[Inhalt]

Peter Torstein Schwanke
 
PHIILOSOPHISCHE SONETTE
 
„Wenn überdies der Mensch ... sich künstlerisch betätigt, dann kann er im höchsten Grad dazu beitragen, daß die menschliche Familie zu den höheren Prinzipien des Wahren, Guten und Schönen und zu einer umfassenden Weltanschauung kommt und so heller von jener wunderbaren Weisheit erleuchtet wird, die von Ewigkeit her bei Gott war, alles mit ihm ordnete, auf dem Erdkreis spielte und ihre Wonne darin findet, bei den Menschen zu sein.“
(II. Vatikanum)
 
 
1. Vision Mariens
 
Der schmerzensreiche Rosenkranz, mein Friede,
Marien Lob und ihres Leibes Frucht -
So sing ich, der ich so Jehowah biete
Liebe, die Gott in meinem Herzen sucht!
 
Milchweiße Haut Mariens, weiß und jung,
Ein frisches und schönwangiges Gesicht,
So schaut sie durch der Wimpern sanften Schwung,
Ums Haar des Schleiers goldenrotes Licht.
 
Auf einen goldenroten Mantel fällt
Der Schleier. Alles glüht von Huld und Charme.
Wie sag ichs aus, wie sehr mir doch gefällt
An ihrem schwanenweißen Unterarm
 
Der Mahagoni-Rosenkranz von Tibet - - -
O Liebe Frau, die meine Seele liebet!
 
 
2. Der Berg Athos
 
Der Dichter offenbart mit schönem Pathos
Mir sein Gesicht vom sonnensüßen Süden,
Er führt mich auf die Höh vom Berge Athos
Und spendet meiner Seele Seelenfrieden.
 
Dort leben Mönche der Marienminne
Und fern sind alle Lockungen der Frauen,
Die da entsagen allem Reiz der Sinne,
Die werden da die Frau der Frauen schauen.
 
Da ich am Mittelmeere einsam weilte,
Da kam zu mir die Königin der Musen,
Vision der Schönheit meine Seele heilte,
Als ruhte ich der Königin am Busen,
 
Die in die goldne Wolke mich gehüllt,
Da traurig ich gesehn des Himmels Bild.
 
 
3. Gottes-Ehe
 
Die Welt läuft ihren Eitelkeiten nach,
Ich suche Weisheit, suche Schönheit nur.
Wie gut war zu mir die Geliebte, ach,
Das Gottesbild, die Summe der Natur!
 
Die Trübsal bringt mir reichliche Geduld,
Bewähren darf ich mich, das läßt mich hoffen.
Ach, sei es nicht mehr lang, daß Gottes Huld
Läßt stehn das Paradies der Liebe offen!
 
Ach, daß ich ruhn darf in Marien Schoße,
Daß Eva reicht des Paradieses Frucht,
Daß um mich lächeln Lilie und Rose
Und daß mein Traum von ewiger Wonnen Bucht
 
Kein Schattenbild mehr bleibt! und daß ich sehe
Den Herrn und Liebe leb der Gottes-Ehe!
 
 
4. Himmelspforte
 
Das Leben fängt mir an mit meinem Tod,
Dies Dasein ist doch Stund um Stunde sterben!
Gott dank ich für das Leiden und die Not,
Ja, daß ich leeren darf den bitter-herben
 
Kelch jener Leiden, die auch Jesus litt,
Er sündlos, ich jedoch mit mancher Sünde.
Mein Leid sei meine Sühne, wie ich bitt,
Vergebe Gott dem armen Gotteskinde!
 
Der Perlen Mutter, Mutter meiner Tränen,
Du bist mir ja des Himmels Perlenpforte!
Maria läßt mich ein mit ihrer schönen
Holdseligkeit zum himmelhohen Horte,
 
Daß ich dort ewig in Marien Nähe
In Liebe leben darf die Jesus-Ehe!
 
 
5. Die Geliebte
 
O ideale Liebe! doch getrennt!
Was ist denn ohne Dornen eine Rose?
Liebe, in der das Leiden Jesu brennt,
In der Geliebten sieht die Makellose!
 
Die Weisheit preist in sinnlicher Gestalt
Sich selbst, gleicht sich der Rose und dem Öle,
Der Blume sich und dem Zypressenwald.
Die Vielgeliebte ist doch Leib und Seele!
 
Nur Lilith ist ein nächtliches Gespenst,
Leibloser Geisterschatten und Vampir!
Eva ist Leben, wenn du für sie brennst,
Ist Liebe Frau - ist Göttin und ist Tier -
 
Im Garten schaue ich die Liebe Frau,
Der ich durch sie die Paradiese schau!
 
 
6. Die Sterne
 
Vom engelgleichen Lehrer darf ich lernen,
Den lehrtest selber, Gottes Weisheit, du!
Der weise Aquinate schreibt den Sternen
Einfluß auf unsre Leidenschaften zu.
 
Die Zeichen der Natur, aus Gottes Hand,
Formen des Herzens niedere Begierden.
So wie das Licht bei deinem Antritt stand,
Ist dein Charakter nach dem Stand der Zierden.
 
Doch Leidenschaften und Begierden sollen
Vom Geist beherrscht, vom Geist geleitet sein.
Der Odem ist Geschöpf des Gnadenvollen,
Gott führt die Kinder in die Freiheit ein!
 
(Vom Sündenfall im Zeichen des Skorpion
Die Magier wallfahrten zu dem Sohn.)
 
 
7. Die Erde
 
Die Blumen Sions singen von den Sphären,
Die sich neunfaltig heben aus Kristall,
Sie singen von kristallnen Sternenmeeren
Und von dem Empyreum in dem All.
 
Die Blumen Edens, blühende Reseden,
Sie singen von der Seligkeit der Sinne,
Von Leben und Glückseligkeit in Eden,
Da Eva fand im Garten Gottes Minne.
 
