[Inhalt]

ODEN AN DIE DUNKLE NACHT

von Peter Torstein Schwanke


„Da sprach Salomo:
Der HERR hat gesagt,
Er wolle im Dunkel wohnen.“
(2.Chronik 6,1)


ERSTER TEIL


1

Mein Wäldchen, lichter Buchenhain, dunkler Hain
Von immergrünen Kiefern, verschlungene
Waldwege ziehn durch dein Gewölbe,
Mutter Natur, hier durch deinen Tempel.

Wenn mit den Hündchen täglich die Bürger gehn
Und feierabends läuft das Gesundheitsvolk,
Dann meid ich dich, wenn auch die scheuen
Eichhörnchen flüchten vorm Volk der Bürger.

Doch wenn des Nachts ich kehre zu meinem Haus
Von einem frommen Bibelgespräch, allein
Rabbuni Jesus war das Thema,
Liebender Bräutigam Magdalenas –

Empfängst du schweigend mich in dem Heiligtum,
Der Lebensbäume ehrfurchtgebietendem
Dom der Natur, der alten Mutter,
Da mir die Lüfte wie Liebesboten

Erscheinen, da mir predigt die Stille in
Dem holden Glanze goldenen Abendsterns,
Die Mondin schon im Osten anhebt,
Mystisches Schweigen spricht leis: Maria...

Wie oft ich auch am Tage geirrt, die Welt
Mich narrte mit den Zungen der Narretei,
Geschwätz der Toren, Lärm der Wagen,
Alles bewirkt, daß die Seele kranket –

Begeb ich mich allein in dein heiliges
Geweihtes Therapiezentrum, o Natur,
Seh ich das Liebesspiel der Sonne
Zärtlich in Gipfeln der Kronen tanzen,

Seh ich die Blätter zittern empfindungsvoll,
Wie Bibelseiten raschelnd im Geisteswind,
Beschrieben mit der Schrift der Weisheit
Uralt im Blutbuchen-Buch des Lebens,

Kommt in der Hochzeit mystischen Schweigens mit
Des Himmels Liebesflüstern im Lüftchen mir
Der Frieden über die Vernunft in
Meine verwundete Seele, siehe,

Da spricht der Therapeut meiner Seele sanft
Im Wind, der Hauch, der Heiland, von Ruhe mir,
Von heiligen Beruhigungen
Liebesgeflüster die ewge Weisheit.


2

O Jungfrau, in dem Dunkel der Glaubensnacht,
Da Zweifel meine Seele verzehren, komm,
Zertritt das Haupt der alten Schlange,
Tritt den Verführer dir unter, Jungfrau!

Leg ab das schwarze Trauergewand, o Frau,
Und kleide dich mit Linnen der Heiligkeit
Und deinem gloriosen Golde,
Nimm deine rosigen Perlenschnüre,

Das Muschelkettchen leg an den Schwanenhals,
Den Myrrhebeutel zwischen die Brüste leg,
Den goldnen Ring tu an den Finger,
Der dich den seligen Minnern antraut,

Setz in das schwarze Haar dir das Diadem
Aus lichtem Glanz des siegreichen Morgensterns,
Die Lippen rosig laß erblühen,
Winken die Wimpern der Morgenröte,

Leg deinen bloßen Füßen Sandalen an
Und tanz in den Sandalen den Hochzeitstanz,
O Sulamith von Mahanajim,
Tritt auf das lüsterne Haupt der Schlange!

Vom Monde, Unbefleckte, vom Monde komm,
Im Freudenglanz der herrlichen Sonne komm,
Heerbannerschrecklich wie die Heerschar
Alle Verführungen überwinde!

Die Weisheit hat sich Zion erwählt, ihr Zelt
Steht auf Moria, Jungfrau Jerusalem
Sah Gottes Weisheit, Fleisch geworden,
Jesus, erlösende Weisheit Gottes!

Tu, makelloser Wohnsitz der Weisheit, auf
Die enge Perlenpforte zum Paradies
In deinem Schoße, Jungfrau Mutter,
Meine Erlöserin mit dem Sohne!


3

Judith komme zu mir, komme am Morgen schön
Mit dem langschwarzen Haar und dem Verführungsblick,
Aus dem neunten der Himmel
Tret sie segnend ans Bett zu mir!

Wohl, glorwürdige Frau! das ist der Frauen Art,
Männern, heiß vor Begier, trennen das Haupt vom Rumpf!
Soll ich also schon fallen,
Judith, sei es von deiner Hand!

Tritt der Schlange aufs Haupt, Judith, mit bloßem Fuß,
Die sich giftspritzend schleicht mir an das Herz heran:
Weiber sollen nicht herrschen,
Herrsche, heilige Frau, in mir!

Schau, ich seh deinen Wink, hör meiner Herrin Geist,
Der mir Weisheit verheißt, weist auf Sophia hin,
Mutter sie und Geliebte,
Wenn am Fenster ich spionier

Vor der Wohnung der Frau Weisheit des morgens früh.
Sie ist immer bereit, mich zu empfangen, mir
Offenbarung zu schenken
Ihrer ewigen Göttlichkeit!


4

Komm trösten, Diva Claramontana! komm
Und schau mit melancholischer Augen Glut
Aus dunklem Antlitz in die Seele,
Königin! einsamen Frauenfreundes.

Der Jahre denk ich, da ich geliebt die Frau
Wie nie zuvor, mehr Anbetung wars als Lust,
Und nie zuvor war so sehr herrlich,
Nahezu göttlich ein Mädchen in mir,

War, was an göttlichweiblichen Wesen nur
Die Menschheit je erdachte, war mir zuletzt
Im Leiden Dea Dolorosa,
Schwarze Madonna, und Nacht, die Mutter.

Auf ihrer Stirn geschrieben stand stets das Nein
Zu mir, ihr Wort: Ich liebe dich nicht! Wie Mord
Im Herzen dauert noch das Echo,
Bis in die nächtlichen Liebesträume,

Da ich sie küsse, oder weit öfter noch
Sie mir ablehnend frostig mit Frauenstolz
Das Herz verwundet wie mit Dornen:
Ich trag am Herzen die Dornenkrone!

