[Inhalt]

Peter Torstein Schwanke
 
DIE PROPHETENKÖNIGIN
 
(zum 25. Juni 2003)
 
„Nous voici désormais, o reine des prophètes,
Plus clairs que l’eau du puits de l’ancien testament.“
(Charles Péguy)
 
 
ERSTER GESANG
 
Singe, Muse, mir die vielbewunderte göttliche Mutter,
Führe die Schwanenfeder ihrem Sänger der Minne,
Der in Sonetten schon und Terzinen Hymnen gesungen,
Daß er erneut das Reich Marien und Jesu verkünde!
 
Siehe, im Anbeginne die ewig einsame Gottheit
Lebte dreifaltige Liebe in der göttlichen Einheit,
Da das Einige Ein sich spiegelt in göttlicher Einheit
In der Vereinigung durch die Liebe des einenden Geistes.
 
Wie aber singen von dir, o unergründliche Gottheit?
Ungenügend die Worte alle der menschlichen Sprache,
Wie auch nicht immer zur Sprache bringt die Sehnsucht des Herzens
Die dogmatische Sprache, die liturgische Sprache.
 
Sollen wir singen Gesang der apostolischen Kirche,
Folgen wir doch dem Ruf als charismatischer Dichter,
Den die Kirche ergehen ließ an die christlichen Künstler,
In der Freiheit der Kunst allein der Weisheit zu folgen!
 
Weisheit, in dir allein erblicken wir göttliche Schönheit,
Du bist die Meisterin und die Mutter aller Geschöpfe,
Dich lobpreisen wir, Muse und Dichter, den heiligen Schriften
Und den verehrungswürdigen Traditionen entsprechend.
 
Weisheit, wir rufen hier von unserem irdischen Sitze
Flehend zu deiner Gottheit: Erleuchte und leite den Sänger,
Daß der Gesang des Thrones, der Mutter und Herrin der Weisheit
Von dem Dichter des Frauenlobes sei würdig gesungen.
 
Oh, wir wollen es wagen, dich, unendliche Gottheit,
Allumfassender Schoß der Schöpfung, Mutter zu nennen,
Die du allein aus Nichts und deinem göttlichen Willen
Sozusagen jungfräulich alle Schöpfung geboren.
 
Du bist der Schoß, dem in allen Ewigkeiten entquollen
Und in allen Ewigkeiten entquillt die Ewige Weisheit
Und entquellen wird zur Ordnung alles Geschaffnen,
Deiner schöpfrischen Einsamkeit jungfräulicher Spiegel.
 
Göttliche Weisheit, Meisterin aus der Ewigen Mutter,
Du bist Spiegel der Gottheit, Ausfluß des ewigen Wesens,
Du die Fassung des einigen Ein, geboren aus Liebe,
Ausgeboren aus Gottheit, bist du die Göttliche Weisheit.
 
Siehe, Weisheit, allein in deiner harmonischen Ordnung
Ist die Schöpfung geboren von der Ewigen Mutter,
Die dich zum alldurchwaltenden Liebesprinzip in der Schöpfung
Ewig bestimmte, alles Geschaffnen Anfang und Ende.
 
Dir aber, Ewige Mutter, und dir, o Göttliche Weisheit,
Ist entflossen von Herz zu Herzen die Flamme der Liebe,
Die lebendige Liebesflamme der göttlichen Gottheit,
Lebensgestaltende geistige Kraft, die Atmung der Gottheit.
 
Ruach nennen wir die im Anbeginn brütende Taube,
Das ist verdolmetscht: Geistin! Ausgebärende Gottheit
Aus der Gottheit Mutter und der Göttlichen Weisheit,
Beider Geistin, im Anbeginn über dem Tohuwabohu.
 
Siehe, die Ewige Mutter wollte die Schöpfung erschaffen,
Daß sie alles Geschaffne mit lauterer Liebe erfülle.
Siehe, so überaus selig war die dreifaltige Gottheit,
Daß sie verströmen wollte ihrer Glückseligkeit Wonne!
 
Darum schuf sie in der Geburtsstunde alles Geschaffnen
Himmel und Erde, das Sein aus dem Nichtsein, einzig aus Liebe,
Ihre Liebe und Gnade und unendliche Wonne
Gutgeschaffnen Geschöpfen teilhaftig werden zu lassen.
 
Wie eine liebende Mutter von unzähligen Welten
Wollte die Allerheiligste, die dreifaltige Gottheit,
Ihren Geschöpfen Leben schenken, glückseliges Leben,
Wonne durch Anteilhabe an der göttlichen Wonne!
 
Darum schuf sie die unsichtbaren Welten der Himmel,
Schuf den Himmel der Erde und den Himmel der Engel
Und den dritten Himmel zum Aufenthalte der Gottheit,
Da die Engel anbeten die dreifaltige Gottheit.
 
Und sie erschuf die Engel in der Ordnung der Weisheit,
In harmonischer Ordnung, in neunfältigem Chore,
In neunfältigem Chore zum Lob dreifaltiger Gottheit,
Erzengel, Engel, Throne, Gewalten, Herrschaften, Mächte.
 
Siehe, die Allerheiligste Gottheit erschuf ihre Engel
Für die Seligkeit und den Gesang, unendlichen Lobpreis
Weihten die Geister aus grenzenloser Dankbarkeit Wonne
Ihrer Schöpferin, ihrer Mutter, der Göttlichen Weisheit!
 
Auf den Gipfelgraten der Schöpfung, die Söhne des Morgens
In dem Morgenglanze der Ewigkeit, all die verwöhnten
Engel jubelten, Morgensterne, über die Schöpfung.
Engel der Engel war Luzifer auf dem Berg der Versammlung.
 
Aber die ewige Vorsehung in der göttlichen Weisheit
Wollte Geschöpfe schaffen aus dem Staube der Erde,
Aus der Materie, und beseelen mit geistigem Odem
Aus dem göttlichen Odem, zur Wonne der schöpfrischen Gottheit.
 