So sang der Sänger Portugals nur wenig
Vom Sphärenall, mehr von dem Meer der Venus,
Der Insel der Glückseligkeit (ihr König
War fleischgewordne Weisheit, Nazarenus)!
 
Die Mutter Erde gab dem Gott den Leib,
Sie hebt uns auch hinan, das ewige Weib!
 
 
8. Der Sommer
 
In Rom hab Elegieen ich gezählt
Mit meinen Fingern auf dem nackten Rücken
Des schönen Mädchens, das ich mir erwählt,
Die spendete priapisches Entzücken.
 
Wie Don Juan erfuhr ich die intimen
Geheimnisse des Harems in dem Osten,
Bei ihren Huri werden den Muslimen
Die Kräfte nicht erlahmen, wenn sie kosten.
 
Was war mit jener Schlange denn der Pakt?
Der Wille, nicht mehr Mensch aus Fleisch zu sein.
Ich nackt im Garten - meine Eva nackt!
Einander Gottheit gebend im Verein!
 
Mein Gott, mein Seligmacher, balde komm er,
Verzücke mich in Gottes ewigen Sommer!
 
 
9. Der Dichter
 
Der Dichter, auch der geistliche, muß sinnlich
Und fleischhaft sein, sonst wird er kalt wie Stein.
Ich bin mit meinem Liebestraum beginnlich
Und münde in den Traum der Liebe ein.
 
Ich folge der Begeisterung, dem Herzen,
Inspiration von Wein und meinen Musen.
Nicht allzu schamlos sei mein Minnescherzen,
Wenn ich begeistert bin vom bloßen Busen!
 
Nicht geistlos sei mein Lied, auch altklug nicht,
Allein die Liebe ist die fromme Tugend.
Sing von der Neuen Eva mein Gedicht
In der Unsterblichkeit der Seelenjugend!
 
Der Sang, da Schlomo Schullamyth erharrte,
Stammt aus den Kultgesängen der Astarte.
 
 
10. Mich dürstet!
 
Das Liebeslied des deutschen Dichterfürsten,
Das er gesungen einst im alten Rom,
Läßt mich nach Liebe schmachten, läßt mich dürsten
Nach voller Wonnen vollem Lebensstrom!
 
Ich bin ein Hirsch, der brünstet und der röhrt,
O hört mich nach der Lebensquelle schmachten!
Die Paradies-Jungfrau, die mich betört,
Sie weiß nach ihrem Leib mich trächtig trachten!
 
Ich bin die Samariterin am Bronnen,
Ich liebte meine Lieben ohne Ehe.
O gib den Tau des Geistes aller Wonnen,
Messias du, den ich am Bronnen sehe!
 
Maria ist ein Kelch Ambrosia
Und Nektarbecher mir aus Asia!
 
 
11. Die Poesie
 
Ich liebe sehr den Dichter, welcher nannte
Suleika Bild und Gleichnis von Allah.
Zu heilig hoch sind Klopstock mir und Dante,
Der Dante, der den bloßen Himmel sah.
 
Das Leben ist ein Sakrament des einen
Urlebens Christi. Liebe ist ein Bild
Der Liebe Gottes, der sich gibt in reinen
Ideen und Schatten, gleichnishaft und mild.
 
In Bildern dieser Schöpfung singt ihr Lob
Die Weisheit, die da Gottes Schein und Spiegel.
Sie preist sich selbst in Schönheit, so als ob
Sie steht als Liebe Frau auf Sions Hügel!
 
In Liebe sing in Gleichnissen ich Sie,
Die Frau. - Das ist der Weg der Poesie.
 
 
12. Maria Aphroditissa
 
Wie Botticelli malte seine Venus,
So malte er auch die Granat-Madonne,
Die jugendliche Mutter Nazarenus,
Den roten Schoß der goldnen Morgensonne.
 
Aus deinem Innern nimm das Ideal,
Geh, sind auch ungeebnet deine Pfade.
In Sehnsucht singe du der Liebe Wahl,
Von oben kommt dazu der Liebe Gnade.
 
Aphroditissa voller süßer Demut,
Aphroditissa du in sanfter Stille,
Aphroditissa du in weicher Wehmut,
In deinen Schleier deinen Sänger hülle,
 
O Reizgegürtete, du mit Zauberblicken,
Des Universums tobendes Entzücken!
 
 
13. Botticelli
 
Er hatte solchen Hunger nach dem Schönen,
Daß er die Sinnlichkeit mit Kunst bemeistert.
Die Schönheit mit dem Lorbeerkranz zu krönen,
Ward er von anmutvollem Geist begeistert.
 
Archaischer Poet von Zeus, und Jesus,
Wer immer herrschte in den Himmelsräumen,
Poet der Magdalena, und der Venus,
Vergaß er alles Wissen, um zu träumen.
 
Die Grazie gab ihm das Griechentum,
Das den Gestalten gab des Geistes Würde,
Melancholie gab ihm das Christentum,
Verbannte trugen ihres Fleisches Bürde.
 
Schamhaftigkeit der Magdalee verzeiht
Der Venus süßen Reiz und Lieblichkeit.
 
 
14. Pein und Trost
 
Ich ward wie Sankt Sebastian durchbohrt,
Gleichgültigkeit, der Liebe Gegenteil,
Vollbracht an mir den schweren Martermord,
Gab mir des Grimmes, nicht Cupidos Pfeil.
 
Geringgeschätzt, verspottet und verachtet,
Auch von der Vielgeliebten kalt geschmäht,
Fleh ich zu der Madonna, alles schmachtet
In mir nach ihr, zu der mein Elend fleht!
 
Ich legte mich in ihres Armes Beuge,
Sie strich mir sanft und zärtlich übers Haar.
Ja, wahrlich, ich bin ihres Friedens Zeuge.
Und daß ein Ring an ihrem Finger war,
 
Sagt mir: Ich liebe deinen treuen Sinn,
Ich, deines innern Friedens Königin.
 
