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HEILIGE ROMANZEN

Von Peter Torstein Schwanke


„Auch ein altes Sprichwort gibt es:
Weiberwille, Gotteswille –
Doppelt ist der Gotteswille,
Ist das Weib die Mutter Gottes!“
(Heinrich Heine)




DIE EWIGE MUTTER


1

An dem Anfang schuf der Herrgott
Aus dem göttlich-femininen
Nichts, der göttlichen Empfängnis,
Darin Gott der Schöpfer zeugte.

Dieses göttlich-feminine
Nichts ist Hagia Sophia,
Sie ist Mariam-Sophia,
Die Mitschöpferin der Schöpfung.

Hagia-Marie-Sophia
Ist die Herrin Gottes-Minne,
Sie ist Heilig Geist, die Liebe,
Ist die Ur-Form aller Wesen.

In der göttlich-femininen
Hagia-Marie-Sophia,
Der Idee des Schöpfergottes,
Ist geschaffen meine Psyche.

Also Mariam-Sophia
Als der Mutterschoß des Vaters
Ist Mitschöpferin der Psyche
Aus dem Nichts durch Gottes Zeugung.

Also Mariam-Sophia
Ist vor Zeit und Raum der Schöpfung
Ewig-Mutter meiner Psyche
Als der Mutterschoß des Vaters.

Dieses göttlich-feminine
Nichts als die Idee des Schöpfers
Ist die göttlich-feminine
Braut des schöpferischen Gottes.

In der göttlich-femininen
Braut des schöpferischen Gottes
Mariam-Sophie erwählte
Gott zur Braut auch meine Psyche.

Auserwählt vor aller Schöpfung
In dem Logos, in Sophia,
In dem Christus, in Maria,
Psyche ist als Braut des Vaters.

Vor der Schöpfung in dem Stoffe
Ihrer Existenz die Psyche
Schaute im Ideenhimmel
Die Urania Jehowahs,

Die Idee der Schönheit Gottes,
Die Idee der Liebe Gottes,
Die Idee der Schönen Liebe,
Hagia-Marie-Sophia.

Vor der Schöpfung meine Psyche
Schaute im Ideenhimmel
Die Urania Maria
Als die Ur-Idee der Psyche.


2

Unsre Liebe Frau Maria
Ist das Meisterwerk des Schöpfers,
Erstling aller seiner Werke
In der Schöpfung Morgenröte.

Gottes Braut ist ungeschaffne
Weisheit, Hagia Sophia,
Gottes Liebling die geschaffne
Braut, Panhagia Maria.

Gottes Lieblingin Maria
Als das Meisterwerk der Schöpfung
Ward von Engeln angebetet
Als die Königin der Engel.

Aber Luzifer, der Engel
Auf dem Venus-Morgensterne,
Nicht anbetete Madonna
Als die Herrscherin der Engel.

Darum Michael als Engel
Und als Ritter der Madonna
Stürzte Luzifer gewaltig
Aus dem Himmel in die Hölle.

Luzifer in seiner Hölle,
Mit der abgefallnen Engel
Pandämonium, den Göttern
Und den Göttinnen der Heiden,

Wußte eines nur prophetisch,
Daß der Herr im Geist geschaffen
Eine makellose Herrin
Als die Mutter alles Lebens,

Als die Mutter aller Menschen,
Als die sündelose Herrin,
Als die Mutter des Erlösers,
Des Erlösers aller Menschen.

Als der Herrgott auf der Erde
Eva aus des Menschen Seite
Als des Mannes Frau geschaffen,
Satan Evas Glorie schaute.

Dachte Satanas in Torheit,
Eva sei die Unbefleckte,
Miterlöserin der Menschheit,
Die den Satan überwindet.

Also Satanas versuchte
Eva in Gestalt der Schlange.
Eva hat ihr Ohr geöffnet
Für die Schlangenzunge Satans.

Ach, und Eva reichte Adam
Auch die Feige der Erkenntnis,
Der verbotenen Erkenntnis
Feige schenkte Eva Adam.

Satan triumphierte töricht.
Doch der Herrgott sprach im Zorne
Zum Versucher in der Schlange:
Fluch dir, Geist der alten Schlange,

Siehe da, die Unbefleckte,
Jungfraumutter des Messias,
Miterlöserin der Menschheit,
Wird zertreten bald die Schlange,

Du wirst in dem Staube kriechen,
Satanas, und Erde fressen,
Wenn die Unbefleckte Jungfrau
Dich zertritt mit bloßen Füßen!


3

Schau, die ewige Maria
Die judäischen Rabbinen
Preisen auch gewissermaßen
Als die Schechinah Jehowahs.

Denn die Schechinah Jehowahs
Ist die göttlich-feminine
Gott-Natur und immanente
Gottes-Gegenwart auf Erden.

Also schon im Paradiese
War die Schechinah Jehowahs
Unbefleckte Gattin Adams
Heilig vor dem Sündenfalle.

Jakob auf der Himmelsleiter
Sah die Schechinah Jehowahs,
Rahel freiend zwar und Lea,
Schechinah war Jakobs Gattin.

Mose im Begegnungszelte
Sah die Schechinah Jehowahs,
Schechinah war Moses Gattin,
So ward er zum Manne Gottes.

Die Propheten inspirierte
All die Schechinah Jehowahs,
Die Matrone der Hebräer,
Sie ging mit in die Verbannung.

Salomo, der weise König,
Auch die Schechinah Jehowahs
Sich erkor zur Brautgenossin,
Nämlich Hagia Sophia.

Diese Schechinah Jehowahs,
Sie wird Israels Gemeinde
Führen einstmals zum Messias,
Zum Messias aus den Juden.


4

Diese ewige Maria
Sah die mystische Begine
Auch mit ihren bloßen Brüsten,
Ihren süßen prallen Brüsten!

Denn Marias bloße Brüste
Stillten schon die Patriarchen,
Abrahm, Isaak und Jakob,
Sara, Ribka, Rahel, Lea.

Und Marias bloße Brüste
Stillten die Propheten alle,
Die vier großen Gottesseher,
Die zwölf kleinen Gottesseher.

Und Marias bloße Brüste
Stillten David, Zions König,
Gaben ihm die inspirierend
Süße Milch ein für die Psalmen.

Und Marias bloße Brüste
Überaus berauschten Schlomo,
Welcher pries im Hohenliede
Die Gazellenzwillingskitze!

Und Marias bloße Brüste
Stillten mütterlich den Täufer,
Stillten mütterlich Johannes,
Gossen Weisheit ein Johannes.