Aber die Gottheit wollte aus Staub allein nicht erschaffen
Sich zum Bilde und Gleichnis sich das Geschlechte der Menschen,
Sondern vielmehr noch, o Wunder, um bei den Menschen zu wohnen,
Selber menschlich werden aus dem Schoß einer Jungfrau!
 
Da die Weisheit betrachtete in dem innersten Sinne
Ihrer Vorsehung ihre kommende Menschwerdung, siehe,
Schuf sie im Geiste die Idee der jungfräulichen Mutter,
Die gebären sollte die inkarnierende Gottheit.
 
Allen den Morgensternen des Himmels zeigte die Gottheit
In dem herrlich erstrahlenden Lichte glorreicher Zukunft
Dieser Jungfrau Bild, und gebot den Engeln des Himmels,
Diese Jungfrau als Himmelskönigin fromm zu verehren.
 
Aber Luzifer war zu stolz, der Engel der Engel,
Um vor einem vergöttlichten Menschen die Kniee zu beugen,
Luzifer weigerte die Verehrung, weh! da verdammte
Ihn vorm Bilde der Himmelskönigin Jesus, die Weisheit.
 
 
ZWEITER GESANG
 
Elohim, die namenlose himmlische Gottheit,
Breitete aus die Chaosmeere des Tohuwabohu,
Darin das Ungeheuer Tiamat schlummerte, Rahab
Auch geheißen, der Drache der chaotischen Schöpfung.
 
Aber Elohim sandte einen Erzengel nieder,
Wer ist wie Gott, war sein Name. Mit seinem siegreichen Schwerte,
Aus dem strahlendsten Himmelslichte und Feuer geschmiedet,
Er durchbohrte den Leviathan, den Drachen der Urwelt.
 
So ward das Chaos gebändigt. Und die göttliche Taube
Ruach ha kadósch, sie brütete über den Wassern,
Brütete aus das Ei der Schöpfung, den Keim des Geschaffnen,
Daß sich die Schöpfung erhob in ihrer unglaublichen Schönheit.
 
Gottes Königin tauchte herauf, die geschaffene Schöpfung,
Tauchte auf als das Weib des Herrn aus dem Meere des Anfangs.
Ihre Locken wurden zu den Wolken des Himmels,
Ihre prächtigen Brüste zu den Bergen der Erde.
 
Ihre Augen wurden am Himmel zum Mond und zur Sonne,
Ihre Freudentränen, wie Perlen, zu schimmernden Sternen.
Ihre Finger wurden zu weißen Lilienstäben,
Ihre schlanken Füße wurden zu Fischen des Meeres.
 
Erde, du warst die schwarze Perle im Nabel der Schöpfung,
Erde, du ruhtest in dem Schleier der lockigen Wolken
Unter den Augen von Sonne und Mond und den Tränen der Sterne,
Erde, um deinethalben liebte die Gottheit die Schöpfung.
 
Siehe, Elohim erschuf einen Apfelbaum, einen
Apfelbaum mit einem einzigen prächtigen Apfel,
Grün an der linken Seite, die rechte Wange errötet,
Das war das Menschenwesen, nach Elohims Willen erschaffen.
 
Tief in dem menschlichen Wesen war die Spannung der Liebe,
War Vereinigung aller Kräfte innen im Apfel,
Siehe, da teilten sich die beiden Hälften des Apfels,
Die Vereinigung wieder in diesem Leben zu suchen.
 
Darum wird immer suchen der Mann nach dem richtigen Weibe,
Nach der Schicksalsgefährtin zur Vereinigung, siehe,
Wie auch Mond und Sonne am gleichen Himmel geleuchtet,
Aber wurden getrennt, und folgen nun immer einander.
 
Siehe, der Mann war Adam, war ein Ebenbild Gottes,
Suchte zur Ergänzung die gnädige Liebe des Weibes,
Siehe, die Frau war Eva, war ein Gleichnis der Gottheit,
Suchte zur Ergänzung die huldreiche Liebe des Mannes.
 
Da sie sich fanden, lebten sie in Arkadiens Auen,
Lebten in Wonnegefilden voller fruchtbarer Bäume,
An kristallenen Strömen, rauschenden Schwalles ergossen,
An den Hängen der Rebenhügel, von Waben der Bienen.
 
Alles lachte Glückseligkeit, Wonne! Labsal und Lachen
War wie ein himmlischer Traum und wie ein Tanzen der Hochzeit!
Abends wandelte Eva in den Blumen, den blauen,
Da sie umsäuselte sanft wie ein Lüftchen Elohims Odem.
 
Eva war wunderschön, geschmückt von der schöpfrischen Gottheit
Vor dem Jungfraunspiegel kristallenen Teiches der Schwäne,
Da sie den Schwanenbusen spiegelt zur Wonne des Schwanes,
Den wie den Schoß sie leicht verschleiert mit wallender Haarflut.
 
Ihre Schenkel bogen sich wie juwelene Spangen
Mit den Perlen der Schweißtropfen unter der Sonne von Eden,
Ihre Füße glichen schlanken Sprossen von Lotos
Und die Zehen erglänzten wie perlmutterne Perlen.
 
Mit den Fingern, den Lilienstäben, fingerte Eva
In den Haaren, in die sie Zyperblumen geflochten,
Hennablüten fielen aus ihren wallenden Haaren,
Die sie holdselig verwirrte an den muschligen Ohren.
 
Ihre Finger fingerten zärtlich an den Halmen von Gräsern
Und an Kelchen von Blumen, da Falter bewegten die Fühler,
Da der Tau gesammelt im Kelche, Ambrosia, Nektar,
Sommerlich dufteten leise Lüfte voll Bienensaugs Süße.
 
Lächelnd blickte die überaus lieberweckende Eva,
Die liebreizende Eva in den Spiegel des Weihers,
Schöpfte ihre Schönheit zurück aus dem ruhenden Spiegel,
Lächelte hold und selig und erschien eine herrliche Göttin.
 
