[Inhalt]

Peter Torstein Schwanke
 
SPIRITUELLE SONETTE
 
 
„Wenn ich gesagt: ‘Es ist ausgesungen’,
War schon ein Quellen von Lippe zu Ohr.
Wenn ich gewähnt, daß die Saiten zersprungen,
Scholl mir die Harfe wie nimmer zuvor.
 
Ewiges Licht aus dem ewigen Lichte,
Ewiger Geist aus dem ewigen Geist,
Wendest ins Dunkel mein Angesicht,
Daß ich gewahre, wie hell du seist.“
 
(Rudolf Alexander Schröder)
 
 
ERSTE ABTEILUNG: EVANGELISCHE SONETTE
 
 
ERSTER FLÜGEL
 
 
"O! wo bin ich! O was seh ich /
wach ich? treumt mir? wie wird mir?
JEsu!..."
(Andreas Gryphius)
 
 
1
 
O Herr, ich freue mich an deinem Lamm,
Das auf dem Zion steht in Ewigkeit,
Das so verwundet ist und doch nicht schreit,
Das ist von Juda aus dem Segensstamm.
 
Das Auge leuchtend hell wie Feuerflamm
Erhellt von seinem Thron die Himmel weit,
Sein Leben Trost ist allem Menschenleid.
Ihm will ich singen wie einst Miriam
 
Zur Pauke Lobgesänge, dem Messias,
Der sich geopfert hat auf dem Altar,
Der Sünde aller Völkerschaften wegen.
 
So wie der Lobgesang vom Mund Marias,
Ertöne mein Sonett zum offenbar
Gewordnen Gott. Ich bitt um Gottes Segen.
 
 
2
 
In himmlischen Gefilden vor dem Thron
Du spieltest vor der Gottheit wie ein Kind,
Du bist dem Herrn der Ewigkeit ein Sohn
Und seinen Erdenkindern lieb und lind.
 
Dein Reden weht wie Hauch, wie Maienwind,
Pfingstrosen duften nicht so süß wie du.
Hauch Jesu Jünger an, die Beter sind,
Auf daß sie schauen Jahwes Himmelsruh.
 
Die Senkel aufzuknoten seinem Schuh,
Bin ich nicht wert. Gott geb mir eine Demut,
Mit Ehrfurcht geh ich auf den Himmel zu,
Da wo der Trost thront meiner Seelenwehmut.
 
Gott rettet! Das zu glauben, das ist weise.
Die Weisheit haucht so zärtlich, lind und leise.
 
 
3
 
Erbarmungswürdig niedrig hier im Elend,
Empfinde ich die Nichtigkeit der Welt.
Mein Bruder Jesus! sende Trost, beseelend
Mein Leben, wenn mein Herz dir wohlgefällt.
 
So wie ein Bräutigam vom Himmelszelt
Zur Jungfrau Hirtin geht, die seine Braut,
So kommt der Geist, der Gottes Liebe hält
In Ehren, den mir Christus anvertraut,
 
Und küsst das Herz; sein Mund ist wie betaut
Mit Tau des Lebens in der Ewigkeit,
Sein Blick ist golden, wie der Morgen schaut,
Wenn Leben aufwacht aus der Schlafenszeit.
 
Was red ich? Keiner sah dich. Doch ich glaube,
Du liebst mich, denn du bist die Liebestaube.
 
 
4
 
O Vater, deine Liebe war so groß,
Daß du zum Glück die Schöpfung dir erschaffen!
Du hobest Adam aus dem Erdenschoß
Und gabst ihm Geist. (Er stammt nicht ab vom Affen.)
 
So, Vater, schufst du dir die Kinderschar,
Auf daß sie preisen deinen Vaternamen.
In Jesus dem Messias offenbar
Sprachst du zu deiner Schöpfung Ja und Amen.
 
Auf deinem Schoße will ich ewig sitzen,
Auf Christi Thron, der Herr auf Gottes Thron.
Ich möchte dir zu deiner Freude nützen,
Dich lieben, das heißt: lieben deinen Sohn.
 
(Man singe dies Sonett am Tor von Rabba:)
Wir nennen Gott mit Jesus Christus Abba!
 
 
5
 
Der Meister sagt: Kein anderer ist Meister
Als Gottes Sohn. Gott, der du alles weißt,
Du gabest deinem Sohne deinen Geist
Der Weisheit. Voller Weisheit unterweist er
 
Empfangsbereite Jünger, deren Geister
Sich richten auf des wahren Meisters Geist,
Der kam, daß er die Jünger unterweist
Im Weg und Sinn des Lebens. Jesus heißt er,
 
Der ist das Wort, der hat die wahre Lehre
Aus einer Offenbarung Gottes. Dank
Sei unserm Meister, Ruhm und Preis und Ehre
Und süß ein wunderschöner Lobgesang:

Mein Meister! Lehre mich den Weg der Liebe,
Daß ich in deinen Himmeln selig bliebe!
 
 
6
 
Das sagtest du uns, Jesus: Gott ist Liebe!
O, eine Quelle seliger Genüsse
Und Überflüsse honigsüßer Küsse
Auf meines geistbeseelten Leibes Lippe!
 
O Taube, die du mir im Herzen nistest,
Du singst ein Liebeslied in meinem Busen
(So süß war nimmer der Gesang der Musen):
"O Jungfrau, meine Braut, ja wenn du wüsstest,
 
Wie überschwenglich ich nach dir verlange!
Ich gebe dir mein Leben und mein Blut
Zu deiner Liebesseligkeit, o Ruth,
Komm du zu deinem Herrn! gib daß wir Wange
 
An Wange uns in trauter Nähe schmiegen,
Die Seelen himmlisch ineinander fügen."
 
 
7
 
Geläutert in dem Feuer ist das Gold,
Das Schmuck und Zier ist für den Morgenstern.
Ihr Himmel jauchzt, ihr habt jetzt, was ihr wollt:
Die Auferstehung feiert ihr des Herrn!
 
So purpurn wie ein Granatapfelkern,
Voll Feuerglanz erscheint der gloriose
Beginner goldnen Tages. Nah und Fern
Verliebt sind in die wundervolle Rose,
 
Die Liebesblüte, eine dornenlose,
Von Sünden freie, voller Himmelsschöne!
So licht wie Sinas Feuer war dem Mose,
Ja lichter noch! Zehntausend Himmelssöhne
 
Mit Feuerzungen beten an den Herrn!
Er gebe mir den lichten Morgenstern.
 
 
8
 
Wie Sand am Meer unzählige Äone,
So lange wird es währen, ohne Ende.
Es sprudelt aus der Quelle vor dem Throne
Und führt herbei in unserm Sein die Wende:
 
"Reicht mir, dem Leben, eure leeren Hände,
Daß ich der Zeiten Sehnsucht euch erfülle.
Wenn ich zu euch den Geist des Lebens sende,
Dann habt ihr Sein in Tiefe, Kraft und Fülle."
 
Ich bet dich an, o Leben, in der Stille!
Ganz unermeßlich deines Wesens Dauer,
Das kann ich nicht erblicken durch die Brille,
Doch bist du nah mir in dem Wonneschauer
 
(Ach daß er ewig mir im Herzen bliebe) -
Dein Wesen, Leben Gottes, ist die Liebe!
 
 
9
 
Ja, Gottes Zürnen und des Lammes Grimmen
Geht über diese abgefallne Welt,
Welche seit Eva zu der Schlange hält.
Vom Throne Donner, Blitze, Rauschestimmen
 
Verkünden uns den nahen Tag des Herrn!
Wer kann bestehn? wer birgt sich vor dem Zorn,
Getrieben von des Fleisches Sündendorn?
Doch offenbar wirds vor dem Morgenstern.
 
Und Antichrist, Prophet der Lüge, Tier
Geworfen werden in den Feuersee,
Dahin des Satan Söhne, in das Weh!
 
Lieblinge Jesu, Kinder Gottes, ihr
Zieht in des Geistes Ruhe wonnesüß.
Gott ist die Liebe in dem Paradies!
 
 
10
 
In Jesu Namen komme ich zum Vater,
Denn ich bekenne alle meine Fehle,
Er ist der Helfer meiner kleinen Seele
Und meinem schwachen Geist ein weiser Rater.
 
Ich dank für seine Langmut, sein Erbarmen,
Ich dank für seinen Trost und seine Hilfe
(Er half mir vor dem bösen Tier im Schilfe).
Ich berge mich in Gottes Mutterarmen.
 
Gott! in die Tiefe der verfluchten Erde
Stieg ich hinab, in eine Drachenhöhle,
Da fiel in meine Seele große Angst.
 
Da schrie ich: Abba, Abba! laut. "Ich werde
Ins Lichte führen die geplagte Seele...
Mein Kind, mein Sohn weiß ja, wie sehr du bangst..."
 
 
11
 
Mein Gott, du bist mein Schöpfer, der mich machte
Nach deinem Bild, aus geistlicher Vision,
Du maltest mich, so wie dein Geist sichs dachte,
Ein Ebenbild des Vaters bin ich, Sohn.
 
Poet bist du, und ich bin dein Poem!...
Gib, daß ich mich auf deinen Christus reim!
Das Liebeslied der Braut Jerusalem
Bin ich. "Ich bin!" der ists, von dem ich träum.
 
Ich bin dein Kunstwerk, Gott, du bist Poet.
Als Messianische Epistel schriebst
Du mich in einem Geiste, der besteht,
Mit einem Wort der Liebe, das du liebst.
 
Als Bild, Poem und Brief wirst du mich senden
Und so in deiner Liebe mich vollenden.
 
 
12
 
Wir steigen auf des Adlers starken Schwingen
Zum hohen Fels, auf dem die Burg gegründet.
Himmlische Höhen hören Engel singen,
Da meine Seele in den Vorhof mündet.
 
Da liegen wir an ewigalten Tischen,
Der Meister schenkt uns ein von edler Traube,
Am Manna kann sich unser Herz erfrischen.
Hier ist am Ziel der langgeprüfte Glaube.
 
Wir sehn zum Davidsturm von Elfenbein
Und treten in die Brautgemächer ein,
Tun staunend auf die Augen vor der Schöne,
 
Der Schönheit Jesu! Jesus ist so süß,
Wie Milch und Seim in Gottes Paradies.
Ich hauche in die Harfe Wonnetöne.
 
 
13
 
Du lässest leuchten deines Angesichtes
Glanzvolle Anmut, süße Lieblichkeit,
Du lässest fließen Schimmer weichen Lichtes
Von deiner Augen warmen Süßigkeit.
 
Dein Herz ist voller Gnade und Erbarmen,
Den Menschen voller Liebe zugeneigt.
Du bist der Reichtum für die geistlich Armen,
Der uns das Maß von Gottes Schenkung zeigt.
 
Du hauchest Frieden in das aufgewühlte
Gemüt und führst es heim in Gottes Ruh,
Gesegnet ist, wer in der Stille fühlte,
Wie zart und sanft und lieb und herzlich du.
 
Lieb Jesu mein! ich bitt um deinen Segen!
Du mögest deine Hand aufs Haupt mir legen.
 
 
14
 
Ja, Gott ist Geist! Und keiner sah ihn je,
Er ist Geheimnis, tief und unergründlich.
Und dennoch redet Jahwe Ruach mündlich:
Gottlosen, Sündern, Götzendienern Weh.
 
Der Herr ist Geist! Ein Nichts sind alle Götter,
Denn Er allein ist Anfang, Ende, Wahrheit,
Er ist das Licht, die Herrlichkeit, die Klarheit,
Er haucht die Sünder an: Der Herr ist Retter!
 
