liebe nicht den Schmutz der Alltagssorgen,
Verhindert wird Gebet an jedem Morgen
Und Nöte dringen ins Gebet am Abend.
Die Muße ist dem Dichter nur erlabend,
In Einsamkeit und stillverborgnem Leben
So wischen Welt und Himmelreich zu schweben.
Mir scheinst auch du, o göttingleiches Weib,
Als deine Seele einging in den Leib,
Nicht ganz vollkommen inkarniert zu sein,
Die Seele schwebt noch frei im goldnen Schein
Des Himmels wie in einer goldnen Wolke,
Nicht ganz daheim beim erdgebornen Volke.
SIE
Ist in dir auch ein Ideal der Ehe,
Wie ich totale Liebes-Einheit sehe?
ER
Ich sehe die Idee der Ehe keusch,
Da Mann und Frau geworden sind Ein Fleisch,
Vollkommene Vereinigung, Union,
Da leiblich, seelisch, geistig Menschensohn
Und Menschentochter eine Einheit bilden.
Die neuen Heiden aber, heut die Wilden,
Die sexuelle Einigung allein
Anstreben, lösen sie vom Einigsein
In Geist und Seele. Mir im Sinne steht
Die Gottesgabe Sexualität
Als Sakrament, da Seelen sich verschmelzen,
Wenn sich die Leiber ineinander wälzen,
Wenn Seelen Arm in Arm gen Himmel schweben,
Wenn Herz und Herz bereit, sich hinzugeben.
Dann erst im Geiste dieser Ganzhingabe
Ist Sexualität die Gottesgabe.
Wenn Seelen sexuell verschmolzen sind,
Erzeugt die Gottgeburt sich wie ein Kind,
Das Kind ist Ausdruck ihrer Leibes-Einheit,
Der Gott der Ehe in der Liebe Reinheit,
Da Weiblichkeit und Männlichkeit in Eins
Abbilden Gott, die Ewigkeit des Seins.
Dies Ideal der Sexualität
Als Ehe-Sakrament im Sinn mir steht.
Der zur Jungfräulichkeit berufen ist,
Der Gottes Liebe liebt allein, der Christ,
Der träumt von der Erotik einen Traum,
Die Frau taucht nackt aus seiner Träume Schaum,
Die Frau im Traum dem Träumer Lust bereitet,
Wie auf dem Flügelpferd Mohammed reitet.
So ganz vereinigt der Geliebten süß
Im Innern ist der Mann im Paradies,
Im Venus-Paradies des dritten Himmels!
SIE
Schau ich die Welt des irdischen Gewimmels
Und all die Vielfalt erdgeborner Männer,
Kann es nur Einen geben? Sagen Kenner
Der Weisheit, dass die Liebe ist, die reine,
Totale Einigung, wer ist der Eine,
Der mich ins Ideal der Ehe nimmt?
Ist mir mein Mann von Gott vorherbestimmt?
ER
Der Dichter Khalil Gibran sagt so herrlich
Aus voller Brust der reinen Liebe ehrlich,
Die Liebenden sind Eins in Gott zusammen,
Aus Einem Feuer Gottes sie zwei Flammen,
Als Eins erzeugt in dem Ideenland,
Zwei Tropfen in der Einen Gotteshand!
Im Himmelreich gestiftet werden Ehen,
Als Gottes Bild sollst du den Gatten sehen.
SIE
So hörte ich ja auch von Zwillingsseelen,
Die nach dem Schicksal sich zur Liebe wählen,
Ein Tropfen waren sie in Ewigkeit
Und suchen wieder ihre Einigkeit.
So hörte ich ein Kindermärchen auch,
Daß Mann und Frau als reiner Seelenhauch
Als Himmelsseelen in dem Kleid der Flügel
Einander schauten an in Gottes Spiegel!
ER
So hörte ich ein Märchen der Chinesen,
Da Mann und Frau als einig-eines Wesen
Zwei Hälften Eines runden Spiegels sind.
Wenn sie ins Jenseits reiten auf dem Wind,
Wenn einer nur voran ins Jenseits reitet,
Das Spiegelbild dahin den Geist begleitet,
Die Spiegel sich im Jenseits reinigen
Und sich in Ewigkeit vereinigen.
Aristophanes, der Komödiendichter,
In Platons Gastmahl von dem Eros spricht er,
Daß Mann und Frau einst eine Kugel waren,
So die vollkommne Gottheit offenbaren.
Doch wurden sie geteilt, da Ingrimm Gottes
Die Sünder, Spötter lästerlichen Spottes,
Bestrafte. Doch die Hälften suchen sich,
Und immer sucht das Ich das Eben-Ich,
Daß Liebende sich finden auf der Erde,
Aus Mann und Frau erneut die Kugel werde.
So Papst Johannes Paul der Große schrieb,
Als Adam Eva sah, da rief er lieb:
Sie, Fleisch von meinem Fleisch die Eine,
Sie ist es, sie ist Bein von meinem Beine!
Da sprach der Papst, erleuchtet von dem Licht,
Daß Adams Ruf ein hymnisches Gedicht
Der Liebe, dass es Liebeslyrik war,
Weil ihm in Eva wurde offenbar
Die von der Gottheit ihm bestimmte Frau.
So ruft noch heut ein Mann in trunkner Schau:
Sie ists! wenn ihm die rechte Braut erscheint,
Wenn Gott will, dass er sich der Braut vereint.
SIE
Und liebe ich den Mann, den schwarzen Kater,
Erkenne ich in ihm nicht nur den Vater,
Wenn ich den Vater in dem Manne seh,
Tu ich mir immer wieder kindlich weh?
ER
Ja, woher kommt das innre Ideal?
Die Psychologen sagen allzumal,
Die Mutter und der Vater bilden dies
In unsrer Kinderseele bittersüß.
Die Philosophen sagen: Ideal,
Ich schaute dich dereinst im Himmelsaal!
Und Goethe sprach, von Altersweisheit mild:
Ich trage tief in mir ein Frauenbild,
Ich weiß nicht, ob es angeboren ist,
Ob es aus vielen Frauen auserkoren ist.
Mir aber scheint, vor Mutter oder Vater
Und vor dem tragikomischen Theater
Der Welt, ist die Idee schon in dem Kind,
Die Mutter und der Vater aber sind
Die erste der Verkörperungen nur
Des Ideals im Wesen von Natur,
Vielleicht, wie Puschkin schaute seine Schau,
Ist auch das Ideal die Kinderfrau.
Und mein Großmütterchen im Weltgewimmel
War meiner Kindheit erstes Licht vom Himmel.
So auch im Buche Tobit steht geschrieben:
Hab keine Angst die Sara nun zu lieben!
So Tobit Sara sich zur Gattin nimmt,
Die vor der Schöpfung ihm zur Frau bestimmt!
SIE
Wenn mir von Gott der Mann bestimmt zum Leben,
Dann kanns für alle Zeit nur Einen geben.
ER
Enthaltsam lebe bis zum Ehebunde,
Dem Gatten treu sei bis zur Todesstunde.
SIE
Die Seele schaut den Mann in Gottes Spiegel,
Doch inkarniert verliert sie ihre Flügel,
Vergißt bei der Verkörperung sodann,
Den sie im Himmel einst geschaut, den Mann.
Der Vater weckt nur die Erinnerung.
ER
So Platon sagte voll Begeisterung,
Die Seele inkarniert und trinkt Vergessen
Bei der Empfängnis. Dichter unermessen
Und Philosophen aber in dem Innern
Sich mehr als andre Sterbliche erinnern.
Wie vor der Existenz ich die Idee
Der Wahrheit-Schönheit in der Seele seh!
SIE
Ja, alles Wissen ist geheim in mir.
Ich muß mich nur erinnern. Jetzt und hier
Kann Gott ich in dem Seelengrund erkennen.
ER
Der Mann wird für die Wahrheit-Schönheit brennen,
Für die Idee, die er im Innern sah,
Die innre Frau, des Mannes Anima.
In Wirklichkeit erkennt er nicht die Frau,
Sieht nur die Anima in innrer Schau.
Er sieht die Anima, die ewigweiblich,
Sieht die Idee im Frauenkörper leiblich.
SIE
Liebt er die Frau denn wahrhaft wirklich da,
Liebt er nicht nur die eigne Anima?
ER
Zwei Wege lehrt die Weisheit in dem Tantra,
Die wandle ich und bet Marias Mantra.
Der eine Weg ist Hochzeit in der Seele,
Die innre Frau, Geliebte ohne Fehle,
Vermählt sich in der Seele trautem Schatten
In mystischer Vermählung ihrem Gatten.
So Rilke sang: Schau, innerlicher Mann,
Schau dir dein innerliches Mädchen an,
Errungen aus den vielen Frauen, Braut,
Die oft du in der Seele angeschaut,
Doch die du noch erotisch nicht geliebt,
Schau, wie sie dir sich in der Liebe gibt!
Gesichtswerk ist getan an schönen Frauen,
Tu Herzwerk nun, die Psyche anzuschauen!
Der andre Weg des Tantra aber ist,
Der Mann liebt eine Frau, die er nicht küsst,
Die lebende, realkonkrete Frau,
Unnahbar schön, er schaut in trunkner Schau
Die göttingleiche Schönheit selig an
Und bleibt jungfräulich doch als Gottesmann.
Der Schönheitsgöttin Schau den Minner peinigt,
Er dennoch sich dem Weibe nicht vereinigt,
Vielmehr erweckt der Schönen Zauberreiz
In ihm mit mystischer Gewalt das Kreuz,
Daß er, gekreuzigt wie der Herr und Heros,
Am Kreuze sich vereinigt Gottes Eros!
So wird die mystische Erotik innen
Geläutert und verklärt, um Gott zu minnen!
SIE
Noch einmal zu der Schau ins Spiegelbild
Vor aller Zeit im himmlischen Gefild,
Ich schaute da im Spiegel Gottes an
Den von der Vorsicht mir vertrauten Mann,
Doch lebe ich vergesslich auf der Erde,
Ob ich ihn hier auch gleich erkennen werde?
ER
Fürst Myschkin war ein reiner Idiot,
Im Wahnsinn starb er längst den Ego-Tod,
Er schaute einst das Bildnis einer Frau,
Die eigne Seele sah er in der Schau,
Er liebte dieses Bild, das er geschaut,
Er wählte sie geheim zur Seelenbraut,
Wenn es auch die verworfne Seele war,
Die Sünderin Nadeshda offenbar,
Wenn auch die Tugend der Aglaja rein
Warb um den Fürsten, liebte er allein
Die schöne Sünderin, ob dies auch ihn
Gestürzt in den vollkommenen Ruin!
Auch Prinz Tamino ward mit großer Macht
Zur Tochter jener Königin der Nacht
Für immer hingerissen mächtig wild,
Seit er zum ersten Mal geschaut ihr Bild
Und er gesungen seufzend voll Gestöhn:
Dies Frauenbildnis ist bezaubernd schön!
Ein Minnesänger einst, ein Troubadour,
Erkannte durch das Hörensagen nur
Die unerreichbar ferne, reine Frau,
Die sah er nur in seines Geistes Schau,
Doch weihte er Gesang der Frau und Leben,
Um seiner Göttin Thron als Geist zu schweben.