Komm, schwarze Schönheit, Madre Dolores! komm
Zum einsamen Verehrer, der Schmerzen Frau,
Der Schmerzen Braut, des Schmerzensmannes
Schmerzlich Vermählte im Bett des Kreuzes,

Komm, schau zu mir: Der Schmerzensmann lebt in mir
Mit dorngekränztem heiligem Antlitz fort
Als Archetypus meiner Seele
In dem Martyrium meiner Minne.-

Ich hör die unaufhörliche Botschaft leis
Sich in der Stille bilden, o Königin
Mit deinem schwertdurchbohrten Herzen:
„Liebling! Du leidest? Ich leide mit dir!

Ich stehe vor verschlossenen Herzen oft
Und poche oft vergeblich ans innere
Geheime Tor zur Herzenskammer,
Aber man weigert mir jede Liebe!

Nur du und ich, Geliebter! wir lieben uns!
Wir sind vereinigt tief in dem Schoß der Nacht!
Im Bett der Leiden blüht die Rose,
Werden die Tränen der Liebe Perlen!“


5

Die Taube zeigt mir Jesus, die Jungfrau mir,
Die kleine Blume, welche den kleinen Weg
Der Liebe wies zum Kinde Jesus,
Heiligem Antlitz des holden Buhlen.

Man nannte das Erotomanie, daß sie
Als Jungfrau all ihr Liebesverlangen ganz
Auf ihren Bräutigam im Himmel
Richtete und in der Seele Tiefe,

Das menschliche Verlangen nach Göttlichkeit
Des über alles ewig Geliebten, der
Ein Ideal ist, eine Gottheit,
Seligkeit schenkender Gott der Liebe –

Doch hierin wurden Eros und Religion
Vereinigt in dem menschlichen Seelengrund,
Erlöser wurde Gottes Eros,
Minnerin wurde die Religiöse.

Der Geist gibt mir das Ablaßgebet zur Hand
Der Lieben Frau vom Karmel. Andächtiger
Verehrer Sankt Mariens bin ich,
Die ich im Himmelreich rühm und feire!

Im Karmel riet die Greisin in Weisheit mir,
Die Wanderung des Glaubens zu wandern mit
Der Lieben Frau, zu Ihrem Jesus,
Jungfrauensklave in Ganzhingabe!

Gedenke ich der Liebfraue schwarzem Haar
Und ihrer schwarzen schimmernden Augen Glut
Und ihres schwarzen Trauerkleides,
Ruf ich die Liebfraue: Schwarze Buhlin!

Für mein Gefühl die süße Gefühlin mein,
Der innern Ehe Lieblingin, Liebe Frau,
Die mir gewiesen Herzensweise
Weise als Spiegel der Gottheit Mutter!

6

Nun wandle ich im Wald in der Dunkelheit
Des Lebens labyrinthischen Pfad, wo mir
Erscheint die Mutter der Erlösung –
Ähnlich chinesischer Gnadenmutter –

Und reicht gestillt mich still an das Morgenrot.
Maria ruft nach Bethlehem in den Stall,
Wo still die Kuh mit warmem Odem
Anbetung atmet mit Bruder Esel

Und wärmende Geborgenheit gibt das Stroh,
Wo von dem Haar Mariens verschleiert ruht
Die Gottheit in Gestalt des Kindes.
Weinend verlangt es den Mutterbusen

Mariens und die Zärtlichkeit ihres Blicks,
Der voll Vertrauen, Hingabe, Liebe ist.
Ihr Seelenfunke anschaut in dem
Göttlichen Kinde den Seelenfunken.

Ich murmle: O Maria, Maria! sprech
Marien Mutternamen mit Minne still,
Sprech: O Maria, o Maria,
Ave Maria! den Mutternamen.

Dies murmelt ihre Weisheit, Mariens, mir:
Du, Kindlein, lebst in Mutter Marien Schoß!
Schau, meines reinen Schoßes Frucht, das
Göttliche Kind lebt in deiner Seele!


7

Komm, tröste mich, der heiligen Weisheit Geist,
Mit Gottesworten mystischer Schrift! Ein Lied
Ertönt mir von der Gottesmutter
Machtvoll in weisen Prophetenworten:

Denn eine Löwin bist du, o Mutter, bist
Die Herrscherin im Löwenthron, einen Sohn
Erzogst du, einen starken Löwen,
Mächtig auf Raub geht er, Menschen fressen!

Wohlan denn, meine göttliche Mutter! du
Gibst mir den edlen Löwenstolz, sieh, mein Geist
Ist Priester in der Gottheit Tempel,
Nimmer zu schmähen von Gottvergessnen.

Nun aber sprichst du selber, o Königin
Des Himmels, aus der Sternenwelt mystisches
Trostwort zu meiner trauervollen
Seele vom ewigen Himmelsleben

In deinem Garten, mystische Rose, wo
Du wohnst in einem goldenen Haus von Gott
Mit deinen Lieblingen und Minnern
Unter unsterblichen Kunstgebilden,

In ewiger Natur mit den Seligen,
Und grüßest, Himmelskönigin, liebevoll
Der Gottesweisheit Bräutigame,
Weibliche Liebe der Einen Gottheit!


8

O Mnemosyne! Gott war in Frankreich einst
Am Wunderborn der Immaculata, da
Ich Pilger auf der Hochzeitsreise
Lag in dem Schoße des Hügeltales

Und flehte meine Dame der Minne an
Und sang als Gottes Troubadour zu der Frau
Maria, meiner Sulamithin,
Die mir erschien in der dunklen Höhle,

Als Offenbarung ewiger Schönheit in
Dem Schoß der Nacht, dem mystischen Schoß der Nacht,
Da makellos wie weißer Marmor
Schaute der Heiligsten schönes Antlitz

Und mit dem Mund Madonna Maria süß
Zum Musenpriester goldenen Mundes mich
Geweiht, im Kusse inspirierte,
Ich mich als Mann der Madonna hingab.


9

Du, Jungfrau, schwebtest über dem Baume in
Der Sonne über Portugal, Fatima,
Lucia hörte deine Worte:
Weiht euch dem Herzen, dem unbefleckten

Marienherzen, weiht mir die ganze Welt!
Auch Rußland, in der Revolution der Macht
Erlegen roten Drachens, wird sich
Apokalyptischer Jungfrau weihen! –

Doch nicht das allein das apokalyptische,
Das Magnum Signum, Jungfrau im Sonnenlicht,
Bist du und trittst den roten Drachen
Nieder, endzeitlichen Antichristen;

Auch da, wo sich die Hure von Babylon
Ergibt in der unheiligen Hochzeit dem
Weltgotte Mammon, Heilge, siegst du
Schließlich, du himmlische Tochter Zion,

Du Frau des Lammes, die du in letzter Zeit
Herniederkommst in Glorie einer Braut,
Und die sind mit dem Kreuz bezeichnet,
Sammelst im Herzen, im makellosen.

