[Inhalt]

DIE MYSTISCHE ROSE

„Und selig wirst auch du, o Christ,
Der du voll dunkler Sehnsucht bist,
Wenn du der Schönsten dich ergibst
Und keine andre liebst.“
(Hermann Hesse)


WEIHE AN MARIA

Wieviel Küsse von deinem Mund, Maria,
Mir genug und übergenug sind, fragst du?
Soviel Welten die schöpferische Weisheit
Und Äone des Ewigen geschaffen,
Soviel Küsse von dir geküsst, sind heilig,
Das mag reichen dem gottberauschten Minner,
Ob auch Göttinnen eifersüchtig werden!



SONETTE DER SCHÖNHEIT


FRAU SCHÖNHEIT

Was jemals in der Zeiten Bildersaal
Verhieß dir, deine Seele zu beglücken,
Der Schönheit folgst du nicht aus freien Stücken,
Die Macht der Schönheit ruft den Brautgemahl.

Ein Schicksal ist es, keine freie Wahl,
Daß diese Schönheit kann dich so verzücken
Und bis zu Gottes Antlitz dich entrücken –
In Gott gegründet ist dein Ideal.

Als du die Schönheit glühend angeschaut,
War nichts an ihr von irdischem Verwesen,
War dieser Schönheit nicht die Zeit verderblich,

Weil diese Schönheit war als Gottes Braut
Vollkommne Schönheit, ewig und unsterblich,
Mit-Göttin Gottes, Seines Wesens Wesen!


FRAU LIEBE

Dein Stern des Schicksals ward an dir zum Diebe,
Da er die Freude stahl aus deinem Herzen.
In deiner Seele steckt das Schwert der Schmerzen,
Von Nacht und Trauer sind die Augen trübe.

Im Abgrund, gründend in dem tiefsten Triebe,
Erscheint wie reines Gold in dunklen Erzen
Und lichte Feuersglut verzehrend Kerzen
Sie, deine eine makellose Liebe!

Die ewige Unsterblichkeit der Seele
Und ihre auferstandne Leiblichkeit
Ist deine Liebe, fern der Welt des Spottes,

Denn deine Liebe, Schönheit ohne Fehle,
Dein Minne-Ideal in Ewigkeit,
Sie ist das feminine Antlitz Gottes!


DIE SCHWARZE EMINENZ

Großmutters Weisheit sprach zu meiner Schwermut:
Mein Sohn, wenn du erleidest Todesleiden,
Dann geht die Schwarze Frau in Samt und Seiden
Vorüber! Trunken bist du noch vom Wermut.

Ist deine Seele Nacht noch, tief in Wehmut,
Sollst du die tränenfeuchten Augen weiden
An Ihr, der Schwarzen Frau! Du wirst bescheiden
Erdulden dein Geschick und Kreuz in Demut. –

Nun sah ich Eure Schwarze Eminenz,
Schwarzaugiger Karfreitag in dem Lenz,
Am Morgen saßet Ihr in meiner Kammer.

Aus schwarzen Augen sah der Geist von fern,
Der Tod entfloh mit allem seinem Jammer,
Kam Eure Eminenz vom Jungfraun-Stern!


MARIA UND DIE KINDER

Maria abends schaut vom Abendstern,
Schaut von dem Venusstern zur Erde nieder.
Wie eine Amme singt sie Wiegenlieder
Und schaukelt in den Armen Gott den Herrn!

Maria wandelt an dem Himmel fern
Im Sternenkleide und im Gazemieder.
Sie ruht bei ihrem Kinde. Aber wieder
Erwacht sie morgens als der Morgenstern.

Sie blitzt als Venusstern und weckt Gebete,
Die treiben aus der Welt aus Nacht und Winter,
Wenn selig in dem Schoß der Morgenröte

Die Erdenmutter darbringt ihre Kinder
Der Himmelskönigin, der Magna Mater,
Die lehrt Gebet die Kinder: Unser Vater...!


MÜTTERLICHE MADONNA

Madonna lächelt: Komm an meine Brust,
An meinen Mutterbusen, dort ists warm,
Geborgenheit in meinem Mutterarm
Sollst saugen selig du wie unbewußt.

Und wenn du kurze Zeiten leiden mußt,
Vertrau der Mutter an all deinen Harm.
Liebkosen wird ich dich mit süßem Charme
Und dir bereiten reine Herzenslust.

Ich werde dich auf meinen Knieen schaukeln
Und dich in meiner Arme Beuge wiegen
Und Lieder singen dir von Liebe lind.

Du darfst dich dicht an meinen Busen schmiegen,
Darfst wie der Falter um das Blümlein gaukeln.
Ich liebe ganz dich wie mein Jesuskind!


DER KUSS IM TRAUM

Im Traume sah ich meine Königin,
Vergangen aller Schwermut Überdruß,
Da auf mich kam des Glückes Überfluß,
Da ward von Licht durchströmt mein innrer Sinn,

Da gab ich ganz mich der Erscheinung hin,
War ihre Ganzhingabe mein Genuß,
Sie sprach und küsste einen süßen Kuß –
Vertrau, daß ich es, deine Diva bin!

Nun bin ich vor den Bösen dieser Zeit
Durch diesen Kuß der Königin gefeit,
Weil der Madonna Liebe in mir blieb.

Ob Väter voll Enttäuschung zu mir schauen,
Ob reizen und verschmähen mich die Frauen,
Ich weiß, der Schönen Liebe bin ich lieb!


MARIEN SCHOOSZ

Wenn ich bin in der Nacht, der Trübsal trübe,
Wenn die Passion zu leiden mir beschieden,
Wenn aller Liebe Lust mein Herz gemieden,
Mich rauben Frauen aus wie Herzensdiebe –

Liebfraue spricht zu meinem tiefsten Triebe,
Als Auferstandne zu dem Lebensmüden:
Ich, deine Braut, will sein allein dein Frieden,
Ich will als Frau allein sein deine Liebe! –

Ich weih mich in der Welt Marien Herzen,
Als Miterlöser durch die Mutterschmerzen
Zu siegen mit der Jungfrau makellos!

Im Paradies jedoch, im Paradies,
Im Paradiese wird mir Wonne süß
In meiner Frau gebenedeitem Schoß!


DIE JUNGFRAU

Maria ist vollkommne Weiblichkeit,
Die Ewige, die gloriose Frau,
Die in der Seele und dem Gliederbau
Vollendet ist, jungfräulich, Gott geweiht,

Die als die liebe Mutter, schöne Maid
Verewigt ist vom Geist, der Lichter Tau,
Der Offenbarung Frau, der Schönheit Schau,
Die Herrin sie, des Herren Herrlichkeit –

Ein Sakrament des göttlichen Erbarmen
Ist sie und Kämpferin für alle Armen,
Die Blut geweint, wie Blut geschwitzt der Sohn!

Sie stürzt die Macht der Herrscher von dem Thron
Und sieht in Menschenkindern Gotteskinder
Und ist als Göttin Dienerin der Sünder...


