[Inhalt]

DIE FRAU

Ein katholisch-feministisches Marienleben
Von Peter Torstein Schwanke

(Advent 2007-Pfingsten 2008)


ERSTER TEIL


ERSTES KAPITEL

Die Madonna lebte mit anderen Schwestern im Heiligtum. Fromme Matronen wiesen sie ein in die Mysterien der Offenbarung. Die jungen Frauen beschäftigten sich mit Teppichknüpfen und Reinigung von Tempelkelchen. Sie hatten kleine Zellen, von wo aus sie durch ein Fenster in den Tempel schauen konnten. Die Vertraute der Madonna war die selige Eva, die von den Schwestern zärtlich Evelin genannt wurde, von der Madonna aber Evi genannt wurde. Der Madonna ward verkündigt, dass sie heiraten solle. Da sah ich die Madonna sehr bewegt, als wäre ein Feuersturm in ihrem Herzen. Sie erklärte den Priestern, sie wolle allein Gottes Braut sein. Sie ward aber unterrichtet, dass sie die Ehe schließen möge. Da sah ich die Madonna in ihrer Kammer leidenschaftlich zu Gott beten. Sie war im Gebet ganz vor Durst verschmachtet. Als sie Wasser schöpfte, hörte sie die Stimme eines Engels, der ihr Trost und Stärke verlieh. Da willigte sie in die Ehe ein. Ich sah einen sehr alten Priester, der war der Hoherpriester jener Zeit. Er konnte nicht mehr gehen, seine Hände zitterten fortwährend und er konnte nur noch undeutlich sprechen, manchmal versagte seine Stimme ganz. Der ward in einem Thronsessel vor das Allerheiligste getragen. Während der Weihrauch dampfte, las er in einem alten Buch. Im Geiste verzückt, hatte er eine Vision, da fiel der Finger seiner rechten Hand auf die Stelle des Buches, wo es hieß: Es wird eine Rose aufgehn, die Blume, die ich meine, ist Maria, die reine! Es wurden die ledigen Männer aus Davids Stamm vor den Tempel bestellt. Ihnen ward die Madonna vorgestellt. Ich sah einen schönen jungen Mann mit schwarzem Lockenhaar und schwarzem Bart und erkannte in seinem Herzen eine Lust, die Madonna zu heiraten. Er hatte eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Vater der Madonna in dessen Jugend. Der Name jenes jungen Mannes wird mir wieder einfallen. Er brach in heiße Tränen aus, als das Los bestimmte, er dürfe die Madonna nicht heiraten. Da zerbrach er zornig den Stab des Losorakels über seinem Knie. Die Männer waren alle nicht erwählt, sie wurden alle entlassen, auch der Mann, ik weet nee meer wo de Kerl heet, wurde entlassen, er ging dann in die Wüste zum Gebet. Die Priester aber forschten nach einem ganz bestimmten Sohn Davids. Auf Befehl des greisen zittrigen Hohenpriesters kam der auserwählte Sohn Davids in den Tempel. Er hielt bei Gebet und Opfer einen Mandelzweig in der Hand. Als er den Mandelzweig vor das Allerheiligste niederlegen wollte, kam eine mystische Blüte zum Vorschein und ein Schwarm von sieben weißen Turteltauben rauschte über ihn hinweg, das war der heilige Geist der Liebe! Dieser Sohn Davids ward von der Vorsehung auserwählt zum Bräutigam und Gatten der Madonna. Da ward er ihr vorgestellt. Die Madonna nahm ihn, ergeben dem Plan der ewigen Vorsehung, willig zum Bräutigam. Sie wusste im Innern, dass der Herr ihr Gemahl war und sie als Braut Gottes angenommen hatte. Ich sah ein Bild von der Hochzeit der Madonna und ihres Bräutigams. Vor allem aber sah ich die Kleidung der Madonna. Die frommen Frauen werden sich an dieser Schilderung sicher entzücken. Die Hochzeit der Madonna mit ihrem Bräutigam ward sieben Tage lang in einem festlichen Hochzeitshaus gefeiert, das in Jerusalem am Berg der Tochter Zion gelegen war. Es waren außer der Mutter der Madonna und der seligen Evi noch andere Freundinnen der Madonna anwesend. Ich habe die Madonna in ihrem Brautkleid deutlich vor den inneren Augen meines Geistes. Sie trug ein ärmelloses Unterkleid. Die Arme waren umwickelt mit farbigen Bändern. Über den Brüsten hatte sie um den Hals ein zauberhaftes Geschmeide von orientalischer Meisterarbeit. Sie trug einen weiten Leibrock, der vorne offen war. Er umfloß sie mit weiten Faltenwürfen und bauschenden Ärmeln. Der Leibrock war von weißer Seide und es waren weiße und rote und goldene Rosen eingestickt. Über diesen Leibrock hatte sie einen Umhang von allerfeinster weißer Seide geworfen, fast Gaze, mit goldenen Stickereien durchwirkt. Es fiel ihr über die Brüste, zwischen deren vollen Hügeln eine Perlenkette hing. An den Ohren trug sie Ohrringe mit Mondstein. An den Säumen ihres weißen Umhangs hingen kleine Silberringe mit Lapislazuli. Über die bloßen Schultern hingen schwarze Bänder, die wohl ihr Brusttuch zusammenhielten. Der weiße Stoff vor ihren Brüsten spannte sich so straff, dass die Brustspitzen der Madonna sich in der feinen Seide abzeichneten. Die bloßen Oberarme waren von goldenen Spangen umschlossen, die die Gestalt von Schlangen hatten, welche den eigenen Schwanz in den Mund nahmen, was ein Symbol der Ewigkeit darstellte. Über alles dies trug sie einen langen feuerroten Mantel. Der Mantel war über den vollen Brüsten der Madonna von einer goldenen Brosche zusammen gehalten, die einen Talisman darstellte. Der feuerrote Mantel war am Saum mit goldenen Fransen durchwoben. Die schwarzen Haare der Madonna waren unglaublich kunstvoll frisiert. Die Madonna hatte langes schwarzes Haar, das sie hinaufgeknotet hatte zu einem Knoten auf dem Haupt, der von einer goldenen Haarspange zusammengehalten wurde und von einem silbernen Haarpfeil der Heiratsmündigkeit durchbohrt, in der goldenen Haarspange war eine rosane Muschelperle eingelegt. Aber aus dem Haarknoten auf dem Haupt lösten sich einzelne Strähnen, die an ihrer Schläfe und Wange entlang sich ringelten in lässigen Locken. In das seidige Schwarz der Haarpracht war ein Hauch von Henna getönt. Über dem ganzen Haarkunstwerk trug sie einen feinen transparenten Schleier, der wie ein goldenes Netz wirkte, in welches rosane Süßwasserperlen eingewoben waren. Alles war unglaublich kunstvoll frisiert und doch zugleich von einer schier unglaublich lässigen Bequemlichkeit. In der linken Hand trug sie einen Kranz von lachsfarbenen Rosen, in der rechten Hand hielt sie wie einen Zepter einen Pinienzweig mit einer Pinienfrucht an der Spitze. Die Schuhe der Madonna waren von schwarzem Leder, die Absätze waren erhöht. Die Riemen der Sandalen ließen die nackten Füße sichtbar, deren Zehnägel mit roter Schminke bemalt waren. Die Jungfrau hatte lange vor dem Spiegel gestanden und sich so kunstvoll verschönert. Sie hatte prüfend ihr eigenes Spiegelbild betrachtet, und erst da sie das Spiegelbild für vollendet hielt, schöpfte sie das Spiegelbild in ihr eigenes Wesen zurück. Nur ein Dichter aus Jerusalem hatte sie bei ihrer Toilette heimlich beobachtet. Die allerschönste Madonna hatte sehr lange seidenglatte schwarze Haare. Sie hatte schwarze Augenbrauen, die oft staunend und fragend hochgehoben waren, sie waren gebogen wie die Waage der Wahrheit im Weltgericht. Die Madonna hatte Mandelaugen von himmlischer Form und Augen wie Venussterne, die zauberhafte Blitze entsandten. Über die Mandelaugen wölbten sich lange schwarze Wimpern, die sehr keusch und schüchtern sich senken konnten. Sie hatte ein starke Nase, die auf den souveränen Charakter der starken und freien Frau deutete. Sie hatte einen wunderschön lieblichen Mund, sehr volle schöngeschwungene Lippen, einen zum Küssen stets bereiten Mund. Wenn sie wandelte, war es von der Majestät einer wandelnden Schwanin. Sie legte kurz vor ihrer Hochzeit noch ein schwarzes Kleidungsstück an, das von schwarzer Seidenspitze war, das trug sie vor den Blicken verborgen. Dies ist es, was ich als Reliquie besitze. Der Bräutigam trug ein Beinkleid von dunkelblauem Linnen und einen Oberrock aus himmelblauem Linnen. So standen die Madonna und ihr Bräutigam nebeneinander wie die feuerrote Madonna und der meeresblaue Bräutigam der Madonna. Der Bräutigam trug am Hals ein gewisses Zeichen, das von priesterlicher Art war, denn er verstand die Vermählung mit der Madonna als seinen priesterlichen Gottesdienst. Ich habe von der Hochzeit der Madonna mit ihrem Bräutigam noch manches gesehen, aber ich bin so krank vor Liebe, das ich nicht weitersprechen kann. Ich hörte nur immer, wie die Madonna ihren Bräutigam: Mein Dodo! nannte, das ist hebräisch und heißt: Mein Geliebter! Ich sah auch den Trauring der allerschönsten Madonna. Er war von dunkler Farbe und schillerte. Es war ein Dreieck in ihn eingezeichnet, in welchem vier Buchstaben standen. Der Ring war mit dem Tetragramm bezeichnet. Ich sah in einer Vision auch ein Fest in einem Tempel Unserer Lieben Frau, in dem sich der Trauring der allerschönsten Madonna als Reliquie befindet. Der Ring ward ausgestellt in einer goldenen Monstranz auf dem steinernen Altar. Ich sah auch, wie zweitausend Jahre nach der Hochzeit der Madonna ein Dichter den Trauring der Madonna in der Monstranz auf dem Altar berührte. Da leuchtete der Ring auf und schien sich von selbst zu bewegen. Ich sah links und rechts von dem Altar mit der Monstranz des Traurings zwei Altäre. Auf dem rechten Altar war ein silbernes Kreuz, an dem eine goldene Schlange gekreuzigt war. Auf dem linken Altar stand auf der Mondsichel die himmlische Jungfrau mit der Schlange zu ihren angebeteten bloßen Füßen. Als die Hochzeitsfeier der Madonna beendet war, zog die Madonna mit der seligen Evi und den andern Freundinnen in einem jubelnden Zug nach Nazareth in ein schönes Haus mit einem herrlichen Paradiesgarten. Da sah ich die Madonna mit ihrem Gemahl an einem runden Tisch, auf welchem Kelche standen mit Schaumwein. Die Madonna trug einen schwarzen Mantel und schwarzen Rock, über ihrer bloßen Schulter trug sie einen Schleier, der schwarz, aber durchsichtig war. In ihrer schwarzen Schönheit erinnert sie mich an das Gemälde der Donna Laura von Giorgione, das ich einmal sah, da die Bella Donna von himmlischer Keuschheit und göttlichem Eros zugleich durchglüht schien! Um die Kniee der allerschönsten schwarzen Madonna wimmelten aber kleine und große Knaben ihrer Freundin und freuten sich daran, die süßen Feigen zu speisen, die ihnen die Madonna hingab! Sie spielten am liebsten mit Stäben, angeschwollenen Pinienzweigen. Dieses Bild, das ich in einer Vision sah, schien auch noch zur Hochzeitsfeier zu gehören.



ZWEITES KAPITEL

Meine Muse führte mich in das Haus der Madonna. Josef war zur Arbeit fortgezogen. Die Madonna war mit der seligen Evi und der Mutter Anna allein im Haus. Ich sah die drei Frauen im Hause arbeiten und im Garten lustwandeln. Abends sah ich sie in das Haus einkehren und an einem runden Tisch zu Abend essen, Brot und Käse, sie tranken Wasser dazu. Dann gingen die selige Evi und die Mutter Anna in ihre Schlafgemächer, und die Madonna zog sich in ihr verschlossenes Schlafgemach zurück. Das Zimmer der Madonna lag am Ende der Wohnung und war für alle anderen verschlossen. Der Eingang war in der Nähe der Küche. Die Tür war in der Mitte des Zimmers, das Zimmer war länglich, zur rechten Seite befand sich hinter einem herabhängenden himmelblauen Seidenschleier das Bett der Madonna. An der Decke des Zimmers befanden sich Sternbilder. Als die Madonna in ihr Zimmer trat, legte sie hinter dem himmelblauen Seidenvorhang vor dem Bett ein langes weißes Gewand an mit einem goldenen Gürtel. Die Madonna nahm einen kleinen Tisch mit drei Beinen. Der Tisch war mit einer roten und blauen Decke überzogen. In der Mitte war eine geheimnisvolle Figur gestickt, ich meine, es war die Vereinigung von zwei Dreiecken, wobei das eine Dreieck die Spitze nach oben hatte, und das andere Dreieck die Spitze nach unten, und sie waren in eins geschlungen wie zu seinem Stern. Die Heilige Schrift lag auf dem Tisch. Die Madonna setzte sich vor das Tischchen mit den drei Beinen und las aufmerksam und besinnlich in der Heiligen Schrift. Das Bett lag hinter ihr. Sie flehte um die Erleuchtung aller Geister und die Befreiung aller Menschen, sie flehte, dass ihr Lieben und Leiden einen Anteil an der Vollendung der Welt in Gott habe. Da ergoß sich wie vom oberen Fenster aus ein schräger Lichtstrahl durch das dunkle Zimmer, es kam vom Fenster ein solcher Lichtglanz, dass ich überwältigt war, als ich es im Geiste sah. Das Licht war auch von einem überaus süßem und lieblichen Duft. Da sah ich einen strahlenden Jüngling mit fließenden Locken vor ihr schweben. Es war der Erzengel Gabriel – Kraft Gottes! Er sprach mit der Madonna, während er die Arme offen vor ihr ausbreitete. Ich sah seine Worte wie Buchstaben aus seinem Munde hervorgehen, Buchstaben, die wie Harfen aussahen, die aus Sternen gebildet sind. Ich las die Schrift und hörte sie wie leisen Gesang im Raum. Die Madonna wandte ihr Gesicht vor diesem Überschwall der göttlichen Liebe zur Seite und schaute schüchtern aus ihren blitzenden Augen durch den Schleier ihrer schwarzen Wimpern auf. Der Engel sprach aber weiter und die Madonna erhob ihr leuchtendes Antlitz zu ihm und gab ihm kluge Antwort. Der Engel sprach wieder und die Madonna blickte ihn mit klaren Blitzen aus ihren Mandelaugen verstehend an. Da sprach sie die heiligen Worte: Ja, ich will! Die Madonna war in Verzückung! Süßes Licht durchdrang die Kammer. Ich sah die Decke des Zimmers nicht mehr, der Himmel war über der Madonna offen. Eine lichte Himmelstreppe führte mich über die Madonna hinaus, bis ich an der obersten Spitze der lichten Himmelstreppe eine Gestalt der Allerheiligsten Dreifaltigkeit schaute, wie drei Regenbögen, in eins geschlungen, und ich schaute darin die drei göttlichen Personen, die göttliche Person der Allmacht, die göttliche Person der Weisheit, die göttliche Person der Liebe, und ich schaute nur die Eine Urgottheit! Die Ewige Schönheit der Urgottheit der Urschönheit, der Reiz der göttlichen Natur ist unaussprechlich! Da aber die allerschönste Madonna gesprochen: Ja, ich will – Da sah ich den Heiligen Geist, aber nicht als Taube, sondern mit einem Menschenantlitz, mit Flügeln an der Seite der Gestalt, und aus dem Zentrum der Gestalt ergoß sich ein glühender Lichtstrahl, den ich in die Madonna eindringen sah und sich ihr in göttlichem Eros vereinigen! Die allerschönste Madonna ward durch das geistige Eindringen dieses göttlichen Überwesens so von innerem Licht erfüllt, dass sie ganz erleuchtet und wie reiner Kristall war. Die dunkle Nacht war in diesem seligen Augenblick so von Lichtglut durchgossen, dass die Madonna eine Flamme in ihrer schönen Gestalt zu sein schien! Nach dieser göttlichen Erkenntnis der Madonna sah ich aber den Engel der Kraft Gottes verschwinden, er stieg die lichte Himmelstreppe in den Himmel zurück, woher er gekommen war, als werde er vom Munde Gottes wieder eingeatmet. Da schienen mir viele orangenglühende Rosenblüten auf die allerschönste Madonna niederzusinken und sie zu betten in einem glühenden Meer aus Rosen! Während ich dies in dem Schlafgemach der Madonna schaute, hatte ich eine sonderbare Empfindung. Ich sah die schillernde Schlange des Paradieses dort schleichen und züngeln. Nach dem Heimgang des seligen Engels sah ich die Madonna in glückseliger Wonne der Verzückung auf ihrem Bette liegen. Ich sah, dass sie die Menschwerdung des Sohnes Gottes in ihrem Inneren sah und den inneren Christus anbetete. Im Tempel darf nur der Hohepriester vor das Allerheiligste treten, aber hier ist die allerschönste Madonna der Tempel selbst und in dem Allerheiligsten ihres Schoßes lebt im Dunkel die unsichtbare Gottheit und ist gegenwärtig. Die einige Gottheit hat ihr Zelt aufgeschlagen und ist in ihr drinnen, so wird sie nicht überwunden werden! Es war Mitternacht, als ich dieses Mysterium schaute. Nach einiger Zeit trat die selige Evi herein. Denn ihre Katze war aufgewacht von der Erscheinung des Engels und hatte sie mit einem süßen Laut geweckt. Es war eine silberne Wolke über dem Haus der Madonna erschienen. Als die selige Evi aber die allerheiligste Madonna in ihrer Verzückung in ihrem Bette sah, zog sie sich still und leise wieder in ihr Schlafgemach zurück. Erst gegen Morgen sah ich, wie die Madonna einschlief. Ich aber ward von meiner Muse in der Garten der Madonna geführt und sah dort wieder die schillernde Schlange des Paradieses ihr Haupt erheben und züngeln und zischen. Sie drang auf mich zu, als wollte sie mich umschlingen. Die Madonna wusste, dass sie den Sohn Gottes in ihrem Schoß empfangen hatte. Ihr ganzes Inneres war vor den inneren Augen ihres Geistes erschlossen. Die Ewige Weisheit wollte offensichtlich die Empfängnis und die Geburt aus einer Mutter heiligen und weihen. Darum hat sich die Ewige Weisheit die allerschönste Madonna zur Mutter erwählt. Die allerschönste Madonna war die einzige reine Rose der Menschheit, erblüht in der Mitternacht, als die allmächtige Weisheit vom Himmel kam. Sie war allein das ganz reine Fleisch der Menschheit. Sie war von der Vorsehung schon in der Ewigkeit auserwählt und ist allezeit als Mutter des Ewigen durch die Geschichte gewandelt. Da sang ein Dichter in der Nacht das Lob der allerschönsten Madonna, da sprach der Heilige Geist durch den Mund des Dichters die Selbstvorstellung der allerschönsten Madonna: Der Ewige hat mich besessen im Urprinzip seines Weges, ehe etwas geschaffen wurde, im Anfang. Ich bin inthronisiert in meinem Thron von Ewigkeit her, von Anbeginn, von Ur-Zeit her, ehe Himmel und Erde geworden. Die Tiefen des Meeres waren noch nicht, ich war schon empfangen im Geist des Ewigen, die Quellen quollen noch nicht, die Berge hatten sich noch nicht aufgefaltet, vor den Gipfeln und Tälern ward ich gezeugt vom Ewigen in dem Geist der Liebe. Noch war die Erde nicht geformt, noch strömten die Ströme nicht, noch lag das Fundament der Erde nicht in die Tiefe eingesenkt. Als der Ewige dem Firmament seine Ordnung gab, war ich seine Mitschöpferin, als er das Maß und die Kraft der Sterne geordnet, als er die Kreise der Sphären bestimmte und den Lichtern über den Abgründen ihren Bahnen wies, als er dem Meer den Deich entgegensetzte und als er die Schildkröte schuf als Fundament der Erde, da war ich bei ihm, da war ich die Architektin des Kosmos, die Meisterin seiner Werke, die Mitschöpferin des Schöpfers, die Throngenossin, die Lieblingin des Ewigen und seine verhätschelte Tochter! Ich ergötzte ihn jeden Tag mit meiner Schönheit und scherzte mit dem Ewigen in ewiger Liebe! Meine Wonne ist es, auf der Erde zu sein und den Menschensöhnen beizuwohnen! Ja, wahrlich, den Menschensöhnen beizuwohnen auf Erden, ist meine göttliche Lust und ewige Wollust!