Der Geist ist Gottes Geist, ist Christi Geist!
Er zeugte mich zu neuer Kreatur.
Er wohnt in mir, ist pur, ist pur, ist pur,
Der Geist der Wahrheit, Beistand, Tröster heißt.
 
Gott gebe mir im Herrn des Geistes Fülle!
In Ewigkeit gescheh des Geistes Wille!
 
 
15
 
Im Himmel über allen Himmeln droben
Wie Jaspis und wie Sarder auf dem Thron
Der Vater, ihm zur Rechten sitzt der Sohn,
Den jubelnd Gottes Freudenboten loben.
 
Der kommt herab zur vorbestimmten Stunde,
Den Übeltätern allen zum Gericht,
Es geht ein scharfes Schwert aus seinem Munde
Und straft. Und es verlöscht das Feuer nicht.
 
Er kommt, vollkommen in der Schönheit Pracht
Mit Freudenboten und des Himmels Macht
Und hat nach seiner Braut ein großes Sehnen!
 
Gerühmt von glorioser Herrlichkeit,
Gibt er der Braut ein weißes Hochzeitskleid
Und führt sie aus dem Tal der Trauertränen!
 
 
16
 
Wie du will ich mein Leben wenig achten.
Ich will nicht suchen nach den weichen Kissen
Oder den wundersüßen Frauenküssen.
Warst oft du, wo sie freiten, tranken, lachten?
 
Warst du nicht öfter in den Klagehütten?
Hingabe ganz und gar an Gottes Willen
Durchdrang dich, und der Geist ergriff im Stillen
Dein Innerstes. Du hast für Gott gelitten -
 
Um seinen Kreaturen nahzubringen
Die Freudenbotschaft, hast du Spott ertragen.
Gering geachtet hast dein Eignes du.
 
Nicht Gott zu dienen, konnt dich keiner zwingen,
Gott war dir Seligkeit in deinen Klagen,
In großer Drangsal war dir Gott die Ruh.
 
 
17
 
Ob ich schon geh im Tal der Todesschatten,
Bei bittren Bakabäumen durch das Tal,
Da Plagegeister sind, Dämonenratten,
Wo steht der goldne Thron des Belial,
 
Das achte ich als nichts! Ich hab die Fülle
Der Gnade Gottes, Jesus, seinen Geist!
Hallelujah! Ich bete in der Stille
Die Macht der Liebe an, die Jesus heißt!
 
Da geht herauf wie eine Morgensonne
Über dem salomonischem Gebäude
Messias' herzlich-süßer Liebesblick:
 
Er nennt mich "mein Geliebter"! Welche Wonne,
Entzücken, Jubel, Jauchzen, Frohsinn, Freude,
Ja, Jesu Liebe ist allein mein Glück!
 
 
18
 
"Yea, I have loved thee with an everlasting love."
(Jeremia 31,3)
 
"Früh morgens trete ich aus meinem Zimmer
Und denke an dein Auge, das Geleucht,
Vom Liebe-Anschaun schimmernd, wie mich däucht,
Aus Herzensliebe ist im Aug ein Schimmer.
 
Ich sehn mich, deinen süßen Mund zu küssen
Mit meinem Mund, den Kuß der Liebe lang.
Du liebst mich inniglich, ich bin nicht bang,
Ich lieb dich mehr noch als die Engel wissen.
 
O, wenn von meinem Aug die Träne taut
Und ich vergeh vor lauter heißem Sehnen,
Dann schaue ich nach dir, du liebe Braut,
 
Ich will dir trocknen alle deinen Tränen
Und mit dir in den Himmeln jauchzen froh!
Ich, Sohn des Höchsten, lieb dich, lieb dich so!"
 
 
19
 
Mein Herz fließt über, seufzend süß und selig,
Und Hauch an Hauch mit Feuerzunge bebt.
Ja, Freudentränen siebenfach, unzählig,
Daß Gottes Geist in meinem Herzen lebt!
 
Der Herr ist quicklebendig, frisch und labend,
Er schaut vom Himmelsfenster weiß und segnend,
Er ist der Stern vom blutgefärbten Abend
Und Frühstern, als Erstandener begegnend.
 
Ich Sünder ward ein Knecht durch Gottes Gnade,
Der Geist vertritt mein Herz vorm Gnadenthron,
Der Hohepriester vor der Bundeslade
Ist Christus Jesus, Gottes ewiger Sohn,
 
Der hat mit Liebesglut mich heiß durchdrungen,
Ich bet ihn an, den Herrn, mit Feuerzungen!
 
 
20
 
Dank für die Nebelschleier früh am Teich,
Dank für den Weckruf zart und liebevoll,
Dank für die Frauenstimme gold und weich,
Dank für der Lobpreislieder Trost in Moll,
 
Dank für Gemeinschaft unter Gotteskindern,
Dank für die Schönheit mit den duften Haaren,
Dank für die Tage mit den Bücherbindern,
Dank fürs Chinesisch und fürs Offenbaren,
 
Dank für den Gnadenschatz von Zungenreden,
Dank für der Liebe schöne Poesie,
Dank für Verheißung eines neuen Eden,
Dank für die Schwester (Herr, du weißt, für sie),
 
Dank für den Geist und für die Kraft Elias...
Vor allem, Gott: für Jesus, den Messias!
 
 
21
 
Du hast besiegt auf Golgatha das Übel
Zum Tode, hast das Todestor durchstoßen
Und Weg zum Leben freigemacht zum großen
Jahwe, des Geist geoffenbart die Bibel.
 
Ich stell mich auf das Wort des Friedefürsten
Und freue mich wie sie, Jerusalem,
Ich bin Smaragd in Gottes Diadem,
Der Lebenswasser hat für all mein Dürsten.
 
Als David an Bathseba dachte, Nathan
Hat ihn bewogen heilig mahnend: Büße!
Wenn mich der Stachel quält, Begier des Satan,
 
Anbetend falle ich vor Jesu Füße:
Er macht mich rein durch sein Erlöserblut!
Er liebt mich ja! Und so wird alles gut.
 
 
22
 
So viele von Dämonen umgetrieben
Begegnen mir, die bösen Geister flüstern,
Ich hör den Mammon nach den Seelen lüstern.
Mein innrer Friede, wo ist er geblieben?

Da führte mich der Geist in die Gemeinde.
Die Schwester blickte lieb und licht und lang
Zu Christi Kreuz. Ich bebte, betend bang:
O Herr, du Sieger über alle Feinde!

Und Jesus sagte mir durch den Propheten:
"Ich bin im Raum, ich stehe jetzt vor dir,
Erheb dein Herz zur Höhe meines Herzen!"
 
Und ich erhob mich, um ihn anzubeten,
Der mich umarmte... Heilung gab er mir
Und Licht. "Ich bin mit dir in allen Schmerzen."
 
 
23
 
Messias ist das Tor zum Himmelreich,
Er ist allein der Weg zum Land aus Leben,
An seinem Gottesherzen süß und weich
Ist Heil, wenn rings auch tausend Berge beben.
 
Er wird das Leben Gottes Kindern geben,
Der lieben Lindigkeit Messias' Seim
Und Milch von Gottes Liebe. Engel schweben,
Zur Harfe hauchen Engel Reim an Reim,
 
Die Heiligen zur Ruhe kommen, heim
Zum wiederaufgeschlossnen Paradies.
Da ward zur Frucht für Gott des Glaubens Keim
Und Seligkeit Geschwistern himmelsüß.
 
O, unausschöpflich Gottes volle Liebe!...
Die würd mir nicht, wenn Christus mich nicht triebe.
 
 
24
 
O Lob und Preis und Ruhm und Herrlichkeit
Dem Wort des Anfangs, Worte Gottes, Gott!
Hallelujah! Du bist in Ewigkeit!
Die Welt in Sünde hat für dich nur Spott,
 
Du trugst die Schmach, du trugest wie ein Lamm
Und hast gelitten, betend, mit Geduld.
Mein Gott! mein Gott! an dem verfluchten Stamm
Hast du getragen aller Menschen Schuld,
 
Die Strafe trugst du, trugest Fluch und Tod
Und hast dafür gesühnt mit deinem Blut.
Du gabst dich hin in deiner größten Not
Dem Vater. Siehe, alles wurde gut:
 
Du bist erstanden! und wirst wiederkehren!
Du mögest deiner Kinder Liebe mehren!  
 
 
 
ZWEITER FLÜGEL
 
"Drum, lieber Vater...
vernimm mein Wort und höre mich"
(Paul Gerhardt)
 
 
1
 
Laß meine Lippen eine Taube küssen
Und einer Lilie ihre Blüte streichen,
Zuneigung eines Lämmleins laß mich wissen,
Laß auch die Nachtigall nicht von mir weichen.
 
Laß du am Duft der Blüten mich berauschen
Und an dem roten Rebenblut der Traube,
Laß mich den Harfen der Hebräer lauschen
Und Psalmen psaltern in der Lorbeerlaube.
 
Am meisten aber, mitten im Getümmel,
Gib meinem Herzen Himmel über Himmel,
Voll Schönheit, Sanftheit, innerlicher Ruh;
 
Und mehr noch als der Himmel Himmel gib
Mir die Gewißheit: Jesus hat mich lieb,
Mir strömt der Vater seine Liebe zu!
 
 
2
 
Meditativer Ruhe Silberschleier
Hüllt mich im Haus der Heilung sanft in Stille.
Herr, schenk mir Freudenbecher, Lust und Feier
Und Tanz und liebevollen Lachens Fülle!
 
Du hast bestimmt, ich müsse mich besinnen
Und auf den Grund der Schwermut niedersteigen
Und alle Traurigkeit in meinem Innen
Mit Geistes Hilfe meinem Vater zeigen -
 
Er kennt schon meines Abgrunds Urabgrund -
Jedoch ich soll bekennen mit dem Mund
Und mit dem Herzen, daß der Herr mich heilt.
 
Das kann ich zaghaft hoffen, zarter Gott,
Weil meine Seele (Odem im Schamott)
In deinen lieben Heilerhänden weilt.
 
 
3
 
O welche grüne Üppigkeit ist dies!
Wie voller Anmut bautest du die Birke!
Wie blüht die Tulipan im Paradies
So schön, in diesem friedlichen Bezirke!
 
Wie hängt die Fuchsie zärtlich, rot und weiß,
In vollen und in feinen Blütentrauben!
Die kleine Schnecke zieht des Weges leis,
Voll Ruh, wie das Gegurr der Turteltauben!
 
Du bist so phantasievoll kreativ,
Der du die vielen Menschen dir erfunden,
Von denen jeder andre Gaben übt!
 
Dich will ich Schöpfer nennen. Du bist tief,
Ich habe mich so tief mit dir verbunden.
Ich lieb dich, wie man einen Vater liebt.
 
 
4
 
Ich bringe dir das Blut aus meinen Wunden
Und auch die Pfeile, die das Herz durchbohrten.
Mit Hilfe deines Geists kann ich gesunden
Und heile werden unter deinen Worten,
 
O Jesus! Du hörst alles was ich sage,
Gebietest Ruh dem Aufruhr in den Venen!
Du kommst mir nah am leidensschweren Tage
Und küsst mir immer wieder fort die Tränen!
 
Zum Trost schickst du mir einen kleinen Spatz,
Der singt aus seines Herzens süßem Schatz,
Tritt jubelnd auf im heiteren Theater.
 
Mit einmal (noch ist mir mein Herz beschwerlich)
Seh ich den Himmel golden, feurig, herrlich -
Und Jesus spricht: "In mir siehst du den Vater!"
 
