[Inhalt]

ODE AN MARIA

Von Peter Torstein Schwanke

„Jungfrau, Mutter, Königin,
Göttin, sei uns gnädig!“
(Goethe, Faust III)



ERSTER GESANG


1

Aber dein Leib,
Maria, ohne Gewalt
Und ohne Verletzung der Scham,
Schwoll an
Vom geheimen Wort,
Der strahlenden Kraft,
Gewirkt vom Himmel,
Steigt herab der Herr,
Gott durch alle deine Glieder,
Gott gibt sich dir ganz hin
Und mischt sich deinem Schoß,
Dein Schoß, von Gott berührt,
Erschauert und all dein Innres.

Maria steht im milden Licht
Und dreht sich nach links,
Über ihr ein Zelt, mit Pelzen gefüttert,
Zwei Engel öffnen eben das Zelt.
Marias einfaches blaues Kleid
Mit enganliegendem Oberteil
Und rauschendem Rock
Ist zu eng der schwangeren Frau.
Darum hat sie unter den Brüsten
Das Kleid geöffnet,
So dass das weiße Unterhemd zu sehen ist.
In die schwarzen Zöpfe hat sie rote Bänder geflochten
Und die Haarflut kunstvoll auf dem Haupt frisiert.
Unter schweren Augenlidern
Der Blick schaut in das Nichts,
Maria ist in Gedanken versunken.
Die schlanken Finger ihrer schmalen Hand
Liegen leicht auf dem Leib,
Dessen weibliche Rundung betont.
Die Aureole offenbart,
Daß die Schwangere nicht von dieser Welt ist.

Maria, Jesu Mutter,
War verlobt mit Josef.
Noch bevor sie zusammengekommen war,
Zeigte sich, dass sie schwanger war
Durch das Wirken des Geistes.
Josef, ihr Mann, war ein Gerechter,
Er beschloß, sich in aller Stille von ihr zu trennen.
Aber ein Engel im Traum
Zerstreute Josefs Bedenken und sprach:
Josef, du Sohn Davids,
Fürchte dich nicht,
Maria, deine Verlobte, zur Frau zu nehmen!
So zog Josef aus Galiläa hinauf
Nach Judäa in die Davidsstadt Bethlehem,
Weil er vom Stamme Davids war,
Mit Maria, seiner schwangeren Frau.


2

O schwangere Mutter Gottes,
Ich lobe deinen heiligen Leib,
Der neun Monde lang so heilige Frucht getragen!

Maria,
Du bist das Paradies des Lebensbaumes,
Du bist die fruchtbare Erde, die Gott beackert,
Die bist das goldene Faß, darin Gott den Wein gelagert,
Den Mischwein der Gottheit und Menschheit,
Du bist der goldene Schrein der Dreifaltigkeit,
Du bist das goldene Haus, das der Vater gestaltet hat,
Du bist der offene Himmel, in dem die göttliche Sonne wohnt,
Du bist die Pforte, durch die der Gottmensch ging,
Du bist die goldene Arche, in der das Manna lag,
Du bist der Tempel Salomos, da der heilige Vater wohnt.

Offenbarung:
Unsre Liebe Frau Maria
Tritt zu ihrem Sohne Jesus und spricht:
O Herr, ich mahne dich bei der Liebe,
Mit der du neun Monde lang gelegen
Unter meinem makellosen Mutterherzen,
Daß du diesem Menschen, der mir vertraut,
Deine Barmherzigkeit schenkst!

Öffne dem Worte Gottes dein Ohr,
Um zu hören Gottes Wort.
Es ist der Weg der Empfängnis des Geistes
Im Schoß des Herzens,
Daß die Glieder Christi, seine Tugenden,
Sich im Leib der schwangeren Mutter formen,
Nämlich in deinem Herzen.
Eheloser Christ um des Himmelreiches willen,
Du bist Mutter eines so glorreichen Kindes,
So trage selbst auch Sorge um dich selber,
Bis Christus in dir Gestaltung annimmt.
Trage Sorge und achte auf dich selber,
Daß kein harter Schlag von außen
Die zarte Leibesfrucht in dir verletzt,
Hab acht, dass nichts in den Leib dir dringt,
Der deine Seele ist,
Was den Geist dir verletzt,
Den Geist, den du im Schoß der Seele empfangen.
Trage Sorge um dich selber, Mutter,
Und wenn du dich schon nicht um dich selber sorgen willst,
So sorge dich doch um den Sohn in dir!
Bewahre dich nicht allein vor allem bösen Wort und Werk,
Bewahre dich auch vor aller Nichtigkeit
Und Eitelkeit der Welt,
Die den Samen Gottes in dir ersticken wollen.
Bewahre dein Herz,
Denn von deinem Herzen geht das Leben aus,
Bewahre dein Herz,
Bis die Leibesfrucht zur Reife gelangt
Und das in dir verborgene Leben Christi
In deinem sterblichen Leib Gestaltung annimmt.
Du hast empfangen den heiligen Geist,
Nun musst du gebären,
Aber du hast noch nicht geboren.
Sind auch schwere Wehen im Gebären,
So ist doch große Hoffnung
Auf die Freude nach der Entbindung,
Denn wenn die Frau gebären soll,
So leidet sie schmerzliche Wehen,
Aber wenn das Kind geboren ist,
So ist sie in der Freude
Über das neugeborene Kind,
Das Christuskind,
Geboren in die Welt des Fleisches,
Den Mikrokosmos.
Denn der jetzt von dir empfangen ist, der Herr,
Im liebenden Geist in deiner Seele,
Der wird als Mensch in deinem Leib geboren,
Dann wird dein Leib verklärt
Von seinem verklärten Leib,
Wird wandeln von Klarheit zu Klarheit
Und leben mit Gott in der Glorie
Ewigkeiten Ewigkeiten!

Darum sollst du leben wie Maria,
Die das göttliche Kind getragen,
Geboren, gesäugt, gekost.
Und deine Liebesverschmelzung als liebende Jungfrau
Mit dem göttlichen Sohn in deinem Schoß
Ist die intimste Liebesvereinigung,
Dafür dem glühendsten Liebhaber selbst
Die Feuersprache fehlt.

Du bist eine Mutter,
Wenn du Christus im Herzen trägst,
Wenn du Christus in deinem Körper trägst,
Indem du Jesus liebst
Und dein Gewissen rein bewahrst.
Du gebärst ihn aber in die Welt
Durch deine Werke der Liebe.

Du, Christ, du glaube,
Daß Gottes und Marien Sohn
Auch dein Sohn jetzt sei!
Der Christus muß von dir geboren werden.
Damit die Gottesgeburt dir frommt,
Mußt du das heilige Beispiel der Jungfrau
Als Bild in deinem Herzen empfangen
Und dein Herz dem Herzen Mariens gleichgestalten.
Es ist kein anderer Weg
Zur Gottesgeburt in der Seele,
Als dass du Maria gleichst.
Dies Große Zeichen der Mutter Gottes
Muß allezeit in deinem Herzen erneuert werden.
Auch annehmen musst du dich des göttlichen Kindes,
Wie die allerseligste Jungfrau tat,
Die Gott empfangen und Gott geboren,
Und sollst das Christuskind dein eigen nennen,
Dein Kind allein und einziges Kind.
Wer aber das Kind nicht annimmt
Und aufzieht mit mütterlicher Liebe,
Dem ist die Gottesgeburt umsonst geschehen.
Wer aber dem Kind der Jungfrau
Mit Liebesgefühlen und reinster Lust
In seinem Herzen eine Wiege bereitet,
Der wird in seinem Herzen solche Süßigkeit
Und Freude haben und unerschrocken sein
Und getrost sein und Frieden haben.


