[Inhalt]

Peter Torstein Schwanke
 
ODEN
 
(1991-2002)
 
„Rinn unterdes, o Leben. Sie kommt gewiß
Die Stunde, die uns nach der Zypresse ruft!
Ihr andern, seid der schwermutvollen
Liebe geweiht! und umwölkt und dunkel!“
(Klopstock)
 
„Denn sie, die uns das himmlische Feuer leihn,
Die Götter schenken heiliges Leid uns auch,
Drum bleibe dies. Ein Sohn der Erde
Schein’ ich; zu lieben gemacht, zu leiden.“
(Hölderlin)
 
 
 
I. TOCHTER ZION
 
ELEGIE
(für Paula Grensemann, heimgegangen am 21.1.1993)
 
1
 
Gott, der die Welt erschaffen, der Herr über Himmel und Erde,
Durch den Einen Menschen schuf Er das Menschengeschlecht,
Daß sie Ihn suchen sollten, ob sie Ihn finden und fühlen:
Mitten unter uns ist, Meister und Friedefürst, Gott!
Denn in Ihm alleine leben und weben und sind wir:
Alle in Einem vereint: Alles in Allem ist Gott!
Er gebietet aber nun dem Menschengeschlechte:
An der Welt Enden tut - nah ist das Himmelreich - Buß!
Er hat einen Tag bestimmt, da will Er richten den Erdkreis
Durch einen Menschen, den Er dazu bestimmt hat. Wir stehn
Fest auf dem Felsen Seines uns gebotenen Glaubens:
Er hat vom Tod, vom Tod Seinen Geliebten erweckt!
 
Heute hört ichs. Wir können uns freun, daß die Seele erlöst ist.
Du fragtest: Ist er da? Ist er das wohl, der da singt?
Und du dachtest: Er hat mich ja am Heiligen Abend
Mit dem heiligen Kuß - Liebe sei alles - geküsst.
Bringe mir die Botschaft von der Auferstehung der Toten!
Warst du der Stern, bei dem Pol, den ich am Himmel gesehn?
Jetzt war dein Namenstag der Tag deiner Grablegung. Christus!
Sieh, im Lampion Licht... Aber du, Leben, du lebst!
Dessen sei gewiß: Wer im Glauben an Jesus entschlafen,
Wird zu Jesus geführt, drum hat der Tod keine Macht.
Möge Gott dich mit Seiner heißen Liebe durchströmen,
Gebe Er dir die Frucht von Seinem lebendigen Baum!
 
Unser Herr erweise an euch Barmherzigkeit, wie ihr
Taten den Toten und tatet den Lebenden auch.
Unser Herr erweise an euch Barmherzigkeit, daß ihr
Findet eure Ruh einst in der heiligen Stadt.
Wo du stirbstm da sterbe ich auch, da sei ich begraben.
Christus, Dein Volk ist mein Volk, Dein Gott ist meiner!
Liebe, geschehe Dein Wille! Nicht der Tod soll uns scheiden.
Wo ist dein Stachel, Tod? Du bist verschlungen vom Sieg!
Gehe nicht auf einen anderen Acker als Meinen,
Gehe nicht fort von Mir, spricht zu der Seele der Herr.
Laß mich ruhn zu Deinen Füßen, lieber Erlöser,
Gehe doch ein zu mir, küsse mich, ich hab Dich lieb!
 
Du warst im Traum bei mir, ich dachte des Morgens, noch träumend:
Hagebutten, wie schön! fein blüht ein grünlicher Wall,
Zarten Blattes sind weiße und rote Blüten wie Kelche,
Wohlgeruch duftend, voll von goldenen Samen die Frucht.
Ich hab geweint viel Tränen. Aber du lebst ja, du lebst ja!
Rascheln des Laubes im Wind, hinter der Schulter, bist du's?
Ja, ich denke, du bists. Ich hab begeistert gerufen:
Heilig, heilig bist Du, heiliger, heiliger Herr!
So durchtönte im Leid mich Jubel seraphischer Engel.
Christus wurde erweckt! Lazarus wurde erweckt!
 
Draußen bei dir im Garten steht ein Falterbaum, um die
Blüten, die lila blühn, lobsingt der Schmetterlingschor.
Da erkenn ich besonders den roten Schmetterling mit dem
Blauen Augenpaar auf seine Flügel getupft.
Nicht anfassen dürfe man jene, sonst streife man ihre
Feine Farbe ab, oh, sei sie schimmernd bewahrt.
Das ist die Art wohl, wie einkommt ein himmlischer Bote
In des Mädchens Bereich, so ist es lieblich und heil.
Schön zu schauen ists, wenn im Frühlingslichte die Falter
Leis umschweben den Baum, wo sich die Sonne ergießt,
Wo Gewölke von Duft vorüberschweben den Sinnen,
Wo das erstaunte Ohr Anbetung Gottes vernimmt.
 
Sei getreu bis zum Tod, und Ich geb dir die Krone des Lebens!
Wer überwindet, dem geb Ich von dem Lebensbaum Speis!
Wer überwindet, dem geb Ich von dem verborgenen Manna
Und einen weißen Stein, und auf dem weißen Stein
Ist ein neuer Name geschrieben, den kennt, wer empfängt ihn!
Wer überwindet und hält bis ans Ende Mein Werk,
Dem geb ich Macht über Heiden, Ich will ihm den Morgenstern geben!
Wer überwindet, dem geb Ich ein linnenes Kleid!
Wer überwindet, den will Ich schaffen zum Pfeiler im Tempel
Meines Gottes, der Stadt, die vom Himmel her kommt!
Wer überwindet, dem geb Ich, mit Mir auf dem Throne zu sitzen,
Wie auch Ich Mich gesetzt auf Meines Vaters Thron hab!
 
Ist es so, daß Gott seine Stimme verborgen im Wetter?
Weil die Stimme uns sonst nicht zu ertragende wär?
Die wir schon vom Blick eines Engels beinah vergehen?
Doch wer hörte je tönen die Stimme von Gott?
Stürme wehen ums Haus, das ist wie Flötenspiel, Stürme
Branden um das Haus, dröhnen ins bange Gefühl.
Bäume rauschen im Wind, das ist wie rauschende Meere,
Wind umrauscht mir das Haupt, tönt durch den ängstlichen Sinn.
Hab keine Angst, meine Seele! Es sei eine englische Stimme.
Zeichen und Wunder wird, was sie bespricht an Natur.
Von der wahren Sonne der Liebe, die war am Anfang,
Nacht wird erleuchtet. Ich soll die Erweckung verstehn.
 
Heute ists mir aufgegangen. Das war wie eine Erstehung
In dem inneren Sinn. Heiligtum, du bist nun frei,
Wandelst in Schönheit über den Wolken in heimlichem Lichte.
Stille Seligkeit! Hab ich dich eben geahnt?
Abgestreift hast du eben alle unsre törichten Krücken,
Du hast die Reinheit jetzt, dich mit dem Himmel ergänzt.
Schon hast du aufgetan die lichten Augen des Herzens.
Meere von Wonne sind dein! Du gehst durchs himmlische Tor!
O, im Reiche des Meisters ist immerwährender Friede!
Hier ist der Abglanz davon, der ist ein wahrer Genuß.
Später sehen wirs alle: der Schöpfer lebt im Geschöpfe,
Im gesegneten Leib wohnte der göttliche Geist.
 
Ich fiel auf die Knie, auf mein Angesicht nieder,
Und ich betete an, rief mit dem flammenden Herz:
Herr und Gott! O, laß mich sein Dein würdiger Diener,
Leit mich auf Deinem Weg, bleibe fürs Leben bei mir.
O, allmächtiger Gott! Auf Dein Wort hin entstanden die Welten.
Und Du wurdest ein Mensch, unter uns, heiliger Gott!
O, allgnädiger Gott! Du bist wahr und gut und gedenkst mein.
O, mit der liebsten Stimm' riefst Du den Stein zu Dir her.
Gott von Ewigkeit, bist Du mir als der Menschensohn nahe,
Nimm mich fest an die Hand, daß ich das Himmelreich find.
Jesus! Du bist schön und süß und der Eine Geliebte!
Christus! Du lieber Herr! Paula nimm Du in Dein Reich!
 
2
 
Einst eine Fürstin, nun eine Witwe, Jerusalem. Siehe,
Ob es einen Schmerz gibt, wie den meinen, ich wein,
Tränen laufen mir aus den Augen die Wangen hinunter,
Doch die Tröstung ist fern. Ich bet das Trauergebet.
Ach, daß man an den Alten keine Barmherzigkeit übte,
Priester ehrte man nicht, ehrte den Feiertag nicht.
Ach, es sitzen die Jünglinge bei dem Saitenspiel nimmer,
Und es sitzen die Ältesten nimmer im Tor.
Unser Ende kam, unser Ende ist nun gekommen,
Unsere Tage sind aus. Das ist das Ende der Zeit.
Aber Du, Gott, bring uns zurück zu Dir, daß wir wieder
Heimkommen, daß wir dann dort immerdar wandeln im Geist!
 
Wir sind nicht trunken, sondern Gott hat den Geist ausgegossen,
Auch der Weissagung Geist ist eine Gabe von Gott.
Wundersam sollen eure Jünglinge sehen Gesichte,
Manch prophetischen Traum haben die Alten geträumt.
Auf des lebenden Gottes angenommene Kinder
Soll zu jener Zeit heiß sich ergießen der Geist.
Wunder geschehen zu jenen Tagen oben am Himmel,
Zeichen auf Erden, Blut, Feuer und Nebelgewölk.
Wer den Namen Gottes anruft, der wird gerettet
Vor der verzehrenden Glut, über das Feuer hinaus.
Wer im Geist des Erlösers bleibt und wirkt bis zum Ende,
Wird auf immerdar liebliche Seligkeit sehn.
 
Ostmals hat mich als Kind begeistert dein glänzender Spiegel,
Das war ein Spiegel mit spieglichten Flügeln begabt,
Die konnten zugefaltet sein, daß der Spiegel verborgen,
Aufgefaltet wars ein spieglichtes Triptychon da.
Und wenn die Flügelspiegel den Spiegel spiegelten wieder,
War man mehrfach darin, stand man vervielfältigt da,
Stand sich selbst im Rücken und sah sich ins eigene Antlitz.
Und man entging sich nicht, wundersam kam man hinein.
Ach, ist mit menschlichem Herze im Kristalle das Kommen,
Im sich spiegelnden Raum, linnenen Saumes zu sehn?
Lieblichkeit und Barmherzigkeit wird mir folgen zum Ende,
Dort im himmlischen Haus werde ich immerdar sein.
 
Heute hört ichs. Wir können uns freun, daß die Seele erlöst ist.
Du fragtest: Ist er da? Ist er das wohl, der da singt?
Und du dachtest: Er hat mich ja am Morgen des Abschieds
Noch gehalten im Arm, sah schon im Traum meinen Tod.
Bringst du mir die Botschaft von der Auferstehung der Toten?
Nimm dies an. Wer im Glauben an den Messias entschlafen,
Wird zu Jesus geführt, immerdar himmlisch zu sein.
Möge Gott dich immer mit lieblicher Liebe durchströmen,
Gebe der liebe Gott Frucht dir vom lebenden Baum.
Jesus! Du bist schön und süß und ihr Einer Geliebter!
Christus! Du lieber Herr! Paula nimm Du in Dein Reich!
 
 
JAKOB
 
Gott, gib den himmlischen Geist mir! Von Beerscheba Jakob
Machte sich auf den Weg nach Haran, kam an die Stätte,
Wo er blieb über Nacht, da war die Sonne untergegangen.
Er nahm einen Stein und legte sein Haupt auf den Stein hin.
Siehe, da sah er im Traum eine Leiter auf Erden
Stehn, die leuchtend hinastieg, die reichten oben zum Himmel.
Auf der Lichtleiter stiegen auf und nieder die Engel.
Aber oben erschienen ist Gott und sprach so zu Jakob:
Worauf du ruhest, dies will Ich dir und den deinen zueignen;
Dein Geschlecht soll zahlreich werden wie Staub auf der Erde,
Sand am Meere, du wirst dich breiten von Westen gen Osten;
Durch dich werden die Menschenkinder gesegnet auf Erden;
Siehe, Jakob, Ich mit mit dir und will dich behüten,
Wo du hinziehst, und will dich wieder heimführen schließlich;
Denn Ich gehe nicht von dir, bis Ich alles erfülle,
Wundersam alles tu, sowie Ich dir zugesagt habe.
Als nun Jakob von seinem Schlaf erwachte, da sprach er:
Dort ist Gottes Haus, und dort ist die Pforte des Himmels!
Jakob stand früh am Morgen auf und nahm jenen Stein, den
Er zu seinem Haupte gelegt, und richtetet jenen
Stein auf zu einem Steinmal und goß Öl oben drüber.
 
Jakob hieß dieselbe Stelle: Gotteshaus: Beth-El.
Vorher aber ward Lus geheißen die heilige Stätte.
Jakob tat ein Gelübde und sprach so: Wird mit mir Gott sein
Und mich wohl behüten auf meinem Weg, de ich gehe,
Und mir Brot zu Speise geben und Tücher zu Kleidung
Und mich in Frieden wieder heim zum Vaterland bringen,
So soll der Herr mein Gott sein! Das aufgerichtete, jenes
Aufgerichtete Steinmal soll ein Gotteshaus werden.
 
Da machte Jakob sich auf den Weg und ging in das Umland,
Das im Morgen liegt, und sah, und sieh, da war eine
Quelle. Siehe, drei Herden Schafe lagen dabei, denn
Von der Quelle pflegten sie die Herden zu tränken,
Und ein schwerer Stein lag auf der Quelle, zu sammeln
Pflegten sie dort die Herden und den Stein von der Quelle
Abzuheben, um dort die Herden Schafe zu tränken,
Daraufhin taten sie bei der Quelle wieder den Stein vor.
Siehe, da kam Rahel mit den Schafen geschritten,
Jakob sprach: Es ist noch hoher Tag, ist die Zeit nicht,
Einzutreiben das Vieh, so tränkt und weidet die Schafe.
Doch die Hirten der Schafe sprachen: Wir können es nimmer,
Erst wenn schließlich unsere Herden zusammengebracht sind
Und wir zusammen den schweren Stein von der Quelle zur Seite
Schieben, die Schafe zu tränken. Jakob sprach noch mit ihnen,
Da kam die schöne Rahel herbei mit den Herden der Schafe,
Denn sie hütete täglich die Schafe. Jakob sah Rahel,
Trat hinzu und schob den Stein von der Quelle zur Seite,
Tränkte die Schafe. Jakob winkte Rahel und weinte...
Rahel ging hin. In der Mittagsstunde sah Jakob die Schönste.
 
Rahel ging hin und sagte es ihrem Vater, als aber
Der es vernommen, da lief er heiter Jakob entgegen.
Jakob hatte Rahel liebgewonnen. Er sprach so: Ich will dir
Sieben Jahre dienen. Ihr Vater sprach: Besser, ich gebe
Dir sie, als einem Fremden; bleibe bei mir. Und so diente
Jakob um Rahel sieben Jahre. So liebgewonnen hat Jakob Rahel!
Dann ging Jakob zu Rahel ein in inniger Liebe.
Gott gedachte Rahel, erhörte sie, da wurde sie schwanger,
Und sie gebar ein Kind und ward froh und schimmerte milde.
 
 
DAVID
 
Gott, Du erweist die Gnade dem Gesalbten,
Stärk mich, sende aus Zion mir die Hilfe,
Führe mich hinauf zur strömenden Quelle,
Du bist mir trostreich.
 
O, weil du liebtest, hat dich Gott gesalbt, mit
Öl, wie niemanden deinesgleichen, lieblich
In den Elfenbeinpalästen erfreu dich
Saitenspiel, Schöne.
 
Myrrhe sind deine Kleider, lauter Myrrhe,
Sieh, im goldenen Schmuck die Königstochter
Stillen Geistes, schöne Jungfrau, geiert mit
Bernstein vom Meere.
 
Wisse, du Tochter, hold dein Ohr mir neige,
Denk nicht mehr an dein Volk und Haus der Heimat,
Sanft der König hat Verlangen nach deiner
Himmlischen Reinheit.
 
Tyrus und Sidon kommen mit Geschenken
Zu der perlengeschmückten Königstochter.
Schwebend ziehn sie ein mit Jubelschall in die
Zimmer der Liebsten.
 
Siehe, vom Zion kommt die Morgenröte,
Ihre Glorie kommt vom Berge Zion,
Die du gibst von Milch und Honig dem Erben,
Der ich so schmachte!
 