 
5
 
Ich such dich, Vater aller Vaterschaft,
Doch wenn ich weine, bleibt mir nur der Sohn,
Der ward in seiner Marter weggerafft
Und lebt und sandte seinen Geist vom Thron,
 
Der ist mein Trost und trocknet meine Tränen.
Und brandet auch die Flut der Emotionen,
Er will mir stillen meiner Seele Sehnen -
Ich möchte jetzt schon gern im Himmel wohnen -

Und läßt mich kindlich stammeln: Abba, Abba...
Er ist der Baum, und ich bin seine Blüte,
Ich bin die Schwermut, aber er ist Güte,
 
Er offenbart sich mir im lieben Rabbi,
Der mich zum lieben Vater führen wird.
Ach, nimm mich Lamm in deine Arme, Hirt!
 
 
6
 
O Gott, mein Vater! Du bist nicht der Geiz
An leidenschaftlich warmer Herzlichkeit,
Gleichgültig kühl und rational und Reiz
Zum Zorne und gefangen in der Zeit,
 
O Gott, mein Vater! Du kommst in der Not
Unsichtbar wie der gute Geist hernieder,
Befreist mich aus der Seele Angst und Tod
Und schenkst, den Sohn zu preisen, Lobpreislieder.
 
Und dennoch stellt sich immer ein verkehrtes
Bild zwischen uns, dem Liebesstrome wehrt es,
Zu dir zu fließen, zeigt dich eng und arm.
 
O Jesus! Mach den Vater offenbar,
Mach meinem Herzen seine Liebe wahr
Und zeig ihn nah und reich und herzenswarm.
 
 
7
 
Mein lieber, lieber Jesus! Laß mich kuscheln
Und auf den Schoß des lieben Vaters krabbeln
Und (wie das Meeresrauschen in den Muscheln)
Im Arm des Vaters Liebesworte brabbeln.
 
Laß beten mich wie Salomo in Rabba,
Als er in Davids starke Arme lief;
Wie einst, als ich den Himmelsvater "Abba"
Aus tiefem Abgrund meiner Ängste rief.
 
Laß mich das heiße liebeswunde Herz
Des guten Vaters in den Himmeln kennen
Und sehr von seinem Liebesfeuer brennen!
 
Ich möchte ruhn in Gottes Taubenschwingen
Und Gott zu seinen goldnen Harfen singen
Und Jesus küssen - - Zieh mich vaterwärts!
 
 
8
 
Ich will dich nicht nur Freund und Bruder nennen,
Geliebter bist du, meines Herzens Schatz,
Mein Liebling Jesus, sieh mich für dich brennen,
Ich küss dich im Gebet mit jedem Satz.
 
Lehr mich mit Geistes Feuer, Geistes Klarheit,
Den Vater anzuschaun und anzubeten
Und Abba sagen mit des Herzens Wahrheit
Zum König, dessen sieben Geister wehten.
 
O Herr! in deines Herzens Liebesglühen
Laß mich erkennen den, der da ist Geist,
Den Schöpfer, der da läßt die Seelen blühen
 
Und dessen Sohn und Geist das Wesen weist,
Dein Wesen, Abba! Laß mich Liebe fühlen!
Mich wie ein Kind mit seinem Vater spielen.
 
 
9
 
Ich hab des Teufels Bosheit arg empfunden
Und sah der Schlange Listigkeit und Glätte.
In meinem Herzen brannten wehe Wunden,
Und meine Seele rief: O Jesus, rette!
 
Da sandte er die Gottheit Geist sogleich,
Und zu mir sprach mit Lindigkeit der Tröster,
Sein Wort war meiner Seele Balsam weich,
Er seufzte selig: "Sei getrost, Erlöster!"
 
Und meine Seele jauchzte Jesus zu
Mit einem Küssen meines Geistes: Du,
Messias, bist mein Helfer bis zum Ende!
 
Anbetung Gott! Herr, gib mir deinen Segen!
Mit Leidenschaft des Herzens will ich legen
(O Vater) meinen Geist in deine Hände!
 
 
10
 
O Jesus! Bei den Toten ist kein Ruhm
Des Heiligen, sie spenden keine Ehr
Dem Herrn, die sie das Evangelium
Nicht herzlich lieben, sondern Mammon mehr.
 
Sie stiften mit der scharfen Zunge Schade,
Nicht aufbaun wollen sie des Frommen Hütte.
In ihrem Tode kennen sie nicht Gnade,
Und nie stand Gott in ihres Lebens Mitte.
 
Von ihnen scheiden will ich mich und schauen
Zum Gott, der gütig ist, ihm will ich trauen,
Der zart und fein und sanft und lieb und gut.
 
Im Schatten deiner Schwingen gut geborgen,
Erwarte ich den Morgenstern, den Morgen,
Und Wonne tränkt mich, Gott, wie eine Flut!
 
 
11
 
Ich sah vor meinem innern Auge Ratten
Und Pest und Heeresschar von Kreuzzugstoten.
Mich schreckten schrecklich die Dämonenschatten,
In Jesu Namen habe ich geboten
 
Dem bösen Geist, der wich vor mir zurück;
Da saß ich auf des lieben Vaters Knien.
Ich suchte des Messias Flammenblick,
Fand mich zu seinen Füßen niederknien.
 
Geborgen in dem Schatten seiner Schwingen,
Erfuhr ich Trost und seine Liebesglut.
Ich hörte Gottes Kinder Preisung singen
 
Und Jesus fragen, was ich von ihm will.
Ich sprach mein Herz aus, meinem Jesus still.
Und Jesus küsste mich... Mein Gott ist gut.
 
 
12
 
Himmlischer Vater, ja, du bist verliebt,
Ich bin die Braut, du bist der Bräutigam,
Der ungeteilt sein Herz mir zärtlich gibt,
So zärtlich wie ein weißes reines Lamm.
 
Himmlischer Vater, du bist eifersüchtig,
In meinem Herzen willst du Erster sein.
Nie, nie ist deine schöne Liebe flüchtig,
Dein Lieben macht mich trunkener als Wein.
 
Im Heiligsten des Herzenstempels mag
Die Nächste Tauben opfern zart und zag,
Im Allerheiligsten ist Gott allein!
 
Es schimmern in dem Dunkel goldne Kerzen
Mir siebenfach im blutbesprengten Herzen,
Da bin ich Gottes - da ist Jesus mein!
 
 
13
 
Ich habe keine Kraft zum Beten mehr,
Herr Jesus, hilf du mir durch deinen Geist!
Mein Herz ist öd und ausgebrannt und leer,
Und doch so voll - und doch so stumm - du weißt.
 
Bei meinem Betbaum bet ich so: Ich trau
Auf Gott den Herrn, der ewig mich bewahrt.
Hab mein Gefallen an der frommen Frau,
Der schönen Schwester, Rose zag und zart.
 
Und Gottes Geist und Gottes Mittler kam,
Der mich ans warme Herz des Vaters nahm,
Ich ruhte an dem ruhigen Vaterherz - -
 
Vom Gott-Herz strömte in mich innre Stärke.
Ich liebe Jesus herzlich, und ich merke,
Ich lieb den Geist, er zieht mich vaterwärts.
 
 
14
 
Sag mir, du Liebling meiner Seele du,
Wo weidest du am Mittag deine Herden?
"Du Schöne, findest deine Seelenruh,
Wo Lämmer bei den Zelten stille werden."
 
Die schöne Braut tanzt Tanz von Mahanaim,
Und ihre Zicklein stehen nahe bei.
Der Hirte (ihrer Seele reiner Reim)
Er badet sie, da ruht sie hüllenfrei;
 
Da gibt der Bräutigam ihr einen Mantel
Und wandelt mit ihr abendlichen Wandel.
Und Gott begegnet ihr beim Lindenbaum!
 
Ich bete an mit Zittern, hier im Mohn,
Und Vater spricht: "Verherrlich meinen Sohn!"
Ich bin die Freundin meinem Herrn im Traum.
 
 
 
DRITTER FLÜGEL
 
„The prayers I make will then be sweet indeed
If Thou the spirit give by which I pray...
That I may have the power to sing of Thee,
And sound thy praises everlastingly.“
(Michelangelo, nachgedichtet von Wordsworth)
 
 
1
 
Jesus wird kommen von des Himmels Thron,
Wo er zur Rechten seines Vaters thront.
Mit Herrlichkeit wird kommen Gottes Sohn,
Der Gottes Kinder allesamt verschont.
 
Da werden aller Menschen Knie sich beugen,
Die einen werden beugen sich vor Schrecken,
Die andern freuen sich: Ja Jesu Zeugen
Wird Gottes Geist aus ihren Gräbern wecken.
 
Das ist die Stunde der Gerechtigkeit,
Da wird das Übel aus der Welt geschafft
Und böse Mächte allesamt verbrannt.
 
Dann wird das Tor der Hoffnung weit
Geöffnet werden von des Höchsten Kraft
Für Gottes Kinder zu der Liebe Land!
 
 
2
 
Mach deinen Glauben nicht am Fühlen fest,
Den Glauben gründe du auf Gottes Wort,
Das Gottes Geist im Menschen wirken läßt:
Gott ist der Retter und der Zufluchtsort.
 
Jedoch, wenn ich von Gott nichts fühlen kann,
Dann such ich eifrig Gottes Angesicht,
Ob ich ihn find und fühlen kann. Und dann
Erleuchtet mich des Geistes warmes Licht.
 
Begehrlich wahrlich ists, den Vater fühlen
In Jesus Christus, Gottes Menschenliebe,
Ja, Gottes Leidenschaft und Liebe keusch.
 
Der Geist ist ausgegossen auf das Fleisch.
Ich glaube, wenn ich nur im Geiste bliebe,
Fänd Ruhe ich, wo die Gefühle wühlen.
 
 
3
 
O Herr, ich liebe keinen so wie dich,
Wenn ich auch liebe meine Glaubensbrüder.
Kein andrer liebt so leidenschaftlich mich,
Drum preisen Jesus Christus meine Lieder.
 
Wahrhaftig bist du, bist ja selbst die Wahrheit,
Und bist mein Helfer und mein süßer Tröster.
Du führst in Gottes Licht und große Klarheit,
Und durch dein Kreuz bin, Jesus, ich Erlöster!
 
Du küsst, o Geist des Vaters, mir mein Herz,
Verzückst die Seele oftmals himmelwärts,
So daß ich jauchz und jubel und mich freu!
 
Du schöner Schöpfer schöner Kreaturen,
Ich geh in Ewigkeit in deinen Spuren.
Dein Sterben machte mir mein Leben neu!
 
 
4
 
Freut euch im Herrn und wieder fromme Freude,
Glückseligkeit sei eurer Seelen Pracht,
Denn Jesus ist beim Vater oben heute
Und einst hat er am Kreuz das Werk vollbracht.
 
Da kann man in dem Tal der bittern Bäume
Und in dem finstern Tale allzumal
Mit Glauben wandeln, und wenn schwere Träume
Den Weg beschweren durch das Jammertal:
 
Der Glaube wandelt Wüsten um in Quellen,
Da quellen reichlich auf der Gnade Wellen.
Man geht von einer Herrlichkeit zur andern,
 
Weil Gottes Geist in meinem Herzen wohnt,
In meinem Herzen Jesus Christus thront.
Mit ihm will ich durch dieses Leben wandern.
 