3

Gott unter Verschleierung
Der göttlichen Majestät
Verließ den himmlischen Thron,
Iim Tempel Wohnung zu nehmen,
Dem Schoß der Jungfrau.
Im Verborgenen tritt die Gottheit ein,
Als Menschenkind geboren zu werden.
Gott behält das göttliche Wesen
Und wird ein menschliches Wesen.
Mit menschlichem Fleisch und Blute
Bildet sich Gott zu einem Menschenkind.
Der Leib Mariens wölbt sich stolz,
Doch nicht infolge sexueller Einigung,
Infolge des Glaubens allein,
Nicht durch den Samen des Mannes,
Sondern durch das Wort.
Neun Monde währende Mühen kennt sie nicht,
Weil sie die schöpferische Gottheit in sich aufgenommen.
Sie gebiert nicht unter schmerzlichen Wehen,
Sondern mit Lust und Jubel!
Dreimal wunderbare Frau und Mutter des göttlichen Wunders!
Jauchzend bringst du ein Kind zur Welt,
Ein Kind, das älter als der Kosmos.
Die junge Wöchnerin ist nicht ermattet,
Das Kind kommt nicht weinend zur Welt.
Die Mutter liegt nicht erschöpft im Kindbett,
Das Kind ist nicht beschmutzt.
Nicht reinigen muß sich die Mutter
Und das Kind muß nicht gebadet werden,
Da das Kind gekommen,
Allen Schmutz und alle Unreinheit von uns zu nehmen,
Den Schmutz und die Unreinheit in uns!
Auch ist ganz unverletzt der Mutterschoß.
Es ward nicht verletzt, die das Heil geboren!
O Geheimnis der Geheimnisse,
Pforte des Ewigweiblichen,
Schoß der Mysterien,
O die Gottesgeburt
Im Schoß der immerwährenden Jungfrau
Mit dem auf geheimnisvolle Weise intakten Hymen.

Als die Stunde der Geburt gekommen,
Erhob sich die Jungfrau
Und lehnte sich an einen Pfeiler.
Josef legte Heu der Herrin zu Füßen
Und wandte sich ab.
Da ging das göttliche Kind hervor
Aus dem gesegneten Schoß der Jungfrau Mutter
Ohne Schmerzen
Und ohne Verletzung des Hymens.
Wie das göttliche Kind
In ihrem Schoß gewesen war,
So lag es nun vor ihr im Heu
Zu ihren Füßen.
Die Mutter beugte sich liebevoll nieder
Und hob das Kindlein auf,
Umarmte zärtlich das Kind
Und legt es auf ihren Schoß.
Dann wickelt sie das Kind
In ihren Schleier
Und legt es in die Krippe.
Die Tiere wärmten das Kind.
Maria betet das göttliche Ur-Kind an
Und dankte Gott:
Ich danke dir, Adonaj,
Mein Vater und meine Mutter,
Daß du mir das göttliche Kind geschenkt!
Ich bete dich an, Ewige Gottheit,
Und dich, der Lebendigen Gottheit Kind,
Mein Kind!
So setzte sich Unsere Liebe Frau
Und schaute auf das Kind in der Krippe,
Versunken in die Betrachtung
Des göttlichen Kindes, das sie liebte!

Nun grüßen wir dich, Maria!
Nun grüßen wir auch den gerechten Josef!
Nun will ich küssen im Geist das Jesuskind,
Küssen dem Jesuskindlein die Füßchen!
Nun bitt ich dich, geliebte Mutter,
Reiche mir dein Kind!
Ich nehm dich in die Arme, geliebtes Kind,
Ich drück dich an mein Herz, geliebtes Kind,
Ich schau dir in die Augen, geliebtes Kind!
Ich küsse dich mit Ehrfurcht,
Erfüllt von tiefem Vertrauen in deine herzliche Liebe!
Ich darf dich küssen, o göttliches Kind,
Du bist ja auf die Welt gekommen,
Sünder selig zu machen!
Darum wirst du es mir in deiner Liebe gern erlauben,
Dich nach Herzenslust zu berühren,
Darin wirst du keinen Stolz sehn, sondern Liebe,
Liebe des Sünders zum göttlichen Kind!

Marias schwangerer Leib
Ward nach der Geburt des Kindes
Wieder der graziöse Körper der schlanken Jungfrau!
Zarte Jungfrau,
Du bist von wunderbarer Schönheit!

Dem Kinde war kalt,
Da legte Maria das Kind an ihre Brust
Und wärmte das Kind.
Als aber die Hirten kamen,
Wollten sie wissen,
Ob das göttliche Kind
Ein Sohn sei, oder eine Tochter?
Da zeigte Maria den Hirten
Die Natur und das Geschlecht des Kindes.

O Madonna, du beugtest deinen schlanken Hals
Und ließest deine schwarze lange Haarflut
Über das Kindlein wallen.
Das Kindlein streckte das Händchen aus
Und nahm deine pralle Brust
Und saugte mit dem Munde
Die Muttermilch des Trostes, der Liebe und Weisheit,
Die süßer ist als Honigmilch
Und besser nährt als Manna – Was ist das?...

Die Ewige Weisheit,
Vor der sich die Engel scheu verhüllen –
Die allerheiligste Jungfrau schaute das Antlitz
Des göttlichen Kindes in tiefstem Vertrauen
Und innigster Liebe
Und sagte: O mein geliebtes Kind!
Der Kleine Gott
Sprach zu Maria: Meine geliebte Mutter!


4

Ich sah die Madonna im Bett,
Im Kindsbett, sie stillte das Kind.
Ich sah ein schönes Bett,
Mit schönem Schmuck verziert.
Da lag die Gebärerin Gottes
Und glänzte von solcher Schönheit,
Ihr Antlitz glänzte von solcher Klarheit,
Ihr weißes Kleid von solcher Reinheit,
Daß von dem Glanz, der von ihr ausging,
Das ganze Zimmer durchflutet war.
Der Kleine Jesus lag an ihrem Schoß
Und barg sich an den Brüsten
Und sie liebkoste das Kind.

O die Muttergottes
Reichte mir ihr Kind,
Das ich’s an meinem Herzen trage,
Da wollt ich stillen das Kindlein,
Stillen das Jesuskind
Mit meinem Mannesbusen!

Im Kindbett meines Herzens
Ruhe das Christuskind.
Das Bett meines Herzens ist der Ort,
Da Gottheit und Menschheit sich begegnen.
Wie Maria, die nach der Gottesgeburt im Bett
Den Kleinen Jesus liebkoste,
Liegt auch meine marianische Seele
Mit dem Kleinen Jesus im Bett meines Herzens
Und Jesus ruht in meinen Armen.
Selig ist der Mensch, der dem süßen Jesus
In seinem Herzen ein Kindsbett bereitet!

Siehe, der Schoß Mariens
Ist das blühende Bette Salomonis,
Das allein für Gott bereitet war,
Damit er darin ruhen könne.
Maria ist ein schönes gemütliches Bett,
Maria ist ein Brautbett,
Das Gott geschmückt,
Um sich im Brautbett der Madonna
Mit der Menschennatur zu vermählen!
Der Schoß der Jungfrau ist das Brautbett,
Der Ort der heiligen Ehe,
Da sich die göttliche Weisheit dem Menschen vermählt.


5

Narren brüllen vor Lachen,
Aber die weise Madonna
Lächelt nur leise und lieblich,
Ihr Lächeln ist von entzückendem Liebreiz!
Ihr Lächeln ist zauberhaft
Und unaussprechlich charmant!

Die Pflege des Jesuskindes
Löste bei Maria Wogen
Unaussprechlicher Wonnen aus.
Beim Stillen des göttlichen Kindes
Empfand sie unglaubliche Süßigkeit:
Das glaubst du nicht, so süß ist das!

Auch Josef, der Gerechte, der Zaddik,
Hielt das Jesuskind auf dem Schoß
Und lachte mit dem göttlichen Kinde
Und spielte mit dem göttlichen Kinde!

O Maria, meines Herzens Trost und Freude,
Jungfrau Mutter, du liebtest dein Kind
Mit einem Austausch von Zärtlichkeiten
Und Gefühlen trunkener Freuden!

Ich sah die vierundzwanzig Alten
Und den weißen Thron der Ewigen Gottheit!
Ich sah Maria und das Jesuskind,
Sie waren ausgesprochen herzlich
Und heiter miteinander!
Denn nach der Gottesgeburt
Maria hat ihren lieben Sohn
In ihre fraulichen Armen genommen
Und ihn mütterlich umarmt
Und das mit fröhlichster Wonne! Halleluja!