Denn das verhieß der Heilige einst, daß du
Wirst in den letzten Zeiten Apostel dir
In dem Zönakel deines Herzens
Weise erziehen zu treuen Zeugen.

So sagen heut Propheten, es ist die Zeit
Für die Herabkunft Heiligen Geistes und
Der Liebe Pfingsten, da der Jungfrau
Friedensreich anbricht! Drum sprichst du heute

In Medjugorje: Ich bin die Königin
Des Friedens! Betet, betet und schenkt euch mir,
Denn Jesus will euch große Gnaden
Schenken durch mich, aller Menschen Mutter! –

Auch hör ich, o Maria, du heißest auch
Die Frau der Völker, die du Maria bist,
Maria, nun die Frau der Völker,
Königin bist du der schönen Liebe,

Du bist die Rosa Mystica, die der Papst
Verkünden möge bald als die Schmerzensfrau,
Die Miterlöserin mit Christus,
Jungfrau, gekreuzigt am Mutterherzen!


10

Wie der Heilige sprach, Afrikas großer Sohn,
Lebt der glaubende Mensch tief in Marien Schoß,
Wird im Tode geboren
In wahrhaftige Jenseitswelt.

So erscheint mir mein Haus fast wie ein Bienenkorb
Oder, sag ich, ein Schoß bergender Mutter, die
Wird in schönen Ikonen
Meiner Wohnung gefeiert, da

Schaut die Jungfrau herab, Guadelupes Idol,
Auch Sixtina erscheint, göttliches Kind im Arm,
Die Madonna von China
Zur Madonna mit goldner Frucht

Schaut, die Jungfrau, die liebt zärtlich den Menschensohn,
Kündet göttliches Wort: Niemand liebt Gott als den,
Der Sophia im Beischlaf
Beiwohnt – tief in dem Schoß der Nacht

Zeigt Sophia die Brust, nährt den Poeten an
Dar sich bietender Brust, birgt ihn in ihrem Haar
Auf der fruchtbaren Erde
Unterm Vollmond der Sommernacht.

Und im nachtblauen Kleid, glühenden Flügelkleid,
Wohnt im Zentrum des Alls sie in der Welten Kreis,
In des Zodiaks Zone,
Mutter Nacht, mit dem Schlangenstab.

Wie die Mutter, die Nacht, ist ihre mystische
Gegenwärtige Gunst all um den mystischen
Frommen Sohn und Geliebten
Der Jungfräulichen Mutter. Du,

O Sophia, im Schoß mystischer Nacht den Mann
In Barmherzigkeit du birgst ihn und Gnade, der
Aus dem Schoße geboren,
Sterbend heimkehrt in deinen Schoß.


11

Gott Schöpfer wendet mütterlich sich der Welt
In Weisheit zu: Die Schöpferin aller Welt
Ist meine Meisterin und Mutter,
Herrin des Himmelreichs und der Erde.

Die bin ich, die ich bin – ist ihr Namen. Sie
Gab Offenbarung, weisendes Wort im Geist
Der Weisheit, die die Menschen liebet,
Wird zur Erlöserin aller Menschheit

Als menschgewordne Weisheit in unserm Herrn
Messias Jesus, jungfraugeborenem
Erlöser, Gottes Kraft und Weisheit,
Weisheit, gerechtfertigt durch die Werke,

Die Weisheit, die gerechtfertigt durch die Schar
Der Kinder, den Unmündigen offenbart,
Verkannt von Weisen dieser Welt, die
Torheit des Kreuzes ist Gottes Weisheit!...

Den Auferstandnen nannte Sophia man,
Die lang vor den Äonen vorherbestimmt,
Uns Gloria zu sein und Schönheit
Ewigen Lebens in den Äonen

Der Weltvollendung. – Zeiten der Gnade sind
Von Gottes Weisheit allen bereitet, daß
Die Kinder Gottes unter Führung
Heiligen Geistes im Glauben leben,

Getreu dem Geist der Weisheit, der Wahrheit Geist,
Der in der Braut und Jungfrau Ecclesia
Maria preist als Weisheit, nämlich
Heiligen Geistes Gemahlin ist sie

Und Salomonis Tempel und goldnes Haus
Auf sieben Säulen, Elfenbeinturm und Thron
Der Weisheit und der Weisheit Mutter,
Die sie Frau Weisheit ist gleichgestaltet

Allein aus Gnade göttlicher Weisheit, die
In ihr, der Frau, vergöttlicht das Weibliche,
Die Frau des Geists der Gottesweisheit
Umschuf aus Gnade in Gott zur Göttin! –

So führe uns zum heiligen Hochzeitsfest
Ins Brautgemach der Gottheit Dreifaltigkeit
Frau Weisheit, Mutter schöner Liebe,
Weisheit des Heiligen Geists, Maria!


12

Glücklich wahrlich der Mann, welcher der Weisheit Wort
Meditiert im Gebet. Nämlich ein Lebensbaum
Ist die liebliche Weisheit,
Friedensfürstin der Seele sie!

O du göttliche Frau, Weisheit, du Ewige,
Meine Schöpferin du, Mutter und Meisterin!
Deine, Schöpferin, Schöpfung
Sucht in deinem Gesetz die Ruh

Für die Seele in Not, Heilerin, und das Heil
Und den Schirm und den Schutz: Fittiche breite aus,
Nimm Jerusalems Küken,
Mutter, unter die Fittiche!

Liebestaube von Gott, Felstaube in dem Loch,
Gurre Mutterwort warm, laß mich in deinem Nest
Ruhn, dein Taubenei, Weisheit,
Brüte, Mutter, dein Täubchen aus!

Gottheit, ich dein Geschöpf, ich bin von dir geliebt,
Auserwählt von dem Geist ewiger Weisheit bin
Ich dein Bräutigam, Weisheit,
Gottheit, du meine Schwester Braut!