 
WEISHEIT SALOMOS
 
Kyrius Christe! Laß mich dienen der heiligen Weisheit,
Laß mich der Heiligen voller Wonne ein Heiligtum bauen,
Siehe, die Weisheit ist ein Geist voll Liebe zum Menschen!
Von dem Geiste des Herrn ist erfüllt der unendliche Erdkreis,
Der das All umfasst und herzt, weiß von jeglichem Worte.
Gott hat den Menschen zu einem unvergänglichen Leben geschaffen
Und zum Abbild seines eigenen göttlichen Wesens.
Stark sei die Hoffnung, daß ein frommes Leben belohnt wird
Und die Ehre dem tadellosen Menschen gegeben.
Die Gerechten zur Zeit ihrer Heimsuchung werden
Aufleuchten und wie Funken überm Stoppelfeld steigen!
Die Gerechten werden leben in Ewigkeit, denn der
Herr ist selber ihr Lohn, und der Höchste wird für sie sorgen.
Darum werden sie einst das Reich der Herrlichkeit von dem
Herrn des Lebens und eine schöne Krone erhalten.
Wer das Heilige heilig hält, wird werden geheiligt.
Sie ist für wahr ein unerschöpflicher Schatz für die Menschen,
Die sie erwarben, erhielten die Freundschaft des heiligen Gottes.
Sie ist ein Hauch der göttlichen Kraft, die heilige Weisheit,
Und ein reiner Strahl der lichten Herrlichkeit Gottes,
Des Allmächtigen! Sie ist ein Abglanz des ewigen Lichtes,
Reiner Spiegel des göttlichen Wirkens, Bild seiner Schönheit.
Gott, o Herr des Erbarmens! ich bitte Dich: Gib mir die Weisheit!
Sende sie von dem Thron Deiner Herrlichkeit, daß sie mir ratend
Stehe zur Seite, daß ich Dein Wohlgefallen erkenne.
Sie wird mich bei meinem Werk mit Besonnenheit leiten
Und mich behüten zu Deiner Herrlichkeit, glaub ich.
 
 
LIEBE SALOMOS
 
Küsse mich mit dem Kusse deines Mundes,
Deine Liebe ist lieblicher, als Wein ist,
Seh ich deine Taubenaugen, so bin ich
Trunken von Liebe!
 
Wohlgeruch sind mir deine Salben, eine
Ausgeschüttete Salbe ist dein Name,
Du bist zwischen meinen Brüsten ein Bündel
Duftende Myrrhe.
 
O, Tochter Zion, zu dem Myrrheberge
Wollt ich wallen, zum Weihrauchhügel wollt ich.
Du bist schön wie die süften Düfte vom Hermon,
Sulamith, Liebste!
 
Tu mir auf, meine Reine, meine Eine,
Meine Taube, o Rose ohne Dornen.
Denn mein Haupt ist voller Nachttropfen, meine
Haare voll Nachttau.
 
Fließende Myrrhe troffen deine Hände,
Und mein Innersten wallte dir entgegen.
Ach, ich liege in den Haaren gefangen,
Seele der Sehnsucht.
 
Unter dem Haupte liegt mir deine Linke,
Und wie sanft tut mir deine Rechte! Tu mich
Wie ein Siegel auf dein Herz! Mein Quelle
Strömt in dein Innres.
 
 
JESUS UND MARIA MAGDALENA
 
Jesus, von Bethlehem, Messias Gottes,
War dereinst in Bethanien im Hause
Eines Mannes namens Simon, und mitIihm
Waren die Jünger.
 
Da trat Maria voller Schönheit zu Ihm,
Ein Glas kostbares Salböl in den Händen,
Goß es auf das Haupt dem einen geliebten
Sohne der Gottheit.
 
Der sprach: Maria tat an Mir ein Gutes,
Da sie Salböl auf Meinen Leib gegossen,
Wahrlich, dieses tat sie nach der Bestimmung,
Für Mein Begräbnis.
 
Drei Tage später ist Maria mit zwei
Fraun zum Grab des Verschiedenen gegangen,
Hatten bei sich köstlich duftende Öle,
Um Ihn zu salben.
 
Da war der schwere Stein vom Grab gehoben,
Wo ein schimmernder Engel saß, der sagte:
Ihr sucht den Messias, Er ist nicht hier, Er
Ist auferstanden!
 
Der Messias erschien Maria, sie ging
Und verkündete seine Auferstehung
Den Aposteln, die da weinten. Sie sprach: Der
Herr ist erstanden!
 
 
JUNGFRAU ISRAEL
 
Israel! wie lieblich sind deine Brüste,
Ähnlich dem Gebirge Baschan die Brüste,
Wo einst Magdalena ihr Höhlenleben
Wie der schönen Himmlischen eine wohl in
Einsamkeit lebte.
 
Und dein Schoß ist himmlisch in Bethlehem, ist
Dort in einer "Zuflucht" geheißnen Krippe,
Wo im Licht des Bethlehemsterns geboren
Hat die Jungfrau meinen Messias, Heiland,
Jesus, den Christus!
 
Wie der See Genezareth ist dein Auge,
Wo Messias über die Wasser wie ein
Weißer Schleier wandelte und die Winde
Stillte und beruhigte Wellen, welche
Glühten im Morgen.
 
Aber wie dein anderes Auge schimmert,
Ists das Wasser Semachonitis, wo die
Flüsse fließen, Ströme der Tränen; aber
Erst die Leidenstränen, dann Freudentränen,
O bei Gischala!
 
Deine süßen Lippen des Mundes sind wie
Nazareth, wo einst an dem Tisch geredet
Mit Maria himmlisch ihr Sohn von Kana,
Wo in Wein das Wasser gewandelt hatte
Christ Nazarenus!
 
An die Füße spült dir das Salzmeer oder
Tote Meer, da ist an den Ufersäumen
Eine Palmenstättem Tamar geheißen,
Wo die hohen Palmbäume sind bei dutzend
Quellen des Wassers.
 
Aber von dem Haupte die Haare fließen
An der Seite hin wie im Morgen Wellen
Von dem Galiläischen Meer, wo einstmals
Von den Fischen der Messias den Felsen
Petrus berufen.
 
Deine weichen rötlichen Wangen sind wie
Jene Burg im Aufgang der Sonne mit der
Nase elfenbeinernem Turm der Zinne
Auf dem festen steinernen Wall der Stätte
Schöner Magdala.
 
Aber deine fragenden Brauen sind wie
Betsaida. War dies der Ort nicht von dem
Petrus und der leidenden Schwiegermutter,
An dem See Genezareth schön gelegen,
Wie auch der Boote?
 
Deine Ohren sind mit den lichten Locken
Wie die Städte Tyrus und Sidon, die zum
Mittelmeer hin offen sind, und wo oftmals
Feingewoben purpurnes Tuch geworden,
Harfen ertönten.
 
Deine eine Hand ist, wie Nächstenliebe,
Holde auf Samarien, wo der Brunnen
Jakobs ist. Dem Menschensohn schöpfte Wasser
Eine Samariterin, und der Juden
König sprach Danke.
 
Aber deine andere Hand ist, Liebe
Gottes, bei Judäa gelassen ruhend.
Da ist Myrrhe, lauterste Myrrhe, deine
Hand sehr sanft entgegengekommen einer
Seele im Tore.
 
Hebron ist dein Knie, deine Schulter Karmel,
So hast du gebetet, die Last getragen.
So hast du zu Abba gefleht im Ölhain,
Warest wie im Schlaf, und dann gingest du zu
Deinem Karfreitag!
 
Deine Lenden gürtetest du mit goldnem
Gürtel einst bei Dor an dem Mittelmeere.
Aber deine lange Nabelschnur ist die Schlange
Messingfarbnen Jordans, wo seine Taufe
Jesus empfangen!
 
O, die Maid Jerusalem ist dein Kreuz, ist
Wie das Mark des Menschensohns, wie die Seele
Des Messias, Christus der Liebe, Jesus!
Sieh, da ruht ein Steinchen von Zion in der
Göttlichen Liebe!
 
 
VOM NACHTIGALLENBERG
 
1
 
Zu dem Berge der Nachtigallen trage der Genius
Meine Seele, geschwind hinan zu Ephesos' Felsen.
Da ist das Haus der Mutter Jesu, der Kreuzweg zum Grabe,
Da Maria neun Jahre gelebt, gestorben, begraben!
Darum ist jetzt ein großes Fest auf dem heiligen Berge,
Allezeit singen die Mädchen: Gegrüßet seist du, Maria!
Tanzen der Reigen auf dem Berge der Mutter Maria,
Weitere wallen zu Zimbeln den schmalen Eselspfad aufwärts,
Streichen die Schwanenlyra bei dem Taufbecken leise,
Welches mit Wasser gefüllt in den Schoß der Erde gelassen.
Da ist die letzte Wohnstatt der seligen Mutter Maria,
Mutter Jesu! Da ist eine bescheidene Hütte,
Die ist von schattenspendenden hohen Platanen umgeben.
Innen ists frischer Dämmer. Durch der Vorhalle Pforte
Ist ein Weg in den dämmernden Raum, auf dem Eckstein gegründet.
Feingewirktes Linnen, Scharlach, blauer und roter
Purpur, dies verhüllt das Geheimnis, Teppiche schweigen.
Kerzen auf Leuchtern mit Kelchen wie Mandelblüten erhellen
Dieses Gebäude wie Dämmerung kommenden Tages!
O wie berührt die Seele am Berg zur Taufe die Quelle!
Wie die Schafe gekommen zu immerwährendem Leben,
Wandelten Seelen vorüber und sangen die Psalmen der Lilie:
Grüße der Auserwählten, erhabener Schwester und Herrin!
O du bescheidenes Haus, in dem Maria gestorben,
Wie bist du lieblich, wo der Hain Ortygia dämmert.
Da wird geschehn die leibliche Auferstehung Mariens,
Die dann die Himmelfahrt antritt an dem Tage des Himmels,
Wo das Sternbild der Jungfrau niedergefallen zur Erde.
Sei dies Segen den gläubigen Seelen, den lieblichen Schwestern.
 
2
 
Jetzt mit den Genius Hilfe in Makedoniens Kavala,
Sing ich die Hafenstätte Neapolis. Da sind die Fischer,
Die an dem Tage getaucht ins Meer die einfachen Netze,
Jetzt an der Mole die Fische bieten; da gibts auch des Landes
Früchte, die goldene Quitte und die rote Granate,
Violette Trauben und die grüngewellten Salate.
Dort am bevölkerten Hafen Neapolis' endete einst die
Via Egnatia, die Philippi durchquerende Straße.
Paulus und Silas und Timotheus kamen vorzeiten
Nach Philippi, der Stadt. Da lernten sie Lydia kennen,
Eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira,
Der in Lydien gelegenen Stadt der Weber und Färber,
Nahe der persischen Königsstraße von Susa nach Sardes.
Da ward Purpur bereitet und geschickt in die Ferne;
Mehr wert als Gold war das Rot der Purpurschnecke mit Honig;
Purpur zu tragen war aber vorbehalten dem Kaiser.
Wohl geschickt war Lydia, die nach Philippi gekommen,
Um in der römischen Militärkolonie zu eröffnen
Ihren Purpurhandel zur vollen Blüte. Im Hafen
Von Neapolis war sie gesiedelt, da war die Straße
Als Verbindung von der Ägäis zur Adria günstig,
Wodurch Byzanz und Roma enger zusammengerückt sind.
Da ging Lydia auch zum Theater am Ausgang des Ortes,
Sie besah den Faustina- und Antonia-Tempel,
Auch das heidnische Heiligtum Bendis', thrakischer Göttin,
Und besah sich einmal ein dionysisches Festspiel.
Aber die stadtbekannte Persönlichkeit Lydia hatte
Auch Geschäfte zu tun nach Persien und nach Ägypten,
Gallien und Britannien, bis zur erhabenen Roma,
Auch zu den Inseln und den anderen Mittelmeerländern.
Um sie waren Schiffsbauer, Schafzüchter, Färber,
Weberinnen und Pflückerinnen der weißlichen Wolle.
Aber als Paulus kam zur gottesfürchtigen Schönen,
Öffnete Gott ihr das Herz, so daß sie aufmerksam lauschte.
Als sie und alle aus ihrem Haus die Taufe empfangen,
Sagte Lydia: Wenn ihr gewiß seid, daß ich nun innig
Glaube an Jesus Christus, kommt in mein Haus, da zu wohnen.
Und sie drängte herzlich Timotheus, Silas und Paulus.
Gerne nahmen die jüdischen Wanderprediger ihre
Gastliche Freundschaft in Anspruch und blieben in Lydias Wohnung.
Manchesmal wandelten sie zusammen zum Flusse Gagitas,
Wo sie und andere Frauen heimlich beteten: Gott! Mensch!
Gib die Erkenntnis, die den Verstand übersteigt (wie Maria
Magdalena gesagt, die Vielgeliebte des Christus).
Manchesmal saßen sie einmütig in dem Innenhof ihres
Hauses. Da gingen aber verleumderische Gerüchte,
Daß sie zusammenkämen im Haus zu Orgienfeiern.
Da ging die Rede: Sie trinken Blut aus geweihten Gefäßen
Und verspeisen den Leib ihres Gottes, der selber es wollte
Hingeben ihnen, der Er sich selber opferte ihnen!
Da saßen Paulus, Silas und Lydia aber in Eintracht
Lang zusammen auf seidenen Kissen und sprachen vom Glauben,
Gingen umher im Garten am Haus, besprachen die Hoffnung,
Einmütig waren sie da zusammen in geistlicher Liebe.
Aber Paulus und Silas wurden des Tags auf der Straße
Überfallen, anschließend wegen Unruhestiftung
Hinter Schloß und Riegel gebracht. Da brachen die Mauern
Von dem gesandten Erdbeben, und der vulkanische Grundstein
Tat das Tor des Gefängnisses auf. Zu Lydia kamen
Paulus und Silas. Die Thyatirerin gab ihnen Briefe
Mit an die griechischen Freundinnen, mit nach Thessaloniki.
Später schrieb Paulus: Es ist nur recht, daß ich liebevoll denke,
Denn ich habe euch in mein Herz geschlossen. Gott weiß es,
Wie ich mich nach euch sehne mit der herzlichsten Liebe,
Wie auch Jesus, der Christus und Heilige Gottes, zu euch hat!
Alle Heiligen grüßen euch; die aus dem Hause des Kaisers.
Lydia grüßt, die kaiserliche Hoflieferantin,
Die mir so manches Mal von ihren Gaben gesandt hat.
Mir fehlt jetzt nichst mehr, seit ich vom Herz des Epaphroditus
Eure herzlichen Gaben empfangen der geistlichen Liebe!
 
3
 
Doch da gab es nicht nur die Purpurhändlerin, sondern
Auch Evodia und Syntyche, christliche Schwestern,
Die dort mit Stratonike und Klemens und andern Geschwistern
(Und mit der Magd mit dem Wahrsagegeist) die Gemeinde gebildet.
Paulus schrieb über Evodia und Syntyche: Die Namen
Stehen im Buch des Lebens! der er zugleich sie ermahnte:
Einmütig seid zusammen, und euer gemeinsames Beten
Soll nicht behindert werden. Es waren die Männer und Frauen
Eins in der Liebe Gottes, im Gebet an den Wassern
Goldnen Flusses Gagitas, an den Felsen Hilippis.
Da war der treue Gefährte Szyzygos, da war Syntyche,
Und Evodia ging mit der Purpurhändlerin manchmal.
Onias hatte mit Jason auch die Worte gewechselt,
Welche Demosthenes vor dreihundert Jahren geredet:
Dirnen dienen zur Lust und Konkubinen zur Pflege
Unsres Körpers, die Gattin als Gebärerin einer
Nachkommenschaft und treue Hüterin sittlichen Hauses.
Aber Syntyche sprach zu Evodia einst diese Worte:
Hörten wie jüngst nicht von den Geschehen in Thessaloniki,
Wo die Männer die Frauen sich untereinander gewechselt?
Meinten sie etwa, dazu hätte befreit sie der Christus?
Haben wir Freiheit doch, aber nicht zum Mantel der Bosheit!
Daraufhin redete sanft Evodia folgende Worte:
Haben Maria und Junia denn die Freudige Botschaft
Ganz vergeblich gepredigt? Wir sind doch Eines in Christus,
Ob wir nun Mann oder Frau sind, ist Eines, ob Grieche, ob Jude.
 