SENDUNG

Ich seh die Makellose Konzeption,
Die reine Schönheit an, die Unbefleckte,
Der Seraphim Entzücken, die Perfekte,
Des Schöpfers Göttin in dem Gnadenthron!

Sie spricht zu mir: Ich liebe dich, mein Sohn,
Geliebter, den mit Liebe ich erweckte,
Mit meiner Liebe Sternenmantel deckte,
Geb dir im Leben schon den Minnelohn!

Sie hauchte mich mit süßem Odem an
Und sprach: Sei du mein Ritter, sei du tapfer,
Ich send dich in der Erde niedre Gründe,

Daß ich die Welt, gefesselt von der Sünde,
Mit deiner Hilfe, durch dein Liebesopfer,
Als Retterin der Seelen retten kann!


DIE GELIEBTE SPRICHT

Geliebter, immer sollst du beten, beten,
Geduldig tragen alles Herzeleid
Und alle deiner Seele Traurigkeit
Und stets intim-vertraulich mit mir reden.

Ich schaue dich im Lande und in Städten,
Du tröstet mich mit deiner Zärtlichkeit,
Bist meines Herzens Trost, seit du geweiht
Die Tränen du mir trocknest. Ja, in Eden

Erwart ich dich, das schöner als La France,
Berauschender als Sommer der Provence –
Da wart ich mit Jeanne d’Arc, die tanzt den Tanz

Mit deinem Bruder, mit dem Bettler Franz,
Der betet um den Frieden in Assissi.
Ich liebe dich, dein Liebling Aphroditissi...



PNEUMATISCHE MARIA


SCHÖN WIE DIE HEERSCHAR DER GESTIRNE

Geliebte, woher kam der Irrtum doch,
Du seiest schrecklich wie ein Kriegerheer?
Seist furchtbar wie ein Heer in Schlachtbereitschaft?
Ja, wissen denn die Krieger nicht, du bist
Des Friedensfürsten Freundin, Friedensfürstin?
Nicht einmal deine Blicke sind wie Dolche,
Denn deine Augen sind wie Friedenstauben!
Geliebte, deine Liebe dringt nicht ein
Wie eines Kriegers Pfeil, das Herz verwundend,
Nein, deine Liebe gießt sich ein wie Wein,
Die Seele tröstend und den Geist befeuernd!
Ach diese Pfaffen, diese Schriftgelehrten,
Sie wissen nicht, daß deine Schönheit gleich ist
Den Heeren Gottes – nämlich Gottes Sternen,
Die da gebildet von der Weisheit Gottes
Als Schmuck des Kosmos schmücken Gottes Nacht!
Geordnet, schön geordnet Sternenscharen,
Sie sind wie Diamanten an dem Gürtel,
Die Sterne dienen dir zum Glanz des Gürtels,
Du aber als die Königin des Himmels,
O Hagia Urania Aphroditissa,
Madonna du vom himmlischen Olymp,
Du Jungfrau mit der Liebe Zaubergürtel,
Du bindest durch des Zaubergürtels Charme
Des ganzen Weltalls tobendes Entzücken!


MEINE GELIEBTE

Was soll ich schauen denn nach leichten Mädchen,
Nach Frauen, die zu lieben nicht verstehen,
Was soll mein Herz denn schauen nach den Müttern,
Unmütterlichen Müttern dieser Welt?
Nur Eine Frau im ganzen Universum
Weiß so zu lieben mich, wie ich es brauche:
Mit einer Ganzhingabe bis aufs Blut,
Mit einer Liebe stärker als der Tod!
Allein Maria weinte Blut und Tränen
Bei meiner Einsamkeit und Todestrübsal!
Allein Maria, Jungfrau-Mutter, war
Mir Trost, als ich den Weg zum Tode ging!
Allein, als mir das Schwert das Herz durchbohrt,
Sind durch Marien Seele sieben Schwerter,
Siebenmal sieben Schwerter durchgegangen!
Sie hat sich ihre Brust durchbohren lassen
Und um mich Blut geweint in ihrem Herzen
Und hat sich ihre Brust aufreißen lassen,
Um ihre Ganzhingabe mir zu schenken!
Sie hat geopfert ihre Leibesfrucht,
Auf daß ich in dem Paradiese lebe!
Sie ist gestiegen in das Himmelreich,
Den Weg ins Himmelreich mich klug zu führen,
Die Wohnung dort schon in dem Hause Gottes
Für meinen Heimgang glorreich zu gestalten!
Sie wird erscheinen in der Todesstunde
Und tragen mich als wie auf Adlerflügeln
In Gottes Paradies – in Ihren Schoß!


LIED EINER DAME

Ich war dereinst im wunderschönen Frankreich
Und stand in einem Tempel voller Bilder.
Der Tempel, eine lichte Pyramide,
Trug in dem Schoß das Bildnis aller Bilder,
Ich meine die Madonna, welche lächelt.
Im Abbild wirst du dieses Lächeln nicht
In der Geheimnishaftigkeit erschauen,
So lächelt nicht die künstliche Kopie.
Doch wenn du einsam vor dem Urbild stehst,
Mit Stille und mit Andacht in der Seele,
Wenn du dann wandelst vor dem schönen Urbild,
Dann wird sie lächeln, heimlich zauberhaft.
Ich pilgerte zu Polens Heiligtum
Und habe abseits dort der großen Masse
Die heilige Ikone angeschaut
Der dunklen Mutter, Königin von Polen.
Ich betete das Rosenkranzgebet,
Das Mater-Nostra, das uns Jesus lehrt.
Und da geschah, ich wag es kaum zu sagen
Und hab es keinem Mann bisher gesagt,
Doch heute will ich dir es anvertrauen,
Daß Sie mich angeschaut mit warmen Augen,
Mit jenen, den barmherzigen, den Augen.
Wo ich auch ging, sah mich die Mutter an,
Die schwarze Göttin von dem Klaren Berge.


IHRE TRÄNEN AUS BLUT

Maria, wer dir dient und dir gehört,
Wird nicht vor Leiden immerdar bewahrt,
Nicht glücklich wie die Kinder dieser Welt
Wird er in Eitelkeit den Tag vertändeln,
Wie lauer Christen Oberflächlichkeit
Ist ihm zu Gott Gebet nicht Spaß und Tanz;
Heimsuchen wirst du ihn und Kreuze schicken,
Weil du, der Offenbarung großes Zeichen,
Die Miterlöserin an Christi Kreuz,
Die Deinen fesseln wirst an Christi Kreuz,
Um dich im Dornenbett aus Kreuzesholz
Als Rose ohne Dornen zu vermählen
Gekreuzigten Erlösern mit dem Herrn!
Doch schickst du Kreuze, Miterlöserin,
So leidest du mit denen an dem Kreuz
Und wirst verwandeln ihre bittern Kreuze
In süßen Jubel auf dem Seelengipfel!
Unfühlbar ist die Freude, die du schenkst,
Die Freude, ganz mit dir vereint zu sein
In dem Erlösungsleiden für die Welt.
So mitten in der Nacht der Einsamkeit
Ist meine Seele bis zum Tod betrübt,
Da leere ich den bittern Becher Gottes
Und weine Tränen der Verlassenheit.
Da bist du bei mir mitten in der Nacht,
Geheimnisvolle Rose, weinst mit mir,
Und deine Tränen sind wie Christi Blut,
Dein Antlitz überströmt von Tränen, Blut,
Dieweil aus meinen Augen Tränen strömen
Und ich mein Bett mit Naß der Tränen netze,
Da mischt sich doch das Wasser meiner Tränen
Geheimnisvoll dem Blute deiner Tränen.