Meine Freundin, du bleibst allezeit bei mir, du
Weißt den heimlichen Sinn, der mir im Herzen wohnt,
Herzenskennerin, Weisheit,
Wissend alle Geheimnisse,

Die den Seelenkeim sieht, welcher ist unverletzt,
Innewohnendes Licht bist du im Seelenkeim,
Innewohnende Göttin,
Frau Erlöserin, du mein Heil!


13

Wie kam zu mir das Glück? Kam es vom Himmelreich,
Aus dem seelischen Grund, fruchtbarer Träume Welt?
Mit der göttlichen Gnade
Rührte an mich die Lebenslust.

Oft des Leidens gewohnt, war in dem Jubel ich
Unbeholfen, ich war ratlos: Wie freu ich mich
Gottesfürchtig am Leben?
Also frug ich Teresa von

Jesus, Avilas Frau Adlerin, die getanzt,
Kastagnetten gespielt abends im Karneval;
Und die heiligen Schriften
Wiesen mich auf den Heiland hin,

Der Gefangne befreit, Blindeste führt ans Licht.
So auf Straßen den Weg führte der Geist des Herrn,
Alma Mater, du locktest
In die Bibliothek den Sohn.

Die ist schwarz, aber schön – in der Historie
Ist jungfräuliche Braut Heiligen Geistes, der
Gottheit Ruach ha kadosch,
Als das weibliche Angesicht

Gottes: Mutter ist Gott, grundloser Urgrund, Schoß
Alles Lebens, ist Frau Weisheit, sich Schenkende,
Ist die Heilige Geistkraft –
Weiblichgöttlich in Unsrer Frau.

Also tanz ich im Glück selig des Nachts im All
Auf der Erde, der Frucht, tanz die Äonen durch,
Gottes Uterus inne,
Sophianischer Seligkeit!



ZWEITER TEIL


1

Morgens träumt prophetischen Traum der Träumer,
Also träumt ich Zeiten, da heimgegangen
Mein geliebter heiliger Papst Johannes
Paulus der Zweite.

Und ich kniete vorn an der Kirchenpforte,
Eine Volksgemeinde versammelt drinnen,
Sang ich charismatischen Lobpreis für den
Heiligen Vater,

Der des Papstes Nachfolger wird im Amte.
Sieh, da kam mir wandelnd entgegen, leuchtend
In dem weißen Linnen, der Sohn Mariens,
Pius der Zwölfte.


2

Wo sind die Frauen Gottes, die heiligen
Einwohnungen Sophias, die seligen
Begeisterten in Tänzen
Geistlicher Brautschaft mit Gottes Geiste?

Wo Magdalena, Mechthild, Therese, wo
Die Gleichnisse der Jungfrau Maria, wo
Die weisen Jungfraun Jesu Christi,
Welche allein sind der Schönheit Ruhm wert!


3

Nachts denke ich an Tirza Baptista, die
Von engelgleicher Reinheit und Anmut war
Und im Martyrium des Heimgangs
Mir die Verehrung der Jungfrau schenkte.

Du warst des Lobes würdig, der Jungfrau gleich
In deiner gottergebnen Jungfräulichkeit,
Im supernaturalen Glauben,
Schwester der Christen, so früh vollendet!

Um deinetwillen pries ich die Lilie
In ihrer unbefleckten Jungfräulichkeit
Als Schwester der Geschwister Christi,
Heilige in dem vertrauten Himmel!

Von Ihr, die aller Lilien Lilie,
Ist mir gekommen Ahnung, wie makellos
Jungfräulich ist die Eine Gottheit –
Dreimal du singst ihr dein Heilig! Tirza.


4

Großmutter, paradiesische Rose rot,
Du bist der Gottesmutter Symbol dem Kind,
Du bist die mütterliche Liebe
Ewiger Gottheit, die meine Mutter!

Geliebte Schwester Jungfrau, du Lilje weiß,
Du strahlst in unbeflecktestem Himmelsglanz,
Bild immerjugendlicher Jungfrau,
Gleichnis Sophias, geliebter Gottheit!


5

O wie schön, du Lilien-Jungfrau, ist es,
In der Morgenröte zu ruhn am Busen
Deiner reinen Liebe, du Makellose,
Liebe voll Wonne!

Draußen die alltägliche Mühsal wartet,
In der Welt die schmutzige breite Straße,
Da aufreißt der gottlose Drache seinen
Stinkenden Rachen!


6

Nur was ich liebe, ist mir ein Sakrament,
Die Vielgeliebte war mir ein Sakrament
Der Gottheit, nun sind liebe Kinder
Göttlichen Kindes Realsymbole.


7

Fröhlich sind sie, die fromm steigen den Berg hinan
Auf den Wegen des Lichts, heiligem Vater nach,
So als ging es dem Mai, Feuer der Liebe zu
Und dem künftigen Freudenreich!

Ich allein bin so dumm, einsam und elend bin
Ich der törichste Mensch, mitten in dichter Nacht
In Spiralen hinab zieht mich die Traurigkeit,
Doch ich liebe die Mutter Gott!


8

Wie schön der jesuitische Dichter singt
In Liebe, Jakob Balde, der als Poet
Maria singt, die Jungfrau Mutter,
Himmlische Muse und reine Göttin!

Wohl, unbefleckte Göttin, ich preise auch
Dir Dante, deinen Dichterpapst, der verheißt:
Wer sterbend ruft Mariä Namen,
Selig gelangt in die Paradiese!


9

Zehn Jahre ist es her, da ich sterben wollt,
Und hab seit jener Mitternacht manchen Kelch
Mit giftgem Schierlingstrank geleeret,
Sterbender, ohne zu sterben! Leben

War eines Wiedergängers gespenstisches
Nachtschattendasein, halb in dem Himmelreich,
Halb schmerzreich in dem Fegefeuer,
Das ich auf Erden zu leiden habe!

Ich sterbe! Aber, Jesus, wann sterbe ich,
Auf daß ich nicht mehr sterbe, und leben darf?
Ich schrei nur deinen Namen, Jesus,
Gott, o mein Gott, mich verdrießt zu leben!


10

Manche nennen dich Licht, Frau in der Sonne,
Nennen Morgenrot dich, Mutter der Sonne,
Manche nennen dich Mond, Spiegel der Sonne,
Nennen Morgenstern dich, Botin der Sonne.