Darum schien die liebereizende Eva wie eine Göttin,
Weil sie das ruhende Spiegelbild war der göttlichen Gottheit,
Da sie durch Anteilhabe an der göttlichen Charis
Als die Charmante und Schöne alles Geschaffne beglückte.
 
Diese Holdseligkeit weckte den Ingrimm Luzifers drunten,
In dem Scheol, da er mit Baal und Marduk versammelt,
Adramelech und Beelzebub, deren oberster Herrscher
Luzifer war, mit Namen genannt der verdammteste Satan.
 
Satan schnaubte vor Wut aus dem stinkenden Rachen des Drachen
Und sprach im Zorn zu dem Herrn der Fliegen, Beelzebub also:
Weh uns, Verfluchter! Droben wandelt im Garten von Eden,
Die uns den Nacken zertritt, die Himmelskönigin Eva!
 
Allgebenedeit ist das goldene Vlies ihres Schoßes,
Denn sie wird gebären die inkarnierende Weisheit,
Welche gesegnet ist von der Gottheit, Elohim! Weh uns,
Wenn wir die herrliche Eva nicht zum Straucheln bewegen.
 
Luzifer unterwarf sich einer Metamorphose,
Wandelte sich aus einem schwefelstinkenden Drachen
Langsam um in eine regenbogenschillernde Schlange,
Lispelte listig lächelnd mit gespaltener Zunge:
 
Göttliche Eva, du bist eine Sklavin der Gottheit?
Sollst du beständig winseln mit der Demut der Hündin?
Bist du nicht göttlich aus dir selber, göttliche Eva?
Darum wirf von dem schneeigen Nacken die Fesseln der Gottheit!
 
Göttliche Eva! - Wer hat je einem Weib so geschmeichelt?
Sie aber ging sogleich hinüber zum nackenden Gatten
Adam und reizte zu Hochmut und Stolz ihn: Göttlicher Adam! -
Da ging das Paradies durch Selbstanbetung zugrunde.
 
 
DRITTER GESANG
 
Lob sei Sarah, der Mutter, der Freien, Lob sei Rebekka,
Lob schönaugichter Rahel, der Mutter des Sohnes der Schmerzen!
Lob der Tochter des Pharao, welche Moses erzogen,
Lob der Zimbelspielerin, Lobpreissängerin Mirjam!
 
Moses aber ward ausgesetzt auf den Wassern beim Lotos,
Seine Schwester Mirjam schaute ihn treiben beim Lotos,
Sah wie die Tochter des Pharao, in dem Kleidchen aus Gaze,
Mose, den Hebräer, aus tiefen Wassern gezogen.
 
Mirjam sprach zu der Tochter des Pharao, sprach zu der Katze,
Sprach zu der Tochter der Isis, der schimmernden Schlange:
Soll dir nähren den Knaben eine hebräische Amme?
Mirjam brachte Mose zu der levitischen Mutter.
 
Mose, berufen, Israel aus Ägypten zu holen,
Teilte mit Nehuschtan am Stabe die purpurne Meerflut,
Führte die Jungfrau Israel zu dem donnernden Gipfel,
Den er einsam betrat, zurück blieben Mirjam und Aaron.
 
Sinai, Sinai, o du flammende Höhe der Gottheit,
Zitternd kniet Jakob zu deinen Füßen, birst das Gebirge,
Bebt der Gipfel und steigen die Flammen aus dampfenden Spalten,
O daß der einsame Mose bringe Worte der Weisung!
 
Mose, verhüll dein Antlitz und ziehe die Schuh von den Füßen,
Hier ist heiliger Grund, der Ort der Erscheinung der Gottheit,
Wirf dich aufs Angesicht nieder zur heiligen Anbetung Gottes,
Der dir begegnet, der dich entflammt und der dich erschüttert!
 
Mose sah in der Einsamkeit auf des Sinai Gipfel,
Sah, hellsichtig vom Fasten, hellhörig vom Schweigen, sah Mose
Einen Dornbusch brennen, brennen von flammendem Feuer,
Sah, daß das flammende Feuer nicht verzehrte den Dornbusch.
 
O Erwählung Gottes! Dereinst wird die göttliche Flamme
Aus dem brennenden Herzen Gottes flammen zur Erde
Und den Dornbusch ergreifen, eine geschöpfliche Jungfrau,
Aber nicht verletzen die gottgeschwängerte Jungfrau!
 
Immerwährende Jungfrau mit dem heiligen Hymen,
Virgo intacta, vor und in und nach dem Gebären
Unverletzte Gottesgebärerin, Immaculata,
Fackel, die das göttliche Feuer bringt zu den Menschen!
 
Hier ist der Ort der Offenbarung der ewigen Gottheit,
Hier ist der Ort, wo von Antlitz sprach zu Antlitz mit Mose
Gott, die unergründliche Gottheit, Israels Freiheit,
Voller Verheißung, voller Liebe in Treue des Bundes!
 
Unergründliche Gottheit, heilig, heilig, ganz heilig
Bist du, unnennbar, o Gottheit, unaussprechlich dein Namen,
Tröstende Amme, Weisheit, Geisteskraft! Göttliche Gottheit,
Über die Maßen segnest du Mose, der schaute dein Antlitz,
 
Über die Maßen segnest du Mose, der hört deine Stimme:
Ich, Ich bin! gewesene, seiende, kommende Gottheit,
Ich bin da, Ich bin die gegenwärtige Gottheit,
Elohim bin Ich, nenn mich mit Namen Adonai - Jahwe!
 
Mose schaute, und was er schaute, das war die Hütte,
Himmlische Hütte, der Offenbarung Zelthütte, siehe,
Gottes Heiligtum, da er zeltet unter den Menschen,
Jahwe spricht im Zelte zum israelitischen Volke.
 
Siehe, das ist ein Bild der heiligen Kirche des Christus,
Israels Ölbaum, darin die Heiden eingepfropft wurden.
Wo die heilige Kirche ist, ist die Mutter der Kirche,
Die ist die Zelthütte, darin gewohnt die göttliche Weisheit.
 