 
15. Irdische und himmlische Frau
 
Der Vielgeliebten will ich Helfer sein,
Maria sei die Liebliche geweiht.
Ich sehe sie, da greift nach mir die Pein,
Sie ist für mich so ohne Zärtlichkeit!
 
Da flüchte ich zur himmlischen Madonne,
Ich flieh in ihren sternenblauen Mantel,
Sie ist mein Leben, Hoffnung mir und Wonne,
Ich folge ihrem hohen heiligen Wandel.
 
Ich hüll mich in den Schleier ihrer Haare,
Berg mich in ihres Herzens Taubennest.
Ich kenne sie, die einzig Wunderbare,
Sie führt mich zu der Weisheit Hochzeitsfest!
 
Der Trösterin der Traurigen sei Preis,
Mit der der Ewige zu trösten weiß!
 
 
16. Das Grab Maria
 
Maria ist mein mütterliches Grab,
Ist Eden, drin der Neue Adam war,
Nun bin ich auch im Paradies, doch lab
Ich nicht an seiner Lust mich wunderbar.
 
Die schönen Rosen haben alle Dornen,
Die Gottesbilder, die mich peinigen.
Ich kann mich nicht mit irdischen Erkornen
In Harmonie und Glück vereinigen.
 
Nur einen weiß ich, der ist lieb und lind,
Der seinen Speichel meinem Speichel mischt,
Ein kleiner Sohn, ein kleines Jesuskind,
Das mich mit lichter Lieblichkeit erfrischt.
 
Ach, muß ich denn mein Leben lang betrübt sein?
Mein Grab, kann ich denn nur in dich verliebt sein?
 
 
17. Blumen
 
Was sind denn ohne Dornen rote Rosen
Und was ist Liebe ohne Christi Leiden?
Die Orchideen mit ihren lässig-losen
Gewändern schleiern um mich schillernd-seiden.
 
Der Rose Dorn aus Christi Dornenkranz
Ist mir so gut wie Pauli Pfahl im Fleisch.
Die Orchideen in ihrem Schleiertanz
Entzücken mit Liebreizen wenig keusch.
 
Ich will dir, Jesus, schöne Blumen bringen,
Muß ich sie pflücken auch von Dornen, scharfen!
Je mehr es schmerzt, je schöner werd ich singen,
Aus Kreuzesholz sind alle heiligen Harfen!
 
Ist sie nicht giftig, meine schöne Blume?...
Doch sing ich sie, zu Jesu Christi Ruhme!
 
 
18. Verlassenheit
 
Ich bin ein armes, kleines, schwarzes Lamm,
Um mich sind Wölfinnen und Wölfe wild!
So gottverlassen an dem Kreuzesstamm
Bin ich der Leiden Jesu Ebenbild!
 
Maria spendet mütterliche Huld
Und hüllt mich in des Mantels Schwanenflaum.
O trag dein Kreuz in heiliger Geduld,
Die Trösterin erscheint dir ja im Traum.
 
Mein Vater Petrus ist ein fester Fels:
Das Wort des Lebens bringe zu den Toten,
Der Heiden Heil, der König Israels,
Sei stark wie martertumsbereite Boten!
 
Doch von den toten Seelen voller Kälten
Kehr ich zur Lieben Frau der Innenwelten!
 
 
19. Die Günderode
 
Romantiker mit ihren bleichen Schatten
Aus blauer Ideale Schattenreich -
Wo sind des Lebens bunte Blumenmatten,
Der schönen Mutter alles Lebens gleich?
 
O gebt uns fette Menschen! breit und satt!
Voll Lebens! also forderten die Väter.
Doch unsre Ideale bleich und matt
Verlieren sich in dünner Düfte Äther.
 
Du sehntest so dich nach dem tiefen Tod,
Weil du dich sehntest nach dem Paradies!
O Frucht des Lebens, Granatapfel rot,
O Land von Milch und Seim des Honigs süß!
 
Für Gott allein hast du dein Werk geschrieben -
Und wolltest auch, ein Gatte soll dich lieben?
 
 
20. Die Geliebte
 
Hör ich den Nihilismus Jahwe lästern,
Flieh ich zur Schönheit meiner Schönen hin,
Der Vielgeliebten aus dem Kreis der Schwestern,
Der Einzigen dem ganz verliebten Sinn.
 
Will ihre Lasten tragen, will ihr dienen,
Will sie als Ebenbild Mariens rühmen.
Sie ist so süß wie - Marzipanpralinen
Und duftet wie nach - syrischen Parfümen.
 
So sanft und so verträumt die Stimme flötet,
So nackt und schwanenweiß der schöne Hals,
Die Wange sich so keusch und schamhaft rötet
Wie Evas im Gebüsch des Sündenfalls.
 
Sie ist mir Geisha, Gärtnerin und Muse.
Aus Zauberland ist meine - Holdkonfuse...
 
 
21. Portugiesische Madonna
 
Oft seh ich die Erscheinung einer Frau
In mir als die Madonna Portugals.
Die schwarzen Augen voll von weichem Tau,
Liebreizend, und die Königin des Alls!
 
Sie trägt ein schönes, schwermutschwarzes Kleid
Und zeigt mir ihren runden, braunen Arm,
Mit Diamanten voller Herrlichkeit
Vermehrt sie ihrer Schönheit Anmutcharme.
 
Sie ist ganz sinnlich und ganz süß und südlich,
Und Mond und Sonne dienen ihr zum Schmuck.
Sie ganz allein begehr ich unermüdlich,
Trink ihren Charm wie einen tiefen Schluck!
 
O Fatimas und Weltalls Königin!
Sie sagt mir, Christus liebt mich wie ich bin.
 
 
22. Trübsal und Trost
 
Denn wie das Gold durch Feuer wird gereinigt,
So müssen durch die Trübsal die Gerechten.
Wenn uns die Welt der Menschen grausam peinigt,
Dann mög der Herr der Heere für uns fechten!
 