DRITTES KAPITEL

Maria und Josef kamen nach Bethlehem. Sie hielten vor dem Tor. Maria blieb bei dem Esel, Josef suchte eine Unterkunft. Josef kehrte aber zu Maria zurück und sagte: Die Leute hier nehmen uns nicht auf. Josef zog den Esel, der Maria auf dem Rücken trug. Wieder blieb Maria ganz ruhig bei dem Esel, Josef suchte wieder ein Unterkommen. Vergebens! Dann kamen sie an ein weites Feld. Da war eine heilige Einsamkeit. Es stand dort eine große Kastanie, die ihre Zweige ausbreitete. Unter dem Kastanienbaum bereitete Josef für Maria einen bequemen Sitz auf Lammwolldecken und weichen Kissen. Maria lehnte sich an den Baum. Es war, als ob die Jungfrau gekreuzigt würde an dem Holz des Lebens! Sie trug einen schwarzen Leibrock und einen weißen Umhang darüber und blaue linnene Beinkleider. Um den Hals trug sie einen Talisman mit dem Namen Gottes und um das Handgelenk eine Gebetsschnur, an der Hand aber der Ehering mit dem Namen Gottes. Ihr Haupt war unverschleiert, aber ihre langen schwarzen Haare waren ihr Schleier. Viele Menschen schauten Maria, aber keiner von ihnen ahnte, dass das Himmelreich in ihr nahegekommen war. Maria ließ sich auf dem Teppich nieder und legte sich bequem auf das Vlies und betrachtete schweigend den Himmel, die große Ruhe des Himmels über ihr. Josef kehrte traurig zu Maria zurück. Er hatte zu seinen Jugendfreunden von Maria gesprochen, aber sie wollten von Maria nichts wissen und taten auch so, als ob sie Josef nicht mehr kennen würden. Josef weinte wie ein kleines Kind, Maria tröstete ihn wie eine Große Mutter. Josef sprach, er kenne noch draußen auf dem Felde eine Weide der Hirten, da seien auch Ställe und Höhlen. In seiner Kindheit sei er oft dahin geflüchtet, wenn sein großer Bruder ihn gequält habe, und habe dort einsam zu Gott gebetet. Sie kamen zu einem hügeligen Ort, zu einem schönen Platz mit Bäumen, Zedern und Zypressen. Dann wandten sie sich zu den Auen der Hirten, wo Josef für Maria eine Unterkunft in einer Höhle suchte. Sie traten durch einen engen Eingang in die Felshöhle, aber im Inneren erweiterte sich die Höhle zu einer geräumigen Wohnung aus natürlichem Stein. Drang man noch tiefer in die Höhle ein, kam man durch einen engen Durchgang in einer Höhlenraum, da eine Krippe stand. Noch tiefer eindringend in den Schoß der Felsenhöhle kam man aber in den allertiefsten Raum, da das Lager der Jungfrau bereitet war von weichem Schafsfell. Hier in der allertiefsten Verborgenheit schlief die Jungfrau allein. Vor der Krippenhöhle waren Bäume und Büsche und Gärten. Wenn man durch das Gras schritt und an den klaren Wassern der Quelle wandelte, kam man zu einer Höhle, das war die Grabhöhle der heiligen Mara, der seligen Amme des Stammvaters Abraham. Diese Grabhöhle der heiligen Mara ward auch die Milchhöhle genannt. In dieser Milchhöhle verweilte Maria andächtig. Abraham hatte seine Amme Mara sehr verehrt. Sie erreichte das hohe Alter von über neunzig Jahren. Er führte sie auf all seinen Zügen von Ur aus auf einem Kamele mit sich. In Skythopolis, wo auch die Heiden die Amme des Bacchus verehrten, hat sie lange Zeit mit ihm gelebt. Später lebte sie mit Abraham in diesen Auen der Hirten, da er seine Zelte in der Nähe dieser Felsenhöhle hatte. Da sie dreiundneunzigjährig ihren Tod nahen hörte, bat sie Abraham, in dieser Felsenhöhle begraben zu werden, denn sie wollte in ihrem Tode begraben werden in der Nähe der Höhle, da das Heil der Welt geboren würde. Darum nannte sie ihre eigne Grabhöhle auch Milchhöhle, weil hier Maria das göttliche Kind an ihren prallen bloßen Brüsten stillen würde mit der Milch des Trostes. So wollte selbst die selige Amme Abrahams in der Milchhöhle fortleben in geistiger Fortexistenz in dem Geheimnis der Muttermilch Mariens und dem heiligen Mysterium der göttlichen Mutterliebe. Auch hat Maria das göttliche Kind gestillt, als sie von den Kindermördern verfolgt wurden und sie sich nach Ägypten flüchteten. Auch Abraham war in seiner Kindheit gehetzt und gequält worden. Seine Amme hat ihm aber die Seele gerettet. Die Geburt Abrahams war bedroht, aber er kam durch Gottes Gnade dennoch zur Welt. Seine Amme versteckte ihn in einer Höhle in der Wildnis und stillte ihn mit ihrer benedeiten Mutterliebe. Er galt in seiner Kindheit schon als ein weiser Gottesmann und Prediger der Wege des Ewigen. Er ward dennoch als Knabe von allen Seiten bedrängt und flüchtete sich oft zu seiner lieben Amme in verborgene Höhlen in der Wildnis. Sie versteckte ihn unter ihrem großen himmelblauen Rock mit der weißen Schürze und trug ihn von den Verfolgern fort. Es wurden damals viele Kinder ermordet. Lange Zeiten wurde die Milchhöhle von Müttern innig und andächtig verehrt. Man ehrte in der Amme Abrahams den prophetischen Vorschatten Unsrer Lieben Frau Maria, die mit ihrer Milch den Sohn Gottes gestillt hat. Die Milch der Amme Abrahams nährte den Stammvater des auserwählten Gottesvolkes, sein Same ist der Messias. Ich sah die Milch der Amme Abrahams wie in einer Quelle fließen, dazukam die Milch Sarahs, die Isaak stillte, Rebekkas, mit der sie Jakob nährte, und die Milch Rahels, mit der sie Josef nährte, dazukam die Milch der Noomi, mit der sie Obed nährte, dazukam die Milch Bath-Shevas, mit der sie Salomo nährte, und so quoll die ewige Quelle der Muttermilch in einem fort, in einem ewigen prophetischen Strom, bis sie hervorquoll als die benedeite Muttermilch der hochgebenedeiten Brüste Marias, mit der sie den Sohn Gottes großzog! Der Baum, der vor der Höhle der Amme Abrahams stand, der Milchhöhle Marias, war eine alte breite Kastanie. Ich hörte Engel in den Lüften jubeln: Unter dem Schatten deiner Flügel will ich frohlocken! Hier hat später die heilige Helena von Griechenland einen Tempel erbaut. Auch verehrten die Kinder der Gegend hier den Nikolaus in einer kleinen Kapelle. Josef bereitete Maria ein Ruhelager von persischem Teppich und Lammvließ, darauf Maria sich bequem niederließ. Josef machte Licht. Dann öffnete er die Tür und trat in die Höhle. Josef räumte auf in der Höhle, er räumte eben soviel heraus, als nötig war, um Maria eine schöne Wohnung zu bereiten, in der sie sich wohlfühlte. Er bereitete ihr im östlichen Punkt der Höhle ein weiches Lager. Er brachte die Lampe an der düsteren Höhlenwand an und führte Maria in die Höhle hinein. Sie legte sich auf das Lammvließ und den persischen Teppich. Josef entschuldigte sich bei Maria, dass er ihr nur solch eine schlechte Behausung anbieten könnte, aber Maria war zufrieden und mit großer Innigkeit überirdisch freudig. Nun machte Josef ein Feuer. Die Flammen leckten an den Latten hinauf. Dann bereitete Josef Speise. Ich weiß nur noch, dass Granatapfelkerne Bestandteil der Speise waren. Auch geröstete Körner waren dabei und flache weiße Fladenbrote, die rund waren wie eine riesige Hostie. Nachdem sie gegessen hatten und dem Ewigen Lob und Dank gesagt und die Bitte angeschlossen, ihnen in der Ewigkeit beim heiligen Festmahl des Herrn am Tisch des ewigen Sabbath den Leviathan zur Speise zu geben – machte Josef für Maria das gemütliche Bett. Maria hüllte sich in ihr Nachthemd, um sich zur Ruhe zu legen. Maria lag auf ihrem Bett auf der Seite, ihre beiden Hände lagen gefaltet unter ihrer Wange, die wie die Spalte eines Granatapfels war, und so betete sie innig versunken in stiller Andacht und versank in ihrem Gebet in der ewigen Ruhe. Den Sabbath verbrachte Maria in der Höhle mit Gebet und Betrachtung in tiefer Innerlichkeit. Am Nachmittag führte Josef Maria zur Grabhöhle der heiligen Mara, der Amme Abrahams. Maria und Josef verweilten andächtig in der Höhle, Maria dankte dem Ewigen für die Gnade, dass Gott die heilige Amme Mara dem Abraham zur wahren Mutter gegeben hat und so den Patriarchen Abraham schon in der Kindheit mit der süßen Trostmilch der barmherzigen Mutterliebe Gottes gestillt. Josef bereitete Maria einen kleinen Thron unter dem alten Kastanienbaum vor der Grabhöhle der Amme. Dort ergab Maria sich dem Gebet und der Beschauung Gottes. Maria hatte Josef gesagt, dass um Mitternacht das Kind geboren würde. Josef frug Maria, ob sie andere Frauen an ihrer Seite haben wolle, ihr bei der Geburt des Kindes zu helfen. Aber Maria sagte, nein, es bräuchten keine anderen Frauen dabei zu sein, sondern sie allein, Maria, werde das Heil gebären, mit keiner anderen Hilfe als der göttlichen Liebe selbst. Josef ging am Abend des Sabbath in die Krippenhöhle und bereitete einen kleinen Tisch und zwei Schemel davor, auf den Tisch stellte er karamellisierte Datteln und geröstete Nüsse. Dann lief er zur Grabhöhle der seligen Amme zurück und führte von dort Maria in die bereitete Krippenhöhle zum Abendmahl. Im östlichsten Winkel der Höhle ließ sich Maria auf einem schneeweißen Teppich nieder und bedachte die Wege der Vorsehung. Maria sprach nun zu Josef, es nahe die Stunde der Gottesgeburt, Josef möge sich zurückziehen und in Einsamkeit den Ewigen suchen im Herzensgebet. Josef ward gestört von Geräuschen vor der Höhle, er ging hinaus und fand eine schwarze Katze gar süß miauen. Er sprach einige väterliche Worte zu der Katze und trat wieder in die Höhle. Da sah Josef Maria am Eingang seiner Schlafkammer. Sie thronte auf dem schneeweißen Teppich und schaute gen Orient und betete Gott an. Er sah die schöne Maria von einem goldenglühenden Lichtglanz umgossen. Die ganze dunkle Höhle war von dem Feuer der göttlichen Liebe durchflutet. Er war in diesem Augenblick Moses, der zum brennenden Dornbusch trat, in dem das Feuer der göttlichen Liebe brannte und doch den Dornbusch nicht verzehrte, die Liebe, die Flamme Jahwes, brannte unaussprechlich heiß in Maria! Da warf sich Josef in tiefster Scheu und Ehrfurcht anbetend nieder vor diesem Allerheiligsten, da die Gegenwart der Gottheit, der Lichtglanz der ewigen Herrlichkeit, die Schechinah Jahwes in Maria so liebevoll glühte! Maria war ganz wie eine rote Rose des Herzens Gottes! Ich sah einen goldenen Lichtglanz um Maria. Sie lag auf dem weißen Teppich mit dem Angesicht auf der Erde und betete an. Sie trug ein weißes Gewand mit goldenen Stickereien, welches ihren Leib zärtlich umfloß. Sie lag mit dem Scheitel gen Osten auf ihrem Gebetsteppich. Um Mitternacht ward sie verzückt. Ich sah sie über der Erde schweben. Sie hatte die Hände zum Himmel anbetend erhoben. Es war ein unaussprechlicher Lichtglanz um sie wie glühende Liebe, eine Aura von allerreinstem Gold. Alles um sie her freute sich, selbst die Steine jubelten, jauchzten und frohlockten. Ich sah die Steine wie lebendig, wie Universen, in denen die Sterne tanzten und sangen. Ich sah aber über Maria die Höhle offen und eine strahlende Himmelstreppe gen Himmel steigen, immer lichter und strahlender werdend. Auf dieser Himmelstreppe, die einem göttlichen Lebensbaum glich, sah ich die Sphären der Selbstoffenbarung Gottes. Von der göttlichen Krone stieg das fließende Licht der Gottheit zur göttlichen Weisheit und zur göttlichen Vernunft, zur göttlichen Liebe und zur göttlichen Gerechtigkeit, zur göttlichen Barmherzigkeit, zur göttlichen Schönheit und zur göttlichen Macht und zur göttlichen Grundlage und zur göttlichen Himmelswelt, die das Königreich der Himmel ist, das Himmelreich Gottes, in welchem sich die strahlende Gegenwart des Höchsten offenbarte, die Schechinah Jahwes, die Herrlichkeit des Herrn! Maria aber entzückt in die höchste göttliche Weisheit schwebte in der oberen Krone der Selbstoffenbarung Gottes und schaute vom Himmel als gekrönte Himmelskönigin zur Erde huldvoll herab und sah auf der Erde liegen das Menschenkind, den Menschensohn, den Sohn Gottes! O Jesus, Schönstes aller Menschenkinder, schönstes Kind, Gottes und Marias Sohn, in dir offenbart sich die göttliche Schönheit, in dir ist alle Schönheit wesentlich ins Eins zusammengefasst! Maria war noch einige überaus glückselige Momente in der göttlichen Weisheit verzückt, dann deckte sie ein weißes Linnentuch über das geliebte Menschenkind. Im nächsten Augenblick hörte ich das Kind weinen, da hob Maria das Kind vom Boden auf und nahm es auf die Arme und barg es an ihren tröstenden Brüsten. Sie verschleierte nun das Menschenkind mit dem Schleier ihrer langen schwarzen Haare. Dann öffnete sie ihr weißes Kleid und legte die makellose Brust frei, legte das Menschenkind an den prallen Mutterbusen und stillte den Heiland! O Mutter des Schöpfers, du säugtest die Quelle des Lebens! Du stilltest und befriedigtest Jesus, die Quelle der ewigen Liebe! Eine Stunde später rief Maria Josef, der noch anbetend auf seinem Angesicht auf dem Boden seiner abgetrennten Kammer lag. Als Josef Maria nahte, warf er sich in tiefster Demut vor ihr in den Staub. Aber Maria voll der Gnade bat ihn huldvoll lächelnd, doch ihr Kind als ihr Gnadengeschenk und als Zeichen der bedingungslosen Liebe Gottes auf den Arm zu nehmen und das Jesuskind freudig und dankbar an sein Herz zu schließen! Da erhob sich Josef und empfing von Maria das Jesuskind und schloß es in seine Arme und weinte vor Glück! Nun wickelte Maria das Jesuskind mit einer Linnenwindel. Maria war dabei voll schweigender Andacht und Josef schaute ihr stumm beseligt zu. Voller Ehrfurcht, mehr noch, voller unaussprechlicher Liebe staunten sie das Jesuskind an, das strahlend und wie blitzend in seiner weißen Linnenwindel vor ihnen lag, so rein und so fein und so klein war Gottes Liebling! Dann legte Maria das Jesuskind in die Krippe. Da sangen Maria und Josef weinend vor Rührung ein Wiegenlied dem kindlichen Gott! Maria schlief in dieser Nacht neben dem Jesuskind in der Krippe. Sie trug immer ihr himmlisches weißes Lichtgewand. Erst als die ersten Besucher kamen, verhüllte sie sich mehr und dichter. Da Maria da war, freuten sich alle Menschen guten Willens, selbst Ungläubige mit einem ehrlichen Herzen freuten sich durch Maria. Aber die bösen Menschen, die vom Satan besessen waren, schrieen: Ich hasse die ganze Menschheit, ich will die ganze Menschheit töten, denn alle Weiber sind Huren! Aber ich sah die Katzen sich freuen und die Bäume aufatmen, als Maria gebar. Ich sah, wie im Winter die Rosen zu duften begannen. Ich sah einen Wasserfall rauschen und stürzen auf einen Fels mit gespaltenem Haupt und niederstürzen auf diesen Fels und mit Schaumspritzern den Fels umrauschend an ihm niederströmen, da war eine große Lust in der Natur! So entsprang auch in der Grabhöhle der Amme Abrahams, wo Marien Fuß gestanden hatte, eine Quelle mit heilsamem Wasser, in welchem eine alte Frau gesund ward, die wie Hiob mit Geschwüren am ganzen Leib bedeckt war und bei lebendigem Leib zu verwesen schien. Sie hatte auch schon den Verstand verloren vor Schmerz, aber die Quelle der Gottesgeburt durch Maria brachte ihr neues Leben und Lächeln des Heils. Über Bethlehem war es in der Nacht dunkel, aber über der Grotte Marias war ein roter Feuerschein, durchblitzt mit Regenbogenstrahlen. Im Tal der Hirten sah ich aber drei Hirten, und über ihnen nahte die Wolke der Herrlichkeit und senkte sich gnädig nieder. Ich sah die Wolke sich verwandeln und sah sich verwandeln in Löwen und Stiere und Adler und Menschenaffen und hörte einen süßen Gesang, ein schmelzendes, schmachtendes Liebesingen, der immer freudiger wurde und sich zu einem kindlichreinen Jubel steigerte. Die Hirten waren voller banger Scheu vor der Herrlichkeit und den himmlischen Scharen, aber es trat ein Engel zu ihnen, ganz in langem Lichtgewand, mit goldenem Gürtel um die Lenden, mit großen weißen Flügeln und fließenden goldenen Locken um das Haupt, und lächelte und sprach: „Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch eine große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt ihr zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen.“ Da der schöne Engel dies sprach, wurden offenbar die himmlischen Heerscharen, es war ein wunderbarer Lichtglanz vom Ewigen her, und ich sah sieben mächtige Engelsgestalten vor den Hirten stehen, die sangen ein großes Hallelujah in schönsten Tönen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen des Wohlgefallens.“ Und einer der sieben Engelsgestalten hielt ein Blatt in der Hand, auf dem etwas geschrieben stand, und überreichte es einem Hirten, es stand auf dem Blatt geschrieben, dass in Christus alle Weisheit und Erkenntnis verborgen ist und die Fülle der Gottheit. In der Nacht der Gottesgeburt sah ich auf Zypern im Heiligtum von Alt-Paphos die Statue der Aphrodite zerfallen. Die Priesterin der Aphrodite im Heiligtum von Alt-Paphos hieß Kyrene, aber mir schien immer, sie hieße Corinna, sie hatte den Zyprioten verkündigt: Wenn die Jungfrau ohne sexuellen Akt einen wirklichen Gottmenschen gebiert, dann wird die Statue der Aphrodite zerfallen. Die Menschen hatten sie nicht verstanden und ihr auch nicht geglaubt, aber als in der Nacht der Gottesgeburt die Marmor-Aphrodite zerfiel, gründete Corinna den Kult der allerheiligsten Jungfrau Aphroditissa in einem kleinen Tempel in Kouklia auf Zypern, in der die Mutter des Mittlers als die Mutter der schönen Liebe verehrt wurde. Kaiser Augustus aber ging in der Nacht der Gottesgeburt auf einem der sieben Hügel Roms spazieren und sah im Gesicht eine Jungfrau auf einem Regenbogen, aus der ein Kind als Lichtgestalt hervorging. Und er ließ wegen dieser Vision eine Sibylle befragen, die sprach: Der Sohn der Jungfrau ist der König aller Könige und der Herr aller Herrn und der Gott aller Götter! Alle Kaiser werden ihre Kronen niederwerfen vor diesem göttlichen Kind! Dann verstummte die Sibylle. In Ägypten sah ich aber Frauen abgöttisch knieen vor den steinernem Bilde der Göttin Isis mit dem Horusknaben. Sie befragten ein Orakel, ich meine sie warfen das Los. Aber Gott, der allein weise Gott, fügte es so, dass das Orakel bekundete, dass die Jungfrau Gottes Sohn geboren habe, dem allein Anbetung gebühre. Da verehrten die Frauen den Sohn der Jungfrau, aber so, dass sie weiter ihre abergläubischen Orakel der Isis-Religion beibehielten und den göttlichen Sohn der allerheiligsten Jungfrau auf abergläubische Art und Weise verehrten. Die Magier des Morgenlandes aber sahen in der Nacht der Gottesgeburt in einer Vision die Jungfrau auf dem Sichelmond, im Kleid des Sonnenlichtes, und als Krone trug sie den Zodiak als einen Kranz geflochten in ihrem langen schwarzen Haar. Zur Linken der Jungfrau wogte ein goldenes Weizenfeld, umsteckt mit Mohnblumen und blauen Kornblumen und weißer Schafgarbe, zur Rechten der Jungfrau breitete sich ein Weinberg aus mit vielen Weinstöcken, die fruchtbar waren mit prallen dunklen Trauben. Ich sah den Schoß der Jungfrau gleich einem Kelch, dem nie der Wein der Vereinigung fehlt, es war ihr Schoß der Kelch der Kommunion, es war der Schoß der Jungfrau der Becher der Hingabe! Ich sah über diesem Kelch eine Schlange, es war dies aber nicht die alte Schlange, der alte Satan, sondern es war die eherne Schlange, die Moses an der Stange erhöht hatte, nämlich der gekreuzigte Christus, der die erhöhte Schlange an der Stange ist. Ich sah die Schlange sich verwandeln in eine himmlische Speise, die jedem anders schmeckte, allen alles war, und so sah ich diese himmlische Speise an als das Fleisch der ewigen Weisheit, die in einem goldenen Strahlenkranz aufstrahlte und war die Schönheit Gottes. Die ewige Weisheit hielt aber in der rechten Hand eine Blume, es war eine dunkelrote Rose, in deren Kelch sah ich die Gestalt eines Tempels, ganz gleich gestaltet der Hagia Sophia von Byzanz. Da sah ich den Tempel der Hagia Sophia so groß, dass es mir das himmlische Jerusalem zu sein schien. Und ich hörte, dass Christus sei der Gottkaiser des himmlischen Jerusalem, und ich war im himmlischen Jerusalem bei Christus. Aber dann musste ich zur Erde hinab und seufzte sehr in der Verbannung, fern der himmlischen Heimat, und betete nur noch: Nimm nun, Herr, meine Seele, es ist genug, Herr, mich verdrießt es zu leben, Herr, ich habe Sehnsucht abzuscheiden und bei dir zu sein, Herr, laß deinen Knecht fahren, denn ich habe meinen Heiland gesehen. Aber in der Nacht entblößte die Jungfrau ihren makellosen Busen vor mir und stärkte mich mit der Milch des Trostes für meine irdische Pilgerschaft. Gebenedeite Brüste der allgebenedeiten Jungfrau! Am Tag nach der Gottesgeburt im Menschen kamen die Hirten zur Krippe. Sie schenkten dem Jesuskind einen Hasen. Die Madonna saß neben der Krippe auf einem Stuhl, das göttliche Kind auf ihrem Schoße thronend als die Ewige Weisheit im Sesselthron der Weisheit. Die Hirten hielten ihre Pinienstäbe, die mit dem Pinienzapfen an der Spitze wie Zepter waren, von Efeu umschlungen, und warfen sich vor der Mutter der schönen Liebe und der Schönen Liebe selbst anbetend nieder. Sie weinten vor Freude und hatten eine Süßigkeit in ihrer Seele wie von Akazienhonig. Dann sangen sie eine Hymne an die Schöne Liebe und den Psalm, da der Psalmist sagt: Meine Seele ist ruhig wie ein gestilltes Kind in den Armen seiner Mutter, ja, wie ein gestilltes Kind in den Armen seiner Mutter ist meine Seele bei der ewigen Gottheit! Als die Hirten den Abschied nahmen, gab die Madonna noch ihren kleinen Jesus den Hirten der Reihe nach in die Arme und auf den Schoß. Der kleine Jesus liebkoste die Hirten mit seiner kindlichen Liebe und küsste die Hirten auf die bärtigen Wangen. Weinend gaben die Hirten den kleinen Jesus der schönen Madonna zurück und gingen wieder in ihre Einsamkeit. Dann aber kamen einige kleine Kinder aus der Gegend um Bethlehem, das Jesuskind und die Mutter Maria zu beschenken. Sie brachten Singvögel und bemalte Eier und Akazienhonig und Seidenblumen und Granatäpfel. Sie nahten scheu der Krippe, wo die Mutter Maria saß, das Schönste aller Mädchen. Sie begrüßten die Schönste aller Frauen und das himmlische Kind. Einer der kleinen Knaben, er hieß Midda, sang: Mein Herz ist klein, mein Herz ist rein, soll niemand drin wohnen als Jesus allein. Ich erinnere mich, dass ein siebenjähriger Knabe, er hieß Jedidja, sagte: Jesus, du bist wie ein Sonnenritter, der am Morgen aus seinem goldenen Schloß tritt in seiner strahlenden Rüstung, den finsteren Drachen zu besiegen und die schönste Jungfrau zu befreien und zu heiraten! Als die Knaben und Mädchen Abschied nahmen vom Christuskind, küssten sie alle die Mutter Maria, das Schönste aller Mädchen, auf den Mund. Ich sah auch eine fromme Frau bei der heiligen Jungfrau, die ihr diente. Sie war aus der Sekte der Essener und wohnte nicht weit von Bethlehem in ihrem Tulpengarten, ich meine, sie hieß Susanna. Susanna wohnte dort in einer reinlichen Hütte inmitten ihrer Tulpenbeete und unterrichtete mit ihrem Mann Johannes Markus die Kinder in der Weisheit der Heiligen Schrift. Josef hatte Susanna und Johannes Markus gerufen. Er hatte von Kindheit an eine freundschaftliche Verbindung zu der Sekte der Essener, denn diese Sektierer waren redliche, aufrichtige Gottsucher und warteten auf den Messias. Josef war in seiner Kindheit oft zu ihnen geflohen, wenn er von seinem großen Bruder wieder geschlagen worden war. Susanna kam nun oft zu der allerheiligsten Jungfrau und brachte ihr eine Gemüsesuppe und geröstete Körner und weißes Fladenbrot mit, auch wusch sie die Windeln des Jesuskindes, denn die Madonna hatte nur vier Windeln bei sich. Am achten Tage sollte das Jesuskind beschnitten werden. Die Beschneidung begann in der Morgenröte. Die Madonna war traurig und bang. Sie hatte Pflaster, das Kind zu verbinden, bei sich. Die Madonna saß in der Tiefe der Höhle im Schleier ihrer langen schwarzen Haare und hielt das göttliche Kind auf dem heiligen Schoß. Dann reichte sie das Jesuskind einer Dienerin. Diese Dienerin übergab das Jesuskind dem Ziehvater Josef. Josef übergab das Jesuskind einer alten frommen Großmutter, die mit dem Priester gekommen war. Die fromme alte Großmutter legte das Jesuskind auf ein reines weißes Linnentuch auf dem Boden. Alle beteten. Dann reichte die alte fromme Großmutter das in das Linnen gewickelte Jesuskind dem Priester. Josef beugte sich neben dem Priester und hielt das Jesuskind fest. Der Priester kniete vor dem göttlichen Kind. Dosen mit Wundsalbe standen bereit. Der Schnitt geschah mit der scharfen Schneide des Messers. Die abgetrennte Vorhaut legte der Priester in eine kleine weiße Dose und reichte die Dose der Madonna. Ich sah auch in der Vesperstunde des vierzehnten März in Lüttich die Rekluse, die selige Evi von Lüttich, nur durch ein Fenster mit der Kirche von Lüttich verbunden, die sich auf Lebzeit eingeschlossen hatte, um einzig und allein Christus im Allerheiligsten anzubeten. Sie hatte mystische Visionen von der Kommunion mit der ewigen Weisheit. Eine ihrer Visionen war, dass sie in der Eucharistie die Vorhaut Jesu in den Mund nahm und verschluckte. Jesus blutete! Jesus weinte vor Schmerz und Trauer! Maria nahm ihren Sohn in die Arme, selbst mitleidend das Leid ihres Sohnes, löste sie erschüttert ihre schöne vollkommene Brust aus dem Kleid und legte ihren Sohn an die reine schöne Brust, so fanden Maria und ihr Sohn Trost und Frieden. In der Nacht hörte ich noch öfters das Jesuskind weinen. Maria wachte in der Nacht, sie schlief und schlummerte nicht, und immer lag ihr Sohn in ihren Armen und barg sich an ihrem himmlischen Bussen, und so war die Madonna mit den bloßen Brüsten quasi die Trösterin Gottes!