DAS GASTMAHLVOM EROS


MARKUS:
Ich las den Faust. Als ich in Leipzig war
Im Keller Auerbachs, war mir nicht klar,
Daß Faustus hier gewesen mit Mephisto.
PETER:
Ein evangelischer Student in Christo
Mit seinen Mitstudenten war versammelt
Im Keller Auerbachs, da kam vergammelt
Der Doktor Faust mit seinem Dämon an,
Und Wunder-Blendwerk tat der Wundermann
Und ließ im Winter sprießen aus der Theke
Den besten Weinstock, nicht die Apotheke
Kennt Drogen, die berauschen wie der Wein,
Der dort ging kräftig den Studenten ein,
Wein von Bordeaux, von Spanien, von Shiraz,
Wein, den gewirkt ein Wunder, glaubt mir das,
Und die Studenten, schon in der Ekstase,
Nicht Reben griffen, sondern ihre Nase,
Da sahen sie, was da vor ihnen quölle,
War Gottes Blut nicht, sondern Gift der Hölle,
Das Blut voll Glut wie Gift im Leib der Ratte,
So jeder seinen Rausch empfunden hatte.
So Satan ließ die Einsicht mich gewinnen,
Der Feind ist Herr der Ratten, Fliegen, Spinnen.
SUSANNA:
Ich weiß, du ekelst dich vor jeder Ratte,
Wer aber war es, der was gegen Spinnen hatte?...
MARKUS:
Daß Beelzebub genannt ist Herr der Fliegen,
Ist, weil die Juden so die Worte fügen,
Daß Baal Zebul, der Götze von Zebul,
Ein Dämon ist in seinem Höllenpfuhl.
Den Götzen, den die armen Heiden hatten,
Den nannte Israel den Herrn der Ratten.
PETER:
Wer deutet meinen wunderlichen Traum?
Ich träumte einmal (ich versteh es kaum),
Daß Beelzebub ist doch der Baal Zebul,
Baal von Zebul, der Herr ist von Zebul,
Der wahre Herr ist aber Zebaoth,
In Wahrheit Baal Zebul ist also Gott,
Herr Zebaoth ist also Baal Zebub?
Bei Unsrer Lieben Frau von Guadelupe!
Wer deutet meinen Traum? Ich kann es nicht.
MARKUS:
Ist Baal der Herr? Das nenn ich ein Gedicht.
PETER:
Ist Gottes Name in der Schrift doch El,
Den Namen übernahm doch Israel
Von Kanaan, wo El der Höchste war
Im Götterhimmel Kanaans und klar
Als Gottheit Melchisedeks anerkannt,
Der Zeus von Kanaan ward Gott genannt.
MARKUS:
Der Zeus von Kanaan? Den Zeus der Griechen,
Den kann ich als ein guter Christ nicht riechen,
Ob Ganymed ihm reiche auch den Becher,
Zeus vom Olymp ist nur ein Ehebrecher.
PETER:
Drum als die Bibel griechisch übersetzt,
Als Name Theos wurde eingesetzt.
MARKUS:
Ich meine, Theon ward der Herr genannt.
PETER:
Das ist der Gott, den Griechenland gekannt,
Ich meine nicht der Aphrodite Zofen,
Ich mein die wahrhaft frommen Philosophen,
Die Erstursach des Aristoteles,
Der Wahrheit Genius von Sokrates,
Das Höchste Gut bei Platon, (hör mich stöhnen!)
Die Ur-Idee von allem wahrhaft Schönen!
Das ist die Gottheit, die die Weisheit kennt,
So nennt man Gott im Neuen Testament.
MARKUS:
Doch Baal ist immer noch ein Heidengötze
Und Aschera bleibt eine Hurenmetze.
PETER:
Daß Baal und Aschera ein Götterpaar
Und Gott nicht einige All-Einheit war
Ist die Kritik der Juden an den Heiden.
Die Juden konnten nicht die Götter leiden,
Die sich gepaart in Sexualität,
Denn Gott ist Eins, das über alles geht,
Denn Gott ist väterlich und mütterlich,
Gott ist All-Einheit, ist das Ich-Bin-Ich!
MARKUS:
Gott sei gepriesen: Vater in dem Himmel,
Herab schau auf das irdische Gewimmel,
Hab Dank für Peter, Danke für Susanna,
Dank für den Wein und Danke für das Manna.
SUSANNA:
Das leckre Mahl ist herrlich angerichtet,
Daß der Poet von unserm Gastmahl dichtet.
(Sie speisen grünen Kohl mit gerösteten Erdäpfeln aus Lateinamerika und Würste dazu, trinken den goldenen Saft der Äpfel und lebendiges Wasser.)
PETER:
Frau Eva, meine Muse, fragt mich schon
Im Geist, wer sei die Hure Babylon?
Rechtgläubig sprach ich zwar von der Gemeinde
Jerusalem und wie die Gottesfeinde
Ägypten sind und Babylon genannt,
War Israel gefangen in dem Land,
Und wie Messias kommt, weiß jeder Christ,
Wird kommen noch zuvor der Antichrist,
So die jungfräuliche Jerusalem
Ist Frau des Lammes, Christus angenehm,
Sie ist Maria, ist die heilig-pure,
Ihr Widerpart ist aber jene Hure
Von Babel, ist die Hure Babylon.
MARKUS:
Jerusalem vermählt ist Gottes Sohn,
Die Hure Babel aber bricht die Ehe
Und darf nicht in des Bräutigames Nähe.
PETER:
Susanna, also sagen alle Christen.
Ergänzen will ich, was die Feministen
Und Psychologen aber dazu sagen,
Wie Frauen die Gedankenwelt beklagen,
Die Frau sei eine Heilige und Pure
Und andrerseits die Sünderin und Hure,
Das, sagen Psychologen, sagen Kenner,
Entsprungen sei der Psyche nur der Männer.
Der Männer Psyche ehrt die heilig-puren
Jungfrauen und verschmäht die wilden Huren.
Im Mittelalter so die Männerwelt
Die Jungfrau malte an das Himmelszelt,
Die unbefleckt und makellos und keusch,
Und sprach dann von der Sünderin im Fleisch,
Der Hure Magdalena, die erneue
Die Fleischeslust in Tränen ihrer Reue,
So dass genussvoll Maler malen konnten
Und sich in Magdalenas Reizen sonnten
Und malten dieser Hure Heiligkeit
Als Fleischeslust in bloßer Buße Kleid!
MARKUS:
Wobei Maria, wie die Protestanten
Zu wissen meinen und schon oft bekannten,
Nach Jesus viele Kinder noch bekam.
PETER:
Was Luther nicht zu sagen unternahm!!
Doch wird Marias Keuschheit so beschrieben,
Als sei ein Eisberg sie und könnt nicht lieben,
So keusch und kühl wie makelloses Eis.
Doch Magdalena scheint ein Paradeis
Der Wollust in dem Venusparadies.
So scheint die Hure Babylon selbst süß,
Nackt auf dem Löwen reitend, Augenweide,
Den Kelch voll Wein, das Kleid ein Hauch von Seide,
Quillt aus dem Hauch von Seide bloß die Brust,
Der Wollust Herrin, Königin der Lust!
MARKUS:
Die Frauen Frankreichs seh ich vor den Augen,
Den Männern Mark und Seele auszusaugen.
PETER:
Die Existenzialisten sagen nun,
Der Mensch muß selbst den Sinn des Lebens tun
Und nirgends sei in Gottes Geist zu lesen
Von Mann und Frau das schicksalhafte Wesen.
MARKUS:
Das macht mich zornig! Weiß die Wissenschaft
Und wissen Biologen von der Kraft
Der Unterschiede zwischen Mann und Frau,
Und sind auch die Gehirne gleich, doch schau,
Daß Mann und Frau benutzen doch verschieden
Der Hirne Raum. Dahin ist nun mein Frieden!
PETER:
Susanna, edle Dame, sieh mich lächeln,
Die Stirne dir mit meinem Frieden fächeln.