 
5
 
Ja du bist heilig, heilig, heilig, Gott!
Du bist gerecht und groß und ewig gut,
Du bist die Majestät, Herr Zebaoth,
Für mich vergossest du, o Herr, dein Blut!
 
Dich ehren ist der Weisheit der Beginn,
Dich kennen, denn du bist der Weisheit Quelle.
Wer dich verehrt, der lebt sein Leben in
Göttlicher Weisheit kristallklarer Helle.
 
Die Weisen dieser Welt sind wahrlich Toren,
Die Schönen und die Klugen und die Reichen,
Sie haben allesamt den Weg verloren,
 
Und in die Nacht gestellt sind ihre Weichen.
Jedoch ins Licht die wahre Weisheit weist
Die Wege: Gott, der Sohn, der Heilige Geist.
 
 
6
 
Ja du bist heilig, heilig, heilig, Herr!
Du bist in deinem Geist vollkommen rein,
Dein Wesen ist von aller Bosheit leer,
In deinem Geist wird ewig Liebe sein.
 
Du bist so sündenfrei und fehlerlos,
Niemals hat eine Sünde dich befleckt,
Du bist so schuldlos und so makellos,
Kein Frevel je in deinem Herzen steckt.
 
Den Heiligen Geist darf keine Seele lästern,
So über alle Maßen heilig ist er,
Und dennoch kam er in mein Herz hernieder.
 
Die Reinheit lebt im Herzen meiner Schwestern,
Die Makellosigkeit bewohnt die Brüder,
Mit Retterliebe liebt er die Geschwister.
 
 
7
 
Der Geist gab mir in meine Seele Sehnen
Nach der Vereinigung mit Gottes Sohn.
Wenn ich auch wein in diesem Leben Tränen,
Verheißt er mir doch ewiglichen Lohn.
 
Und diese Sehnsucht nach des Höchsten Geist,
Der Tröster ist in meines Herzens Trauern
Und mir im Labyrinth die Wege weist,
In Ewigkeit wird diese Liebe dauern!
 
Der Menschen Nichtigkeiten, ihre Pracht
Und Schönheit, Reichtum, Wollust, Macht,
Werden am Tage des Gerichts zunichte.
 
Nach Gottes Liebe aber meine Lust
Erfüllung finden wird an Gottes Brust,
Da Jesus mich umarmt im ewigen Lichte.
 
 
8
 
Ich preise dich, du guter lieber Vater,
Der du in aller Trübsal bangen Stunden
Wegweiser bist und Helfer mir und Rater
Und gießest deinen Balsam auf die Wunden.
 
O Geist des Vaters, o Barmherzigkeit
Fließt mir von dir in meine Seele über
Mit überschwenglich süßer Zärtlichkeit,
Du Heiliger Geist des lieben Vaters, Lieber!
 
Du fürsorglicher Liebling, Jesus du,
Du Liebe Gottes, Herrlicher und Zarter,
Der oben in Jerusalem du jauchzt,
 
Gibst in die aufgewühlte Seele Ruh
Und Friede mir in meiner Seele Marter,
Der Tröstung du durch Himmelsharfen hauchst.
 
 
9
 
Warum betrübst du dich, o Herz, und bangst
Und bist, o meine Seele, wiederum so zag?
Hat wieder überfallen dich die Angst
Und Mangel an Vertraun in Jesus, sag?
 
Du aber, Jesus, kannst durch deinen Geist
In meine Seele deine Liebe weben.
Leb du, o Herr, der du mein Retter heißt,
Leb du in mir dein gutes Christusleben!
 
Gib daß ich Lamm bin, dulde viel und trage,
Gib daß ich Knecht bin, dir gehorch und folge,
Gib daß ich Kind bin und auf dich vertraue.
 
Leb du in mir dein Leben! Jeder Klage
Sei du mein Trost. Dem Wandrer sei die Wolke
Und Feuersäule, daß ich einst die schaue!
 
 
10
 
Ruhm sei dir, Jesus Christus, Lob und Dank,
Weil du so heilsam bist und sanft und gut.
O Jesus, sieh, ich bin vor Liebe krank,
Du aber kommst mit deiner Gnade Flut.
 
Ich preise dich mit Seele und mit Mund,
Wie du gestanden bist vor meinem Herzen
Und hobest mich zum lieben Gottesherzen
Und machtest meine Seele mir gesund.
 
Wo vorher Not und Angst und Seelenqual
Und herzzerreißende Verzweiflung war
Und meinem zitternden Gemüt kein Halt,
 
Da kamest du nach deiner Gnadenwahl
Und gabst mir Seligkeit und Freude klar
Ins Herz und sagtest: „Sieh, ich komme bald!“
 
 
11
 
O Jesus Christus, der den Geist verheißt
Den Menschen, welche Buße tun und wenden
Sich Gott zu, Jesus gibt den Heiligen Geist
In Übermaß an allen Weltenenden!
 
Mein inwendiger Mensch empfing den Geist,
Als ich geglaubt dem heiligen Propheten
Und Christus, und mein Geist hat lobgepreist
Und fing mit Freude an, zu Gott zu beten.
 
Er machte deutlich mir: Du bist ein Sünder!
Und sprach zugleich: Ihr heißt jetzt Gottes Kinder!
Und hat mich zum Gebet des Herrn beflügelt,
 
Der meine Seele mit dem Geist versiegelt,
Der ist das Amen unter Christi Brief,
Er führte mich, als ich zu Jesus lief.
 
 
12
 
O Jesus, du allein bist Weg und Tor
Ins himmlische Jerusalem, zu Eden,
Das Adam durch die Sünde einst verlor,
Wo Heilige zum lieben Vater beten.
 
Ob einer auch ein Übeltäter war
(Und alle waren schlimme Übeltäter),
Du hast für ihn Verheißung klar:
„Du wirst im Paradiese sein, o Beter!“
 
Da steht der Baum mit schönsten Lebensfrüchten
Und fließt des Lebens kristallklarer Fluß,
Denn alles ist im Paradiese Leben!
 
Du wirst den Bösen und den Tod vernichten.
Die Heiligen, sie knien zu deinem Fuß
Und werden glücklich dir die Ehre geben.
 
 
13
 
Wir werden Gottes Liebe ewig preisen
Mit vollen und erlösten Menschenherzen,
Gedenken mit Anbetungen und leisen
Lobpreisungen des Christus Jesu Schmerzen,
 
Die er für uns am Kreuz gelitten hat,
Und werden immer an sein Leiden denken.
Und werden selig sein und lebenssatt
Und uns in Gottes Angesicht versenken.
 
O Gottes Tiefe, Höhe, Länge, Breite
Und unausschöpfliches Geheimnis werden
Wir ewiglich erforschen. O ich bliebe
 
So gern mit Harfen auf den neuen Erden
Und in der neuen Himmel großen Weite
Und rühmte ewig Jesu Christi Liebe!
 
 
14
 
Lob Jesus! Wenn ich mich am Abend bette,
Kommt Christus zu mir, mein Geliebter wacht.
Ich ruf: Mein Herz aus seinen Nöten rette
Und führe mich, mein Licht, durch diese Nacht!
 
Und er umarmte mich mit Heilandsarmen,
Er hörte meine Stimme und mein Flehen!
Er gab mir Heilung: göttliches Erbarmen,
Und einstmals werd ich seine Schönheit sehen!
 
Ich wäre jetzt schon gern bei meinem Herrn,
Und danke dir, daß ich dich kennen darf,
Dir dank ich, Jesus, daß du mir begegnet.
 
Ein kunstvoll Lied mit meiner Harfe harf
Ich Jesus zu, der meine Seele segnet.
Ich habe meinen lieben Heiland gern.
 
 
15
 
Du bist erhaben, du bist hoch erhoben,
Ja du bist heilig und in Ewigkeit!
Ich möchte deinen Gnadenratschluß loben,
Daß du verließest Gottes Herrlichkeit
 
Und tratest in die Disteln und die Dornen
Und in die Menschenwelt, das Reich des Bösen,
Durch deine Todesleiden die Verlornen
Von Sünde, Tod und Hölle zu erlösen!
 
Die dich gerichtet, hast du nicht gerichtet,
Die dich verflucht, die hast du nicht verflucht,
Du kamest nicht zu richten, kamst zu retten!
 
Der Fluch hat dich am Kreuz zu Tod vernichtet;
Der du den Willen Gottes stets gesucht,
Starbst meinen Tod auf schwarzer Schädelstätten!
 
 
16
 
O Jesus! Hoherpriester, Menschensohn,
Du Weisheit Gottes, du Gekreuzigter,
Des wahren Gottes ewiglicher Sohn,
Du Auferstandener, mein Gott und Herr!
 
Du Leben und du Licht, du offenbar
Gewordne Liebe Gottes, Lämmerhirte!
Du bist so gnadenreich und bist so wahr,
Ich bitt dich: Trage meiner Seele Bürde!
 
Vom Baum des Lebens gib mir Heilungsblätter,
Denn ich bin wie ein Knecht und arg zerschunden,
Und gieße Geistesbalsam auf die Wunden
 
Und sende deinen Tröster, o mein Retter!
O Jesus, nimmerdar bin ich allein,
Denn du bist mit mir, Herr, und ich bin dein!
 
 
17
 
Herr, du hast meine Sünde mir vergeben,
Die Sündenlast versenkt im tiefsten Meer.
Nun komm in mich mit deinem Christusleben
Und heilige mein Herz, o lieber Herr!
 
In meiner Seele leidendem Gequängel
Hast du mir einen Zuspruch, Herr, gesandt,
Daß mich behüten Gottes gute Engel
Und schirmen meine Schritte durch das Land.
 
Selbst im Gefühl der Gottverlassenheit
Bin ich doch Gottes Nähe mir gewiß,
Denn Jesus trat in jenen tiefen Riß.
 
Herr, du hast meine Sünde mir vergeben
Und lebst in mir dein reines Christusleben
Von nun an bis in alle Ewigkeit.
 
 
18
 
Herr Geist, ja setz mein Menschenherz in Brand
Und laß mich heiß vor Gottesliebe sein
Und doch ganz still sein in des Vaters Hand
Und heilige mein Herz und mach mich rein.
 
O sanfter Friedefürst und Wunderrater,
Dein Geist weht mir mit Liebessturm voran
Und treibt zu Jesus mich, und zu dem Vater
Führt Jesus mich und an sein Herz heran.
 
O wahrlich, nur in Gott ist volle Ruh.
Durch deine Leiden, Jesus, deine Schmerzen
Werd ich gesund an meinem Menschenherzen.
 
Dein Wille, Gott, gerichtet auf das Gute,
Erlöst mich täglich mit dem Jesusblute.
O Heiliger Geist, führ mich zum Vater du!
 
 
19
 
„Erheb den Blick zu mir!“ O da ist Licht!
Dich anzuschauen, Herr, macht mich gesund.
Du weißt, ich bin vor Menschenliebe wund,
Doch heil werd ich von deinem Angesicht!
 
Du bist mir Hoffnung, Trost und ewiges Heil.
Ja sehr geliebt bin ich von diesem Lamme
Des Allerhöchsten, das ist mir mein Teil
An Gottes Liebe, seiner Liebe Flamme!
 
O dieser Flamme Glut fällt in mein Herz
Und setzt mir meinen Menschengeist in Brand,
Verzückt mich zu dem Vater himmelwärts!
 
O Gott und Herr, o Jesus Christus, meister
Mein Herz durch deine sieben Gottesgeister
Und führ mich in des Himmels Stadt und Land!
 