VIERTES KAPITEL

In den zwölf heiligen Nächten vom Heiligen Abend bis zum Fest Epiphania wanderten die Magier aus Osten zum Jesuskind.        Schon in der Weihnacht ward den Magiern die Geburt Jesu verkündet. Der Magier Mensor und der braune Magier Sair sahen im Lande Mensors nach den Sternen. Sie saßen auf einem Sternturm, der einer Pyramide glich, und schauten nach dem Stern Jakobs. Sie schauten durch Fernrohre und sahen den Stern Jakobs mit einem feurigen Schweif. Der Stern tat sich auf und die Lichtjungfrau erschien in astralem Glanz, in ihrer Aura schwebte vor dem brennenden Herzen ein göttliches Kind in blauem Licht. Aus der Seite des Kindes wuchs ein Zweig mit einer Blüte. Aus der Blüte erhob sich ein elfenbeinerner Turm mit vielen Perlentoren, der zu einer himmlischen Phönix-Stadt am Ende der Milchstraße wurde. Gleich nach dieser Vision machten sich Mensor und der braune Sair auf die Wallfahrt zur Lichtjungfrau und dem göttlichen Kind vom Sterne. Theokeno, der dritte Magier, wohnte weiter im Osten. Er sah dieselbe Vision zur selben Zeit und reiste auch sofort los, um seine Freunde, die Magier Mensor und Sair, rasch einzuholen. Ich aber schlief ein mit einem glühenden Verlangen, die Madonna in der Grotte zu schauen und aus ihren Armen das Jesuskind zu empfangen, um es an mein Herz zu drücken. Ich kam in der Nacht zur Grotte der Madonna. Madonna wachte an der Krippe ihres Kindes und hatte das göttliche Kind in ihren Armen. Ihr Schleier floß so lang wie ihr langes schwarzes Haar und hüllte das göttliche Kind ein. Sie barg das Jesuskind an ihren bloßen Brüsten. Ich lag auf meinem Angesicht auf dem Boden und betete an. Mein Verlangen war sehr groß, von der Madonna das Kind zu empfangen. Ah, sie wusste wohl, was ich wollte, sie weiß ja alles und nimmt einen so liebevoll an, wenn man feurig betet. Sie war so still und so innig. Aber sie gab mir das Kind nicht, denn sie stillte das göttliche Kind und säugte es an ihrer schönen bloßen Brust! Meine Sehnsucht aber wurde immer glühender und strömte zusammen mit aller glühenden Sehnsucht aller Liebenden, die sich nach dem göttlichen Kinde sehnen. So groß war auch die fromme Begierde in den Herzen der Magier aus dem Osten. Ich vollendete meine Anbetung und zog mich dann leise aus der Grotte der Madonna zurück. Ich wollte die Madonna nicht stören bei ihrer süßen Mutterpflicht, das göttliche Kind zu säugen. Ich wurde dann in einer Vision zu den Magiern des Ostens entrückt. Ich ward in den Osten geführt vom Geist, in eine Gegend, da unfruchtbare Wüste war. Dorrt lebten Menschen, die wenig bekleidet waren. Die Männer trugen vorn vom Gürtel abwärts Lendenschurze. Der Oberkörper war bis zum Gürtel nackt. Auf dem Haupt trugen sie ihren Turban mit einer rubinenen Rose vor der Stirn. Die Frauen trugen kurze Röckchen, die auf die Oberschenkel reichten. Die Brüste und den Bauch hatten sie mit leichten Hemdchen bedeckt, die beim prachtvollen Gürtel endeten. Die Hemdchen über den Brüsten der Frauen waren mit bunten Mustern verziert. Die bloßen Oberarme aber hatten die Frauen mit goldnen Spangen geschmückt, die goldene Schlangen darstellten. Unter den Bäumen hatten diese Menschen Götterbilder in Gestalt von geflügelten Schlangen aufgestellt. Dann stieg mein Weg immer steiler an, ich stieg über den Rücken eines Berges und kam in eine Gegend, da viele Bäume standen. Da waren Bäume mit starken Stämmen und großen Blättern, Bäume auch wie Pyramiden gewachsen, mit sehr schönen Blumen, auch Bäume mit herzförmigen Blättern. Dann kam ich in eine Gegend, da Herden weideten. Auf den Höhen der Hügel wuchsen Weinstöcke, gepflegt in Reihen auf den Weinterrassen. Die Hirten der Herden wohnten in Zelten. Ich sah Schafe mit zottiger Wolle wie geflochtene Zöpfe und langen Schwänzen, ich sah flüchtige Tiere mit Hörnern wie Böcke, die groß waren wie springende Mastkälber, ich sah Herden von Kamelen und Dromedaren, auch spuckende Lamas, schließlich auch einige weiße zahme Elefanten. Die Herden und Weinberge schienen mir Mensor, dem Magier, zu gehören. In der Nacht auf der Weide war eine ungeheure Stille. Die Hirten schliefen in ihren Zelten, nur wenige Hirten wachten über die Herde. Es war schön und herrlich, die unendliche Weide mit den Herden zu sehen und darüber die unermessliche Weide des Himmels mit den unzähligen Sternen, den Schafen Gottes, dessen Hirtenstimme sie alle zusammenruft. Ich sah auch, wie die wachenden Hirten mehr zu den Herden der Sterne sahen als zu den Herden der Schafe. Ja, sie schauten dahin, woher seit Jahrtausenden ihre Ahnen den Guten Hirten erwarteten, der die verlorenen Schafe heimführen wollte zur Quelle des Lebens und zur Aue der Ruhe. Ja, der Schöpfer des Himmels sendet seinen Sohn als Guten Hirten, das verlorene Schäfchen heimzuführen zur Quelle des lebendigen Wassers und zur Weide des Friedens. Ja, der Gute Hirte wird selbst das Lamm, das geschlachtet ward, das die Trennung der Welt vom Schöpfer überwindet durch seine Liebe bis zum Tod und über den Tod hinaus! Diese Ankunft des Erlösers ist jetzt geschehen in dieser Weihnacht. Und darum sind die Magier des Ostens auch aufgebrochen und folgten dem Stern, den sie gesehen, um ihrem neugebornen Erlöser zu huldigen. Darum auch schauten die wachenden Hirten in die Sternwelt, denn der Hirte aller Herden ist von dort gekommen. Plötzlich hörte ich in der Stille der Nacht den Hufschlag der Kamele, reitende Männer nahten. Die ruhenden Kamele rührten sich im Schlaf und reckten ihre langen Hälse, die Lämmer blökten. Die Männer sprangen von den Kamelen und weckten die schlafenden Hirten in den Hirtenzelten.        Man schaute und deutete nach den Sternen. Man sprach von einem Stern, von einer Erscheinung am Himmel. Das war Theokeno, der dritte Magier, der am weitesten im Osten wohnte, der den Stern Jakobs gesehen hatte und gleich aufgebrochen war. Er fragte, wo Mensor und Sair wohl seien. Hier war die Gegend, wo die drei Magier gewöhnlich gemeinsam der Betrachtung des Firmaments sich hingaben. Sie stiegen dazu auf einen Sternturm, der einer Pyramide glich, und betrachteten durch lange Fernrohre all die Sterne. Theokeno aber wohnte weiter im Osten, in jener Gegend um Ur im Fruchtbaren Halbmond, wo Abraham in die Sterne geschaut hatte. Ich sah Theokeno im Morgengrauen Mensor und Sair einholen in einer verwüsteten Stadt. Dort standen hohen Säulen. An den Toren standen schöne Bildsäulen, schöner und lebendiger als die Obelisken von Ägypten. Die Gegend war eine Wüste. Mir scheint, ich bin schon einmal in jener Gegend gewesen, als ich im Geist zum Prophetenberg des Orients entrückt ward und als ich im Geist zur Mutter Ganga gewallfahrt bin. Von hier aus zogen nun Mensor, der braune Sair und Theokeno weiter. Nun waren die drei Magier beisammen. Theokeno war von goldener Gesichtsfarbe. Sie hatten eine Schar von Kameltreibern und Knechten bei sich. Die Knaben des Gefolges waren bis zum Gürtel nackt und sprangen geschickt umher. Mensors Name bedeutete: Er geht mit Liebe! Sairs Name bedeutet: Er schweift schmeichelnd umher und nähert sich so sanft! Theokenos Name bedeutet: Er greift mit göttlichem Willen rasch zu! Die Magier reisten weiter. Nun traf ich erst mit ihnen zusammen in einer fruchtbaren Gegend. Hier und da waren Hirtenwohnungen. Die Magier nahten einem Brunnen und ruhten dort. Die Edlen saßen auf ihren beladenen Kamelen zwischen Bündeln, über welche Teppiche gebreitet waren. Sie hielten magische Stäbe in der Hand. Auf Pferden und Eseln folgten ihnen die Diener. Sie gaben den Tieren am Brunnen zu trinken. Die Kamele standen vor Eimern, in denen Erbsen oder Bohnen lagen. An den Kamelen hingen noch Käfige mit Vögeln zur Nahrung, Tauben oder Hühnern. Da waren auch Brote in den Taschen. Die Magier hatten auch kostbare Gefäße bei sich, wie die Kelche in den Tempeln, von Gold und mit roten Edelsteinen am Rand verziert, aus welchen sie den alleredelsten Wein tranken. Als die Tiere getränkt und gesättigt waren, ließen sich die Magier nieder und schichteten ein Feuer und zündeten das Holz an, ich weiß nicht wie, doch sehr geschickt. Da brieten sie nun die Hühner und aßen sie. O wie schön ist doch die kindliche Einfalt der Magier! Sie gaben denen, die dazugekommen waren, alles was sie hatten und hielten ihnen noch die Becher an den Mund und ließen sie wie Kinder daraus trinken. Mensor war ein Chaldäer, seine Stadt hieß Achajacula, war eine Burg auf einer Insel des Euphrat. Er war aber immer auf dem Feld bei seinen Herden. Seir, der Braune, kam aus seiner Landschaft Parthamaspe. Er und sein Stramm waren von brauner Haut, aber mit roten Lippen. Theokeno mit der goldenen Haut stammte aus Medien. Seine Stadt lag zwischen zwei Meeren. Der Stern, der sie führte, war wie ein runder Ball. Wie aus dem Munde des Herrn Licht strömt, so strömte Licht aus dem Munde dieses Sternes. Der Ball schien an einem Lichtfaden zu hängen und von einer Erscheinung eines lichten Engels geführt. Am Tag war der Lichtkörper heller als der Tag selbst. Abends brachen die Magier auf. Der Stern sah aus wie ein roter Mond im Sturm. Der Lichtschweif war lang und glühend. Sie gingen eine Zeit barhäuptig neben ihren Tieren und beteten. Dann sangen sie alle ungeheuer schön durch die dunkle Nacht ihre Hymnen an den Stern! Wir zogen die Nacht hindurch dem Sterne nach, der dort mit seinem feurigen Schweif an die Erde rührte. Die edlen Männer schauten so freudig zum Stern und sprachen von ihren Kamelen aus herrlich mit dem Stern. Zuweilen sangen sie auch gereimte Verse. Es klang so schön durch die Nacht, wie sie ihre Lieder sangen, und ich fühlte alle Geheimnisse ihres Glaubens. Es geschah alles so still und süß wie ein unaussprechlich schöner Traum von der Liebe! Nun sah ich die Magier in der Nähe einer Stadt, die Causur hieß und auf festen Fundamenten erbaut war. Dort ruhten sie bei einem Fürsten, dessen Zeltschloß vor der Stadt lag. Sie erzählten dem Fürsten von Causur alles, was sie in den Sternen gesehen. Er staunte sehr und schaute durch ein langes Fernrohr in die Sterne und sah im astralischen Bereich ein göttliches Kind mit einem Kreuz spielen. Er bat daraufhin die Magier, ihm nach ihrer Rückkehr alles von dem göttlichen Kind zu berichten. Ich war nur gespannt, ob er dem Kinde wie versprochen einen Altar bauen würde. Die Ahnen der Magier stammten von Hiob ab, der auf dem Kaukasus lebte. Der heidnische Prophet Balaam war auch aus jener Gegend. Einer seiner Schüler verbreitete seine Prophezeiung: Es werde ein Stern aus Jakob aufgehen! Darüber lehrte er. Die Leute bauten Sternwarten auf Bergen, viele weise Männer und Sternkundige wohnten in den Türmen auf den Bergen. Alles, was sie in den Sternen sahen, wurde von Mund zu Mund weitererzählt. Die Sternkunde geriet aber in Verfall. Aber es bestand die Weisheit der Sternweissagung fort in einem Geschlecht, da drei Töchter prophetische Gaben von Gott erhalten hatten. Sie wandelten in langen Kleidern durch das Land und weissagten von dem Stern aus Jakob und dem astralen Kind. Da ward das Verlangen nach der Sternkunde und dem himmlischen Kind wieder erneuert. Von diesen drei prophetischen Töchtern stammten die drei Magier aus dem Osten ab. Alle besonders merkwürdigen Zeichen in den Sternen, die auf die Ankunft des Heilands deuteten, wurden aufgeschrieben. Viele wunderbare Visionen in dem Sternenhimmel wurden verzeichnet. Schon bei der makellosen Empfängnis der Madonna wurden die Visionen immer klarer und deuteten auf die Ankunft des göttlichen Kindes. Schließlich sahen sie in den Sternen auch Bilder, die auf die Passion Jesu hindeuteten. Sie konnten die Ankunft des Sternes aus Jakob, den Balaam prophezeit hatte, aus den Sternen gut berechnen, denn sie sahen die Himmelsleiter Jakobs. Sie sahen die Stufen der Himmelsleiter und sahen Visionen auf jeder Stufe. Danach konnten sie wie nach einem Kalender die Stunde der Ankunft des Heils berechnen. Das Ende der Leiter führte zu dem Stern Jakobs. Zur Stunde der Empfängnis der Madonna hatten sie in den Sternen Visionen, da sie die Lichtjungfrau mit der Waage der Wahrheit und dem Zepter der Weisheit sahen, in der Waage der Gerechtigkeit aber Trauben und Weizen. Sie sahen die Lichtjungfrau mit dem astralischen Kinde. Sie sahen Bethlehem als ein Schloß voll Segen. Sie sahen die Lichtjungfrau und das blauleuchtende Kind vom Himmel in einer Glorie der Herrlichkeit und alle Könige der Erde das Kind anbeten. Sie sahen auch das himmlische Jerusalem, die Kubusstadt des Himmels, und dahin führen einen Weg aus Blut und Dornen. Sie meinten, der König aller Völker werde in Herrlichkeit geboren und alle Völker werden sich vor ihm verneigen. Darum zogen sie auch mit reichen Gaben dem König entgegen. Sie hielten das himmlische Jerusalem für ein irdisches Reich und glaubten, in das irdische Paradies zu gelangen. Sie sahen auf den Stufen der Himmelsleiter Jakobs viele Visionen, in denen die Jungfrau verherrlicht wurde als verschlossener Garten, verschlossenes Osttor, Kelch der Ganzhingabe, Mutter der schönen Liebe! Sie sahen König und Königin, die sich nur mit dem Szepter berührten. Sie sahen Menschen, die einander Palmenzweige reichten. Als sie die Vision hatten, wie die Könige aller Völker dem neugeborenen göttlichen Kinde opferten, machten sie sich auf den Weg zum König aller Könige, dem göttlichen Kind, um es anzubeten. Der Stern, der ihnen voranzog, war kein Komet, sondern ein leuchtender Glanz, den ein Engel in den Händen trug. Bei Tage folgten sie dem Engel. Als sie aber nach Bethlehem kamen und statt einem herrlichen Schloß eine dunkle Grotte fanden, zweifelten sie. Aber sie blieben dennoch bei ihrem Glauben an die Lichtjungfrau und den astralischen Knaben und schauten beim Anblick der Madonna und des Jesuskindes alles wieder, was sie zuvor in den Sternen geschaut hatten. Ihre Betrachtungen des Firmament war mit Fasten und Gebet und Reinigungen und Gottesdienst verbunden gewesen. Ihre Visionen entstanden nicht aus der Betrachtung eines einzelnen Sternes, sondern durch die Betrachtung der Sternenordnungen in ihren Häusern und Konjunktionen. Die Sternverehrung wird bei bösen Menschen immer Böses bewirken, aber bei den heiligen Magiern wurde die Anbetung immer süßer und inniger und sie selbst wurden immer besser und gläubiger. Im Herzen des Sterns oder des Lichtballs, der vor den Magiern herzog, sah ich die Gestalt des göttlichen Kindes, das mit dem Kreuz spielte. Die Madonna hatte von dem Kommen der Magier eine Vision gehabt. Sie sah auch, dass die Magier dem göttlichen Kinde einen Altar errichten wollten. Es war ruhig in der Grotte. Die heilige Familie war still unter sich. Nur die Magd Marias, eine ernste und demütige Frau von vierzig Jahren, war bei der heiligen Familie. Ihr verschiedener Mann war sehr hart gegen sie gewesen, weil sie oft zu den Auserwählten ging, denn sie war sehr fromm und hoffte auf das Heil. Darüber war ihr verschiedener Mann sehr ärgerlich gewesen. Josef feierte mit der Madonna und der Magd Marias den Sabbath unter der Lampe in der Grotte. Am Abend des Samstag begann aber das Tempelweihfest, das Lichterfest. Josef hatte sieben Lampen angebracht in der Grotte. Das Jesuskind wurde wie andere Kinder zwar drei Jahre lang gesäugt, empfing aber schon bald nach der Geburt auch schon andere Nahrung als die süße Muttermilch der Madonna, denn die Madonna fütterte das Jesuskind mit einem Brei, der süß und nahrhaft war. Nun kam auch ein Diener der heiligen Mutter Anna, der Mutter der Madonna und Großmutter Jesu. Er brachte der Madonna Materialien für die Arbeit zu einem reizenden Gürtel und einen schönen Weidenkorb mit Rosen. Die Rosen waren nicht wie gewöhnliche Rosen, sie waren orangen, nicht weiß oder rot, sondern glühend wie der Neue Morgen der Morgenröte der Neuen Schöpfung oder des Neuen Paradieses. Die Madonna freute sich sehr über die orangenen Rosen, mehr als sie sich über scharlachrote oder weiße Rosen gefreut hätte. Die Madonna freute sich über die orangenen Rosen und stellte das Weidenkörbchen mit den frischen Knospen neben sich auf ein Tischchen. Josef hatte Lust, nach der rituellen Reinigung Mariens mit ihr in Bethlehem wohnen zu bleiben. Mir scheint, er hat sich schon nach einer gemeinsamen Wohnung mit ihr umgesehen. Ich sah auch einen alten weisen Priester mit Josef aus einer Schriftrolle beten in der Grotte. Sie beteten zusammen, denn es war das Neumondfest herangekommen. Die Grotte war sehr still in jenen Tagen. Die Madonna war schön wie der Neumond. Die Magier waren in einem kleinen Ort angekommen. Viele Häuser waren mit Zäunen umgeben, an denen Rosen wuchsen. Dies war der erste jüdische Ort. Von hier ging es in gerade Linie nach Bethlehem. Sie sangen schön und waren voller Freude. Der Stern schien ungeheuer hell, es war wie klarer Mondschein. Die Einwohner begleiteten die Magier mit Palmenzweigen. Der Stern schien heller, wo gute Menschen lebten, und verdunkelte sich, wo böse Menschen lebten. Wenn der Stern aber besonders hell schien, meinten die Magier, da müsse wohl der Messias sein. Der Name der Stadt klang wie Metanea. Ich sah die Magier ruhen, aber sie waren traurig, weil hier keiner etwas vom neugebornen Messias wusste. Die Verheißung des kommenden Messias war im Stamm der Magier schon alt. Sie stammte von Hiob: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt und sich als letzter über dem Staub erheben wird! Sie stammte von Abraham, zu dem Gott sprach: In deinem Samen werden alle Kinder gesegnet werden! Es zog einmal eine Schar von Menschen aus dem Lande Hiobs nach Ägypten. Sie kamen, zu helfen. In der Gegend von Heliopolis, der Sonnenstadt, hatten einige Menschen aus der Schar die Offenbarung eines Engels, der ihnen den Messias verkündete, der aus der Jungfrau geboren werde. Sie sollte nach Hause ziehen und die Sterne betrachten. Ich sah die Menschen in Ägypten Freudenfeste feiern, Triumphbögen errichten und Altäre mit Blumen schmücken, dann zogen sie nach Hause, in die Heimat Hiobs. Diese Menschen brachten aus Ägypten die Verehrung der Sterne. Aber der Sternkult verfiel bald zu finsterem Aberglauben. Die Schüler Bileams aber, des heidnischen Propheten, der die Stimme des Herrn hörte und eine Vision des Ewigen hatte, erneuerten den wahren Kult der Sterne. Später hätten drei prophetische Töchter den Kult des göttlichen Sternkindes wieder erweckt. Nun aber, sprachen die Magier, sei der Stern aus Jakob erschienen, sie zu führen zum Messias. Maria hatte die Ankunft der Magier vorhergesehen. Josef richtete die Grotte her. Josef und Maria mit dem Jesuskind zogen sich in einen hinteren Raum der Grotte zurück. Es waren Menschen von Bethlehem gekommen, das Kind zu beschauen. Von einigen Menschen ließ sich das göttliche Kind auf die Arme nehmen, von anderen wandte es sich weinend ab. Ich sah die allerseligste Madonna innerlich ganz ruhig in ihrem Raum in der Grotte. Ihr Lager war sehr bequem eingerichtet und die Decken dufteten nach dem süßen Duft der Madonna. Das Jesuskind lag neben ihr und schmiegte sich an sie, sie aber wandte mütterlich ihre Arme und ihre Brüste segnend dem Kinde zu. Ihr Lager war von der Grotte durch eine Wand abgetrennt. Am Tage aber, wenn sie nicht allein sein wollte, saß sie vor der Wand, dann saß das Jesuskind neben ihr. Die Mutter der Madonna, die heilige Anna, war mit ihrem zweiten Mann und Marias Schwester gekommen. Ich habe gesehen, wie die Madonna das göttliche Kind ihrer Mutter in die Arme legte. Das Jesuskind war ganz still und ruhig und Anna war tief bewegt. Die Dienerin Annas hatte lange Haarflechten, die ihr wie ein schwarzes Netz bis zu den Hüften herabhingen. Um ihre Hüften trug sie einen zauberhaften Gürtel. Ihr kurzer Rock reichte nur zu den Oberschenkeln. Ihr Unterkleid schloß sich eng um die Hüften und war straff über den schönen Brüsten gespannt. Die Mutter Anna weinte mit der schönen Madonna, aber die Tränen wurden immer wieder von Zärtlichkeiten des göttlichen Kindes unterbrochen. Ich sah die schöne Madonna heute wieder in der Grotte und das Jesuskind auf ihrem Schoß. Wenn Josef und die Madonna mit dem heiligen Kind allein waren, neigten sie sich oft zärtlich dem göttlichen Kinde zu und sprachen Worte des Segens und der Ehrerbietung vor der heiligen Seele des Kindes. Dann sah ich die heilige Mutter Anna mit ihrer reizenden Dienerin wieder fortreisen von der schönen Madonna. Die Magier zogen von Metanea weiter durch die Nacht. Sie zogen durch kleine Gehöfte, wo später der Messias als erwachsener Mann die Kinder gesegnet hat, indem er sie liebkoste. In der Nähe des Ortes Bethabara überquerten sie dann den Jordan. Nun waren sie in gerader Richtung gen Bethlehem, aber sie zogen erst nach Jerusalem. Die Stadt Jerusalem lag hoch aufgetürmt gen Himmel. Hier war der Stern ganz verschwunden. Die Pilger waren ganz verzagt und kleinmütig, denn der Stern war nicht mehr zu sehen. Sie erwarteten in ganz Israel ein große Freude über die Geburt des Messias, aber nirgends fanden sie eine Spur von Freude über die Geburt des himmlischen Königs auf Erden. So wurden sie ganz traurig und zweifelten fast an ihrer Verheißung. Sie sprachen zu den Menschen zwar von dem Stern und dem göttlichen Kind, aber keiner von den Leuten verstand, was sie sagten. Sie fanden nicht einen einzigen Menschen, der etwas verstand vom Heil. Die Leute begriffen einfach nicht, was die Magier suchten. Einige hatten etwas von einer Geburt in Bethlehem gehört, aber sie wussten nichts von einem himmlischen König, denn die Eltern des Kindes in Bethlehem seien arme Leute. Andere lachten die Magier aus und meinten, es könne nicht weit her sein mit dem himmlischen König, wenn der König Herodes nichts von solch einem Kinde wüsste. Da wurden die Magier noch verzagter und wurden sehr von Zweifeln geplagt. In ihrer Trauer beteten sie, da wurden sie vom Geiste wieder aufgebaut, wurden getrost und mit neuer Hoffnung erfüllt. Sie dachten: Der Stern hat uns so weit geführt, er wird uns auch nach Hause führen. Einige Leute führten den Zug der Magier in einen Hof, wo sie die Nacht verbrachten. In der Nacht ging der Magier Theokeno in das Schloß des Königs Herodes. Es war nach zehn Uhr in der Nacht. Der Magier wurde von einem Hofmann des Königs Herodes ausgefragt und brachte die Mitteilungen des Magiers zum König. Der König war zwar entsetzt, aber er beherrschte sich selbst und versprach scheinheilig, er werde die Schriftgelehrten befragen. Als Theokeno zu den andern Magiern zurückkam, konnte er ihnen keinen wahren Trost bringen. Sie schliefen in der Nacht nicht, sondern hielten immer Ausschau nach dem Stern. Herodes aber ließ die Schriftgelehrten kommen. Sie kamen noch vor Mitternacht mit Schriftrollen. Er fragte sie, wo der Messias geboren werden solle. Sie sprachen: Es steht geschrieben in den Propheten, dass der Messias in Bethlehem geboren werden solle. Herodes war voller Unruhe und suchte nach dem Stern, aber er sah keinen Stern. Die Schriftgelehrten sprachen: Die Magier aus dem Osten seien schon immer abergläubische Sternanbeter gewesen, wenn der Messias aber kommt, dann kommt er sicher in den Tempel von Jerusalem. Die Magier aber seien Phantasten. Herodes aber ließ sich nicht beruhigen. Morgens ließ Herodes die drei Magier rufen. Ihnen wurden einige Erquickungen gereicht. Sie verneigten sich vor dem König von Israel und fragten ihn nach dem neugebornen Messias. Herodes heuchelte große Freude. Der Magier Mensor erzählte ihm von der Vision, wie sie die Lichtjungfrau in den Sternen gesehen und das astralische Kind bei ihr, und wie das Kind eine Krone getragen hätte. Nun seien sie gekommen, dieses himmlische Kind anzubeten. Herodes sprach, sie sollten nur nach Bethlehem in Ephrata ziehen, wenn sie das Kind gefunden hätten, sollten sie zurückkehren und ihm berichten, damit er auch komme und das heilige Kind anbete. Es gab zwar Gerüchte von der Geburt des Kindes in Bethlehem, aber die Leute waren viel zu weltförmig und geldgierig, als dass sie an einen himmlischen König glauben könnten, der von einer armen Frau geboren war. Herodes aber dachte über die reichen Magier aus dem Osten nach und war doch sehr erschrocken, ob ihm das neugeborne Kind den Königsthron streitig machen könne. Als die Gerüchte aber wieder eingeschlafen waren, dachte nur noch Herodes an den kindlichen König und befahl darum, alle kleinen Kinder in der Gegend umzubringen! Die Magier aber kamen nach Bethlehem. Hirten wiesen ihnen das Hirtental als einen Lagerplatz für ihre Karawane an. Da sahen die Magier den Stern wieder hell erstrahlen. Ein senkrechter Strahl ergoß sich aus dem Stern und wies auf einen Hügel. Plötzlich wurden sie voller Freude, denn sie sahen in dem Lichtstrahl die Lichtjungfrau mit dem Sternenkind. Da entblößten sie ihre Häupter und beteten an. Sie schritten zu dem Hügel und kamen an den Eingang der Grotte. Mensor sah als Erster in die Grotte und sah die Grotte erfüllt von himmlischem Licht und sah im Hintergrund der Hütte die allerschönste Madonna mit dem seligen Kinde sitzen, gerade so, wie die Magier sie in Visionen in den Sternen gesehen. Die Magier legten ihre großen weißen Priestermäntel an. Sie hatten an ihren Gürteln viele kleine Beutel und Döschen hängen. Ein jeder der drei Magier stellte einige goldene Döschen auf den blauen Teppich in der Grotte. Dies waren ihre gemeinschaftlichen Geschenke. Mensor und die anderen Magier zogen ihre Schuhe aus, wie Gott zu Mose einst gesprochen: Zieh deine Schuhe aus und nahe barfuß, denn dies ist heiliger Boden! Auf einem Brett trugen sie nun andere Geschenke herein und trugen sie zur allerschönsten Madonna, sie fielen auf die Kniee zu Füßen der allerschönsten Madonna und huldigten ihr ehrerbietig. Als sie eintraten, waren sie trunken vor seliger Freude und himmlischer Frömmigkeit und selbst wie erleuchtet von einem überirdischen Licht, das den ganzen Raum wie ein süßer Duft erfüllte. Madonna saß in einem Korbstuhl. Beim Eintritt der Magier aber richtete die Madonna den Oberkörper auf, der bequem im Korbstuhl gelegen hatte. Sie verschleierte sich mit ihren langen schwarzen Haaren und bedeckte auch das heilige Kind mit dem zärtlichen Schleier ihrer seidigen Haare. Das Kind saß auf dem Schoß der Madonna und schmiegte sich zärtlich an die Brüste der Madonna. Als Mensor niederkniete vor der allerschönsten Madonna und dem süßen Kinde und die Geschenke überreichte, sprach er Worte der Verehrung und Huldigung, erfüllt von tiefer Ehrerbietung, er neigte demütig sein Haupt vor dem überirdischen Glanz, der die Madonna mit dem Kinde umfloß. Die Madonna aber hatte dem Kinde den Oberkörper entblößt, da sah das nackte göttliche Kind so liebevoll aus seinen strahlenden Augen, das Licht der Liebe floß zwischen dem Schleier der schwarzen Haarflut der allerschönsten Madonna hervor, das alle bezaubert waren von dem seligen Glanz. Mit der einen Hand und ihren schlanken weißen Fingern streichelte sie die Locken des Kindes und mit dem andern Arm hielt sie es warm und zärtlich umschlungen. Das himmlische Kind leuchtete vor seliger Liebe und griff wie scherzend um sich und spielte mit dem Haar der Madonna und rührte an ihre wundervollen Brüste. O wie selig waren die Magier aus dem Osten! Es war ihnen, als seien sie auf Erden schon im Paradies und schauten die Schönheit Gottes von Angesicht zu Angesicht! Mensor legte der allerschönsten Madonna seine Gabe in den Schoß. Sie nahm das Gold liebevoll und dankbar an und lächelte ihn süß aus ihren Mandelaugen an. Mensor gab das Gold, weil er voll treuer Liebe war und in unerschütterlicher Andacht nach der ewigen Weisheit suchte. Mensor zog sich zurück. Nun kam der braune Sair und sank in seine Kniee. Zitternd sanken seine Kniee in sich zusammen. Die Schönheit der Madonna mit dem Kinde riß ihn mächtig in die Knie! Dann bot er mit liebkosenden Worten der Huldigung sein Geschenk an, ein Weihrauchfaß mit grünen Blättern und Samenkörnern. Er gab den Weihrauch, weil er ergeben war. Er kniete lange in glühender Innigkeit, ehe er sich fortbegab. Nach ihm kam Theokeno, der älteste Magier. Er konnte nicht knieen, er stand ehrfurchtsvoll geneigt und stellte ein Goldgefäß mit grünen Kräutern nieder. Es schien eine lichtgrüne Pflanze, die auf überwundene Leidenschaft deutete, er hatte die berauschende Leidenschaft überwunden und innerlich zur Schönheit geordnet. Der Mann hatte starke Versuchung zum Götzendienst der Astarte und zu Vielweiberei mit großer Kraft bekämpft und gesiegt. Er blieb lange voller Ehrfurcht und Andacht von dem kleinen Jesus stehen. Die Magier waren selig und dankten der Madonna und dem Kinde in einem kindlich-reinen und gleichzeitig liebestrunknen Gebet. Sie weihten dem makellosen Herz der schönen Madonna und dem heiligen Herzen des kleinen Jesus ihre Familien, ihr Volk und ihr Land und die ganze Erde und den ganzen Kosmos und vor allem ihre Allerliebsten, der kleine Jesus möge die Seelen ihrer Allerliebsten doch ins Paradies führen und ihnen schon auf Erden die große Liebe schenken! Bei dem Gebet glühten die Magier in schöner Liebe, und Tränen des Trostes und der unaussprechlichen Freude rollten wie blutige Tränen über ihre glühenden Wangen. Sie waren ganz selig, und meinten, schon auf dem verheißenen Stern angekommen zu sein. Die allerschönste Madonna nahm alles mit süßer Sanftmut und frommer Demut an und schwieg lange. Eine schöne Bewegung ihrer Schulter allein drückte die innige Bewegung aus, und es schob sich ihr Kleid von der schönen Schulter. Das nackte Kind sah so schön hervor aus dem schwarzen Schleier der langen Haare der schönen Madonna. Schließlich sprach die Madonna noch leise einige liebevolle und weise Worte und ließ die Magier tiefe Blicke tun in das allerheiligste Mysterium ihrer schönen Seele, in welcher Mensor den Thron Gottes schaute. Dabei war aber das Kleid von der Schulter verrutscht und die schöne bloße Schulter der Madonna entzückte Mensor zugleich mit einem frommen und seligen Entzücken wie ein Blick ins Paradies der Schönheit Gottes! Die Magier zogen sich zurück und nur noch die Kinder aus dem großen Pilgerzuge der Magier blieben in der Grotte und beteten still das göttliche Jesuskind an. Dann zogen sie sich alle voller stiller Freude und tiefer Dankbarkeit zurück. Am nächsten Abend nahmen die Magier Abschied. Mensor ging zuerst allein in die Grotte. Die allerlieblichste Madonna legte ihr heiliges Kind in seine Arme und er liebkoste das göttliche Kind der allerschönsten Madonna, das seine Schönheit von der Schönheit der Madonna hatte, und drückte es an sein Herz und küsste es auf die süßen Lippen! Da leuchteten die himmlischen Augen des heiligen Kindes vor großer Seligkeit! Dann kamen auch die andern Magier in die Grotte, Abschied zu nehmen. Sie schenkten noch viele Geschenke, alte Priesterhandschriften, duftende Kräuter, orangene Rosen und der Madonna ein weißes Kleid von allerfeinster Seide, so fein gewoben wie ein Frühlingslüftchen, mit eingewobenen Mustern von Paradiesblumen. Sie weinten alle vor seliger Trauer, als sie Abschied nahmen von der allerschönsten Madonna mit dem göttlichen Kinde! Ich sah die allerschönste Madonna vor ihnen stehen, die schwarzen Haare aufgebunden zum Knoten, drehte sie den Oberkörper und spannte ihre schönen Brüste. Sie hatte das Jesuskind in einen Weidenkorb gelegt und begleitete Mensor einige Schritte bis zum Ausgang der Grotte. Da stand sie still und geheimnisvoll schweigend und reichte dem geliebten Magier ein Stück von ihrer Kleidung, ein Stück schwarzer Spitzenseide, das sie selbst am Körper getragen hatte. Dies reichte sie liebevoll lächelnd dem geliebten Magier. Der nahm es zitternd vor gläubiger Liebe und liebender Andacht entgegen und roch den berauschenden Duft der allerheiligsten Madonna und war ganz verzückt vor Liebesseligkeit! Er sank in seine Knie, als er die Madonna in solcher Schönheit vor sich sah, dass er die göttliche Weisheit selbst in Fleischgestalt vor sich erscheinen sah, sank auf die Erde und betete an! Dabei weinte er solche Tränen des Trostes aller Trauer und der unaussprechlichen Wonne des Paradieses, dass er fast vor Wonne der Schönheit zu sterben meinte! Wahrlich, die schwarze Madonna ist so unaussprechlich schön, dass wer sie erschaut auf Erden, sterben will, um ewig die Schönheit Gottes zu schauen! Aber die schwarze Seide bewahrte der Magier als seine allerkostbarste Reliquie zum Zeugnis und Bekenntnis der Fleischwerdung der Ewigen Weisheit!