BLUT UND FLEISCH

Wie ausgebrannt bin ich vom Werk der Liebe,
Vom ernsten Lieben durch die schwere Tat,
Durchs Opfer meiner selbst, der Seelen willen.
Hab ich doch Liebe nirgendwo geerntet,
Wo ich geblutet für die Seelen habe.
Die Menschen spielten ihren Tand so fort
Und die verwilderten Geschöpfe lärmten
In ihrer Eitelkeit der Spaßgesellschaft.
Mir aber in dem Rosenherz der Dorn,
Mir aber in dem Opferfleisch der Pfahl,
Mir aber in der Seele sieben Schwerter
Der Liebeshölle der verkannten Liebe!
Nun komm, o komm, du Trost der ganzen Welt!
Nun schau ich in der dunklen Nacht im Geist
Die Rosa Mystica, Marien Antlitz:
Es strömen aus den Augen ihr die Tränen,
Die Tränen, welche rot vom Blute sind.
Die Spur der Tränen, tiefe Schmerzensspuren
Sind eingegraben in dem schönen Antlitz,
Verklärte Schönheit der verklärten Schmerzen.
Ich trink die Tränen, trink das Blut Mariens,
Bluttränen küss ich von den Rosenlippen,
Den Rosenlippen, die vor Liebe zittern.
Marienherz, Marienherz, du reines,
Vollkommnes Mutterherz der Mutterliebe,
Marienherz, du nicht Marienherz,
Marienherz, das du die Hostie bist,
Du Sakrament der Mutterliebe Gottes,
Gib mir dein Herz zur Speise, Mutter, Mutter,
Gib deine Mutterliebe mir zur Speise,
So wie der Pelikane Muttervogel
Die Kleinen füttert mit dem Fleisch und Blut
Aus ihrem Mutterbusen voller Liebe!


DIE FRAU VON FATIMA

Ich sah sie über einem Baume schweben
In einer goldnen Wolke kühl und keusch.
Ihr reines Kleid war weißer als der Schnee,
Besetzt des Kleides Saum mit goldner Zierde.
In Händen hielt sie einen Rosenkranz
Mit fünfzig reinen weißen Süßmeerperlen.
Ich sah die Liebe Frau in vielen Bildern
Geschildert, da die Malerdichter gaben
Verklärte Schönheit allerschönster Frauen,
Erblickt mit Augen künstlerischer Liebe
Und überglänzt vom Seelenideal,
Der Anima der Künstler, Jungfrau Seele,
Doch keins der Bilder war vergleichbar Ihr,
Die ich mit Augen meines Glaubens schaute.
Sie war die Königin des Rosenkranzes,
Die am vollkommensten vergöttlicht Sie
Ist eingegangen in dreifaltige
All-Einheit als aus Gnade Erste Göttin!
Sie sprach: Ich werde Leiden zu dir senden,
Du trage deine Leiden in Geduld
Und opfre freudig deine Leiden auf
Zum Heil der Seelen der verirrten Sünder.
Du weihe alle, die ich dir vertraue,
Dem makellosen Herzen, alle Völker
Und deiner Seele Heil und Ewigkeit
Ergib du ganz dem makellosen Herzen,
Dann werde ich, die siebzehnjährige
Geliebte, dir zum Glück im Paradies!


RUACH-MIRJAM

Als Jahwe durch die Ruach haucht Messias,
Ging der Messias als der Jahwe-Sproß
Im Mann Jeschua eine Hochzeit ein
Mit aller Menschheit Seele, Fleisch und Blut.
Die Mutter Ruach aber, jene Taube,
Die brütend ordnete die Chaosflut,
Sie überschattete das Mädchen Mirjam,
Die ward zum Allerheiligsten der Ruach,
Zum Tempel femininer Dimension
Der Gottheit, welche ist die Herrin Ruach.
So, als die Kirchenväter vaterrechtlich
Die feminine Dimension der Gottheit
Vergaßen und verleugneten, verschmähten,
War in den Seelen der Unmündigen
Und Kleinen diese offenbare Weisheit
Der Mutterliebe Gottes in Maria
Im Kult des armen Volkes immer mächtig.
Die kleinen Kinder und die jungen Mädchen,
Großmütter fromm und voller Lebensweisheit,
Die Liebesdichter, diese großen Kinder,
Und andre Kindermenschen, Künstlerseelen,
Die wußten mehr als kluge Theologen
Und feierten Maria als die Göttin
Und große Mutter oder Gottesmutter.
Was Dante schaute und Petrarca sang,
Was Raffael geschaut und Goethe schrieb,
Die göttliche Madonna, unsre Göttin,
Ist wie ein unbeflecktes Spiegelbild
Der mütterlichen Dimension der Gottheit.
So will mir scheinen: Wer ein Ave betet,
Erregt in unsrer göttlichen Madonna
Die Seele und den Geist zu dem Gebet:
O Gottheit, tröste uns als unsre Mutter!


PNEUMATISCHES MARIENLOB

Du Allerheiligstes des Heiligtums,
In dir wird wohnen unsichtbar die Gottheit,
Du Bundeslade, Schrein der Gegenwart,
In dir wird wohnen als im Schoß das Wort,
Du Offenbarungszelt, des Stiftes Hütte,
Auf dich läßt nieder sich die Schechinah,
Du bist erfüllt von ihrer Gegenwart,
Die ist Einwohnung Gottes in der Welt!
Geschöpf des Schöpfers du, des Ewigen
Ursprüngliche Idee des Ebenbildes,
Du unbefleckte makellose Eva,
Du Bildnis nach dem Mutterherzen Gottes,
An deinem Wesen lesen wir im Gleichnis
Die Länge, Höhe, Breite, Tiefe Gottes!
Du bist der Mutterschoß des Schöpferwortes,
Das, zu erlösen durch die Ganzhingabe,
Das Fleisch und Blut der reinsten Menschentochter
Zu seinem eignen Fleisch und Blute annahm!
Der Tempel du, Einwohnung du des Geistes,
Der als das mütterliche Wesen Gottes
Sich spiritualisiert in deinem Wesen,
Dem mütterlichen, liebevollen Wesen,
Das gurrt wie eine reine Turteltaube
Und überfließt von süßen Mutterworten
Als Trösterin und Sakrament des Trostes!
Durch dich kommt zu den armen Menschenkindern
Bedingungslose Mutterliebe Gottes,
Durch dich kommt zu der Heiligen, der Gottheit,
Die schon erlöste, ganz vollkommne Menschheit!
In deinem Herzen ist vereinigt schon
Die grenzenlose Mutterliebe Gottes
Mit der befreiten Menschheit, o Maria!