Nimm dir gelbe und weiße Seide und Byssus und Linnen,
Reiner wird immer sein das Gewand der Immaculata.
Nimm dir Karmesin und Rosinrot zu Schmuck und zu Zierde,
Röter wird immer sein der Mund, der Pieta Lippen.
 
Nimm dir Leder von Delphinen und Felle von Widdern,
Schöner ist immer der Mantel Marien Aphroditissens.
Nimm dir Öl für den Leuchter, Weihrauch, Balsamen und Salböl,
Duftender immer ist die Braut des Heiligen Geistes.
 
Nimm dir Karneol, edelste Ziersteine, Onyx,
Edler sind immer die schwarzen Augen der schwarzen Madonna.
Nimm für den Efod und die heilige Lostasche Onyx,
Wahres Orakel bleibt doch immer die Mutter des Wortes.
 
Nimm dies alles und bilde auf Erden ein Heiligtum Gottes,
Ist doch die Gottesmutter das wahre Heiligtum Gottes.
Nimm die Vision entgegen vom himmlischen Heiligtum Gottes,
Ist doch das Herz der seligen Jungfrau das Heiligtum Gottes.
 
Nimm dir Hölzer und bilde eine Akazienlade,
Bleibt das Paradies des Neuen Adam Maria.
Nimm die Urkunde, leg sie in die Akazienlade,
Wohnt doch Gottes Wort im Tabernakel Maria.
 
Nimm dir Gold, der Lade zwei Cherubinen gestalte,
Wacht doch der Erzengel Gabriel an dem Anfang Mariens.
Nimm dir Gold, zur Lade zwei Cherubinen gestalte,
Wacht doch der Erzengel Michael an dem Ausgang Mariens.
 
Nimm dir Gold, der Lade eine Deckplatte bilde,
Sahen die Könige sitzen das Kind auf dem Schoß der Madonna.
Nimm dir die goldene Deckplatte, dort wird Gott zu dir reden,
Von dem Schoß Mariens ergeht das Wort in dem Fleische.
 
Nimm dir Akazienholz und bau eine hölzerne Tafel,
Bleibt doch die Pieta der Altar des Geopferten Gottes.
Nimm dir pures Gold und bilde zum Trankopfer Becher,
Opfert doch niemand wie Maria unter dem Kreuze.
 
Nimm einen Leuchter mit Schaft und Kelchen und Knospen und Blüten,
Leuchtet doch niemand wie Maria im Kleide der Sonne.
Nimm den Leuchter mit mandelblütenförmigen Kelchen,
Ist doch Maria lebendiger Kelch der Ewigen Weisheit.
 
Preist, Poeten, Gott! So hoch ihr Gott rühmt, genügt’s nie,
Immer noch höher ist die unerschöpfliche Gottheit!
Unser Stammeln, ihr christlichen Dichter, verwandle Maria
Durch die Hingabe ihrer Liebe in Lobpreis der Weisheit!
 
 
VIERTER GESANG
 
Siehe, im Monde Siw begann der Bau an dem Tempel,
Das ist der Mond der blühenden Maienprinzessin Maria.
Fenster wurden im Haus gebaut mit Rahmen und Gittern,
Denn glückselig ist der, der schaut durch die Fenster der Weisheit.
 
An den Hauptraum legte man einen Anbau mit Kammern,
Viele Wohnungen nämlich sind im Hause des Vaters.
Man verwendete nur zuvor behauene Steine,
Denn wir müssen bereit sein für die Ankunft des Meisters.
 
Weder Hämmer noch Meißel waren beim Bauen zu hören,
In der Beschauung der Stille wird die Weisheit geboren.
Zu den unteren Kammern war im Süden die Pforte,
Denn des Südens Königin kommt, die Weisheit zu hören.
 
Über Treppen stieg man zum dritten vom mittleren Stockwerk,
Also naht sich niemand dem Vater ohne den Mittler.
Alles ward bedekct mit Balken und Brettern aus Zedern,
Nämlich am Kreuz ist die wahre Offenbarung der Gottheit.
 
Bau den Tempel, o Salomon, und gehorch den Geboten,
Nämlich dein Leben sei ein Zeugnis, ein Werk deiner Liebe.
Gottes Herrlichkeit wird im Tempel unter euch wohnen,
Nämlich die Gnade weilt in der Gemeinschaft des Glaubens.
 
Alle Wände waren vertäfelt mit Tafeln von Zedern
Und der Fußboden ausgelegt mit Holz von Zypressen.
Also sprach der Geliebte zu der schönen Geliebten:
Unser Lager ist grün, das Haus von Zypressen und Zedern!
 
Salomo baute die allerheiligste Wohnung der Gottheit,
Dies ist ein Bild für das lebende Tabernakel Maria,
Die ist das Heiligtum der Dreifaltigkeit, Stätte der Ruhe
Gottes unter den Menschen, die wahre Schechinah Gottes.
 
Zedernverkleidung mit eingeschnitzten Blumengewinden
Machte man mit dem Zierrat von Ranken rosiger Blüten,
Nämlich die Makellose ist von vollendeter Schönheit,
Mystische Rose, Königin im verschlossenen Garten.
 
Salomo richtete ein im Innern die Wohnung der Gottheit,
Nämlich der Geist will wohnen in der Tiefe des Herzens.
Und dann stellte er auf die heilige Lade des Bundes,
Denn die Mutter des ewigen Wortes will wohnen im Herzen.
 
Alles ward überzogen mit dem lautersten Golde,
Mit dem Golde, das oftmals geprüft im Feuer der Trübsal.
Und er ließ einen Opferaltar aus Zedernholz bauen,
Denn die Kommunion ist die Menschenvereinigung Gottes.
 
Alles Innere ward im reinsten Golde gekleidet,
Nämlich das Innere sei in Reue und Buße gereinigt.
Vor der Gotteswohnung spannten sich goldene Ketten,
Denn das Gebet, das Gebet, das Gebet soll uns Jahwe verbinden.
 