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ERSTES KAPITEL

Am Anfang schuf Gott Eva im Paradies. Es sah der Seher, dass Gott seinen Knecht Jakob, seinen Geliebten Israel segnen wollte. Da sprach der Seher, als der Geist auf seine Locken kam: Also spricht der Seher, dem die Augen des Herzen geöffnet sind, der die göttlichen Worte kennt, der die Offenbarung des Ewigen schaut, der schaut, wenn er niederkniet zum Gebet, also spricht der Seher: Wie schön ist deine Wohnung, Israel! Deine Wohnung ist wie ein blühender Garten, da die Feigenbäume wachsen und die Zypressen rauschen. Gott ist für dich wie das Horn des wilden Stieres. Du liegst wie ein Löwe, du erhebst dich wie ein junger Löwe und brüllst! Gesegnet ist, wer dich segnet! Verflucht ist, wer dir flucht! Siehe, ich schaue, aber in der Ferne, ich schaue, ich schaue den Stern aus Jakob! Und aus dem Stern aus Jakob hervorkommen wird der Herrscher, der Israel und die Völker alle weiden wird mit dem Zepter der göttlichen Gerechtigkeit! Ich schaue die Frau, ihr Name wird sein: Die Beleibte, das bedeutet: Die Schöne! Sie wird sich neigen mit ihren barmherzigen Mutterbrüsten und stillen mit der Milch des Trostes und säugen mit der Milch der Weisheit den Messias, den Kind-Messias, der an ihren Brüsten ruht und spielt mit ihren Brüsten. Und der Kind-Messias schaut mit den Augen eines Gottes in meine Seele! Und der Stern aus Jakob steht über der Mutter des Messias, der Mutter, der Beleibten, der Schönen, der Schwester Aarons! Und die Mutter sitzt unter dem Feigenbaum des Paradieses, denn sie wird mit dem Kind-Messias das Paradies erneut eröffnen. Dann werden die letzte Eva und der letzte Adam Königin sein und König im Paradiese, das die beleibte Mutter und der Kind-Messias uns schenken, Israel und allen Völkern! Heil der Beleibten, Heil der Mutter des Kind-Messias, Heil dem Messias aus dem Geschlecht Israels! Und der Seher zog wieder gen Osten in seine Heimat. Siehe, der Seher sah, und was er sah, das war: Der Herr! Er, der lebendige Gott, war im Tempel, sein Saum rauschte durch den Tempel! Seraphim umschwebten den lebendigen Gott, feurige Flügelschlangen der göttlichen Liebe, englische Chöre der brennenden Liebe Gottes! Jeder Seraph hatte vier Flügel: Zwei Flügel verhüllten das Antlitz und zwei Flügel verhüllten das Geschlecht vor Gott! Und der Chor der Seraphim sang diesen himmlischen Choral zur Musik des Himmels, zum Orgelspiel des Himmels: Kadosch, kadosch, kadosch, Jahwe Elohim Zevaoth! Hosianna, Hosianna! Gepriesen sei der Messias, der kommt im Namen des Seienden! Und die Schwellen des Tempels schwollen an vom Sang der feurigen Schlangen und der Tempel war voll von berauschendem Weihrauch! Da sprach der Seher: Ah weh mir, ah weh mir, ich verschmachte! Ich habe eine sündige Zunge und wohne unter Weibern mit sündigen Zungen! Und ich habe den Herrn gesehen! Da flog ein Seraph zu ihm und hatte in den weißen Schwingen Glut vom Altar des Himmels und mit der Glut berührte er des Sehers Zunge und sprach: Nun bist du purgiert! Und er hörte die Stimme Gottes: Ich will dich senden! Geh und sprich zu diesen närrischen Leuten. Sie werden dich hören und doch nicht verstehen, sie werden deine Zeichen sehen und doch nichts erkennen. Sie sind taub wie Ottern, die die Stimme des Beschwörers nicht hören, der gut beschwören kann. Sie sind blind wie Maulwürfe. Sie hören mit ihren Ohren und verstehen doch nichts. Und ihr Herz will sich nicht bekehren! Und dann sprach Gottes Wort zum König: Erbitte dir ein Zeichen von Gott! Da sprach der König: Ich will kein Zeichen erbitten. Da sprach der Seher: Du ermüdest die Menschen! Willst du auch Gott ermüden? Gott wird dir dies Zeichen geben: Die Jungfrau ist schwanger! Die Jungfrau wird den Sohn gebären! Er ist Immanuel, das heißt: Gott ist mit uns! Er wird Butter und Honig essen, Butter und Honig wird die Jungfrau ihm geben, und er wird lernen, das Böse zu verwerfen und das Gute zu erwählen. Dann wird ein Mann eine junge Kuh und zwei Mutterschafe haben und wird soviel melken, dass er Butter essen wird. Butter und Honig werden die zu essen haben, die übriggeblieben sind vom Gericht. Aber wo vorher die fruchtbaren Gärten waren, werden nur noch Nesseln stehen. Und Gottes Stimme sprach zum Seher: Nimm dir eine Tafel von Ton und ritze mit einem Griffel hinein den Namen deines Sohnes, denn es wird ein prophetischer Name sein. Und der Seher ward Vater eines Sohnes. Und bevor der Sohn Abba sagen konnte, kam Gottes Gericht. Und der Seher sprach: Ich soll das Buch meiner Weissagungen verschließen, meine Enkel werden es öffnen und darin forschen und viel Weisheit finden. Siehe, hier bin ich und die Söhne meiner Einsamkeit, die Gott mir geschenkt. Sie sind ein prophetisches Zeichen in dieser Zeit vom Herrn, der in der Tochter Zion wohnt. Sie werden zu dir sagen: Laßt uns die Sterne befragen, lasst uns die heiligen Bäume befragen, lasst uns die Spalten der Mutter Erde befragen, lasst uns die Toten befragen. Aber der Seher sprach: Ihr sollt lieber sagen: Hin zur Offenbarung des Wortes Gottes! Wenn ihr euch nicht wendet zur Offenbarung des Wortes Gottes, werdet ihr nicht neugeboren wie Tau aus dem Schoß der Morgenröte und wird euch die Sonne der Gerechtigkeit nicht anblicken mit den Wimpern der Morgenröte, sondern ihr werdet in Finsternis und Todesschatten zittern vor Angst! Aber es wird nicht finster bleiben über denen, die in Todesangst sind. Denn das Volk, das in der Finsternis umherirrt, wird ein Licht sehen. Die Sonne der Gerechtigkeit weckt lauten Jubel, Freudengeschrei wie von glücklichen Kindern! Der Krieg, die Geißel der Menschheit, wird verdammt! Denn uns ist ein Kind geboren! Uns ist der Sohn gegeben! Er ist der Herr und sein Name ist: Göttlicher Held! König des Friedens! Wundertäter! Siehe, ich sehe die Tochter Zion, die den Messias gebiert, ich sehe die Freudenbotin kommen von dem Berg der Tochter Zion mit lieblichen Füßen und bringen uns den König des Friedens. Und sie wird uns trösten wie eine Mutter, sie wird uns tragen in ihren Armen. Wir werden ruhen auf ihrem Schoß. Wir werden saugen an ihren Brüsten die Milch des Trostes, schlürfen den Wein der Weisheit. Denn Gott wird uns durch die Mutter des Messias trösten! Gott wird uns durch die Tochter Zion trösten wie eine Mutter. Und wir werden der Mutter des Messias in den Armen liegen und saugen an ihren Brüsten. Und bei ihr wird der Friede wie ein Strom sein, denn sie ist die Königin des Friedens, die uns den König des Friedens bringt. Sie ist die Freudenbotin mit den lieblichen Füßen, die kommt und die Botschaft verkündet: Der Messias allein ist der König des Friedens! Wenn das Friedensreich des Messias kommt, dann werdet ihr sitzen jede unter ihrem Feigenbaum und jeder unter seinem Weinstock!



ZWEITES KAPITEL

Ich, Jakobus, Stiefbruder des Herrn Jesu aus des heiligen Josef erster Ehe, will nun berichten von der Empfängnis Unserer Frau. Viele haben davon schon gesungen, liebe Philathea, aber nun will ich es im Geist der Weisheit überliefern, wie es würdig ist. Die heilige Prophetin Anna war achtzig Jahre alt und war unfruchtbar. Sie sah das Nachtigallweibchen im Rosenbusch die Nachtigallküken füttern, da betrübte sie sich und seufzte: Ach dass ich doch Mutter der Mutter des Messias würde! Da trat der Engel Gabriel zu ihr und sagte: Anna, du auserwählte Frau, du wirst die Ur-Form der Ur-Materie empfangen, du wirst die Idea Gottes empfangen, im makelloser Konzeption wirst du die Frau empfangen, die Mutter des Messias! Da sagte Anna: Wie soll das geschehen, da ich doch unfruchtbar bin? Da sagte der Erzengel Gabriel: Bei Gott ist nichts unmöglich. Gott wird seinen Geist senden, um die Mutter des Messias als Meisterwerk des Heiligen Geistes in makelloser Konzeption in deinem gesegneten Mutterschoß zu schaffen. Gehe nur zu Joachim, deinem Mann, er wartet in dem Goldenen Tor von Jerusalem auf dich. Und Anna zog zum Goldenen Tor von Jerusalem. Es war das Osttor des Tempels. Die Makellose Konzeption selbst ist das Osttor des Tempels. Und Gott sprach: Das Osttor des Tempels soll verschlossen bleiben, denn Gott selbst wird durch dieses Tor hindurchgehen. Es soll aber für alle Zeit verschlossen und versiegelt bleiben. Denn meine fleckenlose Freundin ist ein verschlossener Lustgarten und ein versiegelter Bronnen. Nur der Auserwählte soll sitzen vor dem verschlossenen Osttor des Tempels und im Goldenen Tor Jerusalems das kultische Opfermahl feiern, dessen Speise jedem anders schmeckt. Da begegnete die alte Prophetin Anna dem heiligen Joachim und küsste ihn in dem Goldenen Osttor des Tempels von Jerusalem. Und da zeugte der Heilige Geist sein Meisterwerk, die Makellose Konzeption. Und die alte Prophetin Anna sang ihren Lobgesang, als die Makellose Konzeption in ihren auserwählten Mutterschoß als Meisterwerk des Heiligen Geistes geschaffen worden war, die Frau, die Idea Gottes, also sang Anna: Mein Herz ist fröhlich in Gott, mein Haupt ist erhoben in Gott! Mein Mund tut sich weit auf wider die Feinde des Heils, denn ich freue mich des Heils! Gott ist die Quelle aller Heiligkeit und Gott ist treu wie ein Berg! Laßt doch, ihr Gottlosen, euer Prahlen und Rühmen und Trotzen, lasst eure frechen Reden gegen Gott und euer Lästern gegen Gott! Denn Gott kennt jedes eurer Worte und von Gott werden eure Werke gewogen auf der Waage der Wahrheit. Die Waffen der Gewaltigen werden zerbrochen, aber die Schwachen werden gegürtet mit dem Gürtel der Gnade! Deren Bauch satt ist vom Fressen, die Fetten, sie werden hungern nach Liebe in Ewigkeit, aber die hungern nach Gerechtigkeit, die werden satt werden an den Brüsten des Trostes! Die Kinderlose hat mehr Kinder als die, die Kinder geboren hat. Gott allein tötet, aber Gott macht auch lebendig und führt aus dem Tod ins ewige Leben! Von Gottes Vorsehung kommen Reichtum und Armut. Aber die Demütigen werden von Gott gekrönt, die Elenden werden neben den Fürsten im Reiche Gottes thronen! Gott gibt dem Armen Asche zu Speise und Tränen zu Trank, aber im Reiche Gottes wird er liegen mit dem Messias zu Tische und der Messias wird sich gürten und dem Armen einschenken uralten Wein von Kana und ihn nähren mit dem Brot der Engel! Gott wird die Gerechten führen auf ihren Wegen, aber die Gottlosen stürzen in der Finsternis und fallen in den Abgrund. Die irdische Macht wird keinen retten. Die gegen Gott die Waffen erheben, werden in die Hölle gestürzt! Der Allerhöchste wird die Tyrannen zerschmettern, Gottes Liebe allein ist die Richterin aller Seelen! Gott gibt die Macht dem Messias und wird krönen das Haupt der Mutter des Messias! - Wer ist die Makellose Konzeption? Sie ist: Die Frau! Am Anfang ist sie die Neue Eva, am Ende ist sie die Apokalyptische Frau! Siehe, der Seher sah die Apokalyptische Frau am Himmel, ihr Name war: Magnum Signum! Die Frau war mit der Sonne bekleidet, der Mond war unter ihren Füßen, und sie trug eine Krone aus zwölf Sternen auf ihrem Haupt. Sie war schwanger und schrie in Qualen, denn sie sollte in der Endzeit das Heil gebären. Und es kam der scharlachrote Drache mit sieben Häuptern und zehn Hörnern und sieben Kronen. Und sein Skorpionenschwanz fegte den dritten Teil der Sterne vom Himmel. Luzifer riß bei seinem Fall ein Drittel der Engel aus dem Himmel mit herab in die Hölle. Der scharlachrote Drache bedrängte die schwangere Jungfrau, das Kind, wenn es möglich wäre, schon im Mutterschoße auszukratzen und fortzuwerfen in den Kot! Aber die Frau gebar den Hirten, den König. Und das Kind fuhr auf zu Gott im Himmel. Aber die Apokalyptische Frau verbarg sich in der Wüste. Gott ernährte sie dort und gebot den Raben, ihr Fleisch und Brot am Morgen und am Abend zu bringen. Aber der Erzengel Michael warf den Drachen aus dem Himmel. Und die Söhne der Frau stritten mit den Söhnen Satans. Aber als der Erzengel Michael, der Diener Unserer Frau, den Drachen und seine Sklaven aus dem Himmel geworfen, da entbrannte auf Erden ein Kampf. Die Söhne Satans stritten mit den Söhnen der Frau. Und da der Drache der Frau und ihrem Kinde nichts anhaben konnte, kämpfte er gegen die Samen der Frau, die Söhne der Frau. Aber die Söhne der Frau siegten über den Drachen durch ihr Glaubenszeugnis und das Kostbare Blut des Christus Jesus. Wer ist diese Apokalyptische Frau? Sie ist die Neue Eva des Evangeliums in dem Buche Genesis. Denn als die listige Schlange Eva zum Ungehorsam gegen Gottes Wort verführt hatte und durch Evas Nein zu Gott die Sünde und als Lohn der Sünde der Tod in die Welt gekommen war, da sprach Gott: Gott hat den Tod nicht geschaffen, sondern durch die List des Teufels ist der Tod in die Welt gekommen, und die beim Teufel schwören, sind es wert, dem ewigen Tode anzugehören. Aber, du Teufel, du listige Schlange, ich setze Feindschaft zwischen dich und die Frau! Die Neue Eva wird dir den Schädel zertreten! Die Frau und ihr Nachkomme wird dir das Haupt zertreten, du wirst dem Nachkommen in die Ferse stechen, aber er wird dir den Schädel zertrümmern! Diese Frau, die Neue Eva, wird die alte Schlange besiegen, das ist der Teufel, das ist der scharlachrote Drache, das ist der Satan, der vom Himmel gefallen ist wie ein Blitz! Die Apokalyptische Frau wird mit der Kraft des Erzengels Michael und dem Zeugnis ihrer Söhne und mit dem kostbaren Blut des Lammes den Satan besiegen am Ende der Zeiten! Siehe, dann wird der Feind in das Zelt der benedeiten Frau Jahel schleichen und um Wasser bitten, und sie wird ihm im Becher Milch reichen, aber wenn er schläft, dann nimmt die Benedeite unter den Frauen den Hammer, das ist das Wort Gottes, und treibt mit dem Hammer den Pflock durch des Feindes Schläfe, dann wird er zusammenbrechen und niederstürzen und zu ihren Füßen verenden! Siehe, der Feind wird betrunken in seinem Zelte liegen, betrunken vom Wein der Wollust und der Begierde nach der Benedeiten, der reinen Judith, die sich schön geschmückt hatte aus Liebe zu Gott, und sie wird zu ihm treten und mit seinem eigenen Schwert ihm das Haupt vom Rumpfe trennen, und so wird sie das auserwählte Gottesvolk befreien von der großen Drangsal durch den Anführer der Feinde und die Heerschar der Feinde Gottes und des auserwählten Gottesvolkes. Das wird eine größere Demütigung des Feindes sein, dass ihn eine demütige Frau besiegt hat, als wenn der Allmächtige ihn allein durch den Hauch seines Mundes vernichtete, das wird zur größeren Ehre Gottes geschehen, dass die demütige Frau den Feind besiegt, sie, die allein auf Gottes Allmacht vertraut! Sie ist die Benedeite unter den Frauen und die Schönste der Frauen in den Zelten des Gottesvolkes! Und ein armer Bauer, frisch bekehrt zu Christus, schaute die Apokalyptische Frau. Sie stand auf dem Berg der Schlangengöttin und des Abgottes der geflügelten Schlange, und sie zertrat den Schlangengöttern den Schädel. Die Schlangengötter waren gefräßig wie Drachen, sie verschlangen Menschen wie der Moloch! Unzählbar waren die Menschenopfer, die die Herrscher des Aberglaubens den Schlangengöttern brachten! Sie zerstückelten die Kinder, sie rissen den Jungfrauen das Herz aus dem Busen bei lebendigem Leibe und sie führten Männerkrieg, um die Gefangenen den Schlangengöttern zum Fraße vorzuwerfen! Aber die Apokalyptische Frau triumphierte über die blutrünstigen Schlangengötter! Sie trat auf in ihrer Schönheit, den Sichelmond zu ihren Füßen, umgeben von den Strahlen der Sonne, ihr grüner Mantel bestickt mit goldenen Sternen, der Sternenkonstellation am Tag der Makellosen Konzeption! Sie ist die Apokalyptische Frau, die Makellose Konzeption, die Siegerin in allen Schlachten Gottes, die Hilfe der Christen, die Schlangenzertreterin, die Neue Eva des Paradieses, die Mutter des wahren Gottes und die Mutter aller Menschenkinder! Ein Mennonit aus Westfriesland hatte in einer lebensbedrohlichen Krankheit eine Vision. Er war in Rom zum Franziskaner geworden und erzählte seinem Freunde, einem Mennoniten in Westfriesland, von seiner römischen Vision auf dem Krankenbett, einer Vision der Immaculata. Maria trug einen Kranz von zwölf Sternen, den Mond zu ihren Füßen, umleuchtet von reinem weißen Sonnenlicht. In ihren Armen trug sie das nackte Jesuskind, das trug die Weltkugel mit dem Kreuz darauf in der linken Hand und segnete die Menschen mit der rechten Hand. Zu Füßen der Immaculata, zu den bloßen Füßen der Madonna öffnete sich die Hölle. Ein Pestgestank wie von Schwefel oder verfaulten Eiern drang aus dem Abgrund herauf. In der Hölle wimmelte es von Skorpionen mit Gift in den Schwänzen, von feurigen Schlangen, die den Schwanz ins eigene Maul nahmen, von Giftspinnen, die überall ihre Netze spannen, von Würmern und Nacktschnecken, Kröten und Maulwürfen, Fledermäusen und Mäusen. Und das Biest auf dem Thron war eine gekrönte Ratte. In Feuerflammen schrieen gekrönte Häupter, Tyrannen der Rasse und Tyrannen der Klasse, Totengerippe lagen überall verstreut herum, Selbstmörder seufzten zu totem Gestrüpp verwandelt in den schauerlichen Nebeln über den stinkenden Sümpfen, im Abgrund schrie Judas Iskariot, der Jesus um dreißig Taler verriet und in dem untersten Abgrund starrte der Phallus Satans. Aber über der Immaculata öffnete sich der Himmel. Da strahlten Engel wie kleine glückliche Kinder mit Flügeln an den Schultern und den Füßen, himmlische Frauen in englischer Schönheit, Scharen von glückseligen Geistern in einer großen Gemeinde, Maria Magdalena in den Orangenhainen des Morgensternes auf einem Bette liegend, in lauter Gold der Haarflut gekleidet, David mit seiner Harfe sang Lobpreis dem Abba Jahwe, dem Maschiach und der Ruach ha kadosch! Und die Immaculata mit dem kleinen nackten Jesuskinde triumphierte wie der Himmel über die Hölle. Es war der Triumph der Immaculata, die die Hölle verschloß und den Himmel öffnete. (Aber der Mennonit erklärte: Maria ist die göttliche Versöhnerin des Himmels und der Hölle, denn sie brachte die Allversöhnung.) O der Franziskaner sah den Triumph der Unbefleckten, und wenn er von seiner Vision sprach, war es die Apotheose der Jungfrau, die einst Maria war, nun aber die Himmelskönigin und geheime Göttin des Christentums! Ja, sie war die geheime Göttin des Christentums, denn sie hat mit ihrem Sohn, dem göttlichen Kinde, die ganze Menschheit erlöst! Aber am nächtlichen Firmament am achten Dezember fand ein Treffen statt von glückseligen Geistern. Drei Männer sah ich am Himmel wie leuchtende Sterne. In der Mitte stand der heilige Papst Pius der Neunte, zu seiner Linken stand der selige Franziskaner Duns Scotus und zu seiner Rechten der Marterzeuge Pater Maximilian Kolbe. Und die beiden Männer zur Rechten und Linken riefen: Viva il Papa! Und über den drei Sternmänner leuchtete die Madonna, und die beiden Männer zur Rechten und Linken riefen: Viva Madonna del Papa! Und Duns Scotus erklärte: Maria ist ganz rein vom Augenblick der Empfängnis an. Aber Christus, der später von ihr geboren worden ist, hat das ganze Menschengeschlecht erlöst. Aber er musste Maria nicht von der Sünde erlösen, denn sie war ganz rein. Aber wenn Christus nicht Maria erlöste, die doch ganz Mensch ist, dann wäre er nicht der Erlöser des ganzen Menschengeschlechts. Darum sage ich, dass Maria von Christus in einer einzigartigen Weise erlöst worden ist, nämlich so, dass Maria als Meisterwerk des Heiligen Geistes von dem Logos im Hinblick auf das Versöhnungsopfer am Kreuz im Vorhinein erlöst worden ist so, dass sie bewahrt wurde vor allem Makel der Erbsünde und bewahrt vor jeder persönlichen Schuld und Sünde, ja, bewahrt vor jeder geheimen Neigung zur Sünde. Ich weise damit die Ansicht eines Kirchenvaters zurück, der sagte: Maria war eine Frau, folglich besaß sie die Sünde der Eitelkeit. Nein, Maria wurde vom Logos erlöst, indem der Sohn Gottes Maria vor aller Sünde bewahrte. Und Maximilian Kolbe sprach: Alles für die Immaculata, alles mit der Immaculata, alles durch die Immaculata und alles in der Immaculata! Der Kranz der Jungfräulichkeit empfangen will ich von der Immaculata und den Kranz des Martyriums will ich empfangen einzig von der Hand der Immaculata! Ich will überall Städte der Immaculata gründen und will die Medien der Neuzeit durchdringen mit der Verherrlichung der Immaculata! Ich will die Immaculata preisen, wie noch nie ein Mensch die Immaculata gepriesen hat, und ich bitte die Immaculata um die besondere Gnade, dass ich einen Menschen finde, der die Immaculata noch mehr preist, so dass ich in einem heiligen Wettbewerb mit diesem Menschen streiten kann um die höchste Ehre der Immaculata! Und der heilige Papst Pius der Neunte sprach: Wir, Petrus, cäsaropapistischer Alleinherrscher von Gottes Gnaden im alleinseligmachenden Gottesstaat erklären kraft der Erleuchtung des Heiligen Geistes in unfehlbarer Weisheit: Die Jungfrau Maria blieb vom ersten Augenblick der Empfängnis im Mutterschoße an durch die einzigartige Gnade Gottes im Hinblick auf das Kreuzesopfer Jesu von jedem Makel der vererbten Sünde Evas rein bewahrt! O die Renaissance! Da zogen die Künstler und die schönen Musen durch Rom und riefen : Der alte Papst stand im Dienst der Venus! Der neue Papst steht im Dienst der Minerva! Und sie errichteten eine Säule in Rom, einen Säulenschaft, strebend ragend in den Himmel. Die Gelehrten stritten sich: War es der Sonnenstrahl, der Pfeil Apollons, oder war es der Phallus, der Thyrsosstab des Bacchus? Und oben auf dem Säulenschaft thronte eine himmlische Frau? Wer war die Göttin? War es die Göttin Pax? War es die Göttin Pax Romana? War es die Göttin Pax Christi? Es war die Immaculata Conceptio! Vier alte bärtige Seher warfen sich der Immaculata Conceptio huldigend sklavisch zu Füßen! Tiefer noch als Sklaven erniedrigten sie sich wie Würmer in den Staub zu Füßen der glorreichen Frau! Da rief Moses zur Frau: Feindschaft setzt Gott der Ewige zwischen den Satan und dich, o Fraue! Und da sang David zur Harfe: Gebenedeit hat der Ewige Seine Wohnung! Und da sprach leise Hesekiel: Das Osttor des Tempels soll für immer verschlossen bleiben, denn Gott der Herr ging durch dieses Tor ein! Da jubelte Jesaja, der Evangelist: Die Immaculata ist schwanger mit dem Immanuel, die Jungfrau wird gebären den Friedefürsten! Und über die rufenden, singenden, flüsternden und jubelnden Propheten erhob sich die glorreiche Frau, Sie, die Göttin Roms, die Immaculata Conceptio! Sie, die makellose Idea Gottes, die ewigweibliche Throngenossin des Herrn!



DRITTES KAPITEL

Mit der Geburt Mariens ging die Morgenröte des Heils auf! Sie ist die Aurora des theosophischen Äons! Im Jahre Sechzehn vor Christi Geburt, am fünften des Augustus, ward Maria geboren. Sie wurde geboren in einem wohlhabenden Bürgerhaus. Ihre Mutter Anna, die alte Prophetin, stammte aus der Wurzel Jesse, aus dem Königshaus Davids, von der Linie Salomos. Joachim war ein Eigentümer von großen Herden Großvieh und Kleinvieh. Anna lag müde im Bett, auf einem weichen Schafsfell. Das neugeborene Kind wurde gebadet. Eine arabische Sklavin prüfte mit der schlanken Hand die Temperatur des Badewassers. Persische Sklavinnen bereiteten einen Essteppich für Anna vor. Ein Fell wurde auf den Boden gelegt, darauf stellten sie Käse und Eier und Oliven und weißes Fladenbrot. Das Wochenbett der alten Anna war ein wahres Himmelsbett, ein durchsichtiger Schleier hing als Mückennetz rings um das Bett und ein himmelblauer Schleier hing oben gewoben über den weißen Kissen, weiß wie Schaum des Meeres. Die Säulen waren aus Gold von Ofir und aus Parwajim-Gold, die Latten aus Almuggimholz von Kusch. Die Säulen hatten Knäufe in Mandelblütenform. Die weißen Decken waren mit roten Rosenblüten bestickt. Die Nachbarin Eva half bei der Versorgung der Mutter Anna und die orientalischen Sklavinnen dienten. Die kleinen geflügelten Engelskinder kamen herbeigeschwebt und brachten der Mutter Anna Feigen und Mandeln. Maria begann ihr Leben in dem Wickelkorb und in der Badewanne. Erst hatte sie eine kupferne Badewanne, aber dann schenkte ein reicher Verwandter ihr eine goldene und silberne Badewanne mit Mäander-Mustern. Eine arabische Sklavin nahm der kleinen Maria die Linnenwindel ab, um sie zu waschen, und badete das Kind Maria. In dem Wasser war Rosenöl und rote Rosenblütenblätter schwammen in dem Wasser um die nackte Maria. Dieweil die nackte Maria in dem Schaumbad von Kamelstutenmilch und Honigschaum badete, spielte vor dem Haus in einem Apfelbaum ein kleiner geflügelter Amor-Engel mit einer weißen Taube der Liebe. Die Scharen der geflügelten Kinder-Engel aber lachten und sangen: Hosianna, Tochter Davids! Kommt alle und jauchzt und jubelt und schreit vor Entzücken, denn die Königin des Friedens ist euch geboren! Die Jungfrau des Goldenen Zeitalters ist wiedergekommen!




VIERTES KAPITEL

Die alte Mutter Anna hatte Gott gelobt, wenn sie auf ihre alten Tage in ihrer Unfruchtbarkeit noch Mutter eines Kindes werden sollte, dann sollte dieses Kind Gott geweiht im Tempel leben. Ganz genauso hatte es ihre Namenspatronin die Mutter Hanna mit ihren erbetenen Knaben Samuel gemacht, der schon als Knabe im Tempel Gottes Stimme hörte: Samuel, Samuel! – Rede, Herr, dein Knecht hört! – Als nun Maria drei Jahre alt war, wurde sie zum Salomonischen Tempel gebracht, um als Tempeljungfrau unberührt von der Welt erzogen zu werden, dass ihr ganzes Leben Gottesdienst sei. Maria aber sollte nach dem Liebeswillen der göttlichen Vorsehung im Salomonischen Tempel gottgeweiht leben, weil sie ja der lebendige Tempel Salomos war. Salomo hatte nach einer Vision den Tempel in Form eines Mutterschoßes gebildet. An der Schwelle erhoben sich die beiden Säulenschafte Boas und Jachin. Durch die Vorhalle führte der Weg ins Heiligtum, und vor dort ins Allerheiligste, dass von einem Schleier verschleiert war, und dort im Dunkel wollte der Ewige wohnen. So sollte der menschgewordene Gottessohn im Schoß Marias wohnen. Der Salomonische Tempel war in Wahrheit Marias Mutterschoß. Der Salomonische Tempel als Mutterschoß Mariens war die Gebärmutter, in der die Barmherzigkeit Gottes wohnte. Darum zog Maria gewissermaßen als die Seele in den körperlichen Tempel Salomos. Anna und Joachim und die Verwandten brachten das kleine Mädchen Maria an den Fuß der Treppe. Ohne sich nach ihren leiblichen Eltern umzusehen, ging sie der Kirche Gottes entgegen, sie schritt aufrecht wie eine Königin die steile Treppe hinan. Und auf der obersten Schwelle übergoß sie der gnädige Gott mit solchem Lichtglanz und solcher Grazie, dass sie in ihrem bezaubernden Lächeln allen ganz entzückend und bezaubernd erschien. Jeder wollte dies Mädchen herzen, liebkosen und küssen, so süß war sie, so goldig und so rein! Das ganze Volk Israel liebte die kleine Prinzessin Maria! Und selbst vor großer Freude in ihrem Herzen begann die kleine Prinzessin Maria mit ihren nackten Füßchen zu tanzen, dass die silbernen Kettchen mit den kleinen Glöckchen an ihren Fußknöcheln zu klingen begannen. Sie tanzte entzückend, und so war sie die große Lobpreistänzerin vor dem Herrn! Maria wurde im Tempel von der jungfräulichen Aufseherin der Tempeljungfrauen empfangen, die hieß Naomi. Diese hütete Maria wie eine kleine Taube, sie nannte sie immer: Mein liebes Turteltäubchen, mein liebstes Weibchen! Am Tage einmal empfing Maria aus der Hand eines Engels aus der Heeresschar von Mahanajim Speise, nämlich die Engelsspeise, die wie Eis leicht schmolz, weiß war, nach Koriandersamen schmeckte einmal, ein anderes Mal ganz anders schmeckte, denn dieses Man-hu schmeckt immer anders. Der Hohepriester in dem vornehmen Rock und Mantel Aarons mit den zwölf Edelsteinen und den Orakeltaschen empfing die kleine Prinzessin Maria mit den Worten: Gegrüßet seiest du, Einwohnung Gottes in seinem Heiligtum! Gegrüßet seiest du, Herrlichkeit des Herrn, die den Tempel erfüllt wie eine goldene Wolke! Gegrüßet seiest du, Gegenwart Gottes in jungfräulicher Gestalt auf Erden! Gegrüßet seiest du, unsre Königin, du Tochter des ewigen Königs im Himmel! Gegrüßet seiest du, Matronita des Himmelreichs! Gegrüßet seiest du, Prinzessin Schechinah, dass du einziehst in das Haus des Herrn! Die Prophetin Anna staunte über diese Worte des Hohenpriesters und beuge sich in ihrem langen orangefarbenen Kleid zu der kleinen Prinzessin Maria. Diese trug ein rosafarbenes Kleid, ein rosafarbenes Röckchen und einen schaumweißen Unterrock von allerfeinster Seide. Ihre Füße steckten nackt in goldenen Sandalen, so dass die Prophetin Anna sang: Wie herrlich sind deine Schritte in den Sandalen, du Prinzessin! In ihrem Haar, dass von der Sonne ganz vergoldet schien, trug sie ein hübsches Diadem mit fünfzehn Perlen. Sie war wirklich die Prinzessin Israels, die Prinzessin des auserwählten Gottesvolkes, die auserwählte Tochter und Lieblingsprinzessin des himmlischen Vaters! Ihr zur Seite betete eine junge Frau, eine Freundin der Mutter Anna, die Jungfrau Salomith. Die trug einen blauen Umhang und einen feuerroten Rock. Der blaue Umhang hatte sich verschoben, so dass ihre elfenbeinweiße Schulter entblößt war. Ihre Brüste drängten sich vor Freude vor und innig bewegt drückte sie eine weiße Turteltaube der Liebe an ihre schwellenden Brüste. Der Vater Joachim murmelte vor Freude etwas heimlich in seinen dichten Vollbart. Über der Prinzessin Maria im rosanen Kleide aber jauchzte der Himmel. Der präexistente Jesus erschien als ein himmlischer Jüngling von göttlicher Schönheit, nur mit einem Lendenschurz bekleidet! Ihm zur Seite schwebte als nacktes geflügeltes Kind der kleine Metatron, der Engel des Herrn! Weiter abseits schwebten die Schutzengel von Jedidja, das war Salomon, und die Schutzengel der künftigen Apostel Simon Petrus und Thomas. Der göttliche Jüngling Jesus und der Erste aller kleinen Engel, der kleine Metatron, sowie die drei kleinen Schutzengel sangen Lobpreis und jauchzten vor Wonne! Maria aber sagte nur: Wißt ihr nicht, dass ich in dem Hause meiner Mutter sein muß? Dieses Haus soll ein Bethaus sein. Hier will ich beten, dass bald der Friedefürst herabkommt!