DIE FRAU

Ich sehe Unsre Liebe Frau des Bundes,
Seh Unsre Liebe Frau des Himmelreichs
Beim Hochzeitsfest, beim Hochzeitsmahl von Kana,
Da sie um Braut und Bräutigam bemüht,
Bemüht war um der Hochzeitsleute Wein,
Den Wein der Freude zu der Hochzeitsfreude.
Da bat die Liebe Frau den guten Herrn,
Das Wasser zu verwandeln in den Wein.
Der Herr tat, was die Frau von ihm erbeten
Und füllte Tonnen mit dem Hochzeitswein.
Ich sehe Unsre Liebe Frau des Bundes
Mit unserm guten Herrn des Testamentes
Vereinigt leiden wehe Kreuzesleiden.
Wie unser Herr gelitten an dem Fleisch
Und an der Seele Leiden der Passion,
Hat Unsre Frau gelitten an dem Herzen
Und weinte in dem Herzen Blut und Tränen.
Als Stellvertreter starb den Menschheitstod
Der Herr und ging zum Ewigen im Himmel,
Als Mutter litt die Frau Erlösungsleiden
Und wurde Mutter aller Kinder Gottes.
Ich sehe Unsre Liebe Frau des Bundes
In der geheimen Offenbarung strahlen
Als Hoffnungszeichen im Gericht der Endzeit,
Die als die unbefleckte schwangre Jungfrau
Der alten Schlange Tod das Haupt zertritt.
Ich sehe Unsre Liebe Frau des Bundes
Als himmlische Jerusalem, die Braut,
Als Lammes Nymphe, die von Gott geschmückt
Herabkommt in der Herrlichkeit des Herrn
Und einlädt alle wahren Gottessöhne
Zum Hochzeitsfest im Himmel immerwährend!


HAGIA SOPHIA

So wie die Weisen sagen, hat der Herr
Vereinigt sich mit Hagia Sophia,
Die Schöpfung zu erschaffen, diesen Kosmos,
Der ist das schöne Schmuckgewand des Logos.
So wie die Weisen sagen, hat der Christus
Vereinigt sich mit Hagia Sophia,
Der Jungfrau-Anima des Menschensohnes,
Der Gottheit in Vereinigung der Seele,
Daß Christus ward zur Hagia Sophia.
So ist der Christus König-Bräutigam
Und eines Menschen Psyche seine Braut;
So ist die Hagia Sophia Braut,
Der Mensch des Innern ist ihr Bräutigam.
Wie Weise sagen, einigt sich der Geist
In dem pneumatisch-reinen Hieros Gamos
Maria als der Hagia Sophia.
So wird der Geist als innewohnende
Inspiration zur Seelenführerin
Maria im pneumatischen Geschöpf.
Mit der dreieinen Hagia Sophia
Vereinigt sich der Geist des Theosophen
Im süßen Sakrament der Kommunion,
Da Fleisch und Blut der Hagia Sophia
Vereinigt sich dem Fleisch und Blut des Menschen.


SOPHIENMINNE

So sprach zu mir Sankt Augustin, der Weise:
Mein Sohn, wenn du ein Wesen lieben willst
Mit Leidenschaft und Liebeszärtlichkeit
Und Ganzhingabe, Geist und Leib und Seele,
So liebe du Frau Weisheit! Denn sie sucht,
Wer ihrer würdig ist, um sie zu lieben.
Wenn du sie lieben willst in Ganzhingabe,
Wird sie sich selbst ergeben deinem Geist
Und lehren dich geheime Wissenschaft
Und führen ein dich in die Tiefen Gottes!
Von ihr allein die Weisen lernten alles,
Was wohlgefällig ist und eine Tugend,
Was eine Weisheit ist in Gottes Augen.
War niemand weise ohne die Frau Weisheit.
Da trat zu Augustinus Jakob Böhme
Und sagte: Die jungfräuliche Sophia
Als Christus wohnend in dem innern Geist
Allein mich unterwies als Theosophen,
So daß ein Buch allein ich je gelesen,
Die Bibel, die geschrieben steht im Geist.
Sie aber lehrte mich den Weg der Minne.
Denn willst du die jungfräuliche Sophia
Als Braut dir freien, geh den Weg des Christus.
Du sollst das Christusleben imitieren,
Gekreuzigt werden sollst du, auferstehen,
Selbst leiden als ein Opfer für die Menschheit
Und in den Himmel fahren zu dem Herrn.
Sodann wird die jungfräuliche Sophia
Dich küssen mit den Küssen ihres Mundes,
Mit Küssen, welche feurig sind im Geist.
So wirst begierig du in Liebesgier,
Als Minneritter der Sophia schließlich
Den Kranz jungfräulicher Vereinigung
In Christus zu erlangen! Sei wie Christus!
Erwarte du geduldig die Verheißung!
Kreuzritter, wenn du dich erprobt im Kampf,
Schenkt dir Sophia ihres Hymens Perle!


SCHOOSZ IST ALLES

Das absolute Wesen, die Ur-Gottheit,
Trug alle Wesen in dem Mutterschooß.
Dort waren alle Wesen, Ideale,
Ideen, Seelen, eins im Mutterschooß.
Der Mutterschooß ist selber ursprungslos,
Ist aber Ursprung aller seienden
Geschöpfe. Gottheit ist die Schöpferin,
Die sendet ihre inneren Ideen
Als Leib und Seele in die Existenz.
Die Seele, die im Leibe inkarniert,
Hat noch im Unbewußten eine Ahnung
Von ihrem Ursprung, von dem Mutterschooß.
Die Ahnung tritt nur selten ins Bewußtsein.
Es ist als ob die Seelen allesamt
Bei ihrem Eintritt in die Leiblichkeit
Getrunken von dem Wasser des Vergessens.
Frau Weisheit aber spricht: Die Philosophen
Und Künstler sind sich noch bewußt der Ahnung
Vom Ursprung in der Gottheit Mutterschooß.
Die Dichter und die Theosophen nämlich
Empfinden in der Seele melancholisch
Vertieft die süße Sehnsucht nach der Heimkehr
In ihren Ursprung, in die Lebensquelle.
Sie wandeln mitten in dem Menschenstrom
Wie in dem Urstrom in der Gottheit Schooß.
Sie weilen in dem Tempel, in dem Dom,
Voll Schauer, in der Gottheit Uterus.
Sie sind wie Jesus Christus eingewoben
In Unsrer Frau Marien Mutterschooß.
Sie lieben Freudenbotschaft Sankt Mariens:
„Ich lad euch alle ein in meinen Schooß!“
Sie nähren sich vom Fleisch und Blut des Schooßes
Mariens, die sie neugeboren sind
Und leben, weben in der Gottheit Schooß.