Und Marias Jungfraunbrüste,
Vierzehnjähriger Madonna
Straffer praller Wonnebusen,
Stillten Gottes Sohn Messias.

Rief ein Weib zu Jesus Christus:
Selig sind die süßen Brüste
Und gebenedeit der Busen,
Draus du süße Milch getrunken!

Und Marias bloße Brüste
Stillen alle Christenmenschen
Mit der Muttermilch Erbarmen
Und dem Wein der wahren Weisheit!


5

Gott der Herr spricht zu der Seele:
Ich erkannte deine Seele
Schon bevor ich dich geschaffen
In dem Schoße deiner Mutter.

Hagia Sophia redet,
Die Weltseele Gottes redet:
Ich ging aus dem Hauch des Mundes
Gottes, kam herab vom Himmel.

Die Weltseele Gottes aber
Tief durchdringt die Seelen alle,
Seele aller Seelen ist sie,
Ist der Inbegriff der Seelen.

So auch meine Seele also
Ist gehaucht vom Munde Gottes,
Kam herab in ihren Körper,
Den der Schöpfer neu erschaffen.

Bei der Zeugung meines Körpers,
Der Empfängnis meines Körpers,
Gegenwärtig war der Engel,
Der Schutzengel meiner Seele.

Also lehrten Kirchenväter
Gegenwart, geheimnisvolle
Gegenwart des Engels in dem
Akt, in dem mein Leib gebildet.

Meine Seele formt den Körper,
Denn der Leib ist Leib der Seele,
Seele ist des Leibes Leben,
So auch schon im Mutterschoße.

Seele meiner Seele aber
Die Weltseele ist, Sophia.
Also lehrte mich die Bibel
In dem Buche Jesus Sirach,

Daß Sophia gegenwärtig
Bei mir war im Mutterschoße,
Meine Ewig-Mutter mit mir
War im Schoß der Körpermutter.

Hagia Sophia, Seele
Meiner Seele, gab der Seele
Fähigkeit, den Leib zu bilden,
Meinem Leib zu sein das Leben.

Also Hagia Sophia
War das Leben meiner Seele
Und die Seele meines Leibes
In dem Schoße meiner Mutter.

Gott spricht also, Gott der Schöpfer:
Ich, ich habe dich bereitet
Tief im dunklen Schoß der Erde,
Im Materie-Mutterschoße.

Gott spricht also, Gott der Schöpfer:
Ich, ich habe dich berufen,
Auserwählt und auserkoren
Schon im Schoße deiner Mutter.

Gott spricht also, Gott der Schöpfer,
Elohim, Hebamme-Gottheit:
Ich hab dich herausgezogen
Aus dem Schoße deiner Mutter.

Gott spricht also, Gott die Amme:
Ich, ich ließ dich sein geborgen
Auf dem Schoße deiner Amme,
An dem Herzen deiner Amme.

Meine Seele spricht zum Schöpfer:
Meine Eine Gottheit, Mutter,
Seit dem Schoße meiner Mutter
Bist du meine Gottheit, Schöpfer!



GENESIS


O die Sündenfallgeschichte
In dem Inneren des Menschen!
Keine Kobra ist die Schlange,
Ist auch keine Strumpfbandnatter,

Kann sie doch mit Eva sprechen,
Ist die Stimme in dem Menschen.
Welcher Teilbereich der Seele
Ist vergleichbar einer Schlange?

Ist unheimlich doch die Schlange,
Im Verborgnen lebt die Schlange,
Schnell und listig fängt sie Beute,
Listig fängt sie sanfte Tiere.

Mehrmals häutet sich die Schlange,
Sie legt ab die alten Kleider,
Sie legt ab das Starre, Tote,
Unbrauchbare, Überholte.

Gleicht die Schlange auch dem Phallus
Und sie kann auch Gift verspritzen,
Tödlich, so ist sie ein Zeichen
Negativer Liebespraxis.

In dem Menschen ist die Schlange
Drängen zu Veränderungen,
Gegensatz zur alten Ordnung,
Antrieb, sich die Macht zu rauben.

Revolutionäre Schlange,
Will Absonderung die Schlange
Von der Hierarchie der Ordnung,
Anarchie und Kommunismus.

Existenzialismus, Schlange,
Freie Liebe, Gift der Schlange,
Radikaler Feminismus,
Dieses ist der Schlange Stimme.

Spricht die Schlange auch im Kinde.
Ist drei Jahre alt der Knabe,
Rebelliert er gegen seiner
Eltern strenge Pädagogik.

Sucht der Knabe auch begierig
Das Verbotne, will die Schlange
In dem Knaben wilde Sprengung
Aller Fesseln, die ihn binden.

Aber wer sind Isch und Ischa,
Adam, Eva, Mann und Männin?
Beide sind in jedem Menschen,
Innen Adam sind und Eva.

Adam ist Verstandesdenken,
Adam ist die Macht der Logik.
Eva ist das schöne Fühlen,
Ist Natur und ist Erotik.

Eva ist, so sagt die Bibel,
Enger der Natur verbunden,
Ist Instinkt und Drang der Triebe,
Eva, das Gefühl des Menschen.

Eva ist begierlich, triebhaft,
Egoistisch und instinkthaft,
Impulsiv, will nicht nur schauen,
Will begehren und besitzen.

Also Eva sah den Baum an,
Lieblich anzuschaun die Früchte
Und begehrenswert zu essen,
Um Erkenntnis zu gewinnen.

Das Gefühl ist so verführbar
Und so hungrig nach Erkenntnis,
Ist neugierig und ist triebhaft,
Wird leicht in Gefahr geraten.

Adam schläft. Der Mann ist passiv,
Er empfängt nur die Erkenntnis,
Wird erleuchtet von Erkenntnis,
Welche Eva ihm gespendet.

Logik wird die Welt nicht ändern,
Wenn sie nicht Gefühl erleuchtet.
Die Veränderungen kommen
Von dem Weibe und der Schlange.

Die Veränderungen kommen
Von dem Tiere, von den Trieben,
Von dem Fühlen, vom spontanen
Handeln, vom Erkenntnishunger.

Pflückt der Mensch jedoch die Feige
Der Erkenntnis, die verbotne,
Überschreitet er die Grenze,
Die dem Menschen vorbestimmte.

Das Ergreifen dieser Feige
Ist Begreifen der Erkenntnis
Und das Essen dieser Feige
Der Erkenntnis Einverleibung.

So erfunden ward der Sprengstoff
Und die atomare Bombe
Und die Manipulationen
An den Genen der Geschöpfe.