Ich nenn, Mutter, dich Nacht, Schwarze Madonna,
In dem nachtschwarzen Haar, nachtschwarzer Augen,
In der Mitternacht nur, dunkelste Mutter,
Als das einzige Licht schimmern die Tränen!


11

Sie singen alle freudig vom Morgenrot
Und nennen dich die Frau in der Sonne Kleid –
Du bist die Sonne, ich der Vollmond,
Mein ist die Mitternacht und das Dunkel!

Ich sehn mich nach der mystischen Nacht allein
Und schwermutsvoll zur Schwarzen Madonna nur
Und geh als Mond in mütterlichen
Nächten allein, denn mein Gott ist dunkel!


12

Wenn ich traure voll Leid, tief in der Mitternacht,
Weint die Schwarze Madonna auch,
Weh mir, über dein Leid, Liebfrau, ich weinen muß,
Wie du über mein Leiden weinst!

Einmal werden des Leids Tränen mir weggeküsst,
Wenn ich Tränen der Freude wein,
Dank ich weinenden Danks einzig der seligen
Lacrimosa die Seligkeit!


13

Seid umschlungen, feirende Millionen,
Jauchz und juble, Menschheit, zum großen Gotte,
In dem Meer der Kerzen wie Sterne in der
Nacht euch vereinigt!

Mich laßt einsam! Eine allein begehr ich
Heimlichtrauter Zweisamkeit: Sankt Maria
In der Liebsten, oder im lieben Kinde
Göttlichen Jesus!


14

Als ich junger Wissender war, besaß
Die Wahrheit ich als Eigentum, felsenfest,
Das Evangelium besaß ich
Und die dogmatische Kirchenlehre.

Nun werd ich alt, nun such ich die Weisheit, doch
Was gibt die Weisheit? Ahnungen nur allein,
Die wie der Hauche Hauch erscheinen
Und sich verflüchtgen in Nacht und Dunkel.


15

Mir erscheint Odysseus ein Seelengleichnis,
Als er einsam mitten im Meereswüten
In der Nacht den Schleier fand Leucotheas,
Die ihn gerettet.

Nacht ist, o Maria, so undurchdringlich,
Satte schwarze Finsternis um die Seele!
Sende du mir, Meeresstern, deines Blickes
Funken der Liebe!


16

Frug Maria ich still, einsam im Kämmerlein:
Welchen Weg soll ich gehn? Rief sie ins Gotteshaus,
Und in Seligkeit brach das
Marianische Reich schon an,

Und als heiliges Wort gab sie zur Antwort mir:
Totus tuus! – Ganz dein bin ich, Maria, dein!
Fraue! Du bist auch mein, die
Totus tuus, o Toto! spricht.


17

Komm in meine Einsamkeit, o Maria,
Fern der Hirten, fern auch der hübschen Nymphen,
Such mich auf in schweigsamer Zelle in der
Nacht der Vermählung,

Da sich meine Seele entblöße gänzlich
Deinem reinen hingebungsvollen Herzen,
Deiner Minne Hingabe senkt mich in die
Gottheit, die bloße!


18

Gott! So gewaltig, mächtig, geheimnisvoll,
Ein Abgrund aller Wundergeheimnisse,
Vernunft und Weisheit übersteigend,
Gott, überwältigend und entgrenzend,

Oh, leg mich in die Arme Mariens und
Vertrau mich ihrem Schleier des schwarzen Haars
Und laß mit Küssen meines Mundes
Küssen Maria mit trunknen Küssen!


19

Ich, Amen, bin ein Monotheist, denn Gott
Ist einzig meine Eine Geliebte, die
Nicht duldet andre an der Seite,
Einzig und einig anbetungswürdig

Ist meine Gottheit, aber Mysterium,
Ist unausforschlich, dunkler noch als die Nacht,
Und nie hob wer die sieben Schleier
Meiner Geliebten, der bloßen Gottheit!

Die unergründlich einige Gottheit ist
Gemäß den Offenbarungen Liebe nur,
Drum ich vermähl mich dem Geheimnis,
Schenk mein Vertrauen der Gottheit Liebe!


20

Ich glaube die lebendige Gottheit, Sie
Ist Liebe! Die Vereinigung in der Nacht
Geschieht in Einsamkeit der Seele
Unter dem Antlitz der Namenlosen.

Ich habe nichts als Innigkeit, nur das Herz
Und meine Gottheit, welche die Liebe ist!
Ich nackt und nackt der Liebe Gottheit –
Eins in erotischer Nacht der Liebe!



DRITTER TEIL


1

Auf der Terrasse allein, da die Petunien dürsten,
Da die Birke ihr Laub wirft in den Garten, das Gold,
Nach den langen Gesprächen bei dem spanischen Weine
Und der Philosophie Rede von himmlischer Frau,
Saß ich in der erholsamen Mitternacht einsam beim Weine
Und besinnlichem Rauch, sah in das Dunkel hinein.
O wie groß ist die Nacht, so weiblich, geheimnisvoll, trostreich,
Dunkles Gleichnis für Gott, der im Geheimnis der Nacht
Als in dem mütterlichen Mysterium ewigen Schoßes
Sich geheimnisvoll birgt. Siehe, da dünkte mir so,
Daß Maria erschien, die Pforte des Himmels, die Dame,
Die von dem Karmel kam, Gottes Mysterienfrau,
Kam im goldenen Glanz von offener Pforte des Himmels,
Stand vor mir in der Nacht, Mutter, All-Königin, Geist.
Und ich sank auf mein Antlitz vor Madonna Maria,
Sprach: O heilige Frau, wenn ich die Nacht so beschau,
Will es mir scheinen, daß meine Seele, o schwarze Madonna,
Ist vereint mit der Nacht und in dem Dunkel mit Gott,
Und ich erkenne, ich bin allein lebendig gewesen
In Momenten der Zeit, da mir der Ewigkeit Geist
Gab Erfahrung des Eins-Seins mit Gott, so einzig das Eins-Sein
Mit dem Einigen Ein, Gott, ist lebendiges Sein!