 
20
 
Ich preise dich und sing dir Lobgesang:
Da ich auch wein, bin ich im Herzen froh,
Daß ich dich kenn schon sieben Jahre lang,
Und meine Menschenseele liebt dich so!
 
Ja du hast deine Liebe ausgegossen
Mir in mein Herz, und dann ist mir im Herzen
Vor lauter Gotteslust das Herz zerflossen,
Und da war süßer Trost in allen Schmerzen.
 
Du siehst die heiße Flamme meiner Seele,
Herr, dir ich meine Tage anbefehle.
Ich danke dir, daß du die schwere Last
 
Unguter Leidenschaft genommen hast,
Der du die Schmerzenslast getragen weiland
Am Kreuz auf Golgatha, geliebter Heiland!
 
 
21
 
Und war ich auch in Wahn und Leidensnacht,
Ich habe dennoch an dein Kreuz geglaubt,
Darum hast du in deiner großen Macht
Gewacht, daß nicht der Feind mein Leben raubt.
 
Dann aber wie, o Herr, ich weiß es nicht,
Die Welt gewann ich lieb und wurde lau.
Da kamest du mit deines Geistes Licht,
Erwecktest mich, o Herr, daß ich dir trau.
 
Ich bin so glücklich, Lieder dir zu singen
Und möcht vor dir erweckt mit Jubel springen,
Denn soviel Liebe habe ich erfahren!
 
Voll Lachens ist mein dichterischer Mund,
Voll Jubels meine Dichterseele, und
Dies weil: Du wolltest dich mir offenbaren.
 
 
22
 
Ich will dich achten, Jesus, und dich ehren,
Und das soll Ausdruck meiner Liebe sein.
Von Himmel und von Erde und von Meeren
Der Schöpfer, er ist durch den Heiland mein -
 
Und ich bin sein, und ich will auf ihn hören,
Auf Gott des Vaters untrügliches Wort.
Ich werde ihn in Ewigkeit verehren
In der Glückseligkeit als Zufluchtsort.
 
Ich werde in dem Tal der Bitternis
Mit bitterlichen Tränenströmen wandeln
Und treu dem guten Worte Gottes handeln
 
Und dann bringt Jesus mich ins Paradies.
Denn einst war ich dem schwarzen Tod verloren,
Doch Gott hat durch den Geist mich neugeboren.
 
 
23
 
Und Gottes Geist erschien wie eine Taube
Vom Vater aus des Himmels Herrlichkeit
Und salbte meinen Herrn, an den ich glaube,
Den Christus, Gottes Sohn in Ewigkeit.
 
Du kündest mir den Vater, o Prophet,
Du König herrscht mit Macht für alle Zeit,
Du Hoherpriester, für mein Leben bet,
O Christus, Gottes Sohn in Ewigkeit.
 
Die wirst du, die der Vater dir gegeben,
Ihm wiedergeben als des Hirten Herde,
Dem Ewigen die volle Zahl Erlöster.
 
Er gab mir Alles, seines Sohnes Leben,
So daß ich alle Frucht ihm bringen werde
Und meine Gaben widmen werd dem Tröster.
 
 
24
 
Ich bin wie eine stumme Taube, Vater,
Und weiß mein Herz dir nimmer auszusagen.
In meiner Seele tragischem Theater
Hörst du sie alle, meine Weheklagen.
 
Du kennst den Abgrund und des Abgrunds Tiefe
Und weißt von meiner Seele heißem Sehnen
Und was ich such bei dir und (so ich riefe)
Bei dir auch finde, Tröster meiner Tränen.
 
Ach ich bin Erdenstaub und Fleisch und Hauch,
Verzärtelter als eine Pusteblume.
Mein Leben liegt in deinen Schöpferhänden.
 
Und mein Gebet steigt auf wie süßer Rauch
Vom Abgrund, Gott im Himmelreich zum Ruhme.
Und Jesus kommt, mein Elend mir zu wenden.
 
 
25
 
Den Schatten deiner goldnen Taubenschwingen
Hast du gebreitet übers Tal der Tränen.
Bei dir bin ich geborgen und will singen,
Daß sich nach Jesus meine Sinne sehnen.
 
Bewahrer und Behüter, der du weidest
Die Lämmer alle unter den Narzissen,
Der du mich wie die Sharonrosen kleidest,
Möcht deine diamantne Stirne küssen!
 
Ein Guter war ich nicht, ich war ein Böser
Und diente, weh! dem Fürst der Finsternis -
Und dennoch kam der Retter und Erlöser
 
Mit der Verheißung auf das Paradies.
Du sahst mein Herz in der Verlorenheit
Und führtest mich ins Reich der Ewigkeit.
 
 
26
 
Ein Träumer werd ich sein und werde stehn
Im himmlischen Jerusalem und werde
Glückselig sein und werde Jesus sehn
Im neuen Himmel, auf der neuen Erde,
 
Denn Gott der Allerhöchste hatte Lust
An mir und zog mich aus dem Reich der Nacht
An Jesu Christi treue Bruderbrust,
Da hat die Schar der Himmlischen gelacht.
 
Ich werde dankbar küssen deine Wunde,
O Jesus, küsse mich mit deinem Munde.
Ich sing dem Lamme Gottes Liebeslieder
 
In Lebenshainen und an Lebensflüssen,
Denn alle Tränen von den Wimpern küssen
Wird Jesus mir. Und ich fall vor ihm nieder.
 
 
27
 
Wie bei der Mutter ein gestilltes Kind,
Das durfte von der Milch des Trostes saugen,
Bin ich bei Gott. Und seines Sohnes lind
Und lieber Geist will mir zum Tröster taugen.
 
Hingabe und Vertrauen, das ist mein,
An seine Salbe, seine Medizin
Des Geistes, seine Lindigkeit und sein’
Gewissen Trost, ja einfach ganz an ihn!
 
O Gottes Gegenwart, ich glaube dir,
Da Christus in und vor und neben mir
Mit seiner wunderbaren Liebe steht.
 
Des Geistes heilige Allgegenwart
Ist mir Geborgenheit, o Gott von Art.
Mit Geistesseufzern sing ich mein Gebet.
 
 
28
 
Erfülle mich mit deinem Heiligen Geist,
Auf daß ich anbet Jesus, meinen Herrn!
Jesus kommt wieder, der der Retter heißt,
Er kommt so herrlich wie der Morgenstern.
 
Mit Hörnern ruft die Toten er ins Leben,
Vor das Gericht und in die Herrlichkeit.
Und er hat große Sehnsucht mir gegeben,
Mit ihm zu wandeln in der Ewigkeit.
 
O Auffahrt zu dir, Herr, dir an das Herz,
Wo ich von Gottes Glut verwandelt werde
Und durch die letzte Träne, die ich wein:
 
Mit meinem Jesus wandelnd vaterwärts
Und Weisheit singend auf der neuen Erde,
Verklärt in Ewigkeit glückselig sein!
 
 
29
 
Du, Vater, willst ein wahrhaft gutes Leben
Mit voller Fülle und mit Überfluß
Dem Herzen mit dem Gnadendurste geben,
Ja Lebenswasser von dem Lebensfluß.
 
O Jesus, deine Liebe, überfließend
Und quillend, ist wie frischer Morgentau
Staubigen Herzen, welche wieder sprießend
Das Leben blühen, licht wie Himmelsblau.
 
Und deine Liebe ist, daß du dich gibst
Wie Lebensbrot dem Menschen, den du liebst,
Und wie der Freude langgereifter Wein.
 
Und was mein Geist und mein Gemüt bedarf,
Das alles ist bei dir, o Herr, allein.
Drum Ruhm ich dir mit meiner Harfe harf.
 
 
30
 
O Jesus, aus dem Jammertal bist du,
Der du am Kreuz den Tod für mich gelitten,
Zum Gnadenstuhl hinüber in die Ruh
Mit deiner Auferstehungskraft geschritten.
 
Du kamst einst in das Haus des Widerspruchs,
Zu Haderwasser, bittern Bakabäumen,
Ins Tal des Todesschattens und des Fluchs,
Wo Sünder nichtmal von Erlösung träumen.
 
Herr aller Engel, Jesus Zebaoth,
Du stiegest nieder in das Loch der Ottern
Und kämpftest mit des Todes Teufelsnattern
 
Und starbest schließlich, Herr, für mich den Tod!
Des Vaters Geist rief aus dem Tode dich,
Und so errangst du Ewigkeit für mich!
 
 
31
 
Herr, deine Liebe bleibt in Ewigkeit.
Und du verstehst all meiner Seele Fühlen
Und was ich nicht mehr sagen kann, das Leid
Und meiner Seligkeit naives Spielen,
 
Traumbilder, Menschenwesen mir im Herzen,
Entsagungen, Verzicht und Seelenweh
Und Liebesseligkeit und Liebesschmerzen:
Gott kennt es alles, der Allwissende.
 
Himmlisch sensibel du und aufmerksam,
Wertschätzend, wunderbar und einfühlsam,
Befreier mein von aller dunklen Bindung
 
Und Heiler meiner bangesten Empfindung:
Seelsorger Gottes ist der Heilige Geist,
Der mir den Weg zu innerm Frieden weist.
 
 
32
 
O Lob dem Öl, dem Geiste Gottes, Amen!
Du hast am Jordan Jesus geistgetauft,
Der hat mit seinem Blut mich freigekauft,
Auf daß ich lobe seinen Retternamen.
 
Er machte mich zum Priester und Propheten,
Daß als Prophet ich Jesu Namen künde
Und darf als Priester für die Nächsten beten
Und um Vergebung Gottes für die Sünde.
 
O Dank sei Gott, daß ich die Taufe habe
Mit Gottes Geist: Ich fiel aufs Angesicht
Und pries und betete den Vater an!
 
O Dank sei Gott für jede Gnadengabe
(Und Dank dem Geiste auch für dies Gedicht)
Und daß ich Gott und Jesus lieben kann!
 
 
33
 
Groß bist du, Herr, im Himmel steht dein Thron,
Im Himmel baust du eine schöne Stadt,
Da leben wird der Vater und der Sohn
Mit allen den Erlösten lebenssatt.
 
Der Himmel Himmel können dich nicht fassen,
So groß ist deine Pracht und Herrlichkeit.
Und meine Seele will von dir nicht lassen
Von nun an bis in alle Ewigkeit.
 
Zehntausendmal zehntausend Gotteskinder,
Erlöste, welche alle einstmals Sünder,
Ja ganz persönlich wird dich jeder loben.
 
O laß mich durch das schönste Perlentor
Zu meiner Harfe, daß ich lob im Chor
Den Vater, Sohn und Geist im Himmel oben!
 
 
 
ZWEITE ABTEILUNG: KATHOLISCHE SONETTE
 
 
ERSTER FLÜGEL
 
„Du brennst die Werke unsrer Hände hin,
Daß sich die Seele schwinge aus der Glut;
Wohl dem, der frei von lang bewahrtem Gut
Durchs Feuer schritt zu kühnerem Beginn!“
(Reinhold Schneider)
 
1
 
Der Frühling kommt, Geliebter, mit der Sonne,
Laß leuchten auch in mir dein schönes Licht.
Laß schmecken deine Güte, meine Wonne,
Daß alles mir von deiner Schönheit spricht.
 
Wohl manche gehen Pfade voll Verzicht,
Erlangen so den Anteil erst am Ganzen.
So will ich hängen an den Wesen nicht
Und frei, ganz frei an deinen Händen tanzen.
 
Die Kreaturen seien mir Monstranzen,
Die alle deinen Odem in sich hüllen.
Es seien mir die triumphalen Lanzen
Der Sonne deine Blicke, die mir füllen
 
Mit Wärmestrom der Liebe meine Seele,
Daß ich nicht auf dem Pfad der Liebe fehle!
 