6

Frau Armut weihte ich mich
Wie einst der große Troubadour Gottes,
Da erschien mir Maria.
Mein leiblicher Vater hatte mich versucht
Und wollte mich abwenden von dem Wege Gottes
Und mich führen auf den Weg der Welt,
Die breite Straße der Verdammnis!
Aber ich widerstand der Versuchung durch meinen Vater
Durch den Beistand der Heiligen Schrift!
Und da belohnte mich die allerseligste Jungfrau
In der Nacht mit ihrer Liebe!
Ich lag wie in der Kirche vor dem Altare
Flach auf dem Boden,
Daß meine Nase den Boden berührte,
Und betete an den Gott der Schönheit!
Da rief mich die allerseligste Jungfrau
Mit ihrer zärtlichen Mutterstimme,
Ihrem fraulichen Liebesflüstern!
Da erhob ich mein Antlitz
Und sah die himmlische Jungfrau,
Den Spiegel der göttlichen Schönheit,
Sie hielt ihr nacktes Kind in den Armen
Und reichte mir das Christuskindlein mit den Worten:
Komm ruhig nah und herze mein Kindlein,
Den du heute vor den Menschen bekannt hast.
Da scheute ich mich vor der keuschen Jungfrau
Und dem allerheiligsten Gott,
Da öffnete Jesus seine Arme weit wie zum Willkomm
Und lachte mich erwartungsvoll an.
Und im Vertrauen in die Reinheit der Freude
Und Heiterkeit der Liebe des Kindes
Und im Vertrauen auf die Liebe der Jungfrau
Und Süßigkeit der Brüste der Muttergottes
Trat ich zum Christuskind,
Umarmte ihn und streichelte ihm das Haar.
Die himmlische Mutter
Und allerlieblichste Jungfrau überließ mir
Das Christuskind für eine ganze Nacht
Und einen langen Morgen!

Da war mir so froh und fröhlich,
Ich war wie ein König so selig,
Daß ich tanzen wollte und jauchzen
Vor dem Bilde Mariens,
Dem Spiegel der göttlichen Schönheit!


7

Schau, wie Maria am Kreuz
Geduldet und gelitten!
Schau die Gefühle
Einer Mutter voll Mitleid!
Das ist deine Mutter,
Mater Dolorosa!

Maria vergießt am Kreuze Tränen,
Tränenströme aus den Sternen ihrer Augen!
Oh dass meine Augäpfel Quellen wären
Und Tränenströme sich ergössen!

Durch das tiefempfundene Mitleid
Mit dem gekreuzigten Sohne
Ist sie mitgekreuzigt worden.
Was Lanze und Nägel im Fleisch des Sohnes getan,
Tat in der Seele Marias das Mitleid
Und die Angst der liebenden Mutter.
Die mütterliche Liebe Mariens
Hat sehr viel zur Versöhnung beigetragen,
Durch ihr unüberbietbares Mitleid
Hat Maria an der Erlösung mitgewirkt.

Der Sohn nahm Abschied von der Mutter Maria.
Maria wollte das Haus des Hohenpriesters betreten,
Aber es wurde ihr verweigert.
Sie stand vor der Tür und weinte,
Als sie die bösen Lügner hörten,
Die ihren Sohn verklagten.
Das Gericht vor dem Gouverneur hat sie miterlebt
Und sah dann aus der Ferne ihren Sohn
Gebunden von einem Heiden und Menschenmörder.
Sie hörte und sah das Todesurteil
Und hörte, wie die Leute sich statt des Sohnes Mariens
Einen Räuber und Mörder erbaten,
Aber den Sohn Mariens wollten sie nicht haben:
Was sollen wir noch mit dem?
Das brach Maria das Herz,
Durchbohrte ihre Seele!

Als die Mutter Maria sieht,
Wie ihr geliebter Sohn auf das Kreuz gelegt wird,
Sinkt sie in Ohnmacht vor Mitleid.
Wie tot liegt sie eine Weile am Boden,
Die Körperwärme ist ihr entwichen.
Magdalena und Johanna und Susanna
Weinen um den Sohn und um Maria,
Um den Sohn, der ans Kreuz geheftet wird,
Und um die Mutter, die Todesschmerzen
Aus Mitleid leidet und fast erstirbt!
Da kehren Maria die Sinne wieder
Und sie erhebt sich.
Da hört sie die Hammerschläge,
Da ihr Sohn ans Kreuz genagelt wird,
Da weint sie in bitterem Jammer,
Da schrie sie laut vor Schmerzen.
Dann schlug sie sich an die Brüste,
Raufte sich die langen schwarzen Haare,
Raing in namenlosem Schmerz die Hände,
Zerkratzte sich ihr heiliges Antlitz,
Stürzte in den Staub, erhob sich,
Streckte schreiend die Arme nach dem Sohn aus!
Beim scharfen Schnitt der Lanze
Ist ein Schwert durch sie gegangen,
Da der Speer ihrem Kinde das Herz durchbohrte.

Maria wollte zumindest die Füße
Ihres Sohnes am Kreuz umfassen,
Aber er hing zu hoch am Kreuzesstamme.
Da umklammerte sie mit den Armen
Den Kreuzesstamm und trank das Blut des Sohnes!
Sie küsste das Blut des Sohnes
Und weinte selber blutige Tränen,
Es mischte sich das Blut des Sohnes
Mit den blutigen Tränen der Mutter
Zu einem Wein der Erlösung!
Das Blut des Sohnes färbte das weiße Kleid Mariens
Zu einem roten Kleid der Marterzeugin!

Dann hielt Maria den toten Sohn
Auf ihrem Schoß, in ihren Armen.
Maria hielt den Körper des toten Sohnes
Umschlungen wie mit eisernen Ketten
Und wollte ihn nicht lassen zum Begräbnis.

Nach dem Begräbnis des Sohnes
Nahm Johannes Maria ganz bei sich auf.
Sie besuchte immer wieder
Die Leidensstätten ihres Sohnes
Und dachte an die Passion des Sohnes
Und ihr eigenes Mitleid.
Im Haus des Johannes fand sie die Ruhe
Zur mystischen Betrachtung
Der Schmerzen des Sohnes
Und der Schmerzen der Mutter.

Da sprach sie in großen Schmerzen
Zum Erzengel Gabriel dies:
O Gabriel,
Du hast mir große Freude verkündet
An meinem Kind,
Du hättest mir auch verkünden sollen
Die großen Schmerzen,
Die ich seinetwegen gelitten.
Du sagtest: Ohne Schmerzen sollst du gebären,
Aber sag mir, ob du je eine Mutter gesehen,
Die schwerere Schmerzen leiden musste?
O lieber Engel, schau,
Du sagtest: Du bist voller Gnaden,
Aber wie ist dies, in der Gnade zu leben,
Warum bin ich dann in solchen schrecklichen Schmerzen,
Solchem bitterem Jammer
Und solcher dunklen Nacht der Trübsal?
O mein Engel,
Du sprachst: Der Herr ist mit dir,
Doch ist er mir nun so fern,
Daß ich nur aufschreien kann:
Mein Gott, mein Gott, was hast du mich verlassen!
O lieber Gabriel, du sagtest:
Du bist mehr gesegnet als alle Frauen,
So sag ich aber aus meinem betrübten Herzen
Und aus der undurchdringlichen Finsternis
Des Jammers und meiner bitteren Trübsal:
Sahest du je eine Seele, die verfluchter war als ich?


8

Marias Brüste
Sind weißer als Milch und Lilien,
Ihr Duft ist süßer
Als Blumen und Balsam!
O Maria, deine Brüste
Sind besser als Wein!
Schau, die Gestalt deines Busens
Erinnert an die Gazelle,
Die in den Lilien weidet,
Zwei Kitze der Gazelle,
Zwillingskitze deine Brüste!
Wie eine Palme ist dein schlanker hoher Wuchs,
Und deine Brüste sind wie Trauben!
Trauben am Weinstock sind mir deine Brüste!
Maria redet: Meine Brüste
Gleichen Rundtürmen einer Mauer!
Mein Geliebter ruht gebettet
Wie ein Beutel mit Myrrhe
Zwischen meinen Brüsten!

Diese geistliche Kunst der Liebe
Lehrt am Beispiel der Brüste Mariens
Die Weisheit und die Liebe!
Milchspendende Brüste Mariens
Sind Quellen des Heils,
Sie sind das Verheißene Land,
Wo Milch und Honig überströmen!