2

Als ich mich einsam fühlte, verleugnet von Menschen,
Fuhr auf geflügeltem Rad ich durch die schweigende Stadt
Und beschaute die Jungfrau von Guadelupe in der Seele.
Über dem Friedhof erschien, sommerlich sonniges Licht
Umgeworfen als Mantel, droben die himmlische Dame.
Und in einer Vision sah ich, der Mandorla gleich,
Mandelförmiger Mandorla gleich aus rosigem Glühen,
Heiliger Mutter Schoß, heilig und makellos rein,
Und im Schoße der göttlichen Mutter erschien mir Messias
In der Mandorla, Licht, schneeweiß sein reines Gewand,
Stand er, wie im reinen Schoß, in der Pforte des Himmels
Mit dem heiligen Kreuz – Schau! schon im Schoß ist das Kreuz!


3

Wie ich gedürstet nach der Geliebten, Leidenschaft röhrte
Nach erquickendem Trank lauterer Quelle der Frau!
Wie ich, wie Nacht und Mondschein, wie Windhauch und Spiegel des Weihers,
Sehnte mit finsterem Licht nach der Vereinigung mich!
Oh wie mich dürstet nach dem Sakramente des Weibes,
Der jungfräulichen Milch kommuniziertem Getränk
Als dem Weine der Weisheit, eins mit dem Wasser der Einsicht,
Wie ich hungrig verschmacht, Bettler, nach süßestem Fleisch
Der Geliebten, die ist Verkörperung glorreichster Gottheit,
Nach dem mystischen Leib ewiger Weisheit verschmacht
Ich, ein Minner im römisch-patriarchalischen Kultus,
Will, daß Gott mir als Frau hingibt den weiblichen Leib!


4

Nicht mehr will ich mich sehnen nach dem lieblosen Liebchen,
Die nicht wollte mein Lied hören, der Huldigung Lied.
Irgendeine wunderschöne, doch grausame Göttin
Wohnt in ihrer Gestalt, oder der Pantherin gleich
Spielte sie interessiert mit ihrem verwundeten Opfer! –
Aber ich wende den Blick, schau zur jungfräulichen Magd
Gottes und sehe die Gottesmutter in himmlischer Wohnung
Lächeln zu meinem Lied, voll von der Grazie Huld.
Und die heilige Harfe, zu der sie das Magnificat singt,
Rauscht meine Oden nun schön, eins mit dem sphärischen Ton,
Und die Stimme des Fiat singt meine Oden der Gottheit –
Und ich sehe im Tanz, frei vor der Lade des Herrn,
Den Messias tanzen ekstatisch zu meinen Gesängen!...
So singt der Singschwan im Tod strahlender Schwanin Marie!


5

Nicht der Erde vermag ich zu trauen, befiel mich die Angst doch,
Daß die Erde der Bahn irr in das Chaos entstürzt!
Göttliche Mutter, du allein bist der ewige Felsen,
Bist das Fundament, darauf der Gläubige baut,
Die du hältst die Erde wie einen Reichsapfel, Mutter,
In bewahrender Hand, die du in Weisheit bestimmst
Anfang und Ziel der Schöpfung und alle die Wandlungen, Weisheit,
Mit der Vorsehung führst, göttliche Liebe, die du
Aus der finsteren Hölle der nackten Angst und des Ekels
Vorm abscheulichen Pfühl mich durch die Jungfrau erlöst,
Mich durch die Unbefleckte erlöst, die gekreuzigt am Herzen,
Miterlöserin ist, die mit der Weisheit am Kreuz
Mich vom Tode erlöst und nun in der einsamsten Stunde
Ist als mystische Braut mir an die Seite gestellt,
Fleisch von meinem Fleisch, die Schönste der Töchter der Menschen,
Die mir in ewiger Huld Gott meine Mutter geschenkt!


6

Wie kann ich weise werden? fragte einmal ein Schüler
Sokrates, der ihn gepackt, ihn unter Wasser getaucht,
Daß er rang um sein Leben und flehte einzig um Atem,
Bis ihn Sokrates hob: Wie du um Atem gefleht,
Dürste nach Weisheit, und du wirst die Weisheit erlangen! –
Darum dürst ich, dem Hirsch gleich, der nach Quellwasser brüllt,
Nach dem lebendigen Sakramente der Ewigen Weisheit,
Nach dem lebendigen Gott, der in der Weisheit erscheint.
Sie aber spricht, die Weisheit, mit heiligem Worte:
Wie ein lieblicher Kuß seien die Weisungen dir!
Daß du liebst, die dich hassen, daß du haßt, die dich lieben,
Ist dein Unglück, mein Freund. Aber beginnst du Gebet,
So verkündige ich dir mit dem Worte des Engels:
Du bist von Gott geliebt, Liebhaber Gottes, geliebt!


7

Ewig Seiende, wahre Lebendige, einzig all-eine
Allgottheit Jahwe! Urgrund, Ungrund, Schoß du der Gottheit,
Erste, Schöpferin du der Schöpfungen allen,
Immanent den Schöpfungen, transzendierst du die Schöpfung,
Allumfassende, alleserfüllende göttliche Mutter,
Die du aus Liebe geschaffen hast, überfließender Liebe,
Heißest die schöne Liebe, die allbarmherzige Liebe!
Du bist der Urgrund der Weisheit, heiliger Göttin Sophia,
Die ergossen in Ewigkeit, Alpha und Omega, Mitte
Deines göttlichen Herzens, die da liebhat das Leben,
Weil das Leben in ihr erschaffen, sie selbst ist das Leben,
Ursprung des Lebens und Vollendung, ewiges Leben,
Urbild alles Lebendigen, lautere Quelle der Schönheit,
Inbegriff der vollkommenen Wahrheit und Gutheit und Schönheit,
Höchstes Gut, ergossen in alles Lebendige! Inne-
Wohnende Göttin der Weisheit, in innewohnender Ruach
Alles Lebendige wird beseelt, von dem Geiste der Gottheit,
Alles entflammt von der Inspiration der göttlichen Schönheit,
Alles geläutert, gereinigt, verewigt vom heiligen Feuer
Allerseligster Liebe, die die Herrin der Herzen
Ist und der Zeiten Trösterin mit der Ewigkeit Tröstung,
Herrin, lebendige Liebesflamme, geistige Mutter,
Trösterin, Führerin, Lehrerin, Heilerin, Odem der Weisheit,
Hauch der schönen Liebe, die vergeistigt die Schöpfung
Durch die Künstlerin Weisheit heimgibt der schöpfrischen Liebe –
Ruhm, Anbetung und Weisheit Dir, der dreifaltigen Göttin!