O Maria, du mystischer Bau, du Stimme vom Himmel,
Nimm meine Ungelehrtheit, sieh die Liebe des Herzens,
Du, die in Herz und Schoß die menschliche Gottheit geborgen,
Wandle mein Herz zu einem Tempel der ewigen Gottheit!
 
Preisen wollen wir dich, o Tempel der ewigen Gottheit,
Preisen wollen wir dich, o Jungfrau Jerusalem, preisen
Dich, den Thronstuhl des gottgesalbten Fürsten des Friedens,
Dich, den Thronstuhl der menschenliebenden Ewigen Weisheit!
 
Siehe, der Thron ist von Elfenbein, denn die Ilfen von Ofir
Und die Elefanten von Kusch aufopferten Jahwe
Durch die Hände der sabäischen Königin Bilkis
Ihre Elfenbeine, denn weiß und rein ist die Jungfrau.
 
Von dem Goldschmied wurden die Elfenbeine vergüldet
Mit dem reinen, geläuterten Golde, dem Golde von Ofir,
Welches brachten die meerflutteilenden Schiffe des Hiram,
Da sie entsegelt waren dem purpurnen Hafen von Tyrus.
 
Nämlich geläutert im Feuer der Leiden, Feuer der Drangsal,
Ist des Gottesknechtes gottgebärende Mutter,
Welche im Feuer der Leiden und am Probstein der Weisheit
Sich erwiesen als goldener Krone würdige Reinheit.
 
Siehe, sechs Stufen führen hinauf zum Throne der Weisheit,
Nämlich die siebente Stufe gleicht dem Throne der Weisheit,
Denn Vollkommenheit war die höchste, die siebente Stufe,
Diese nämlich war Fülle der einwohnenden Weisheit.
 
Die Besonnenheit preis ich und die heroische Stärke
Und die Gerechtigkeit preis ich und die vernünftige Klugheit,
Mehr aber will ich preisen die Tugenden Hoffnung und Glauben,
Diese sechs, doch die Vollkommenheit, das ist die Liebe!
 
Lehnt an des Sedes Sapientiae Lehne den Rücken
Aller Weisen Weisester, er, der König des Friedens,
Lehnt er sich an ein goldenes Lamm, das Lamm ohne Fehler,
Gottes Weisheit ist nämlich für alle die Sühne.
 
Wer entsühnt denn den Tempel, den Menschenhände erbauten,
Wer entsündigt den Tempel, den Menschenhände entweihten,
Wer als das fehllose Lamm, das Erstgeborne der Mutter,
Welches der Hohepriester stellvertretend geopfert.
 
Siehe, die Studen zum Sedes Sapientiae säumen
Linker und rechter Hand zwölf Löwen, Löwe von Juda,
Majestätische Löwen alle, Israels Löwen,
Jeder ein König der Tiere, Gottes Lieblinge alle.
 
Nämlich die Weisheit hat den Tanz der Sterne geordnet
Und zur Krone gebildet die schimmernden Bilder im Tierkreis,
Israels Söhne, die erwählten Jünger des Christus
Bilden die Krone unserer apokalyptischen Herrin!
 
Solch einen Thron besaßen nicht die heidnischen Fürsten,
Nebukadnezar nicht im babylonischen Tempel,
Nicht der Perser Despot in dem Palaste von Susa,
Und der Cäsar nicht, der gesogen die Zitzen der Wölfin.
 
Gottes auserwähltem Volke war dies gegeben,
Jahwe gab allein der Tochter Jerusalem Weisheit,
Gottes herausgerufene Priester, Könige, Seher
Preisen den Sedes Sapientiae, Mutter der Weisheit.
 
 
FÜNFTER GESANG
 
Der Prophet, befeindet von der Königin, welche
Baal und Astarte ließ im Lande Israel ehren,
Wandte sich kleinen Mutes hinweg und bangte ums Leben,
Bangte ums Sterben und erschrak vor der eigenen Bangnis.
 
Siehe, er wandte sich hinaus in die brennende Wüste,
Dort in der Einsamkeit Zuflucht, Trost und Labsal zu finden,
Aber er fand nur den Durst, nach Gott unendliches Dürsten,
Unstillbares Verlangen nach dem ewigen Leben.
 
Als er also an einem trocknen Wacholderbusch ankam,
Da die bitteren Beeren ihm von Bitternis künden,
Sank er seufzend zur Erde und seufzte vor bangem Verlangen:
Herr, Herr, Gott, nimm heute von mir mein ärmliches Leben!
 
Siehe, da sank er erschöpft und traurig nieder zur Erde
Und versank in einen tiefen tröstenden Schlummer.
Aber der Barmherzige, die allmächtige Gottheit,
Ließ zum Propheten treten einen Engel des Trostes.
 
O du Mann Gottes, steht auf, du Toter, erheb dich vom Schlafe!
Noch ist nicht da die Stunde deiner ewigen Ruhe,
Nimm, Freund Gottes, dir zur Stärkung vom Brot und vom Weine,
Mach dich auf die Wanderung zu dem heiligen Horeb!
 
Siehe, da barg sich der Seher in der Höhle des Horeb,
Denn verheißen war ihm vom Engel, daß Gott ihm erscheine.
Aber Gott kam nicht in Erdbeben, nicht in Gewitter und Feuer,
Aber Gott kam zu Elia im leise verschwebenden Schweigen.
 
Wer aber war Elia? In den Zeiten der Dürre
Darbte das israelitische Land vom Gerichte Jehowah’s,
Nämlich nicht regnen ließen es heidnische Fruchtbarkeitsgötter,
Baal nicht den sämigen Regen ergoß in den Schoß der Astarte.
 
Wer aber ist des Regens Vater, die Mutter des Frühtaus,
Wer eröffnet die Wolken und läßt Plejaden versinken,
Wer lässt sprossen die Blume, wer mach fruchtbar die Erde,
Wer ist der Lebenskraft Gott? der alllebendige Jahwe!
 