Ja, fallen will ich in die Hand des Herrn
Und mich den Menschenhänden nicht vertrauen.
Die Weisheit lieb ich sehr, sie hab ich gern,
Sie tröstet gerne, wie die Frau der Frauen.
 
Ihr Menschen aber tröstet mich doch nicht,
Demütig harr ich auf des Trostes Zeit.
Die Weisheit aber macht die Augen licht
Und Tränen von der Wimper küsst die Maid.
 
Maria will ich einzig mich gesellen
Und mich aufs Fundament der Weisheit stellen.
 
 
23. Das Leid
 
Was hindert mich, an Jesu Liebe glauben?
Kann Leiden diesen Glauben mir verwehren?
Kann meine Pein mir Jesu Liebe rauben?
Ich weiß doch, was der Liebe Meister lehren:
 
Die Leiden, die ich trag, sind Gottes Gnaden,
Auf daß der Sohn in mir Gestalt gewinnt,
Muß ich mich in dem Blut des Lammes baden,
Weil Schmerz entsteht, wo Jesus Seelen minnt!
 
Des Vaters Wille soll allein geschehen,
Muß ich auch leeren Becher voller Pein.
Die Seele wird geboren in den Wehen,
Getragnes Kreuz wird Born der Wonne sein.
 
O meine Seele, harr auf Jesus Christ,
Der meines Angesichtes Hilfe ist!
 
 
24. Meine Sehnsucht
 
Weil Mutterliebe mir als Kind gefehlt
Und ich bekam zuwenig Urvertrauen,
Drum suche ich, so sehr es mich auch quält,
Die absolute Liebe bei den Frauen.
 
Doch find ich meiner Mutter Kälte wieder
In meiner heißgeliebten Frauen Frost.
Mich schlagen alle schönen Frauen nieder,
Ich lieg darnieder ohne allen Trost.
 
Maria aber will mir Mutter sein
In der Erscheinung Unserer Lieben Frau -
Sie ist die Trösterin all meiner Pein,
In dem ich ihre süße Schönheit schau,
 
Indem Maria mir, die sie mich liebt,
Mir mütterliche Frauenliebe gibt.
 
 
25. Ikone Gottes
 
Das Selbst ist Unbewußtes und Bewußtes,
Imago Dei darin eingeprägt,
Ist Jesus Christus. Weiß ich, welche Lust es
Doch ist, wenn Geist sich in die Seele legt!
 
Gott ist der goldne Urgrund seinem Sohne,
Menschwerdung Gottes ist in ihm beginnlich,
Gott wird zur ebenbildlichen Ikone,
Gott wird zu Fleisch, der Seiende wird sinnlich.
 
Ästhetik ist die sinnliche Empfindung
Der Menschen-Arche oder Bundeslade,
In welche kommt in gottgegebner Bindung
Das goldne Licht der Weisheit, Gottes Gnade.
 
Im Menschen, den sich Gott zum Spiegel nimmt,
Wird grenzenlose Geistigkeit - bestimmt.
 
 
26. Gottes Eros
 
Gott ist die übergöttliche Gottheit, Sein
Und Urlicht, alles dunklen Lichtes Licht!
Er gießt sich in die Seraphinen ein,
Der Cherubinen zu die Weisheit spricht.
 
Die Flammen der Erkenntnis, Feuerstengel,
Erzengel tragen sie zu Thronen, Mächten,
Himmlischen Hütern, unsern lieben Engeln,
Die leuchten ihren Kindern in den Nächten.
 
Der Eros Gottes will Vereinigung
Der Menschenseele mit der Gottesglut,
In Peinigungen unsrer Reinigung
Wird unsre Seele edel, heilig, gut,
 
Daß sie eingeht durch ihres Sterbens Riß
In Gottes unergründliche - Finsternis...
 
 
27. Gethsemane
 
Versuchung wird mir in der Wüstenöde!
Ölgarten, Garten meiner Einsamkeit,
Wird mir, daß meine Träne weh sich röte
Und Schweiß mir wringe aus das Herzeleid!
 
Alleine muß ich mit dem Engel ringen,
Ich hör nicht auf, bis er mir gibt den Segen!
Ich kann nur weinen, nicht mehr Lobpreis singen,
Mein Lobpreis ströme wie der Tränenregen!
 
Die Freundinnen, sie ruhen fern im Schlummer,
Ich aber brenne auf dem Marter-Rost!
Wann bringt der Engel meinem schwarzen Kummer
Das Schweißtuch Christi und den Himmelstrost?
 
Engel der Todesangst und Traurigkeit!
Ich weihe Jesus Christus all mein Leid!
 
 
28. Die Schönheit
 
Soll uns wie griechischer Antike werden
Der Gott zu eines schönen Menschen Bild,
Daß uns genügt die Schönheit dieser Erden
Und wir bescheiden bleiben, irdisch-mild?
 
Die Sehnsucht ist des Himmels Nabelschnur,
Wir sehnen mehr noch als nach Sternenlichtern
Uns nach dem Glanz der göttlichen Natur
Auf schönen, lieben Frauenangesichtern!
 
Mir scheint, ich werde ganz und gar zum Toren
Vor der Bezauberung durch meine Schönen,
An deren Schönheit ich den Geist verloren
Und die mit ihrer Schönheit - mich verhöhnen!
 
Doch nein! - Ich sah der Liebsten Schönheitslicht,
Sah - Gott von Angesicht zu Angesicht!...
 
 
29. Mein Dämon
 
Mein Dämon will nicht, daß ich glücklich werde,
Er ist der Engel Satans, der mich schlägt,
Saturnus im Skorpione, Geist der Erde,
Der Saul sich auf die Seele einst gelegt.
 
Der Teufel ist die Frau im Scharlachrock,
Die nackend auftaucht aus dem Meeresschaum,
Ich seh sie reiten auf dem Ziegenbock
Und mir verwüsten meinen innern Raum.
 