Der Christ ist ein Kind,
Dem Milch gespendet wird,
Der Christ sei begierig
Nach der reinen vernünftigen Milch
Des unverfälschten Glaubens.
Kommt, trinkt an den Brüsten Mariens,
Trinkt an der Quelle des Heils,
Bei Maria ist die Quelle des Lebens,
Mariens Brüste sind die Quellen
Der geistigen, unverfälschten Milch.
Aus den Brüsten Mariens
Süßigkeit zu saugen, süßer als Honig,
Bin ich jetzt mit Eifer geeilt!

Milchspendende Brüste Gottes!

Der Herr spricht: Ich,
Ich habe die Glieder meiner Gläubigen hergestellt
Und meine eignen Brüste für sie bereitet,
Daß sie trinken meine heilige Milch,
Auf dass sie ewig leben!

Gottes Milch aus Gottes Brüsten erlöst!

Darum spricht der Christ:
Der Becher mit Milch ward mir gereicht,
Ich habe die Milch getrunken
In der Süßigkeit Gottes.
Der Sohn ist der Becher,
Der Vater wurde gemolken,
Der Geist hat gemolken.
Denn Gottes Brüste waren prall von Milch,
Er wollte die Milch nicht unnütz verspritzen,
Da hat den Busen Gottes der Geist geöffnet
Und die Milch gemolken
Und sie mit dem süßen Honig der Liebe gemischt
Und hat den Menschen und der ganzen Welt
Die süße Honigmilch des liebenden Vaters geschenkt,
Obwohl sie’s nicht wussten,
Aber die getrunken haben
Die Milch der Brüste Gottes,
Das sind die Gerechten.

Die Brüste Christi
Sind die Süße der Freudenbotschaft,
Speise für die Kinder Gottes.
Sauge nicht so sehr an den Wunden Jesu,
Sauge mehr an den Brüsten Christi!

Christus ist die Muttermilch
Der ewigen Gnade.
Mit der Muttermilch erleuchtet Christus
Unsre Augen wie eine Mutter,
Die dem Kinde, wenn die Augen schmerzen,
Muttermilch in die Augen tröpfelt.
Mit den beiden Brüsten
Seiner Gnade und seiner Barmherzigkeit
Hat Christus unsern Schmerz geheilt!

Zwei Brüste hat Christus,
Eine Brust seiner Menschheit
Und eine Brust seiner Gottheit.
Der Mensch, der Gemeinschaft mit Jesus sucht,
Den wendet Christus von einer Brust zur andern,
Begehrt der Mensch die Milch,
Legt Christus den Menschen an die Brust seiner Menschheit,
Begehrt der Mensch den Wein,
Legt Christus den Menschen an die Brust seiner Gottheit,
Seiner berauschenden Gottheit!


9

Ich sah, wie schön
Stand Unsre Liebe Frau
Zur linken Hand der Ewigen Gottheit,
Unverhüllt an ihrer Natur,
Ich sah, wie ihr jungfräulicher Leib
Geformt war in dem Licht ihrer Seele
Und wie die lustvollen Brüste
Unverborgen waren
Und voll der süßen Milch,
Daß die Tropfen fließen
Der Ewigen Gottheit zur Ehre
Und den Menschen zu Liebe,
So dass der Mensch über alle Schöpfung vollkommen ist.

Maria spricht: Da ich
Die Mutter war manches elenden Kindes,
Da wurden meine Brüste so voll,
So prall an Milch,
An süßer Muttermilch der Barmherzigkeit,
So dass ich säugte die Propheten
Und die Weisen
Und meinen Sohn Jesus
Und Gottes Braut, die ganze heilige Kirche!

O Liebe Frau,
Du musst uns säugen,
Denn deine Brüste sind noch so prall und voll,
Daß du nicht innehalten kannst.
Ja, wolltest du mich nicht säugen und stillen,
So täten dir die Brüste weh,
Denn wahrlich, ich sah, und siehe,
Deine Brüste waren so prall und voll,
Daß sieben Strahlen sich ergossen aus einer deiner Brüste
Über meinen Körper und meine Seele.
In der Stunde nahmst du mir die Arbeit,
Die kein Gottesfreund ohne Herzensqualen tragen kann.
So sollst du mich säugen und stillen
Bis an den Jüngsten Tag!
Dann sollst du sehen,
Wie Gottes Kind und deins
Gereift ist in den vollkommenen Leib.
Ah, dann will ich bekennen in unzählbaren Liedern
Die wonnereichen Brüste,
Die Jesus so dick geküsst!

Maria betet: Herr,
Erbarme dich über den armen elenden Sünder
Und gedenke, wie du meine Brüste gesogen
Und vergib dem Sünder durch meine Milch!

Ich bekenne, dass ich nicht nur einmal,
Sondern oft von den Brüsten Mariens
Gesäugt und gestillt bin worden
Und dass sie mir mit der Milch ihrer Brüste
Süßen Trost für alle Seelenwunden
Und himmlische Weisheit eingegossen
Und mein Mund ward voll des süßen Lobgesanges.
Denn Maria sprach zu mir: Nimm hin
Mein Kind, den Kleinen Jesus!
Dann ließ Maria einige Tropfen
Ihrer süßen Milch aus den Brüsten tropfen
Auf meine Lippen,
So dass ich ein süßer Troubadour Unsrer Frauen ward!

Als ich ein Kind war, sah ich,
Und siehe, ich sah, das Jesuskind
Trank an der Brust Marias,
Da rief Maria mir liebevoll zu:
Nun komm, mein Kind, und trinke,
Trinke gleich meinem Kind aus meinen Brüsten,
So wirst du ein Meister der frommen Kunst!
Da nahm das Jesuskind
Die Brust Mariens aus dem Munde
Und gab sie mir, die süße Brust,
Ich trank die Milch der Weisheit.
Dann nahm das Jesuskindlein wieder die Brust
Und ich verstand die Offenbarung
Der Weisheit der heiligen Schrift.

Auch weiß ich wohl, nicht weit von der Grotte,
Wo Christus geboren,
Im Süden Bethlehems ist ein Ort,
Ist eine Grotte, da singt man Gott.
Die Grotte heißt
Der allerseligsten Jungfrau Grotte.
Darin war die Mutter oft mit Jesus verborgen,
Da begab es sich, dass Maria
Aus Überfluß der Milch in ihren prallen Brüsten
Tropfen auf die Erde fallen ließ,
Davon die Erde die Kraft empfangen,
Wunder zu tun durch die Milch Mariens.
Daher stammt die Milch Mariens,
Die als Reliquie voll der Wunderwirkung
Auf den Altären gespendet wird...
Über der Höhle der Milch Mariens
Ist eine kleine Kapelle gebaut,
Ein Kloster der klugen Jungfraun,
Von der heiligen Paula ward es errichtet.
Dorther stammt die wunderbare
Muttermilch Mariens.

Die Muttermilch Mariens aber
Gleicht dem Blute Christi vom Kreuz.
Am Kreuze standen offen beide,
Die Wunden Jesu und die Brüste Mariens.
Die Wunden sich ergossen,
Die Brüste überflossen,
So ward meine Seele lebendig!

Der alte heilige Augustinus
Frug sich noch, aus welcher Quelle
Er sein Heil soll saugen,
Den Wunden Jesu oder den Brüsten Mariens?
Ein Blutstrahl aus der Seitenwunde Christi
Spritzte ihm ins Gesicht,
Die Milch aus den Brüsten Mariens
Ergoss sich über sein Haupt.

O du zu fürchtender Heiliger Vater!
In deiner barmherzigen Milde und Süße
Gleichst du einer barmherzigen Mutter,
Einer schönen göttlichen Frau
Mit offen entblößten Brüsten!
Die Gottheit des Himmels ist nicht ferne,
Sondern nah wie eine Mutter ihrem Säugling.

In der Ewigkeit vor der Schöpfung
Sog das göttliche Kind, die Weisheit,
An den Brüsten der Barmherzigkeit
Und war in Ewigkeit geborgen
Im barmherzigen Mutterschoß Gottes,
Und du, geliebte Seele,
Sei selig in der Umarmung der göttlichen Liebe!