Elijahu wandte sich mit des Fürbitters Liebe
An Jehowah, Israels Gott, in der Höhle des Karmel,
Bat um erneuerte Fruchtbarkeit, in der Höhle des Karmel,
Trat auf die Höhe des Karmel und sah hinüber zum Meere.
 
Siehe, vom Meere erhob sich eine schneeweiße Wolke,
So als löste sie sich aus den schneeweißen Flocken des Schaumes,
Und sie bildete eine Gestalt, Elia erblickte
Über dem Mittelmeere eine schneeweiße Jungfrau!
 
Rings gegürtet die Jungfrau, trug sie den Bogen der Iris,
Regenbogenbunte Perlen erglänzten an silbernen Schnüren,
Ihr zu den bloßen Füßen schwebte die Schaumwolke, Jungfrau
Göttlicher Fruchtbarkeit war sie, gehüllt in Schleier aus Äther.
 
Siehe, aus ihrem Schoß erhob sich die Tauperle Gottes,
Schwebte und hob sich über den Karmel in Israels Lande,
Regnete nieder in des Regens stürzenden Fluten.
Aller Fruchtbarkeit Gott stammt von dem Schoße der Jungfrau.
 
Dieses Bild der gottgeliebten, herrlichen Jungfrau,
War erschienen in Israel aus den Gedanken des Vaters.
Falsche Propheten nannten sie babylonische Hure,
Aber als Tochter Zion hat sie Jesaja gepriesen.
 
Gott hat seinen Propheten zum scharfen Schwerte geschmiedet,
Machte die prophetische Zunge zum siegreichen Schwerte,
Schirmte den Seher mit dem Griffel prophetischer Schriften
Unter den reinen Taubenschwingen des Heiligen Geistes.
 
Gottes Sklave, Israel, o verherrliche Jahwe!
Aber es meinte der Seher, er rede und schreibe vergeblich
Und verzehrte die Kräfte, ohne Früchte zu bringen,
Aber sein Ruhmeskranz war allein bei der himmlischen Weisheit!
 
Gott sprach: Kann auch eine Frau ihr Kindlein vergessen?
Sprach der Seher: Denk an die Straußin, die legt ihre Eier
In den Sand und gedenkt nicht, ob sie jemand zertrete.
Gott sprach: Wie eine Mutter will Ich mich der Meinen erbarmen!
 
Siehe, Jehowah tröstet die Tochter Zion, er tröstet
Alle die Trümmer von Zion und macht die Wüste wie Eden,
Dürres Land wie den blumenreichen Garten Jehowah’s,
Daß man Freude finde darinnen, Lobpreis und Wonne!
 
Siehe, es werden alle Erlösten heimkehren, werden
Kommen zur Tochter Zion mit Jauchzen und Jubel, und freuen
Werden sie sich, auf ihrem Haupte ist ewige Freude!
Aber Elend, Trauern und Seufzen werden entfliehen!
 
Tochter Zion, wach auf, wach auf, zieh an deine Stärke,
Schmücke dich herrlich, Jerusalem, Stadt des Erlösers,
Kein Entweihender wird betreten die Goldene Pforte,
Schüttle ab die Fesseln, ach du gefangene Tochter!
 
O wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Botin,
Die da Freude verkündigt, die da Frieden verkündigt,
Weisheit predigt und Heil verheißt Jerusalems Kindern!
Denn, o Tochter Zion, dein Herr ist der König des Friedens!
 
Mache den Raum deines Zeltes weit und breite die Decken,
Breite die braunen Teppiche Salomos hin in den Zelte,
Siehe dein Schöpfer, Herre Zevaoth Jahwe,
Ist in göttlicher Liebe dir dein Bräutigam, Zion!
 
Dafür, daß du warst die Ungeliebte, Verlassne,
Zu der niemand getreten in die einsame Wohnung,
Will dich Jehowah machen zum Ruhm und herrlicher Schönheit
Und zu unserer Süßigkeit, unserer Wonne!
 
Nicht mehr heißt du Verlassene, nicht mehr Einsame, sondern
Liebe Frau! du meine Lust! o liebe Gemahlin!
Wie ein Mann eine Jungfrau freit, wird dein Schöpfer dich freien,
Wie ein Bräutigam an der Braut wird sich Gott an dir freuen!
 
Freut euch mit Jerusalem, all ihr traurigen Kinder,
Denn nun dürft ihr saugen an ihren Brüsten des Trostes,
Ja, sie wird euch liebkosen auf ihrem jungfräulichen Schoße!
Jahwe wird euch lieben wie eine liebende Mutter!
 
 
SECHSTER GESANG
 
Adams Sohn war Joachim, Evas Tochter war Anna,
Davids Sohn war Joachim, Davids Tochter war Anna,
Aber vor Gott fürwahr als Heilige lebten sie beide,
Wurden vermählt von einem heiligen Seher Jehowah’s.
 
Jener saß in heiliger Höhle in dem Mantel des Mose
In Beobachtung jener israelitischer Sprossen,
Die den heiligen Stammbaum bilden von Gottes Messias,
Der geboren wird aus einer davidischen Tochter.
 
Da ward Anna gesegnet von dem Segen des Schöpfers
Durch den gottgeschaffnen zeugenden Samen Joachims,
Daß sie meinten, es sie die Mutter von Gottes Messias,
Diese Mirjam Heli, Joachims Tochter von Anna.
 
Aber es blühte nicht der Lebensbaum des Propheten
In der eremitischen Höhle des heiligen Sehers,
Mirjam Heli wird nicht die Mutter von Gottes Messias,
Sie ist nicht die Auserwählte unter den Frauen.
 
Gott der Schöpfer allein macht das Gebären der Frauen,
Gott alleine öffnet den Schoß der fruchtbaren Frauen,
Gott allein gibt den Frühregen und den Spätregen, aber
Richtet auch, gibt im Gerichte eine verzehrende Dürre.
 
Also verschloß der Schöpfer auch den Schoß seiner Tochter,
Zwanzig Jahre blieb verschlossen der Schoß seiner Tochter,
Zwanzig Jahre blieb unfruchtbar der Samen Joachims,
Zwanzig Jahre lebten sie in beständiger Buße.
 