4
 
Jetzt will ich wieder nach Ephesos auf den Schwingen des Geistes
Eilen, wo an der Marmorstraße Priska gewandelt,
Die sich erfreute am Lied der Lerche am dämmernden Himmel.
Sie ging gemessenen Schrittes vorüber der Untren Agora,
An der Bibliothek vorüber, den Weg der Kureten.
Dann begab sie sich flugs zum Nachtigallberge, von wo sie
Weithin sah, die Stadt und das Land und das wogende Meer sah.
Sie gedachte der Heimat am Schwarzen Meere, in Pontus,
An die blühenden Tabakfelder, die Nüsse und Kirschen,
An die Weinberge, Ölbaumhaine, den flammenden Dornbusch,
An das Blöken der Schafe, an die friedlichen Pferde,
An das Elternhaus und an die mütterliche Gemeinde.
Da vernahm sie als Kind, was in den mosaischen Schriften
Aufgezeichnet, im Psalter, in Weisheitslehre, Propheten.
Später hatte sie sich verlobt mit dem Jüngling Aquila,
Der war benannt nach dem Adler, jenem König des Äthers;
Der auch als goldener Adler mit ausgebreiteten Flügeln,
Blitzbündel in den Krallen, den römischen Heeren voranflog.
Bald nach der Hochzeit hatten die beiden Pontus verlassen,
Um in Italien glücklich zu sein. Sie schlossen in Rom sich
Gläubigen Sinnes an der Synagogengemeinde.
Kaiser Claudius hatte im neunten Jahr der Regierung
Gegen die Juden ein Edikt erlassen, so daß sie
Wieder nach Griechenland übersiedelten, wo in dem Hafen
Von Korinth sie vorübergehend Unterkunft fanden.
Da kamen sie auch bald in die kleine Christengemeinde.
Chloe und ihre Leute, Fortunatas und Silas,
Stephanas, Achaikus, Timotheus, Paulus der Jünger,
Sowie andere Männer und Frauen zählten zum Leibe.
Phoebe kam, Diakonin im korinthischen Hafen,
Schließlich dazu und wurde Priskas Vertraute und Freundin.
Drei Tage blieb Pricilla in Ephesos mit dem Vertrauten,
Bis sie nach Rom aufbrachen. Am letzten griechischen Tage
Ging sie den schmalen Treppengang zwischen Hauszeilen wieder
Von dem Nachtigallberge hinunter. Zerbrochene Säulen,
Die herabgefallenen Marmorsimse, die Trümmer
Der zerstörten Prachtbauten rührten sie schwer an der Seele.
Sie ging die Kuretenstraße, blieb einen Augenblick vor dem
Weihestein des Hermes stehen, des Sohnes der Maja,
Ging dann weiter bis zu den Ruinen des Hadriantempels
Mit dem Amazonenfries, sie schalt die Diana,
Und sie sang so: Größer ist Gott als die Göttinnen alle!
 
5
 
Wolken umhüllten die Berge, weiße Schleier im Nebel
Hingen in grünliche Täler, und es troffen die Himmel.
Da war Laodikeia gelegen, die ruhmvolle Stätte,
Viel gerühmt für die Hahnenkämpfe. Da mußte ich weinen.
Da war am Haus der Weinstock zum dritten Stockwerk gewachsen,
Überwölbte die Balustrade in luftiger Höhe.
Aber im Jahre, da der Apostel Petrus gekreuzigt,
Wurde Laodikeia durch ein Beben vernichtet,
Später wieder erbaut in neuer herrlicher Schönheit.
Nahe Laodikeia lag die phrygische Siedlung
Der Kolosser, denen Paulus brieflich gepredigt:
Wir vernahmen von eurem Glauben an Jesus, den Christus,
Und von der Liebe, die ihr zu allen Heiligen heget.
Auch bei euch trägt das Wort des Evangeliums Früchte,
Seid ihr vernommen habt den Ruf der göttlichen Gnade.
In Kolossae und Laodikeia lebten zwei Mädchen:
Nympha die eine, wahrlich an Schönheit gleich einer Nymphe,
Appia hieß die andere, eine glühende Christin.
Alle Geschwister in Laodikeia empfingen die Grüße,
Nympha und die Gemeinde in ihrer geheiligten Hütte.
Appia war die Vertraute Philemons und die Mutter
Des Archipuus. Nympha war eines griechischen Mannes
Anvertraute, der nicht zur Christengemeinde gehörte.
Von Kolossae begab sich Appia jetzt mit dem Briefe
Richtung Laodikeia, Nympha das Schriftstück zu bringen.
Da war das Flüsschen Lykos geschwollen von Regen,
Aber sie ritt am Ufer entlang auf fliegendem Pferde,
Konnte es kaum erwarten, Nympha das Schriftstück zu geben.
Kaum hatte sie das Anwesen ihrer Freundin erreicht und
Einer hellenischen Magd den nassen Umhang gegeben,
Zog sie schon den Brief aus der Tasche und reichte ihn Nympha:
Wisset, ihr Lieben, ich hab einen schweren Kampf zu bestehen,
Der ich in Asien jüngst in solche Bedrängnis geraten,
Daß ich zu sterben mich sehnte! Ein Gewinn ist mir Sterben.
An Eunike und Lois in Lystra hab ich geschrieben:
Anständig mögen sich kleiden die Frauen; nicht goldene Flechten,
Perlen und kostbare Tücher seien ihr Schmuck, sondern die im
Innern verborgene Seele tue die Werke der Gnade.
 
6
 
Nahe dem Wasser Kopru, am Rand zimtfarbener Berge
Ist die lykaonische Stätte Lystra gelegen,
Da die Christinnen Lois und Eunike zuhause.
Nah war die Via Sebaste, die Königsstraße, an der sich
Derbe und Ikonion fanden. In Lystra nun lebten
Sowohl die lykaonischen Ureinwohner als Bauern,
Als auch die Griechen als besitzende obere Klasse.
Aber die Juden, wie sonst auch in der Diaspora, wahrten
Ihren Glauben und führten danach ihr gesetzliches Leben.
Kelten sind da, Germanen, Teutonen, die tragen viel Waffen,
Roms Beamte leben mit ihren Familien friedlich
In den Häusern, bedient von afrikanischen Sklaven
Und arabischen Sklavinnen orientalischer Schönheit.
Opfer brachten die Lykaonier viel ihrer Göttin,
Und die Griechen verehrten vor allem Zeus und Athene,
Und die Römer riefen zu Jupiter, riefen zu Venus,
Aber die Juden hielten ihrem Herrn, Gott Jahwe, die Treue!
Aber die Christen glaubten an Christus, an den Erlöser!
Paulus und Barnabas, jetzt angekommen in Lystra,
Wurden von Lois und ihrer Tochter Eunike empfangen.
Zwar war Eunikes Anvertrauter ein heidnischer Grieche,
Aber er wehrte nicht den Begeisterungen der Christin.
Lois war alt und wartete auf den Tag des Messias,
Und Eunike war fromm und glaubte dem lebenden Heiland,
Und so wurde ihr Sohn Timotheus gläubig erzogen,
Der sich in früher Jugend anschloß den Jüngern Jesu.
 
7
 
Phoebe ging so melodisch wie die Tochter der Hymne
Zum korinthischen Hafen Kenchrea, der Grenze der Fluten.
Sie gedachte in schwesterlicher Liebe zum Nächsten
Allen den süßen Glaubensgenossinnen herzlicher Neigung:
Chloe, der schlummernden Hirtin an dem Hange der Seele;
Junia, bräutlichen Herzens und mit goldnen Sandalen;
Priska, die von der Weisheit geküsste Erbin der Alten;
Damaris, eine Dienerin brandender Wasser der Liebe;
Klaudia, in dem Lobpreistanze von phrygischer Anmut;
Und Tryphäna, mit ihrer würdig-herrlichen Demut;
Und Tryphosa mit ihrem tränenglänzenden Antlitz;
Persis, der Morgensonne gleich über bebenden Bergen;
Und Olympas, mit luftigem Schleier und goldenem Gürtel;
Julia, maiensüße Tochter des himmlischen Königs;
Und die Mutter des Rufus, die war eine Mutter dem Paulus;
Rhode, die Petrus das Tor auftat, die Magd der Maria;
Und Tabita, die auch Gazelle geheißen, aus Joppe;
Und die Frau des Simon Petrus (ich kenn nicht den Namen);
Und dessen Schwiegermutter, einst vom Heiland geheilte;
Lydia aus Philippi, doch in tyrischem Purpur;
Und Evodia, schön wie vor dem Sündenfall Eva;
Und Syntyche, vom Los erkoren zur Botin der Freude;
Nympha, die in Kolossae einst empfangen die Taufe;
Appia, die in Laodikeia den Weg ging der Liebe;
Lois, zitternde Sängerin der verheißenden Psalmen;
Und Eunike, Miutter Timotheus, sie war aus Lystra;
Thekla, deren Blöße von einer Flamme verborgen;
Schließlich Maria, die so sehr liebliche Mutter Messias'.
Sie gehörten zur Gemeinde der Heiligen Jesu!
 
 
 
II. JUGENDLIEBE
 
 
DIE MUSE
 
O, im lichten Gewand, wallender Locken, so
Standest lächelnd du da, lasest aus einem Buch
Mir harmonische, schöne
Lobgesänge im grünen Hain.
 
Dir bewahren will ich Gutes in meiner Schrift,
Treu bewahren; vom Wahn schrecklich entstellt; jedoch
Scheint dein himmlisches Leuchten
Durch die Dämmerung auf mein Lied.
 
Ja, ich dichtete, wie Rosen erblühn im Schnee...
Aber fortwarfs der Wahn, warf es ein Taumelnder
Mit dem Abfall der Lügen
In verzehrenden Feuers Pfuhl.
 
 
LIEBE IM WEISSEN KLEID
 
In dem Winter lagst du, schneeweiß verhüllt, am Grund
Meines Traumes, doch du schliefst nicht, du lächeltest.
Nun, nun seh ich dich wieder
Schweben, Muse, wie einst im Mai.
 
Liebe Träumerin, du Blüte im Mai, du Licht!
Dir allein trag ich die silbernen Zweige zu,
Wandle singend auf deinen
Spuren, Liebe im weißen Kleid.
 
 
ROSENAUSSTREUENDE
 
Die du so mich entflammt, Rosenausstreuende!
Hast, wie Schnee, deine Hand mir auf das Haupt gesenkt,
Bist erschienen im Dunkeln
Freudeleuchtender Augen mir.
 
Deine schneeweiße Hand führte in höhern Raum
Meine Seele. Verzeih, ich war besinnungslos:
Deine Schrift muß ich retten
Aus des läuternden Feuers Glut.
 
Menschen fassen es nicht, was du mir bist, du Maid,
Ich ja selber auch kaum; aber in tiefster Not
Sind die Zweifel verweht wie
Staub im Sturm. Und was blieb, bist du.
 
 
PHÖNIX
 
Weißes Einhorn im Hain, Liebe, bewahre du
Meine Seele, daß ich nicht wie der Hase end
Auf dem Wege verblutend,
Überrollt von des Schicksals Rad.
 
Aber, Liebe, du lebst! Sonne der Liebe scheint!
Auf dem Hügel im Wald seh ich den Schleier wehn.
Reich die Traumhand, daß wir den
Morgen sichten, du Meeresstern!
 
Fand das Manuscript nicht den Bestimmungsort?
Ward Papyrus entflammt, steigt aus der Asche auf
Neu der Phönix der Liebe
Und Gesang grüßt der Liebe Licht!
 
 
ANRUFUNG
 
Deine Tochter, o Gott, tanzend beim Sternenfest,
Führ sie liebendem Sohn, deinem geliebten Sohn
Zu, der trunken von Wassern,
Singt der Liebe den Rosenkranz!
 
 
LÜTETSBURGER PARK
 
Sieh, ein steinerner Kelch in dem verträumten Park!
Ach, mein Weißes, von Zeit trübe verdunkelt, ward
Rings umschlungen vom Moose.
Ward mein Süßes mir Bitterkeit?
 
Doch entrückt aus der Zeit hier im verträumten Park,
Hier von Marmor den Kelch liebenden Augs zu sehn,
Wie blüht mir da im Herzen
Eine purpurne Rose auf!
 
Welch ein Name ist dein! Köstlicher ist der Trank,
Der da schlummert im Kelch, als wilder Bienen Seim:
Tau, vom Auge der Liebsten,
Wie die Mohnmilch des Traumes rein.
 
 
AM SCHWANENTEICH VON NORDEN
 
Wir sind ja kaum noch Lebende, Schatten bloß,
Das Kleid gewirkt von Tränen, das offne Herz
Hält sich nicht in sich. Alle diese
Pfade sind Pfade des Schattenreiches.
 
Ihr schwarzen Schwäne, weilt in Venedig ihr?
Aufs Neue gründelt ihr in der schimmernden,
Des Wasserspiegels andrer Seite:
Ewig dort sein mit der Liebe Herz!
 
Doch feindlich ist die Zeit. O, erhebt das Haupt,
Im Aug bewahrt der Lilie Lächelblick,
Um Sonne betet mit der Primel,
Fernher wird singen die blaue Blume.
 
 
IM VORFRÜHLING
 
Alles erblühte, drüber schwebten bunteste Falter,
Eine Blüte aus Licht sagte die Freude mir an.
Eine Gestalt, im Traume schwebend, im innersten Raume,
War im reinen Getränk und in dem frommen Gesang
Und in dem duftenden Strauß, den mir ein Freund überreichte.
Da verhieß mir der Lenz kommender Liebe Tag!
 
 
IN NORDDEICH
 
Feines, Lichtwolken Stäubendes, wirbelndes Weißes,
Bäume am See verschönend zu heiligen Kirchen.
Gang am schweigenden Deiche, tosendes Rauschen
Tiefen dunklen Meeres. Des Liebenden Schauen.
Vögel, spürend das bebende Wehen des Herzens.
Schnee, zum Himmel aufgestiegenes Meer, du!
 
 
IN BORDEAUX
 
Überm lilanen Strauch schwebte ein Licht hinan...
Aber mir ist es schwer, aufwärts zu steigen. Da
Ist ein Duften von Blüten,
Die, von Tränen benetzt, erblühn.
 
Hauchst du, Leuchtende, mir in den verweinten Sinn?
Dir allein schreib ichs auf. Siehe der Tod ist so
Traurig. Und wo ist Tröstung?
Kommt ein heiliger Geist herbei?
 
 
TRAUM
 
Von der Erde löste ich mich, ward leichter und leichter,
Schwebte hinauf durch die Nacht zum schimmerndsten Sterne,
Der da freudig erglänzte von einer anderen Sonne.
Mich dem Sterne nähernd, da werd ich jünger und jünger,
Und ich lande auf einem Felde weichesten Flaumes.
Um mich sind grüne Haine. Das Licht vom seligen Lichte
Fühl ich in mich strömen. Ich höre ein leisleises Singen.
Siehe, da kommt ein himmlisches Mädchen, bunt ist ihr Mantel,
Und sie fragt mich: Folgst du mir nach in die Bereiche der Freude?
Und ich erheb mich und schwebe mit ihr in fernere Landschaft,
Transparente Wohnungen dort, wie aus Honigduft, Früchten,
Avocado und Jujube. Das himmlische Mädchen
Spricht: Du mußt noch begreifen lernen Unendlichkeit in dir.
 
 
HÖHE
 
O dein Lächeln, so voller Ernst, deine fächelnden Hände,
Breiten die Himmel mir, der ich aufschau, aufschau und seh dich.
Reich mir die Hände, hinaufzurollen den Stein. Auf der Höhe
Deines Schimmers erreichen mich Schwingen einsamer Vögel.
Dort ins Wolkenbett liegt gebettet der Tod, der mein Bruder,
Schaut uns freundlich an, o Geliebte, die wir wie Kinder.
Küss den weißen Stein zu neu erwachendem Leben,
Daß wir gemeinsam fliegen mit weißen, goldenen Flügeln!
 
 
AN DIE ABGESANDTE VOM STERN DER PHANTASIE
 
Über träumenden Kreisen ein lichtes Gewand und ein Schleier.
Welche sind Widerhall deinem alldurchatmenden Wesen.
Andere flattern nur blind umher, von Ehrgeiz beflügelt.
Von Planet zu Planet schreit ich, folgend der heiligen Liebe.
Gebe mein Ich nicht bei jedem Wächter ab, aber schon hat es
Alldurchatmende himmlische Liebe mit sich genommen.
 
Wundergefährtin, wo ist das Land deiner Jugend, wo Heimat?
Welchen der Sterne liebst du, welcher Himmel ist Heimat?
Sind dort grüne Alleen und Gärten, die du durchwandelst,
Edelsteinpaläste wie unbeschreibliche Tempel,
Und am Saum des kristallenen Meeres im weißen Gewande
Singest du, die du zur Lyra die ewige Liebe bejubelst?
 
 
 
III. MIRJAM-LEBEN
 
1
 
Da der schwarze Tod in mein Leben eintrat
Mit der lieben heiligen Schwester Sterben
Und ein weher Schmerz meine Seele fasste
Eisiger Hände,
 
Kam mir, wie ein Bote des Liebeshimmels,
Wunderliebe Nachricht von einem Herzen,
Das in meinem Herz mit Gedenken wohnte
Altfrommer Zeiten,
 
Da der süße Morgenstern mir in meinem
Herzen aufging lieblich wie Rosenblüten.
Jene Zeiten atmeten goldne Ruh des
Liebenden Vaters.
 