ZWEITER GESANG


1

Ich sah die heilige Jungfrau,
Eine junge schlanke Frau
Von unaussprechlicher Schönheit,
Eine reine Lichtgestalt,
Das Kleid und die Augen von himmlischer Bläue,
Die Füße bedeckt vom weißen Saum des Gewandes,
Um die Hüften trug sie einen Gürtel,
Ein weißer Mantel umgab ihre ganze Gestalt,
Von einer goldnen Spange zusammengehalten.
Ein leuchtend weißer Schleier bedeckte die Haare
Und wehte im Himmel wie fließendes Licht.


2

Möge die Frau aller Völker,
Die einst Maria hieß,
Meine Adcocatin sein,
Meine Erlöserin!


3

Sie lehrte mich
Die Ewige Weisheit,
Sie lehrte mich
Das Geheimnis der Ganzhingabe an Maria,
Sie lehrte mich
Das Leben der Jungfrau zu schauen.


4

Maria lehrt geistliche Lieder,
Psalmen, Hymnen und spirituelle Oden,
Sie entfaltet ihren blauen Mantel
Über das ganze Universums,
Sie führt die Hand beim Schreiben,
Sie lehrt Gebete und Gedichte,
Sie lässt sich leibhaftig schauen
In der Television!


5

Drei Tage nach ihrem Tode,
Am Tage ihrer leiblichen Aufnahme in den Himmel,
Erscheint Maria den Aposteln
In strahlendem Lichtglanz und sagt:
Ich werde immer, immer bei euch bleiben!


6

Dem Schüler erscheint Maria
Mit dem Evangelisten Johannes
Und gibt Erklärungen zu Glaubensfragen.
Der heilige Ritter sprach mit Maria
Und sie sprach mit ihm
Wie eine Königin mit ihrem höfischen Diener
Und wie eine Mutter mit ihrem geliebten Sohn.


7

Maria erschien dem Knaben
Eines ungläubigen Vaters,
Der Vater wollte den Sohn verbrennen,
Aber Maria rettete ihren Schützling
Vor der Grausamkeit des Vaters,
Sie nahm den Sohn in der Taufe
Als ihren eigenen Sohn an.


8

Maria erscheint mit dem göttlichen Kind,
Sie hält eine Birne in der Hand,
Das Kind hält einen Apfel in der Hand.
Maria trägt ein goldenes Kleid
Mit eingestickten Blumen,
Darüber einen Purpurmantel
Mit goldenen Lilien,
Auf dem Haupt trägt sie im Haar
Einen Kranz von roten Rosen.


9

Maria spricht:
Bleib treu,
Bleib treu auf dem Weg,
Den du bis hierher gegangen,
Das ewige Heil wird dir dann gewiß sein.


10

Maria erscheint einem Bettler um Liebe
In der Nähe von Herford
Im Walde in weißer Lichtgestalt
Als heilige Maria vom Walde.
Zum Zeichen ihrer Erscheinung
Schwebte über dem Holzkreuz
Eine weiße Turteltaube
Mit rauschendem Flug im Winde.


11

Maria erscheint einer schwangeren Mutter
Im Traum und spricht im Traum zur Mutter
Und legte der Mutter einen goldenen Ring in die Hand
Und sprach: O meine Liebe,
Der Sohn, den du im Schoße trägst,
Soll einst mein Bräutigam sein!


12

Ein Gottgeweihter
Machte keine Fortschritte in dem Studium,
Dem Studium der göttlichen Weisheit.
Er wandte sich um Hilfe an Maria.
Maria erschien ihm
Und unterwies ihn spirituell:
Er soll in aller Demut
Die Gabe der Weisheit Gott weihen
Und alles zur Ehre Gottes allein tun.
Der Gottgeweihte entfaltete eine tiefe Frömmigkeit
Und tiefe mystische Weisheit
Und war erstaunlich belesen
Und bewandert in den Kirchenlehrern.


13

Ein Mönch zog die Armut
Dem väterlichen Reichtum vor
Und machte eine Wallfahrt
Und lebte schließlich einsam
Auf dem Monte Virgine.
Dort gab es schon in alten Zeiten
Einen Kultort der Magna Mater,
Der großen Mutter Cybele.
Im Gebet erging an den Eremiten das Gebot,
Den Ort, wo einst der Magna Mater gedient ward,
Zum Marienheiligtum umzugestalten,
Um so der wahren Mutter zu dienen.


14

Ein kleiner Knabe von einem Jahr,
Der bisher noch nicht gesprochen hatte,
Sprach plötzlich von einer wunderschönen Dame,
So unaussprechlich und unglaublich schön,
Die für seine Mutter aber nicht sichtbar war.
Der Onkel schloß darauf, dass das Kind
Die Dame Maria geschaut
Und wunderbar davon gezeugt.

15

Wenn du im Strudel des Lebens
Von Wind und Wetter umgewirbelt wirst
Und bodenlos unter dir der Abgrund klafft
Und du willst, dass dich die Brandung nicht verschlingt,
Dann schau auf den leuchtenden Meeresstern!
Toben Feuerstürme der Versuchung in dir
Und wirst du in das Meer der Trübsal geworfen,
Dann schau nach dem Meeresstern
Und rufe Maria, Maria, Maria!
In Zweifeln, in Angst, in Gefahren
Denk an Maria, rufe Maria!
Ihr Name sei immer in deinem Herzen,
Dein Herz sage allezeit: Freue dich, Maria!
Denkst du an sie, dann wirst du nicht irren,
Wenn sie dich beschützt,
Dann brauchst du keine Angst zu haben.
Denn Maria ist dein Schutz!


16

Einer verehrte schon als Kind
Das junge Mädchen, die junge Mutter Maria.
Einmal schenkte er dem Mädchen Maria
Einen köstlichen Apfel,
Den Maria aus seinen Händen empfing.
Mit zwölf Jahren kam er in die christliche Schulung
In Friesland.
Der Höhepunkt seines Lebens
War die mystische Vermählung mit Maria,
Wobei er zu seinem Taufnahmen
Noch den Namen Josef erhielt.
Drauf sang er süße Hymnen an Maria,
Die Königin der Minne.
In der Nacht sprach er sein Gebet,
Als er die Jungfrau Maria schaute
In unglaublicher Schönheit!
Sie war in ein strahlendes Kleid gekleidet
Und zwei kleine Engel waren zu ihren Füßen
Und sprachen einer zum andern:
Wen sollen wir der Jungfrau vermählen?
Sprach der andre Engel, wie ein Zwilling des ersten:
Wen anders als diesen Bruder dort?
Dabei wies der Engel
Auf den betenden Mann
Und nahm dessen Hand
Und legte des Mannes Hand in Marias Hand
Und sprach: Die Jungfrau ist deine Braut,
Wie sie mit Josef verlobt war.
So sollst du mit der Braut
Auch den Namen des Bräutigams erhalten.
So steht auf dem Grabe des Mannes:
Josef, Bekenner und Bräutigam
Der heiligen Jungfrau Maria!


17

Maria erschien einem Eremiten
Und eines Tages auch
Mit Maria Magdalena,
Der wunderschönen
Schwester der Engel.
Maria lehrte ihn
Geistlichen Lobpreis
Und sprach: Nur Mut!
Und segnete ihn im Namen
Der Allmacht, Allweisheit und Ur-Liebe.


18

Einmal sah ich im Traum Maria
In einem himmlischen Saal
Auf einem goldenen Thron
Wie auf einem leuchtenden Mond.
Aber satanische Hunde versperrten mir den Weg
Zum himmlischen Thron Mariens.
Da verscheuchte die Herrin Madonna
Mit einer Handbewegung
Die satanischen Hunde
Und belehrte mich,
Daß ich von keiner Widerwärtigkeit
Mich hindern lassen dürfe,
Sondern immer zu Maria Zuflucht nehmen solle.
Da sah ich die Madonna Maria
Und zu ihrer Rechten Maria Magdalena
Und zu ihrer Linken Maria Ägyptiaca,
Aber die Madonna Maria
War die Größte der drei Marien.


19

Einmal, als ich eine Hymne gedichtet,
Eine spirituelle Ode an Maria,
Die da hieß: Salve Mater!
Da erschien mir Maria,
Sie grüßte mich lächelnd
Und bedankte sich
Für meinen Marienlobpreis.