Aber auch im Einzelschicksal
Kommt es zu der List der Schlange,
Will der Knabe das Geheimnis
Nämlich unbedingt entschleiern.

Gibt’s den Weihnachtsmann auch wirklich?
Gibt’s den Osterhasen wirklich?
Was die Mutter mit dem Vater
Nächtlich macht im Ehebette?

Aber wenn der Mensch entschleiert
Die Geheimnisse, erkennt er
Nicht sich selber als vollkommen,
Sondern sieht nur seine Nacktheit.

Nacktheit seiner Selbsterkenntnis:
Ich bin tierisch, unvollkommen.
Eva trägt im Schoß die Feige,
Adam trägt im Schoß die Schlange.

Schämen aber sich die Menschen
Ihrer offenbaren Nacktheit,
Ihrer Genitalien Blöße
Zeigen an des Tieres Triebe.

So im Menschen ist Begierde,
Ist Begier nach Trank und Speise,
Ist Begier nach Geld und Dingen,
Ist Begierde nach dem Sexus.

Lassen Menschen sich verführen
Aber von dem Geist der Schlange,
So verlieren sie des Ursprungs
Mutterschoß, der Unschuld Einssein.

Doch es ward verflucht die Schlange,
Auf dem Boden muß sie kriechen,
Auf dem Bauche muß sie schleichen
Und den Staub der Erde fressen.

Denn es ist des Menschen Machttrieb
Stärkster Widergeist der Schöpfung.
Böse ist des Menschen Machttrieb,
Sonst ist die Natur voll Güte.

Eigenmächtigkeit des Menschen,
Staub der Erde musst du fressen,
Stets wirst du verhaftet bleiben
Der Materie und dem Chaos.

Nichts wirst du erkennen, Schlange,
Eigenmächtigkeit des Menschen,
Nur Erkenntnis einverleiben
Dir von Stofflichkeit und Chaos.

Eigenmächtigkeit des Menschen,
Du verfluchte Menschenschlange,
Platt bist du und schluckst nur Erde,
Bleibst der Niedrigkeit verhaftet.

Aber schau den Fluch des Weibes:
Schwangerschaft und Schmerzgeburten.
Also ist es in dem Menschen,
Schmerzensreich ist das Gebären.

Du verlässt die erste Einheit,
Die Ur-Einheit mit der Schöpfung,
Überschreitest deine Grenze,
Fort und fort musst du gebären.

Hoffen musst du, zagen musst du,
Blut und Tränen musst du schwitzen,
Wehen müssen dich zerreißen,
So wird erst das Kind geboren.

Häuten musst du dich, du Schlange,
Schmerzensreiche Wehen leiden,
Weib im Menschen, und gebären,
Mußt vergehen, um zu werden.

Siehe, Weib, nach deinem Manne
Wirst du dann verlangen, aber
Herrschen wird des Mannes Logik
Übers feminine Fühlen.

Weil des Weibes Fühlen zuchtlos,
Kommt die Herrschaft des Verstandes.
Nach der Wollust der Begierde
Kommt die Kopfgeburt des Mannes.

Die Natur, der Leib, der Eros,
Sie ergaben sich der Schlange.
Nun die Herrschaft des Verstandes
Tötet denkend alles Leben.

Aber schau den Fluch des Mannes,
Der gelauscht des Weibes Lispeln,
Ist verflucht sein Erdenacker,
Ist verflucht um seinetwillen.

Abgetrennt vom Mutterschoße
Der Ur-Einheit mit der Schöpfung
Wird der Mensch zum Staub vom Staube,
Wird im Tod erneut zum Staube.

Siehe, Gott trieb so den Menschen
Aus dem Paradiesesgarten,
Garten Eden in dem Osten,
Und verschloß die Gartenpforte.

Und es steht ein starker Engel
Vor der Garten-Eden-Pforte,
Der haut mit dem Flammenschwerte,
Daß der Mensch nicht mehr hineindarf.

Ist das Menschenkind empfangen,
So erfährt es vorgeburtlich
Und in seinen ersten Jahren
Diesen Paradiesesgarten,

Diese unbewusste Einheit
Mit der großen Liebes-Gottheit.
Alle tragen wir die Sehnsucht
In uns nach dem Garten Eden.

Das Erwachen des Verstandes,
Das persönliche Bewusstsein,
Haben uns entfernt aus diesem
Garten Eden unsrer Kindheit.

Jeder Mensch muß es erfahren,
Daß da wacht der starke Engel
Vor der Paradiesespforte
Und uns, ach, nicht mehr hineinlässt.

Wem zu schwer ist dieses Lebens
Kampf mit Disteln, Nesseln, Dornen,
Wer zum Garten Eden heim will,
Wird verwundet von dem Engel.

Ob er auch mit wildem Trotze
An der Gartenpforte rüttelt,
Wird er dort verwundet werden
Von dem Feuerschwert des Engels.

Ist kein Weg zurück nach Eden,
Mensch, ergib dich deinem Schicksal!
Nimm dein Schicksal an, die Arbeit,
Kampf mit Dornen, schwere Wehen.

Aber wählst du dir den Schwachsinn,
Die Psychose eines Narren,
Eines reinen Idioten,
Wohnst du wohl im Garten Eden,

Gnädig läßt dein Gott dich wohnen
In dem Kindheitsparadiese,
Aber du wirst nie ein Schöpfer,
Schöpfer von Kultur und Kunstwerk.

Denn notwendig ist die Trennung
Von dem Schoß des Paradieses,
Mutterschoß des Gartens Eden,
Daß du Schöpfer wirst und Künstler.

Ist notwendig dir der Stachel
Trauriger Verlassenheiten,
Dieses Dasein in dem Elend,
Einsamkeit der Isolierung,

Die Entfremdung von der Heimat,
Ausgesetztsein eines Waisen,
Ausgestoßen aus dem Schoße
Seelenleerer Mutterheimat.

So wird die Kultur begründet,
So der Mensch wird erst ein Schöpfer,
Eine schöpferische Seele,
Wird ein Mitarbeiter Gottes.

Die Vertreibung aus dem Garten
Eden wird zum Weg des Geistes,
Die Verkörperung des Geistes
In dem Künstler zu erwirken.

Siehe, Jesus Christus zeigt dies
Einssein mit der Großen Gottheit
Und zugleich des Menschen Freiheit,
Genius zu sein und Schöpfer!



EVANGELIUM


Menschwerdung Jesu Christi war
Der Anbeginn des Kreuzwegs sein.
Hat Jesus schon im Mutterschoß
Getragen an der Leiden Kreuz?