Nun aus ihrer Einsamkeit rief mich eine
Stille Turteltaube der Himmelsliebe.
Und der Schwester englischer Gruß ward meiner
Seele zum Troste.
 
Ja, sie sprach von Liebe, von Schwesterliebe
Zu dem armen Bruder Poet, der traurig
Liebe nur in fernfernen Himmel dachte.
Aber die Schwester
 
Gab Gefühl von Liebe, die auf der Erde
Zwischen zweien einsamen Herzen möglich
In dem Geist verbindender wahrer Liebe
Himmlischen Vaters.
 
 
2
 
Vater, wolkiger Traum, lieblicher Alter an
Tagen, Nächten des Sterns, Nächten des Mondenscheins,
Süße Seele der Welten,
Hör des Schweigenden Beten an!
 
Vater, Opfer der Welt, blutendes Lammesherz,
Selbst das Schlachtopfer uns, die wir dir opfern Lob,
Dank und Ehre und Rühmung!
(Sieh die Kerze auf dem Altar.)
 
Vater, liebendes Herz! Wie wirst du abgelehnt
Von den Herren der Welt, vornehmen Damen und
Toten Priestern der Tempel.
Dennoch sei dir gesungen Lob!
 
Vater, Hirte der Welt, heiliges Vaterherz!
Mit dem ängstlichen Schaf gehst du zum Lebensquell,
Gibst Erquickung der Seele
Und des Leibes Erneuerung,
 
Vater, führest das Schaf Wiesen des Lebens zu,
Wo der schwankende Halm ruht in dem linden Wind
Und wo unter dem Himmel
Weit verbreitet des Lebens Grün.
 
Vater, heilige Schutz-Engel sind deine Macht,
Die wie Weisheit und Licht Liebe ergießen in
Deiner Kinder verzagte
Herzen, welche den Engeln traun.
 
Vater, siehe dein Kind, das ich besingen will,
Sankta Miriam sieh, siehe Sankt’ Agnes an,
Meine Schwester der Seele,
Hauch du ihr Liebe ins heilge Herz!
 
 
3
 
Mutter, sprich du das Wort heiliger Liebe aus,
Gib die Antwort dem Reich unseres Königs du,
Seines Reiches Vollendung
Bist in Liebe, o Mutter, du!
 
Rose will ich dich stets nennen in meinem Lied,
Wie dein Töchterlein auch blutrote Rose ist.
Sieh den Dornenkranz, Rose,
Wie er Rosenkranz wurde dir.
 
Mütterlicher und süß-balsamduftender Trost
Meiner Seele, o Trost weiblichen Traumes mir
Von der Schönheit des Himmels,
Mir mit deinem rotroten Mund.
 
Bete, Mutter, zum Herz, heiligen Himmelreichs,
Klag und flehe und ruf Gnade du in mein Herz
Und der heiligen Tochter
Banges, zärtliches, heilges Herz!
 
Deine Schönheit, o Frau, Schönheit der Frauen sei.
Reinheit, Heiligkeit, Gott-Seligkeit, Sanftmut und
Zarte Zierde der Seele,
Wie du inwendig Gott gefällst!
 
Sie die Taube im Nest, wie sie sanftmütig ruht
In des Lebensbaums Grün unter dem reinen Licht
Blauer Himmel der Tage,
Sorg fürs Küken, denn nun ist Nacht!
 
Sieh die Sperlingin süß, wie sie in Liebe spielt
Unter Linden im Gras, süß wie ein Minnesang,
Wie das Küken sie küsset,
Liebend, wie eine Mutter liebt!
 
 
4
 
Aus dem Willen des Herrn, welcher ein Vater ist,
Ward geboren das Kind, das ich besingen will:
Mirjam, Mirjam, o Mirjam,
Schöne Tochter des Himmels du!
 
Im Materieschoß, tief in der Erde Schoß
(Wie die Heilige Schrift spricht in poetschem Ton)
Ward bereitet ihr Körper
Und mit Geist angehaucht von Gott!
 
Und sie schaute, erst blind, balde das Licht der Welt,
Welches lieblich und süß Schimmer gab dem Gesicht.
Mirjam, Mirjam, o Mirjam,
Deine Augen so himmelschön!
 
Aber traurig sie weint, daß sie den Schoß verließ,
Der sie mütterlich barg, ferne dem Leid der Welt;
Kälte, Einsamkeit, Dunkel
Nun statt Ruhe im Heimatschoß.
 
Süße Milchmutter du mit der entblößten Brust,
Gabst der Tröstungen Milch für ihrer Seele Durst
Und den Hunger nach Liebe.
Lob der Milchmutter reichen Brust!
 
Und im Reinigungsbad Segen ward ihr zuteil,
Ihrem heiligen Haupt mit dem goldblonden Flaum.
(Später wollt sie erstatten
Dieses Segens verliehnes Pfand.)
 
Doch am wichtigsten war an der Geburt des Kinds,
Daß im Mutterschoß schon, ja vor der Schöpfung Tag -
Mirjam, Mirjam, o Mirjam -
Wahrlich, du wardst erwählt von Gott!
 
 
5
 
In dem Tempel des Herrn sie schon mit drei vernahm,
Als drei jahre sie alt, Miriams Lebensgang,
Wie das Mädchen am Nilstrom
Zwischen blühendem Lotos stand,
 
Und wie Miriam sah goldenes Schilf am Strom,
Am unheiligen Nil, Vater Ägyptenlands,
Und den Behemot schlummern
Zwischen blühendem Lotos da;
 
Die Prinzessin vom Land Mizraim sah sie da
Stehn am goldenen Schilf, baden im gelben Nil,
Da sie auffand im Schilfkorb
Mose, Retter von Israel.
 
Und sie hörte mit drei Jahren im Haus des Herrn
Von der Miriam auch, die ihrem Jesuskind
Mutter war und in Liebe
Fromm anbetende Loberin.
 
Sie sah Miriam auch unter dem Kreuze stehn
Mit dem blutenden Herz, heiliger Tränen Salz.
Fühlte irgendwer Schmerzen
Wie der heiligen Mutter Schmerz?
 
Sie sah Miriam auch, die war aus Magdala,
Die zum heiligen Grab ging mit der Salbung Öl,
Wie im Hain sie sich freut, den
Auferstandenen Herrn zu sehn!
 
Mit drei Jahren beschloß, heilig-ernst, jenes Kind,
Diesen heiligen Fraun liebend zu folgen auf
Ihrem Weg mit der Wahrheit,
Dem lebendigen Gottessohn!
 
 
6
 
Mirjam, Mädchen mit gold-glänzendem Weizenhaar,
Ging im schweigenden Wald, bis zu dem Lindenbaum,
Wo im Herzen sie ruhte,
Ewig-heiliger Liebe Herz.
 
Und da brachten ihr stolz Männer vom edlen Park
Rote Rosen der wahr-haftigen Liebe mit
Purpurn blutenden Herzen
Und mit sündigem Dornenkranz,
 
Andre brachten der Maid Lilien, keusch und weiß,
Wie die heiligen Jung-fraun des Legendenbuchs,
Die so herrlich erhaben,
Edel waren und schlank und stolz.
 
Einer brachte ihr da nicht von dem Wiesenmohn,
Wiesenkerbel mit weiß-schäumendem Blütenkranz,
Glockenblumen und Veilchen,-
Einen Grashalm gab er der Maid.
 
Einen Grashalm gab er ihr in die zarte Hand
(Und besah ihren Arm, der war so schön, so wie
Einstmals Romeo Julias
Schönen Arm einer Schwanin glich).
 
Mirjam war ihm ein Gras-Halm in der Wüste Staub,
Ein Versprechen des Hains ewigen Lebens und
Wunder holdester Demut,
Die dem Wind sich bescheiden neigt.
 
Da er also sie fand, flog eine Taube Flug,
Flog den rauschenden Flug, wonnigen Gurrens Laut,
Eine turtelnde Taube,
Die ein Grüßen der Minne war.
 
 
7
 
Lob dem König, dem Herrn seines gerechten Reichs
Wahrer Liebe und Lust ewig am lieben Gott,
Den die Engel lobpreisen,
Als die göttliche Majestät!
 
Lob dem Bräutigam, der lieblich und zart und lind
Und mit zärtlichem Laut Schönheiten offenbart
An der Seele des Mädchens,
Die ihn ewiglich lieben wird!
 
Lob dem heiligen Geist wahrhafter Liebe, o
Sanftes Wehen im Wind grünenden Grashalms, der
In dem Lustgarten blühet
Ewig heiliger Liebeslust!
 
Damit grüßte sie süß-lieblich das Bruderherz,
Der ein trauriger Freund der melancholischen
Schwester war, die ihn zärtlich,
Zärtlich liebte mit Schwesterlieb.
 
Mirjam dichtete zart traurige Oden, die
Ängstlich sagten ihr Herz, ihr melancholisches,
Das so zitternd vor Sehnsucht
Nach der himmlischen Liebe Glück!
 
Er auch dichtete zart traurige Oden, die
Ängstlich sagten sein Herz, sein melancholisches,
Das so zitternd vor Sehnsucht
Nach der himmlischen Liebe Glück!
 
Und des Bruders Gemüt pries ihre Schönheit ihr:
Wizengolden dein Haar, leuchtender Tag dein Aug,
Süß dein Mund wie die Minne,
Süß sangst du das Marienlied.
 
 
8
 
Den holdseligen Gruß, heilige Mirjam, dir!
Denn beim Heiligen ward Gnade gefunden, in
Gottes heiligem Herzen,
Jesu Herzen, für dich, mein Herz!
 
O Begnadete du, du von dem Herrn geliebt,
Liebe Dienerin du heiligen Königs, der
Dir sein Süßherz will schenken
Und des ewigen Lebens Lust!
 
Siehe, dir im Gemüt, dir in dem Geiste ward
Und am weiblichen Leib Liebe des Herrn zuteil,
Der mit süßester Zartheit
Küsst im heiligen Geiste dich!
 
Überwallende Flut heiliger Liebe ward
Und sie segnende Huld göttlicher Heiligkeit
Dir im Tode des Liebsten
An dem heiligen Kreuz geschenkt!
 
In dir wurde gezeugt Heiliges, als dein Herz
Ward vom Heiligen Geist wiedergeboren, da
Du das Wasser des Wortes
Nahmest dürstender Seele an.
 
Darum nennen wir dich heilige Dienerin,
Gottes heilige Magd, Braut eines Bräutigams,
Der die himmlische Liebe
(Wie auch mir) dir geschenkt im Tod.
 
Siehe, aber er lebt! Vater und Sohn und Geist
Sind bemüht um dein Herz! Ich bin der Bote nur,
Der den heiligen Gruß dir
Mit der Liebe des Himmels bringt.
 
 
9
 
Mirjam, wie du den Geist heilig empfangen hast,
Sagen kann ich es nicht, ist ein Geheimnis mir.
Doch vom Vater und Sohne
Kam die Liebe dir in dein Herz.
 
Siehe, Wahrheit ist er, Führer zur Wahrheit dir,
Der balsamischen Hauch dir, in der bösen Welt,
Sendet, wo dich der Zeit Geist
(Wie auch mich) mit der Bosheit quält.
 
Und wo Fröste und Eis, klägliche Dunkelheit,
Karge Einsamkeit dich, Zittern und Bangen quält,
Kommt er heiliger Stärke,
Gibt dir Mut und die stille Kraft.
 
Wo zum Schweigen vor Gott scheint alle Welt verdammt,
Ist er Wort und Gebet, süßestes Seufzen dir.
Und im Liebesgesange
Sagt er dir deine Seele aus.
 
Lob dem Heiligen Geist, der wie ein Schatte kam,
Wie ein Schatten aus Licht. Mitten in Todesnacht
Kommt der Engel des Herrn, die
Balsamstaude des Trostes dir.
 
Er gestaltet in dir täglich das Jesuskind,
Das im Herzen dir reift, dir in der Einsamkeit,
Kälte, Winternacht, Elend,
Leben (ach) in der fremden Welt.
 
Schöne Augen aus Licht, Leuchtglanz und Leben hat
Und vollkommene Lieb, lieblich, der gute Geist,
Innewohnender Geist, im
Herzen dir, und in Jesu Herz.
 
 
10
 
Ich erwarte mit dir heiliger Nächte Stern,
Da der schimmernde Glanz kommt mit dem sanften Kuß
Eines wunderlieb märchen=
Haften Traumes der Freiheit uns.
 
Ich erwarte mit dir Träume von Liebesüß
Und der Mutter des Monds mit dem besternten Kind.
Zauberblumen erblühen
Beim mondsteinernen Brückenfluß.
 
Ich erwarte mit dir Liebe, die Liebe ist,
Wunderlieblichen Traum, köstlicher Bäume Frucht
Voll von goldenen Sternen,
Duftend jenseits von Zeit und Welt.
 
Ich erwarte mit dir Reigentanz schöner Fraun,
Ganz gewoben aus Tau, keusch wie die Schwester Mond,
Wenn hebräische Harfen
Tönen träumereich in die Nacht.
 
Ich erwarte mit dir Lachen in Seligkeit,
Wo der Apfel des Glücks spielt in der weißen Hand
Und die Flüsse so rauschen
Wie Geheimnis der Ewigkeit.
 
Ich erwarte mit dir freudiger Tränen schnee=
Weißes Meersalz und Gischt, Jubel der goldenen
Lippen, Lilienrosen,
Und ein blühendes Angesicht.
 
Ich erwarte mit dir Apotheose des
Schmerzes, dessen blutrot-perlender Rosenkranz
Ist gewunden um eine
Menschenstirn wie ein Dornenkranz.
 
 
11
 
Wie verloren sind wir mitten in dunkler Nacht,
Welche Einsamkeit schwebt mitten in lauter Welt
Uns um unsere Herzen,
Keine Herberge in der Zeit.
 
Welche Wehen der Zeit, da schon das Neue will
Aus der Seligkeit Glanz Ahnungen schenken und -
Mitten, mitten im Schmerze -
Seine Süße bereiten dir.
 
Ruht die Seele im Schoß Gottes des Vaters doch,
Wie das heilige Kind auf der Madonna Schoß
Saß und seliglich lachte,
Lachte, freute sich, weinte leis.
 
Und der Schutzengel dein rauscht mit den Schwingen sanft,
Sanft dir; schrecklich der Nacht. Träumender Harfeton
Haucht vom rosigen Munde
Deines Engels ein Kyrie.
 
In den Nächten jedoch bangen so viele sehr
Vor dem schrecklichen Tod, vor dem Vergehn der Zeit
Und dem Ende. Du aber
Hörst die Botschaft des Engels wohl:
 
Lobe, lobe den Herrn, lobe mit Lobegold
Deines goldnen Gemüts! Siehe, wir knien und flehn
Zu der Kindlichkeit Christi,
Seiner heiligen Sohnschaft Thron:
 
Du warst Kind und bedroht, tief in der Angst der Zeit,
Der Verlorenheit kamst, darbend, du Lieblicher.
Darum fühlst du mit Mirjam,
Die dein Lächeln ersehnt, o Gott!
 
 
12
 
Ich kann sterben, o Gott, weil ich den Heiland kenn!
Nun kann kommen der Tod und mit der Sense mähn,
Denn mein Weizen des Lebens
Wird vom Heiligen eingebracht.
 
Ich kann sterben, o Gott, weil ich den Heiland kenn!
Nun kann kommen die Nacht und mich bedecken dann
Mit dem tiefschwarzen Mantel
Ihrer Königin Ewigkeit.
 
Ich kann sterben, o Gott, weil ich den Heiland kenn!
Nun kann kommen der Schmerz mit seinem goldnen Schwert,
Das sich bohrt in die Seele.
Mich schreckt nie mehr die letzte Pein.
 
Ich kann sterben, o Gott, weil ich den Heiland kenn!
Nun kann kommen der Angst schrecklicher Stundenschlag
Mit dem todkalten Herzschlag;
In mir duftet die Ewigkeit.
 
Ich kann sterben, o Gott, weil ich den Heiland kenn!
Nun kann kommen das Weh ewigen Abschieds von
Der vergänglichen Erde,
Jene Stund wird mir Hochgenuß.
 
Ich kann sterben, o Gott, weil ich den Heiland kenn!
Es wird kommen der Graus schrecklichen Ungewiß
Allen Zweiflern an Gott und
Armen Schuldigen. Ich werd sein.
 
Ich will sterben, o Gott, seit ich den Heiland kenn
Und will leben mit dir balde im Paradies
Unaussagbarer Liebe
Voller Wonnen der Ewigkeit!
 