Da ward Joachims Opfer vom levitischen Priester
Schroff zurückgewiesen, denn er vermutete Sünde
Als die Ursache dieser langen Unfruchtbarkeit Annas,
Daß sie nicht gebäre die Mutter von Gottes Messias.
 
Weinend stand der Hirte Joachim unter den Herden,
Weinend sah er die lüsternen Böcke Schafe bespringen,
Weinend sah er das frohe Gewimmel der niedlichen Lämmer,
Seufzend wandte er sich zum ewigen Gotte, dem Schöpfer.
 
Anna saß traurig allein vor der bescheidenen Hütte
Unter dem mächtigen Lorbeerbaume und schaute im Neste
Mütterlich eine Nachtigall füttern die flötenden Jungen,
Seufzte und wandte sich im Gebete zum Gotte, dem Schöpfer.
 
Siehe, da trat ein Engel zu ihr, ein Jüngling in Linnen,
Trat ein strahlender Jüngling zu ihr in schimmerndem Linnen,
Sprach zu Anna: Sei getrost, o Tochter Jehowah’s,
Dein Gebet ist erhört, du wandle zur Goldenen Pforte.
 
Deinem Manne Joachim ward desgleichen verkündigt,
Euer Seufzen ist dem Herrn gebrochener Herzen
Und zerschlagener Geister lieb, Jehowah erbarmt sich,
Du wirst empfangen, Anna, durch den Segen Jehowah’s.
 
Anna staunte, frohlockte, machte sich gleich auf die Reise,
Und fürwahr, sie traf in Jerusalems Goldener Pforte
Ihren Gemahl, da ging von der heiligen Lade des Bundes
Himmlisches Leuchten über, Joachims Anna ward fruchtbar.
 
Wunder der Wunder! Diese Tochter, von Jahwe erschaffen,
Sie ist das meisterliche Kunstwerk des Heiligen Geistes,
Ohne Sünde im Schoß der heiligen Anna empfangen,
Gottgeschaffen ohne den Makel der Erbsünde Adams.
 
Wunder der Wunder! Schon im Schoße erfüllt von der Gnade,
Heilig versehen mit der Ebenbildlichkeit Evas
Vor dem Fall in die Sünde und der Vertreibung aus Eden,
Neue Eva, fürwahr die paradiesische Tochter!
 
Nämlich weil Gott, die Gottheit, ist die Ewige Mutter
Und die Ewige Weisheit die Schöpferin alles Geschaffnen
Und die Ruach ha kadósch die Flamme der Liebe,
Darum ist die Schoßtochter wahrlich Ebenbild Gottes.
 
Tochter des Vaters in dem Schoß der heiligen Anna,
Ist das Schoßkind berufen zur messianischen Mutter,
Dazu bereitet voll der Gnaden vom Heiligen Geiste,
Ist die Tochter Joachims die Unbefleckte Empfängnis.
 
Denn die Ewige Weisheit hat sich den Tempel bereitet,
Darin sie wohnen wird, die inkarnierende Weisheit,
Denn Frau Weisheit hat sich ihr Haus errichtet auf sieben
Säulen der Vollkommenheit heiliger Tugenden Gottes.
 
Denn das Ebenbild Ewiger Weisheit ist wie die Weisheit
Eines Geistes voll, der unbefleckt, makellos, lauter,
Reinkristallenes Spiegelbild ewig lauteren Lichtes,
Bild und Gleichnis der vollkommenen göttlichen Güte!
 
Dieses Wunder der Wunder, die Unbefleckte Empfängnis,
War die Erfindung Gottes, der die Ewige Weisheit
Wollte Mensch werden lassen, daß sie wohne bei Menschen,
Daß die Ewige Weisheit zelte unter den Menschen.
 
Aber wie sollte die Göttliche, Makellose und Reine,
Aber wie sollte die göttliche Weisheit Mensch werden, waren
Doch die Mütter auf Erden allesamt Töchter der Eva,
Hatten doch alle genascht von dem verbotenen Baume.
 
Wurden doch alle Mütter von den eigenen Müttern
Alle in Sünde empfangen, wie die Mutter, die Tochter,
Wie die Tochter, die Enkelin, alle in Sünde empfangen,
Außer Annas Tochter, allein aus Gnade der Gottheit!
 
Sie nämlich sollte rein sein, unverdorben vom Makel
Adamitischer Erbsünde, Ungehorsamkeit Evas,
Annas Tochter sollte werden der Ewigen Weisheit
Mutterschoß, unbestellter Acker, heiliges Eden.
 
Annas Tochter sollte das Meer der göttlichen Gnaden
In sich umfassen, Ozean aller vollkommenen Gnaden,
Sollte die Fluten des fließenden Lichtes der Gottheit empfangen,
Darum ward sie gebadet im Meer des Heiligen Geistes.
 
Weil sie das Meer der Gnade, Ozean alles Vollkommnen,
Weil sie die Fluten des fließenden Lichtes der Gottheit empfangen
Wird, in dem Meer der Zeit, die ewigen Ströme des Geistes,
Und die Weisheit gebären, darum heißt sie: Maria!
 
 
SIEBENTER GESANG
 
Als die Fülle vorherbestimmter Zeiten vollendet,
Sandte zur Erde den heiligen Erzengel Gabriel Jahwe,
Daß er die Botschaft der Erlösung verkünde Maria,
Daß in ihr die Ewige Weisheit Mensch werden wollte.
 
Alle Engel jubelten in den himmlischen Hallen:
Heilig, heilig, heilig ist Elohim Zevaoth Jahwe!
Freudig stieg der himmlische Bote Gabriel nieder,
Tausende himmlische Boten folgten ihm nieder zur Erde.
 
Gabriel schritt einher wie ein Jüngling von seltener Schönheit,
Glänzend sein Antlitz, eine Sonne leuchtender Strahlen,
Majestätisch seine Gestalt, von lieblicher Würde,
Goldenes Diadem des Morgensterns glänzte in Locken.
 