Hat Jesus schon im Mutterschoß
Gelitten am Erlöserkreuz?
War Sankt Marien Mutterschoß
Sein Lustort und sein Paradies?

Sein Leid: Der transzendente Gott
Ging in den Kerker ein aus Fleisch.
Sagt Platon auch: Die Seele ist
Gefangen im Verließ aus Fleisch.

Sein Glück: Marien Mutterschoß
Umgab mit Mutterliebe ihn,
In seinen Leiden dies sein Trost,
Mehr Muttertrost als Gottes Lust.

Die wahre Gotteslust des Herrn
War droben in des Vaters Schoß,
Geboren er ein Gott aus Gott,
Der Liebling aus des Vaters Schoß.

Marien lieber Mutterschoß
In seinen Leiden war sein Trost,
Da unser Gott gefangen war
Im irdischen Verließ des Leibs.

Ist unser Gott geworden Fleisch
Im Mutterschoß der lieben Frau
Mit diesem Willen, diesem Plan,
Zu leiden schmerzlich an dem Kreuz?

Sein ganzes Leben war ein Kreuz,
Ein Kreuzweg von dem Augenblick,
Da er empfangen ward im Schoß,
Bis er stieg in das Totenreich.

Hat Jesus schon im Mutterschoß
Geopfert Gott dem Herrn sein Leid,
Sein Sühneleiden für der Welt
Erlösung schon im Mutterschoß?

Wo aber wäre je ein Mensch
Glückselig wie im Mutterschoß
Mariens, unsrer lieben Frau?
Ihr Schoß ist Gottes Paradies!

So sagt der heilige Grignion:
Der Mutterschoß Mariens ist
Der Lustort und das Paradies
Der heiligsten Dreifaltigkeit.

Mariens süßer Mutterschoß
Ist Ehehafen, Ruheport,
Der Port der allerheiligsten
Dreifaltigkeit, dem einig Eins.

So sagt der heilige Grignion:
Im Schoß Mariens ist der Mensch
Glückseliger als selbst im Schoß
Des Patriarchen Abraham.

Als Jesus war im Mutterschoß,
Da wurde Sankt Mariens Leid
Zum Leiden auch des Embryos,
Zum Kreuz des Embryos im Schoß.

So litt Maria, unsre Frau,
Bei Josefs Zweifeln an der Frau,
Als er die Mutter unsres Herrn
Entlassen wollte in die Not.

Doch freute Jesus sich im Schoß,
Als staunend sprach Elisabeth:
Wie kommt es, dass die Mutter kommt,
Die Mutter meines Herrn zu mir?

Auch freute Jesus sich im Schoß
Mariens, als Johannes froh
Im Schoß Elisabeths gehüpft,
Weil zu ihm kam sein Herr und Gott.

Das waren Freuden unsres Herrn
Im Mutterschoße unsrer Frau.
So auch Marien Lobgesang
Im Geist erfreute Jesu Herz.

Die Pilgerfahrt nach Bethlehem,
Die Irrfahrt in die Davidsstadt,
War Kreuzweg unsrer lieben Frau
Und also Kreuzweg auch des Herrn.

Und dass der Herbergsvater dann
Die schwangere Maria nicht
Empfangen hat in seinem Heim,
War Kreuz Mariens, Kreuz des Herrn.

Und die Geburt in Bethlehem
In einem winterlichen Stall
In bitterlicher Armut war
Auch Kreuz Mariens, Kreuz des Herrn.

Und dass Jehowahs Israel
Erkannte nicht den Gottessohn,
Der Ochse und der Esel nur,
War auch ein Kreuz des Menschensohns.

Und des Herodes Kindermord
Und all der kleinen Kinder Leid
War bittres Leiden unsrer Frau
Und Leiden für Marien Kind.

Menschwerdung Gottes ist sein Kreuz,
Herabzusteigen in das Fleisch
Der Menschheit, in das sündige,
Sündloser Gott ins Sündenfleisch.

Sündloses Fleisch ist unser Herr,
Sündloses Fleisch ist unsre Frau.
Der Herr, der ohne Sünde war,
Ist unbefleckter Jungfrau Sohn.

So David sprach in seinem Psalm:
Empfangen ich in Sündenlust
Von einer armen Sünderin
Durch eines armen Sünders Akt.

So Hiob sprach in seiner Not,
Ob je ein Reiner kommen kann
Von Sündeneltern stammend ab?
Nein, allesamt sind Sünder wir.

Der Herr kam aber in dem Fleisch,
Zu heiligen die sündige
Empfängnis in dem Schoß der Frau,
Akt, Samen, Frauenblut und Lust.

Ja, die Empfängnis in dem Fleisch
Geheiligt ward vom Gottessohn,
Der selber er empfangen ward
Im Schoß der unbefleckten Frau.

Die Gottheit Jesu Christ durchdrang
Des Menschen Sein vom Augenblick
Des Werdens in dem Mutterschoß
Bis zu der Ruh in Mutter Grab.

Gott ganz durchdrang das Menschentum,
Empfängnis und Beerdigung,
Doch Gottes Einung mit dem Fleisch
War Gottes Schmerz, war Gottes Kreuz.

Fleischwerdung Gottes, Gottes Kreuz,
War dennoch Gottes größte Lust,
Weil er erlösen will das Fleisch.
Das Kreuz des Herrn ist Christi Glück.

Er leidet die Empfängnis gern,
Steigt gerne in die Mutter Grab,
So will er der Erlöser sein
Und will vergöttlichen das Fleisch.

So heiligt Jesus, unser Herr,
Den Mutterschoß der lieben Frau
Und heiligt mit Marien Schoß
Der ganzen Menschheit Mutterschaft.



APOKALYPSE


Was ist denn die Offenbarung
Des Johannes, ists ein Tagtraum,
Sind es Halluzinationen
Etwa eines Schizophrenen?

Hörte doch Johannes Stimmen,
Sah Gestalten, sah Geschehen,
Hörte Lieder und Posaunen,
Hörte Donner und Befehle.

Ist das geistige Umnachtung?
Doch in großer Fülle künden
Die Visionen Christi Siege
Über unsern Feind, den Satan.

Sehn wir doch ein Menschendrama,
Kampf des Guten mit dem Bösen,
Kampf des Lichtes mit dem Dunkel
Und den Sieg des Auferstandnen.

Bilder sinds des Geisteskampfes,
Der sich in der Welt ereignet.
Steht am Anfang die Erscheinung
Wundervoll des Lichtes Christi.

Sah er sieben goldne Leuchter
Und inmitten dieser Leuchter
Sah er einen Sohn des Menschen,
Weißgekleidet, goldgegürtet.