 
2
 
Ich will der Schoß sein deinem goldnen Samen,
Das Holz, in dem du birgst den goldnen Funken.
Ich will gerufen sein mit deinem Namen
Und sein in deinen tiefen Grund versunken.
 
In mir bereite deines Lagers Prunken
Und breite deines Bettes Elfenbein.
Da will ich warm, vom Wein der Liebe trunken,
In der Umarmung deiner Liebe sein.
 
Sei du das Wesen mir in allem Schein,
Der Ruhe Insel mir in meinem Herzen.
Erfreue du mich durch dein Blut im Wein
Und heile meinen Schmerz durch deine Schmerzen
 
Und laß du unsre Schmerzen Wonne werden,
Dann kann mich Weh und Pein nicht mehr gefährden.
 
 
3
 
Ich bin nicht mehr allein in Einsamkeit,
Da ich die Schönheit deiner Liebe ahn.
Ich leide nicht mehr Leid in meinem Leid,
Da ich ja leid nach deinem Gnadenplan.
 
Du mögest dich vom Heiligtume nahn,
Das du in meinem Herzen dir gebaut.
Wo meine Augen keine Schönheit sahn,
Hat meine Seele Schönheit doch geschaut.
 
Du hast durch Liebesschmerzen mich vertraut,
Mich in die Einsamkeit zu dir gerufen.
Sieh, meine Seele will wie eine Braut
Zum Bräutigame gehn der Liebe Stufen,
 
Die in Spiralen in das Innre steigen,
Und reden will ich dort mit dir im Schweigen.
 
 
4
 
Ich brauch bei Anderen nicht mehr zu suchen,
Da ich in dir den Freund gefunden habe.
Ich bin ein einsam-stiller Hain von Buchen,
Du sprichst in mir, du schöner schwarzer Rabe.
 
Gelehnt steh ich an deinem Hirtenstabe,
Da fragt man mich, wo denn mein Hirte bliebe?
Ist doch die Einsamkeit auch deine Gabe
Und meine Traurigkeit ruft deine Liebe.
 
Ich bin die Erde, zieh die Blumentriebe
Aus mir hervor durch deiner Liebe Sonne!
Wenn ich dir einen Brief der Liebe schriebe,
Taucht ich den Stift in meines Blutes Bronne
 
Und schriebe dir mit meines Herzens Blut:
Sei du mein Löser und ich bin dir Ruth.
 
 
5
 
In stiller Freude meine ich, da sei
Ich eins mit dir im tiefsten Herzensgrund,
Als sei mir deine Liebe nahebei
Und ich schon heil und schon mein Herz gesund.
 
Doch schlägt mich wieder deine Liebe wund,
Daß ich in meiner Seele Pein vergeh
Und schrei: Erbarme dich! mit wehem Mund
Und fühle mich getrennt in meinem Weh -
 
Ich glaub, daß ich in deiner Leiden See,
Mich einigend, mit meinen Leiden tauch,
Daß meiner Trauer, meiner Schmerzen Schnee
Geschmolzen wird von deiner Seufzer Hauch
 
Und daß, wenn meine Seele bitter weint,
Wir inniger sind als im Glück vereint.
 
 
6
 
Bewundern viele fröhlich in der Frohheit
Mit Jubel deiner Schönheit Herrlichkeit
Und wollen ähnlich werden deiner Hoheit -
Mir bist du nah in deiner Niedrigkeit.
 
Du schreist in mir, wenn meine Seele schreit,
Du weinst in mir die Einsamkeit der Trauer,
Du leerst mit mir den Kelch der Bitterkeit
Und hängst in mir wie die gestürzte Mauer.
 
Mein Freund, der Essig in dem Schwamm ist sauer
Und bitter ist im Myrrhewein die Galle.
Das Salz der Erde lebt im Tränenschauer.
Du gib, wenn ich mit dir den Kreuzweg walle,
 
Daß ich dich finde auch als einen zarten
Liebreichen Gärtner in des Lebens Garten!
 
 
7
 
Du führtest mich, Geliebter, ins Alleinsein,
Ein Lamm bin ich und finde nicht zur Herde.
Du mögest einzig mir der Liebe Wein sein,
Daß trunken mir verwandelt sich die Erde.
 
Die Rosen blühen mir auf deiner Fährte,
Denn alle Dornen wandeln sich in Rosen.
Laß mich den Garten finden, mein Gefährte,
Da wir in Liebe inniglich uns kosen.
 
Ich zähl mich nicht zu Reichen, Schönen, Großen,
Ich bin die Seele, welche arm und klein
Verlangt nach deiner Liebe. Stolze stoßen
Mich fort, doch du willst mein Geliebter sein,
 
Der alle Schmerzen mir in Freuden wandelt
Und sanft und zart an meiner Seele handelt.
 
 
8
 
Von außen wird mir alle Bitterkeit,
Im Innern trieft der Honig deiner Süße.
Werd ich gespannt von meiner Seele Leid,
Dann schau ich schon die Frucht vom Paradiese.
 
Durchbohren meine Seele sieben Spieße,
Sind keines Leiden groß wie meine Leiden,
So sind doch alle Plagen, alle diese
Schmerzenden Quäler gottverlassne Heiden.
 
Du wolltest dich an deinem Schmerze weiden,
Um alle diese Heiden zu bekehren,
Daß, die sich über meine Seele breiten,
Der Anteil deiner Liebe für mich wären.
 
Das Kreuz wird Lebensbaum weit wipfelkronig,
Und der erwürgte Löwe spendet Honig.
 
 
9
 
Du machtest mich zu deinem schönen Mädchen,
An meiner Seele fandst du Wohlgefallen.
Aus meinem Turm häng ich das rote Fädchen,
Das meine Liebe dir bezeugt und allen,
 
Weil du erhoben hattest, die gefallen,
Ihr wolltest du die Liebe offenbaren.
Mein Leiden lockte dich in meine Hallen,
Nun liegen Sterne mir auf meinen Haaren.
 
Nun schau ich nicht mehr neidisch zu den Paaren,
Weil du mich bargest unter deiner Schwinge,
Da weih ich dir, dem Guten, Schönen, Wahren,
Deiner Geliebten Hand mit goldnem Ringe,
 
Sie will damit dir ihre Seele schenken,
Daß du dich mögest ganz in sie versenken!
 
 
10
 
Magst du dich offenbaren meinen Sinnen,
Du Schöpferkönig aller Elemente?
Ich berge dich in meinem Herzen innen,
Von außen komm als sieben Sakramente,
 
Die Schönheit deiner Schöpfung zu mir wende
Und laß mich dich in jedem Menschen sehn!
Weil deine Liebe groß und ohne Ende,
Sei jede Seele, jeder Leib mir schön!
 
Laß lauschen mich in jedem Windeswehn
Und sehen dich in jeder Frühlingsblüte.
Du mögest mit mir zu den Menschen gehn,
Du mache mich zum Gleichnis deiner Güte.
 
Mach jedes Wesen mir zum Sakrament
Und mich als Sakrament ins Leben send!
 
 
11
 
Wie leicht verlier ich unter Menschenkindern
Dein innern Frieden, deines Lichtes Gabe!
Ich arme Sünderin begegne Sündern
Und alle suchen nach des Glückes Habe.
 
Da zieh ich mich zurück, daß ich mich labe
An deiner innerlichen Zärtlichkeit.
O Honig du in meines Herzens Wabe,
Laß dich verkosten schon in bittrer Zeit!
 
Sei Stille mir, wenn meine Seele schreit,
Sei Fülle mir, wird mir mein Mangel alut.
Die Menschen sind so fern, sie sind so weit,
Vom Innern fern. Doch bin ich deine Braut,
 
Die sucht mit Sehnsucht dich, daß sie dich finde
Und deine Schönheit schaut die bloße blinde.
 
 
12
 
Willst du durch deine Liebessympathie
Der Seele heiße Leidenschaften töten?
Und Ruhe bringen, stille Apathie,
Wo Hirten pastoralen Frieden flöten?
 
Du weißt doch auch, wie sich die Rosen röten
Und wie zum Angriff sich die Dornen spitzen,
Und wie ich überwältigt von den Nöten
Der Seele muß in Tränenschleiern sitzen!
 
Denn leiden muß ich! Leiden muß mir nützen,
Drum will ich unbewaffnet weitergehn,
Und keine Eisenrüstung soll mir blitzen,
Weil ich mich nach den offnen Herzen sehn,
 
In deren Offenheit du mir begegnest
Und mich in meinem Liebesleiden segnest.
 
 
13
 
Wie, wenn von Menschen ich vergessen bin,
Wie find ich da in dir den wahren Wert,
Den deiner Liebe Gunst mir zugemessen?
Hab ich denn anderes als dich begehrt?
 
War ich von dieser kalten Welt betört?
Du aber kannst sie doch zum Glühen bringen,
Daß deine Braut der Liebe Stimme hört
Und hört der Sehnsucht sanftes süßes Singen.
 
Ich bin gekettet noch mit Eisenringen
An Menschengunst und innerlich nicht frei.
Du mögest aus der tiefsten Tiefe klingen
Mit wundervollen Ahnungen, es sei
 
Geliebt von deiner Liebe Gunst mein Leben,
Dann kann ich dir und Menschen Liebe geben.
 
14
 
Ach Herr, ich möchte deine Stimme hören,
Wie du in Weisheit mir die Wege weist.
Den Hirschbock möcht ich lechzend röhren hören.
O komm! so spricht die Braut, so spricht der Geist.
 
Ich bin so auf mich selbst gestellt zumeist
Und wähle doch als Törin nur die Pfade;
Den Pfad, der immer in das Unglück kreist,
Den wähle ich zu meinem eignen Schade.
 
O nimm mich an die Hände deiner Gnade
Und führe mich, du innerliches Licht,
Daß ich in deiner Weisheit Leuchten bade,
Weil deine Weisheit Weisungsworte spricht.
 
Mir aber, mir gebricht jedweder Rat,
Bis mir dein Heil aus deinem Himmel naht.
 
 
15
 
O Weisheit, öffne meine innern Augen,
Daß ich dich in den Menschen schimmern seh.
Laß mich den Honig deiner Schönheit saugen,
Die sich in einem Menschen spiegelte.
 
Laß mich die Sanftmut sehn im süßen Weh
Und deiner süßen Wehmut dunklen Schimmer,
Die dunkle Rose sehn im schwarzen Schnee,
Das Säuseln hören in des Schweigens Zimmer,
 
Der Grazie Gefunkel und Geflimmer
Verborgen in der Traurigkeiten Schwärzen,
Wo lebt ein stilles Ahnen von dem Immer
In dem ergebnen demutvollen Herzen
 
Und wo die Seele offen ist, zu lauschen,
Und Liebe möchte sich mit Liebe tauschen.
 
 
16
 
Du Ewiger, du bist die stille Nacht,
Die deinem Ostertag entgegenruht,
Du bist der Stern, der in der Stille wacht,
In deinen Adern fließt mein warmes Blut;
 
Du bist so sanft und still, so muttergut,
Geduldig du als schwarze Taube brüte,
Du nimm mich auf in deine Taubenbrut
Und schau aus Taubenaugen voller Güte;
 
Der Abend, der in deinem Schoß verglühte,
Der zu dir steigen ließ den blauen Rauch,
Der sinkt mit melancholischem Gemüte
In deinen Hauch, in deinen stillen Hauch.
 