20

Eines Morgens ward ich im Geist erhoben,
Ich hatte auf dem Diwan geruht,
Ich hatte nicht gebetet,
Sondern geschlummert und geträumt
Und hatte die Gnade nicht erwartet,
Doch unerwartet traf mich die Gnade,
Daß meine Seele verzückt ward
Und ich sah die glückselige Jungfrau
Im Lichtglanz der Herrlichkeit,
Eine hohe Frau von himmlischem Adel,
Solcher Glorie, solcher Würde,
Daß ich unaussprechlich entzückt war
Und vor Freude zu weinen begann,
Denn sie zu schauen
Gewährt eine unaussprechliche Wonne.
Sie schwebte am Himmel, die allerreinste Frau,
Und bat für die Menschheit.
Wie soll ich sagen, welche mütterliche Sorge
Um die ganze Menschheit
Ich in ihrem Unbefleckten Herzen sah?


21

Unsre Liebe Frau sprach zu einer christlichen Seele:
Allerliebste meines Sohnes, nimm!
Da legte sie den göttlichen Sohn
In die Arme der christlichen Seele.
Das göttliche Kind schien die Augen geschlossen zu haben
Und war in Windeln gewickelt.
Unsre Liebe Frau war so schön,
So süß und lieblich anzuschauen,
Daß die christliche Seele
Nicht allein den Kleinen Jesus betrachtete,
Sondern unverwandt auf Unsere Liebe Frau schaute.
Da lag das göttliche Kind auf einmal nackt
In den Armen der christlichen Seele
Und öffnete die Augen,
Da empfand die christliche Seele
Vor diesen offenen Augen des Himmels
Solche Liebe, solchen Leuchtglanz der Liebe,
Daß die christliche Seele überwältigt war
Von dem strömenden Leuchtglanz der Liebe,
Es war unaussprechlich,
Welche heiße Glut der Liebe
Und welche strahlendste Wonne
Aus diesen Augen des Himmels strömte!
Da hatte das Kind auf einmal solche erhabene Würde,
Die Würde der Gottheit, und sprach:
Wer mich nicht als armes Menschenkind gesehen,
Der sah mich nicht in meiner wahren Größe.
Dann sprach das göttliche Menschenkind:
Ich kam zu dir und habe mich dir geschenkt,
Damit du nun auch dich mir ganz zu eigen gibst.
Da schenkte sich die christliche Seele
Ganz dem göttlichen Kinde Jesus
Und mit dem eigenen Herzen
Auch alle Kinder ihres Herzens
Schenkte sie ganz dem göttlichen Kind.
Und die christliche Seele erkannte,
Wie der Kleine Gott die Seele empfing
Und mit der Seele alle Kinder der Seele
Mit großer Fröhlichkeit alle herzlich empfing.
Über die süße Lust vor dem Jesuskind,
Die außergewöhnliche Freude
Und tiefe Wonne und überströmende Süßigkeit
Vor dem göttlichen Kinde
Kann die christliche Seele nichts sagen,
Weil menschliche Zungen nicht so jubeln können,
Wie der Jubel im Innern der Seele war.
Da segnete die Jungfrau
Die christliche Seele
Mit dem Segen im Namen des göttlichen Kindes Jesus.


22

Einem geistliche Menschen
Erschien Maria manchmal mit dem Jesuskinde.
Er schrieb geistliche Schriften
Über Maria und Jesus.
Maria erfüllte ihn immer wieder mit Mut
Und neuer heiliger Leidenschaft.
Einmal aber erschien Maria allein,
Da war kein Jesuskind bei ihr,
Da sprach Maria zu ihm,
Er habe das Apostolat der Literatur vernachlässigt, darum
Sei sie allein gekommen,
Er solle nur wieder fleißig schreiben
Als Apostel der Schrift,
Dann werde auch das Jesuskind wieder zu ihm kommen.


23

Nachdem der Beter
Das güldene ABC Mariens gebetet,
Legte er sich auf das Sofa,
Um sich auszuruhen,
Da sprach er: Ein wundervoller Besuch wird heute kommen.
Kaum hatte er dies gesprochen,
Hörte er die Stimme eines Engels:
Die All-Reine kommt!
Der Beter erhob sich auf den Ruf
Und trat an die Tür.
Ein Licht, wie Licht der Sonne,
Ergoß sich auf den Beter.
Und er schaute die All-Reine
Und neben ihr Petrus, den ersten Papst,
Und Johannes, den Jünger der Liebe.
Als der Beter dieses sah,
Da sank er in die Knie
Mit zitternden Knieen,
Weil er den Glanz der Morgenröte nicht ertragen konnte,
Weil er erschüttert niedersinken musste
Vor der strahlenden Schönheit der Jungfrau!
Da berührte die All-Reine den Beter
Und sprach: Fürchte dich nicht, mein Erwählter!
Ich bin gekommen, um dich zu besuchen.
Dein Gebet um deine Schüler ist erhört.
Sie sprach dies und ward unsichtbar.


24

Eine heilige Seele
Sah öfters Maria.
In der Weihnacht zeigte sich Maria
Mit dem göttlichen Kind,
Begleitet von Heiligen in den Himmeln
Und harfespielenden Engeln,
Singenden Seraphim.
Maria lehrte sie, Ikonen zu malen
Und lateinische Oden
Und italienische Sonette zu schreiben.


25

Ein frommer Eremit
Sah Maria als Göttin des Himmels,
Umgeben von Myriaden Engeln,
Und er hörte ihren Himmelsgesang.


26

Ich war etwa dreißig Jahre alt,
Als meine Großmutter starb.
Ich begriff, was ich verloren hatte
Und kniete in meiner Traurigkeit
Vor einem Bild der Muttergottes
Und bat sie unter Tränen:
Gottesmutter, sei nun meine Große Mutter!
Ich glaube, dass diese naive Bitte
Mir oft geholfen hat,
Denn immer wieder fand ich die Jungfrau,
Wenn ich mich ihr anvertraute.
Sie hat mich auch zu sich zurückgeführt.


27

Einmal sagte Maria zu mir:
Die Liebe aller Mütter
Kommt meiner Mutterliebe nicht gleich!
Deine Liebe zu mir
Steht in keinem Verhältnis
Zu meiner Liebe zu dir!


28

Maria erschien mir zweimal und bat mich,
Dafür zu sorgen, dass die Kinder meiner Seele
Das Gnadenbild der stillenden Gottesmutter
Mehr und liebevoller ehren.
Es war das Bild von Leonardo,
Da Maria ihre bloße Brust
Dem nackten Jesuskinde reicht
Und stillt mit der Milch der Liebe
Den menschgewordenen Gottessohn.


29

Ich hatte den Wunsch, die Jungfrau einmal zu schauen,
Mit diesem Wunsch ging ich schlafen
Und der Gewissheit, ich werde die Mutter schauen.
Um Mitternacht hörte ich meinen Namen rufen,
Da sah ich einen Knaben, vier Jahre alt,
Der sprach zu mir: Die Jungfrau wartet auf dich!
Ich aber sah die seligste Jungfrau noch nicht.
Dann sagte der Knabe, vier Jahre alt:
Da ist die seligste Jungfrau!
Ich hörte ein Geräusch wie Rauschen von Seide,
Die Gestalt kam vom Bilde des heiligen Josef mit dem Kinde.
Da sprach der Knabe: Das ist die seligste Jungfrau!
Ich fragte mich, ob ich wirklich lebendig die Jungfrau sehe?
Da sprach der Knabe zu mir, vernünftig wie ein weiser Mann.
Da sank ich in die Kniee vor der Jungfrau
Und warf mich vor ihr nieder
Und legte meine Hände in den Schoß der Jungfrau.
Das war der süßeste Augenblick meines Lebens!
Sie sagte mir, was ich nicht sagen darf...
Ich solle mich immer vor dem Altar der Weisheit niederwerfen
Und der Ewigen Weisheit mein Herz ausschütten,
Dort werde ich allen Trost empfangen.
Als sie fortging, war es wie das Verlöschen eines lichten Schattens.
Der Knabe, der mein Engel war,
Er brachte mich ins Bett, aber ich konnte nicht schlafen,
So bewegt war ich von der Vision der Lichtgestalt.