 
13
 
O, das Morgenland! Träumendes Tibet lieb
Mit Himalayas Schnee weiß wie ein Adler, der
Kreist in blauenden Himmeln,
Offen schaut in der Sonne Aug,
 
Die verbotene Stadt, von den Unsterblichen
Eremitisch bewacht, welche von Tau und Duft
Leben zwischen den Bergen,
Zwischen einsamer Herzen Fels,
 
Der so unbeirrt ragt hoch auf dem Ararat,
Wo die Arche noch schläft, bis von dem Euphrat her
Babylonische Sintflut
Flut wie Flammen der Sonne strömt,
 
Wie das Strömen von Gold östlichen Morgensterns
Wüsten Persiens süß, süß wie die Milch des Mohns,
Und wie Rotwein erquicket,
Der wie Blut des Propheten rauscht,
 
Welcher tanzend und nackt seinen verlorenen
Gürtel wieder vom Strom Edens zurückholt durchs
Wildbachtal mit dem Jabbok,
Wo der Engel des Herrn zur Früh
 
Einst mit Israel rang. O und der Jordan fließt,
Von dem Wüstenland trennt Land der Lebendigen
Aus drei Quellen gespeist der
Tau der Taufe des Glaubenden.
 
Schließlich Bethlehems Nacht mit dem Kometenschweif
Und der Könige drei, welche die Wanderschaft
Zu dem heiligen Ende
Führten, bis zum Mariensohn.
 
 
14
 
Mirjam, Kinder sind süß, ja, und sie wolln im Schoß
Pochen leis an den Bauch, rufen der Mutter zu:
Siehe, ich bin lebendig!
(Wehe dem Töten der Embryos!)
 
Mirja, birg dich im Feld wogenden Weizengolds
(Gold wie Weizen dein Haar blüht auf dem weißen Arm).
Nimm den Sohn mit dir, ruhe,
Träume, berge dich, herze sanft.
 
Dann wird Feigenfrucht reif, reif wie der Sonne Süd,
Voll und fruchtbar sich dir neigen auf einen Wink
Lieben Sohnes, er ist ja
Saft der Feige und Feigenfleisch.
 
Alle Götter der Welt, Schönheit und Macht und Geld,
Stürzen, wenn du mit fest glaubendem Herzen nahst,
An dem Herzen den Sohn mit
Vollmacht Heiligen Geistes wahrst.
 
Geld und Macht und Genuß raubt sich die Welt, doch du
Wende Räubern das Herz, wend mit des lieben Sohns
Schönheit, Reichtum und Liebe
Missionarisch die Herzen um.
 
Sieh ein spielendes Kind, wie es von Engeln des
Herrn im Himmelreich wird lieblich begleitet in
Allem Spielen und Wachsen
In der Weisheit vom lieben Gott.
 
Bist du mütterlich nicht und so gesinnt wie die
Mutter unseres Herrn? Siehe, sie wob am Rock
Christi, den er am Kreuze
Trug und sah zu der Leidenden.
 
 
15
 
In Ägypten der Welt elende Sklaverei
Unterjochte das Herz, bitterer Sünde Lust
Grausam peinigte meine
Seele schwer mit dem Wahn der Welt.
 
Und ich sehnte mich sehr, sehr nach der Freiheit Land,
Wo des jubelnden Weins prächtige Traube reift
Und die Milch und der Honig
Wahrer Liebe in Fülle strömt.
 
Also zog ich, wie du, Mirjam, mit unserem
Heiland hoffnungsvoll aus, ging durch das Wüstenland,
Wo die Stacheln und Dornen
Blutig ritzten die Seele mir,
 
Wo mich täuschte, ein Wahn, Fata Morganas Bild,
Wo der irrende Traum narrte mit Hoffnungstrug.
Meine Seele ward öde,
Und der Heiland schien ferne mir.
 
Dann zerquälte das Herz Einsamkeit. Todesnacht
Schien der herrlichste Tag, welkende Kümmernis
Nagte zäh an der Seele,
Der die Hoffnung verloren schien.
 
Nur das Rauschen des Quells, heiligen Geistes Trost,
Und der Palmbäume Hain, liebenden Gottes Wort,
Trugen treu mir die Seele
Weiter über die Zeit hinweg.
 
Schließlich naht wohl das Land, göttlich verheißenes,
Wo das Leben beginnt, freudige Seligkeit,
Ewges Leben mit Jesus
In des Heiligen Heimatstadt.
 
 
16
 
Ach wo ist denn der schön-lächelnde Menschensohn?
Wohin ist die so sanft tröstende Wesenart
Mit dem Lieben entschwunden?
Mirjam, siehe, ich find ihn nicht!
 
Großer Ängstlichkeit Nacht fällt in das Herz mir ein,
Da verschwunden der Sohn Gottes aus meiner Sicht.
Und ich suche und flehe,
Aber hohl kommt der Hall zurück.
 
Meine Schwester (wie einst Abraham Sarah hieß)
Sieh, mein Herz ist verzagt. Ist es das deine auch,
Weil im Fragen und Suchen
Leer die Stimme dir wiederkommt?
 
Kennst du auch diesen Schwall täglicher Kümmernis,
Da der lächelnde Trost göttlicher Liebe dir
In der Ferne verschwunden
Ist und nimmer gefunden wird?
 
Groß im Herzen die Angst, daß all das Leid umsonst
Und Geborgenheit fern und all die Lieblichkeit
Jenes herrlichen Sohnes
Unsre Seele nicht mehr berührt!
 
Hat der ewige Gott ihn doch aus unsrer Sicht
Uns genommen! Und wir bitten und flehen nun,
Einmal wieder zu schauen,
Der die Freude den Herzen war.
 
Mirjam, siehe, du wirst finden den Gottessohn
In dem ewigen Haus Gottes des Vaters, wo
Er die Weisheit ergießet
Wie der ewigen Liebe Strom!
 
 
17
 
Mirjam, siehe, ich geh, geh in die Dunkelheit.
Halt die Seele dir treu, treu zu des Vaters Herz
Und gedenke auch meiner
In Gebeten von Tag und Nacht.
 
Helfen kannst du mir nicht, auch mir kein Trost mehr sein,
Da die Seele dir selbst wehklagt dein eignes Leid,
Und vollendet dein Herz mir
Gibt die Kraft nicht zum Überstehn.
 
Mirjam, außen ist hell, innen verworfen die
Schöne Welt und das Volk, dem ich gesungen die
Liebe Gottes des Vaters;
Sie verachten die Heiligkeit.
 
Galle wird mir gereicht, bittere Galle mir
Tiefer Einsamkeit, wo ich doch der Freude Wein
Und der Liebe Berauschen
Mit der dürstenden Seele sucht.
 
Weh! verlassen von Gott und seinem süßen Trost
Und der göttlichen Kraft und der Glückseligkeit,
Winden schwärzliche Wolken
Mir sich schattend um mein Gemüt.
 
Und vor elendem Schmerz und vor Verlorenheit
Und Gefallenheit all, all dieser leiblichen
Wünsche, Sehnsucht, Verlangen,
Muß mir bluten das wehe Herz.
 
Schließlich will ich den Tod, Mirjam, die Todesnacht
In der Schatten Gewalt, aber von Gott erhellt
Kommt, o Mirjam, die süße
Freude ewigen Lebens bald!
 
 
18
 
Eine weinende Frau bin ich, o König mein,
Und ich bet, daß dein Reich komme mit süßem Trost
In die bangende Seele
Der umnachteten Dienerin.
 
Oh, die Träne, sie tropft, mir auf der Wange Weiß
Tropft sie blutig und heiß, bis auf die Lippe mir,
Die die Wehklagen schluchzet
Um das bittere Kreuz - mein Herr!
 
Sieh, verloren bin ich, elend Gefangene
In des Todes Gewalt und seiner tiefen Nacht!
All mein Sehnen, o König,
Ist es, mit dir den Tod zu sehn!
 
Wenn in schrecklicher Nacht, fern von der Lebenden
Eitlen Freude und Glück, blutig dein Königsherz,
Will ich auch mich begraben
In der ewigen Nacht mit dir!
 
Ruh am traurigen Herz, König, o süßer Sohn
Gottes, einmal nur laß die mir gestorbenen
Lieben Lippen mich küssen,
Küssen all meine Trauer fort!
 
Du, gehangen am Kreuz, bist meiner Seele Tod!
Ich hing mit dir am Kreuz, ja, und ich starb mit dir!
Und mit deinem Erstehen
Wird mein Leben erstehen auch.
 
Mirjam heiß ich, die Süß-Bittere, ich bin die,
Die du innig geliebt! ja mit dem Tod am Kreuz
Hast du innig geliebt die
Süße, bittere Mirjam, mich.
 
 
19
 
Besser ist ja der Tag, da dir das Ende kommt,
Als der Tag der Geburt (salomo sagte so).
Denn das Jammertal oder
Tal der Tränen ist Elends voll.
 
Manche Kümmernis brach mitten ins Herz hinein,
Großer Einsamkeit Nacht schattete das Gemüt,
Seufzer flossen und Tränen
Strömten über das Antlitz hin.
 
Der Dämonen Gewalt lockte zur Sünde und
Innewohnender Schuld narrte uns Welt und Fleisch.
Oftmals suchten wir Hilfe
Bei dem rettenden Blut des Herrn.
 
Stets zu tragen das Kreuz - elendste Schmachgestalt -
Ward uns manchmal zu schwer. Seufzen und Klagen drang
Vor den Thron des Geliebten.
Half er uns immer mit seiner Kraft?
 
Treu bewahrte das Herz in den Versuchungen
Der allmächtige Gott, Glauben bewahrte er
Und lebendige Hoffnung
Auf den ewigen Trost dereinst.
 
Mirjam, siehe, wenn dir kommt deines Todes Tag,
Sinken dir in das Herz göttliche, heilige
Apostolische Worte
Von dem kommenden Auferstehn.
 
Die petrinische Kraft und die paulinische
Weisheit sind dann mit dir, und es wird mit dir sein
Johanneische Liebe
Jesu, der deinen Tod dir starb!
 
 
20
 
Hallelujah dem Tag, da aus der Gräber Meer
Alle Frommen erstehn und die Lebendigen
Gott entrückt in die Wolken
Zur Versammlung der Heiligen!
 
Hallelujah dem Tag, da unser Retter kommt
Mit der heiligen Schar ewiger Engel, da
Zu dem Ton der Posaune
Jubel, Jubel in Lüften jauchzt!
 
Hallelujah dem Tag, da in dem Preisgericht
(Wenn das Feuer verzehrt jegliches Werk aus Stroh)
Die Belohnungen Gottes
Jeder Fromme empfangen wird!
 
Hallelujah dem Tag, da zu dem Hochzeitsmahl
Mit dem Bräutigam schön kommt die erweckte Braut
Ohne Flecken und Falten,
Seine Jungfrau ganz makellos!
 
Hallelujah dem Tag, da in des Meisters Arm
Mirjam ewiglich ruht, ruht an dem süßen Herz
Jesu, der sie geliebet
Je und je und sie an sich zog!
 
Hallelujah dem Tag, da von des Meisters Mund
Fließen wird wie ein Strom ewiger Liebe Lust
Mit der Süße des Kusses
Eines heiligen Bräutigams!
 
Halleujah dem Tag, da, in dem Angesicht
Gottes, Herrlichkeit schaut Mirjam, von Gott erlöst
Zu der ewigen Liebe
Und Glückseligkeit Paradies!
 
 
21
 
Wenn du vor mir durchs Tor, seligen Todes Tor
Schreitest, betend zu Gott, laß mir als Pfand zurück
Von dem träumenden Haupt ein
Weizengoldenes Frauenhaar;
 
Und als weiteres Pfand, die deine kleine Hand
Marianisch gespielt, deine Gitarre, die
Sang, die Gnade gefunden,
Melancholisch im Ton a-moll;
 
Und die Geige, die du spieltest mit süßem Weh,
An die Schulter gelehnt ihren Violenleib,
Als ob du einen Lieben
Voller Grazie tröstetest;
 
Und in himmlischem Blau und in Schneeweiß dein Hemd,
Das gehangen so schön um deinen weiblichen
Leib, vom Schöpfer geschaffen,
Blaue Lilie Scharons du;
 
Und das rosige Band hölzerner Perlen, das
Mit dem silbernen Kreuz dir um das Handgelenk
Jesuanischer Andacht
Hing in herzlicher Frömmigkeit;
 
Und die Bibel, die dir Weisung und Trosteswort
War, vom Geiste belebt, mit den Bemerkungen,
Deiner Lebenserfahrung
Denkmal, Herzenserfahrungen;
 
Und die Lyrik, die du zärtlich gedichtet hast,
Wie ein Zittern der Angst, einsame Dunkelheit,
Glaube, Hoffnung und Liebe
(Wie ein Gürtel Mariens) mir.
 
 
22
 
Weil du ewigen Tod kanntest als letzten Feind
Und gedürstet dein Herz, voller Lebendigkeit
Froh zu sein, darum wirst du
Tragen ewigen Lebens Kranz.
 
Weil du Schwermut gekannt und die vertrauerte
Melancholische Nacht weinender Einsamkeit,
Darum wirst du gekränzt mit
Freude, Freude, die ewig währt.
 
Weil du Sterblichkeit, ach, Krankheit, Vergänglichkeit,
Welken müden Gemüts littest, darum wirst du
Tragen blühende Kränze
Lebenslustiger Ewigkeit.
 
Weil du betend gekämpft, ach, mit der Sünde Macht
Und dämonischer Wut in den Versuchungen
Und der Welt, darum wirst du
Tragen Kränze der Heiligkeit.
 
Weil du sehr dich gesehnt nach der Vollkommenheit
Dieser Erde, die fiel und ward entwürdigt vom
Fluch der Häßlichkeit, darum
Trägst du himmlischer Schönheit Kranz.
 
Weil dich wenige nur kannten, so wie du bist,
Letztlich Einer dich nur kannte, so wie du bist,
Darum wirst du dereinstmal
Tragen Kränze des wahren Ruhms.
 
Weil du traurig geweint, ach, die Armseligkeit
Dieser Welt dich geschmerzt, die nicht die Liebe kennt,
Gott zu lieben und dich, so
Kränzt dich Gott mit der Liebe Kranz!
 
 
 
IV. EVELINISCHE ODEN
 
 
WIEDER VERLIEBT!
 
Lang hab ich gebrannt in den roten Feuern
Heißer Liebesleidenschaft, doch vergeblich,
Denn du wiesest lächelnd zurück den Mann ver-
Schlossenen Herzens.
 
Nieder sank ich flehend zu deinen Füßen,
Deinen Namen schreibend auf Himmelstafeln,
Nannte, Evi, dich mein erkornes ewges
Mädchen von Eden.
 
Doch du riefest: Dichter, ich lieb dich nimmer,
Lieb dich nimmer, liebe dich nimmer, nimmer!
Du erschlugst mein Herz und ich starb in weher
Marter der Minne!
 
Doch erbarmte himmlische Jungfrau gnädig
Meiner sich, zu Lebzeiten durft der Beter
In den Himmel, leidenschaftsloser Liebe
Lebend zur Jungfrau.
 
Sieh, da kamst du, lächelnd, so süß, so reizend,
Riefest mich, besuchtest mich in den Nächten,
Schautest reizumschimmert, vertrautest weinend
Mir deine Tränen.
 
Weh mir! wieder flammt mir durch meine Nerven
Feuer der verzehrenden Liebessehnsucht,
Meine Seele träumt sich in Liebesszenen
Törichter Hoffnung.
 
 
EROTISCHE PHANTASIEN
 
Du, wenn ich erwache, gedenk ich dein, da
Überfällt mich süßeste Lust der Liebe,
Und ich schließ die Augen und seh dich innen
In meiner Seele.
 
In der Seele lebt mir im Licht dein Garten,
Da du wandelst, reizend bekleidet, Süße,
Nur mit Evas Feigenblatt, transparenter
Duftender Seide.
 
Seh ich deinen schneeigen Busen, seh ich
Deiner Brüste bräunliche Schönheitsflecken,
Deine Hüfte schwenken und strahlend deinen
Zierrat der Venus.
 
In mir lebt die Insel auch, da wir gingen,
Liebste, Mann und Frau für drei schöne Tage,
Da du gingest nackender Beine in dem
Schlüpfer zu Bette.
 
Seh dein Schlafgemach, da ich Wächter wache
Deiner Einsamkeit, deiner Ängste Engel,
Darf dich sanft entkleiden, in schöner Blöße
Liebend erkennen.
 
Alles nur ein Traum! Doch der Traum viel schöner
Als was Fleisch und Wirklichkeit je geboten,
Wenn du hast in himmlischen Liebesspielen
Dich hingegeben.
 
 
FREUNDSCHAFT
 
Kalt ist, die ich liebte einst, die mich liebte,
Fremd, die deine Freundin ist, fremd und kühl. Ich
Leide an der Kälte der Welt und sehn mich
Nach deiner Nähe.
 
Weine deine traurigen Tränen, Liebe,
Und vertrau mir all deine Ängste an und
Laß mich schaun das freundliche Lächeln deiner
Freundschaft, o Freundin.
 
O ich hoff, du hegst einen Herzenswinkel,
Da ich wohne, daß du mich etwas lieb hast.
Sieh, ich lieb dich! Liebe macht warm mein Leben,
Wenn auch vergeblich!
 