8

Eine Frau, die still bedenkt die Worte der Lippen
Und sanftmütigen Geists spricht was dem Frieden dient, die
Ist zu loben, vom Schöpfer ist ihre Schönheit und Anmut,
Herzerfreuend dem Mann, daß es ihm prächtig ergeht,
Will sie ihm wohl und wendet sie sich als Spiegel der Tugend
Ihm in Liebe zu, freundlicher Gnade und Huld. –
Aber Vollkommenheiten, Ideen und Tugenden sammeln
Alle im Tempel sich hinter verschlossenem Tor,
Hinter verschlossener Pforte in dem Osten des Tempels,
Das ist die Jungfrau, allein Gott als der ewige Fürst
Teilte den Vorhang und schloß ihn hinter seinem Hindurchgang;
Dir aber sei das Tor Pforte des Herzens zum Heil!
Heil aber will dir spenden, o Mann, die ewige Weisheit,
Die als das höchste Gut reich ist an Gutem und reich
An der Erkenntnis Schätzen, Schönheit, heiligen Worten,
Die erfüllen dein Haus, wenn du der Weisheit dich weihst.
Wenn du der Weisheit dich weihst, dann singe als Sänger im Tempel
Vor dem heiligen Schrein, welcher geborgen das Wort,
Auserlesen aus vielen, allein von der Gottheit begnadet,
Nachts oft einsam allein, einzig der Gottheit vertraut,
Die dir kein anderes Erbe erteilt als den Lobgesang, keine
Frau dir vertraut, denn der Herr ist dir wie Mutter und Braut!


9

Ich erlaube dir keine Weltflucht in sphärische Himmel
Schöner Einsamkeit. Zwar geb ich Zeit dir und Zeit
Zum Gebet des Herzens, zum betrachtenden Beten
Und zum Studium auch heiliger Schriften. Gebet
Sei dir die Quelle der Kraft, Empfängnis der Liebe der Gottheit.
Aber, Philosoph, suchst du Alleinsein, Poet,
Um dich selbst zu genießen im Wohlempfinden der Weltflucht,
Ist deine Einsamkeit Einsamkeit ohne das Herz
Gottes. Nämlich der Gläubige soll ein Licht in der Welt sein,
Salz, das salzt in der Welt Speise, die fade sonst wär.
Trinke die Gottheit an der Quelle der Kraft und der Weisheit,
Aber geh in die Welt, Jesu Apostel, und zeig
Unfrommen Frauen und ungetauften Kindern die Liebe
Gottes. Sei wie das Lamm, Demut und Sanftmut sei dein.
Denn auch das Licht kam in die Finsternis, aber die Nacht hat
Nicht begriffen das Licht, aber der Christus am Kreuz
Starb aus Liebe zur Welt. So will die Mutter Maria,
Daß du ihr reines Herz trägst in die sündige Welt.
Ruhe wird später genug geschenkt, die ewige Ruhe –
Hier ist das Apostolat göttlicher Liebe dein Dienst!


10

Feindschaft zwischen der Schlange und den Söhnen der Schlange
Mit der heiligen Frau und mit den Kindern der Frau!
Siehe, die Frau ist Siegerin mit den Waffen der Schönheit,
Sie hat sich selbst nicht geschont, sondern den Bösen besiegt
Und ihm das Haupt zertreten mit dem schneeweißen Fuße,
Darum segnet sie auch Gottes erkorenes Volk.
Sie, die gesalbte Königin im verschlossenen Garten,
Bittet den König und Herrn zu sich ins Gartengefild,
Wo sie ihm heiligen Wein anbietet und schmelzende Speise,
Ihn zu bitten fürs Volk, welches auf Erden verbannt,
In den Gefahren der Welt dem Volk ward der Königin Hilfe.
Also baut ihr der Sohn, Königinmutter, den Thron,
Daß sie fleht für die Brüder des Königs um Liebe und Hochzeit.
Auch erscheint sie sehr schön oben auf heiligem Berg,
Evangelistin mit schönen Füßen, verkündet sie Frieden,
Tochter Zion, und spricht: Jahwe ist König und Gott!


11

Gott hat dir meine Seele gegeben, göttlicher Christus,
Nun bin ich völlig dein! Du aber wohnest in mir,
In dir aber ist gegenwärtig die Fülle der Gottheit.
Innerer Christus, o Geist du meiner Innerlichkeit,
Nicht von dieser Welt ist dein Reich, die Welt ist im Argen,
Ganz inwendig dein Reich, König des Herzens, und schön
Und voll Glorie. Aber ich leb in der Welt, ob ich gern auch
Flüchten möcht aus der Welt, immerdar bei dir zu sein.
Aber du sendest mich in die Welt. Bewahr mich vorm Bösen,
Vor dem höllischen Feind, Ich-Sucht und närrischer Welt,
Vielmehr heilige mich im Worte wahrhaftiger Weisheit,
Daß ich Licht in der Welt bin in der Nachfolge dein!


12

Wenn ich dir Leiden schicke, Mitternächte der Seele,
Sei beharrlich, vertrau du auf die Liebe allein
Und verzweifle nicht, denn nie bin ich grausam und böse,
Sondern ewiges Heil schenkt meine Güte und Huld.
Siehe, selbst wenn du mußt durch die Hölle der Angst und des Ekels,
Schau auf mein Angesicht, denk an Gethsemane nur,
An die Trübsal zum Tode und die Todesangst Christi,
So erlöst du der Welt Seelen gemeinsam mit mir.
Denn das weißt du: Größer als den Herrn zu betrachten,
Ist zu leiden am Kreuz, Leidender, eins mit dem Herrn.
Trage geduldig dein Kreuz und denk an die Mütter und Kinder,
Die du inbrünstig liebst, trage dein Kreuz für ihr Heil,
Geh durch die Hölle aus Liebe zu den verlorenen Seelen,
Das ist mehr als ein Kuß, das heißt zu leiden für Gott!
Nun, wohlan denn, erhebe dein Haupt, denn Christus ist in dir,
Schenk den Kindern der Welt Liebe, wie Christus sie liebt!