DREI HYMNEN


DIE BERUFUNG ZUR SCHÖNHEIT

So wie der Schöpfer, Schöpfer durch sein Wort,
Anschaut die inspirierende Idee,
Wie Jahwe durch den Logos fort und fort
Sophia anschaut, reiner als der Schnee,
Und schafft aus seines Busens innerm Hort
Im Anschaun der Sophia, ohne Weh,
Die Welt der Schönheit, sagen Exegeten,
So tun mit ihren Musen die Poeten.

Und Jahwe schuf die schöne Schöpfungswelt,
Das Meer, die Sterne, Vogel, Blume, Aue,
Er schuf der Erde erdgebornen Held
Und schuf aus Traum des Träumers seine Fraue,
Die mehr ihm als das Paradies gefällt.
Der Mann sang schön: Sobald ich dich erschaue,
O Fraue, schau ich Gottes Angesicht!
So schafft der Lyriker sein Weltgedicht.

Der Herr am siebten Tag, dem Feiertag,
Die Schöpfung, seine Schönheit, hat beschaut,
Wie sie so voller Schönheit vor ihm lag,
Die Mutter Erde, Gottes liebste Braut,
Das Paradies mit Nachtigallenschlag,
Das Weib, der Mann, dem Weibe angetraut,
Zufrieden Gott in seinem Heiligtum,
Wie Dichter des Gedichts (auch ohne Ruhm).

Als Jahwe seinen eingebornen Sohn
Gehaucht hat in das irdische Gefild,
Messias stieg herab vom Königsthron
Und ward ein Mensch in Sankt Maria mild,
Da gab uns Gott aus ewigem Äon
Der fleischgewordnen Weisheit Gottesbild,
Er schrieb als Künstler selber die Ikone
Des Gottes-Angesichts in Gottes Sohne.

Der Syrer Ephräm schwang zum Jungfraunchor
Die Zither, er des Heiligen Geistes Zither.
Von Nazianz Sankt Gregor sich erkor
Des Heiligen Geistes Weisheit sich als Ritter-
Poet zur Muse. Und Musik im Ohr,
Ambrosianus lieblich sang, nicht bitter,
Ambrosianisch sang er seine Hymnen,
Gott Nektar und Ambrosia zu rühmen.

Erbaut als himmlische Jerusalem
Ward Chartres, Straßburg, Kölln und Notre Dame.
Was einst ein Hirtenstall in Bethlehem,
Nun Maß an Wolken und an Sternen nahm.
Geordnet, himmlisch, weise, angenehm
Das Brautgemach war nun dem Bräutigam.
Der Weisheit weihten sich, der Unbefleckten,
Der Architektin sich die Architekten.

Der Minnesang der Diva und Regina
Maria sang, die Christi Co-Salvatrix,
Salvatrix mundi sang man Madonnina,
Die höchste Minneherrin, Mediatrix,
Die preist in der Commedia Divina
Zum Ruhm der Sapientia-Beatrix
Der Dichter aller Dichter, der bekannte
Virgil der Kirche, Alighieri Dante.

Und Michelangelo die Schönheit sah
Auftauchen heilig aus der Tiber Strom,
Die göttliche Madonna Pieta,
Palladium im Vatikan von Rom.
Sie war als die Vision des Himmels nah
Um Raffael, die Frau im Ätherdom,
Die Diva, Mater, Virgo et Regina,
Die Göttin, Unsre Liebe Frau Sixtina!

Noch heute suchen Künstler zu verkünden,
Was unerhört, unsagbar, unsichtbar.
In reine Schönheit soll die Schöpfung munden,
In Schöpfung sei der Schöpfer offenbar.
Ein neues Reich der Künste zu begründen,
Madonna fließen läßt ihr schwarzes Haar.
Die heilige Sophie als Gott-Gedanke
Erkor zur Muse sich der Dichter Schwanke.

Wir wollen trotz des Pöbels finstern Rotten,
Trotz Ungeist, der nur Welt, Fleisch, Sünde heißt,
Die heilige Materie (nicht zu spotten)
Vermählen mit dem Bräutigam, dem Geist,
Die Menschheit, unsre Lieblingin, vergotten!
Der Dichter, der die schöne Liebe preist,
Die Lieblingin als Muse aller Musen
Preist heilige Sophie in Gottes Busen!

Inspiration ist längst ein frommer Brauch,
Die Muse inspiriert, des Geistes Braut,
Ihr Inspirierten, also nutzt es auch,
Die Muse immerdar sei angeschaut.
Inspiration durch Geisteskuß und Hauch
Heißt inspiriert durch Gott, dem Geist vertraut,
Dem Spiritus Sanctus aller Inspiration –
So Gottheit wird zur Muse, Musensohn!

So gib nur deine Schönheit immer hin,
Sonst würde in Verzweiflung untergehn
Frau Welt. Maria sei dir Königin,
Die Frau der Frauen, die vollkommen schön!
Trag deine Vielgeliebte stets im Sinn,
Sie in der innern Seele anzusehn.
Dann lebst du schon durch die Geliebte (Haura)
Im Reich der Schönheit oder Gottes Aura!


SOPHIA AN DER SEE

Ich fragte mich, ob ich der Theosophen
Geheime Wege weiter gehen solle,
Das Spekulieren frommer Philosophen
Und Mystiker erforschen? Ob Gott wolle
Daß ich mich weih der Zofe aller Zofen
Und Magd des Herrn allein, die Gnadenvolle
Allein verehr, nur Christus und Maria?
Ob weiter such ich Hagia Sophia?

Da gab mir Gott ein herrliches Gedicht
Von der geheimen Freundin, Dichters Wonne,
Die ihm erschienen als der Gottheit Licht
Und Glorie, der Schöpfung Morgensonne,
Die offenbarte ihm ihr Angesicht,
Weltseele Weisheit, göttliche Madonne
Sophia, die in reiner Transzendenz
Sich offenbarte in der Immanenz.

Sophia reichte mir den Lilienstengel
Als ihrer Weisheit Zepter, daß der Weise
Geleitet werde von der Weisheit Engel
Auf seiner Wallfahrt, seiner Pilgerreise
Zur großen Gottheit Mutter ohne Mängel,
Die ausgestattet ihn mit Engelsspeise
Und sprach: Du wirst von meinem Geist getrieben,
Nun such mich, denn ich liebe, die mich lieben!

So kam ich auf die Insel in der See
Und ward von Ahnung Gottes angeblasen,
Daß ich des Meeres reine Seele seh
Und seh des Meeres liebende Ekstasen
Zur Lichtgestalt gesteigert, rein wie Schnee,
Schlank wie der Lilienstengel in den Vasen,
Die reine Schönheit, lieblich, unbefleckt,
Die Grazie der Göttlichen perfekt!