 
HERZLIEB
 
Du, unsterblich lebst du in meiner Seele,
In den Himmel werd ich dich mit mir nehmen,
Unauslöschlich steht dein Name geschrieben
In meinem Herzen!
 
In der Bibel les ich von dir: Ich lieb dich!
Spricht der Herr, du Mutter des Lebens! Auch im
Herz Mariens find ich für dich, o Evi,
Zärtliche Liebe!
 
 
WALLFAHRT
 
Ach! auf Knieen wallfahren möcht ich, möchte
Auf zerschundnen blutigen Knien zu  dir wall-
Fahren, an dem traurigen Hain vorbei der
Seufzenden Bäume,
 
Silberteiche einsamer Schwäne lang und
Weiden melancholischer Mutterkühe,
Bis in deinen blühenden Garten mit den
Kränzen der Rosen,
 
Dort vor deinen Füßen mit roten Nägeln,
Deinen schlanken Fesseln zusammenbrechen,
Dann im Tod hinaufschaun an deines Leibes
Elfenbein-Tempel,
 
Seufzend voller Liebe den Geist verhauchen!
Fiele dann ein Strahl deiner Himmelsschönheit,
Sonne meiner Seele, auf mich, so würd ich
Selig erstehen!
 
 
HERBST
 
Herbst; das Laub färbt schön sich an bunten Bäumen,
Lebensbaum, du gehst mit den Jahreszeiten,
Auf die braune Wolle fällt braunes Haar dir,
Mutter des Lebens!
 
Deine Augen strahlten vor Hoffnungsfreude,
Deine Augen blendeten nicht den Seher,
Da die feinen schwarzbraunen Wimpern sanft die
Augen verschleiert.
 
In die Arme nahmst du den vielgeliebten
Sohn, mit ihm zu kuscheln, zu nuscheln, lieblich.
Ach ich wollte auch mich in deinen warmen
Armen verbergen.
 
Von dem Sohne nahmest du küssend Abschied,
Doch mich rührte nichtmal als Freund dein Händchen.
Als du gingest, setzte dein Sohn sich zu mir,
Lauschte den Märchen.
 
Oh die Nacht wie dunkel! der Dichter einsam!
Stets vergeblich Liebender! ward er Beter:
O Maria, sei mir wie Evi - aber
Liebend, Geliebte!
 
 
MARIANISCHE LIEBE
 
Manchmal wein ich: Menschliche Liebe fehlt mir!
Auch verließ mich mitten zur Nacht Maria,
Ließ mich gottverlassen so bitter weinen
Bittere Tränen.
 
Morgens fleh ich weinend zu Jesus - da kommt
Auch Maria wieder zu mir, die liebe
Mutter, Frau und Königin, und sie sagt mir:
Toto, ich lieb dich!
 
Und da denk ich, Evi, an dich und lieb dich,
Will dir sein ein Zufluchtsort, will mit ganzem
Herzen für dich da sein, bereit, dir meine
Liebe zu geben.
 
 
GEISTIGER KUSS
 
Evi, allersanfteste, allersüßte
Junge Mutter, vielmals geliebte Schönheit!
Als ich von dir schied, du mein Himmelsmädchen,
Sah ich dein Lächeln -
 
Deinen roten Himbeermund, Himmelsbeere!
Süßer wars als jeder geküsste Kuß wär.
Und ich küsste blauen Oktoberhimmel
Schwärmender Küsse!
 
 
RAHEL
 
Ich bin Jakob, der mit dem Engel kämpfte
In der Morgenröte. Mein Weib ist Lea,
Praktisch ist die Lea, zuhaus auf Erden.
Aber die Rahel!
 
Rahel mein mit leuchtenden Augentiefen
Ist begegnet Tiefen der Seele, Rahel
Ist mir die Bevorzugte! Gott im Himmel
Segne mir Rahel!
 
 
MUTTER
 
Meine Mutter zeigte mir nicht, was Mutter
Heißt. An dir, du liebende Evi, lern ich,
Was da wahre Mutterschaft ist: totale
Liebe zum Kinde!
 
Solche Mutter bist du: Ich wollt, ich wäre
Auch dein Sohn, warmherzige Mutter Evi,
Möchte dir im Herzen und in den Armen
Ruhen als Kleiner!
 
Ja! so ist die zärtliche Mutter Gottes,
Solche milde, gütige, süße Mutter!
Dieser Mutter möcht ich für alle Zeiten
Ganz mich vertrauen!
 
Gottes Weisheit, Schöpferin allen Lebens,
Kommt zum gottesfürchtigen Weisheitssucher
So wie eine Mutter - wie du - und so wie
Eine Geliebte!...
 
Darum sei gesegnet, geliebte Freundin,
Tief, um deines heiligen Herzens willen,
Von der lieben Mutter der Mütter und der
Ewigen Weisheit!
 
 
EVIS HIMMEL
 
Lieber Gott, im Himmel gibts Wein, das weiß ich,
Laß doch auch den Teestrauch in Eden wachsen,
Denn ich möchte Tee trinken mit der heilgen
Evi in Eden!
 
Heilge Evi, wohn ich in deinem Herzen?
Holt dich Gott ins Himmelreich, nimm mich mit dir!
Du, ich hab dich gern, meine liebe Freundin -
Du mich auch? sag doch!
 
 
VEREHRUNG
 
Auf der Wippe standest du hoch erhoben,
In den Himmel ragend, du blaue Blume,
Liebesgöttin, Königin meines Herzens -
Ich dir zu Füßen!
 
Im Café mit Blick auf Kanal und Weide
Deine weiße Hand auf dem weißen Teetisch -
„Küssen“ nennen Israels Liebesdichter
„Neshikah“, Evi!
 
 
DES SOHNES ZÄRTLICHKEIT
 
Liebste, du hast viel mit dem Sohn geturtelt,
Daß er ganz zur Zärtlichkeit wurde, Liebste,
Sitzt auf meinen Schultern - ich trag den Kosmos -
Streicht meine Haare,
 
Und wir sehn das Jesuskind in den Armen
Allerreinster Mutter und sehn die Engel,
Er tut auf die Lippen und trinkt den Tropfen
Wassers voll Wunder,
 
Wirft sich in den Schoß mir, umarmt mich innig,
Redet Kindersprache von Kinderfreuden,
Ich streich seine Pfirsichwange und schau die
Asien-Augen
 
Und die Wangen Asiens - ganz die Mutter:
Schöner Sohn! Ich sehe zur Mutter: weh mir!
Allzu schön bist du! und ich glaub, ich werde
Sterben an Schönheit!
 
 
GEBET
 
O Maria, himmlische Mutter, Herrin,
Nimm in deinen Schutzmantel meine Evi,
Schenke du ihr inneren Frieden, schenk ihr
Innere Freude!
 
Bade sie im Meer des Erbarmens Gottes,
Salbe sie mit göttlicher Liebe, kleide
Sie mit Jesu Zärtlichkeit, schmücke sie mit
Gnaden des Geistes!
 
Führerin der englischen Himmelsscharen,
Stell ihr einen streitbaren Engelsfürsten
An die Seite, daß er erkämpfe ihr den
Weg in die Freiheit!
 
Engel mögen, Heilige für sie beten,
Beten Eva, Evelin, Magdalena
Und ihr guter Schutzengel und, Maria,
Bitte für Evi -
 
Daß ihr Gott, der wohnt ihr in ihrem Herzen,
Schenke ihr das ewige Leben, Leben
Voller Glück und Liebe im Paradies als
Braut des Geliebten:
 
 
 
V. DIE FRIEDENSKÖNIGIN
 
 
DIE JUNGFRAU VON GUADELUPE
 
O Goldene, o Blume der Blumen! Ros’
Der Reinheit in der goldenen Sonne! Gras-
Grün ist dein blauer Sternenmantel,
Lilie der Lieblichkeit, Ros’ Kastiliens!
 
Vollkommne Schöne, himmlisches Ebenbild,
Ikone dieses Zeitalters, Jungfraun-Stern,
O Großes Zeichen, o Madonne,
Die du die steinerne Schlange tötest!
 
Weh mir! ach Stein und Schlange auch ich! ah weh!
Frau! laß mich deine Sichel dem Seraph gleich
Erheben vor der unsichtbaren
Und vor der sichtbaren Welt, Maria!
 
Das Kommen deines Reiches geht Ihm voran!
Du trittst die Himmelstreppe zu uns herab,
O Königin des Friedens! Kommen
Wird der Messias - - Maranatha!
 
 
JEHOWAH IST MEIN BRÄUTIGAM
 
Jehowah ist mein Bräutigam, ist mein Mann,
Mein Gatte - nur nach Ihm mein Verlangen steht!
Urewig Einer, alles Lebens
Schöpfrischer Quell in der ersten Ur-Nacht!
 
O Gott des Lichts! O Liebe! O Lebenshauch!
O guter, guter Gott, Du der Wahrheit Gott,
Du Gott in ganz vollkommner Schönheit,
Sabbaoth himmlischer Heeresscharen!
 
O Vater Jahwe, Abba, mein lieber Gott!
Mein Gott ist der Allmächtige, reich an Huld,
Ist gnädig, gnädig und barmherzig,
Ist in Barmherzigkeit Schoß der Mutter -
 
Die Ur-Idee der Schönheit in Perfektion
Schuf Gottes Mutter, Unsere Liebe Frau,
Uns Freundin ist die sel’ge Jungfrau,
Schatz meines Herzens die Braut des Ew’gen!
 
 
AN EVI
 
So viel ich schöne Frauen schon sah und seh,
Scheinst du der Holden Holdeste mir zu sein,
Die Lieblichste in meinem Sinne,
Der deine traurige Seele liebhab.
 
Ja, die vollkommne Schönheit Maria gab
In Mexiko ein himmlisches Wunderbild,
Ein Bildnis ihrer Anmut. Evi,
Du bist am ähnlichsten meiner Herrin!
 
Ich sag dir das in herzlicher Zärtlichkeit
Und ohne jede wilde Begierde, fühl
Ich wie ein Hirte für sein Schäfchen,
Schwester, für dich, meine Wunderschöne!
 
 
AN INKA
 
Holdsel’ge Seele, Anmutgestaltige,
Du lebst, denn Gott ist lebender Seelen Gott!
Wer glaubt, wird nie und nimmer sterben -
Wo du auch seiest, ich grüß dich, Inka!
 
Ikone marianischer Anmut du,
Du wohnst in meiner Bibel, im Psalmenbuch.
Die Jungfrau segne dich, Geliebte!
Jesus, dein Bräutigam, liebt dich ewig!
 
Glücksel’ge Seele, die du mir Segen bist,
Wir leben in der Liebe des Bräutigams!
Du Schwanen-Jungfrau, rein wie Jade -
Ewig wird Gott dich mit Leben kränzen!
 
 
AN BERNADETTE
 
Einst in Lourdes in Zelten der Minneritter,
Unter hohen Kiefern und grünen Bergen
Und den Glocken der Kapelle
Unserer Immaculata Mirjam -
 
In den südfranzösischen Mitternächten
Die zerrissne Seele litt Seelenqualen,
Qualen! Stern der Magdalena
War ihm der Balsam der Mitternächte.
 
Liebende in Sommerromanzen liebten,
Wie der junge Perser Johannes Esther -
Die chinesische Madonna,
Mutter der Gnade, hat sie gepriesen;
 
David von dem Volke von Jahwes Zion
Schöne diamantene Jungfrau liebte:
Stern der schönen Mitternächte,
Eine holdselige Gottestochter!
 
Junge, unbescholtene, schöne Seele
Trat sie sanft, erbarmungsvoll, gütig, freundlich
Zu dem leidenden Poeten,
Lächelte... zeigte ihm Romas Schönheit.
 
 
IN DER SCHENKE
 
Zimbel und Leier ertönt, schmachtender Stimme Gesang
Von unglücklicher Liebe singt.
Da begrüß ich den Kelch, grüße den goldenen Wein,
Trinke meiner Magdalee zu:
Freundin! du wähltest mich! Wenn ich dereinst dich seh
In dem Garten des Morgensterns,
Will ich küssen, o Frau, dir deinen schaumweißen Fuß!
Grüß die Heiligenkönigin,
Grüß deinen Bräutigam, grüße den göttlichen Herrn,
Dessen Weisheit ich heute mich weih!
 
Jungfrau Maria, dich grüß heut ich beim Schlürfen des Weins,
Liebste, dir trinke ich maßvoll zu!
Siehe, Liebste, mein Herz, siehe mein Inneres ist
Wie ein heiliger Tempelraum,
Dir vor allen geweiht, ja, und du wandelst darin
In der strahlenden Grazie, Frau!
Nicht wie die Maler dich einst malten, die Engel der Kunst,
Raphael, Michelangelo,
Nicht wie mein dichtender Traum dich in der Seele gemalt,
Sondern wie du dich geoffenbart
In Amerika einst, Schlangenzertreterin,
Apokalyptische Herrin der Welt,
Strahlst du im inneren Licht, Sonne des Herzens, mir auf,
Wandelst die Himmelstrepppe herab.
 
Schau, ein Mädchen betritt eben die Schenke allein,
Weiß gewandet, mit blonderem Haar,
Von der Seele umschwebt, weibliche Anmut ganz.
Zärtlich blicke ich zu ihr hin,
Schüchtern schaut mir ihr Blick unter den Wimpern zu,
Und ich leere den Kelch auf sie.
 
 
GEBET FÜR MIRJAM
 
O Maria, bitte bewahre Mirjam
Treu in deinem heiligen Herzen, Dame,
Mütterlicher Zärtlichkeit sie begnade,
Immaculata!
 
Führ an deiner himmlischen Hand die Schwester
Durch das Tal von Disteln und Dornen, Stacheln,
Schütze sie vor Schlangen und Skorpionen
Hier in der Wüste!
 
Gib ihr alles, was sich ihr Herz wünscht, Herrin,
Was sie sich von dir und von deinem Sohne
Wünscht: die ganze göttliche Liebe und die
Menschliche Liebe!
 
Grüß sie in der Stille, im tiefen Schweigen,
Fern dem lauten Plappern der Heiden grüß sie,
Grüßt sie vor der Hostia dich, o Jungfrau,
Dich und Messias!
 
(Mir, o Frau, erhalte den Andachtswinkel
Stets in Mirjams Herzen; ich will sie lieben;
Will mit ihr vereinigt in deinem Herzen
Ewiglich leben!)
 
 
HIMMLISCHE HARFE
 
O die Stadt unsres Herrn möge stets lustvoll sein,
Bei dem rauschenden Quell unter dem Lebensbaum,
Bei orangener Frucht glühend im grünen Laub,
Da die Wohnungen Gottes sind!
 
Gott, gewähre mir, Gott, Wohnung in deiner Stadt!
Eine Harfe wird dort lehnen an goldner Wand,
Auf dem Diwan, beim Wein, sitzen vorm Blumenstrauß
Heil’ge Dichter versammelt da.
 
Aus dem Elfenbeinturm freut dich das Saitenspiel,
Aus dem Elfenbeinturm Davids ertönt ein Psalm.
Und da tret ich vom Turm an das kristallne Meer
Zu dem heiligen Lobgesang.
 
Paradiesische Frau’n singen mein Lied mir vor:
Gatte ist mir mein Gott! singen sie leis mir vor,
Wie auf Erden ich sang Christinnen, soll es dort
Schöner tönen im Himmel mir.
 
Paradiesische Frau, nimm mich an deine Hand!
Den bezaubernden Mund laß mich besingen dir!
Inspirierender Mund siegle den Dichtermund,
Ros’ der Rosen, o Liebe Frau!
 
Laß mich den Lorbeerkranz legen vor deinen Fuß,
Deinen Fuß auf dem Meer, welches voll Monden ist,
Leg den Lorbeerkranz du, Magnificat-Sängerin,
Vor die Füße dem ew’gen Gott!
 
 
DIE FLUT
 
Diesen Sommer die Flut stürzte aus Himmelsnacht,
Schleusen taten sich auf, Schleusen des Himmels auf,
Und die sprudelnden Brunnen
Ließen Ströme schwellen zur Flut.
 
Deiche brachen, das Land lag unter Moderschlamm,
In die Häuser hinein stieg die empörte Flut,
Vieh ertrank in den Wassern
Und viel Menschen starben den Tod!
 
Sieh, da klagen sie Gott, Gott den Gerechten an,
Die nach Gott nie gefragt, seinen Geboten nicht!
Und vor gottlosen Sündern
Soll sich nun rechtfertigen Gott?
 
Falsche Götter habt ihr euch in der Zeit gemacht,
Euren sportlichen Gott Herakles tief verehrt,
Aphrodite in Lastern,
Habt zum Kaiser Mammon gekürt!
 