Doch nichts vermag ein Mensch zu sagen, wacht
Er auch um deinetwillen, Gott, du Nacht.
 
 
17
 
Du süßer Jesus bist so rosenrot,
So wie die Glut der maienheißen Minne,
Der Sommer dir als deine Säule loht,
Du senkst als Sakrament dich in die Sinne.
 
Du Odem Jesu, werd ich deiner inne,
So bist du wie der reine Äther blau,
Und wenn ich in mich schau und ahn und sinne,
Bist Leuchte du im blauen Aug der Frau.
 
Du, Vater, du entziehst dich aller Schau,
Du bist das Licht in seiner tiefsten Schwärze,
Ein dunkles Meer für meinen dunklen Tau
Und hellste Sonne meiner kleinen Kerze.
 
Um dich zu schauen, Gott, muß ich erblinden
Und alles lassen, Jesus, dich zu finden.
 
 
18
 
Die Liebe, meine Liebe, ist ein Schweigen,
In dem die Worte alle finden heim.
Die Liebe ist ein In-der-Seele-Zeugen,
Ein Gnadenwässern um den goldnen Keim.
 
Die Liebe ist mein Echo und mein Reim,
Die mir mit ihrem Wort den Sinn gegeben.
Die Liebe ist der Sonne Honigseim
Und purpurrotes Blut der dunklen Reben.
 
Die Liebe ist ein In-der-Stille-Schweben,
Die Liebe ist in Schönheit anzuschauen,
Sie will zwei Wesen ineinander weben
Und eine schöne Stadt aus Jade bauen.
 
Wer kann sie fassen denkender Gedanken?
Die Liebe ist ein An-der-Liebe-Kranken!
 
 
19
 
Du, schöne Weisheit, bist mir wie ein Spiegel,
Ich spiegele, wie du mich schön gemacht.
Du bist ein Pflaumenbaum auf einem Hügel,
Durch den die Winde wehten in der Nacht.
 
Du bist der Freude Augenblick, der lacht,
Du bist die Gnade, die uns angenommen,
Du bist ein Schmuckstück voller Zier und Pracht,
Wir sind in deinem reinen Teich geschwommen.
 
Von unsrer Torheit sind wir noch benommen
Und sind von unsrer Narretei noch krank,
Da bist du lächelnd schon zu uns gekommen
Und lächeltest wie eine Lilie schlank.
 
Und haben Anteil wir an deiner Schöne,
Der Herzen Einigung der Weisheit töne.
 
 
20
 
Nun gehen Engel durch die stille Nacht
Und tragen auf den Schwingen einen Segen.
Der Mensch hat seine Augen zugemacht,
Gott möge Traum auf seine Lider legen,
 
Den Traum von Wachteln und von Mannaregen,
Von des Gelobten Landes großen Trauben,
Von einem Ziele allen Wanderwegen,
Von tiefer Lust in mondbeglänzten Lauben,
 
Vom warmen Neste für die Turteltauben
Und von der Liebe in der Einsamkeit,
Von lichter Schau nach allem dunklen Glauben
Und von dem neuen weißen Linnenkleid.
 
Die Seele senk wie einen weißen Stein
In deiner göttliche Schatulle ein.
 
 
21
 
Auf geht mir die Geheimnis in der Stille,
Das du in mich gesät in Tages Stunden,
Was Keim erst war, wird in der Nacht zur Fülle;
Von allen meines Herzens wehen Wunden
 
Kann ich in deinem Balsambeet gesunden,
Wenn ich nur deinen Balsam reifen laß.
Mir wird der Trank aus deinen Händen munden,
Mein Garten wird von deinem Weine naß.
 
Du baust mir eine Spiegelstadt aus Glas,
In der du selber bist die schöne Zier.
Der Berg der Leiden wies den engen Paß,
Der führte meinen dunklen Geist zu dir.
 
Und du empfängst mich, Gott, in deiner Gnade
Und hebst ein Linnen aus der heiligen Lade.
 
 
22
 
Du Mensch, du bist der schmuckgerahmte Spiegel,
In welchem Gott in Schönheit sich beschaut,
Beschaut den Himmelsblick, des Mundes Siegel,
Sich zu beschauen, hat er dich gebaut.
 
In deines Teiches Spiegel Himmel blaut
Und badet sich in dir mit Wohlgefallen,
Erleuchtend deine leichte Wasserhaut
Und haucht mit Wehn dich an und läßt dich wallen.
 
Auch bist du Echo seinem schönen Schallen
Und darum gebe seinen Ruf zurück
Und in dem Hall und in dem Widerhallen
Liegt seliges Vertauschen, Liebesglück,
 
In Eines schauen und in Eines tönen,
Aus Liebe schön zu werden von dem Schönen.
 
 
23
 
Karfreitags-Jesus, ja, ich will das Glück,
Als ob ich für das Glück berufen wäre.
Von deinem Kreuze will ich Stück um Stück
Verwandeln in der innerlichen Schwere,
 
Dich anschaun in dem Spiegel meiner Zähre
Und dich umarmen, deine Herzenswunde,
Der du als Wind nun wehst in jeder Sphäre,
Und Welt und Kosmos hängen dir am Munde.
 
Ein jeder Bettler durch dein Leid gesunde,
Durch dich verwandle sich ein jeder Tod
In Leben! Ruf vom Kreuze frohe Kunde:
Es ist sehr gut! Die Rose ist sehr rot
 
Und jeder, der geweint hat in der Nacht,
Wird zu dem lieben Herz des Herrn gebracht.
 
 
24
 
Du Gott des Lebens und des Freudenlichtes,
Entzogen allem menschlichen Begreifen,
Ich such die Schönheit deines Angesichtes,
Im Lichte deines Lichtes aufzureifen.
 
Wo Ewigkeiten an die Zeiten streifen,
Erfahr ich deiner Liebe Gegenwart.
Nachsinnend laß ich meine Seele schweifen,
Ob sie dich finden kann, du Gott von Art.
 
Du bist in mir, ich bin in dir. - Und zart
Will ich Maria sein und dich empfangen.
Du hast mich mit der Lieben Frau gepaart,
Sie hebt zu ihrem Herzen mein Verlangen.
 
Karfreitag ist... In schwermutvoller Stunde
Ist mir, als sei ich Christi Herzenswunde.
 
 
ZWEITER FLÜGEL
 
„Um jedes Kreuz ist üppig Grün geschlungen.“
(Reinhold Schneider)
 
 
1
 
Dich, Gottheit, meine Herrin, will ich singen,
Dich, Zevaothin, die da zog die Mauer
Aus Feuer, daß nicht Welt und Dämon dringen
In meine Seele. In der blauen Trauer
 
Gebierst du mütterlich aus deinem Schoße
In mir das inkarnierte Angesicht
Der Schönheit. Leg mich in die Mystische Rose
Und laß aus ihr mich saugen Licht vom Licht.
 
Dir weihen will ich meiner Haura Garten,
Dir weihen Schmuck am Gürtel der Madonne,
Dir weihen meines Seelenkeimes Samen.
 
Auf deine göttliche Erscheinung warten
Sieh mich in meiner Nacht, o meine Wonne,
Und sprich zu meinem Leben Ja und Amen.
 
 
2
 
Herrin Sophia, viele beten an
Und reden von der Gottheit Offenbaren.
Heut, da ich jede Stunde stille sann,
Will ich mich hüllen nachts mit deinen Haaren,
 
Auf daß du Frieden spendest meinem Sinn.
Hab ich den Kelch des Abendmahls geschaut,
Den du gehoben, o Erlöserin,
Und sagtest du: Ich bin des Mannes Braut!?
 
Hilft in der Nacht der Täuschungen das Soma
Und warten schöngeaugte Jungfraun drüben
Und wohnt die Wahrheit in dem Dom von Roma?
 
Sind Schall und Rauch, die Gott man gibt, die Namen?
Erkoren hast du mich als deinen Samen,
So will ich blühen dir und will dich lieben.
 
 
3
 
O Göttliche, du offenbartest Minne
Den Deutschen und den Persern und den Indern.
Wir Minnesänger läutern unsre Sinne
Und werden durch das Frauentum zu Findern
 
Der Schönheit göttlicher Gebieterin.
Und welche nennen Mutter dich und welche
Sind kühner: nennen dich Liebhaberin
Und lieben noch dein Blut im schönen Kelche
 
Und brechen dich wie süßes weißes Brot
Und schenken ihres Herzens Rose rot
Dir hin, daß du dich mit der Rose schmückst,
 
Die du mein Herz an deinen Busen drückst
Und küssest meiner Seele Myrrhebund
Mit einem Hauch von deinem göttlichen Mund!
 
 
4
 
Im Traume durft ich Liebe dir erklären,
Hingebungsvoll, anbetend und begeistert,
Du meiner Seele einziges Begehren,
Die selbst mein Unbewußtes übermeistert!
 
Da waren nüchterne Philister, Spötter,
Weltkinder waren da und Pharisäer,
Die zweifelten, ob nun der Dichter-Seher
Sich wende wie ein Heide an die Götter.
 
Ich war von ihren Zweifeln unberührt,
Denn meine Seele wußte vom Gebot
Der Liebe, das die heiligen Schriften nennen.
 
So hast im Traum du meinen Geist geführt
Zur Mystischen Rose, wie dein Blut so rot,
So glühend rot von heißer Liebe Brennen!
 
 
5
 
Du bist die Eine Gottheit allen Völkern,
Die Völker geben dir die schönsten Namen,
Du gabest in der Urzeit Milch den Melkern
Und gabest Frauen den Getreidesamen.
 
Du willst den Kreaturen nahekommen
Und deine Gottheit mit der Menschheit einen,
Hast die Gestalt des Menschen angenommen
Und wolltest aller Menschen Tränen weinen.
 
Geheimnisvolle Gottheit, nicht zu fassen,
Bist du wie Feuerflamme oder Wind.
Ich will mich deiner Führung überlassen,
Geist Mutter, ich bin deines Schoßes Kind.
 
Du führst mich in die Liebe und die Freiheit
Und heile Menschlichkeit. Das nenn ich deine Dreiheit.
 
 
6
 
Himmlische Schöpferin der Sternenlichter,
Die Menschenherzen bautest du als Tempel,
Darin dem Himmel singen deine Dichter,
Du zeigst uns deiner Mystiker Exempel.
 
Auf Erden tratest du in einen Garten
Und warest tief betrübt bis an den Tod
Und gingst verherrlicht um in einem Garten
Wie eine Morgensonne weiß und rot.
 
Und überm Meere schwebtest du als Taube,
In deiner Kraft die Kraft der Schöpfung kreist.
Den Gnadentau des Lebens trinkt der Glaube,
Wenn einen Wasser neu gebar und Geist.
 
Vom Himmel, von der Erde und vom Meer
Kommt meine göttliche Geliebte her.
 
 
7
 
Die Vögel in den Bäumen singen süß
Und was sie singen, ist mir Hauras Namen.
O Gottheit, eine du im Paradies
Den Schoß der Seele und der Seele Samen!
 
Und laß mit schönen Augen sein die Maid
Auf Erden schon ein köstliches Verheißen
Und Bild und Gleichnis der Glückseligkeit
Und laß mich Hauras schöne Augen preisen
 
Als Licht von deinem Lichte, Offenbarung
Göttlicher Schönheit, Liebessakrament
Und Rose von dem mystischen Rosenstrauch.
 
Und gib, daß Mann und Frau in keuscher Paarung
Als Ein Geschöpf von deinem Feuer brennt
Und haucht in dich verklärter Liebe Hauch!
 