Sein Gewand war von Linnen und Byssus in schimmernden Farben,
Auf der Brust war gestickt das Zeichen der Leiden des Christus.
Gabriel flog mit den himmlischen Scharen nach Nazareth in die
Heilige Wohnung der allerheiligsten Jungfrau Maria.
 
Vierzehn Lenze, sechs Monden und siebzehn Morgende zählte
Die gottselige Jungfrau, schöner als andere Mädchen,
Ihr geheiligtes Wesen überaus lieblich und edel,
Ihre Gestalt von ganz vollkommenem Maße der Glieder.
 
Siehe, ihr Antlitz bildete ein Oval, und die Züge
Waren sehr sanft und sehr fein, die Hautfarbe braun von der Sonne,
Feine Bogen bildeten braun die Brauen der Augen,
Ihre Stirn war erfüllt von einem erhabenen Schimmer.
 
Groß ihre Augen, schwarz, mit einem goldenen Funken,
Schimmernd, wie Mandeln geformt, darüber wölbende Lider,
Bräunliche Wimpern, lang, als Schleier den schimmernden Augen,
Demütig schauend, unglaublicher Schönheit, unschuldig lächelnd.
 
Ihre Nase vollkommen gebildet, ein Turm von Dammaskus,
Purpurrot der Mund, von der vollkommensten Fülle,
Eine rosinenfarbene Schnur, ein Faden von Scharlach,
Wahrlich, überaus kusslich, süß wie Datteln und Feigen!
 
Sie nur anzusehen, verursachte Freude und Wonne,
Denn die Begnadete war die Allerschönste der Schönen!
Schöner ihre schwarzen Augen als Augen der Rahel,
Schöner ihr langes schwarzes Haar als Locken der Judith!
 
Alle Herzen zog sie an und fesselte alle
In Verehrung. Wer sie sah, der mußte sie preisen.
Vor der Hoheit der Anmut konnte man nichts als verstummen,
Sank vor ihrer Vollkommenheit gar in mystisches Schweigen...
 
Alle, die je das Glück erfuhren, Maria zu schauen,
Sei es leibhaftig oder auch mit den Augen der Seele,
Preisen sie: Tota pulchra perfectissima! Siehe,
Sie erfüllte die Herzen mit verzückendem Jubel!
 
Ave Maria, gratia plena, dominus tecum!
Sprach der Erzengel Gabriel und Maria antwortete: Fiat
Mihi! Maria, die sich ancilla domini nannte,
Sie empfing im Ohr vom Heiligen Geiste die Weisheit.-
 
Siehe, noch ehe die Liebe Frau ihre Wehen bekommen,
Hat sie schon geboren, nicht unterm Fluche der Eva,
Nicht in Schmerzen sollte sie, nicht in Schmerzen der Wehen gebären,
(Nicht den in Mühsal den Acker Bestellenden Herr nennen, Josef).
 
Ehe die weiblichen Schmerzen der Wehen über sie kamen,
Hat sie schon geboren ein Kind, einen lieblichen Knaben.
Wer hat dergleichen je gehört, wer solches vernommen,
Wunder ist es: Die Gebärende war eine Jungfrau!
 
Zion, kaum in den Wehen, hat schon ihren Liebling geboren,
Die von Jesaja verheißene Almah, Immanuels Mutter,
Almah, das junge Mädchen, die immerwährende Jungfrau,
Hat Immanuel uns geboren: die Gottheit ist mit uns!
 
Hätte Gott ihr etwa segnen sollen die Flora,
Ohne daß hervorgekommen wäre die Schoßfrucht?
Jungfrau war sie mit der unverwelklichen Blüte,
Liebe Frau war sie, war göttlicher Fruchtbarkeit Mutter.
 
Ja, die Tochter Zion hat den Messias geboren,
Ja, die Tochter Juda den Stern aus Jakob geboren,
Ja, die Jungfrau ward fruchtbar, vom Heiligen Geiste befruchtet,
Heilige Gottesmutter, immerwährende Jungfrau!
 
Freut euch nun an der Tochter von Jerusalem alle,
Die ihr traurig gewesen! Oh Messias, mein Bruder,
Wäre ich arme Seele doch dein Milchbruder, Jesus,
Neben dir läge ich und saugte an Jerusalems Busen!
 
Wer sie gesehen in ihrer erhabenen Schwangerschaft - siehe,
Hoheit des göttlichen Kindes ihr im Angesicht glänzte,
Glanz von innen umhüllte die gesegnete Mutter,
Die sie den Gottsohn mit Mutterkuchen und Fruchtwasser nährte.
 
Wie ernährte die Jungfraumutter den göttlichen Logos,
Wie beseligte sie die Ewige Weisheit von innen!
Das war heilige Kommunion, Vereinigung Gottes
Mit der bräutlichen Menschheit in Gestalt der Maria!
 
Jesus, die Wiederherstellung des vollkommenen Menschtums,
Wiederaufrichtung Adams, wie aus Adama Adam
Ist der Messias geboren aus der jungfräulichen Mutter,
Mutter Natur, Maria, dem neuen irdischen Eden.
 
Als Maria geboren in Bethlhem die Gottheit des Sohnes,
Jesus, die Ewige Weisheit in Gestalt eines Säuglings,
Breitete sie, die Taube der Felsengrotte, die Flügel
Und umfittichte sanft das neue ewige Leben.
 
Siehe, Maria stand in Seide von silberner Bläue,
In des Gewandes langhinwallendem, fließendem Schleier
In der Mitternacht, Königin im unendlichen Kosmos,
Lang fiel ihr schwarze Haar, sanft lächelten purpurne Lippen.
 
In den Armen, am Busen lag das saugende Kindlein,
Trank in der Milch der Mutter die Liebe des ewigen Vaters,
War im Zentrum der Wonne der Welt, an den Brüsten Mariens,
Jungfrau und Gott vereinigt in Liebe, Herzschlag zu Herzschlag.
 
[Inhalt]


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