Über Satan ergeht schließlich das Weltgericht!
Satan, der da die Welt will ins Verderben ziehn,
Satan zieht seine Kinder
In die See aus höllischer Glut!
 
Noch ist gnädige Zeit, noch ist der Gnade Zeit!
Sieh, die Königin ruft Menschen zur Umkehr auf,
Medjugorje des Friedens
Ruft uns auf zur Liebe zu Gott!
 
Die verdient das Gericht, hören der Gnade Ruf!
Darum ward auch die Glut Jüngsten Gerichtes uns
Mild zu fließenden Wassern.-
Kauft euch nun die Gnadenzeit aus!
 
Schaut zur Königin auf, die uns die Hoffnung zeigt,
Weckt den Glauben in euch, göttliche Liebe lebt!
Chinas Märtyrer zeugen,
Wenig fromme Deutsche davon!
 
Makellosestes Herz göttlicher Mutter! dir,
China will ich dir weih’n, weihen das deutsche Land,
Rußland dir und die Erde!.
Geh nun in die Arche, o Welt!
 
Wölbt sich über ihr schön Bogen des Friedens doch
Und den öligen Zweig bringt uns der neuen Welt
Gottes Taube, die Jungfrau -
Jesus auf dem Berggipfel steht!
 
 
AN DIE WAHRHEIT
 
Die Deutschen suchen redlichen Sinnes dich,
Sie suchen im Verstand zu ergründen dich,
Und mit Erforschen und Betrachten
Lesen sie Heilige Schriften Gottes.
 
Die nackte Wahrheit will der Verstand für sich;
Aufklärerische Rationalisten sehn
Doch nur Skelette von Gesetzen,
Kennen des Herzens Geheimnis nimmer!
 
Denn du, o Wahrheit, liebst das Verschleiertsein
Und hüllst dich in die heilige Schönheit ein!
Byzanz und Roma kennen Schönheit,
Preisen die herrliche Jungfrau selig!
 
Schau, Wahrheit, ich zur lieblichen Schönheit hin,
Da fühl ich Liebe, fühl ich Begeisterung,
Da ahn ich dein Geheimnis, Wahrheit,
Liebendes Jesusherz, schöne Wahrheit!
 
 
AN MIRJAM
 
In Geduld, in Geduld gehn wir der Liebe Weg.
Liebe göttlicher Art, menschlicher segne uns.
Beten, beten und beten,
Daß den Füßen leuchte ein Licht,
 
Wollen wir und das Herz achten als Ebenbild.
Sei die Seele uns wert, Gottseele Ahnenden.
Wahrhaft wollen wir immer
Wahrheit sagen, in Liebe nur.-
 
Fällt dir goldblond das Haar bis in den Nacken und
Ist es blond, doch nicht gold wie bei der Märchenfee,
Bist du Jesus die Schönste,
Die nicht eitel nach Schönheit fragt;
 
Doch die Schönheit verehrst, Schönheit der Seele liebst,
Daß der Mensch, den du liebst, weih’ sich der Liebe ganz;
Achtest Schönheit der Sprache
In weissagender Poesie,
 
Wenn du andere auch Dichter verehrst als ich
(Sei der deine geschätzt, schätze den meinen auch);
Schreibe Haikus zur Nacht, des
Tages Summe traumtrunken schon.
 
Mir nur gebe Ein Wort, das mir die Seele heilt,
Ob ich Dichter noch bin, einzige Leserin,
Dir genehm; deine Seele
Gebe heiliges Echo mir;
 
Der auch singen dich will, wie du erschienen bist
In der Bilokation goldenen Glorie mir,
Englisch tanzend im Regen
Oder schimmernd um Mitternacht,
 
Meine Engelin mir, heimisch im Himmelreich,
Meine Kirche (denn sonst kenn keinen Christen ich),
Holde Hirtin dem Schwane,
Die du in mir Heimatrecht hast!
 
 
DIE KAISER
 
Unter Salomo blüht’ Israels Königreich.
Zu der heiligen Zeit Kaiser Augustus’ ward
Uns geboren der Herr, König der Könige uns! -
Griechisch-römische Welt brachte ihm Konstantin dar,
Carolus Magnus das Reich fränkischen Abendlands.
Den Ottonen, dem Schirm marianischer Zeit,
Folgten die Spanier, die weihten Amerika Gott;
Doch die Armada sank!
 
Aufklärerischer Verstand metzelte nieder den Thron
Und die Revolution brachte den Freimaurer vor,
Der setzte Moskau in Brand. Gegen Thron und Altar
Standen die Bürger auf. Bolschewistische Schar
Schlug Mariens Knecht, russischen Zaren tot.
Da erhob sich das Tier, doppelten  Hauptes das Tier,
Deutschlands finstrer Tyrann, Rußlands finstrer Tyrann;
Israel litt und Byzanz!
 
Pastor Angelicus sprach Christen von Demokratie,
Da die Herrschaft so schlecht oder so gut wie das Volk.
Und das Heil’ge Konzil sprach von vereinigter Welt,
Von der Regierung der Welt. Und Mariens Papst
Sprach von der neuen Kultur, Liebe und Leben sei
Fundament der Kultur, und es weiche der Tod!
(Südamerikas Hirt baute Kommunen auf,
Da der Arme sein Werk schafft für den Armen nur,
Nicht aber Mammon dient!)
 
Grüßt der Heilige Frau Armut aufs neue nun?
Menschenbrüderlichkeit unter der Lieben Frau
Hoffen die Betenden, ihr, Friedenskönigin, ihr,
Mutter der Muslim, Mutter Amerikas,
Indiens Mutter, die Ruß ward ihrem Herzen geweiht,
Ihr ward geweiht die Welt! Wendet die Welt sich zu
Himmlischer Königin, werden Geschwister sein
Alle Menschen, das Fest wahren Friedens beginnt,
Dantes Weltmonarchie, Universalharmonie
Unter dem Herrn der Herrn!
 
 
DIE PRIESTER UND DER POET
 
Nein, nicht daß sie verstünden den Dichter, nein,
Der von dem Ruf berichtet, ergangenem,
Die hohen Frauen zu verehren
Als die geliebteren Ideale;
 
Die ausgeschlossen weibliche Welt, die nur
Die greisen Damen väterlich weiden und
Barmherzig ihnen, voller Mitleid,
Tropfen der Gnade des Ew’gen spenden,
 
Die selbst sich hingegeben dem Ew’gen Wort,
Der intellektuellen Idee von Gott,
Und gehen mit dem Bruder Jesus
Einsame Wege in ihren Pfarren,
 
Den Freund zu bringen in die Familien, dort
Bei Tee und Kuchen göttliche Liebe zu
Verkünden und dann fortzugehen
Mit einem Gruß an die Muttergottes.
 
Doch was ist Minne? Nicht die behaglichen,
Die alten Pfarrer, auch nicht die geistigen,
Die jungen Denker, nicht erkennen
Rasend anbetende Dichterliebe,
 
Verehrung der Marien, in ihnen die
Glorreiche Jungfrau flammend zu lieben, die
Nicht Nonne oder Amme, welche
Herrliche Herrin und Minnedame,
 
Die ihn erkennt, die liebliche Jungfrau, ruft
Den Dichter zum Altare des Wortes, da
Die Weisheit ihm ein Mahl bereitet,
Ewige Weisheit, die Fleisch geworden!
 
Da steht der Priester, siehe, von Gott geweiht,
Er macht das Zeichen, faltet die Hände, hebt
Die Arme auf zum Himmel, betet,
Kniet vor dem Lamm, spricht die heil’gen Worte
 
Und bringt das Herz des Dichters, der Frauen Herz,
Der Liebe Gottes heiliger Weihe dar
Und ruft des Geistes Liebesflamme,
Die da verzehrt das geweihte Opfer,
 
Und teilt im Namen Gottes die Weisheit aus
Und nährt das Herz mit göttlicher Liebesglut
Und sendet den Poeten zu den
Frauen im Segen der Minne Gottes!
 
 
DER SATAN UND DIE SEELE
 
Und Mauern stellt der Satan der Seele auf
Und undurchdringliche Wände mit böser Macht,
Verdirbt die Freude ihr am Schönen,
Reißt sie in innere Widersprüche
 
Und lockt sie zu den falschen Propheten fort
Und läßt der Liebe Gottes sie widerstehn
Und macht zum Opfer sie des Hasses,
Hasses auf Menschen und auf den Ew’gen,
 
Daß sich der Seele Herz dem Gebet verschließt
Und sich verschließt der Botschaft der Königin -
Und doch der Friedensbotschaft Gottes
Liebliche Rede erquickt die Seele,
 
Denn wer vermag der Jungfrau zu widerstehn?
Das Himmelsbild der Schlangenzertreterin
Steht heilig vor der Seele Augen:
Und vor der Jungfrau wird fliehn der Drache!
 
 
AN DIE FREUDE ALLER FREUDEN
 
Tochter Gottes, Blume des Paradieses,
Nektar und Ambrosia, süßes Küssen
Ist es, dich, o Freude der Freuden, allen
Morgen zu grüßen!
 
Wandle mir voran an dem dunklen Tage,
Goldne Wolke herrlichen Jubels, wandle
In der Nacht voran mir als Stern und Flamme
Tiefer Beschauung!
 
Innen wohnst du, Quelle des Jubels, innen,
Schöne Zimbelspielerin allen Preises,
Tänzerin der himmlischen Tänze in der
Freude der Hochzeit!
 
Bitterkeit verbittert dich nicht, o Süße,
Wermut trübt dich nimmer, o klare Quelle,
Und kein Winter bleicht dich, o rote Rose,
Rot von der Liebe!
 
Deine Schmerzen, Freude der Freuden, deine
Leiden wirken Hoffnung und Trost und Leben
Quillt aus deinem Schoß und die Auferstehung
Nächten des Todes.
 
O daß ich dich grüße, daß ich dich küsse,
Jungfrau, meine Quelle des Jubels, meines
Paradieses Garten, aus Gnade Göttin,
Wonne des Ew’gen!
 
 
ZUR GEBURT EINES KINDES
 
Sehr schön ist Judith, schöner Maria noch,
Ganz klein, ist sie die Größte im Himmelreich!
Ich glaub, Sie dankt euch, daß ihr Gottes
Mitschöpfer waret an neuem Leben!
 
Speist ihr die Jesushostie, segnet sie,
Die durch die Taufe heilige Schwester wird!
Lernt, Kind zu sein, vom lieben Kinde!
Danket der seligen Freude Abba!
 
 
AN GOETHE
 
Viel der Dichter hab ich geliebt, bin dem Griechen der Deutschen
Und dem Reimer gefolgt, dem da der Wohllaut vertraut,
Folgte dem Griechen der Briten und folgte dem Römer der Briten
Und dem Dichter der Fee, englischer Eva Poet,
Dichter glückseliger Donna und dem David der Deutschen,
Überepischem Zug folgt ich, dem Bardensang nach.
 
Immer aber, mein Alter, kehr ich zu dir und zur Ruhe
Auf dem Diwan beim Wein, lese im Kerzenschein dich
Und genieß deine Lieblichkeit, lieb deine Grazien alle,
Deine Musen, den Gott, der dir geführt dein Genie.-
Vater der Deutschen, wenn du mich hörst im Elysischen Garten,
Gib deinen Genius mir, der da der Weisheit geweiht!
 
 
AN DEN SCHLAF
 
Strengen Denkens müde, der Wahrheitssuche,
Will ich werden Findender. Komme Gnade
Wie einst zu Endymion Luna. Küss mich
Träumer Maria!
 
Meine Lider senken sich auf die Augen,
Daß ich meine Augen im Innern auftu.
Schlaf, des Todes Bruder, du Himmelspforte,
Laß du mich Gott schaun!
 
 
DAS LEBEN
 
Das Leben ist ein flüchtiger Schatte nur,
Ist eines Träumers vielfach verworrner Traum,
Ist Blume, welche blüht am Morgen,
Aber am Abend zur Erde hinsinkt.
 
Ein Hauch nur ist das Leben. Sei heiß der Hauch,
Sei glühend er gewidmet dem Wein und Geist
Und hohem Lobe wahrer Schönheit.
Göttliche Liebe vor allem liebe!
 
Dann wird des Lebens Blume erneut erblühn
Im ew’gen Lenz, der glühende Hauch wird frisch
Im frischen Athem Gottes athmen,
Ewige Freude das Leben schenken!
 
 
AN JURI
 
Ich schrieb antike Oden am Mittelmeer
Einst bei Les-Saintes-Maries-de-la-Mer, da sang
Ich deiner schönen Mutter eine
Sapphische Ode an Aphrodite.
 
Da riefen wir ein Kind aus dem Himmel, doch
Die Weisheit Gottes wollte es anders, nicht
Ich sollte sein des Kindes Vater,
Aber das Kind doch zur Erde kommen.
 
Nun bist du da! In himmlischer Schönheit du
Liegst in den Kissen, süßester Säugling du,
Mit lichten Augen eines Engels,
Hast mir im Lächeln mein Herz erobert!
 
Und nun gehört mein Herz dir! Ich bring dein Herz,
Ein Priester, betend, göttlicher Liebe dar,
Dich segnend mit dem heil’gen Zeichen,
Sing ich dir himmlische Freudenlieder!
 
Wie wir uns lieben, Liebling! zum Himmel schaun
Und mit den Vögeln fliegen zum Sonnenlicht!
Wie du bin ich ein Kind, vertraue
Gott, der einst sog an Marien Busen.
 
 
AN QUENTIN
 
Am Himmel schweben sah ich ein schönes Bild,
Da eine liebe Mutter ein Kind gebar.
Ihr Sohn war göttlich, war der Retter,
Der uns vom Tod und vom Bösen rettet!
 
Da kam ein roter Drache, der böse war,
Der fressen wollt’ das göttliche Kind der Frau.
Die Frau floh mit dem lieben Sohne
Und ward verborgen in weiter Wüste.
 
Da kam der größte Engel, ein herrlicher
Und ganz aus Licht gemachter, mit Flügeln an,
Ein goldnes Schwert in seinen Händen,
Hat er geschlagen den bösen Drachen
 
Und hat ihn aus dem Himmel geworfen, ja,
Hinab in einen stinkenden Feuerteich!
Da kam die liebe Mutter wieder
Mit ihrem göttlichen Sohn, dem König!
 
Der Gottessohn nun saß auf dem Königsthron
Und seine Mutter saß ihm zur Seite auch.
Und alle Kinder waren glücklich,
Spielten für immer im Paradiese!
 
 
GEBET FÜR DEN PAPST JOHANNES PAUL II.
 
Abba im Himmel! Christi Stellvertreter auf Erden,
Den sanftmütigen Christus der Erde, unseren Vater,
Petri Nachfolger auf dem Apostolischen Stuhle,
Segne vom Himmel!
 
Mach ihn zum Garanten und Zeichen der Einheit der Kirche,
Ihn zum Felsen der Einigung Deines christlichen Volkes,
Ihn zu aller gottsuchenden Menschen heiligen Vater
In Deiner Gnade!
 
Hilf in seiner Schwäche ihm, Friede, Friede auf Erden
Allen den Menschen Deines Wohlgefallens zu künden,
Allen den Völkern des Lebens Freudenbotschaft zu künden,
Göttlicher Weisheit!
 
Ihm, dem bevorzugten Sohn der himmlischen Mutter Maria,
Mit dreifaltigem Charisma Petri, Johanni und Pauli,
Schenke Deine Kraft und Deine Weisheit in Jesus,-
Jetzt und für immer!
 
 
DIE ODE
 
Sappho sang die lesbischen Anmutmädchen,
Kränzte mit den Rosen der Pieriden
Göttin Aphrodite im bunten Throne:
Oh tot Adonis!
 
Lesbia gefolgt ist mit heißem Schmachten
Roms Catull, unglücklicher Liebe Sklave,
Lobte Ariadne auf Naxos, lobte
Liber, den Löser!
 
Lydia und andere Mädchen lobte,
Zucht und Sitte, Landleben, Wein und Armut
Und den Freund Mäcenas Horaz und ehrte
Jupiters Cäsar!
 
Siehe, in der neueren Zeit der Ode
Muse wählte Hölderlin sich zum Sänger,
Diotimas Liebenden, welcher liebte
Christos, den Heros!
 
Gottes Offenbarung im Odenfluge
Sang der Welt der deutsche Psalmist, der liebte
Cidli, Klopstocks Liebe, vor allen aber
Vater Jehowah!
 
 
AN MIRJAM
 
Nicht die Wallfahrt nach Lourdes sing ich dir nun, südliches Frankreich nicht,
Da die schneeweiße Ros’ du auf den Fels legtest im Grottenraum,
Sondern Heimreise sing heute ich dir, da du im Wagen saßst
Neben mir, ich nicht schlief, wachte des Nachts, dachte der Wallfahrt nach.
 