Haupt und Bart wie Schnee und Wolle,
Seine Augen Feuerflammen,
Seine Füße gleich dem Golderz,
Seine Stimme Meeresrauschen.

In der Rechten sieben Sterne
Und ein Schwert in seinem Munde
Und sein Antlitz gleich der Sonne,
So sah er den Sohn des Menschen.

Das sind Bilder der Erleuchtung,
Des Gehobenseins auf eine
Neue Stufe des Bewusstseins,
Höchste Klarheit lichten Geistes.

Von dem Geiste Jesu Christi
Die verwandelnde Erleuchtung
Ausgeht, das sind sieben Leuchter
Und das sind die sieben Sterne.

Die Erscheinung Christi zeigt uns
Sein Gewand als Bild der Schönheit,
Reinen Geist und Kultiviertheit,
Das zeigt das Gewand, das lange.

Um die Brust der goldne Gürtel
Zeigt des Geistes Kostbarkeiten,
Zeigt die innerliche Sammlung,
Die Bedeutung der Visionen.

Haar und Bart wie Schnee und Wolle
Zeigen die vollkommne Reinheit,
Gleicherweise Wärme, Kälte,
Und die Weisheit der Erkenntnis.

Seiner Augen Feuerflammen
Zeigen seine Emotionen
Und die liebevolle Einsicht,
Einsicht voller Emotionen.

Seiner Füße Glanz wie Messing
Zeigen an, wie leidenschaftlich
Einsteht er für seine Wahrheit,
Wie er fest steht in der Wahrheit.

In der Hand die sieben Sterne
Zeigen an des Meisters Tatkraft
Und die Initiative
Zur Verwandlung dieses Kosmos.

In dem Mund das Schwert, das scharfe,
Zeigt entschiedenes Bekenntnis,
Trennung zwischen Gut und Böse
Und den Geist der Unterscheidung.

Seiner Stimme Meeresrauschen
Und sein Antlitz gleich der Sonne
Zeigt die Allmacht der Erleuchtung,
Die berauschende Erkenntnis.

Christus schrieb die sieben Briefe
An die christlichen Gemeinden,
Sieben Phasen einer Wandlung,
Weg zu höherem Bewusstsein.

Dabei ist die erste Stufe
Wahrung der Geduld des Dulders
Und Entlarvung alles Bösen
Antichristlicher Apostel

Und Erhaltung reiner Liebe
Zum Messias und Bereitschaft,
Mit der Lebenskraft zu dienen
Gottes Geist auf dieser Erde.

Und die zweite Wandlungsphase
Ist geduldiges Erdulden
Aller Lästerung, Verfolgung,
Von Gefangenschaft, Verschmähung.

In der dritten Wandlungsphase
Lerne du, dich abzugrenzen
Innerlich von jenen Menschen,
Die getrieben sind vom Satan.

In der vierten Wandlungsphase
Lerne Zucht und Selbstbeherrschung,
Nicht des Heidentumes Hure
Sei das Vorbild deiner Liebe.

Die Zuchtlosigkeit, Genusssucht,
Treuebruch und Ordnungsfeindschaft
Lege ab und ziehe Reinheit
An mit weißen Linnenkleidern.

In der fünften und der sechsten
Wandlungsphase lehrt der Christus
Die Notwendigkeit der Treue
Zur Erlangung der Erlösung.

Nur die treuen Überwinder
Werden weiße Kleider tragen,
Wird geschrieben sein ihr Name
Ewig in dem Buch des Lebens.

Wende dich zum Geiste Christi,
Kaufe reines Gold von Christus,
Das im Feuer ward geläutert,
Sei du leidenschaftlich gläubig!

Ziehe an das weiße Linnen
Und verhüllt die Genitalien,
Nicht ergib dich deinen Trieben,
Laß dich reinigen zur Keuschheit.

Kultiviere deine Triebe
Und veredle deine Triebe,
Dann wirst du gekleidet werden
Mit dem reinsten Lichtgewande.

Salbe deine trüben Augen
Mit der Augensalbe Christi,
Laß erleuchten deine Augen,
Sei hellsichtig für den Christus.

Christus redet: Die ich liebe,
Will ich züchtigen und strafen.
Sei nur fleißig, tu du Buße,
Sieh, ich stehe vor der Türe

Und ich klopfe an die Türe,
Hört nun einer meine Stimme,
Macht mir einer auf die Türe,
Komme ich zum Abendmahle.

So spricht Christus. Doch was heißt das?
Schau, das Leid und schwere Schicksal
Ist die Auserwählung Gottes,
Eine heimliche Auszeichnung!

Ja, gerad das schwere Schicksal
Ist das Werk der Liebe Christi,
Grad das schrecklich schwere Schicksal
Ist der Königsweg des Kreuzes!

Ausweglosigkeit und finstres
Schicksal, geistige Umnachtung
Und die Mitternacht der Seele
Ist der Aufstieg zur Erleuchtung!

So die Kommunion mit Christus
Du erlangst im schweren Schicksal,
Nicht erdrückt dich mehr dein Grübeln,
Dich durchflutet Gottes Liebe!

So nur wirst du Gottheit schauen,
Reinste Kostbarkeit des Geistes,
Gott im Bild des Edelsteines,
Ohne Körper oder Antlitz!

War ein Thronstuhl in dem Himmel,
Saß darauf das Höchste Wesen,
War wie transparente Jade,
Drumherum ein Regenbogen.

Ist die transparente Jade
Oder der kristallne Jaspis
Das Ersehnte, das Gesuchte,
Stein der Weisen oder Perle.

Stein der Weisen, Stein des Feuers,
Pulver reiner Projektionen,
Seelisch-geistiger Vollendung
Zeichen, höchstes Ziel des Lebens.

Wie auch in der Märchen Weisheit
Und auch in der Mythen Weisheit
Der Vollendung Ziel das Zeichen
Ist der allerreinsten Perle.

Um den Thron des Höchsten Wesens
Stehen vierundzwanzig Throne,
Weiße Kleider, goldne Kronen
Tragen jene in den Thronen.

Von dem weißen Throne Blitze
Gehen aus und Donnerstimmen,
Vor dem Throne sieben Flammen,
Sind die sieben Geister Gottes.

Thronen auf den vierundzwanzig
Stühlen, die die Weisheit fanden,
Herrschen in der Kraft und Reinheit,
Die die Wandlungen durchschritten.

Doch die Herrschaft in dem Himmel,
Sie ist nicht nur starr und statisch,
Sondern ist auch höchst dynamisch,
Ist wie Blitz und Donnerdröhnen!