FÜNFTES KAPITEL

Was wissen wir vom Verlöbnis der Jungfrau Maria mit dem heiligen Josef? Sie gaben sich das Eheversprechen, aber zogen noch nicht in ein und dieselbe Wohnung. Maria war vierzehn Jahre alt, blutjung! Josef war zweiundvierzig Jahre alt. Es hatten sich auf Geheiß des Hohenpriesters vom Tempel in Jerusalem zwölf Helden aus dem Geschlecht Davids versammelt. Der Heilige Geist sollte aus den zwölf Helden Davids den wahren Heros der Jungfrau erwählen. Als Aaron zum Hohenpriester erwählt wurde, da blühte sein Mandelzweig. Den Mandelzweig Aarons tat Mose mit einem Krug Manna in die Bundeslade. Als die zwölf Daviden vor der Jungfrau Maria standen, hielten sie alle ihre Stäbe in den Händen. Aber einzig Josefs Stab blühte, es sproß aus der Spitze des Stabes eine Mandelblüte. Da sprach Josef: Gegrüßet seiest du, Maria! Da rauschte der Himmel und ein Wind blies einher und auf den Flügeln des Windes flog die Taube der Liebe herbei und ließ sich nieder mit gespreizten Flügeln auf dem erblühten Stab in der Hand Josefs. So war sein Opfer angenommen, so war er erwählt. Aber der verschmähte Davide Agabus zerbrach verbittert seinen Stab. Er ging auf den Berg Karmel und wurde Eremit. Später war er Prophet in der Urgemeinde von Jerusalem und prophezeite dem heiligen Paulus. Ich weiß aber nicht, ob einst ein Sänger erstehen wird und das Lied singen wird von den Leiden des jungen Agabus. Denn es könnte ein Dichter denken, der junge Agabus, der Verschmähte, hätte nicht aufgehört, die Madonna zu lieben. Und dieweil die Jungfrau Maria in keuscher Josefsehe mit dem Zimmermann und dem kleinen Kindlein zusammenlebte, in getrennten Betten schlafend, hätte der junge Agabus die schöne Madonna fast täglich in ihrem Rosengarten besucht und ihr leidenschaftlich gehuldigt und sie besungen als die Matronita Schechinah und hätte für sie geschwärmt und gestammelt: Madonna, in deinem Licht seh ich das Licht Gottes! Auf deinem Antlitz strahlt die Herrlichkeit des Herrn! Du bist der fleckenlose Spiegel der Gott-Natur! Aber die schöne Madonna hätte geschwiegen eine Zeit und schließlich geflüstert: Aber ich gehöre dem heiligen Josef. Da brach das Herz des jungen Agabus erneut, sein Herz blutete im Martyrium der Minne. Er ginge nun in die Einsamkeit der Karmel-Spiritualen und wurde ein Prophet. Aber im Traum und in Visionen auf dem Lager suchte ihn die Madonna heim als seine mystische Braut. Das könnte ein Sänger sich einmal ersinnen. Aber der heilige Josef war Witwer und hatte vier Söhne, unter ihnen den großen Jakobus, der später Kirchenfürst der Urgemeinde von Jerusalem werden sollte. Seine erste Frau war jung an einer schweren Krankheit gestorben. Aber der heilige Josef hatte auch Töchter aus der ersten Ehe. Und da hören wir die greise Sheherezade murmeln: Ja, ja, die Herren Evangelisten wissen viel von den Brüdern Jesu, wie viel ihrer waren und wie ihre Namen waren. Aber von den Schwestern Jesu wissen sie uns nichts zu sagen, nicht wie viel ihrer waren und nicht wie ihre Namen waren. Aber die Töchter Zelofhads sind berühmt in Israel, es waren fünf und ihre Namen waren: Machla, Tirza, Hogla, Milka und Noah. Aber die Töchter Hiobs sind berühmt in Israel, es gab keine so schönen Mädchen im Morgenland wie die Töchter Hiobs, und es waren ihrer drei und ihre Namen waren Salbhörnchen, Zimtblüte und Täubchen. Aber die Töchter Salomos sind berühmt in Israel und es sind ihrer zwei und ihre Namen sind: Baschemat, das heißt verdolmetscht Salbentröpfchen, und Tafath, das heißt verdolmetscht Wohlgeruch. Und es waren alle diese Töchter Israels, Nomen est Omen, Bräute des Heiligen Geistes. Aber, so murmelt bitter die greise Sheherezade: Von den Schwestern Jesu schweigen die Herren Evangelisten. Aber wir wissen, dass die Jungfrau Maria schon als Mädchen im Tempel dem Ewigen Jungfräulichkeit für das Himmelreich gelobte. Da der Ewige aber dennoch einen Mann für Maria wollte, erfand der kreative Geist die keusche Josefsehe. Josef ward erwählt nicht zum leiblichen Vater des göttlichen Kindes, sondern zum Nährvater, Pflegevater, Ziehvater des Immanuel. Und du, mein Freund, bist du auch ein Nährvater und ein Pflegevater und ein Ziehvater? So denke jederzeit, dass dein Kind, das dir das Schicksal anvertraut hat, der Immanuel ist, der Messias der ganzen Welt, der Liebling Gottes! Und nährst du dein Kindlein, so nährst du Jesus, und kleidest du dein Kindlein, so kleidest du Jesus! Und erziehst du dein Kindlein, so erziehst du Gott! Und führst du dein Kindlein in die Freiheit, so befreist du und erlöst du Gott! Aber Maria wurde erhört vom Ewigen, als sie die Jungfräulichkeit für das Himmelreich gelobte, und der Heilige Geist ließ sie Mutter des Messias werden, ohne ihre Jungfräulichkeit zu verlieren. Wahrlich, vor der Geburt und in der Geburt und nach der Geburt war Maria Jungfrau, Verlobte Gottes, intakte Jungfrau. Hört doch auf die Schelte Martin Luthers, mit der er den Ketzer Helvetius schalt, der behauptete, durch das Osttor des Tempels, den Schoß Mariens, durch den Gott gezogen war, sei noch ein sterblicher Mann nach der Menschen Weise hindurchgegangen und hätte Maria noch andere Kinder gebären lassen als den Sohn Gottes allein, wie Luther den schalt, den Ketzer! Hört doch, wie Calvin und Zwingli die Immerwährende Jungfrau und reine Magd des Herrn priesen! Kommt mit uns in die Kirche Sankt Josef der Zimmermänner! Schaut den Salomonischen Tempel! Schaut die antike Architektur der Thermen! Schaut die Geomantie von Babylon! Schaut das Osttor, da der göttliche Funke verehrt wird! Schaut die Säule, die Himmel und Erde verbindet! O Jerusalem ist der Nabel der Erde! O der Tempel Gottes ist der Nabel der Erde! O meine Braut, dein Nabel ist ein Kelch, dem nie der Mischwein mangelt! Schaut die Scharen der frommen Männer und Frauen, Greise und Kinder in der Kirche des heiligen Zimmermannes! Seht die Prozessionen der Tischler, aller Handwerker und Handarbeiter und Kunsthandwerker und Architekten! Hört die Selbstoffenbarung der göttlichen Weisheit: Ich bin die Architektin Jahwes, die Architektin des Kosmos! Also wird Jesus sprechen, die göttliche Weisheit in Menschengestalt: Ich gehe hin, euch im Himmel eure Wohnungen zu bauen! Also war Jesus, Ziehsohn seines Ziehvaters Josef, auch Zimmermann nach der Berufung Gottes, Architekt nach der Berufung Gottes, denn Jesus ist die Ewige Weisheit, die Architektin des Kosmos! Ich sehe Josef, den Mann von zweiundvierzig Jahren. Es heißt, er sei von melancholischem Temperament und habe darum gern vom Wein des Libanon getrunken. Sagten die Ungläubigen doch auch über Gottes Sohn: Seht diesen Säufer! Offenbarte der Menschensohn seine Herrlichkeit durch sein erstes Wunder doch durch die Verwandlung von sechs Fässern Wasser in sechs Fässer allerbesten Weines! Josef hatte volles dunkelblondes Haar und einen dichten dunkelblonden Vollbart. In der Hand hielt er immer den Stab, der an der Spitze sprosste und aufging als Mandelblüte. Schaut die Madonna, blutjung, vierzehn Jahre, von himmlischer Anmut, ganz fein, eine Dame von makelloser Grazie! Jugendliche Brüste! Keusche Blicke! Die Kirchenlehrer irren sich, wie wir schon oben gesagt, die meinten, Maria sei eine Frau, folglich erlegen der Sünde der Eitelkeit! Nichts von Eitelkeit, alles an ihr Demut! Die Demut eines Geschöpfes vor dem Schöpfer! Gottesfurcht! Ehrfurcht vor dem Heiligen! Demut eines Geschöpfes, zwar des ersten aller Geschöpfe, zwar des makellosen Geschöpfes, zwar des Meisterwerkes des Schöpfers, aber Demut eines Geschöpfes vor der Einen Absoluten Gottheit! Anbetung dir, o Gottheit! Halleluja, Amen! Schaut den Hohenpriester, den Heiligen Vater, der die Brautleute traute. Vom Geist der Weisheit erfüllte Menschen wirkten sein Kleid. Brusttasche, Schurz, Obergewand, Untergewand, Turban und Gürtel. Gold, blauer und roter Purpur, Scharlach und feines Linnen. Onyxteine mit den zwölf Namen der zwölf Stämme. Steinschneiderarbeit nach Weise der Siegelstecher. Goldgeflechte, Ketten von allerfeinstem Golde und gedrehte Schnüre und geflochtene Ketten. Brusttaschen für die Losorakel Tummim und Urim. Zwölf Steine. Sarder, Topas, Smaragd, Rubin, Saphir, Diamant, Lynkurer, Achat, Amethyst, Türkis, Onyx und Jaspis. Zwei goldene Ringe, vorn am Schurz. Weberarbeit wie bei einem Panzerhemd. Granatäpfel aus Purpur und Scharlach und goldene Schellen. Goldene Schelle, purpurner Granatapfel, goldene Schelle, purpurner Granatapfel. Das man seinen Klang höre, wenn er in den Tempel tritt. Stirnblatt aus feinem goldenem Blatt, eingraviert das Wort: Kadosch, kadosch, kadosch, Jahwe Elohim Zevaoth! Fein gewirktes Untergewand und goldener Gürtel. Hoher Turban, herrlich und schön. Beinkleider von blauem Linnen, um die Blöße der Scham zu bedecken, von den Hüften bis an die Oberschenkel. Und der Heilige Vater sprach: Wo du hingehst, da will auch ich hingehen, wo du bleibst, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch. Keine Macht, kein Engel, kein Geschöpf kann mich trennen von der Liebe zu dir! Schaut, wie sich Maria und Josef die Ringe stecken an die Finger. In der Ringen eingraviert der Trauspruch: Ich, ich will mich mit dir verloben in Gnade und Treue, ich will mich dir verloben und dir den Brautpreis des Glaubens und der Gerechtigkeit geben, und du wirst erkennen JHWH!



SECHSTES KAPITEL

Schau! Ich sah, und siehe, was ich sah, das war ein Licht, die Leuchtkraft Gottes, ein Lichtkreis, vollkommen rund, drei Lichtkreise, die drei Lichtkreise der einen Gottheit, der Allmacht, der Weisheit, der Schönen Liebe! Und in dem dreifaltigen Lichtkreis erschien die Frau! Ihr Name war: Die Beleibte, das heißt verdolmetscht: Die Schöne! Sie saß wie eine erhabene Majestät imposant und imperial auf ihrem Thronsessel. Da trat zu ihr ein junger Mann, ein Engelgleicher, der brachte ihr eine fröhliche Botschaft. Er streckte seine Hand ihr entgegen und sprach sie an und grüßte sie, wie ein Galan die Minneherrin grüßt. Und ich hörte es rauschen wie Meeresrauschen, als ich den engelgleichen Mann mit der fröhlichen Botschaft die imperiale Fraue grüßen hörte auf griechisch: Chaire, Kecharitomene! Und einen Augenblick war im Himmel tiefe Stille. Dann hörte ich die Fraue reden, mit sanfter liebevoller Stimme sprach sie auf lateinisch: Fiat! Dann verlosch die Vision. Ich wurde wie vom Blitz getroffen und stürzte zur Erde. Auf Erden lallte ich, geblendet vom himmlischen Licht, nur dieses Lied: Ubi Caritas et Amor, Deus ibi est! Schau! Ich sah, und siehe, was ich sah, das war die femina clarissima! Schönheit ist der Glanz der Klarheit! Mein marianischer Feminismus bekennt: Das ist das himmlische Mädchen, vierzehnjährig, feminin, liebreizend, entzückend, holdselig, fein, klar, rein, einzigartig, anmutig, holdselig, jugendlich, blutjung, himmlisch, eine Mädchengöttin von Gottes Gnaden! Gekleidet nach der Mode der Zeit in lauter Prunk und Pracht! Luxuriös! Mondäne Mädchenkaiserin! Imperialer Reichtum an Schönheit und Glanz! Perlen am hohen Kragen des Kleides! Nadeln der Heiratsmündigkeit in dem braunen Haarknoten! Ohrringe von Diamanten, durchbohrend das muschelförmige Ohrläppchen mit spitzem Dorn! Ein Diadem von Diamanten und Perlen im langen Haar! Prinzessin! Ein Schemel zu ihren Füßen, die Kaiserin spricht: Die Erde ist mein Fußschemel! Neben ihr steht ein Nähkorb mit purpurroten Fäden. Sie webt den roten Faden der Ariadne, Theseus aus dem Labyrinth des Minotaurus zu befreien! Sie ist die Göttin von Kreta, es kommt, es kommt der Löser, der Kummerbrecher, der Sorgenlöser, sie zu entzücken und zu entrücken auf den Olymp des Himmels! Sie ist die Fürstin des Friedens, Herzogin der himmlischen Heerscharen, Gräfin Gottes! Sie webt den roten Schleier vor der allerheiligsten Lade! Zu ihrer Seite stehen vier himmlische Jünglinge in weißen Linnengewändern, zu ihrer Rechten Raphael und Ariel, zu ihrer Linken Michael und Gabriel. Gabriel reicht ihr die Hand, in höfischer Manier reicht er der Holdseligen die Hand. Wird der Engel die Hand der Prinzessin erfassen und ihr geben den himmlischen Handkuß? Über der Prinzessin schwebt Metatron, der Fürst der Engel, der Engel des Herrn, der Engel des Antlitzes Gottes. Und Metatron weist auf die Taube der Liebe. Es rauscht in den Hainen, es rauscht wie Meeresrauschen, der Wind bläst von Gott, es kommt der Geist der Liebe, es kommt die Schöne Liebe, Gott naht auf den Flügeln des Sturmes, Gott der Herr geht spazieren auf den Schwingen des Sturmes! Meeresrauschen, Donnerdröhnen! O und die Morgenröte senkt sich auf die goldene Prinzessin! Goldene Aurora Gottes senkt sich auf die Goldprinzessin Maria! Der Engel von Mahanjim wendet sich zum heiligen Josef, dem keuschen Bräutigam, der schwermütig und weinestrunken an seine Braut denkt, sein himmlisches Mädchen. Die Jungfrau ist ein versiegelter Bronnen, ein verschlossener Lustgarten, intakt ist ihr Hymen! Schau! Als es tiefste Mitternacht auf Erden war und Finsternis lag auf dem Jammertal, da stieg das allmächtige Wort herab auf die Erde. Maria saß in ihrem Sesselthron, ein Buch der Weisheit auf ihrem Schoß lag offen aufgeschlagen da. Sie trug einen Mantel dunkelblau wie die Nacht und darunter ein Kleid, glitzernd und funkelnd wie die Sterne. Und es rauschte ein Engel herein. Seine Flügel waren schwarz mit feurigen Rändern. Es war der Engel der Mitternacht, gekommen mit einer Botschaft an die Königin der Nacht. Du wirst ein Kind empfangen, sprach der Engel. Aber wie soll das geschehen, sprach Maria. Du wirst von der Weisheit erleuchtet werden und der Geist des Ewigen wird in dir das Kind zeugen. Mir geschehe, wie du sagst, sprach die Königin der Nacht. Und der Engel berührte sie mit dem Lilienzepter, und die Jungfrau empfing in ihrem Muschelohr. Und es war in der tiefsten Mitternacht, da der Keim des göttlichen Samens empfangen wurde. Schau! Ich sah, und siehe, was ich sah, das war die Königin der Schönheit und Liebe! Sie sah aus wie die Venus-Madonna der italienischen Renaissance! Das Antlitz ganz weiß, ein schmales Oval, die Nase lang und fein und schlank, die Lippen süß und rosig, süße Lippen! Die Augenlider weiß und schwer auf blauen Augen hängend, mit Wimpern der Morgenröte! Die Haare wie das Morgenrot, rotblonde Ringellocken, lang flutend, kunstvoll geflochten und gebunden, fallen sie auf ihre Brüste und bis zu den Lenden! Ihr Hals schneeweiß, der lange schlanke Hals einer Schwanin. Die Hände weiß, von keiner Arbeit verbraucht, lange schlanke Finger, zum Segen erhoben. Die jugendlichen Brüste straffen das feurigrote Kleid, die rote Rose des Leibes, das fällt zu den bloßen Füßen. Umrauscht der ganze Leib von einem meeresblauen Umhang, der fließt wie fließende Wasser des Himmels! Himmlische Aphrodite Gottes! Urania Maria! Sie lehnt sich an einen Säulenschaft von Gold, in den eingearbeitet ist das Muster eines Lilienstengels mit der mystischen Lilienblüte der göttlichen Weisheit! Zu ihr kommt der Engel Gabriel und schenkt ihr eine Blume, die Blume der Reinheit, die mystische Blüte! Er kniet vor ihr und grüßt sie: Liebreizübergossene, Grazie Gottes, die du bist die Charis in den Augen Gottes! Ja? flüstert die Madonna und lächelt lieblich! Ich bin ganz bereit zur Empfängnis, flüstert sie. Ich bin die Unbefleckte Empfängnis, flüstert sie. Da fliegt herbei die weiße Taube des neuen Geistes der Schönen Liebe! Gott gurrt wie eine Taube, Gott gurrt Mutterworte: Du sollst gebären, Maria! Ich, Gott, ich mache fruchtbar deinen Mutterschoß, ich bereite die Frucht deines Mutterschoßes im Innern der Materie, ich lasse dich auch gebären ohne Wehen! Die weiße Taube des neuen Geistes der schönen Liebe brachte die Botschaft zu der Königin der Schönheit und Liebe und sie empfing die fleischgewordene Liebe in ihrem auserwählten Schoß! Siehe, da kniete ein Gottesmann vor dem benedeiten Schoß Mariens und weihte sich dem benedeiten Schoß Mariens! Trotz der Hässlichkeit seines Gesichtes und der Hässlichkeit seines Körpers kniete er vor der Frau Schönheit! Aber trotz seiner Hässlichkeit trug er den Prophetenmantel, den Purpur des Weisen! Auf seiner Schulter lag beschützend die Hand des heiligen Thomas, des engelgleichen Lehrers der Philosophie! Der engelgleiche Thomas grüßte die Königin der Schönheit und Liebe: Sei gegrüßt, du Begnadete, denn du trägst in deinem Schoß das Sein in Person, das Wesen aller Wesen! Die Himmel der Himmel können das absolute Wesen nicht umfassen, aber dein Schoß umfasst das Sein in Person! In dem Tabernakel deines benedeiten Schoßes bete ich an das Höchste Wesen! Siehe hier meinen Freund, den Gottesmann, den Propheten und Weisen, o Königin der Schönheit und Liebe! Wende ihm die Liebesflamme deines makellosen Herzens zu und nimm ihn an als deinen Sohn und Geliebten! Wir weihen uns gemeinsam deinem benedeiten Schoß, in dem die göttliche Weisheit wohnt! Offenbare uns die göttliche Weisheit, die fleischgeworden ist in deinem benedeiten Schoß! Amen.



SIEBENTES KAPITEL


Mach eine Bundeslade aus Akazienholz. Du sollst sie meit feinem Gold überziehen innen und außen und ihr einen goldenen Kranz machen. Gieße vier goldene Ringe, zwei Ringe tu an die eine Seite, zwei Ringe an die andere Seite. Trage die Lade mit Stangen von Akazienholz, die du mit Gold überziehen sollst. Die Stangen sollen in den Ringen bleiben und nicht mehr herausgezogen werden. In die Bundeslade sollst du die Torah tun, die ich dir vermacht habe. Bilde den Gnadenthron aus feinem Gold. Und bilde zwei Cherubim aus Gold zu beiden Seiten des Gnadenthrons. Und die Cherubim sollen ihre Flügel nach oben erheben und mit den Flügeln den Gnadenthron bedecken und sich von Angesicht zu Angesicht gegenüberstehen. Der Gnadenthron soll auf der Bundeslade sein und in der Bundeslade soll die Torah sein, die ich dir vermacht habe. Und dort will ich dir begegnen und von dem Gnadenthon auf der Bundeslade mit der Torah will ich mit dir reden. Da, die Madonna in einem purpurnen Mantel, bestickt mit weißen Perlen, durchwoben der Purpur mit goldenen Fäden. Auf dem kastanienbraunen Haar trägt sie eine Krone von Diamanden, Rubinen und Perlen, und an den Seiten hängen lange Perlenschnüre herunter, viele weiße Perlenschnüre bilden den Schleier ihrer Schläfen und Wangen. Und zu Seiten der Madonna stehen zwei heilige Schwestern und neigen ihr Haupt demütig vor der Madonna. Und die heiligen Schwestern ehren die Madonna als die Jungfrau der Jungfrauen und die Mutter aller Mütter. Denn die Madonna ist Jungfrau, intakte Jungfrau, und dennoch ist sie schwanger mit einer Leibesfrucht. Und der Bauch der Madonna wölbt sich. Sie ist guter Hoffnung, gesegneten Leibes. Die Weiber rufen: Gesegnet ist der Schoß, der den Menschensohn in sich trägt! Die Madonna in ihrer Schwangerschaft ist bewunderungswürdig! O der gebendeite Bauch, der Becher aller Fruchtbarkeit! O Maria in deiner göttlichen Mutterschaft! O Madonna in deiner göttlichen Mutterschaft! So überwältigend ist deine Mutterschaft, so mächtig deine Mütterlichkeit, ich meine, ich schaue in dir Gott-Mutter – und bin überwältigt und sprachlos! Allmächtige Mutter in deiner göttlichen Mutterschaft, ich preise dich als Schöpferin und Erlöserin und Trösterin! Und die schwangere Madonna trägt mir den gewölbten Bauch entgegen, schaut mich an aus ihrem entzückend lieblichen Antlitz, dem Antlitz voller Liebreiz einer Renaissance-Venus, und spricht: Ich lade dich, mein Peter Torstein Schwanke, in meinen Schoß ein! Denn so, wie ich Jesus in meinem Schoß getragen habe, will ich dich, geliebter Sohn, mein Peter Torstein Schwanke, in meinem Schoß zur Heiligkeit tragen. So sprach die Madonna, und Peter Torstein Schwanke sprach: Mein Leben lang bin ich geborgen in deinem Schoß, und in meiner Todesstunde wirst du mich gebären ins ewige Leben! Ich bin ganz deinem makellosen Schoß geweiht! Ich bin ganz dein! Ich bin in dir, Maria!



ACHTES KAPITEL

Höret, ihr Himmel, und höre, du Erde! Ich habe Söhne großgezogen und sie sind von mir abgefallen! Eine Kuh und ein Esel kennen die Krippe ihres Herrn, aber meine Söhne wollen den Herrn nicht kennen? Wehe den abgefallenen Söhnen, den verzogenen Kindern, die lästern und fluchen! Wohin soll ich sie noch schlagen? Übrig geblieben ist allein die Tochter Zion wie eine Hütte im Weinberg, wie ein Zelt im Gurkenfeld! Aber der Herr Zebaoth hat uns einen geläuterten Rest übergelassen. Was sollen eure Opfer dem Herrn? Vor allem tut Gutes, helft den Unterdrückten, rettet die Waisenkinder und tröstet die Witwen! Siehe, als die Madonna mit dem göttlichen Kinde schwanger war, nahte die Dämonin Lilith, die babylonische Todesgöttin. Sie hasst die Kinder, besonders die Ungeborenen, und sucht die Kinder aus dem Mutterschoß zu kratzen und die gemordete Leibesfrucht in den Kot zu schmeißen! Aber der Erzengel Michael trat der Dämonin Lilith entgegen und sprach: Der Herr schelte dich, Lilith! Da floh Lilith in die ägyptische Wüste zu Asmodäus, dem Teufel der Unzucht, ihrem Gatten. Aber das heilige Kind des Höchsten im Schoße Mariens war gerettet. Schaut doch die Felsenhöhle, da die Madonna das göttliche Kind geboren! Dieser Hügel ist heilig wie der Sinai! In der offenen Höhle liegt die Madonna auf einem weißen Teppich, sie trägt einen blauen Mantel und ein goldenes Kleid und liegt da in aller Ruhe. Sie hat ohne Wehen und Schmerzen geboren und ist nach der Geburt nicht erschöpft. Sie ist schlank und perfekt gestaltet. Um ihr Antlitz leuchtet die Glorie Gottes wie ein Vollmond. An ihren Arm lehnt sich das Köpfchen des göttlichen Kindes, das in seiner Linnenwindel gewickelt in der Futterkrippe ruht. Die Kuh, das reine Tier, und der Esel, das unreine Tier, wärmen das göttliche Kind mit ihrem Odem. Alles was Odem hat, lobe den Herrn! Der Esel brüllt I-Ah! Der alte Josef sitzt einsam vor der Höhle und träumt oder denkt, schaut versonnen sinnend in sich. Er ist ja nicht der Zeuger des Kindes, er tat nicht nach des Menschen Weise und ging nicht den Weg des Mannes in der Frau. Und dennoch, in seinen Gedanken gerade jetzt nimmt er das Kind nicht seines Samens als Sohn seiner Seele an, als Sohn seines Herzens. Er denkt: Mein Kind, ich will dir ein Vater nach dem Vaterherzen Gottes sein! Die Schafe weiden auf dem Hügelgefilde. Einsam ruht der Widder mit den stolzen Hörnern seiner Kraft erhaben über den Schafen und Lämmern. Ihn ruft der Hirtenknabe mit dem Horn. Der junge Hirte singt: Helft mir, ihr Musen des ländlichen Hains, zu singen den Sohn! Ein neues Zeitalter kommt, es kommt das goldene Zeitalter der Gerechtigkeit zurück! Nun wird der Wolf beim Lamme liegen und der Panther beim Rind! Nun wird ein Kindlein am Loch der Otter spielen und der Säugling spielt mit der schlüpfenden Schlange! Und ein Kindlein wird alle Kreaturen weiden! Denn es kommt der Friede, wahre Pax Romana! Der Retter kommt! Ein Kind ist uns geboren! So grüßet alle die Mutter, dann werdet ihr mit den Göttern zu Tische sitzen und mit den Göttinnen das Lager teilen! Ave! Da traten aber zu den Hirten die himmlischen Scharen. Die Himmlischen mit den blauen und roten Flügeln rauschten über der Weide und sangen den Hirten ihren Weihnachtschoral: Gloria, Gloria, Gloria in excelsis Deo! Siehe, ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt! Wir verkünden euch die große Gaudi! Ihr werdet den Gott von Gott als Kindlein finden in die Windel gewickelt in der Krippe liegen! Was für eine Gaudi! Und siehe, wie eine Fata Morgana erschien zu Füßen der Madonna eine Kirche, aus der eine heilkräftige Quelle floß. Heil der Kranken, bitte für uns! Ich bin in Upsala geboren, dem Hauptheiligtum aller germanischen Völker, und meine Großmutter weihte mich bei meiner Taufe in dem Dom von Upsala der Fraue aller Völker. Ich entschied mich für das gottgeweihte Leben und machte eine Wallfahrt nach Bethlehem. Vor der Grotte von Bethlehem kniete ich nieder und betete: Schelam lich Mirjam... Da sah ich, und siehe, was ich sah, war die Jungfrau im roten Mantel und mit roten Schuhen, die in die Grotte trat. Der alte Josef, der schon graue Haare in seinem Barthaar hatte, band den heidnischen Esel und die jüdische Kuh an und ging dann hinaus aus der Grotte. Die Jungfrau war gesegneten Leibes. Sie ließ den roten Mantel fallen, er rauschte wie ein Kleid aus roten Rosenblättern zur Erde. Dann zog sie die roten Schuhe aus und stand da in bloßen Füßen. Sie trug nur ein weißes Lichtgewand, das ihren Leib wie Sonne umfloß, mitten in der Nacht. Ihre Haare waren rotblond, lange Locken, die ihr auf die milchstrotzenden Brüste fielen und bis zu den Lenden fluteten. Sie kniete nieder in der Grotte, wendete das Antlitz gen Osten. Ex oriente lux! Sie war umgeben von der Herrlichkeit des Herrn, der Gloria Gottes, die wie eine orangenfarbene Mandorla oder eine feurige Muschel ihren ganzen weißen Leib umgab. Um Mitternacht gebar sie das göttliche Kind. Sie gebar ohne Wehen, ohne Schmerzen. Ich weiß nicht, ob das Kind aus ihrem Schoße austrat oder ob es aus dem ganzen Leib austrat. Das Kind lag plötzlich im Stroh vor der Jungfrau, ganz nackt, aber von solch einem Glanz umgeben, das die Nacht hell war wie der Sommermittag. Auch das göttliche Kind lag in der feurigen Muschel der Gloria Gottes. Die Jungfrau faltete ihre schlanken weißen Hände und betete vor dem göttlichen Kinde: Gebenedeit seiest du, Frucht meines Leibes, gebenedeit seiest du, mein Jesuskind! Über der Grotte schwebten vier Cherubim in Gewändern von rotem und blauem Purpur, jeder Cherub mit sechs Flügeln, die sangen: Kadosch, kadosch, kadosch, Jahwe Elohim Zebaoth! Hosianna! Hosianna! Am Himmel strahlten die Scharen der himmlischen Hierarchie, alle in reinstem Goldglanz, die Gewänder von Gold, die Flügel von Gold, die Locken von Gold, die Harfen von Gold, und alle sangen: Hallelujah! Hallelujah! Lobt Jah, Alles was Odem hat, lobe Jah! Im übrigen war die Jungfrau, nachdem sie das Kind geboren hatte, wieder schlank, als wäre sie nie schwanger gewesen, schlank wie ein Lichtstrahl Gottes! Ihre Brüste aber waren strotzend von Milch und mir war, als hörte ich eine Stimme vom Himmel: Ihr werdet saugen an ihren Brüsten die Milch des Trostes, denn ich, Jahwe, ich tröste euch wie eine Mutter! Maria, Maria, was schaust du so melancholisch, still schwermütig? Geht ein Schwert durch deine Seele, weil dein kleines Kind schon mit dem Holz des Kreuzes in der Grotte spielt? Hörst du schon den Psalm: Eli, Eli, lema sabachthani? Und erinnert dich die weiße Windel deines Kindes schon an das Totenlinnen, das Grabtuch? Und bist du voller Gram und Kummer, weil dein Schoß, o Theotokos, der das Kind geboren hat, o Pieta, dem Gekreuzigten einst zur Grabeshöhle wird?