Das, was ich sagen wollte, ist doch nur:
Was ist des Menschen Wesen und Natur
Von Gott? Was ist des Mannes und der Frau
Ureignes Wesen? Schau, Susanna, schau,
Die Antwort in den Religionen ist
Ein Hinweis aber. Also sagt der Christ:
Gott ist der Schöpfer, Seele ist die Braut.
Die Menschheit so wird weiblich angeschaut.
Das Weibliche ist als Empfängnis kennlich,
Der Zeugungsakt des Schöpfers aber männlich.
So im I Ging, der Weisheit der Chinesen,
Geschrieben ist von der Natur, dem Wesen:
Das Erste ist der Himmel, ist der Vater,
Das Zeugende ist Gott der Wunderrater,
Das Andre ist die Erde, ist die Mutter,
Ist die Empfängnis, Land von Honigbutter.
SUSANNA:
Doch schaust du einen Menschen selbst an, schau,
Verschieden ist der Mann zwar von der Frau,
Doch Männer selbst sind wieder unterschiedlich
Und Frauen unterschiedlich und gemütlich
Erscheint ein Mann fast weiblich, eine Frau
Fast männlich. Was sagt dazu deine Schau?
PETER:
Ein Mann kann Züge haben feminin
Und Frauen können wirken maskulin,
Doch was ist Weiblichkeit und Männlichkeit
Von Wesen und Natur in Ewigkeit?
Ich weiß es nicht. Der Juden Kabbala
Spricht von dem Vater als dem Gott-Geist da
Und von der Mutter als der Gott-Natur
Und beides ist doch Eine Gottheit nur.
So in der Kirche Katechismus ist
Die Rede von dem Herrn, so glaubt der Christ:
Gott-Vater ist die reine Transzendenz,
Gott-Mutter ist der Liebe Immanenz.
So also scheinen einig in Äonen
In aller Welt die großen Religionen.
Der Vater ist der Zeuger und der Schöpfer,
Der Himmel und der Geist und große Töpfer,
Und mütterlich ist die Natur, der Lenz,
Empfängnis, Liebe, Gottes Immanenz.
So im Buddhismus auch, der Buddha-Gott
Aktive Liebeskraft ist ohne Spott
Und seine Gattin Weisheit ist in Demut,
Der Weisheit Demut, Sanftmut, Mitleidswehmut.
Und in dem Hinduismus ist es so:
Die Eine Gottheit ist das A und O,
Die Eine Gottheit ist allein All-Einheit,
Doch Gott und Göttin spiegeln klar in Reinheit
Das einig-eine Wesen doppelt wieder:
Gott Shiva mit dem Gliede aller Glieder
Vereinigt sich Parvati, seiner Gattin,
Dringt in die Vulva ein der großen Göttin,
Gott Shiva aber ist der reine Geist,
Asketisch sich allein vom Denken speist,
Der mit dem dritten Auge ohne Spott
Vernichtet Kama, Indiens Liebesgott,
Gott Shiva ist der reine Geist und nur
Der reine Geist, die Göttin ist Natur,
Die Göttin ist die Welt der armen Frauen,
Die Mutter ist im Alltag anzuschauen,
Ist praktisch und ist nah der Wirklichkeit.
Der Geist und die Natur in Ewigkeit
Vereinen sich in sexueller Reinheit
Zur Einen Gottheit, absoluter Einheit.
(Die Reste des Mahles werden abgeräumt. Die kleinen Kinder werden ins Bett gebracht. Dann lassen sich die Freunde in den gemütlichen Sesseln nieder und heben die Kelche mit dem edlen Merlot-Wein.)
MARKUS:
Was soll denn heute unser Trinkspruch sein?
Wir tranken sonst doch immer auf den Wein
Und auf der schönen Frauen schöne Brüste!
PETER:
Wir heben heut den Kelch auf Jesu Christe!
MARKUS:
Auf Jesus Christus will ich gerne trinken
Und meiner Frau dann in die Arme sinken!
Du bist ein Dichter. Was denkst du von Zeus,
Apollo, Venus mit des Gürtels Reiz,
Von Juno, Jovis ehelicher Gattin,
Minerva, der jungfräulich-reinen Göttin?
Wie in der Oper und Komödie alle
Sind nichts als Sünder in dem Sündenfalle.
PETER:
Ja, Sünder sind die Götter bei Ovid,
Berühmt geworden durch des Sünders Lied.
Doch edel sind und klar wie Spiegelglas
Die guten Götter Romas bei Horaz.
Vorsehung aber waltet ganz allein
Im Lied Vergils, dem frommen Jüngferlein,
Vorsehung Gottes: Jupiter und Venus,
Schon Prophezeiung dies auf Nazarenus.
Auch all der Götter närrisches Getümmel
Ist nicht im Liede Sapphos, da im Himmel
Nur Eine Gottheit herrschte, Aphrodite,
Der Liebe Gottheit in der Dichtung Mythe.
MARKUS:
Du schweigst so tief. Was denkst du bei dem Wein?
Schläfst du bei diesem edlen Tropfen ein?
PETER:
Von Aphrodite-Anadyomene
Kam ich zu Christi Nymphe Magdalene.
Der Herr trieb aus ihr die Dämonen aus,
Todsünden sieben trieb er aus dem Haus.
So Magdalena war die heilig-pure
Apostlin der Apostel. Keine Hure
War Magdalena mit der Brust, der bloßen,
Das war ein Irrtum Gregors nur, des Großen,
Der Magdalena in Zusammenschau
Verschmolz mit jener Sünderin, der Frau
Im Ehebruch, der Schwester dann von Martha
Und mit der schönen Helena von Sparta.
Das alles ist Legende, Poesie.
Ich aber liebe Magdalena! Sie
Ist die Apostelin der Urgemeinde.
Die Kirchenväter aber waren Feinde
Des Weibes als Apostelin, des Weibes
Und der Natur, des Eros und des Leibes.
Doch in der Gnosis Sekten als Gebet
Gepflegt ward mystisch Sexualität,
Da Magdalena galt als Jesu Braut.
MARKUS:
Die Ketzerei der Gnosis aber schaut
Den Leib als feindlich an, Materia
Als Teufelswerk. Die Gnosis Christus sah
Als Lichtgestalt und Ätherwesen keusch
Und nicht als Logos inkarniert im Fleisch.
Leibfeindlich war die Gnosis allezeit
Und hat die Frauen nimmerdar befreit.
PETER:
Ja, Gnosis, das ist wahrlich Häresie,
Und doch, die Väter irrten auch, als sie
Das Weib, den Eros, die Natur verbannten.
Die Frauen suchten da den Unbekannten
Im Synkretismus, in der Häresie,
Da Mystik war des Eros, da war die
Erotik Magdalenas, Eros, frei
Im Geist, wenn auch in Trug und Ketzerei.
Ach, lasst mich nur von Magdalena träumen!
Wie taucht sie doch aus meiner Seele Schäumen!
(Peter überreicht Susanna das indianische Sakrament von heiliger Xocoatl mit Feige. Sie genießt die Speise und schwelgt in Süßigkeit.)
PETER:
Die Jüngerinnen Jesu, Sankt Susanna,
Sankt Magdalena auch und Sankt Johanna,
Sie liebten Jesus in dem Seelengrund
Und Jesus liebte sie! Doch auf den Mund
Geküsst hat er Maria Magdalene,
Die Lieblingsjüngerin, die Wunderschöne.
Sie war Gemeindeleiterin und schrieb
Ein Evangelium, wie Jesus lieb
Erschienen ihr als eine Lichtgestalt
Und rief sie zu sich, und wie sie gewallt
Ist über Stufen der Planeten, sieben
Planeten aufwärts zu dem Freund, dem Lieben!
Todsünden sieben hat sie überwunden,
Die Liebe dann im Himmelreich gefunden!