Menschliche Bestie ist die Liebste mir,
Inkarnation des Dämons, meine Böse,
Er ist der Antichrist, sie ist das Tier!
Mein Gott mich aus den Fängen Rahabs löse - -
 
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30. Die Poeten
 
Sind die Berufenen denn jemals glücklich
In diesem irdischen Gefild gewesen?
Schwermütigen allein ist Schicksal schicklich,
So hab ich in des Lebens Buch gelesen.
 
Sie sind mit Wahn geschlagen und zerrissen,
Die Seher alle sind vom Blitz getroffen,
Sie gehen arm, verworfen und zerschlissen,
Und klaffend stehen ihre Herzen offen.
 
Sie singen Klagelieder - niemand weint,
Sie spielen auf zum Tanz - doch niemand lacht!
Ihr eigenes Genie, ihr größter Feind,
Führt ihre Seele in die dunkle Nacht.
 
Unmöglichkeit ist glückliches Behagen
Den Lobpreisdichtern ihrer Kreuzesklagen!
 
 
31. Die Königin meines Herzens
 
Ich liebe italienische Madonnen
Ein wenig mehr als russische Ikonen.
Die Schmerzensmutter, Wonne aller Wonnen,
Sie willigt ein, in meinem Herz zu wohnen.
 
Mein Herz ist mir vom Dornenkranz bekränzt,
Mein Herz ist mir von einem Pfahl durchbohrt,
Das ist die schöne Frau, die lieblich glänzt
Und handelt doch an mir wie Marter-Mord!
 
Doch unter diesen Dornen wohnt die Lilie,
Die rosa sine spina mir im Herzen,
Ist Sulamith in innigster Vigilie,
Vermählt Glückseligkeit mit meinen Schmerzen.
 
Sie bettet mich im Kelch der mystischen Rose
Und führt mich ein in - Gottes Mutterschoße...
 
 
32. Todessehnsucht
 
O Jesus, Jesus, ach, ich weiß nicht mehr,
Wie soll ich dieses Daseins Flüche tragen?
O Jesus, ich ertrink im bittern Meer,
Bin eingemauert ins Verließ der Klagen!
 
O Jesus, Jesus, wo ist Gottes Liebe,
Wenn mich kein Menschenwesen lieben mag?
O Jesus, ich ertrinke in der Trübe,
O schenk mir einen frühen Todestag!
 
Egal doch, ob ich tot bin oder lebe,
Bin ich doch gleich von aller Welt vergessen,
Vergeblich, daß ich Menschen Liebe gebe,
Sie haben meine Liebe aufgefressen!
 
Erbarm dich meines Herzens herbem Harm
Und laß mich sterben in Marien Arm!
 
 
33. Eros
 
Der Eros drängt mich zur Vereinigung
Mit inkarnierter Liebe, schönem Du!
Der Eros treibt mich durch die Peinigung
Durchs Meer der Wollust in des Hafens Ruh!
 
Doch bin ich in der Ruhe eines Bundes,
Sehn ich nach Sehnsucht um der Sehnsucht willen
Mich nach der Röte eines - fernen Mundes,
Und brenne um zu brennen, nicht zu stillen!
 
Bin Phädra und bin Hippolit zugleich,
Und unauflöslich ist des Schicksals Knäuel,
Zur heißen Hölle wird mir Eros’ Reich
Und Liebe wird und Wollust mir zum Gräuel,
 
Denn Eros’ Frauen werden mir zum Spott -
Und finde keine Ruh - als Ruh in Gott!
 
 
34. Der innere Raum
 
Die Seele ist verletzt, doch in dir, innen,
Wird Gottes Liebe dir im Ruheraum.
Wird dir zu bittern Schmerzen all dein Minnen?
Gott wohnt noch tiefer als dein Liebestraum!
 
An diese Kammer reichen nicht die Wunden,
Da hat die Seele Ruhe ohne Pein.
Dort kann allein vom Schicksal sie gesunden,
Wo sie mit ihrem Schöpfer ist allein.
 
Dort bist du fern von deinen Lebensdramen,
Nimm sie nur an, doch mach du dich auch frei.
Gott spricht zu dir ein ganzes Ja und Amen,
Ist draußen Winter, drinnen blüht der Mai.
 
Mußt du wie Hiob tragen das Geschwür,
Gott ist Dich-Liebender, Gott ist in dir!
 
 
35. Mystik
 
Begine Mechthild lebte Jesus-Minne,
Seliger Seuse minnte Frau Sophia,
Johannes’ Seele ward des Bräutigams inne,
Ich weih mich ganz der Lieben Frau Maria.
 
Sie ist die Mittlerin zum Mittler Christe,
Ich habe all mein Herz an sie gebunden.
Und spenden Weisheit ihre schönen Brüste,
So ists die Weisheit mir von Jesu Wunden.
 
Die Wunden Jesu will ich heiß umarmen,
Der Bräutigam soll mich mit Liebe tränken,
Er mög mich in unendlichem Erbarmen
In Gott, den Urgrund allen Seins versenken!
 
Wer führt mich auf dem Weg, den ich beginne?
Der Heilige Geist lehr mich Marien-Minne!
 
 
36. Marien-Minne
 
Anbetende Erotik will erhöhen
Die Vielgeliebte zu der Gottheit Bild,
Der Minnesklave wird die Herrin sehen
Als Gottheit, Gott gleich furchteinflößend-mild!
 
Der Minner, der die ferne hohe Dame
Besingt, steigt Stufen zur Marienminne.
Die reine Gottesmutter lobesame
Wird Minneherrin, aller Anmut inne!
 
Das Göttliche wird zur geliebten Frau,
Erlöserin in weiblicher Gestalt,
Vereinigung mit Gott wird Blume blau...
Der Lobpreis grenzenloser Liebe schallt:
 
Gott, dich wir ehren in dem Bild Maria
Als Geichgewordner Göttlicher Sophia!
 