NEUNTES KAPITEL


Der König machte einen großen Thron von Elfenbein und überzog ihn mit reinem Gold. Sechs Stufen hatte der Thron und einen goldenen Fußschemel am Thronsockel, Lehnen auf beiden Seiten des Sitzes, zwei Löwen standen neben den Lehnen. Zwölf Löwen standen an den sechs Stufen. Dergleichen Königsthron gab es in keinem anderen Königreich. Und der König war reicher an Weisheit als alle Weisen des Ostens. Und alle Weisen und Könige auf Erden begehrten, den König der Weisheit zu schauen und zu hören. Und sie brachte ihm Gefäße von Gold und Silber, Spezerei und Affen. Und in dem Thron der Weisheit saß Maria, und auf dem Thron ihres Mutterschoßes saß das göttliche Kind, der Liebling Gottes. Ich, die Ewige Weisheit, bin der Liebling des Ewigen, und meine Wonne ist es, bei den Menschenkindern zu sein. Und es kamen die Magier vom Orient. Jupiter stand im Saturn. Sie folgten dem Kometen und fanden das göttliche Kind auf dem Schoß der heiligen Mutter. Und die Mutter streckte den Magiern vom Orient die Hand entgegen. Haben die Weisen aus Asien das Kind alleine angebetet? Oder haben sie die Mutter und den Sohn angebetet? Welche Weisheit beteten sie an? Die Weisheit, die Fleisch geworden in dem Kinde Jesus? Oder die göttliche Weisheit, die sich offenbart in der Jungfrau Maria, im Menschensohn Jesus und in der Kirche aus Juden und Heiden? Die Magier aus dem Orient trugen die phrygischen Mützen. Kamen sie aus Phrygien? Kannten sie den Kult der phrygischen Göttin, der Großen Mutter? Sahen sie in Maria nun wirklich leibhaftig in Fleisch und Blut vor sich die wahre Magna Mater? Die Magier aus dem Orient opferten dem Kinde auf dem Schoße der Mutter Gold für sein Königtum, Weihrauch für seine Gottheit und Myrrhe für seine Passion. Weil sie Gold, Weihrauch und Myrrhe brachten, diese Drei, heißt es, es waren drei Magier. Und wo liegt das geheimnisvolle Morgenland? Ist es nicht die gesamte Völkerwelt der Heiden? Kam der eine aus Europa, ein Römer oder Kelte oder Germane, kam der Andere aus Asien, ein Serer oder Inder oder Perser, kam der Dritte aus Afrika, aus Ägypten oder Äthiopien oder Ofir? Die Heiden sind bisher den Sternen gefolgt und den okkulten Geheimwissenschaften der babylonischen Astrologie. Aber es hat ein Stern auf Gottes Befehl hin sie zu dem göttlichen Kinde auf dem Schoße der allerseligsten Jungfrau-Mutter geführt. Bisher sind sie dem Sterngott Räfän gefolgt, haben dem Glücksgott Gad und der Schicksalsgöttin Meni den Opfertisch gedeckt. Nun aber sehen sie Maria, den Morgenstern, und Jesus, die Sonne der Gerechtigkeit! Kommt, ihr Heiden allesamt, kommt zum Morgenstern, die Madonna vom Morgenstern wird euch zur Siegreichen Sonne führen! Unter den goldenen Flügeln der Sonne der Gerechtigkeit könnt ihr hüpfen wie Kälber, weiden wie Lämmer! Ach Josef, dein Leiden war deine unbesiegbare Schwermut, deine mystische Braut war Madonna Melencolia! Du musst dich schon auf deinen Wanderstab stützen, denn sonst sinkst du vor Schwäche zusammen, die Traurigkeit raubt dir die Kraft. Und doch, auf dem Grunde deiner Trauer schaust du die Schönheit strahlender als andere, du erkennst Maria wie kein anderer! Hier ist die Gottesmutter mit dem himmlischen Kinde! Blauer Mantel, rotes Kleid! Bloße Füße, immer wie auf Wolken schwebend! Dunkelblonde Haare mit goldenem Schleier, wehend im Winde! Drei Könige kommen, anzubeten. Der Greis legt seine Krone zu den bloßen Füßen der Madonna nieder! Der erwachsene Mann kniet vor der Madonna! Und der Jüngling, fast scheint er zu tanzen, Anbetungstanz vor der Bundeslade wie weiland David im Lendenschurz! Ob David auch verachtet ward von der stolzen Frau: So erniedrigst du dich und entkleidest dich bis auf den Lendenschurz und tanzt wie ein Narr und wie ein Wüstling vor der heiligen Bundeslade fast nackt? Was werden die Mägde denken? Aber der junge David sprach mit heiligem Stolz seiner Demut: Ich werde mich noch tiefer erniedrigen, mehr noch entblößen vor der heiligen Lade des Herrn! Aber die Mägde werden mich achten und ehren! Siehe, drei Pferde waren da. Ich fragte den Engel, der bei mir war: O Mahanajim, was bedeuten die Pferde? Und Mahanajim sprach: Das rote Pferd zieht mit der Freudenbotschaft nach Süden, das scheckige Pferd zieht mit der Freudenbotschaft gen Westen, das schwarze Pferd zieht mit der Freudenbotschaft nach Norden. Wenn das schwarze Pferd in Norden angekommen ist, dann ist die Heilsbotschaft auch nach Norden gekommen!        Und die Madonna mit dem nackten Knaben saß in der östlichen Pforte eines begonnenen Palastbaus. Dieser Palast heißt Malkuth. Christus ist der König von Malkuth! Christus baut nun den Palast von Malkuth auf Erden! Wir aber sind lebendige Steine (Petra) und bilden Stein an Stein den Palast von Malkuth! Maria aber ist die Königin von Malkuth! Malkuth aber ist Sulamith und Jah ist Salomo, und Malkuth spricht: Ich bin meines Geliebten und mein Geliebter ist mein!




ZEHNTES KAPITEL


Maria und Josef lebten treu nach der Tora. Sie brachten das Armenopfer der Erstgeburt zum Tempel. Josef hielt in der Hand zwei Tauben und betrachtete sie lange. Ihr schönen Tauben, wie habe ich von Kindheit an euer Gurren geliebt! Euer Gurren war mir so süß wie die frommen Psalmen meiner Großmutter! Wie schön euer Hals ist, meine Tauben, wie der Regenbogen Gottes! Ihr Tauben des Friedens mit dem Regenbogen des Friedens, ihr erinnert uns daran, dass Gott nicht noch einmal solch eine Sintflut über die Menschheit bringt! Und dennoch ist es heute wie in den Tagen Noahs, die Menschen fressen und saufen und buhlen miteinander und lassen sich lieben, aber wenn Gottes Gericht kommt, fällt Feuer vom Himmel! Wir aber wollen in die Arche gehen, in dem Bauch der Arche uns bergen, in dem Schoß des Tempels uns bergen vor dem Gericht des Zornes Gottes, ich und Maria, meine liebe Frau! So murmelte Josef in seinen Bart und sprach dann zu den Tauben: Ihr meine beiden kleinen Täubchen, wie Zwillingstäubchen und ganz wie die süßen Brüste Mariens, ihr meine beiden kleinen Zwillingstäubchen, ihr arbeitet nicht und sammelt keinen Vorrat in Vorratskammern und der himmlische Vater ernährt euch doch! Und ihr werdet nicht zur Erde fallen, es sei denn durch den Willen des Allmächtigen, denn der Wille des Allmächtigen regiert das ganze Weltall und die ganze Natur der Erde! So sprach Josef und brachte die beiden Zwillingstäubchen Gott dem Ewigen dar zum Lobpreis! Und Maria trug ein langes Kleid. Die Ägypterinnen tragen kurze Röckchen, die kaum die Oberschenkel bedecken, und ihr Obergewand ist aus durchsichtigen Spinnweben geflochten. Sie sind Lustdirnen und reizen auf allen Wegen zur Begierde. Aber die Mode der Madonna war heilig, rein und edel, dennoch voll der weiblichen Anmut! Ihr langes goldenes Kleid schloß oben am Hals und fiel zu den Füßen, die in roten Schuhen steckten, ihre Arme waren bedeckt und nur die schmalen Hände mit den schlanken Fingern waren bloß. Über dem goldenen Kleid trug sie einen Umhang von himmelblauer Farbe, der von ihrem Haupt als Schleier der Brautschaft herabfloß und sie wie ein Himmel selbst umhüllte! Ja, Maria trug als Kleid den Himmel! Ja, Maria trug allezeit den Schleier, denn sie war Braut Gottes! Sie trug allezeit den Schleier der Brautschaft, denn sie war die Jungfrau Jerusalem, sie war die Braut Gottes, die Tochter Zion, und der Ewige sprach zu ihr: Gekommen ist die Zeit der Liebe, da bedeckte ich dich mit meinem Mantel und schloß den Bund der Gottesehe mit dir! Und Maria legte das heilige Kind dem alten Propheten in die Arme. Der alte Prophet wurde allezeit vom Heiligen Geist geführt. Er war allezeit im Tempel und betete zu Gott, daß Gott dem Volke Israel und der ganzen Menschheit das Heil sende herab vom Himmel! Und der Heilige Geist hatte dem Propheten in einem Traum gesagt, er werde nicht sterben, bevor er den Heiland geschaut. Und nun stand hier der Greis, Simeon sein Name, und sprach: Ich habe den Herrn geschaut! Nun kann ich in Frieden sterben! Mein Herz und Geist ist fröhlich! Seid auch ihr, meine Kinder, allezeit fröhlich und freut euch allezeit an der Liebe der Jungfrau Maria! Und es war im Tempel eine alte Witwe, Hanna war ihr Name. Sie hatte sieben Jahre mit ihrem Mann gelebt, aber vierundachtzig Jahre in der Witwenschaft, und nun lebte sie allezeit im Heiligtum Gottes. Sie stand an der Schönen Pforte zum Vorhof der Frauen im Tempel und diente Gott mit Beten und Fasten. Als diese Maria sah, sprach sie: Dein Kind ist ein Zeichen, dem widersprochen wird! Siehe, dir wird ein Schwert durch das Herz gehen, damit die Gedanken der Menschen offenbar werden! Und ich sah die Madonna dei Sette Dolori! Sieben Schwerter steckten in ihrem Herzen! Sieben Schmerzen mit der Schärfe des Schwerts lassen sie die Leiden Christi mitleiden, der ein Zeichen ist, dem widersprochen wird, der die Liebe Gottes offenbart und dennoch verworfen und verschmäht wird! Und sieben Schmerzen opfert Maria auf dem Altar des Tempels von Jerusalem zum Heil der ganzen Menschheit auf und wird durch die Befruchtung des Schwertes in ihrer Seele zur himmlischen Mutter aller Menschenkinder! O Madonna dei Sette Dolori, du stehst droben auf dem Gipfel des Berges Moria und opferst deinen Sohn, den Erstgebornen, dem Ewigen auf! So bist du die Mutter des Glaubens geworden! So versammle du die Menschenkinder alle in deinem Mutterschoß, du Mutter des Glaubens, denn in deinem Mutterschoß ist mehr Glückseligkeit als selbst im Schoß des heiligen Vaters Abraham! O Madonna dei Sette Dolori, wie eine himmlische Göttin thronst du auf dem Berg Moria, ich weihe dir das kleine Kindlein nach meinem Herzen! Siehe, das Kindlein sprach: Geliebter, was spricht Gott zu dir? Ich sprach: Mein Liebling, Gott spricht zu mir: Deine Seele ist die Ehefrau des Ewigen! Der Knabe spricht: O Geliebter, wenn du mit Gott verheiratet bist, dann bin ich dein Kind! O Madonna dei Sette Dolori, bei den sieben Schwertern in deinem Herzen, ich weihe dieses Kindleins Heil deinem makellosen Mutterherzen! Nimm das Herz dieses lieben Kindleins in deine Hände, drücke es fest an deinen benedeiten Busen und bewahre es oben im Himmel bei dir! Sela!



ELFTES KAPITEL

Göttin Isis auf dem göttlichen Thron, wie hältst du den göttlichen Sohn an deinen kosmischen Brüsten und stillst ihn mit der himmlischen Milch! Himmelskönigin Hera, wie birgst du den Gotthelden Herakles an der Brust! Er saugt so stark, es spritzt die Milch aus den Brüsten der Himmelskönigin, spritzt an den Himmel und bildet die Milchstraße! Galaktotrophousa, milchstillende Gottesgebärerin! Galaktotrouphousa der Galaxie! Maria lactans, milchspendende Madonna von Rom, wie stillst du den Sohn! Der menschgewordne Gott saugt an den Brüsten der Menschenmutter! Die Menschenmutter des menschgewordenen Gottes säugt nicht nur den Gott in Menschengestalt, sie säugt als Mutter des Lebens die ganze Schöpfung, sie säugt als Amme der Gläubigen alle Christen! Die Amme der Christen säugt auch mich, Maria lactans! Da rief eine Frau aus dem jüdischen Volk zu Jesus: Selig ist die Frau, deren Schoß dich getragen und deren Brüste dich gestillt! Ja, sagte Jesus, selig ist die Frau! Fürwahr, meine Seele ist still wie ein gestilltes Kind in den Armen der Mutter, so ist meine Seele bei Gott! Maria lactans thront im Goldbrokatgewand auf einem göttlichen Thron und holt ihre milchweiße Brust aus dem Kleid und steckt sie dem göttlichen Kind in den Mund! Der Gottessohn saugt die Milch der Trostes aus dem Busen der Gottesmutter! Zur Rechten der stillenden Gottesmutter stehen die weisen Jungfrauen mit den brennenden Öllampen und zur linken der Gottesmutter stehen die törichten Jungfrauen mit den erloschenen Lampen! Schmücken wir die Madonna in jedem Winkel der Straße mit Blumen, denn alle Blumen preisen die Madonna delle Grazie! O Madonna der Grazien, wir preisen deine Brüste! Wahrlich, wahrlich, Jesus, glücklich die Brüste, die dich gestillt haben, glücklich die Brüste! Die Brüste hüpfen wie Zwillingskitze der Gazellen, die in dem Lilienschnee baden! Selig die Brüste der ruhigen Gottesmutter, nach denen das lebhafte Jesuskind greift! Siehe, deine Brüste sind wie Trauben am Weinstock, deine Gestalt ist gleich dem Palmbaum, ich will den Palmbaum besteigen und seine Dattelfeigen pflücken! Und ich sah, und siehe, was ich sah, das war eine schwarze Madonna, eine Madonna der Melancholie, sie lebte im hohen Norden in der Dunkelheit der Schwermut! Alle Schreie der gequälten Seelen und alle Küsse der Gottsucher drängten sich zu der Madonna! Ich sah den Fötus des Gottessohnes, den Logos Spermatikos, und ich sah die Madonna, ihr Haupt war unbedeckt, sie trug ihr Haar offen, das lange schwarze Haar, glatt wie Seide, floß lang hinab. Die Madonna öffnete ihr Oberkleid und entblößte ihren Oberkörper und wies ihre beiden Brüste dem ewigen Gott und rief: Gott, mein Herr, bei diesen bloßen Brüsten, zwischen denen du gebettet lagst wie ein Büschel Myrrhe, bei diesen bloßen Brüsten beschwöre ich dich, laß die Seele meines geliebten Sohnes und vielgeliebten Bräutigams Peter Torstein Schwanke saugen an den Brüsten des Trostes, an den Mutterbrüsten Gottes!



ZWÖLFTES KAPITEL


Madonna, an dem Glanz deines Leibes zünd ich meine Himmel an! Madonna dell’Anima – Magnificat Anima mea Dominum! O deine rotblonden Locken, Madonna delle Grazie, die hast du heute aufgesteckt und geflochten um deinen hoheitvollen Kopf, nur eine lose Strähne fällt lässig an deiner Granatapfelschläfe vorbei! O dein hoheitvoller Kopf, eine Sonne der Schönheit, ein schimmernder Vollmond in der Finsternis der Erde, dein Mondgesicht schwebt am Himmel der Nacht und erleuchtet die Finsternis, du machst meine Finsternis licht! Dein bezauberndes Lächeln, Madonna, spricht Bände, deine Lippen will ich küssen, küssen will ich, küssen! Ich gebe dir mit jedem Ave einen Kuß, Madonna, einen keuschen Kuß! Dein Hals ist bewundernswert, Madonna, dein schlanker, langer Schwanenhals, weiß wie ein Elfenbeinturm! Aber Madonna, deine Brüste sind all mein Entzücken, deine makellosen Jugendbrüste, deine perfekten Mädchenbrüste! Wie strafft sich dein rotes Seidenkleid über den makellosen Brüsten! Zwillingskitze der Gazelle deine Brüste, Trauben vom Weinstock deine Brüste! Magnolienblüten deine Brüste, Zwillingstauben deine Brüste! O und wie spitzen sich die Jadeknospen deiner Jadeberge unter dem straffen Gewand, Madonna, mein Entzücken! Mit Rosinen labst du deinen Geliebten! Ich bette mich zwischen deine Brüste wie ein Büschel Myrrhe! O und deine Schenkel, Madonna, glänzen im Licht, deine Schenkel sind goldene Säulen, deine Beine sind Marmorsäulen auf goldenen Sockeln, deine nackten Füße sind schlank und weiß und die Zehen deiner Perlmutternägel sind geschminkt mit ägyptischer Hennafarbe! Madonna, an dem seligen Glanz deines Leibes zünde ich meine Paradiese an! Du hältst im Arm den nackten Jesusknaben, den himmlischen Knaben, der lächelt so lieb und vertraut zum heiligen Josef! Josef, Josef, mein Ziehvater, Pflegevater, Josef, was stehst du da in der dunklen Nacht deiner Seele, voller Schwermut gebeugt, gebeugt von der Last der Melancholie, müde von der Trauer das Haupt gebeugt auf die Faust? Nun, in der dunklen Nacht der Schwermut schaust du um so begieriger auf den strahlenden Glanz deiner guten Frau! Die Frau der Schönen Liebe ist all dein Verlangen in der dunklen Nacht deiner Seele! Aber ich sehe auch den kleinen Prophetenknaben Johannes, der auf das göttliche Kindlein Jesus weist. Wer meinst du, dass ich bin? fragt das Jesuskindlein und lächelt. Und der Prophetenknabe spricht: Du bist das Lämmlein Gottes, das hinwegträgt die Sünde der Welt! Und der Prophetenknabe hält die Hand des heiligen Evangelisten Markus, der von der Mutter mit dem Kinde eben das Evangelium hört. Evangelische Mutter Gottes und evangelischer Jesusknabe, lehrt den Evangelisten die Wahrheit, dass er sie auf seinem Bischofssitz in Alexandrien verkünde! Lehrt auch seinen zwanzigsten Nachfolger im Bischofsamt von Alexandrien, Athanasius, den Kanon den Neuen Testaments! Madonna, sag dem weisen Athanasius, ob der Clemensbrief, der Hirte des Hermes, der Brief des Barnabas ins Neue Testament gehören, sage ihm, ob die Apokalypse des Johannes ins Neue Testament gehört. Ist denn die Apokalypse des Johannes vom Apostel und Evangelisten Johannes geschrieben? Ist denn die Apokalypse geschrieben im Geist der heiligen, apostolischen und katholischen Kirche? Petrus möge das entscheiden, denn Petrus kniet vor dir Madonna! Petrus der Erste, Papst von Rom! Er hält die Schlüssel des Reiches, die Macht der Kirche in den Händen und hat die Gewalt, zu binden und zu lösen, zu lösen von den Sünden und zu binden die Dämonen und zu entscheiden in der Lehre! Möge der heilige Petrus den Papst Johannes Paul den Ersten segnen. Denn als aus dem Heiligen Lande und seinen Bruderkriegen die Juden und Christen und Muslime zu Papst Johannes Paul dem Ersten kamen, da klagten die Gottsucher: Mein Gott, mein Gott, warum hast du uns verlassen? Da sagte der Nachfolger Petri: Gott ist ein Abba, das ist wahr, aber Gott ist auch eine Mutter und spricht: Und wenn eine Frau ihr Kindlein vergäße, die Frucht ihres Leibes, ich vergesse dich nicht! Schau ich aber, Madonna dell’Anima, auf zum Himmel, sehe ich über deinem Haupte drei Amoretti, nackte Putti, Engel der Liebe! Da schweben die nackten Knaben mit Flügeln an den Schultern und Flügeln an den Füßen! Wer sind die nackten Amoretti? Dort ist der Schutzengel des heiligen Thomas von Aquin, dort ist der Schutzengel des heiligen Simon Stock, des Karmeliters, dort ist der Schutzengel des heiligen Ambrosius von Milan, der dem Kirchenvater einst die Hymne an den Schlaf diktierte! Und siehe, der kleine Amor-Engel der himmlischen Liebe, der Schutzengel des heiligen Ambrosius von Milan, hält einen Kranz von geflochtenen Gänseblümchen über deinem Haupt und kränzt dich als die Blumenkönigin des Paradieses, die Blumenkönigin des neuen Völkerfrühlings! Gnädige Heimsuchung der Madonna um Mitternacht! Die Madonna saß um Mitternacht an meinem Schreibtisch und studierte meine Schriften. Sie sprach sanft und leise: Daß du anders von der Frau sprichst, als gemeinhin in der Kirche üblich, das gefällt mir. Dein Frauenbild, gespeist aus der Religion der Minne und dem christlichen Platonismus, gefällt mir. Vision der Demutsmadonna. Die Demutsmadonna thront nicht auf einer Mondsichel, die Demutsmadonna wandelt nicht mit bloßen Füßen auf den weißen Wolken, die Demutsmadonna sitzt auf einem grünen Rasen. Humilitas, weil sie auf dem Humus thront. Sie ist ganz von Blumen umgeben, die Flora Roms. Fuchs und Eule und Fledermaus sind friedlich um sie vereint, Käfer und Schnecken krabbeln und kriechen umher, Amseln, Elstern, Schwalben und Tauben fliegen umher, Schmetterlinge tanzen in den Lüften. Schwäne schwimmen majestätisch auf den Seen, Laufenten und Stockenten schwimmen auf den Teichen. Hündchen bellen fröhlich. Kühe weiden ruhig auf den Weiden. Hirsche röhren und Rehe stehen still auf den Weiden. Pferde weiden schweigend. Die Schöpfung singt einen Psalm, eine Hymne, eine spirituelle Ode an die schöpferische Gottheit! Der Fuchs, der listenreiche, voller Schlauheit, liegt zahm zu Füßen der Madonna. Die Wölfe liegen bei den Lämmern, die Pantherweibchen lagern bei den Böcken. Ein kleiner Knabe weidet die Kälber und die jungen Löwen. Kühe und Bären weiden zusammen auf derselben Weide, Kälber und Bärenjunge liegen beieinander im Gras. Löwen fressen Gras wie die Kühe. Der Säugling spielt am Schlupfloch der Strumpfbandnatter! Das gestillte Kind steckt seine Hand in das Loch der Schlange. Seit Gottes Wort im Schoß Mariens Fleisch geworden ist, ist der paradiesische Urzustand wieder hergestellt. Maria sitzt in einem üppigen Garten. Ein Holzzaun grenzt den Garten ab. Die Holzpforte ist von Heckenrosen umrankt. Ein verschlossener Garten ist meine Schwester, meine Braut, ein Lustgarten ist sie! Ich sehe den Paradiesgarten, allerdings in Germanien. Maria ist der reine Mensch im Urzustand, Eva vor dem Fall. Sie ist in seidene Gewänder und einen durchsichtigen Schleier gehüllt, denn Gott offenbart sich in ihr. Sie hält in der rechten Hand den Talmud und in der linken Hand das nackte blonde Jesuskind, das mit der Erdbeerpflanze spielt. Es ist die Erdbeere des Goldenen Zeitalters, die Erdbeere als Speise der Seligen, eine Paradiesfrucht. Die Blüte der Erdbeere ist die Jungfrau, die Frucht der Erdbeere ist die Mutter Gottes und der Menschen. Die Pfingstrose blüht, die Pfingstrose des Goldenen Zeitalters, sie ist wie Maria die Rose ohne Dornen. Überall blühen Marias Rosen, weiße Rosen der Freuden Mariens, rote Rosen der Leiden Mariens, gelbe Rosen der Glorie der Madonna. Die himmelblauen Vergissmeinnicht duften zu den bloßen Füßen der Madonna, keusch und rein wie ihre himmlische Seele. Schneeglöckchen läuten den Menschheitsfrühling ein, so wie Maria der Anbeginn der neuen Schöpfung ist. Josef ist ein gebeugter Mann und stützt sich auf seinen Stab. Sankt Michael spricht vom Evangelium. Der Davidstern reißt den Himmel auf und am Himmel erscheint die Frau des Lammes, sie, die himmlische Jerusalem. Allerseligste Großmutter Gottes, Santa Anna! Wenn ich dich sehe, du heilige Greisin, dann muß ich an die alte Sibylle denken, denn sie erbat sich das ewige Leben und erlangte es, doch hatte sie vergessen, ach, sich die ewige Jugend zu erbitten! Aber wie liebe ich jede deiner Falten! Wie liebe ich jedes deiner silbergrauen Haare! Wie liebe ich deine gefalteten Hände, die müßig feiern im Schoß! Aber nun wende ich, liebste Greisin, meinen Blick zu dem jungen schönen Weibe! Maria, das Überweib, die Superfrau! Ich kann mich nicht satt sehen an dieser ewigweiblichen Frauengestalt! Die Frau an sich! Die Frau! Ich liebe ihr schwarzes Haar, das sie gebunden und geflochten trägt auf dem schönen Kopf, ein Diadem, eine goldene Spange im schwarzen Haar! Und wie liebevoll und sanft senkt sich ihr Blick! Demutsmadonna! Du bist von Herzen demütig und sanftmütig, meine Jesusa, meine Christa! Die Perser sagen, am Anfang der Menschheit lebten im Paradiese zwei Menschen, die Urmenschen, das Urmenschenpaar, die hießen aber nicht Adam und Eva, sondern Maschiach und Maschiana! O Maria, du neue Eva, du bist meine Maschiana! Aber welche Gnade, welches Frohlocken, welches Entzücken, welche Herabneigung, meine mystische Frau! Wie neigst du dich vor und ich schaue deinen großen Busen, der wallt und wogt mir entgegen! Welche Wonne verheißt dein Busen, welches Paradies ist mir dein Leib! Du bist ein Magnetberg, Madonna, und du ziehst das eiserne Schiff meines Lebens magnetisch an! O wie wogt und wallt mir dein Wonnebusen entgegen! Mütterlich gütig und liebevoll sanft neigst du dich zu deinem Kinde, meinem Liebling! Siehe, ganz nackt ist der! Mein kleines Jesuskind, ich habe eine Frage an dich: So oft ich die kleinen Knaben in ihrer heiligen Unschuld betrachtete, sah ich sie selbstvergessen und traumversunken gern mit der Hand an ihrem Penis spielen, es schaffte ihnen ein Wohlgefühl. War das auch deine Wonne in deiner göttlichen Unschuld, mein Jesuskind in deiner paradiesischen Nacktheit? „Was tat ich denn? Ich habe ja nur gefragt“, heißt es in der Bibel. Aber was diskutieren die Theologen? Sie streiten über die richtige Bibelübersetzung. Heißt es: Feindschaft setze ich zwischen die Schlange und die Frau, zwischen den Nachwuchs der Schlange und den Nachwuchs der Frau. Er trifft dich am Kopf und du triffst ihn an der Ferse? Oder heißt es: Feindschaft setze ich zwischen die Schlange und die Frau, zwischen den Nachwuchs der Schlange und den Nachwuchs der Frau. Sie trifft dich am Kopf und du triffst sie an der Ferse? Ist Maria die Schlangenzertreterin oder Jesus der Schlangenzertreter? Meine Geliebte, mein Schatz, meine Lust ist die schwarze Madonna von Guadelupe, die sprach: Ich bin die Schlangenzertreterin! Und meine Hoffnung ist Jesus, der gekommen ist, die Werke des Teufels zu zerstören! Ja, die Erlösung kommt durch das vereinigte Herz von Jesus und Maria! Der Erlöser und die Miterlöserin triumphieren am Ende über Satan, die alte Schlange! Ich sehe das mystische Erlöserpaar! Jesus Christus ist der Erlöser und Maria Sophia ist die Miterlöserin! Ich sehe meine Madonna, die runde Matrone mit dem bloßen Wonnebusen, und ich sehe das Jesusknäblein nackt wie ein kleiner Adam, und auf den nackten Füßen der Madonna stehen die nackten Füße des Jesusknaben, und so zertreten sie der Schlange das giftgeschwollne Haupt! Maschiach und Maschiana, sie stellen gemeinsam die Unschuld des Paradieses wieder her!