So Magdalena tanzte in dem Äther!
Sankt Petrus aber und die Kirchenväter
Nicht Jesu Freundschaft zu den Frauen hatten
Und glichen nicht dem großen Jungfraungatten
Und Bräutigam der Frauen. Weibliche
Natur schien ihnen sündig-leibliche
Und die Erotik solcher Augenweiden
Schien ihnen wilder Eros nur der Heiden.
Doch Jesus alle weiblichen Naturen
Wertschätzte, Ehebrecherinnen, Huren,
Denn Huren kommen, sagte einst der Seher,
Ins Paradies, doch niemals Pharisäer!
MARKUS:
Das ist der Gnosis Evangelium,
Da ist die Leiblichkeit kein Heiligtum.
Von Gnosis, Manichäern, Platonisten
Leibfeindlichkeit kam in die Welt der Christen.
Doch Christenlehre in der wahren Reinheit
Ist dies: Der Mensch ist Leib-und-Seele-Einheit.
Unsterblichkeit der Seele, schön und gut,
Doch auferstehen wird das Fleisch und Blut!
PETER:
Die Lehre aller Philosophen ist
Vergeistigung der Leiblichkeit, o Christ.
Und dies ist die katholische Erfahrung:
Verleiblichung der Glaubens-Offenbarung.
Verleiblichung des Glaubens, also heißt es,
Vergeistigung des Leibes durch des Geistes
Verwandeln, das ist göttliche Kenosis
(Menschwerdung Gottes), wirkend die Theosis
(Gottwerdung frommer Menschen durch die Gnade).
Die Protestanten aber, das ist schade,
Verleiblichen die Offenbarung nicht,
Im Geist nur schaun sie Gottes Angesicht,
Gerettet werden sie allein durch Glauben,
Das Wort ist alles. Aber so berauben
Den Logos Gottes sie des Fleisches. Wehe,
Kein Sakrament ist ihnen noch die Ehe.
MARKUS:
Was heißt das denn, das Ehe-Sakrament,
Das nicht der Protestanten Kirche kennt?
Den Protestanten ist, so denke ich,
Die Ehe einfach weltlich-bürgerlich.
PETER:
Der liebe Gott in stofflicher Gestalt
Ist Hostie! Doch der Liebe Allgewalt
Wirkt in der Ehe auch von Mann und Frau,
Der eine ist des andern Gottesschau,
Einander schenken sie sich Gottes Liebe
Ganz sinnlich spürbar auch im tiefsten Triebe.
So in der sexuellen Einigung
Im Rausch erotischer Begeisterung
Sind Glied und Scheide Ehe-Sakramente.
Die Sexualität im Elemente
Der Ehe ist ein lieber Gott im Kleinen.
MARKUS:
Gott ist der Sexus? Also soll ich meinen?
PETER:
Ein Guru sprach in Indien ohne Spott:
Die Hure redet immer nur von Gott,
Der Priester nur von Sexualität.
MARKUS:
So jeder preist, was in der Ferne steht.
PETER:
Ich dachte bei dem Worte ohne Spott:
Wie tief verwandt sind Sexus doch und Gott!
Die große weltenschöpferische Liebe
Verwandt ist dem mitschöpferischen Triebe.
Gott ist die Liebe, groß im Allgemeinen,
Der Sexus ist der Liebe Kraft im Kleinen.
Gott ist die Liebe und der Mensch ist Liebe,
Der Menschen Liebe konzentriert im Triebe
Der Sexualität (fern aller List)
Der Liebe schöner Mikrokosmos ist.
Der Liebe Makrokosmos ohne Spott
Ist schöpferischer Eros oder Gott!
MARKUS:
Die Macht der Sexualität ist groß,
Der Sexus löst uns von uns selber los,
Ist mehr als Labsal, dass man sich erlabe,
Ist wie Erlösung und wie Ganzhingabe!
PETER:
Weil so verwandt die Sexualität
Der Gottesliebe heiligem Gebet,
Drum Mystiker in allen Religionen
Die Liebe von Äonen zu Äonen
Verherrlichen mit Worten der Erotik,
Da Gottes Eros lehrt sie die Poetik,
Wie Salomo in seinem Lied der Lieder
Und wie in Indien Hymnen immer wieder
Von Krishna und der Braut gesungen werden
Und wie Buddhisten zärtlicher Gebärden
Den lieben Buddha-Gott als Braut geliebt,
Wie Mechthild sich dem Christusgatten gibt
Und San Juan in seinem Liebeslied
Messias liebt als Freundin Sulamith.
Der liebe Gott ist immer dieser Heros,
Der Mensch die Gottesbraut voll Glut des Eros!
MARKUS:
Die Frauen Frankreichs muß ich wieder preisen,
Den Gott der Liebe wissen sie zu speisen,
Nicht wie die Frauen von Britannien prüde,
Die keusch wie Eis und kühl und liebesmüde.
PETER:
Die Frauen Frankreichs freun sich an der Scham
Und prophezeien lustvoll den Islam,
Islam sei Liebe, Sexualität.
Mohammed liebt vor allem das Gebet,
Den Duft der Rose und die schönen Frauen,
In ihnen Gottes Schönheit anzuschauen.
Mohammed pries das herzliche Erbarmen
Des Herrn am liebsten in Aischas Armen,
Mohammed gar empfing die Offenbarung
Des Herrn bei der Vereinigung und Paarung!
Propheten haben Kraft von vierzig Männern,
Mohammed aber nach dem Wort von Kennern
Hat vierzigfache Stärke von Propheten,
Mit der Potenz die Liebe anzubeten!
So die Potenz der Sexualität
Wird Gleichnis für ein mystisches Gebet.
Das Abendland auch preist das Hohe Lied
Der Liebe Salomos zu Sulamith
Als mystischen Gesang der Einigung
Der Seele mit dem Herrn in Heiligung.
Das Morgenland jedoch freigeistig kühn
Läßt die Erotik in den Bildern blühn
Und spiegelt die Vereinung mit der Liebe
Des Herrn in Bildern lusterfüllter Triebe!
MARKUS:
Ist eine Orgia das Paradies,
So wird mir schon der Garten Eden süß!
PETER:
Sind alles Bilder nur vom Paradiese.
Die Stadt von Gold und Edelsteinen, diese
Jungfrau Jerusalem, die Himmelsbraut,
Die der Prophet der Offenbarung schaut,
Ist Bild der Schönheit, Bild der schönen Liebe!
Mohammed mit dem feurigsten der Triebe
Den Garten Eden sah, die Himmelswelt,
Da Huris warten liebreich Zelt an Zelt.
Den Huris ihre schönen Augen glühten,
Der Seide Hauch ein Duft von Pfirsichblüten,
Die Huris paradiesisch evasnackt,
Jungfräulich rein nach jedem Liebesakt!
Das ist der Lobpreis unsrer Liebestriebe
Der Lust und Seligkeit der Himmelsliebe!
MARKUS:
Was reizt die Hochzeit mich mit dem Messias?
PETER:
Da Sulamith Vorschatte ist Marias,
Ist Sie die reine Freundin, makellos! Hld 4,7
So ist voll Rauschtrank auch ein Kelch ihr Schoß, Hld 7,3
Voll Mischwein ist ihr Becken auch ein Becher Hld 7,3
Berauscht euch an der Liebe, trunkne Zecher! Hld 5,1
Weintrauben gleich sind ihre süßen Brüste, Hld 7,9
Wie wonnevoll die Liebe voller Lüste! Hld 7,7
Ihr Leib ist gleich der Palme! Ich besteige Hld 7,8
Die Palme! Pflücken will ich ihre Feige! Hld 7,9
Pflück paradiesisch der Erkenntnis Feige...
.............................................mystisch schweige,
Versiegle meine Zunge mit dem Mund...
(Peter küsst der süßschlafenden Charis die Hand und kehrt in seinen Karmel zurück.)