30

Ich träumte einen Traum,
Da sah ich eine Schar von munteren Knaben.
Die einen lachten und scherzten,
Die andern spielten und tobten,
Doch einige fluchten auch,
Was mir das Herz betrübte.
Ich wollte sie streng ermahnen
Und wollte sie sogar züchtigen,
Aber da sah ich einen schönen Mann
In einem schneeweißen Mantel,
Er rief mich bei meinem Namen
Und sagte, ich solle Anführer dieser Knabenschar werden:
Nicht mit Schlägen,
Sondern mit Sanftmut und Liebe
Sollst du sie dir zu Freunden machen!
Fange gleich an, sie zu belehren
Über die Befleckung der Seele durch die Lüge
Und die Schönheit der Liebe.
Ich sagte dem Mann, ich sei nicht fromm genug,
Die Kinder im Glauben zu erziehen.
Aber ich sah, wie die Knaben
Aufhörten, wild zu toben und zu fluchen,
Und sich um den sanften schönen Mann scharten.
Ich sprach: Wer bist du?
Er sprach: Du musst das Unmögliche möglich machen
Durch Gehorsam auf Gottes Wort
Und Studium der geistlichen Wissenschaften.
Ich sprach: Wo und wie erlange ich Weisheit?
Er sprach: Ich sende dir eine Lehrerin,
In ihrer Schule wirst du weise werden.
Ohne meine Mutter ist jede Weisheit nichts als Torheit.
Wer bist du, sprach ich, und er sprach:
Ich bin der Sohn der Frau,
Die du allezeit grüßt mit freudigen Grüßen.
Ich sprach: So sage mir deinen Namen.
Er sprach: Du frage meine Mutter nach meinem Namen,
Mit dem du mich nennen sollst.
Da sah ich neben dem schönen, sanften, weisen Mann
Eine Frau von majestätischer Schönheit.
Ihr Kleid war ganz aus Glanz
Und übersät mit Sternenkonstellationen.
Sie winkte mich zu sich und sprach:
Siehe! Und ich sah,
Wie die Knaben verschwunden waren
Und es wimmelte von Drachen und Schlangen,
Bären und Löwen.
Da sprach die allerschönste Frau:
Hier sollst du wirken,
Sei stark und mutig!
Wie du jetzt die Verwandlung der Tiere siehst,
So sollst du meine Knaben verwandeln.
Und ich sah, und siehe, die wilden Tiere
Waren allesamt sanfte Lämmer geworden.
Sie hüpften fröhlich, Zwillingslämmer,
Frisch aus dem Bad gekommen, keines fehlte,
Und scharten sich um die majestätische Frau
Und huldigten ihr als Mutter und Königin.
Da weinte ich im Traum, weil die Frau so schön war,
Und sie legte mir ihre Hand auf das Haupt
Und segnete mich, die Jungfrau meiner Seele.


31

Maria rief mich das erstemal bei meinem Taufnamen.
Maria sprach: Ich habe dir ein Geheimnis anvertraut,
Das nur dich allein betrifft
Und dir allein bestimmt ist.
Versprich mir,
Es niemandem in der Welt zu offenbaren.


32

Maria, meine himmlische Muse,
Schrieb als Poetesse diese Verse:
Die heiligen Engel in goldener Pracht,
Die bleiben bei euch
Winter und Sommer über Nacht!
Die Rosen im Garten,
Die im irdischen Paradies gewachsen,
Sind im Sommer zu erwarten.


33

Maria sprach zu mir:
Da wo du lebst, kannst du Gutes tun
Und meinen Ruhm verkünden.
Frankreich! Was hab ich alles für dich getan!
Und doch weigert Frankreich sich,
Auf mich zu hören!
Frankreich wird leiden!


34

Mit großem Ernst sprach die Jungfrau zu mir:
Mein Sohn, ich komme diesen Morgen vom Himmel
Und will dein Herz mit mir nehmen!
Da kam sie auf mich zu.
Sie nahm mein Herz und hielt es in ihren Händen
Und sprach: Hab keine Angst. Sei gut!
Ich beschütze dein Herz,
Ich bewahre es oben im Himmel bei mir.
Dein Herz wird immer in meinen Händen sein.
Sie segnete mich und schwand gen Himmel.


35

Mama!
Meine liebste Mutter,
So lässt du mich allein?
O liebe Mutter,
Ich kann nicht mehr sein ohne dich,
O meine Mutter!
Erinnerst du dich noch an den Tag,
Da du mein Herz mit dir
In den Himmel genommen hast?
Behüte es weiter dort oben!
So ist mein Herz immer bei dir.
Meine liebe Mutter,
Bei dir gibt es alles im Überfluß.
Was denkst du?
Kann ein kleiner Junge
Seine Mutter entbehren?
Ach, Mutter, ich fühle mich nicht gut.
O meine liebe Mutter,
Ich kann nicht sein ohne dich!
Verlasse mich nicht!
Meine liebe Mutter,
Ich möchte dich immer besitzen.
Ich kann mich von dir nicht trennen.
O meine liebe Mutter,
Nimm du mich mit ins Paradies!
Ich will nicht ohne dich sein.
Verlasse mich nicht,
Verlasse mich nicht!
Wann wirst du wiederkommen?
Welcher Kummer für mich,
Wenn du weggehst!
Aber – wie du willst!
O meine liebe Mutter,
Verlasse mich nicht!
Ich kann ohne eine Mutter, meine Mutter,
Nicht leben!


36

Maria sprach:
Hab keine Angst, ich tu dir nichts Böses!
Die Gnade Gottes wird deine Stärke sein!
Da öffnete sie die Hände
Und übermittelte ein so starkes Licht,
Wie ein Abglanz von ihren Händen,
Es drang in meine Brust
Und die tiefste Tiefe der Seele
Und ließ mich mich selbst in Gott schaun.
Da fiel ich auf mein Antlitz
Und betete innerlich:
Allerheiligste Dreifaltigkeit,
O mein Gott!
Drauf erhob Maria sich ruhig
Und stieg in Richtung Sonnenaufgang,
Bis sie in der Ferne verschwand.
Das Licht, das sie umgab,
Öffnete einen Weg durch die Himmelswölbung.
Aus diesem Grunde sag ich,
Ich habe den Himmel offen gesehen!


37

Maria sprach zu mir:
Du bleibst noch eine Zeitlang hier,
Denn Jesus möchte sich deiner bedienen,
Damit die Menschen mich erkennen und lieben.
Er möchte auf Erden
Die Verehrung meines Unbefleckten Herzens.
Mein Kind!
Leidest du sehr?
Laß dich nicht entmutigen!
Niemals werde ich dich verlassen.
Mein Herz wird deine Zuflucht sein
Und der Weg, der dich zu Gott führt.
Da öffnete sie die Hände
Und ich sah die Strahlen strömen von ihren Händen
Und sah mich in Gott versenkt.


38

In der dunklen Nacht
Besuchte mich die Muttergottes
Mit dem Jesusknaben an der Hand.
Freude erfüllte meine Seele,
Ich sprach: Maria, meine Mutter,
Weißt du, wie sehr ich leide?
Die Muttergottes sprach:
Ich weiß, wie sehr du leidest,
Aber hab keine Angst,
Ich habe Mitleid mit dir
Und werde immer Mitleid mit dir haben.
Sie lächelte lieblich
Und verschwand, die schöne Madonna.


39

Die Muttergottes sprach zu mir:
Ich bin nicht nur die Himmelskönigin,
Sondern auch die Mutter der Barmherzigkeit
Und deine Mutter!
Ich bin deine Mutter
Aus der unergründlichen Barmherzigkeit Gottes.
(Gottes Barmherzigkeit wohnt ja
In der Gebärmutter Gottes.)


40

Ich sah Maria so schön,
Die Schöne Madonna,
So lang und schlank,
So voller Anmut,
Daß ich die Schönheit nicht beschreiben kann.
Da sprach sie lächelnd zu mir:
Ich bin die Königin des Himmels und der Erde,
Vor allem aber deine Mutter!
Sie drückte mich an ihr süßes Herz
Und sagte: Ich fühle mit dir!
Ich spürte die Macht der Liebe
Ihres süßen Herzens,
Die Mutterliebe ihres Herzens
Strömte in meine Seele.