 
37. Kreuz und Auferstehung des Eros
 
So wie die Lust an Gott nicht ständig bleibt,
Auch kommt die heilige Verfinsterung,
So wird die Muse den, der für sie schreibt,
Auch geißeln, ach! mit ihrer Wimpern Schwung!
 
Die Herrin wird den Minnesklaven hassen,
Die Muse ihres Dichters Lied verwerfen!
Verloren wird er sein und wird verlassen,
Wenn ihre Blicke scharfe Schwerter schärfen!
 
Dann aber wird sie seine Himmelsleiter,
Wird Huri unter blühenden Reseden,
Er sieht sie auf dem Venussterne heiter
Und bloß bei Blumen blau im Garten Eden!
 
Wird er gehasst, muß er als Dulder warten,-
Die Frau entzückt ihn in Marien Garten!
 
 
38. Ehe
 
Dem Ehepartner gib die Kleinigkeiten,
Gott-Vater braucht sich nicht darum zu kümmern,
Laß dir die Gattin an der Seite schreiten,
Die sei die Treuste von den Frauenzimmern.
 
Wenn aber einer dieses Unglück findet,
Als Unvermählter ganz allein zu sein:
Gott-Vater seinem Alltag sich verbindet
Und läßt sich auf die Kleinigkeiten ein.
 
Preis ehelichem Bund mit Gottes Mutter!
Sie ist die starke Frau, die schöne Frau!
Am Morgen streicht sie Honig auf die Butter,
Kommt abends zu dir mit dem Rebentau!
 
Im Unglück - welches Glück der süßen Nähe
Mariens in der spirituellen Ehe!
 
 
39. Das Paradies
 
Träume und Ideale haben recht,
Im Irrtum ist des Daseins Wirklichkeit.
Wir, die wir sind vom inneren Geschlecht,
Wir finden Eden innen schon bereit.
 
Die schönen Träume, edlen Ideale,
Sie werden einst verwirklicht in den Sphären.
Vollkommnen Menschentums im Himmelssaale
Wird uns Erfüllung himmlischem Begehren.
 
Ich werde sein, zu dem ich bin berufen,
Ich werde sein mein eigner schönster Traum.
Ich steige auf der Liebe Treppenstufen
In Gottes Traum, in Gottes Herzensraum.
 
Die Träume scheitern an des Daseins Klippen?
Einst küssen mich der Traumfrau Feigenlippen!...
 
 
40. Jeanne d’Arc
 
Jeanne d’Arc, du warest Gottes Paladin,
Der Jungfrau goldne Lilien deine Fahne,
So wolltest du zum Sieg der Freiheit ziehn,
O Jungfrau, schön gleich einem weißen Schwane.
 
Wie Katharina fochtest für die Sache
Der Freiheit gegen Satans schwarze Kerle,
Wie Margarethas war dein Feind der Drache,
Du aber aus dem Acker eine Perle.
 
Kämpfende Kirche warst du unter Waffen,
Bewaffnet mit dem Evangelium!
Der Teufel aber schickte seine Pfaffen,
Du littest, Jungfrau, das Martyrium!
 
Da dich des Scheiterhaufens Brand umschlang,
In Todesangst du riefest: Jesus! Dank!
 
 
41. Im Park
 
Allein inmitten sonntäglichem Volke
Ga ich mich hin an einen frommen Traum.
Gott hüllte mich in seine goldne Wolke,
Da war ich Vene in dem Lebensbaum.
 
Im blauen Mantel und im roten Rock
Stand vor mir da des Himmels Herrscherin,
Im Schleier quoll ihr bräunliches Gelock,
Ich gab mich ihrer Gottesschönheit hin.
 
Da sagte ich mit schmachtenswehem Munde:
Wo ist mir Adam Eva, die ich heisch?
Da war mein Herz wie Jesu Seitenwunde,
Doch niemand da, der Fleisch von meinem Fleisch!
 
Die Fleisch von meinem Fleisch - mir nicht gegeben -
Treibt mich, zu Unserer Lieben Frau zu streben!
 
 
42. Compassio
 
Dem Christus folgen in der Niedrigkeit
Heißt, eingeschrieben sein in seine Hand,
In die durchbohrte, Leid von seinem Leid
Zu sein in dunkler Nacht im fremden Land.
 
Und lebe ich der Liebe Peinigung
Und meiner heißen Leidenschaften Pein,
Ist es auf Erden schon die Reinigung,
Da durch das Kreuz alleine wird man rein.
 
Des Kreuzes Freunde auf der Pilgerschaft
Durch öde Wüsten und das Tal der Tränen,
Sie finden in dem Kreuze Christi Kraft,
Sich nach dem Auferstehungsglück zu sehnen!
 
Wird uns auch Trauer nur und Schmerz zuteil,
Verheißen ist uns Seligkeit und Heil!
 
 
43. Raffael
 
Als Amor er und Psyche malen wollte,
Verlangte er die Liebste in die Nähe,
Denn Psyche konnt er malen nur, die Holde,
Wenn er die vielgeliebte Schöne sähe.
 
Liebschaften lebte er und Leidenschaften
Und brauchte vieler schöner Frauen Nähe,
Die reizend ihre roten Röcke rafften
Wie auch die Venus seiner wilden Ehe.
 
Doch Eine schlug sein Herz in Amors Fessel,
Weil Gott aus ihren Himmelsaugen strahlte,
Die er als die Madonna auf dem Sessel
Und als die himmlische Sixtina malte!
 
Mit sechsunddreißig Jahren Letztes Öl
Empfing er. Bitt für uns, o Raffael!
 
 
44. Edith Stein zur Ästhetik
 
Der Künstler weiß um dieses Seiende,
Das da vorausgeht dem bestimmten Dasein.
Er ist der die Idee Befreiende
Und sie Verwirklichende in dem Nahsein.
 