MAHOM UND DIE EWIGE FRAU


SURE 1

J.H.W.H.
Allah ist Gottheit, Mahom Ihr Prophet!
Ihr Fundamentalisten aber seht
Den Satan in Gestalt des Dämons Frau,
Die Frauen als Dämoninnen, und schau,
Ihr höhnt die Frauen und verschleiert sie.
Doch Mahom war voll Minnesympathie!
Für Freiheit und für Gleichberechtigung
Der Frau sprach Mahom voll Begeisterung.
Sprach Mahom einst: In eurer Erdenwelt
Drei Dinge mir gefallen, mir gefällt
Der Wohlgeruch der Rosen, mir gefallen
Die Wonneweiber, wie sie wonnig wallen,
Und mir gefällt vor allem das Gebet!
So sprach der Freund der Frauen, der Prophet.
Er war ein guter Mensch, ein weiser Mann.
Sechs Jahre war er alt, als aber dann
Die Mutter starb, die schöne weiße Rose,
Da wuchs der Waise auf, der vaterlose,
Bei einer lieben frommen Kinderamme,
Die hütete des Knaben Lebensflamme.
Er wurde Ziegenhirte bei den Ziegen,
Er lernte über Bär und Löwe siegen.
Als Jüngling ward er Karawanenführer.
Er ward ein feministischer Aufrührer,
Dem grausam schien das Patriarchat, brutal.
Den Herren galten Weiber allzumal
Als lästig, wie ein Maul, das Hunger hat,
Nichts galten Mädchen in dem Patriarchat,
Die Weiber waren lästiges Gepäck,
Man mordet Mädchen, sperrt die Weiber weg.
Die Welt war von der Mannesmacht gemacht,
Es herrschte absolute Mannesmacht.


SURE 2

A.M.D.
Chadischa zählte zwar schon vierzig Jahre,
Doch waren noch erotisch schwarz die Haare.
Ist Mahom Karawanenführer auch,
Trifft er Chadischa, trifft ihn Gottes Hauch.
Ein einzigartiges Erlebnis die Begegnung,
Wie der Urgottheit der Urschönheit Segnung.
Chadischa machte ihn zu einem Weisen,
Sie konnte ihn mit Brot der Einsicht speisen.
Mit vierundzwanzig Jahren Mahom recht
Und richtig wird der hohen Herrin Knecht.
Er führt der Herrin ihre Karawanen.
Sie sieht ihn fromm und treu zu seinen Ahnen
Und zuverlässig und loyal und ehrlich.
Da ward Chadischa nach dem Mann begehrlich,
Sie ist erlegen seinem feinen Charme,
Sie will ihn freien, ach dass Gott erbarm,
Sie schickt die Magd vor, die spricht zu dem Mann:
Und schautest du ein süßes Weibchen an
Und würde sie sich ganz Frau Weisheit weihen
Und beten Gott an, wolltest du sie freien?
Er sprach: Das könnte nur Chadischa sein,
Und zu Chadischa sag ich Ja, nicht Nein.
Er war der Hirte und Chadischa Herrin,
Vornehme Dame, nicht gemeine Närrin,
Die Händlerin verschafft ihm Rang und Namen,
Nun ist er angesehn bei Herrn und Damen.
In fünfzehn Jahren Ehe, was vermöcht er
Wohl bessers, als zu zeugen viele Töchter?
Im Hügelland von Bekka meditierte
Der weise Mann. Die Perlenschnur ihn zierte,
Als zu ihm Gabriel getreten: Ave!
Nun den Koran will offenbaren Jahwe!
Und Gabriel ihm wies ein Seidentuch
Und kalligraphisch drauf ein Gottesbuch
Und sagte: Lies vom allerhöchsten Wesen!
Und Mahom stotterte: Ich kann nicht lesen.
Und Gabriel sprach zweimal noch: Nun lies!
Und Mahom eilte in sein Paradies,
Er eilte in Chadischas Frauenarm,
Er ruhte aus an ihrem Busen warm,
Er schmolz dahin wie in der Sonne Butter,
So ein erschrocknes Kind eilt zu der Mutter,
So eilen Kinder zu der Mutter, zu der größten,
Die Kleinen, und die Mutter muß sie trösten.
Und Mahom lernte mit Chadischa nun,
Als Beter innerlich in Gott zu ruhn.
Er lernte, leugnen das auch Exegeten,
Er lernte von Chadischa erst das Beten.
Die Erste der Muslima war Chadischa,
Die Erste aller Frauen, Eva Ischa,
Das leugnen immer Fundamentalisten,
Doch Mahom hörte an Chadischas Brüsten
Die erste Offenbarung des Koran,
Das erste Gotteswort der Gottesmann,
Und seine trunkne visionäre Schau
Gab er der ersten Jüngerin, der Frau
Chadischa seine Offenbarung weiter,
Da er in ihrem Arm lag selig heiter.
Gott ist die Einheit, Mahom Ihr Prophet!
Nun zu den Männern und den Frauen geht.
In Bekka aber gab es viele Götter,
Gottlose, Übeltäter, Frevler, Spötter.
Chadischa aber immer solidarisch
Zu Mahom hielt (sie kochte vegetarisch),
Begleitete in Weisheit und in Glauben
Den Gottesseher sanft wie Turteltauben.
Chadischa war bei ihm in guten Zeiten
Und stand ihm treu auch bei in allen Leiden
Und schütze ihn als Schutzfrau des Propheten.
Zu ihren Füßen ruht der Garten Eden.
Er nimmt sich weiter keine andre Frau,
Er liebt nur sie allein und ganz genau
Trotz aller Tradition des Patriarchates.
Sie wird die Mutter seines Gottesstaates.
Nach fünfundzwanzig Jahren treuer Ehe
Die Mutter-Braut gelangt in Gottes Nähe.
Sie stirbt. Ihr Todesjahr ist Jahr der Trauer.
Gott-Mutter war sie für den Gottes-Schauer!