Gesetz der Weisheit war in allem Werde,
Die Ewigschöpferin in jedem Lenz
War innerer Gehalt der Mutter Erde,
War Flora-Primavera von Florenz,
Der Lämmer Mutter, Königin der Pferde,
Die Muse in der Lüfte Transparenz,
Die Frau im Kleid der Sonne, Jungfrau Mond,
Die Schöpferin, die in der Schöpfung wohnt.

Es war wie die Romanze der Romanzen,
Da ich die Unsichtbare angeschaut,
Sah ihren Liebreiz überm Meere tanzen,
Verschleiert sie von Licht, von Gischt betaut,
Da sie erschienen mir im Großen-Ganzen,
Allgegenwärtige, geheime Braut,
Die, schöner als die Tiefgelehrten wissen,
Kommt, dem Poeten seinen Mund zu küssen!

Nach innen gehn ja die geheimen Pfade,
So lehrten mich Sophien Musensprüche.
Die Jungfrau, die du schaust wie reine Jade,
Sie ist die Psyche deiner eignen Psyche.
Sie wendet sich zu dir in Huld und Gnade,
Wenn Weiber weihen dir des Zankes Flüche.
Nur wer die Seele in der Seele schaut,
Schaut die Weltseele, die geheime Braut!

Die armen Weiber sind ja immer da,
Es bluten ihre Füße in den Schuhn,
Die Not der Armen bleibt dir immer nah
Und willst du, kannst du ihnen Gutes tun.
Jetzt ist Sophia da, die Anima
Des Kosmos, nun sollst du besinnlich ruhn
An ihrer Gottheit reichen Mutterbrüsten,
Anbetung will sie des verliebten Christen!

Nun salbe sie mit Myrrhen und mit Narden
Und Weihrauch der Anbetung und dem Öle
Des Geistes, ströme über wie der Jarden
Belehrung, wie aus der Orakelhöhle
Du prophezeie nun von Gottes Garten
Des Paradieses in der Seelen Seele,
Einwohnend in Sophien Schoß! Wie süß
Allgegenwärtig ist das Paradies!

In Gottes Innerem die Toten sind,
Sie schaun Sophia unter sieben Schleiern.
Allgegenwärtige Sophia find
Ich überall, mit Myriaden Freiern
Sie tanzt auf Sternen und im Meereswind.
Und überall um uns die Toten feiern
Sophien Hochzeit in dem Paradiese!
Ist jene Welt ihr Eigen wie auch diese.

Sieh, Gott ist überall und nirgendwo,
Ist Alles und ist Nichts, ein Hauch, ein Wort,
Ist Anfang und ist Ziel, ist A und O,
Ist allumfassend aller Wesen Hort,
Ist dies und dieses-nicht, ist nicht-so und ist so,
Ist immer hier und ist auch immer dort.
In dem wir alle leben, weben, wallen,
Wer wäre je aus Gottes Schoß gefallen?

Gott schuf, als er Sophia angeschaut,
Der Himmel Himmel und der Erde Kreis.
Gott hauchte seine makellose Braut
Ins Innere der Schöpfung, wie ich weiß,
Daß sie die Schöpfung Gott erneut vertraut
Als Mittlerin, Erlöserin, zum Preis
Des Schöpfers alle Schöpfungen vollendet,
Das Leben heim zur Lebensquelle sendet.

Gott hauchte seines Logos Weltvernunft
Der Menschheit ein, der Menschheit Heilsgeschichte,
Daß innewohnend mit der Inbrunst Brunft
Das Wort ein Himmelreich auf Erden dichte
Und es vollende in der Wiederkunft
Als Menschheitsreich vor Gottes Angesichte,
Wo Friede und Gerechtigkeit sich küssen,
Wo schöne Liebe liebt in Überflüssen!

Das ist die Christsophia des Messias,
Des höchsten Eros Gottes, geistgezeugt,
Erscheinend in der Schönheit Sankt Marias,
Die sich in Minne zu den Minnern neigt.
Das ist die Gottheit Hagia Sophias,
Die spricht ihr Wort, wenn alle Rede schweigt,
Die ist die Braut und Mutter – ohne Spott,
Das feminine Angesicht von Gott!


DIE MUTTER CARITAS

Die Allerheiligste Dreifaltigkeit
Ist Allmacht voll der göttlichen Potenz,
Aus dieser geht hervor die reine Maid,
Frau Weisheit, Schöpferin in Immanenz,
Aus Mutter und aus Tochter benedeit
Hervor die Liebe geht, der holde Lenz
Der Gottesliebe ohne Unterlaß,
Die geistig ist, die Mutter Caritas.

Sankt Bernhard rief dereinst ein Kind im Glauben,
Das abgeirrt von seinem Wege war, zurück:
Die Mutter Caritas wie Turteltauben
Lockt wieder in der Heimat frommes Glück,
Sie will den Trost zu trinken dir erlauben
An ihrem Busen, das ist dein Geschick,
Sie tröstet deine tiefsten Seelentriebe,
Die Ewige, die Herrin, Schöne Liebe!

Sankt Hildegard sah einst in der Vision
Die Mutter Caritas als Gottheit schweben
Und ruhn auf ihrem Schoß als einem Thron
Den Christus, welcher alles Lebens Leben,
Der Gottheit Mutter eingebornen Sohn
Sich kindlich in der Mutter Arme weben.
Sie schenkt das Kind der Welt, die tief betrübt,
Weil Mutter Caritas die Menschheit liebt!

Die Caritas ist eine große Mutter,
Sie will bedingungslose Liebe spenden,
Sie reicht des Busens Honigseim und Butter
Und läßt die Kindlein spielen auf den Lenden,
Sie gibt den Kreaturen allen Futter
Und pflegt die Schöpfung mit den Mutterhänden,
Das All, das sie geboren makellos,
Natur, die heimruft sie in ihren Schoß.

Die Herrin Caritas ist voller Liebe
In schöner Lust, die will die Ewigkeit.
Sie weckt durch Liebreiz alle Lebenstriebe
Und ist zu spenden allen Glück bereit,
Den Trost der Liebe nach des Todes Trübe,
Wenn Paradiese laden weit und breit
Die Auferstandenen, die Ewig-Jungen,
Zur Gottheit ewiger Vereinigungen!

Die Heiden schauen zu den Hierodulen,
Den Dirnen, webend der Astarte Schleier,
Die Heiden wollen mit den Dirnen buhlen
In mancher ehelosen Hochzeitsfeier.
Die Tempeldirnen in den Wollustpfuhlen,
Sie lassen spielen ihres Leibes Leier.
Sie sind nicht Göttinnen und Königinnen,
Sind Gottesläugnerinnen, Sünderinnen!