41

Von nun an lebe ich
Geborgen unterm Mantel der Madonna,
Sie schützt mich mit ihrem Schutzmantel
Und sie lehrt mich ihre Weisheit.
An ihrem makellosen Herzen bin ich ganz ruhig.
Ich bin schwach und ungelehrt,
Aber ich schmiege mich wie ein kleines Kind,
Wie ein Kind von drei Jahren,
An ihr makelloses süßes Mutterherz.


42

Es ist vor allem Madonnas Lächeln,
Ihr liebreizendes Lächeln,
Ihr entzückendes Lächeln,
Daß ich allezeit schaue.


43

Maria spricht:
Ich komme, dein Leid zu lindern!
Glaube an mich,
Und ich glaub auch an dich!
Ich bin
Unsre Liebe Frau über allem!


44

Maria erschien mir in der Nacht
Als eine große junge Frau,
Von langer schlanker Gestalt
Wie eine Palme,
Und von unaussprechlicher Schönheit
Und femininer Anmut.
Sie sprach zu mir:
Fürchte dich nicht,
Ich tue dir nichts zuleide.


45

Die Frau kam zu mir.
Eine überirdische Freude strömte von ihr aus.
Sie sprach: Ich wurde überall abgewiesen,
Nimmst du mich wenigstens auf?
Ich bot ihr einen Platz auf dem Sofa an,
Sie setzte sich und begann zu sprechen
Von der geheimnisvollen Weisheit der Heiligen
Und von dem Leben Sankt Franziskus’.
Die Zeit der Nachtruhe kam.
Sie sollte sich neben mich legen.
Sie sprach: Es ist genug Platz für uns.
Ich bat sie, den Schleier vom Haupt zu nehmen.
Sie nahm den Schleier ab
Und ihre wunderschönen Haare
Fluteten wie eine Kaskade zur Erde,
Ihre Haare waren wirklich wunderschön,
Volles Haar und flutend wie ein Wasserfall.
Ich bat sie, bei mir zu schlafen.
Komm bitte in mein Bett, sprach ich zur Frau.
Sie sprach: Mir genügt der Platz auf dem Sofa.
Wir saßen beide die ganze Nacht
Und lehnten uns an die Wand,
Sie erzählte mir die ganze Nacht
Vom Himmelsparadies
Und wie ich dahin kommen werde.
Was ich hörte von der Frau
War zu schön, als dass ich hätte schlafen können.
Die Frau sprach zuletzt,
Wenn ich viel bete,
So wird die tiefste Sehnsucht meines Herzens
Gestillt.
Beim Abschied sagte sie:
Vivi d’amore!


46

Ich gebe dir einen Lichtstrahl in die Hand,
Es ist die Flamme der Liebe meines Herzens!
Ich bin deine gütige, liebende Mutter,
Mit dir vereint,
Wir gehen Hand in Hand,
Ich rette dich!
Mein Sohn, ich überreiche dir
Die Liebesflamme meines Herzens!
Zünde dein Herz damit an
Und gib das Feuer weiter,
Wenigstens einer Seele!
Diese gnadenvolle Flamme
Aus meinem unbefleckten Herzen
Soll wandern von Herz zu Herz.
Das wird das große Wunder sein,
Dessen Lichtglanz den Bösen blendet.
Sie ist das Feuer der Liebe und Einheit.
Wir werden das Feuer des Hasses löschen
Mit dem Feuer der Liebe!
Meine Liebeflamme
Kann ich nicht länger in mir unterdrücken,
Laß zu, dass sie zu dir strömt!
Meine Liebesflamme
Bricht in deine Seele
Und wird deine Seele erhellen
Mit dem sanftesten Schein.
Wenn du meiner Liebesflamme Wohnung wirst,
Wirst du der ganzen Welt verkünden
Trunken die Gnadenfülle meiner Liebesflamme!
Eine solche Gnadenfülle gab es noch nie,
Seit die Weisheit Fleisch geworden ist.


47

Komm, ich erwarte dich!
So sprach die Stimme vom Garten der Nachbarin.
Ich sah eine Wolke sich vom Himmel niedersenken
Und sich im Pflaumenbaum des Gartens niederlassen.
Die Wolke strahlte von goldenen Sternen
Und vielen Rosenblüten.
Da löste sich aus der Wolke
Eine feurige Kugel
Und setzte sich auf den Apfelbaum.
Dann verschwand die Wolke
Mit der feurigen Kugel
Und ich sah Madonna im Lichtglanz.
Ihren Händen entströmten Strahlen.
Sie trug ein weißes Kleid.
Der Pflaumenbaum, den Maria berührte,
Blühte im Winter.
Du bist in meinem Mantel geborgen, mein Sohn.
Hab keine Angst!
Laß die Welt nur reden,
Du bist in meinen Armen.
Jesus hilft dir, der dich sehr liebt!
Verliere nicht den Mut!
Hebe die Augen oft zum Himmel.
Einst, wenn du bei mir im Himmel bist,
Mein Sohn, dann wird man dich verstehen.
Ich selbst komme oft in diesen Garten,
Dir zu helfen.
Dies ist mein Paradiesesgarten auf Erden!
Ich bin oft hier
Mit den Heiligen und den Engeln.
Selbst wenn ihr mich nicht seht,
Bin ich doch immer mitten unter euch.


48

Das Antlitz der Madonna war entzückend!
Sie trug einen weißen Schleier,
Einen himmelblauen Mantel
Und ein rosiges Kleid,
Ihr Gesicht war freundlich
Und sie lächelte lieblich!
Hohe Dame, gestattet Ihr mir,
Euch die Füße zu küssen?
Sie lächelte einfach entzückend!
Ich umklammerte ihre Füße
Und küsste sie begeistert
Und mit glühender Inbrunst!
Dann segnete sie mich mit dem Segen des Himmels.


49

Die Friedfertigkeit Gottes,
Die Freude Gottes,
Die Liebe Gottes,
Diese drei drangen in mein Herz,
Ich wurde verwandelt.
Heilige Göttlichkeit ward mir eingeflößt.
Die Göttlichkeit, sie berührte mich,
Sie liebte mich,
Erzeugte in mir ein Gefühl der Liebe,
Ich war in Verzückung,
Es war ein Augenblick paradiesischer Verzückung!
Ich fühlte mich wie im Himmel!
In war versetzt in eine paradiesische Atmosphäre.
Die Liebe Gottes ist wirklich wundervoll,
Mein liebes Kind, die göttliche Liebe!
Aber wer hat Worte,
Das Paradies und die Liebe des Himmels zu singen?
Eine unbeschreibliche Liebe,
Die die Seele befriedigt!
Eine Liebe, die den Grund deiner Seele erfüllt!
Die göttliche Liebe,
Die Liebe einer Gottheit!
Ich hab es gewollt,
Ich wollte dich verzücken,
Um dich mit Liebe zu erfüllen,
Um dich zu heilen,
Um dir die Pforte des Paradieses zu öffnen.
Ich hab es gewünscht und gewollt,
Ich habe dich vom ersten Augenblick an geliebt,
Ja, über die Maßen geliebt!
Die Wirklichkeit göttlicher Liebe,
Die Lobpreisungen göttlicher Liebe,
Die Freude und süßeste Wonne der Liebe,
Die will ich dir schenken,
Die sollst du erkennen.
Du weißt, wer deine Mutter ist!
Ach mein geliebter Sohn
Mein vielgeliebter Sohn,
Mein liebstes Kind!
Glaube an meine Liebe zu dir!
Mein Kind, ich möchte dich küssen, küssen!
Immer mehr will ich dich lieben!
Mein Liebling, immer mehr will ich dich lieben!


50

Maria erscheint einem Kind.
Das Kind spricht:
Ich sah den Himmelsvater,
Er war ganz weiß.
Der Himmelsvater war im Garten,
Weiß wie Schnee,
Er trug einen Rosenkranz mit einem Kreuz,
Der Christus war am Kreuz,
Lebendig, voller Blut!
Am Gürtel trug er eine silberne Schnalle,
Er trug einen langen weißen Schleier.
Die Gestalt stand auf der Erde,
Sie hat nichts gesagt,
Sie hat nur leise gelächelt.
Wenn der Wind den Schleier bewegte,
Sah ich schöne lange schwarze Haare.
Die Hühner waren ganz still
Und ich war auch ganz still.


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