SURE 3

U.L.F.
Chadischa war im Tode neugeboren.
Nun Mahom seine Förderin verloren,
Gottlose, die den Gottesmann nicht lieben,
Sie haben ihn aus Bekka-Stadt vertrieben.
Mit seinen Töchtern ist er fortgezogen,
Mit ihnen in Medina eingezogen.
Dem Fünfzigjährigen ein neues Leben
Ward von dem Herrn, dem Ewigen gegeben.
Das Kind befreite sich von seiner Mutter
Chadischa, deren Busen war wie Butter.
Er wählte sich nun Frauen zu der Ehe,
Zwei Frauen kamen nah in seine Nähe.
Die Erste sorgte sich um seine Töchter
Und mit dem zweiten Weibe, was vermöcht er
Doch sonst zu tun, als mit dem besten Triebe
Zu zelebrieren seine große Liebe?
Aischa war der Liebesleidenschaft
Genossin, die mit starker Lendenkraft
Er liebte und befriedigte, die war
Ganz reine Jungfrau, heilig, lauter, klar,
Die witzig war, humorvoll und verspielt.
Hier Eros hat den Liebespfeil gezielt!
Aischa Mahom nun verdreht den Kopf
Mit ihrer schwarzen Lockenflut am Schopf
Und Mandelaugen ohne alle Trübe.
Sie leben in der Innigkeit der Liebe,
Die keiner sonst versteht, der draußen ist,
Ist ein Geheimnis, wie Aischa küsst,
Mysterium ist Mahoms Manneskraft,
Ist eine grenzenlose Leidenschaft!
Sie nehmen gegenseitig in Besitz
Des andern Seele in dem Augenblitz,
Bekommen voneinander nie genug,
Sie lieben treu und ohne allen Trug.
Und Mahom schwor beim Auferstehn der Toten:
Unlösbar wie in einem Seil ein Knoten
Ist meine Liebe zu Aischa stark!
Noch saugt sie mir das Leben aus dem Mark!
Der Gottesmann im tiefsten Seelentriebe
Die Sinnlichkeit entdeckt und Lust der Liebe,
Die freudenvolle Sexualität!
Und Mahom betete ein Lobgebet
Und pries der Gottheit herzliches Erbarmen
Und lag dabei Aischa in den Armen!
Aischa sprach: Es ward ihm Offenbarung
Zuteil, dieweil wir in der Liebespaarung
Die Brust am Busen beide schwitzend lagen
Gebettet unter reinem weißem Laken!
Islam ist Liebe, Freude und Gebet,
Islam ist Glück der Sexualität!
Gott ist die Liebe, Mahom ist Ihr Heros,
Das Wesen des Islam ist Gottes Eros!
Zwar Mahom war von großer Leidenschaft
Und sprach viel von der Lust der Lendenkraft
Des Mannes, doch in liebestrunkner Schau,
Er sah, wie zu befriedigen die Frau,
Wie ist der Frau zu schenken ihre Stillung,
Der weibliche Orgasmus der Erfüllung!
Ja, Mahom sprach so oft wie vom Gebet
Von freudenvoller Sexualität!
Denn was den Mann vom Tiere unterscheidet
Ist, dass er seinem Weibe Lust bereitet!
Die körperliche Wollust, trotz des Spottes,
Die Sexualität ist Gabe Gottes!


SURE 4

M.M.
Der Vizekönig von Ägypten schickte
Maria.................................................
Die Sklavin, eine Koptin, eine Christin,
Betörte Mahom mit Gazellenbrüsten!
Er schloß sich ein mit ihr wohl vierzig Nächte
Und diente mit prophetischem Gemächte
Maria, Moses gleich auf Sinai,
So Mahom liebte vierzig Nächte sie
Allein, vergaß die andern Haremsfrauen,
Enttäuschte so der Anderen Vertrauen.
Die Frauen aber sandten ihre Väter:
Beschworen sei, Prophet, beim Vater Äther,
Du musst die Weiber alle gleich behandeln,
Nicht ewig mit der Einen nur lustwandeln
Und nur Maria schenken dein Gestöhn
Der Liebeslust und ist sie noch so schön!
Die Haremsfrauen voller Lebensfreude,
Sie waren stolze starke Frauenleute,
Sie sprachen laut, sie flüsterten nicht züchtig,
Doch waren sie auch rasend eifersüchtig!
Es wollte jede Lieblingsgattin sein,
Doch Eine war ihm Lieblingsfrau allein:
Aischa war im Wettstreit Siegerin
Und war wie eine schwarze Pantherin
Und schützte ihren Platz als Lieblingsfrau.
Doch rollte oft ihr auch der Tränentau,
Denn war Aischa auch ein Wonneborn,
Oft packte auch die Lieblingsfrau der Zorn,
Da war Aischa, Lieblingsgattin züchtig,
Wie Feuer von Gehenna eifersüchtig!
Da kam das Gotteswort in den Koran:
Vier Frauen darf nur haben je ein Mann,
Soll alle gleich behandeln und gerecht,
Doch kann der Mann das nicht, so geht’s ihm schlecht,
So soll er sich mit Einer Frau bescheiden,
Sonst wirkt ihr Männer große Frauenleiden,
Ihr könnt nicht also groß und göttlich wandeln
Und alle eure Frauen gleich behandeln.
Drum Mahom rät den Männern ohne Spott:
Liebt Eine Frau allein und Einen Gott!


SURE 5

X.P.
Nun aller der Musliminnen Prophet
Im Kreis der hochgeschätzten Frauen steht.
Begierlich kann er schon die Blicke werfen
Und kann das Schwert schon in der Scheide schärfen,
Doch schaut vor allem er die Frauen an
Als geistig ebenbürtig einem Mann
Und Partnerinnen in der Diskussion.
Trat eine Frau zu Mahoms Richterthron
Und sprach: Mein Gatte schafft mir keine Wonne
Der Wollust mehr, wenn unterging die Sonne
Und wenn am Himmel herrscht die große Venus,
Denn, ach, mein Mann hat einen schlaffen Penis!
Die Jünger Mahoms schlugen sich die Stirne
Und riefen laut: Wie sprichst du schamlos, Dirne!
Doch Mahom lachte: Das ist zu verzeihen,
Wir können dich von diesem Kerl befreien,
Der nicht befriedigen die Gattin kann,
Was ohne Phallus ist das für ein Mann!?
Trat eine andre Frau zum Richterthrone
Des Sehers, sprach: Mein Mann ist leider ohne
Respekt, geohrfeigt hat er seine Gattin!
Sprach Mahom: Bei Allath, der Liebesgöttin,
Ohrfeigen sollst du deinem Gatten geben,
Daß er sie nicht vergisst sein ganzes Leben!
Wie Mahom nicht gesinnt sind Islamisten,
Die Fundamentalisten, Terroristen,
Die den Islam nicht als die Liebe feiern,
Die alle Frauen wollen ganz verschleiern,
Sie fürchten sich vor hohen Busenwogen
Und nacktem Nabel, denn die Psychologen
Erklären das: Vor Frauen wie vor Schlangen
Die Männer vor dem eignen Dämon bangen,
Sie bangen vor des Weibes Zierrat Zierde,
Sie bangen vor der eigenen Begierde,
Sie bangen vor des Weibes Liebeslust,
Vor Buhldämonen in der eignen Brust!
Dem Mann wie Sog ins Nichts der Todesnacht –
Das ist des weiblichen Orgasmus Macht!


SURE 6

A.O.
Zwar Mahom revolutionierte mächtig
Der Frauen Stellung, darin war er prächtig,
Er gab den Frauen Erbrecht, Recht zu erben,
Vererben konnten Frauen, wenn sie sterben,
Er ließ nicht zu der süßen Töchter Mord,
Er sprach sein seherisches Donnerwort:
Auch die Geburt der Töchter ist gewollt
Von Gott, die Gottheit ist den Töchtern hold!
Er ließ nicht zu das Werk der Finsternis:
Beschneidung an der Frauen Klitoris!
Doch war der alte Mann voll ernster Sorgen,
Man schafft das edle Frauenrecht ab morgen.
Er hat sich dieser Sorgen so entledigt:
In Bekka sprach er in der Abschiedspredigt:
Gott ist als euer Zeuge anzuschauen
Und euer Richter im Belang der Frauen!
Aufmerksamkeit, Verbundenheit mit Frauen
War immerdar bei Mahom nur zu schauen,
Respekt auch vor der Geistigkeit der Weiber,
Trotz der Begierdeblicks auf ihre Leiber!
So blieb es bis zum letzten Atemzug,
Nie hatte er vom Weiblichen genug!
Sonst war er ganz gerecht zu allen Frauen
Des Harems, als Gerechter er zu schauen,
Nun aber Mahom war ein alter Mann,
Er stand noch in der großen Liebe Bann.
Die Vielgeliebten all, die Haremsfrauen,
Dem Seher in die weise Seele schauen,
Sie sehen, der Prophet ist alt und krank,
Er will nur Gott abstatten seinen Dank
Und preisen Gottes ewiges Erbarmen
Am allerliebsten in Aischas Armen!
So sagen seine Haremsdamen all:
Den Rosen allen sang die Nachtigall,
Nun sterbend will die Nachtigall der Rose,
Der Lieblingsrose ruhn im roten Schoße!
Die Frauen wussten: Isch will seine Ischa –
So Mahom will zur Lieblingin Aischa!
Und so verbrachte er die letzten Tage
Im Arme der Geliebten, sagt die Sage,
Denn seine Eine Liebe war so groß,
Er selig lag der Lieblingin im Schoß,
Er voller Liebe starb in ihren Armen
Hinüber in des Ewigen Erbarmen!