13

Wohl der Ratgeber spricht: Schau an den Bräutigam Jesus,
Seine Liebe ist Wein, köstlicher selbst als der Wein,
Schau auf die Jungfrau Maria und geh zur Vereinigung Jesu,
Den du im Innern empfängst, wie seine Mutter im Schoß. –
Ach, ich seufze einsam allein im nächtlichen Dunkel,
Da ich schwermütig Wein trinke, den heiligen Trost:
Nicht den bacchantischen Christus schlürf ich mit Lippen der Seele,
Sondern ein Weinstock ist mir meine Königin, sie
Ist die rebenschwangere Freundin mit Brüsten wie Trauben!
Ja, zur sterblichen Frau hab ich gebetet mit Durst,
War in Liebe versunken, als hätt ich vom Blute getrunken
Der Geliebten in Gott, siehe, das weibliche Fleisch
Und das weibliche Blut sei mein eucharistisches Hochfest,
Daß ich im mystischen Weg find die erotische Spur,
Denn wenn ich darf nicht in der Geliebten die Gottheit umarmen,
Sei mir Geliebte Gott – mystisch-erotische Braut!


14

Schau ich im Geiste des Glaubens auf zum Heiligen Antlitz
Christi, des Schmerzensmanns, seh ich mein inneres Selbst,
Seh ich den einsamen Christus in der Kultur des Todes,
Wohl, doch bet ich zum ihm, lösen die Qualen sich nicht,
Wird mir kein Friede, hör ich keine göttliche Stimme,
Bleib ich unerlöst, ach, vom Erlöser, dem Herrn. –
Aber schau ich zur schönen Ikone der Herrin Sophia,
Aller Schönheit Idee, Tugend, Vollkommenheit, Gold,
Bet ich zur Schöpferin, Löserin, Trösterin, ruf ich Sophia,
Mutter und Meisterin, göttliche Mutter und Braut,
Lösen die Qualen sich auf und findet Frieden die Seele,
Denn meine Seele erspürt meine Erlöserin, Sie!


15

Nur ein Gerücht vernahm ich von deinem Namen, Sophia,
Bis ich hinunterstieg tief in das nächtliche Reich
Uralter Mütter, und Mütter allein nicht, Mütter allein nicht,
Und als erotische Braut ahnte die Gottheit im All,
Da mir Beginn und Mitte und Ziel des geschöpflichen Kosmos
War der Gottheit Schoß, den ich begehrt, aber mehr,
Siehe, in dem ich geschwommen bin als selig Erlöster.
Wahrlich, aufgetaucht bin ich bereicherten Sinns,
Und die Offenbarung schien mir Wahrheit im Geiste
(Nicht dem Buchstaben nach) und da erkannte ich dich,
O Sophia, nicht nur den philosophischen Namen –
Wahre Gottheit! Person! Göttliche Mutter und Braut!


16

Gott, mein Gott, erbarme dich, arm bin ich, einsam und elend,
Meine Einsame wirft flehend sich nieder vorm Thron
In den Staub vor der göttlichen Majestät in der Höhe:
Jahwe, o Mutter, o Gott, ewige Mutter, o Gott,
O gekrönte Mutter, laß leuchten dein Antlitz, o Gottheit,
Schöne Liebe, gieß Frieden der Einsamen ein!
Komm und säusle mir Tröstungen zu, o Trösterin Ruach,
In mein verbittertes Herz gieße die Süßigkeit ein,
Heil die Verwundungen, Ruach, mit deiner Salbung Balsamen,
Sprich, o heiliger Geist, Geistmutter, Worte des Heils!
Laß mich anschauen deine Glorie, Christo-Sophia,
Heerscharenführerin himmlischer Ordnungen, Herr,
Himmlischer Harmonieen Alpha und Omega, Centrum,
Gipfel, vollkommener Kreis, leuchtende Säule und Gold,
Göttliche Süße, in deiner Fleischwerdung mystisch Geliebte,
Komm, vergöttliche mich, Christo-Sophia in Gott!


17

Nun also Nacht! und Nacht um Nacht das dichtere Dunkel,
Nun im Leben den Tod, Weisheit, das Sterben der Nacht!
Ohne Kraft mehr der Leib, in Angst verschmachtet die Seele,
Aber im grundlosen Fall fall ich in Gottmutters Hand!


18

Söhnlein, und bist du kraftlos und verschmachtest vor Schwäche,
Will ich dich bergen, mein Kind, an der barmherzigen Brust,
Brechendes Herzens, und will dich tragen wie eine Amme,
Sei nur getrost, mein Lieb, liebt dich die Mutter doch, Gott!


19

O Sophia, Jungfrau Geliebte, im friedlichen Morgen
Voll der Grazie Huld spendest Glückseligkeit du
Meiner Seele im mystischen Garten voll musischer Rosen,
Wo nicht die Schönheit quält – wo deine Liebe erquickt!


20

Blaue Abenddämmerung senkt den himmlischen Frieden
Auf die Krone des Baums, welcher bei Bethlehem steht,
Dort ruht die heilige Jungfrau, und manch ein Wanderer grüßt sie
Als das freundliche Licht menschlicher Ruhe in Gott.


21

Meiner unsterblichen Seele mystische Mutter Maria
Trägt in der Nacht mich im Schoß, wird mich gebären ins Licht.
Meines Lebens göttliche Schöpferin, Göttin Sophia,
Lädt in dem Heimgang mich ein, Hochzeit zu feiern mit Ihr!


22

Wohl, die Weisheit spricht: Es ist die Sehnsucht der Schwermut
Nach dem Troste der Nacht und nach der Mütter Gefild,
Heim in der Mutter Schoß! Ich rufe also die Weisheit:
Gib in der Nacht auch Licht, nämlich der Geist gleicht dem Mond!


23

Stürzte die Erde in kosmischer Katastrophe ins Chaos,
Saugte ins schwarze Loch Antimaterie mich,
Bliebe unsterblich die Seele. Wie aber ewiges Leben?
Bloße Gottheit mit mir in der Vereinigung Bett!


24

Du, Sophia, Schöpferin, Herrscherin aller Äonen,
Du gibst dich körperlich hin mir in der Eucharistie. –
Flüstert die Stimme der ewig Geliebten, der Göttin Sophia,
Innen in mir wie Hauch: Liebhaber, nun sind wir eins!

[Inhalt]

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