Denn die Gottheit ist gewisslich
Absolutes Sein in Ruhe,
Aber ist auch die Dynamik,
Die Gewalt und Kraft des Lebens!

Vor dem Thron des Höchsten Wesens
Glänzt auch ein kristallnes Glasmeer,
Um den Thronstuhl Lebewesen,
Vier Gestalten voller Augen.

Tiere vor dem Throne Gottes,
War ein Kalb und war ein Löwe,
War ein Mensch und war ein Adler,
Priesen Gott den Herrn im Himmel.

Alle Tiere mit sechs Flügeln
Voller Augen außen, innen,
Rufen immer, ohne Ruhe:
Heilig, heilig, heilig Jahwe!

Ist das Meer des Ursprungschaos,
Urmaterie oder Urschleim,
Tohu-Bohu, Macht des Stoffes,
Durch den Gottesgeist gestaltet.

Urmaterie undurchsichtig,
Dunkel und verschlingend-mächtig,
Wird, durchdrungen von dem Geiste,
Licht und transparentes Glasmeer.

Aber dass die Lebewesen
Oder Tiere vor dem Throne
Stehen, zeigt uns die Vollendung
Durch Vergeistigung der Triebe.

Ist der Löwe doch ein Raubtier,
Frißt mit starkbezahntem Maule,
Ist der Nahrungstrieb der Löwe,
Die Begier nach Trank und Speise.

Ist das Kalb großäugig-hilflos,
Ist abhängig von der Mutter,
Bindungstrieb ist dieses Kälbchen,
Ist Begier nach Mutterliebe.

Ist der Adler überlegen
Voller Herrlichkeit im Äther,
Scharfen Schnabels, scharfer Augen,
Ist der Trieb der Aggressionen.

Doch das Tier mit Menschenantlitz,
Was ist das? Hier braucht es Weisheit.
Sicher ists der Menschenaffe,
Der so ähnlich ist dem Menschen.

Salomonis Tarsis-Schiffe
Brachten auch nach Zion Affen.
Auch in Indien ward der Affe
Sehr verehrt als Bild des Sexus.

Ist der Affe Bild des Sexus,
Weil der Zeugungstrieb des Affen
Nicht gebunden an die Jahrszeit,
Sondern an die Brunst des Weibchens.

Sexualität des Affen,
Wie das sagen auch die Priester,
Heißt auch, ihre Genitalien
Angeschwollen zu befingern.

Aber auch der Schwanz des Affen,
Dieser lange Schwanz des Affen
Macht ihn schon den Knabenseelen
Unbewusst zum Bild des Phallus.

So das Tier mit Menschenantlitz
Ist der Affe, sagt Frau Weisheit,
Himmlisches Symbol des Sexus,
Stehend vor dem Throne Gottes.

Dieses Tier mit Menschenantlitz,
Es ist tierisch, es ist menschlich,
Ist Vermenschlichung des Triebes,
Ist Vergeistigung des Sexus.

Hat doch auch des Menschen Sexus
Eine mystische Verbindung
Mit dem Angesicht des Menschen:
Denn das Schauen weckt die Liebe.

Sexuelle Einigungen
Transzendieren ja das Ego
In des Großen-Ganzen Einheit
Eines höheren Bewußtseins.

Denn der Mann erkennt die Gattin,
Adam, er erkennt Frau Eva,
So die sexuelle Einheit
Soll erweitern das Bewusstsein.

Sexualität des Menschen
Ist ein Gleichnis der Erkenntnis,
Höherer Bewusstseinsstufen
Und Erleuchtung durch die Liebe!

Nun erscheint als Tier der Christus,
Als ein Lamm, doch wie geschlachtet,
Sieben Hörner, sieben Augen,
Sind die sieben Geister Gottes.

Ist ein junges Tier das Lämmlein,
Schöngelockt die weiße Wolle.
Weich, besonders zart und lieblich,
Opfermahl der Frühlingsfeier.

Ist das Lamm ein Bild der Unschuld,
Gleichnis des Geopfertwerdens,
Der Erneuerung der Kräfte
Durch der Liebe Einverleibung.

Die Idee der Auferstehung
Scheint im Bilde auf des Lammes,
Die Erneuerung zur Reinheit,
Die Bereitschaft auch zum Opfer.

Als ein Tier erscheint der Christus,
Sieben Hörner, sieben Augen.
Gottes Geist wird hier verkörpert
Animalisch in dem Dasein.

Christus ist Verkörprung eines
Reinen Geistes auf der Erde.
Rein und zärtlich wie ein Lämmlein,
Aber auch mit sieben Waffen.

Dieser sanfte Geist des Lammes
Schenkt Erkenntnisfähigkeiten,
Auch Verteidigung und Hellsicht
Und Verändrungsmöglichkeiten.

Die Gerechten, Christi Zeugen,
Werden nicht mehr hungern, dürsten,
Fliehen wird die Sonnenhitze
Und die Glut wird sie nicht brennen.

Denn das Lamm im Throne Gottes
Wird die Zeugen Christi weiden,
Führen sie zu Wasserquellen,
Gott wird alle Tränen trocknen.

Gott gibt uns des Geistes Nahrung,
Sind die Gläubigen durchdrungen
Von der Lebenskraft des Christus,
Von der Energie der Liebe.

Gegen innre Glut Gefeite,
Sind die Gläubigen Geschützte
Vor maßlosem Überborden
Animalischer Begierden.

Und der Teufelskreis des Leidens
Wird durchbrochen von der Liebe
Christi, und die Zeugen Christi
Trinken aus des Lebens Quelle.

Aber in der Reiter Zeiten
Und der Zeit des Sternes Wermut
Treten einsame Propheten
Auf, die einsichtsreichen Menschen.

Diese Menschen sind wie Adler,
Die am Himmel fliegend rufen:
Wehe, wehe, wehe über
Alle Frevler auf der Erde!

Geistig-überlegne Adler
Die hellsichtigen Propheten
Sind, die einsam-stolzen Weisen,
Sind sie Rufer in der Wüste.

Doch der Übeltäter Qualen
Sind der Skorpione Qualen,
Zwar den Tod die Menschen suchen
Und doch können sie nicht sterben.

Und die Plagegeister haben
Scharfe Schwänze wie Skorpione,
Haben Stachel in den Schwänzen,
Können damit Menschen plagen.

Und es werden Hengste rasen,
Araber und Eselshengste,
Ihre Schweifen gleichen Schlangen,
Mit den Schlangenköpfen schadend.