NIGRA SUM ET FORMOSA


1

Da war Joseph ganz nach Wünschen
Von Gestalt und ohne Lüge
In den strahlend lichten Augen,
Schön das makellose Antlitz
Ganz nach Wunsch und ganz nach Wahrheit.
Liebte sehr den Leib des Mannes
Eine Fraue, seine Herrin,
Seines Herren hohe Gattin.
Diese griff ihn, wie die Schrift sagt,
Griff ihn heimlich eines Tages,
Sprach mutwillig und begierlich:
Schlaf mit mir in meinem Bette!
Sprach er: Nein, das will der Herr nicht!
Hat mein Herr mir doch gegeben
Alles treu in meine Hände,
Aber er ist mein Gebieter
Und so soll es immer bleiben,
Ohne dass ich mich dir eine
Und erkenne deinen Körper.
O du Frau, des Herrn Gemahlin,
Bleib du weiter meine Herrin,
Rede doch nicht vom Begehren,
Vom begierlichen Verlangen!
Doch die Fraue mit den Händen
Griff nach seinem schönen Kleide
Und riß ihm das Kleid vom Leibe.
Josef ist davon gelaufen,
Ließ sein Kleid zurück der Herrin.
Flüchtend floh er vor der Fraue,
Ließ sein Kleid zurück der Fraue.
Da begann sie ihn zu schmähen
Und beschmähte ihn mit Schande.
Josefs Kleider nahm die Herrin,
Zeigte sein Gewand den Mägden,
Wies es seines Herrn Gesinde.
Und die Frau verklagte Josef,
Daß er voller Lustverlangen
Sie begehrt hat, ihren Körper,
Wollte sie im Bette lieben!


2

Moses Schwester, Sankt Maria,
Und der Bruder Moses, Aaron,
Moses wollten sie ermahnen
Scheltend, weil er sich genommen
Eine Mohrin zur Geliebten.
Als nun Mose kam vom Weibe
Und er wegen jenem Weibe
Gott so dankbar war und selig,
Schimpften Aaron und Maria
Überlaut den Freier Mose
Und sie sahen nicht die Größe
Der Verliebtheit des Propheten!
Und der Priester Aaron schimpfte
Und die Schwester Sankt Maria
Über Mose und sie sprachen:
Warum hast du mehr Propheten-
Kraft als Aaron und Maria?
Voller Neid beneidend Mose
Schmähten den Propheten beide,
Weil er eine Mohrin liebte,
Eine edle schöne Mohrin.
Voller Neid beneidend Mose
Sprachen sie: Du bist dir sicher,
Daß du bist der Gottgeliebte?
Gott ließ Aaron und Maria
Vor die Tür der Hütte treten
Und der Herr in goldner Wolke
Kam zu Aaron und Maria.
Und Maria ward voll Aussatz,
Da war sie voll Leid und Jammer.
Also sprach sie zum Propheten
Mose: Mein geliebter Bruder,
Bitte Gott für mich! Und Mose
Bat für die geliebte Schwester:
Herr Gott, heile du Maria!
Da sprach Gott zu dem Propheten:
Deine Schwester tue Buße
Sieben Tage – Sieben Tage
Sei sie außerhalb der Hütte!
Mose tat, wie Gott gesprochen,
Da ward wieder rein Maria!


3

Kam die Königin von Saba
Zu dem König voller Minne,
Kam zu Salomo, dem Weisen,
Sah sie seinen großen Reichtum,
Sollt ihr hören, was sie sagte:
Was ich sah, war nur ein Windhauch,
Ich erblinde vor dem Wunder,
Das ich hier gesehen habe.
Doch die Königin von Saba
Hörte von des Königs Weisheit.
Von dem Ende dieser Erde
Kam sie, aus dem Morgenlande.
Und sie kam im Namen Gottes
Nach Jerusalem zum König
Salomo mit den Gefährten
Und Kamelen voller Gaben.
Reichlich schenkte sie voll Minne.
Und sie wollte Salomonis
Weisheit hören, in dem Herzen
Trug sie viele Fragen, alle
Fragen fanden ihre Antwort
Bei der Weisheit Salomonis.
Salomo gab ihr Geschenke,
Gab der Königin von Saba
Mehr noch als sie ihm gegeben.
Also zog sie in die Heimat,
Heimwärts zu dem Morgenlande.
Salomonis Gold war jährlich
Gold sechshundertsechsundsechzig
Zentner, reiche Zinsen tragend.
Reicher war der weise König
Als die großen Handelsherren
Und Arabiens Beherrscher
Und die Fürsten dieser Erde.
Salomonis Handelsschiffe
Zogen mit den Schiffen Hirams
Übers Meer nach Tarsis, brachten
Gold und Silber, Edelsteine,
Elfenbein und Sandelhölzer,
Affen, Pfauen, schwarze Stuten.


4

Küsse mich mit deinen Küssen,
Mit den Küssen deines Mundes!
Gib mir nicht Prophetenküsse,
Gib mir Evangeliums-Küsse!
Süßer sind mir deine Küsse
Als des roten Weines Küsse!
Denn du duftest wie das süße
Salböl aus dem Öl der Rose!
Deine Grazie, Geliebte,
Ist mir süßer als Gesetze!
Zwar Gesetze gab uns Mose,
Doch die Grazie ist Christi!
Deine Salbe ist die Mischung
Süßer Ruach, heilig geistlich,
Mit dem Dufte deiner Salbe
Machst du selbst den Sünder selig!
Ausgegossne Rosenöle
Sind dein Name, o Geliebte,
Und dein Name ist so ewig
Wie die Christenheit in Christus!
Darum lieben dich die Schwestern,
Denn du bist der Duft der Reinheit!
Ich bin eine Zedernwohnung,
Eine Wohnung Salomonis,
Ich bin eine dunkle Wohnung,
Ismaels geliebte Wohnung,
Ismael ist ja mein Sprössling.
Ich bin Haus und Herbergshütte
Und nicht wie die wilden Zelte
In der Beduinen-Wüste.
Hütte Kedars bin ich, dunkle
Wohnung für die finstern Söhne,
Welche weinend vor mir klagen.
Wie ich leide meine Qualen,
Bin ich voll vom Frieden Christi.
Tabernakel bin ich, heilig,
Für die animalisch-wilden
Sünder unter allen Menschen.
Tabernakel bin ich Gottes,
Die das Fleisch gekreuzigt haben
Und die Wollust der Begierde,
Gehen ein ins Tabernakel!
Nicht beneidet meine Schönheit,
Denn dass ich so schwarz bin, Männer,
Ist weil mich die Sonne brannte.
Nicht beneidet meine Leiden,
Da von ihnen ich gewonnen
Meine Treue immerwährend,
Meine makellose Reinheit.
Nun vernehmt von meinen Leiden:
Meiner Mutter Söhne stritten
Sehr mit mir, ich solle hüten
Alle ihre Weinterrassen,
Aber ich hab nicht behütet
Meinen eignen Minne-Weinberg!
Ich bin die Herausgerufne!
Meine Mutter, das ist Zion!
Meiner Mutter Söhne aber
Sind die wilden Heidenkinder,
Die mich immerdar bestreiten.
Die Apostel und Doktoren
Hießen mich den Weinberg hüten.
Meisterin der Auserwählten,
Ich bin die Herausgerufne,
In Jerusalem Gepflanzte.
Ah, die Braut ist krank vor Liebe,
Aber sprach mit Geist und Wahrheit:
Töchter Zions, Spötterinnen,
Ich bin aber doch die Schwarze,
Bin die wahre Zedernwohnung
Und die Wohnung Salomonis.
Sprach die Braut im Sinn der Weisheit:
Meiner Mutter Söhne setzten
Mich zur Hüterin des Weinbergs,
Aber ich hab nicht behütet
Zärtlich meinen eignen Weinberg.
Eja, sagt mir an und jammert,
Wo ist der Geliebte mittags,
Sagt mirs, dass ich mich nicht irre
Bei den Scharen der Genossen.
Sie antworten, dass ich schreibe:
O du Schönste aller Frauen,
Weißt du nicht, wo der Geliebte
Ruhet in der Mittagsstunde,
Gehe zu den Hirtenhütten,
Also sagen alle Zungen.
Ich, die Schwarze und die Schöne,
Hört mir zu, ihr Töchter Zions.
Wie ein Zelt bin ich von Kedar
Und die Kammer Salomonis.
Was verwundert ihr euch, Frauen,
Daß ich bin die Schwarze, Schöne,
Da die Sonne mich gebräunt hat?
Ich bin schwarz im Angesichte
Und bin lieblich in der Wahrheit,
O ihr Töchter Zions alle,
Die ihr in der Liebe Gnade
Seid noch lange nicht vollkommen,
Zelt von Kedar bin ich, Huris,
Salomonis Schlafgemächer
Oder Gottes Tabernakel!
Wundert euch nicht, Töchter Zions,
Daß ich bin die Schwarze, Schöne,
Denn ich bins aus lauter Gnade.
Meiner Mutter Söhne aber
Von Ägypten stritten zänkisch
Gegen mich in meiner Arbeit,
Denn ich soll den Weinberg hüten,
Aber meinen eignen Weinberg
Hab ich nicht so gut behütet.
Das sind die Bekümmernisse
Meiner Arbeit in Ägypten.
Aber meinen Weinberg schenk ich
Salomo, dem weisen Fürsten!