DREIZEHNTES KAPITEL

Ich sah eine Wallfahrt zum Heiligtum. Alle tanzten, sangen, klatschten in die Hände und jauchzten Halleluja! Maria, die Mutter Gottes, zog mit Jesus und einer großen Gruppe von Gläubigen zum Heiligtum auf dem heiligen Berg. Jesus war zwölf Jahre alt, er zog zu seiner Bar-Mizwa nach Jerusalem. Durch die Beschneidung am achten Tag war Jesus, der Menschensohn, aufgenommen worden in die Gemeinde Israels. Nun mit zwölf Jahren, wurde er mündiges Mitglied der Gemeinde Israel. Maria und Josef zogen wieder nach Hause. Erst auf dem Weg merkten sie, dass Jesus nicht in der Sippe mitwanderte. Sie kehrten nach Jerusalem um und suchten Jesus und fanden ihn im Tempel. Maria sprach: Mein Sohn, wir haben dich mit Schmerzen gesucht! Da sagte Jesus: O Frau, du weißt doch, dass ich in dem Hause von ABBA sein muß! Dort war Jesus unter den Rabbis, den Rabbinen und Rabbanen, den Rabs und Abbas, den Sadduzäern und Pharisäern und Chaldäern, den Talmudisten, Zionisten und Kabbalisten, den Chassidim und Sephardim, den Sabäern und Judäern, den Essenern und den Juden aus der Diaspora, Schriftgelehrten, Gesetzeskundigen, unter den Weisen und Meistern, unter den Propheten und Hohenpriestern und fragte sie alle. Und er erforschte ihre Weisheit, aber die außergewöhnliche Weisheit seiner Fragestellungen verwunderte sie alle. Sie wunderten sich sehr über diesen zwölfjährigen Knaben, der an Weisheit reich war und an Gnade bei Gott und den Menschen. Woher hat der Knabe diese Weisheit? Er ist doch der Sohn des Zimmermannes! Damals kam der Spruch auf: Wer Weisheit begehrt, frage nicht die Rabbis, sondern den Sohn des Zimmermannes, den Zimmermann!



VIERZEHNTES KAPITEL

Sankt Josef war ein Zimmermann, ein Architekt, und der Sohn erlernte das Handwerk des Vaters, so wurde Jesus ein Zimmermann, ein Architekt. Wenn Josef in seiner Werkstatt arbeitete, war der Jüngling Jesus bei ihm. Josef hobelte, sägte, maß und hämmerte. Wenn Josef sich vermessen und ein Brett zu kurz gesägt, zog Jesus es durch ein Wunder genau auf die richtige Länge. Jesus baute ein Kreuz aus Zedernholz. Josef und Jesus waren Meister im Bauen von Jochen. Ein Joch, das Jesus gebaut, das kannte noch Justin der Märtyrer zweihundert Jahre später. Maria trat in die Werkstatt und schaute auf Jesus: Mein Sohn, wie hübsch du bist! Voller Stolz schau ich auf dich, ganz verliebt schau ich dich an! Dann kehrte Maria ins Haus zurück, spülte die Schüsseln, bereitete das Essen, melkte die Kühe, fegte den Raum und wusch die Wäsche. Sie bildete sich gar nichts ein auf ihre außerordentliche Begnadung, Sitz der göttlichen Weisheit zu sein, sondern lebte ein einfaches, schlichtes, demütiges und verborgenes Leben. Allein Gott erkannte ihre Herrlichkeit. Als Jesus aber dreißig Jahre alt war, starb Sankt Josef. Er starb in seinem Haus in Nazareth. Er lag auf seinem Sterbebett, Maria umarmte ihn und hielt den Sterbenden in ihren Armen, gepresst an ihren Busen! Jesus stand bei seinem Herzen und schaute voller Gnade auf diesen heiligen und gerechten Pflegevater Gottes. Maria brachte ihm noch ein Stück Brot und Jesus reichte ihm zum letzten Mal den Becher mit Wein vom Libanon. Dann entschlief Sankt Josef. Gott setzte ihn ein zum Schutzpatron der Zimmerleute und Architekten und zum strahlenden Vorbild aller keuschen Bräutigame Mariens.



FÜNFZEHNTES KAPITEL


Sechs Wasserkrüge standen da, sie symbolisierten die sechs Weltzeitalter, vom goldenen Zeitalter an, bis am Ende der Zeiten das goldene Zeitalter wiederkehrt. Es war eine Hochzeit, Johannes Markus und Susanna heirateten am dritten Tage. Warum am dritten Tage? Am ersten Tage der Schöpfung sprach Gott: Siehe es ist gut. Am zweiten Tag der Schöpfung sprach Gott: Siehe es ist gut. Am dritten Tag der Schöpfung sprach Gott: Siehe es ist gut, es ist gut! Der dritte Tag hat zwei Seligpreisungen, eine für den Bräutigam und eine für die Braut. Johannes Markus hatte viel Wein gekauft für seine Hochzeit mit der schönen Gazelle Susanna. Aber wer weiß, warum der Wein zuende ging? Weil die Apostel dabei waren! Siehe, Petrus, der war der beste Freund von Jesus, und wenn man schon von Jesus sagte: Dieser Fresser und Weinsäufer! Dann galt das auch für Petrus, denn der Jünger ist nicht mehr als der Meister, im besten Falle ist er wie der Meister. Der Wein war alle. Wer bemerkte das? Maria! Mit ihrem mütterlichen Blick bemerkte sie all die kleinen Sorgen und Nöte ihrer Kinder. Nichts war ihr zu gering, nichts zu unbedeutend, alles machte sie zu einem Gebet, zu einer Fürsprache. Mein Sohn, sie haben keinen Wein mehr, sagte Maria zu Jesus. Und Jesus sagte: Frau, meine Stunde ist noch nicht gekommen. Frau, was ist das zwischen dir und mir? Und Maria sagte zu den Dienern: Was Jesus euch sagt, das tut. Und die Diener stellten die sechs Krüge der sechs Weltzeitalter vor Jesus und Maria. Und Jesus segnete das Wasser mit dem Zeichen des Kreuzes, rief den Heiligen Geist, da verwandelte sich das Wasser der Welt in den Wein Gottes! Die Rabbis hatten schon prophezeit, dass das Reich des Messias sein wird wie eine Rebe, deren Weinbeeren so groß sind, das sieben Männer an einer Beere tragen müssen. Wenn der Messias kommt, dann wird der Weinstock so fruchtbar sein, dann werden die Reben wie schwangere Weiber sein, wenn dann ein Sohn des Lichts eine Traube pflückt, dann seufzt die andere Traube: Pflücke auch mich! Ich sehe Jesus in einem blutroten Kleid und einem himmelblauen Mantel. Seine langen braunen Haare sind in der Mitte gescheitelt und fließen an den Seiten seines Antlitzes bis auf die Schultern. Um seinen Mund trägt er einen vollen braunen Bart. Seine Stirn strahlt. Um sein Haupt glänzt die Herrlichkeit des Herrn. Seine Augenlider sind gesenkt, denn er ist versunken in Gott, allezeit versunken in Gott. Seine Hände sind segnende Hände. Es sind die Hände, die Kinder gesegnet, indem er den Kindern die Hände auflegte und sie liebkoste. Es sind die Hände, die Wasser in Wein verwandeln, dieselben Hände, die Wein in Blut verwandeln. Neben ihm steht Madonna. Blaß wie der Vollmond, eine Madonna aus Schnee, ein schlanker Lichtstrahl, gehüllt in eine schaumweiße Wolke, einen Schleier aus Sonnenlicht. Schlank und anmutig wie ein Reh, zierlich wie eine Antilope! Ihr weißes Oval ganz lieblich, ganz entzückend, ganz zärtlich! Inbegriff des Femininen! Ikone des katholischen Feminismus! Ein süßer Mund, ganz schmal und rosig, eine feine schlanke Nase, weiße Augenlider mit braunen Wimpern, langen Wimpern über liebevollen Augen, Das Haar verborgen vom weißen Schleier, weiten weißwallenden Schleier. Eine einzige Verschleierung die schleierhafte Madonna! Ja, wer ist denn hier das Brautpaar? Alle sagen, der Jünger und die Jüngerin, Johannes Markus und Susanna, seien hier in einer Hochzeitsfeier vereint. Aber ich schaue und schau, was ich schaue, das ist die mystische Hochzeit Unserer Frau und Unseres Herrn. Ich höre Mechthild von Magdeburg in ekstatischer Verzückung prophezeien: Unser Herr ist Gott und Unsere Frau ist Göttin! Heilige Hochzeit des Gottmenschen und der Menschengöttin! Heilige Hochzeit von Gottheit und Menschheit, von Himmel und Erde, von Gott und Seele, von Gottes Eros und Gottes Psyche! Halleluja, das goldene Zeitalter kehrt zurück! Aber da ist auch der Mundschenk. Er trat zum König. Der König sprach: Was schaust du so schwermütig? Du bist doch nicht krank! Nein, das ist es nicht. Du bist schwermütig. Der Mundschenk aber schenkte sonst fröhlich dem König den Wein ein. Neben dem König saß die Königin. Der Mundschenk wandte sich an die Königin und sprach: Königin, ich will zu den Gräbern meiner Ahnen, es greift mich große Wehmut von Heimweh! Da sprach die Königin: Wie lang wird deine Reise dauern? Er sprach: Sieben Tage. Da gab die Königin dem Schenken Urlaub. Wahrlich, das ideale Brautpaar! Messias und Maria! Maschiach und Maschiana an der Hochzeitstafel! Maschiach verwandelt Wasser in Wein und Maschiana verwandelt fünf Brote in Speise für fünftausend Menschen! Zu Füßen Jesu liegt das Hündchen und kläfft, zu Füßen der Madonna liegt die Katze und schnurrt. Im Hintergrunde antike Paläste, Philosophenhallen oder der Tempel Salomos. Dort sehe ich den heiligen Salomo und die heilige Sulamith wandeln in mystischer Umarmung! Dort sehe ich den Märtyrer Sokrates und die Hohepriesterin Diotima im Gespräch am Bach Cephissus wandeln. Salomo und Sulamith singen vom Eros Gottes, Sokrates und Diotima philosophieren über den Mittler Eros, den heiligen Dämon, der zur Idee der Schönheit führt. Mädchen in durchsichtigen Schleiern lassen beim Tanz ihre Becken preisen und Musiker spielen die Saiteninstrumente und schlagen die Cymbeln! Sieben Tage dauert das Fest und es wird ein rauschendes Fest, denn der Wein, den Messias geschaffen, ist ein himmlischer Tropfen! Evoe, die Hochzeit von Venus und Bacchus! Bacchanalien sing ich, die Hochzeit des dionysischen Messias mit der aphrodisischen Madonna! Auch die kleinen Kinder jauchzen, die nackten Knaben tanzen auf den Wolken! Alle kleinen nackten Knaben wollen später Maria heiraten! Aber wer steht da im schwarzen Mantel abseits, schweigend, schwermütig, einsam? Es ist Agabus, der verschmähte Freier! Voller Trauer und Entsagung, voller Herzschmerz schaut er die Madonna, seine Göttin! Ah, weh mir, seufzt er, nur im Tode werde ich Liebe finden! Ich will mich lebendig begraben in den Eremitenhöhlen des Berges Karmel und tausend Tode sterben, ob mir Gott der Herr im Paradiese Maria zur Paradiesfrau schenkt!



SECHZEHNTES KAPITEL

Jesus steht am Lebensbaum! Der Gekreuzigte steht an der Axis Mundi! Und er spricht sein Testament: Mein lieber Jünger, du den ich liebe, schau auf Maria, deine Mutter! Und er sprach zu Maria: O Liebe Frau, schau auf den Jünger, den ich liebe, deinen Sohn! Und da nahm ich Maria zu mir, ich nahm Sie in mein ganzes Leben auf. Jesus hauchte seinen Geist aus...



SIEBZEHNTES KAPITEL

Du bist so schön, Pieta, da? man es nicht sagen kann mit menschlichen Zungen und nicht sagen kann mit Engelszungen! Der heilige Erzengel Michael hat mit dem Meißel dich aus dem Marmor von Carrara geschlagen, vatikanische Venus! Perfekte Marmorgöttin des Katholizismus! Der heilige Erzengel Michael kam zu mir und sagte: Die Jungfrau ist die Makellose Konzeption der Frau, das Meisterwerk des Heiligen Geistes, die Idee der Schönheit! Alle Cherubim jauchzen vor ihrer Königin, alle Seraphim singen ihr glühende Liebeslieder, die Throne, die Götter, preisen sie als ihre Göttin der Götter! Weil sie die makellose Konzeption ist, ist sie von den Makeln der Töchter Evas befreit, von der Sünde, vom Alter und vom Tod! Sie ist die Braut Christi, die Sankt Paulus geschaut, die Braut ohne Makel, ohne Fleck und Falten, ohne Runzeln des Alters! Sie ist die schneeweiße Göttin! Sie ist unendlich schöner als die Venus der Griechen! Sie ist die Frau nach dem Herzen Gottes! Sie ist die ewige Jungfrau, die immerwährende Jungfrau! Sie ist die Auferstandene von den Toten, ewig siebzehnjährige Schönheitskönigin! Sie ist immer jung, immer rein, immer frisch wie frisch gefallener Blütenschnee, immer klar wie der Morgentau, transparent wie das kristallene Meer am Throne Gottes! Sie ist unbefleckt und makellos, ein Abglanz Gottes, ein Lichtstrahl des Ewigen, ein Ausfluß der göttlichen Kraft! Ich aber bin ihr allergeringster Sklave und bitte Sie nur um Eine Gnade, dass Sie mir einen Befehl erteilt, Ihr zu dienen, zu Ihrem Ruhm und zu Ihrer Verherrlichung! Sie ist klar wie ein Jaspis, transparent wie ein kristallener Edelstein, sie ist die Gloria Gottes! Sie ist die Perfektion in Person! Tota pulchra perfecctissima! O pia, o clemens, o dulce virgo Maria! Salve, Maria, Salve! Und ich frug mich auch, wie mein heiliger Dichtervater Klopstock, ob Maria von der Erde stamme oder ob sie vom Himmel zu uns herabgekommen sei? Und ich sang ihr auch, wie der Spirituale Poet der Herrin Liebe: Bei den Leiden deiner Mutter, Christus, beschwöre ich dich, gewähre mir die Gnade, im himmlischen Paradies von Ewigkeit zu Ewigkeit deiner süßen Mutter zu singen! Nein, ich schaue keine buntbemalten Gipsfiguren mit sieben Schwertern im blutenden Herzen, heute nichts vom blutrünstigen Christentum heute! Ich sehe Frau Todin, die Schönheit des christlichen Todes! Ich schaue Frau Todin, die Schönheit eines Heimgangs in der Gnade! Ich schaue Frau Todin, deren Schmerzen zu himmlischer Güte geworden sind, deren Leiden zu einem mütterlichen Lächeln geworden sind, deren Tränen zu einem zärtlichen Blick geworden sind. Ich schaue Frau Todin, weiß wie die Reinheit, weiß wie Marmor und Schnee, weiß wie das Totenlinnen, weiß wie das Linnen der Seligen an dem Throne Gottes! Ich schaue Frau Todin, und sie erwartet den Toten in ihrem Mutterschoß! Ich sterbe hinein in den Mutterschoß der Mutter Gottes, ich sterbe hinein in den mütterlichen Schoß Gottes! Ich sterbe und versinke in einem Milchmeer der Liebe! Pieta, du bist so schön, das sagt kein deutscher Dichter! Ein provencalischer Troubadour will ich werden, Midons Marie, Ma Dame d’Amour, dir das Hohelied Salomos zu singen! Wer kann dich preisen als der Heilige Geist allein, dein göttlicher Bräutigam! Wer kennst so die intimsten Geheimnisse deiner jungfräulichen Schönheit und deines urbildlichen Liebreizes wie der göttliche Gemahl, der Spiritus Sanctus! Komm, o Heilig Geist, und preise die Pieta! Preise die Miterlöserin! Und ich sah und siehe was ich sah, das war der Mund der Pieta! Nein, den lauen Christen will ich die Vision nicht schildern. Wenn sie sagen: Sind das Lippen und Nase der Muttergottes? Dann bin ich gekränkt in meiner Liebesekstase! Mund der Madonna, du Rose! Mund der Madonna, du Rubin ! Mund der Madonna, du Scharlachlinie! Mund der Madonna, du Rosinenschnur! Mund der Madonna, du Perlenkette! Mund der Madonna, du Lächeln des Morgensterns! Mund der Madonna, du Kuß des Blutes Christi! Mund der Madonna, du Kuß des Heiligen Geistes! Mund der Madonna, du Kuß der Ewigen Liebe! Mund der Madonna, du Muttermund! Mund der Madonna, du bräutliches Lippenpaar! Mund der Madonna, mein Entzücken! Mund der Madonna, meine Begeisterung! Mund der Madonna, meine Ekstase! Mund der Madonna, mein göttlicher Wahnsinn! Ich küsse dich, Madonna, deine Küsse sind berauschender als Wein! Opium sind deine Küsse, Madonna! Wenn ich sterbe, Madonna, pflücke meine Seele mit einem Kusse deines Mundes aus dem Totenbett meiner Agonie! Küsse mich mit den Küssen deines Mundes, dann bin ich glückselig im Paradies!



ACHTZEHNTES KAPITEL


Das ist auch Pfingsten, Maria, das Pfingsten unserer Zeit: Eine kosmische Explosion! Ströme kosmischer Energie der göttlichen Weisheit schütten sich aus und durchströmen wie Feuerschlangen das ganzen Universum und schütten sich über der Erde aus und wir sind wie Irrsinnige! Ja, wie betrunken vom blutroten Wein lallen wir mit Feuerzungen des Herzens und stehen im Feuer der Liebe, im Feuer der Liebe Gottes, den Feuerflammen Jahwes, wie du, Maria, der brennende Dornbusch, brennend und doch nicht verzehrt! Wahrlich, wahrlich, unser Gott ist ein verzehrendes Feuer! Komm, Geist!



NEUNZEHNTES KAPITEL


Als meine selige Großmutter Paula Margarethe heimging zu Gott, dem Herrn, ihrem Hirten, da offenbarte sich mir Christus. Christus überreichte mir, dem Dichter, das Evangelium des seligen Meliton, eines Jüngers des Lieblingsjüngers des Herrn. Christus bedeutete mir damit, dass ich, der ich ein heidnischer Musenpriester gewesen war, nun Maria zum Inhalt meiner Gesänge machen sollte. Und so begann ich mein christliches Gotteslob mit einer Hymne an den Heimgang der allerseligsten Jungfrau und Gottesmutter Maria. Zwölf Jahre lebte Maria noch nach der Kreuzigung ihres Sohnes. Sie starb in Jerusalem. Wo anders könnte die Mutter Gottes sterben als in Jerusalem? Drei Tage vor ihrem Tod erschien ihr der Engel Gabriel mit dem Palmenzweig ihres himmlischen Triumphes, der Palmenzweig aus dem Paradies verkündete ihr die Himmelfahrt zu ihrem Sohn und Gott. Da erbat sich Maria von Gott noch eine Gnade: Ich möchte noch einmal alle meine Kinder sehen und dann in ihrer Gegenwart meinen Geist in die Hände des Herrn befehlen. Der Herr gewährte ihr die Bitte und brachte alle ihre Kinder aus der ganzen Welt an ihr Sterbebett. Dann kam Jesus vom Himmel, begleitet von himmlischen Sängern, die Psalmen, Hymnen und spirituelle Oden zum Lobe Christi und der Mutter Christi sangen. Die ganze Gegend war von der Himmelsmusik erfüllt. Maria selbst starb singend, stehend, ohne Schmerzen, strahlenden Antlitzes. Sie wurde im Tale Joschaphat begraben, zwischen Tempelberg und Ölberg, dem Tal des Jüngsten Gerichts. Christus kehrte in den Himmel zurück, in den Armen die Psyche der Madonna. Da riefen Marien Kinder ihr nach: Wer ist sie, die aus der Wüste aufsteigt, angelehnt an ihren Geliebten? Da sangen die Tempelsänger des Himmels: Das ist die Schöne, die Schönste unter den Töchtern Gottes, voller Gnade und Liebe! Mit Freuden wurde Maria im Himmel empfangen, wo sie sich zur Rechten des Herrn in den Thron der Himmelskönigin setzte. Die Kinder auf Erden weinten nicht, damit die Heiden nicht lästern, denn Christen glauben ja an die Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Seraphim und Cherubim, Abraham und Sara, Isaak und Rebekka, Jakob und Rahel priesen Maria, David und Salomo sangen ihr zu den Harfen und Saitenspielen des Ewigen. Im Augenblick des Heimgangs der Madonna bekehrte sich in Rom der Dichter erotischer Liebeselegien, Porta Petri Cygnus, zur Gottesmutter und dem Gottessohn und stellte seine lateinische Poesie ganz in den Dienst der Verherrlichung der Himmelskönigin Maria. Drei Tage wachten die Kinder Mariens an ihrem Grab. Am dritten Tage erschien Jesus und sprach zu Sankt Peter: Mein Papst, was meinst du, was mit Maria geschehen soll? Da sprach der Papst Sankt Peter der Erste: Herr, mein Gott, da Maria auf besondere Weise erlöst ist, indem sie im Hinblick auf deine Verdienste am Kreuze schon vom Augenblick der Empfängnis an von allem Makel der Erbsünde befreit und vor aller persönlichen Sünde bewahrt worden ist, so bitte ich dich, dass es, weil es würdig ist, geschehen möge, dass du sie nun mit unsterblicher Seele und verklärtem Auferstehungsleibe in deine himmlische Herrlichkeit aufnimmst, damit sie der pilgernden Kirche als sicheres Unterpfand der Hoffnung am Ziel der Weltvollendung strahle! Und Jesus tat so, wie der Papst es von ihm erbat. Der Erzengel Michael, der besondere Ritter seiner Dame, der Apokalyptischen Frau, führte die Psyche der Madonna zu Christus, dem Herrn. Jesus sprach zur Madonna: Steh auf, meine Taube, meine Reine, meine Eine, du Herrlichkeit des Herrn, du Tempel Gottes, du Becher der Ganzhingabe, du Paradies der Liebe, du Lustort Gottes! Wie du die Unbefleckte Empfängnis bist, so bist du auch mit Leib und Seele in den Himmel aufgenommen. Das definiere ich und so ist es von allen Christen zu glauben. Da zog die Psyche der Madonna in den Leib der Madonna, der Leib stand auf von den Toten, ward verwandelt von Christus und ging ein in das himmlische Brautgemach Gottes, ihres Ehegemahls in Ewigkeit.




DRITTER TEIL




ERSTES KAPITEL

Im Jahre des Zweiten Vatikanischen Konzils empfing in Marienhave im Osten des freien Frieslands die junge Frau Hildegard am fünfundzwanzigsten März ein Kind. Es gerann aus Blut und Samen und der Lust im Beischlaf. Es gerann, wie Milch zu Käse gerinnt. Es wurde bereitet im Schoß der Erde, im Finstern bereitet. Wer weiß den Weg des werdenden Kindes im Schoß der Mutter, wer weiß den Weg des Windes? Gott aber hat das Kind erwählt, bevor es im Mutterschoß empfangen wurde. Gott hat das Kind berufen, als es im Mutterschoß lebte. Das war so. In der Osternacht sah Hildegard im Traum die Mutter Maria, ganz wie sie in der Kirche dargestellt wird. Die Mutter Maria legte im Traum der Mutter Hildegard einen goldenen Ehering in die Hand und sagte mit mütterlicher Stimme zu der Mutter Hildegard: Die Frucht deines Leibes, dein Kind, das du nun im Schoße trägst, soll einst mein Bräutigam werden. Die Mutter Hildegard schrieb den Traum in ihr Schwangerschaftstagebuch. Sie hatte gehört, dass die chinesischen Weisen sagten, die Erziehung des Kindes beginne schon im Mutterschoß. So begann sie, ihren Sohn im Mutterschoß von Anfang an zum Bräutigam der Madonna zu erziehen. Dann wurde das Kind geboren am Geburts- und Todestag des seligen Platon. Es wurde am achten Dezember, dem Tag der Makellosen Empfängnis, getauft. Da sagte auf der Tauffeier die Mutter Hildegard zu den Paten: Wir haben ihn Piet genannt aus Liebe zum unsterblichen Petrus. Wenn ich nicht auf den Heiligen Vater Pillen-Paul gehört hätte, wäre mein Piet wohl gar nicht empfangen worden. Nun aber weihe ich den Liebesakt und den Augenblick der Empfängnis meines Sohnes Piet dem makellosen Mutterherzen der Unbefleckten Empfängnis. Möge sie selbst ihn erziehen, dass er würdig wird, einst der Bräutigam der Madonna zu sein. - Ein Jahr später, als im liturgischen Jahr des Tag des Heiligen Platon war und die Frommen in der Kirche von Marienhave beteten: Sanct Plato, ora pro nobis, da begann nach der Morgenmesse der einjährige Piet plötzlich zu sprechen. Die Eltern Hildegard und Erich hatten sich schon gewundert, dass er sich weigerte, sprechen zu lernen, er sagte nicht einmal Mamma und Abba, aber nun begann er plötzlich ganz vernünftig zu sprechen und sagte: Ich hab die Himmelskönigin gesehen! O, sie ist so schön, dass glaubst du nicht, so schön ist sie! Sie ist so schön, dass kann man gar nicht glauben! So schön ist sie, dass man es gar nicht sagen kann! Sie ist so schön, dass man es fast nicht ertragen kann, es tut fast schon weh, so schön ist sie! Sie ist die Himmelskönigin, aber vor allem ist sie meine Mutter! Sie trägt goldene Sandalen einer Himmelskönigin und ein goldenes Kleid mit Blumenmustern und eine goldene Krone! Sie ist meine Mutter, aber später, wenn ich groß bin, will ich sie heiraten! - Da wunderte sich die Mutter Hildegard und meinte, ihr Sohn habe die Jungfrau Maria gesehen, und die Jungfrau Maria habe plötzlich durch ein Wunder dem Kinde das Sprechen beigebracht. Da pries sie Marias Sohn, der das Wort ist, und freute sich von Herzen, dass ihr eigenes Kind auch ein Sohn Marias war. Aber der Vater Erich hielt das nicht für ein Wunder, sondern meinte nur: Endlich fängt er an zu reden. Nun, das Bürschlein hat wohl zuviel Phantasie. Wir müssen irgendetwas tun, dass er weniger Phantasie hat. Als Piet fünf Jahre alt war, schickte seine Mutter ihn abends immer zum Bauernhof, frische Milch vom Bauern zu holen. Der Weg führte an den Kuhweiden vorbei. Piet sah gerne die Kühe, deren Augen so mild und gütig waren wie Hindus, deren Euter so prall waren wie die Brüste von Hindu-Göttinnen. Er kam nun eines Abends, es war der Tag von Sankt Anna, zum Bauernhof und holte die Kanne mit der Milch ab. Die Bäuerin melkte gerade eine Kuh, sie saß auf einem dreibeinigen Schemel vor dem gewaltigen Euter, nahm die Zitzen in der Hand und drückte, dass die weiße Milch herausspritzte, und sagte immer, als ob sie einen Rosenkranz bete: Stripp, strapp, strull, is de Eemer noch nich vull? Dann gab sie Piet die Milchkanne mit dem Liter Milch. Die Kanne war halbvoll. Oben auf der frischen Milch schwamm die frische Sahne. Seine Mutter würde die Sahne später von der Milch abschöpfen, damit Piets geliebtes Großmütterlein Johanna Paula Sahne für den friesischen Tee hätte, den sie dreimal am Tag trank. Nun nahm Piet die halbvolle Milchkanne und ging den Weg durch die Abenddämmerung nach Hause. Als er an den Kuhweiden vorüber kam, wo zwischen den Fladen die Champignons wuchsen, da erschien ihm die himmlische Mutter Maria. Ihre Augen waren sanft und gütig wie die Augen einer Mutterkuh. Sie hatte auf dem Haupt zwei Kuhhörner, und zwischen den Kuhhörnern war der runde Vollmond. Da sprach die himmlische Mutter Maria: Mein Sohn, gibst du mir zu trinken? Da sprach Piet: Meine himmlische Mutter, wer bin ich, dass ich dir zu trinken geben soll? Dann reichte er der himmlischen Mutter Maria die halbvolle Milchkanne, und Maria trank von der frischen warmen Kuhmilch. Die weiße Milch floß ihr über die Lippen und tropfte auf ihr Kleid, unter dem sich die perfekten Brüste abzeichneten. Dann gab Maria dem Knaben die Milchkanne wieder, und Piet trug sie nach Hause. Zu Hause aber wunderten sich Mutter und Großmutter, dass die Milchkanne überlief und schier unerschöpflich Milch gab, so dass die liebe Großmutter Johanna Paula frische Sahne für neunundneunzig Tassen friesischen Tee hatte. Es ist, wie es auf dem Kalender der Großmutter an jenem Tag stand, auf dem sich Lebensweisheiten für jeden Tag fanden:

F R A U W E I S H E I T

Siehe, den einen ist sie die hohe, himmlische Göttin,
Andern die tüchtige Kuh, die sie mit Sahne versorgt.