Ist verdunkelt die Erkenntnis,
Daß der Mensch mit seinen Trieben
Umzugehn hat pfleglich, zuchtvoll,
Kommts zur Anarchie der Wollust,

Emanzipation des Fleisches,
Zur Befreiung sexueller
Wollust und zur Triebentfesslung,
Revolutionärem Sexus.

Aber auch des Geistes Hochmut
Macht die Triebe zu Dämonen
Und beraubt die Leidenschaften
Ihrer Energie zur Liebe.

Doch am himmlischen Altare
Sind zu schauen goldne Hörner,
Einbezogen sind die Triebe
In die Konzeption des Lebens.

Doch wir leben in der Endzeit
Aggressiver sexueller
Kräfte, die nicht mehr der Ordnung
Der Natur in Liebe dienen.

Und die Hengste haben Schweife,
Schlangenschweife, Schlangenköpfe,
Sind dämonisierter Sexus,
Eigenmächtigkeit des Menschen.

So die Techniker des Sexus,
Rauchblau, schwefelgelb und glutrot,
Meister sind sie der Verstärkung
Animalischer Begierden.

Seelisch-geistige Zerstörung
Ist die Folge des Triumphes
Der Materie und der Triebe,
Hure wird der Mensch und Heide.

Aber wer des Sexus Kräfte
Nicht dem Geiste unterordnet
Und dem tugendsamen Leben,
Zieht herbei den Zorn des Lammes.

Die Getreuen, das sind jene,
Die sich nicht mit Fleisch befleckten,
Die jungfräulichen, die keuschen,
Die sinds, die dem Lamme folgen.

Die Jungfräulichkeit ist aber
Nicht die Abstinenz, die Keuschheit
Ist das Freisein von der Herrschaft
Ungehemmter Leidenschaften.

Dieses Freisein von der Herrschaft
Animalischer Begierden
Macht der frommen Menschen Leben
Immerdar zum Gottesdienste.

Alle Leidenschaft der Triebe
Weihen diese Menschen Christus,
Leben heilig in der Ehe,
Heilig in dem Zölibate.

Die Jungfräulichkeit erlangt man
Als die innerliche Freiheit
Von der Vorherrschaft der Triebe
Durch der Triebe Einbeziehung.

Nach dem göttlichen Gerichte
Über Babels große Hure
Taucht die Jungfrau auf, die reine
Frau Jerusalem des Himmels.

Gottes Stadt, der klare Kubus,
Dieses ist der Stein der Weisen,
Stoff und Form sind hier vereinigt,
Die Materie ist vergeistigt.

Diese Stufe des Vollkommnen
Ist gezeichnet von der Klarheit,
Christi Geist allein ist Lichtglanz
Und die Seele aller Seelen.

Nun kann auch der Baum des Lebens,
Den der Menschen Fall verwirkte,
Adams Sünde, Evas Sünde,
Neu geschenkt den Menschen werden.

Denn der Mensch im Geiste Christi
Braucht nun ewig nicht zu sterben,
Stirbt er selbst auf dieser Erde,
Lebt er ewig doch im Himmel.

Auf des Paradieses Insel
Steht inmitten dieses Eilands
Der grüngoldne Baum des Lebens,
Ist das Kreuz auf einer Kugel.

Sieh, es war einmal ein Dichter,
Träumte einen Traum prophetisch,
Schaute fruchtbar einen Urwald,
Darin Paradiesesvögel,

Schaute eine Riesenschlange,
Ging er an das Meer, am Strande
Stand ein Weib der Propaganda:
Gott ist tot, rief dieses Weibchen.

Nahte an dem Meeresstrande
Wie getaucht aus Wasserfluten
Eine Frau, so schön wie Eva,
Lispelte von neuer Weisheit:

Die Erlösung will ich künden
Durch Entfesselung des Sexus,
Sexualität als Schlange
Ist der große Seelen-Heiler!

Sprach der Träumer in dem Traume:
Jesus Christ ist mein Erlöser
Und das Kreuz ist die Erlösung!
Aber ach, die Weiber lachten.

Und die Frau, die aus dem Meere
Aufgetaucht war, schön wie Eva,
Zog sich aus, versuchte nackend
Zu verführen Christi Zeugen.

Und der Träumer ward im Traume
Selbst zum Haupt der Riesenschlange!
Und er schaute in der Sonne
Die gebenedeite Jungfrau!

Die gebenedeite Jungfrau
Niedertrat die Riesenschlange!
Und der Träumer in dem Traume
Schaute siegreich Jesus Christus,

Jesus Christus an dem Kreuze,
An des Kreuzes Fahnenstange,
Jesus als die Messingschlange,
Er verschlang den Corpus Christi.



MARIA MORENITA


Eingeladen von den Deutschen
War Maria, die Latina,
Von Bolivien Maria
Zählte eben vierzehn Jahre.

Als sie an der Festtagstafel
Lächelnd saß, die Katholikin,
Zeigte ich ihr die Ikone
Meiner Herrin Virgencita!

O die Herrin Virgencita,
Der Lateinamerikaner
Kaiserin, der Armen Mutter,
O Maria! rief das Mädchen.

Und sie zeigte mir ihr Halsband
Marianischer Medaille,
Talisman der Unbefleckten,
Die die Schutzfrau war des Mädchens.

Ohne Sünde ist empfangen
Unsre Liebe Frau Maria,
Unsre Zuflucht ist die Jungfrau,
Die da bittet für die Ihren.

Also zeigte ich Maria
Auch an meinem Halse diese
Marianische Medaille,
Diesen Talisman der Jungfrau.

Und Maria ging in ihre
Kammer, kam zurück mit einem
Bilde dieses Talismanes,
Das sie mir zur Weihnacht schenkte.

In der Rue du Bac in Frankreich
War ich, da dereinst erschienen
Unsre Frau, da sie uns gab die
Marianische Medaille.

An dem Wallfahrtsorte habe
In der Kirche ich gebetet.
Dieses Bild sei dir ein Zeichen,
Daß die Liebe Frau dich segnet!

Wieder ging Maria in die
Kammer, kam zurück mit einer
Kleinen weißen Dose, Bilder
Waren drauf der beiden Päpste:

Benedikt, der Papst aus Deutschland,
War darauf im Purpurmantel,
Und Johannes Paul der Große,
Der geliebte Papst aus Polen.

Und ich öffnete die Dose,
War ein Rosenkranz darinnen.
Diesen wollte ich dir schenken
Zu der Weihnacht, sprach Maria.