Und du legtest dein Haupt mir auf den Schoß, schliefest gerechten Schlaf:
Im jungfräulichen Schoß lag so der Leib Christi der Pieta!
Schmerzensmutter von Lourdes! Laß mich dir gleich mütterlich gnädig sein!
Sei mir heilig der Mensch, göttliches Bild, Ursakrament von Gott!
 
Morgens dann in dem Dom Zelebration, Freiburg, ich glaube, wars,
Augen fielen mir zu, sah ich im Geist, wie du mich auferweckt
Mit dem zärtlichsten Schlag, schaute ich auf, sah ich dich betend knien,
Vor der Hostie dich, Engel des Herrn, Führerin mir zu Gott!
 
 
DIE HIMMLISCHE MUTTER
 
„Ich weiß, du bist sehr müde, mein liebes Kind.
Willst du mir folgen bis in das Paradies?
Im Garten scheint das Licht des Lebens,
Siehe, du findest dort Ruh und Liebe,
 
Dein Herz wird heil, das Menschen verwundet oft.
Sieh, ich bin da. Du siehst mich? Begib dich nun
In meine Arme, Süßer, sauge
An meinen Brüste das Heil der Seele!“
 
 
AN REGINE
 
Freundin! freundlich bist du, suchst du mir ein Geschenk,
Fragst nach meinem Begehr, leiblichem Wohle gar?
Weins genung ist zur Nacht da,
Doch für Bücher ist knapp das Geld!
 
Welche Bücher ich mag? Neuere Schreiber, ach,
Haben närrisch sich ja Götzen der Zeit versklavt,
Nichts Erhabenes find ich,
Adel nicht im Gestottere!
 
Wenig Brüder, und ach, auch nur verkannte, hab
Ich in unseren Jahrhunderten, aber leb
Fern der Gegenwart, fern in
Philosophischer Welt Horaz’,
 
Mit Vergilius fromm, liebevoll mit Ovid,
Klage will ich Catulls hören im Beichtgespräch,
Ehr’ Alkäos und Pindar,
Lieb die lesbische Sappho sehr!
 
Also weißt du es nun, wes ich mich freu, ich freu
Deiner Freundlichkeit mich, will sie vergelten dir
Mit dem Honig von Maro
Und Gebeten zum Meeresstern!
 
 
AN EROS
 
Zwar kamest du sehr mächtig daher, kein Kind,
Als Jüngling an mit brennender Fackel, warfst
Den Brand in Mark und Bein und branntest
Hitzig das Herz mir zum Aschehaufen -
 
Und schwangest dich zurück in Cytheres Schoß.
Nun meinst du, Eros, ohne dich könne nicht
Der Sänger singen? Meine Muse
Schaut stillversonnen und lächelt weise
 
Und weist das Mädchen Philia mir, die sing
Ich mit der Seele Frieden, und mehr noch gar
Als Charis ehre ich die heil’ge,
Göttliche Agape, meine Herrin!
 
 
AN CHINA
 
Mein China, altehrwürdiges Volk! Mein Herz
Ist bei dir, Kind des Himmels! Der Vater gab
Zur Mutter dir die Weisheit Tao,
Weiseste Männer dir zu Propheten!
 
Der Lieder Buch, der Wandlungen Buch bewahr’,
Bewahre die Gespräche des Meisters dir,
Das Buch von Tao und von Tugend,
Südlichen Blütenlands Mystik hüte!
 
Das Erbe auch der Strahlenden Majestät
Bewahr’, des Himmelssohnes der Tang (es war
Nie eine Tochter Chinas schöner
Als die tagtäglich in Milch gebadet)!
 
Bewahre deiner seligen Dichter Schatz,
Das trunkne Lied, den himmlischen Schwung Li Bai’s,
Des ernsten Du Fu und des Dichters,
Der seine Magd hat geehrt als Muse...
 
Die Guan Yin verehrst du, doch, China, sieh,
Matteo Ricci hat dir geoffenbart
Die wahre Gnadenmutter, wahre
Mutter des göttlichen Himmelssohnes!
 
Die Jesuiten, Brüder Franziskus’ und
Des Dominikus brachten die Botschaft dir,
Das Lächeln gnadenvollen Gottes,
Himmlischen Vaters, des Himmels Chinas!
 
Verworfen hast das Kaisertum du, doch dann
Die Freiheit nahm der rote Tyrann dir weg!
Des Himmels fromme Kinder werden
In deinen Mauern nun hingeschlachtet!
 
Das Opferblut der Märtyrer schreit zum Herrn!
Doch ihr Verdienst wird Freiheit erflehen dir!
Dann wird die Kirche Chinas neue
Weise der Weltkirche Gottes schenken,
 
Ein engelgleicher Lehrer aus China wird
Konfuzius katholisch beerben, dann
Wirst du auch wieder Dichter haben,
Welche dein Erbe dem Himmel singen,
 
Der Gnade singen, jadener Jungfrau Lied,
Der reinen Pfirsichblüte des Himmels! - Dann,
O China, kommendes, gedenk auch
Des, der in Deutschland dich liebte, China!
 
 
AN DIE EVANGELISCHEN BRÜDER
 
Brüder, unter euch hielt lang ich mich auf und fand
Tiefe Liebe zum Herrn, Liebe zur Heil’gen Schrift,
Fand ein Streben nach Wahrheit,
Doch auch Feindsäligkeit gegen Rom.
 
Unter euch hat der Geist heilig gesät den Geist,
Ökumenischen Geist! Heiliger Geist verheißt
Heute allen Gemeinden
Gottes Einigkeit mit dem Herrn!
 
Unsre Kirche ruft heut Ruah der Wahrheit an,
Denn der Heilige Geist wirke die Einigung!
Menschlich scheint es unmöglich,
Aber Gott will es! und so gelingt’s!
 
Welche unter euch, ach, schüren die Feindschaft, die
Sie verleumden die Braut, Kirche der Heiligen,
Hure Babel sei Zion -
Torheit ist der Verleumdungsspruch!
 
Roma wird ihren Schatz, Schriften und Tradition,
Apostolischen Stuhl nimmer verleugnen, nie
Seligpreisung der Mutter
Gottes leugnen, sei ferne das!
 
Anders gäb sie das Herz christlicher Liebe auf,
Das katholische Herz seliger Zärtlichkeit.
Doch begrüßt sie euch, Brüder,
Um des gemeinsamen Zeugnis’ willen!
 
Nur den Betern allein kann es gelingen, das
Zum gemeinsamen Mahl alle gelangen einst. -
Apostolisch und heilig
Und katholisch ist Christi Braut!
 
 
AN MIRJAM
 
Der Herbst beginnt. Einst wurde Pierrot gestäubt
Und Colombine barg den Verwundeten
In ihrem Schoß. Wenn nun die Wetter
Kommen, will ich mich bei dir verbergen.
 
Der Regen prasselt laut an dein Fensterglas.
Ich lieg auf deinem Sopha beim Stofftier da,
Unter der Decke, auf dem Kissen,
Schau in die flackernde Kerzenflamme.
 
Du spielst mir auf dem Cello Konzerte vor.
Ich schau zum Bild der Jungfrau von Lourdes und tupf
Dir einen Tropfen Wunderwasser
Sanft auf die Stirn unterm blonden Schleier.
 
Nachtblauer Himmel wölbet sich über uns
Mit den Plejadensternen, versinkenden:
Der mütterliche Mantel hüllt in
Gottes Barmherzigkeit unser Leben.
 
Dies ist ein Traum. Doch laß mich im Herzen dein,
Geschwisterlicher Liebe entflammten Herz,
Nur immer ruhn und wärme mich mit
Treue der betenden Hirtenliebe!
 
 
AN DIE EINSAMKEIT
 
Schwermutbrütende du, Einsamkeit, wie willst du
Ein lebendiges Wort reden mir in das Herz,
Schattest du meine Kammer,
Wo da find ich der Hoffnung Heil?
 
Sieh, wie elend ich bin, siehe, wie schwach ich bin,
Mir bekräftigt kein Mensch hier meine Menschlichkeit,
Auch kein blühendes Fleisch macht
Meines Fleisches mich hier gewiß,
 
Auch kein segnender Mund sagt mir ein Gotteswort,
Auch kein denkender Geist schenkt mir das Geistesglück
Wechselseitigen Zeugens
In der Schönheit Idee; mir ist,
 
O gewaltige du, Einsamkeit, ist durch dich
Mein verzagteres Herz nur auf sich selbst gestellt.
Bin ich einzig auf Erden?
Wem dann, Seele, singst du dein Lied?
 
Singen will ich allein, wie mir mein Herz gebeut!
Weiß denn einer, ob ein kommendes Kind es hört,
Ob es ungehört hinsinkt?
Dunkle Einsamkeit, herzensstill
 
In des Herzens Gemach hör ich die Königin,
Die vom Hügel mir spricht heiliger Liebe Wort:
„Mensch, ich liebe dich! Liebe
Du mich auch! und sing Gott dein Lied!“
 
 
ZUM ELFTEN SEPTEMBER
 
Die Mörder aus Arabien, voller Haß
Auf alle Christen, und auf Amerika,
Ermordeten vieltausend Menschen,
Menschen, unschuldige! Aber nie wird
 
Gemeiner Mörder Märtyrer heißen, nie
Ein Hund und Mörder kommen ins Paradies!
(Verabscheun werden ihn die Huri,
Mahomed wendet sich angewidert.)
 
Du aber auch, Amerikas Herrscher, nicht
Ergreifst du, was dem Frieden dient, willst den Kampf
Von Gut und Böse gar entscheiden
Mit den unmenschlichen Waffenwerken;
 
Doch Jesu Jünger kämpft nicht mit Fleisch und Blut,
Die Christen kämpfen gegen Dämonen durch
Gebet allein, wir sollen beten,
Wie es der Herr lehrte, für die Feinde.
 
Die Stunde ist besonderer Gnade Zeit,
Denn in der Herzegowina offenbart
Sich in Marie von Medjugorje
Jesus als König des Friedens, Jesus
 
Ist Friedefürst! Er lebe, er lebe, wie
Die Sonne ewig! Berge des Libanon,
Ihr sollt den Frieden fruchten! Wann wird
Israel weise und salomonisch?
 
Wann wird das fromme Volk des Koran das Wort
Vom Frieden, den alltäglichen Friedensgruß,
Ergreifen und dem Zeichen folgen
Unsrer jungfräulichen Mutter Jesu!
 
Denn Gott ist gnädig, voller Barmherzigkeit,
Der da die Friedenskönigin uns gesandt!
O Mutter der Muslim, Maria,
Jungfrau Jerusalem, wirke Frieden!
 
Versöhnt euch! Friede! Siehe, schon rief der Papst
Die frommen Beter jeglicher Religion
In das Assissi des Franziskus:
Gott wird erhören Gebet des Friedens!
 
Zwar Satan will den Krieg, will Vernichtung gar
Der ganzen Menschheit, aller der Schöpfung - Doch
Am Ende triumphiert das heil’ge
Herz der Königin ew’gen Friedens!
 
 
AN KLOPSTOCKS SEELE
 
Ob du nun auf dem Jupiter droben schwebst,
Ob aufgestiegen du schon zur Sonne bist,
Wer weiß das, ob du schwebest bei der
Rose des Himmels, bei dem Altare?
 
Ja, droben auf dem blühenden Morgenstern,
Auf Orionen, zauberumgürteten,
Da feiren sie, des Lichtes Söhne,
Heilige Feiern der Ewigkeiten!
 
Sind denn die Freunde alle, die du besangst,
Bei dir, und lebt ihr tiefe Betrachtungen,
Und lebt ihr, bei dem Kelch der Weisheit,
Sänger, den heiligen Hymnen Gottes?
 
Siehst du nun Miltons seligen Schatten gehn
Bei dem des Mäoniden? erhebet der,
Wenn zu ihm kommt Messias’ Sänger,
Hebet Homer sich von seinem Stuhle?
 
Hat dir, dies frag ich, Weisheit begehre ich,
Dein Engel Salem Wahrheit dir prophezeit
Von Liebenden in Liebeshimmeln,
Siehest du wandeln Petrark mit Laura?
 
Ist Meta Cidli heilig dir zugesellt
Und wandelt beide, zärtliche Seelen, ihr
Im ew’gen Freudengarten Evas,
Sulamiths liebliche Lieder lispelnd?
 
Du ehrtest Sie, die Herrscherin, Richterin,
Die Huld des Höchsten, Gottes Barmherzigkeit!
So bist du selig! Feire Jesus!
Fleh den Messias für deinen Enkel!
 
 
REISESEGEN
 
Baltrum! Sieben Inseln ruhn im ostfriesischen Meere,
Aber die kleinste du, die in dem Perlenkranz gar
Die bescheidenste, ja, verschlafnes Dornröschen genannte.
Mir bist du Heimat. Und hätt einst das Geschick es gewollt,
Wär ich in dir zur Welt gekommen, du Reich meiner Mütter.
Nun begrüße du freundliche Freundinnen mir,
Evelin grüß und Karine grüß und Quentin und Juri!
Mutter, schenke der Schar Ruhe und glückliche Zeit,
Hagebuttengeschmückte, den Kleinen kindliche Freude,
Schenke ihnen des Meers herrlichen Rauschegesang,
In den Dünen bereite ein Bett den Müden und sende
Sanfte Kaninchen vorbei, sage den Träumenden dies:
Alle Schöpfung will spielen vor Gott wie die glücklichen Kinder!
Seliger Meeresstern! strahl deinen Segen des Lichts
Auf die Lieben herab und gib ihnen Ruh von der Mühsal,
Heilige du den Bund liebreicher Freundschaft der Fraun
Und erscheine den Kindern im Traum und zeige den Schatz des
Heiligen Nikolaus, der da fuhr über die See.
- Mag auch Eine gedenken vergangenen Urlaubbs, gedenken
Des Poeten auch, der hier gefunden sein Glück.
Er verehrt den reetdachgedeckten Rundtempel, wünscht sich
Hier ein Stoßgebet zu dem all-liebenden Gott!
 
 
AN EVI
 
Ich sitze in der Schenke und denk der Zeit,
Da Schmerz der Liebe mir mein Gemüt zerriß
Und durch den blut’gen Spalt ich schaute
Tief in die Mitte des Weltalls Gottes -
 
Und sah den Evelinischen Kosmos, sah
Die Blaue Blume wandeln als Königin
Und stieg auf ihrer Spur zum Throne
Gottes - - vom Blitze getroffen stürzt’ ich!
 
Ich lag im Staub, da weckte Maria mich,
Sie nahte mit Gefolge von Heiligen,
Von Mystikern und Büßerinnen,
Hob mich hinauf in das Reich der Himmel!
 
Da schweb ich nun in seliger Ruh, da leb
Ich in der Friedenskönigin Friedensreich
Und liebe voller Zärtlichkeit die
Liebliche Blume des Paradieses!
 
Ich hab am auferstandenen Leibe noch
Die Spuren meiner Wunden, am Herzen noch
Die Liebesnarbe; sehn’ mich manchmal
Töricht zurück nach den Liebesschmerzen...
 
 
AN MARIA
 
Maria, einst im Maien verlangte ich
Nur dich zu lieben, Einzige, Liebe Frau!
Ich weihte dir die bleiche Traumfrau,
Welche der Träumer dir nachgebildet,
 
Ich wollte von dem Schatten zu der Idee,
Idee der Schönheit höchster Vollkommenheit!
Da weihte ich mich deinem Herzen,
In deinem Herzen dem Herzen Jesu.
 
Ich pilgerte zur Grotte, da du dereinst
Erschienen, und verlobte mich an dem Quell
Vorm Sakrament des Tabernakels,
Jungfrau, mit dir, und ward Freund der Weisheit.
 
Da aber brach die Leidenschaft sich den Weg,
Da glühte ich, da liebt’ ich ein schönes Bild,
Und in Verlangen und Verehrung
Huldigte wieder ich einem Gleichnis.
 
Fürwahr, die unerwiderte Leidenschaft
Mir rammte einen Pfahl durch des Herzens Fleisch,
Ich lag im Staube unter Tränen
Einsam im nächtlichen Hain der Trauer.
 
Ich sah das Mädchen sternengekrönt im All,
Mich dorngekrönt am Kreuze! Ich starb! Ich ward
In deinem Schoß begraben, Mutter,
Die du mich salbtest mit deinen Tränen.
 
Du führtest meine betende Seele in
Das Himmelreich der Heiligen in dem Mai,
Da du im Säuseln schöner Stille
Heiliger Zärtlichkeit zu mir sprachest.
 
Da, Jungfrau, schien die Sonne des Glücks mir auf
Im Hain der Friedenskönigin.- Schau, ich lieb
Vor allen dich, mein Seelenfriede,
Die du bist Himmel in meinem Herzen!
 
O nimm des Herzens Schlüssel aus Jesu Hand
Und schließe zu, daß niemand mehr aufschließt, und
Schließ auf und laß mit dir allein mich
Bräutigam sein in dem Brautgemache!
[Inhalt]


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