Der Seele höchstes Ziel, das Gute-Wahre,
Begegnet einem Künstler in dem Schönen.
In Harmonie ist alles Offenbare,
Schönheit weiß durch die Ordnung zu versöhnen.
 
Schönheit gehört der göttlichen Person
Des Wortes oder Weisheit oder Wahrheit,
Schönheit gesammelt ist im Menschensohn,
Der über alle Schöpfung ausgießt Klarheit.
 
Je näher Leib und Seele Gott gehören,
Um desto mehr wird Schönheit uns - betören!
 
 
45. Benediktiner-Pater
 
Du bist der Dornenvogel, der den Schmerz
Gerade aufsucht, um sein Lied zu singen,
Da wird der Dorn der Sehnsucht in das Herz
Als spitzer Splitter deines Kreuzes dringen!
 
Du wirst dich immer nach den Frauen sehnen,
Weil deine Mutter einst dich nicht geliebt.
Dein Los sind unglücklicher Liebe Tränen
Und deine Anima ist dir getrübt.
 
Maria ist ein guter Weg für dich,
Du magst Maria zur Geliebten küren.
Maria selber will dich sicherlich
Zum lieben Gott als deiner Mutter führen.
 
Du bist ein Dichter: die Zerrissenheit
Bring du ins Wort, dem Ewigen Wort geweiht!
 
 
46. Frau Evelin
 
Süßsüdliche Madonna auf dem Sessel,
Die mütterliche Frau - von ihrer Liebe wund
Ich winde mich vor ihrer Haare Fessel,
Schau ihren scharlachnen Madonnenmund!
 
Geheimnisvolle Seele voller Schweigen,
Umschwebt von Traumflor und von sanfter Aura,
Weiß sie Weltinnenräume mir zu zeigen,
Da ist sie Sternenmädchen, Gottes Haura!
 
Sie ist die Pforte zum Mysterium
Des Weiblichen, ist Schoß der Schöpfung, Mutter,
Ist Schlange, Panther, kleine blaue Blum,
Ist Paradies, ist Land von Seim und Butter,
 
Ist Eva und Maria. Und ich seh
Gott lächeln in Frau Evelin beim Tee...
 
 
47. Rilke
 
Da wo die Liebe ist, ist das Gedicht,
Ja, jegliches Gefühl wird uns zu Kunst.
Das ist das Leben und das ist es nicht,
Das ist Gesang allein: ein Wehn im Dunst...
 
Wir sind es, die der großen Liebe Schicksal
Ersehnen, die Erkenntnis tiefer Einheit;
Wir sind es, die der großen Liebe Schicksal
Vermeiden, um der roten Rose Reinheit...
 
Wir, die wie niemand sonst die Frauen loben,
Wir einen nimmer uns den lieben Frauen;
Doch über unsern Frauen wandelt oben
Die Liebe Frau, läßt Gottheit sich erschauen...
 
Wir sind ein reiner Reim im Lebensbuch
Und roter Rose - reiner Widerspruch...
 
 
48. Thomas von Aquin
 
Der Mensch ist nicht allein die Seele in
Des Körpers bösem, fleischlichem Gefängnis,
Der Leib-und-Seele-Einheit gab sich hin
Der fleischgewordne Logos in Bedrängnis.
 
Die Weisheit ist die innewohnende
Idee der Schöpfung, ist des Daseins Sein,
In tausend Möglichkeiten thronende
Erlöserin aus gottvergessner Pein.
 
Was ist die Summe unsrer Gottgedanken?
Was ist die Summe aller unsrer Summen?
Wenn unsre Leiber auf die Lagersanken
Zur Scheidestunde, müssen wir verstummen
 
Und sprechen Einmal noch, mit offnem Lid:
Ist alles Mystik - alles Hohes Lied!...
 
 
49. Poesie und Weisheit
 
Kunst ahmt Natur, Natur ahmt Gottheit nach.
Die Liebe Frau, das göttliche Gedicht,
Gesungen wird vom Herzen, das da brach,
Das lange noch nach seinem Tode spricht.
 
Denn Sie ist Gottes Herrlichkeit und Welt,
Sie ist der Schleier vor dem Gnadenthron.
Der Dichter wirkt am Offenbarungszelt
Geheimnisse durch Können und Vision.
 
Das Wort der Weisheit gibt das Charisma,
Erfahrung gibt die Kunst dem Menschengeist.
So singt der Geist die Schönheit, die er sah,
Das Gottesbild, das Schwester Leben heißt.
 
Er schafft aus der Geliebten Augenstrahlen
Das Kerzenlicht in Sions Kathedralen.
 
 
50. Die Seele
 
Zieh wieder dich zurück aus deinen Sinnen,
Die Erde ist nur Eitelkeit und Spott.
Zieh dich zurück und geh den Weg nach innen,
Im Innersten begegnet dir dein Gott.
 
O Dichter, sprich mit deiner Anima,
Nimm du dein Weibliches im Herzen an,
Denn Ewig-Weibliches ist immer da,
Wenn sich nach heilem Herzen sehnt der Mann.
 
Erkennendes Gemüt sei, Geist der Schauung,
Dann wird die ganze Schöpfung in dir wohnen,
Begehst mit deinem Schöpfer du die Trauung,
Lebst, Seele, du in ewigen Äonen.
 
Was, meine Seele, bist du kümmerlich,
Fehlt deiner Liebesglut das Eben-Ich?
 
 
51. Herz Jesu
 
Wir sahen dich so lang in den Sandalen
Und lauschten deiner Predigt, guter Meister,
Wir konnten alle deine Züge malen
Und waren selbst von deinem Geiste Geister,
 
Und wussten nichts von dir, Mysterium
Der Liebe, wahrer Gott in Fleisch und Blut,
Bis zu uns kam das Evangelium
Von deines wunden Herzens Liebesglut,
 
Von deinem wunden Herzen, vorgestellt
Vom Vater allen Wunden und Durchbohrten,
Denen dein Herz verheißt: entflammte Welt
Von Liebe! - mehr als nur von schönen Worten;
 
Daß wir aus Liebe leiden alle Schmerzen,
Um eins zu werden deinem Gottesherzen!
 