 
8
 
Ich geh nicht fort von dir zu andern Geistern,
Doch tiefer dring ich ein in das Geheime
Und Unergründliche der Gottheit. Keime
Sind in den Religionen, bei den Meistern,
 
Und Offenbarungen in vielen Schriften,
Doch wo sind Mensch und Gottheit so vereint
Als wie in deinem Herz? Nicht will ich stiften
Ein Anderes, so ist es nicht gemeint,
 
Ich glaube an den Namen, der im Herzen
Mir wohnte in der dunkelsten der Stunden,
Den ich als Hoffnung meines Heils gefunden
 
Und dem ich mich in Freuden und in Schmerzen
Als meines Lebens tiefstem Sinn verbunden -
In Jesu Licht verlöschen meines Lebens Kerzen.
 
 
9
 
Sophia, göttliches Wesen, unergründlich,
Geheimnisvoll in deiner Ewigkeit,
Du schufest spielerisch, du warest kindlich
In deiner selbstzufriednen Seligkeit,
 
Du schufest spielerisch der Schöpfung Schöne
Und senktest dich in ihren Mittelpunkt als Same
Und wirst vollenden sie durch deine Töne,
Wenn widerhallt in ihrem Herz dein Name,
 
Dann führst du Welt und Menschheit an das Ziel,
Und meinen Geist, daß er in Schönheit schaut
Vollendung in der Gottheit, seiner Braut,
 
Wenn du in deiner Liebe schönem Spiel,
Dich offenbarend, aufhebst deine Schleier
Und dich mir einigst in der Hochzeitsfeier.
 
 
10
 
Du Göttliche in meiner Liebe Traum,
Ich durfte mich in deiner Liebe Traum verlieren.
Am Morgen war ich wie ein Lebensbaum,
In dem verliebte Vögel tirilieren.
 
Doch Haura mir in ihrer dunklen Kälte
Und durch das Wort von dem verschlossnen Herzen
Mir meinen grünen Baum des Jubels fällte,
Nun irr ich einsam durch das Land der Schmerzen.
 
Ich rufe deine Balsamstaude an,
Umwinde mich mit rotem Rosenkranz
Und wall als Schüler in der Weisheit Schule.
 
Darf ich nicht sein der schönen Haura Buhle,
Dann führe die Madonna ihren Mann
In deine Schönheit ein, die Liebe ganz.
 
 
11
 
Wo bist du, Gottheit, bin ich arg getrennt
Von aller Liebe, wenn mich nichts mehr hält
Und wenn mir Haura nicht mehr Sakrament
Und häßlich scheint und böse alle Welt?
 
O schöner Jesus, wehst du in dem Wind,
Ist nicht von deinem Licht die Luft getränkt?
Hat deeine Weisheit nicht mich wundes Kind
Zu deiner Weisheit Tröstungen gelenkt,
 
Daß selbst ich bin verkörperte Idee
Und göttlicher Gedanke in Gestalt
Und daß sich meinem Selbst die Gottheit paart?
 
In deiner Liebe wird der Wunde Weh
Ins Ganze aufgenommen. Ohne Halt
Laß ich mich in der Gottheit Liebe zart.
 
 
12
 
Sophia, kaum trau ich mich anzubeten;
Wer reicht mir deine Schrift und Liturgie?
Nur deine Winde frei wie Geister wehten
Und säuseln selig nur: so schön ist Sie!...
 
Dann häng ich in den Nebeln, ohne Grund,
Und nirgend weist den Weg ein Strahl vom Lichte.
Da bin ich in der Nacht der Seele wund
Und find im Labyrinthe keine Richte.
 
Da überlasse ich mein Boot der See,
Den wilden aufgewühlten Schicksalswogen,
Und laß mich treiben, ob ich find den Hafen.
 
Ich sag nicht, daß ich deine Schönheit seh,
Gestalten sah ich nur, die alle trogen,
Doch Sehnsucht hab ich: Ich will in dir schlafen...
 
 
13
 
Es ist doch Mai, Sophia, ist doch Mai,
Die Regen gießen sich in Blütenkelche,
Die Blüten schäumen rosafarb als sei
Darin gebettet Morgenröte, welche
 
Mit süßer Vögel Jubellied anhebt,
Auf Vogelschwingen blitzen Taues Perlen,
Der grüne Same an der Erde klebt,
Der schwer gefallen von den jungen Erlen.
 
Ich hocke in der Nacht im Bücherstaube
Und bin allein mit meinen Lenzgefühlen
Und sehe die Geliebte nur im Traum.
 
Der ich dich als des Lebens Leben glaube,
Ich suche dich, ich möchte mit dir spielen
Und betten mich in deinem Blütenschaum.
 
 
14
 
Die Heiligen, die Weisen kontemplieren,
Sie töten ihre Sinnlichkeit und beten,
Weltabgewandte sind sie, meditieren,
Sie sind die Büßer, heiligen Asketen.
 
Ich kann nur gehn den Weg der Frauenminne,
Natur ist mir ein schöner frischer Leib,
Ich feiere das Fest beglückter Sinne
Und Name meiner Sehnsucht ist - das Weib!
 
Du bist gekommen aus der Transzendenz
In unsre Liebesleiden, unsern Lenz,
Du starbest leidenschaftlichen Liebestod!
 
Du bist nicht Ideal so blaß und bleich,
Du bist an Myriaden Reizen reich,
Du bist die Rebe und die Rose rot.
 
 
15
 
O Weisheit, die du wie ein Kind gespielt
In Ewigkeiten, ich will dich vergleichen
Dem Kinde, dessen Liebe ich gefühlt,
Das wurde mir zu einem Gottes-Zeichen.
 
Gelehrsamkeit vergaß ich da und Wissen
Und auch den Liebesschmerz und alle Sorgen
Und lag beim Kinde nachts auf einem Kissen,
War in des Kindes warmem Bett geborgen.
 
Geheimnisvolle Worte voll Gefühl
Benennen alles: allen Lebens Rose
Blüht in dem selig selbstzufriednen Spiel,
Sitzt er wie auf dem Thron auf meinem Schoße.
 
Er ist ein Wunder, ja, ein Jesuskind.
Die Fühlenden von ihm begeistert sind.
 
 
16
 
Alleingelassen hast du mich im Weh,
Hast tragen lassen mich die ganzen Schmerzen,
Du machtest blind mich für den Blütenschnee
Und warest Wunde nur an meinem Herzen.
 
Da war ich ganz auf mich allein gestellt
Und auch die Menschen wußten nicht zu raten.
So häßlich und so bös schien mir die Welt,
So gegen mich gerichtet meine Taten.
 
Da sandtest du der Schwestern milde Güte,
Da jede war wie eine holde Blüte,
In Lächeln, Weisheit und geschriebner Letter.
 
Da kam zu mir die Liebe Frau der Frauen.
Maria, führe mich zu Eden-Auen
Und eine meine Seele meinem Retter!
 
 
17
 
Wir haben viel gesprochen von den Griechen
Und wie Odysseus schlug den Helden Rhesus.
Ich aber fand in maienen Gerüchen
Ein andres Bild von dir, Sophia-Jesus!
 
Ich sah in mystischen Verschleierungen
Die schöne Haura mit Maria eins,
Sah Schönheit ganz von der Idee durchdrungen
Und Minne glühen in der Glut des Weins
 
Und sah die Blaue Blume meiner Seele,
Allkönigin, im innern Kosmos handeln
Und wehen durch die Nacht als duftigen Schleier.
 
Dich ahn ich ferneher, dein Allverwandeln,
Die Schönheit deiner Liebe, die ich wähle,
Die du so heilig gehst durch meine Leier.
 
 
18
 
Dir hab ich, Herrin, dir mich anvertraut,
Du stiegest in mein sturmbedrohtes Boot.
In deiner Botin hab ich dich geschaut,
Schneeweiß das Leid, die Schwingen glutenrot.
 
Die Botin ging auf allen meinen Wegen
Mit einem goldnen Schwert an meiner Seite.
Sprich, Botin, hohen Segen, tiefen Segen,
Mich durch die blaue Nacht zum Lichte leite
 
Und sage mir: Bist die du, welche Jakob
Gelagert sah im Wildbachtale Jabbok,
Dann mich auch auf die Himmelstreppe nimm,
 
 
Himmlische Hüterin (ich küss den Pfahl)
Und führ mich in der Gottheit Hochzeitssaal,
Du neuen Bundes Stern, Mahanajim.
 
 
19
 
Ewige Weisheit, führ den Weg der Mitte
Zu dir mich, aber gib, daß ich nicht lau,
Laß Liebesfeuer glühen, hör die Bitte,
Zu dir, und gib als dein Symbol die Frau.
 
Wer an der Schöpferin sich freuen will,
Der freue am Geschöpf sich gleicherweise.
Die aufgewühlten Leidenschaften still,
Doch laß mich sinken nicht in Lethes Kreise.
 
Maria sprach, sie lädt uns ein zur Freude!
Ich will am Busen deiner Schöpfung saugen
Und deine Schönheit schauen allerwege.
 
Der Liebe Segen in das Herz mir lege,
Die Liebe führ mich in des Geistes Weite
Und hüte mich als Apfel ihrer Augen.
 
 
20
 
Mit deiner göttlichen Seele will ich reden,
Geliebte Herrin! der ich öd war heute:
O reiche mir die Lebensfrucht von Eden,
Ergieß in mein Gemüt die große Freude!
 
Bewahre mich im Maien vor der Blindheit,
Die von den vielen Büchern kommen kann.
Laß mich im Garten sein wie in der Kindheit,
Dich lieben, Mystische Rose, als dein Mann!
 
Komm, gib dein Ebenbild in meinen Träumen,
Laß süße Seligkeiten überschäumen,
Laß du der Maid das Maienlächeln blühen,
 
Laß mich erleben innre Abenteuer
Und send zu Pfingsten neuen Geistes Feuer:
Ich will in allumfassender Minne glühen!
 
 
21
 
Du, Weisheit, sandtest mich in Hauras Hain,
Verständnisvoll zu hören ihre Fragen,
Antwort auf alle Zweifel ihr zu sein
Und Trost zu sein für ihre dunklen Klagen.
 
In dir war fähig ich, mich zu verleugnen
Und Wonne nicht und Schönheit nicht zu sehn,
Mir deine Selbstverleugnung anzueignen,
Auf Hauras Gottessuche einzugehn.
 
Doch ach, das schlug des Ungeliebtseins Wunde;
Da kamest du als Mutter und als Frau
In meine Traurigkeit als Trost von oben.
 
Du eine dich mit mir im ewigen Bunde,
Führ mich durch Haura zu der Gottesschau.
- Sophia sprach: Ich will mich ddir verloben!
 
 
22
 
Sophia möchte sich mit mir verloben,
Sie sprach, die Herrin werde ich erkennen.
Ich will der Weisheit Huld und Schönheit loben
Und muß doch in den dunklen Flammen brennen
 
Der Traurigkeit und Einsamkeit, allein,
Da alle Schönen meine Liebe scheuen.
Sophia spricht: Ich möchte bei dir sein,
Drum, Dichter, darfst du froh sein und dich freuen!
 
Nun kommt mein Ja-Wort, Herrin meiner Seele:
Und wenn ich auch in Fegefeuern schwele,
Ich will dich küssen mit dem Dichtermunde,
 
Ich will den Mund der Allerhöchsten küssen
Und wenn ich auch, wie alle Dichter müssen,
Dich nur zu lieben weiß mit meiner Wunde...

[Inhalt]

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