5

Sprach Maria von Ägypten
(Evelyn Roe in der Ballade):
Wie die Welt ist so gestaltet
In der Eitelkeit des Windhauchs,
Sind da Reiche, sind da Arme.
Ich bin eines Reichen Tochter,
Ich bin aus dem Land Ägypten.
Lauter Sünde, lauter Schande
Übte ich in meiner Unzucht,
Ich befleckte meinen Namen,
Ich mag nicht mehr herrlich heißen
Nach dem Namen Unsrer Fraue!
Meine Mutter war sehr fleißig,
Pflegte mich vom ersten Tag an,
Liebte mich von ganzem Herzen.
Gold und Silber ward mir reichlich
Und dazu die feinsten Kleider.
Damit aber kam der Hochmut,
Daß ich eitel üppig lebte,
Daß mein Herz zum Fasse wurde,
Ward zum Fasse wilder Wollust,
Vase ward voll böser Blumen!
Eine Wilde war ich, zuchtlos,
Gänzlich ohne Frauenehre!
Meine Mutter unterwies mich
Heilig in der Zucht der Frauen,
In der Zucht der Frauenehre,
Diese lehrte sie mich heilig,
Voll der mütterlichen Liebe,
Wie ich mein Gemüt des Weibes
Soll in reiner Tugend üben
Und nicht wüste Tänze tanzen
Nach der Wollust meines Fleisches.
Was sie da zu mir gesprochen,
War mir aber leider Unlust,
Meiner Mutter Lehre däuchte
Unlebendig mir und lustlos.
Als ich war im zwölften Jahre,
Fuhr in mich die Kraft der Sünde!
Meiner mädchenhaften Keuschheit
Ich entsagte ohne Jammer,
Doch auf jämmerliche Weise.
Und so bin ich dann entwichen
Aus des Vaters Hut und Hause,
Auch an meinem Mut und Willen
Irrte mich nicht meine Mutter,
Als ich mich von ihr verirrte.
Und so ward ich eine Freie,
Eine Freie vieler Freier!
Alexandrien, die große
Hure, Hauptstadt von Ägypten,
Ward mir Aufenthalt auf Erden,
Wo ich in der Freiheit lebte.
Ach, ich muß zu meiner Schande
Sagen, dass ich manchen Freier
Mir als Freier dort genommen!
Aber davon will ich schweigen,
Wie die Freie tat den Freiern,
Was ich in der Lust getrieben…
Weh mir, dass ich nicht gestorben,
Die ich manchem ward zur Sünde!
Ach, ich war des Teufels Spielball,
Ach, ich war die Braut des Teufels,
Da ich meinen Leib ergeben
In so jämmerlicher Weise
Freiern lüstern als die Freie!


6

Schau, die schönsten Frauenbrüste
Machte die Natur, die Mutter,
Machte sie aus weichem Fleische,
Machte sie aus süßem Fleische!
Diese sollen an den Frauen
Jugendlich gestrafft und fest sein!
Aristoteles der Weise
Sprach: Wenn Frauen haben Brüste,
Wenn sich wölben ihre Brüste,
Fängt der Mann an, sie zu lieben!
Schwarzer Frauen Milch ist besser
Als die Milch der weißen Frauen.
Anders ist es bei den Ziegen:
Weiß er Ziegen Milch ist besser
Als die Milch der schwarzen Ziegen.
Das versteh ich so zu deuten:
Schwarze Frauen, schwarz von Gluten,
Haben süßre Milch im Busen
Als die Frauen, weiß von Kälte,
Die so frostig wie ein Eisberg!
Ruhm den Brüsten schwarzer Frauen!


7

Siehe dort, die Stadt Karthago,
Dorten herrschte Herrin Dido!
Woher aber sie gekommen,
Ich bericht es nach der Wahrheit,
Wie von ihr geschrieben worden,
Die vertrieben ward von Tyrus,
So in dieses Land gekommen,
Wie ich es gelesen habe,
Also will ich davon singen.
Herr Sychäus hieß ihr Gatte,
Den ihr Bruder ihr erschlagen,
Der getan ihr solches Leides,
Die doch schuldlos war im Unglück,
Weil der Bruder haben wollte
Herrn Sychäus’ Fürstentümer
Und das Land, das er besessen,
Drum vertrieb er seine Schwester.
Da der Bruder sie vertrieben,
Nahm sie Schatz und Schar und Schiffe,
Schiffte übers Meer, das blaue,
Ist in Libyen gelandet.
Schau, da kam der Herr Äneas,
Da die Herrin Dido herrschte.
Sie empfing ihn voller Minne,
Ihn und alle seine Ritter.
Da begann sie ihn zu küssen,
Führte ihn in die Gemächer,
Daß er keine Gunst vermisste!
Da der fromme Herr Äneas
War in Didos Burg gekommen,
Schickte seine Mutter Charis
Ihren kleinen Liebling, Eros,
Daß Gott Eros Herrin Dido
Mit der Minneglut entflamme!
Niemals konnte eine Fraue
Mehr in Leidenschaft entflammen
Als für Herrn Äneas Dido!
Ah, das brachte sie von Sinnen,
Sie geriet in Weh und Wahnsinn!
Dido war in schöner Wohlfahrt
Voller Herrlichkeit und Schönheit,
Reich geziert im Lichtgewande,
Das sie selbst für schön erachtet,
Die sich selbst geziert mit Mondstein,
Lapislazuli und Jade,
Silberkettchen, Silberringen,
Schau, ihr Hemd war feinster Hauch nur,
Kurzgeschnitten war das Röckchen,
Reichte eben auf die Schenkel!
Sie, ein schöngebautes Weibchen,
Prunkte mit der Pracht von Körper!
Und ihr Bauch war süß wollüstig
Und die Hüfte süß wollüstig!
Ihre Lippen waren Scharlach,
Weiß ihr Hemd am Oberkörper,
Drüber hing des Mantels Purpur,
Blaues Linnen war ihr Beinkleid,
Perlenketten um den Nacken,
Myrrhebüschel zwischen Brüsten,
An dem Halse Talismane!
Unbeschreiblich schön war Dido!
Doch der Schönheit Allerschönstes
War das Licht der Mandelaugen!
Diamantne Venussterne!
Als im Herbste es geregnet,
Nahm der Herr Äneas Dido
Unter seinen weißen Mantel,
Barg sie warm in seinen Armen!
Da entflammte ihm der Eros
In den Venen Blut zu Flammen
Und sein Fleisch zerschmolz vor Hitze!
Charis’ Sohn Äneas mannhaft
Sich ermannte vor dem Weibe!
Ah, er siegte in der Liebe,
Triumphierte in der Liebe!
In der trauten dunklen Grotte
Waren sie sich nah in Minne,
Schaute nicht herein ein Fremder,
Niemand sah das Haupt Äneas’
In dem Schoß der Herrin Dido!
Voller Leidenschaft und Liebe
Bat er sie um ihre Liebe,
Daß sie ihm gewähren möge,
Wie sie selbst ja oft begehrte!
Herrin Dido schwieg… Äneas
Warf sich ihr an ihre Brüste,
Wie ihm Eros selbst geboten!
Sie ergab sich seiner Minne,
Sie liebkoste seinen Körper,
Er umfing die runden Hüften,
Presste sich an ihre Brüste,
Strich ihr sanft die süßen Schenkel!
Sie ergötzte ihn mit Gnade,
Er erfreute sie mit Gnade,
O so groß ist Gottes Gnade!…


[Inhalt]

Hosted by www.Geocities.ws

1