 
52. Die Ewige Frau
 
Die makellose Königin erscheint
Aus ihrer kosmischen Verborgenheit
Vorm einsamen Poeten, welcher weint,
Da ihn nicht liebt die vielgeliebte Maid.
 
Die Königin legt ihre Krone nieder
Und reicht den rosenkranzgeschmückten Arm,
Hüllt in ihr braunes Haar des Dichters Glieder,
Die Lippen zittern ihr mit süßem Charme.
 
Des Dichters Schädel ruht auf ihrem Schoße,
Sie küsst die Stirn mit ihres Mundes Segen.
In manchen Fraun sah er die reine Rose,
Die ihm erblühte auf den Liebeswegen,
 
Und nun, in rotem Rock und Mantel blau,
Erscheint Sie selber ihm, die Ewige Frau!
 
 
53. Die Weisheit
 
Ewige Weisheit, Salomonis Braut,
Hiob und Jesus Sirach sangen deinen Preis,
Sankt Grignion hat dich, o Gott, geschaut,
Der selige Seuse, Herrin, von dir weiß.
 
Den Juden warst du Chockmah, Schechinah,
Chjinesen priesen dich als Mutter Tao,
Auch der Poet der Gita, Geist, dich sah,
Die Mystik des Islam gab deine Schau.
 
Du bist das Wort, der Sinn der Weltgeschichte,
In dir gebar die Gottheit, was geschaffen,
Du inspirierst der Liebenden Gedichte
Und gibst dich in die Hände harter Pfaffen.
 
Ich, siehe, liebe dich wie eine Frau,
In deiner Liebe lebt die Gottesschau.
 
 
54. Sophia Jesus
 
O Weisheit, in Maria Fleisch geworden,
O menschgewordne Weisheit aus Maria,
Ich bet dich an mit liebevollen Worten,
Du Schönheit Gottes, Göttliche Sophia!
 
Dich, Weisheit, nenn ich den Mariensohn,
Maria ist der Schoß der Weisheit, keusch,
Du nahmst in hypostatischer Union
Hinzu zu deiner Göttlichkeit das Fleisch.
 
Laß mich zum Bilde deiner Güte werden,
Dem Bilde deiner Sanftmut, deiner Demut,
Und scheide schließlich ich von dieser Erden
Und schmachte ich nach dir in frommer Wehmut,
 
Dann möge, meine Gottheit, meine Braut,
Unsterblich sein mein Herz dir anvertraut!
 
 
55. Weisheitsleben Jesu
 
Die Weisheit predigte, sie lehrte alle,
Als sie in Jesus auf der Erde weilte,
Rief alle heim in ihrer Gottheit Halle,
Die tröstete, aufrichtete und heilte.
 
Die Leid und Sterben sie mit Blut und Schweiß
Getauft in ihrem bittern Kreuzestorte,
Sie starb den Liebestod zu Gottes Preis
Und schuf des Todes Tor zur Himmelspforte!
 
Nachfolgend Pfaden ihrer Peinigung
Wir gehen zu Glückseligkeiten ein,
Wo Paradies wird sein Vereinigung
Von Mensch und Gottheit, wo im einigen Ein
 
Geheiligte Geschöpfe sich vollenden,
Die Gottheit wird uns ewige Liebe spenden!
 
 
56. Göttliche Weisheit
 
Die Gottheit in der Ewigkeit ist kraft
Der Kraft der Gottheit Gottgebärerin,
Die Gottheit, welche göttlich Gottheit schafft,
Sie schafft im Liebesgeist den Lebenssinn.
 
Aus Gott der Mutter ist ein Gott geboren
In göttlicher Erzeugung in Gott-Seele.
Die Gottheit ist dem Gott im Geist verschworen,
Daß keine Göttlichkeit der Einheit fehle.
 
Der schöpferischen Gottheit Spiegelschein
Ist Göttliche Sophia, ist das Kind,
Die Mittlerin, die führt das All hinein
In Gottes Schoß, befruchtet von dem Wind.
 
(Auch liebende Erkenntnis ist nur Stückwerk,
Poeta theologus schafft nur Flickwerk.)
 
 
57. Idee der Weisheit
 
Einst waren in der Göttlichen Sophia
Alles Geschaffenen Ideen vereint,
Vorzüglich auch das Ideal Maria,
Der Weisheit in der Inkarnation vereint.
 
Geschöpfliche Ideen sind ausgeflossen
In das begrenzte Dasein aus der Wahrheit,
Geworden der Vergänglichkeit Genossen
In fleischgewordener Geschöpfe Narrheit.
 
Die Weisheit ist zur Torheit selbst geworden,
Zur Morgenstunde ward gejagt das Reh,
Sie ließ sich martern und ließ sich ermorden,
Auf daß wir wieder werden zur Idee.
 
Auch ich, ein Ideal aus Fleisch und Blut,
Hab durch Sophia teil am Höchsten Gut!
 
 
58. Innere Weisheit
 
Die Weisheit führt zum Ziele mich von innen,
Die inkarnierte Weisheit lebt in mir,
Ist durch die Gottesseele alles Minnen
In meinem Herzen ausgegossen hier.
 
Im Menschen ist die Weisheit Mensch geworden,
Daß Menschen durch die Weisheit weise werden.
Sie ließ sich von der Torheit gar ermorden,
Auf daß ein Himmelreich entsteh auf Erden.
 
Das Himmelreich ist unter uns, ist innen,
Noch ahnen wir es dunkel nur, verschwommen,
Die Weisheit aber wird den Kampf gewinnen,
Wird zu der Stunde der Vollendung kommen.
 
Dann wird entfacht in uns der Gottesfunken
Von Gott und Alle werden liebestrunken!
 
 
 
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