Und dann zeigte an der rechten
Hand sie an dem vierten Finger
Einen großen Ring von Silber,
Drauf ein M mit einem Kreuze.

Sprach ich: O Maria, Mädchen,
Einen Ring am Ehefinger
Trage ich für Unsre Fraue,
Einen schlichten Ring von Silber.

Aber um den Daumen trug sie
Einen Ring des Rosenkranzes,
Die zehn Perlen dieses Ringes
Des Gesätzes Perlen waren.

O Maria, sprach ich, früher
Trug ich eben solch ein Ringlein
Mit den Perlen des Gesätzes,
Den ich mir in Lourdes anlegte

Zum Verlöbnis mit Maria!
Aber als ich operiert ward,
Ich geopfert alle Zähne,
Da verlor ich dieses Ringlein.

Doch der Rosenkranz im Döschen
Duftet wie ein parfümiertes
Mädchen. Was sind das für Düfte
An dem roten Rosenkranze?

Sprach sie: In der Mutter Roma
War ich in dem Vatikane
Bei dem Papste Benedictus,
Daher stammt die Perlenkette.

Ist doch für den Hals kein Schmuckstück
Und dient nicht zum Wandbehange,
Ist allein gedacht zum Beten,
Wie der Engel grüßt Maria.

Aber diese roten Perlen
Sind gepresste Rosenblüten
Und der Duft des Rosenkranzes
Ist der Duft des Rosenöles.

Denn die Liebe Frau Maria
Ist die Königin der Rosen!
Auch die Herrin Virgencita
Ist verbunden mit den Rosen.

Ja, sprach ich, fürwahr, Maria,
Unsre Liebe Frau Maria
Ist als Liebe Frau der Frauen
Eine dornenlose Rose!

Und die Herrin Virgencita
Hat in Mexiko geschaffen
Dem Indianer Juan Diego
Von Kastilien Edelrosen.

An dem Handgelenk Maria
Trug des Rosenkranzes Kettchen
Von kristallnen Ave-Perlen
Mit dem Schmuck des Davidsternes.

Als sie hob die schwarzen Haare
Überm braunen Muschelohre,
Am Ohrläppchen sah ich leuchten
Eine weiße Süßmeerperle.

Ihre langen schwarzen Haare
Niederflossen voll und flutend
Über ihre Schultern nieder
Auf die jugendlichen Brüste.

Ihr Gesicht war braun und weichlich,
Ohne Falten, ohne Runzeln,
Aber auf der rechten Wange
War ein Schönheitsmal geschaffen.

Ihre vollen weichen Lippen
Waren beides, ernst und lächelnd,
Ernst, wenn sie von Gott gesprochen,
Lächelnd, wenn sie Kinder küsste.

Als ich schaute in die Augen,
Warmen braunen Mandelaugen,
Sah ich in den dunklen Augen
Lichtglanz ihrer reinen Seele.

Welch ein liebevolles Schimmern
In den großen dunklen Augen!
Welche Wärme ihrer Seele
In dem Glanz der Mandelaugen!

Wenn die Kinder sie liebkoste,
Wenn die weihnachtlichen Töchter
Voller Liebe sie liebkoste,
War ihr Lachen Glockenläuten!

Aber selbst die Atheisten
Die jungfräuliche Maria
Liebte zärtlich und barmherzig
Als die Schwester aller Menschen.

Wenn liebkosend auf dem Teppich
Sie die weihnachtlichen Töchter
Spielend streichelte, so wölbten
Sich die jugendlichen Brüste.

Von den Brüsten muß ich schweigen,
Ach, man kann nicht alles sagen,
Wie so rund war ihre Hüfte,
Wie gebogen ihre Schenkel!

Ja, Maria, ja, Maria,
Wie im Hohen Lied der Liebe
Salomonis die Geliebte
Bist du braun und schön und lieblich!

Und Maria sprach die Wahrheit!
Als die Spanier einst gekommen
In das Land der Indianer,
Brachten sie den wahren Glauben,

Franziskaner, Jesuiten
Lehrten die Indianer Christus!
Doch die Spanier brachten leider
Auch die Krankheit und die Ratten.

Anders als im Norden Briten,
Die die Indianer tilgten,
In Amerika im Süden
Leben noch die Indianer,

Tanzen religiöse Tänze,
Kleiden sich in bunte Kleider,
In den Heiligen der Kirche
Ehren sie die alten Götter,

Beten noch zu Pachamama,
Zu der Göttin Mutter Erde!
Schöpferin ist diese Göttin
Der Natur, die Große Mutter.

Aber Göttin Pachamama
Hat auch einen Ehegatten
Und auch einen kleinen Sohngott,
Der ein Götze ist des Goldes,

Dieser Sohngott ist ein Götze
In der Hässlichkeit des Teufels,
Gott des Geldes und der Dinge,
Gott des Geldes und ein Teufel,

Und die Indianer fürchten
Diesen Götzen, diesen Teufel,
Schützen sich vor diesem Dämon
Mit dem frommen Kreuzeszeichen!

Ich sprach aber: O Maria,
Ist die Göttin Pachamama,
Göttin Mutter Erde, ähnlich
Unsrer Lieben Frau Maria?

Sprach Maria, sich besinnend:
Pachamama, Muttergöttin,
Ist die Göttin Mutter Erde,
Doch Maria Mutter Gottes!

Pachamama ist die Göttin
Der Natur, die Mutter Erde,
Und die Indianer nennen
Sie die Schöpferin der Schöpfung.

Aber Katholiken glauben,
Gott der Schöpfer schuf die Schöpfung,
Gott der Retter schenkt Befreiung,
Gott der Geist ist schöne Liebe!

Katholiken glauben nämlich
An die Eine Gottheit, an die
Allerheiligste Drei-Einheit,
Allmacht, Weisheit, Schöne Liebe!

Also laß nur von der Göttin
Der Natur, bet an die Gottheit,
Eine Gottheit in der Dreiheit,
Allerheiligste Drei-Einheit!...

Und zum Abschied sprach ich dankbar:
Du bist meine Weihnachtsgnade,
O Maria! Ich erblickte
In dir Mexikos Madonna!

Noch am nächsten Tage war ich
Glücklich von der Weihnachtsgnade,
Daß sich aufschloß mir der Himmel
Und ich schaute die Madonna!

Also bracht ich meine Verse
Zu der Ehre der Madonna
Von Amerika zum Mädchen,
Das der Lieben Frau so ähnlich.

Braunes Mädchen! Schwarze Haare!
Schwarze Kleider! Schwarze Schönheit!
Sie – Maria Morenita...
Ich – José, der Jungfrau Seher…





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