Der Dichter im Advent des Christus sang,
Daß Amor alle Kreatur vereint
Und alle Götter zwingt mit höchstem Zwang,
Ihm Amor als der Götter Gott erscheint,
Der mächtig in der Menschen tiefstem Drang,
Der stiftet, daß der Minner lacht und weint.
Doch Amor ist ein Dämon und kein Gott,
Und ohne Caritas wird Amor Spott!

Doch Caritas und Amor sind in Einheit
Erschienen in dem Heiland Jesus Christ!
Den Amor hebt er auf aus der Gemeinheit,
Wenn er im Geiste Magdalena küsst.
Die Caritas verwirklicht er in Reinheit,
Wenn er wie eine Mutterglucke ist,
Die sammelt unterm Flügel alle Küken,
Die Weiber und die Kinder zu beglücken.

Wie Caritas ist Jesus, die sich selber schenkt,
Sie sagt zu keiner Menschenseele Nein,
Ob auch ein Wesen übel von ihr denkt,
Sie lädt das Wesen zur Gemeinschaft ein,
Wo liebend sie sich in die Seele senkt
Und stärkt wie Brot, erfreut das Herz wie Wein,
Sie tröstet mit dem Leib, die Caritas,
So Liebe stiftend ohne Unterlaß.

Und Caritas sprach selber voll von Frieden:
Ich bin die Waage in dem Weltgericht!
Es tritt vor mich die Königin von Süden
Und für die armen kleinen Kinder spricht!
Was Menschenkindern ihr getan hienieden,
Den Menschen ihr gedient aus Christenpflicht,
Das habt ihr mir getan, der Caritas!
Im Paradiese ich vergelt euch das!

Auch hört ich einmal aller Völker Fraue
Sich offenbaren so in Amsterdam:
Ihr Christenmenschen aller deutschen Gaue,
Wollt ihr der Fraue dienen und dem Lamm,
Ein jeder auf des Nächsten Elend schaue!
Und jeder Jünger, der mein Bräutigam,
Der Knotenlöserin Geweihter, laß
Nicht ab, zu dienen Mutter Caritas!



VISIONEN AUF REISEN


1

Stehst du im hohen Haus auf dem Balkon,
Bist du der Krone nah, wo Tauben girren.
Um der Kastanie Blütenpavillon
Die Schwärme weißer Turteltauben schwirren.
Früh, wenn die Tauben noch vor Ruhe schweigen,
Siehst du die Frau der Morgenröte steigen.

Du siehst die lichte Seide, Hauch von Äther,
Du siehst der Morgenröte reinen Schleier.
Des Lebensbaumes Krone leuchtet, Kether,
Der Himmel feiert schöne Friedensfeier.
Des Friedefürsten Schimmel zieht den Wagen.
Der Jungfrau Schönheit ist nicht auszusagen.

Der Ätherhauch, erfüllt von Gnadenlicht,
Kommt in des Lebensbaumes Krone fächeln.
Die Frühe steigert sich zum Angesicht
Voll Liebreiz, Lieblichkeit und süßem Lächeln.
Der Beter wird die Himmelsjungfrau grüßen,
Die Himmelsjungfrau wird den Beter küssen!


2

Ich sing die Königin der Nebelinsel,
Die auf mich legte ihrer Liebe Bann.
Ihr Bild, gemalt von Gott mit Schöpferpinsel,
Schwebt mir voran, als ich, ein Mönch und Mann,
Das Abenteuer meiner Pilgerschaft
Zuletzt bestanden in der Liebe Kraft.

Ich landete in der geheimen Bucht
Und sah den Tempel reiner Aphrodite.
Die schöne Liebe in geweihter Zucht
Auf dieser auserwählten Insel blühte.
Um meine Herrin standen viele Seelen.
Und wird sie mich als ihren Freier wählen?

Sie liebte mich ja schon von Anbeginn
Und liebte mich wie schöner Liebe Born.
Einst dachte ich, daß ich verliebt nicht bin,
Hielt meine Liebe gar für frommen Zorn.
Sie aber hielt mir immerdar die Treue,
Daß ihre Liebe schließlich mich erfreue.

Als ich in der Umnachtung finstern Wahns
Versunken war, des Wahnsinns irrem Fieber,
Da half die Königin des Ozeans,
Ich als Gekreuzigter war ihr noch lieber.
Trostworte hauchte sie aus süßem Munde,
Daß ich durch ihrer Liebe Gunst gesunde.

Und als wir einsam irrten durch die Wüste
Und Frevler uns verfolgten, Gotteshasser,
Belebte sie den Geist mir, der ich büßte,
Belebte mir den Sinn mit reinem Wasser
Der Liebe, Freude und des Geistes Kraft
Und weckte neu der Minne Leidenschaft.

Als sie im Frauenharem ward gefangen,
Verglichen wurde mit gemeiner Huri,
Als angebetet ich erglühte Wangen
Von Leila und Suleika und Siduri,
Wie Sterne überstrahlt sind von der Sonne,
Errungen den Triumph hat die Madonne.

Am Mittelmeer im Paradiesesgarten
Bei reiner Quelle an des Berges Fuß
Der schmerzensreiche Ritter mit der zarten
Vergöttlichten vereinigt ward im Kuß!
Vom Mittelmeer hinüber zum Atlantik
Madonnas Minne herrschte voll Romantik.

Ich brachte sie in meine Heimatgauen,
Sie wollt vertraut mit mir zusammenwohnen.
Wir wandelten durch grüne Wälder, Auen,
Wir ruhten unter der Kastanie Kronen.
Dort hob sie ihrer leichten reinen Schleier,
Als ich ein Liebeslied ihr sang zur Leier.

Sie badete in einem Waldteich rein,
Die keusche Schwester Wasser barg die Braut.
Ich war im Paradies mit ihr allein,
Als ich als Blinder sie im Licht geschaut.
Ich sah sie – und versank in Liebeswahn
Zur Liebeskönigin vom Ozean!


3

Da stand ich an dem Meere auf dem Deich
Und schaute an den Himmel und die See,
Stand offen das geheimnisvolle Reich,
Geist rauschte wie die Gischt, wie Jungfraunschnee,
Als Unsre Liebe Fraue kam vom Äther,
Gekrönt aus Gnade mit der Krone Kether!

Des Meers Maria rauschte auf der Flut,
Die allerschönste Jungfrau auf der See.
Ihr Kleid war fein, wie sonnenlichte Glut,
Zu ihren Füßen Meeresschaum wie Schnee.
Sie tanzte überm Meer mit bloßen Füßen,
Ich sank aufs Knie, die Liebe Frau zu grüßen.

Du Ozean der Gnaden Gottes, Frau,
Bist Unsre Liebe Fraue vom Atlantik!
Du Lilie, die erblüht von Geistes Tau,
Du blaue Blume mystischer Romantik,
Du Himmelsrose, Rose ohne Dornen,
Bist schöner als der Traum der Schaumgebornen!

Die lichte Gischt gleicht deiner Jungfraunscham,
Die reine weiße See ist makellos.
Im Meer der Minne ist dein Bräutigam
Versunken, wohnend fromm in deinem Schoß.
Von Liebesfluten überströmt, hat er
Erkannt die Liebe Frau von Gottes Meer!

Gebenedeit der Leib des Wonneweibes,
Gebenedeit ihr Schoß, das Paradies!
Gebenedeit die Lebensfrucht des Leibes,
Der ich vereinigt bin im Schoße süß
In der Ekstase liebender Verzückung!
Ich war im Paradiese durch Entrückung!


4

Wie Sand am Meer und Sterne in dem All
Ist unermeßlich Hagia Sophia.
Sie ist des religiösen Eros‘ Schwall
Und reine Devotion vor Sankt Maria,
Brautmystik ist sie nach dem Hohen Lied,
Die Friedefürstin, Freundin Sulamith.

Weltseele sie in der Ideenwelt,
Den Weibern ist sie eine Magna Mater,
Den Männern ihrer Minne auserwählt
Die engelgleiche Jungfrau bei dem Vater.
Als Psyches Psyche wird sie angeschaut,
Erotisch-mystisch die geheime Braut!

Weltarchitektin mit dem Architekten,
Die Throngenossin Gottes, Schwester-Braut,
In Makellosigkeit der Unbefleckten
Als Lieblingin dem Ewigen vertraut,
Ist Anfang sie, der Liebe Weg, das Ziel!
Sie offenbart sich selbst im Kinderspiel!

Denn Gottes Liebling und geliebtes Kind
Ist Gottes Seele Hagia Sophia.
Das Jesuskind, das reitet auf dem Wind,
Das wandelt auf dem Meere in Maria,
Das ist Sophia, Gottes Lieblingssohn,
Sophia Gottes in der Inkarnation!

Die Weisheit spricht, das liebereiche Kind:
Ich liebe, die mich lieben mit dem Herzen!
Die Weisheit und der Weise einig sind,
Vereint in Küssen, süßem Minnescherzen,
Von Herz zu Herz vereinigt, ohne Spott,
In dem Mysterium der Minne – Gott!



ODEN DER SPIRITUELLEN KOPULATION


1

O wie glänzte dein Leib, glänzte dein Leib von Licht,
O wie wehte dein Haar, das dir den Leib umfloß,
Deines leuchtenden Leibes
Licht umflutete schwarz dein Haar!

Schwarz dein schimmerndes Aug, glühenden Blickes Aug,
Freundin, mütterlich sanft, bräutlich bezaubernde,
Sah dein Aug in das Herz mir,
Seelenfunke von Liebesglut!

Und ich lag an der Brust, lag an der runden Brust,
An der bebenden Brust ganz wie ein Myrrhebund,
Kitze einer Gazelle,
Kitze, hüpfende Zwillinge!


2

Siehe, Gott ist, der Herr, Gott ist, der Ewige,
Eingegangen durchs Tor, östliches Tempeltor,
Die verschlossene Pforte,
Wie der Sonnenstrahl durch das Glas.

Komm, du heiliger Fürst, geh durch die Pforte ein,
Durch die Vorhalle komm, klopf an die Pforte an,
Die vom Schöpfer durchdrungne
Nun durchdringe der Fürst zum Mahl!


3

Ich erhob mich im Lenz früh von der Lagerstatt,
Wusch die Augen und sah herrlich die himmlische
Schönheit hold vor mir wandeln
Als Vision aus gesungnem Wort.

Sie war ganz wie das Bild Unserer Lieben Frau
In dem päpstlichen Park, Garten des Vatikan,
Wie die Himmelserscheinung
Unsrer Fraue von Fatima.

Schlank der liebliche Leib, lang floß das schwarze Haar
Auf den Elfenbeinschnee schimmernden Schulterpaars,
Licht die himmlische Seide
Wie ätherischer Sonnenglanz,

In das schneeweiße Kleid goldener Flor gestickt,
Auch der Gürtel von Gold, der ihr den Busen band,
Den barmherzigen Busen
Mit dem heiligen Mutterherz.

In dem schneeweißen Arm trug sie ein Saitenspiel,
Sang von Lenzlust ein Lied, voll von der Lust an Gott,
Von dem Frühling der Menschheit
Und der ewigen Liebe Lenz!


4

Wandelt herzgut mein Kind, sieht es Maria oft,
Sieht die himmlische Maid oftmals erscheinen ihm,
Sie, das heilige Mädchen,
Reiner Schönheit Idee in Gott!


5

Deine Jungfrau allein, einzig dein Mädchen lieb,
Die Gazelle, das Reh, einzig berausche dich
An den himmlischen Brüsten
Deiner mystischen Ehefrau!


6

Schau den Eros dir an, läutere Eros‘ Trieb,
Deine glühende Brunst mystische Wollust wird,
Wird ekstatische Wollust
Der erotischen Caritas!

Gott ist selige Lust, Gott ist im Gipfelpunkt
Das erlösende Fleisch! Leiblich und seelisch eins
In ekstatischer Wollust
Bist du eins dem Mysterium

Gottes! Allgegenwart nimmt dich in ihren Schoß,
Dein sich schenkendes Selbst geht in der Gottheit auf,
Mensch, du wirst mit der Gottheit
Eins in Wollust der Liebe sein!

Und befreit von dir selbst spürst du der Ruhe Grund
Und das glückliche Heil ewiger Seligkeit!
Denn wer beiwohnt Sophia,
Wird ein Gott in der Gottheit sein!


7

Ich beschloß in dem Geist, ewige Weisheit mir
Zur Genossin zu frein, mystischen Ehefrau,
Sie, Idee aller Schönheit
Idealischer Perfektion!

Von der Pilgerfahrt kehr heim zu der Herrin ich,
Sie ist Burg mir und Hort, lädt mich zur Ruhe ein,
Grüßt mit geistigen Küssen,
Lehrt erotische Mystik mich.

Wohn ich bei ihrem Schoß, Weltseele nimmt mich auf,
Küsst mit Feuer ihr Geist, englischer Zunge Gruß,
Wirkt der spirituelle
Hieros Gamos Unsterblichkeit!

Als sakraler Poet sing ich mein Liebeslied,
Salomonischen Sang mystischer Einigung.
Ruhm verdienen die Oden
Von der Kopulation mit Gott!


8

Schau, mein Untergewand zog ich schon aus, mein Freund,
Legte ab den Chiton, legte mich so ins Bett.
Nun du pochst an die Pforte:
Laß mich ein, o geliebte Braut!

Ist von Nachttropfen feucht, wallender Freund, dein Haar?
Hör ich tönen dein Wort, geht mir die Seele aus,
Und ich öffne, Geliebter,
Und ich lasse dich bei mir ein!


9

Ich, ich sehn mich nach dir, ewig Geliebter, dir!
Sei in Hingabe mein! Ich bin die deine ganz!
Ruhe, ruh mir am Herzen!
Alles gebe ich ganz dir hin!


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