                                        Goethe.


Eines Tages war Piets älterer Vetter Joachim zu Besuch. Er war ein junger lutherischer Pastor und saß auf der Terrasse des Hauses und las in der Bibel Martin Luthers. Piet aber spielte im Garten unter den Birnbäumen, Apfelbäumen, Kirschbäumen, Pflaumenbäumen. Da stand vor der dreihundertjährigen Blutbuche eine kleine Gartenhütte mit Bienenstöcken. Da spielte Piet Verstecken, aber nicht allein, sondern mit dem Jesuskind! Piet sprach, sah Joachim, als wenn da jemand bei ihm wäre, so ganz natürlich, aber Piet war doch allein! Nein, Piet sprach mit dem Kleinen Jesus, seinem allerliebsten Spielgefährten. Nein, Piet sprach nicht mit dem Kleinen Jesus, sondern er kreischte vor Glück! Aufgeregtes Lustgeschrei kleiner Zwerge nennt das der Dichter. So laut kreischte vor Lust und Glück und Wonne der kleine Piet, das sich der ernste Vetter in seiner Bibellese gestört fühlte. Plötzlich kam Piet auch noch angerannt und sprang auf die Terrasse. Da sprach der Vetter Joachim: Was spielst du denn? Da sagte Piet: Ich spiele mit dem Jesusknaben Verstecken! Siehe, er hat sich gerade hinter deinem Stuhl versteckt. Da meinte der lutherische Pastor, sein kleiner Vetter habe einen Geist von unten. Da nahm er sein Tintenfaß, denn er hatte sich zur Bibellese Notizen für die Sonntagspredigt machen wollen, warf das Tintenfaß gegen die Hauswand und rief: Weiche von mir, Satan! Aber Piet sagte: Joachim, ich weiß, was du gerade in der Bibel gelesen hast, nämlich: Die Weisheit ist der Liebling des Herrn (das Hätschelkind) und spielt allezeit vor dem Angesicht des Herrn, und seine Freude ist es, bei den Menschenkindern zu sein. - Joachim aber rief wieder: Weiche von mir, Satan! Da hörten den Fluch Piets Eltern, und Hildegard und Erich kamen auf die Terrasse und hörten sich die Sache an. Da sagte die Mutter Hildegard: Ich erkenne meinen Sohn nicht wieder! Das ist nicht mehr mein Sohn! Ich bin so voller Sorgen, was aus dir noch werden soll! Du schwebst immer zwischen dem Himmel und der Erde und stehst gar nicht mit beiden Füßen auf der Erde! Und der Vater Erich sagte: Bursche, du spinnst! Da nahm die Mutter Hildegard den kleinen Piet an die Hand und zog ihn fort und brachte ihn zur geliebten Großmutter, denn die wusste immer Rat, wenn die Mutter nicht weiter wusste. Die Großmutter Johanna Paula war eine Witwe von achtzig Jahren, sie war nur sieben Jahre mit ihrem Mann verheiratet gewesen, und war nun nach dem Tod des Trinkers eine fröhliche Witwe, die oft den Rosenkranz betete. Da hörte die liebe Großmutter Johanna Paula dem kleinen Piet aufmerksam zu. Und als er sagte, er habe ja nur mit dem Kleinen Jesus gespielt, da lächelte die liebe Großmutter aus den gütigen himmelblauen Augen und sagte: Bist du einer von Jesus? Ja, sagte Piet. Da gab die Großmutter dem kleinen Piet ein schönes Bild von einem Hirten, der eine Schafherde weidete auf grünen Wiesen, aber ein kleines schwarzes Schaf trug er auf dem Arm, das war sein Liebstes. Da sagte die Großmutter Johanna Paula zu ihrer Tochter: Hildegard! Laß den Jungen in Ruhe! Da kehrte wieder Ruhe ein. In der Nacht aber wachte Piet aus dem Schlaf auf und sah Jesus an seinem Bett stehen. Jesus war ein Mann von dreißig Jahren, mit dunkelblondem Haar und Vollbart, er trug ein weißes Gewand und Strahlen gingen von seinem Herzen aus, Strahlen des Lichtes und des Feuers der Liebe. Da sagte Jesus zu Piet: Ich habe ein schönes Geschenk für dich! Siehe dort, auf der andern Seite deines Bettes! Und siehe, da stand die junge schöne Mutter Maria. Da sagte Jesus: Wir sind zu dir gekommen, um dich zu fragen: Willst du jetzt gleich sterben und ins Paradies kommen oder willst du mich und meine Mutter trösten, indem du deine seelischen Leiden Gott aufopferst und so meine Gnaden auf die Kirche und die Menschheit herabziehst? Da sah Piet die Kirche und ihre schweren Prüfungen und die Menschheit bedroht von einem neuen Weltkrieg, da sagte Piet: Wenn es besser ist, dass ich auf Erden bleibe und leide, dein Herz und Marias Herz zu trösten, dann will ich lieber auf Erden bleiben. Dann sagte Jesus: Du wirst aber in keinen Orden eintreten und nicht in Klostergemeinschaft leben, sondern als ein ganz gewöhnlicher Mann wirst du vor den Augen der Welt verborgen leben, in einem kleinbürgerlichen Mietshaus, von allen unerkannt. Nur wenige werden dich verstehen, das musst du wissen. Deine Seele wird viel leiden und du wirst einsam sein, wie ich in meinem Kreuzestod. Du wirst aber mitten im gewöhnlichen Alltagsleben außergewöhnliche Wunder und Zeichen sehen. Von nun an wird meine heilige Mutter dich führen und dich immer trösten! Sei ein verborgenes, aber ein immer duftendes Veilchen! - Dann segnete Jesus den kleinen Piet, die Mutter Maria umarmte ihn, und die Erscheinung verschwand. Eines Tages im Hochsommer war Piet allein zu Hause und spielte im Garten. Er hatte sich nackt ausgezogen und kletterte auf einen Baum, aber oben brach der Ast, auf dem er stand, ab und Piet stürzte nackt in die Brennesseln. Es brannte sein ganzer Körper! Da sah er Maria in der Sonne und hörte ihre Stimme: Hab keine Angst, mein Sohn! Deine Nachbarin Gudrun wird dich mit ihres Vaters Wodka heilen. Im gleichen Augenblick schaute im Nachbarhaus die junge Frau Gudrun aus dem Fenster, ihre langen goldenen Zöpfe hingen aus dem Fenster ihrer Kemenate, da merkte Piet erst, wie weh ihm die Brennesseln taten und er rief: Ah weh, ah weh! Da eilte die blonde Gudrun herbei und trug Piet in die Küche ihres Hauses und rieb seine Haut ein mit dem Wodka ihres Vaters. Die Haut war wieder ganz heil und es brannte nicht mehr. Der Vater Erich wurde krank. Er litt an Leukämie und bekam von Tag zu Tag üblere Laune. Immer öfter ließ er seine üble Laune an Piet aus. Die Familie geriet in Armut, da der Vater nicht mehr arbeiten konnte. Piet konnte nicht in die Schule gehen, sondern musste oft Arbeiten für seinen Vater erledigen. Da brachte ihm die Mutter Maria selbst das Lesen und Schreiben bei. Lesen lehrte sie ihn mit der Kinderbibel, und beim Schreiben führte Maria ihm selbst die Hand. Das war wichtig, denn er musste nun oft Worte und Botschaften Marias aufschreiben. Da sagte Maria zu ihm: Mein Kind, ich bin deine Mutter, die dich auf dem Weg führt, der Jesus gut gefällt. Da sagte Piet: Allerliebste Mutter, wie wohl fühle ich mich unter deinem Schutzmantel, unter deinem Mantel der Barmherzigkeit! Ach, ich möchte immer so geborgen ruhen in der Beuge deines Armes und gebettet ruhen an deinen benedeiten Brüsten! Seit meiner Geburt trägst du mich in deinen Armen wie eine teure Amme und lässt mich nie mehr los! Und immer lässt du mich die Süßigkeit deiner feurigen Liebe schmecken! Da sagte Maria: Weißt du, mein Kind, du wirst später das Haus deines Vaters verlassen und ins Ammerland ziehen. Dort wirst du einer alten Karmelitin schreiben und sie wird deine geistliche Mutter werden. Sie wird dir dann den Weg zeigen, den ich dich führen will. Das wird in dreißig Jahren sein. - Eines Tages diktierte Maria dem kleinen Piet sein erstes Gedicht:

Der Herrgott ist allein mein Ziel
Und Jesus Christus mein Modell
Und Sankt Maria Führerin
Und ich im Opfer allezeit!

Es war am fünfzehnten August im fünften Lebensjahr Piets, da er auf der Terrasse saß und in den Himmel schaute. Da senkte sich eine goldene Wolke langsam vom Himmel herab und eine Weiße Frau trat aus der Sonne. Um die Lenden trug sie einen zauberhaften Gürtel aus Sonnenstrahlen gewoben. Sie breitete ihre Arme zum Willkommen aus und von ihren Händen gingen Strahlen der Gnade aus. Ihre Lippen waren rot wie Feuer, ihre Haare von reinem Gold, lang und glatt herniederfließend und ihren ganzen Leib umfließend. An ihrer linken Hand trug sie einen Ring mit einer Süßwasserperle. Sie segnete Piet mit dem Kreuzeszeichen. Da ließen himmlische Engel, die wie nackte geflügelte Kinder aussahen, weiße Rosenblüten zur Erde regnen, sie fielen auf die Terrasse. Einige schmolzen gleich wie Schnee, andere blieben liegen. Dann verschwand die Erscheinung, aber die Rosenblüten lagen noch auf der Terrasse. Da kam der kranke Vater Erich aus dem Haus, er hatte sehr schlechte Laune. Als er die Rosenblüten auf der Terrasse sah, glaubte er, Piet habe seine Rosen zerpflückt und die Blüten auf die Terrasse gestreut. Da schlug der Vater das Kind und schrie: Du Faultier! Du Nichtsnutz! Du Taugenichts! Immer träumst du nur und starrst in die Wolken, statt zu arbeiten und die Terrasse zu fegen! Mach endlich deine Hausarbeit! Geh und räum dein Zimmer auf! Wie sieht das wieder aus! Piet schwieg erschrocken vor dem Wutanfall des Vaters. Da schrie der Vater: Geh in den Schuppen und hol den Besen! Piet ging und holte den Besen, aber als er zurückkam auf die Terrasse, waren alle Rosenblätter fort. Der Vater war ganz verwundert. Es hatten die Engel die Rosenblätter alle aufgesammelt und sie der Madonna in ihrem himmlischen Rosengarten zu Füßen gelegt! Aber der Vater blieb dennoch verstockt und ungläubig. Wahrlich, wahrlich, ein Prophet gilt nichts in seinem Vaterhaus und in seiner Familie! - Mit sechs Jahren fiel Piet einmal in einen Kanal, er konnte noch nicht schwimmen. Da sah er die Königin der Liebe auf dem Wasser laufen und ihn aus dem Wasser herausziehen und ans Ufer stellen. Dann verschwand sie wieder. Mit zwölf Jahren kam er in die Katechese. Er lernte Bibel und Dogma. Er wurde vorbereitet auf den Empfang der Sakramente, vor allem auf den Empfang der Kommunion. Bei seiner ersten heiligen Kommunion sah er Maria vor sich stehen und zu ihm sagen: Du bist nun ganz mein! Du gehörst mir! Du bist mein Leibeigener! Aber ich bin auch deine Magd! Ich bin die Magd des Herrn, aber ich bin auch deine Magd! Siehe, ich liebe Gott von ganzem Herzen, von ganzer Seele, mit aller Kraft und dem ganzen Gemüt, und dich liebe ich wie mich selbst!



ZWEITES KAPITEL

Im fünfzehnten Jahrhundert in Deutschland lebte in der Diözese Würzburg im Orte Niklashausen der Hirte und Musiker Hans Behem. Wenn er nicht das Vieh weidete, machte er weltliche Lieder und sang sie vor den Dirnen auf dem Markt. Er spielte die Flöte und blies den Kindern Kinderlieder und den Mägden Hochzeitslieder, er spielte die Laute und sang die alten Minnelieder den jungen Mädchen vor, er spielte das Klavier in der Dorfschenke und klimperte den Trinkern seine sinnlosen Läufe vor. Er spielte die Mundharmonika und die Maultrommel und zog so musizierend nachts durch die Gassen, ob die Burschen und die Dirnen tanzen möchten im Mondschein engumschlungen. Er spielte auch das Horn und blies den Jägern ihre Jagdlieder und den Soldaten ihre Märsche. Er spielte auch das Akkordeon und wollte mit einer Truppe Komödianten bettelnd und musizierend durch Frankreich, das Land der sinnlichen Liebe, ziehen. So ergab er sich ganz der Eitelkeit der irdischen Kunst und diente den Dirnen zur Buhlerei und den Burschen zur Verführung der hübschen Dirnen, vor allem aber den Trinkern, ihr Elend zu vergessen bei Wein, Weib und Gesang. Eines Tages aber erschien ihm die Jungfrau Maria. Sie erschien ihm im Wald, da hatte sie ein langes weißes Kleid an, mit einem goldenen Gürtel um die Brust, der ihre Brüste hervorhob, auf dem Haupt trug sie einen durchsichtigen Schleier, aus dem ihre maronenbraunen Locken hervorquollen, die ihr auf die schmalen Schultern fielen. Die Jungfrau Maria schaute den Musiker an und sagte: Was willst du von mir? Da sagte der Musiker: Ich möchte einmal in deine Augen schauen, Maria. Da schaute Maria ihn liebevoll an, und er fühlte sich wie entrückt auf einen makellosen Doppelmond von reinstem Schnee, wie Keuschheit von Nachttau im Kelch einer weißen Lilie. Es war ihm vor dem Licht dieser Augen, als schaute er das Licht vom Licht, Gott von Gott, die Herrlichkeit des Herrn strahlend in einem runden und vollkommenen Kreis des Lichts hoch über der Finsternis der ekelhaft eitlen und sündigen Welt, die in ihrer Gottlosigkeit und Unzucht zu einem Misthaufen geworden war. Aber über ihm am Himmel strahlte der unbefleckte Mond des Auges der Jungfrau Maria. Da wählte Hans Behem die Jungfrau Maria zu seiner Herrin. In jener Nacht der Bekehrung zu seiner Herrin Maria verbrannte er all seine weltliche Kunst, auf einem großen Scheiterhaufen verbrannte er all die Instrumente der Eitelkeit, alle Flöten und Blasinstrumente der Unzucht, alle Saitenspiele der Verstrickung in die Welt, alle Trommeln der Kriegsmärsche Satans, alle Posaunen und Hörner des Antichristen. Er sagte: Die Jungfrau Maria hat zu mir gesprochen. Sie sagte in der Nacht meiner Bekehrung: Die Kunst ist eitel, die Kunst, die die Eitelkeit der Welt verherrlicht, ist eitel und gottlos. Du kannst entweder Künstler bleiben und allein Gott den Herrn verherrlichen, aber dazu musst du ins Kloster gehen und ein Heiliger werden. Oder du sagst dich los von der Eitelkeit der Kunst und gehst als Prediger zu den Armen, den Bauern, den Unterdrückten. So sprach die Jungfrau Maria zu mir, sagte Hans Behem. Er sagte sich los von der Eitelkeit der Kunst und wurde ein Prediger der Jungfrau Maria. Er verstand sich als Prophet der Herrin, der in heiligem Zorn wie Amos über die Mammonssklaven herzog, die Reichen, deren Bauch fett geworden ist vom Fleisch der Armen, die Sklaven des Goldes, die die Kriege in der Welt beginnen, die toten Seelen, die ihre geldgierigen Seelen dem Satan verkauften für ein bisschen Gewinn in dieser nichtigen Erdenzeit, die Unterdrücker, die die Bauern ausbeuteten, die Großgrundbesitzer, die sich die Bauerndirnen als Huren hielten, die reichen Herren, die nichts fragten nach der fehlenden Milch für die Bälger der Bäuerinnen, und die Kaufleute, die den Ammen das Holz für den Ofen im Winter verwehrten! In heiligem Zorn wetterte Hans Behem und rief: Ein Strafgericht kommt über euch Reiche, euch Knechte Mammons, die Jungfrau wird euch in göttlichem Zorn strafen! Die Bauern werden sich erheben und euch totschlagen mit ihren Knüppeln! Eure Leichen werden aufgehängt an den Bäumen im Winde baumeln und eure gottlosen Seelen werden in die Hölle fahren! Da werdet ihr brennen und schreien in großer Qual in Ewigkeit! Aber dann wird euch die Herrin nicht mehr hören! Jetzt ist die Zeit, jetzt hört auf sie, sonst wird der Bauernkrieg euch hinwegfegen! Jetzt tut Buße und helft den Armen, heilt die Kranken, haltet den Sterbenden die Hand, gebt den Kindern zu essen und zu trinken, zahlt den Arbeitern ihren Lohn aus, lasst dem Hirten sein einziges Schäfchen,und der Amme macht die Stube warm, dass ihre Brust erblühe für das kleine Kindlein, das sie großzieht wie ihr eigenes! Tut Buße, sonst werdet ihr den Zorn der Jungfrau fühlen! Kommt in die Kapelle der Jungfrau und betet dort, werft euch auf euer Angesicht nieder vor dem bloßen Fuß der hohen Herrin und huldigt eurer Retterin! Zündet Kerzen an für eure Seelen und für die Seelen eurer Weiber und Kinder! Bringt ihr Blumen, bringt ihr zu Sankt Valentin eine rote Rose, sie wird es euch danken! Ja, hier im deutschen Land, im gelobten Lande Franken in der Marienkapelle werden euch alle Gnaden angeboten, die euch vor der Hölle retten können. Allein Unsre Liebe Frau von Niklashausen hat die alleinseligmachende Gnade für euren Glauben bereitstehen, die euch rettet vor dem ewigen Feuer der Hölle und euch purgiert in das Paradies führt! Was fragt ihr nach Rom? Soll Rom euch Gnade gegen Geld verkaufen? Wieviel Geld kostet denn eine Seele? Wie teuer ist das, eine Seele aus der Hölle freizukaufen? Nein, in Rom herrscht nicht der Geist des armen Fischers Simon Petrus, sondern der Geist des geldgierigen Magiers Simon Magus! Die Simonie sitzt auf dem Apostolischen Stuhl! Wendet euch ab von Rom, kommt in die deutsche Kirche der Gnade, in die deutsche Kirche der Freiheit! Verehrt nicht die römische Wölfin, sondern die deutsche Madonna, Unsre Liebe Frau von Niklasberg in ihrer fränkischen Marienkapelle allein ist die Freiheit des Christenmenschen, sie allein ist die wahre Kirche, die Urgemeinde! In Rom herrscht die Hure Babel, das scharlachgekleidete Weib sitzt auf einer Wölfin und reitet durch die reiche Stadt, das Weib entblößt ihre Brüste und macht betrunken mit dem Wein ihrer Hurerei die Mächtigen der Erde! Aber die deutsche Jungfrau, Unsre Liebe Frau von Niklasberg, ist tiefsinnig, ehrlich, edel, treu, fleißig, eine reine Magd, sie ist die wahre Kirche! Wo die deutsche Madonna ist, da ist die wahre Kirche, wo die römische Hure ist, da thront der Antichrist im Lehrstuhl! Hört aber, was die deutsche Madonna ihrem geliebten deutschen Volk sagt und allen treuen und frommen Seelen! Hört, ihr närrischen Weiber, eine Predigt über eure Mode! - r Pfeiferhans, so nannte ihn das Volk der Armen, versammelte ein großes Volk von Zimmermännern und Bauern um sich und die Weiber hingen in Scharen an seinem Mund und die zerlumpten Kinder der Armen hielten ihn für Gottvater! Da sagte er Pfeiferhans: Das Volk kommt zu mir und hält mich für einen Mann, der schöne Liebeslieder singen kann. Euer Herz ist voll von süßen schmachtenden Liebesliedern und ihr seid alle sehr hinter dem Geld her. Wenn aber kommt, was ich verkünde, und es wird kommen, dann werden ihr wissen, dass ein Prophet unter euch war! Hört nun, ihr Frauen, meine Mahnung! Wie gefällt es euch doch so sehr, den Busen mehr zu enthüllen als zu verhüllen! Wie gefällt es euch doch so sehr, den Rock so kurz zu tragen, dass er kaum die Oberschenkel bedeckt! Die Keuschen unter euch tragen die Arbeitshosen des Mannes! Eure Haare tragt ihr auch wie die Männer! Oder aber ihr schmückt eure langen Locken mit Farbe und Schmuck und putzt euch wie die Huren! Und ihr Sängerinnen und ihr Tänzerinnen, was ist euer Vorbild? Die große Hure Babel oder die große Hure Ninive, so wollt ihr sein, ihr wollt nackt auf dem Löwen der Kraft reiten und die Welt verführen mit der Unzucht eurer Hurerei! Ja, ihr schenkt den Männern in der Nacht den Wein ein, die Männer sagen: Mein Becher läuft über! Und wenn ihr die Männer betrunken gemacht habt, dann reizt ihr sie, euch zu betrachten, wie ihr euch schamlos entblößt und eure Scham aufdeckt! Aber Gott wird euch den Rock hochheben, Gott wird die große Hure vergewaltigen und öffentlich schänden! Meint ihr denn, ihr Weiber voll der Unzucht, dass die Madonna euch erscheint in einem Röckchen so kurz, dass sie, wenn sie sich verneigt vor dem Herrn, ihr Unterhöschen zeigt? Oder wollt ihr, dass sie kein Unterhöschen trägt unter ihrem kurzen Rock und so ihre Schamhaare zeigt, wenn der Wind mit ihrem Nichts von Röckchen spielt? So eine Madonna würde euch gefallen, nicht wahr? Oder eine Madonna, die ihre vollen bloßen Brüste mit nichts bedeckt als der wilden Lockenmähne? Nicht wahr, das wäre eine Madonna, deren Bild ihr in den Andachtswinkel eures Hauses stellen wolltet? Ich kenne euch gut, ihr Sünder! Nein, die Jungfrau erscheint in einem weißen Seidengewand, das ihr hinunterfließt bis auf die Füße, es bedeckt die Arme und lässt nur die gnädigen Hände frei, es ist geschlossen bis zum Hals, und auf dem Haupt trägt sie allezeit einen Schleier der Brautschaft, denn sie ist die Braut des Herrn! Ihr aber weigert euch, in der Kirche einen Schleier zu tragen, ihr närrischen Weiber! An einer Hand kann ich abzählen die alten frommen Großmütter, die mit einem Schleier ihr Haupt bedecken, wenn sie in die Kirche kommen zu ihrem Bräutigam! Die Heiligen haben abgenommen und wenige sind es, eine kleine Schar, die gerecht sind! Ich aber rufe die Masse der Verdammten zur Buße! - Und der Pfeiferhans stellte sich auf den Marktplatz von Niklashausen und rief: Kommt und hört, was die Jungfrau dem Pfeiferhans verkündet hat! Es wird kommen eine Zeit, da werden die Armen aufstehen und die Reichen mit Knüppeln erschlagen! Wie wilde Hunde wird der Pöbel der Allerärmsten sich erheben und die Reichen und die Herrscher und die verhurten Pfaffen an die Bäume hängen! Dann werden die Deutschen sich abwenden von der Kirche und die Nonnen werden ihr Keuschheitsgelübde brechen und die Mönche werden ihr Gehorsamgelübde brechen und Mönch und Nonne werden sich demonstrativ in aller Öffentlichkeit ehelich vereinigen ohne den Segen eines Priesters! Das wird der Beginn der Kirche der Deutschen sein! Dann werden die Kirchen gegeneinander streiten, die Kirche Deutschlands und die Kirche Roms, die Hure Ninive und die Hure Babylon, und sie werden sich besaufen am Blut der Heiligen! Und Deutschland wird eine Wüste, Europa wird eine Wüste! Dann werden sie eine neue Hure anbeten, die Hure der Vernunft werden sie in der entweihten Kirche anbeten als Göttin der Vernunft! Und die Zeloten der göttlichen Hure der Vernunft werden die Priester ermorden, und die Hure der Vernunft wird sich besaufen am Blut der Heiligen! Dann wird sich der Antichrist erheben im Osten und im Westen in doppelter Gestalt, die zwei Zeugen des Antichristen werden den neuen Gott verkünden, den Satan, und sie werden das auserwählte Volk der armen Juden vernichten und werden die Menschheit an den Abgrund der völligen Vernichtung führen! Dann wird aber Unsere Liebe Frau von Niklasberg kommen und den Antichristen mit ihren bloßen Füßen zertreten, und den Zeugen des Antichristen im Westen wird sie ermorden und den Zeugen des Antichristen im Osten wird sie ermorden! Dann wird sich aber ein noch schrecklicheres Strafgericht erheben und der Antichrist naht in seiner letzten Gestalt, da wird der Petrus des Ostens vom Antichristen ermordet, er wird ermordet, aber Unsere Liebe Frau von Niklasberg wird ihn wieder auferwecken von den Toten und er wird die letzte Schar der Heiligen und den gereinigten Rest in das tausendjährige Reich führen! Da wird dann Unsere Liebe Frau von Niklasberg das Herz Deutschlands sein, das alle lieben wie eine Mutter und eine Braut! Das zeigte mir die Madonna, sie trug ein langes blaues Kleid und einen langen schwarzen Seidenrock bis zu den bloßen Füßen, ihr langes schwarzes Haar fiel ihr weit auf den Rücken, und an dem Saum ihres Gewandes befanden sich goldene Granatäpfel und silberne Glöckchen, und wenn die silbernen Glöckchen läuteten, da sich die Madonna bewegte, riefen sie wie Kirchenglocken zur Buße auf und zur Wallfahrt in die Kapelle Unserer Lieben Frau von Niklasberg! So kommt zur Mutter! Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe! Aber ich weiß, die Pfaffen taugen nichts, sie können nicht einmal den Fürsten dieser Welt vom Heiligen Geist unterscheiden, lächelnde Dummköpfe, Hansnarren des Evangeliums sind sie, sie predigen Wasser und saufen Wein, sie lehren die Liebe Gottes und stoßen die Armen und Kleinen mit harten Herzen und eisernen Stirnen zurück. Ich sage zum Pfaffen: Du bist mein Bruder! Und der Pfaffe sagt: Was will Er von mir, meint Er, Wir verbrüdern uns mit einem Idioten? Ich sage euch, meine Brüder und meine geliebten Schwestern, und euch, meine geliebten Kindern, sage ich als eure geistliche Mutter: Der Pfeiferhans wird den Pfaffen ausgeliefert und wird als Ketzer hingerichtet werden! Also sprach der Pfeiferhans und also geschah es. Denn der Bischof von Franken predigte in der Sankt-Kilian-Kirche von Würzburg unter dem Geläut der berühmten Glocken und des neuen Zimbelspiels: Ihr verirrten Schafe, hört die Stimme eures Hirten! Wir, der Bischof Franz-Josef von Franken, haben mit Unserem Rat, dem Großinquisitor von Rom, die sogenannten Prophezeiungen des sogenannten Pfeiferhans sorgfältig geprüft und befinden: Die Hetzreden dieses Ketzers stehen nicht in Übereinstimmung mit der von Gott geoffenbarten katholischen Religion der alleinseligmachenden Kirche von Rom! Um das Seelenheil unserer irrgeleiteten Schafe willen beschließen wir darum: Es ist besser, dass ein Mensch stirbt, als dass das ganze Volk verdürbe! Darum ergeht heute der Beschluß von Rom und Würzburg, den Pfeiferhans auf dem Scheiterhaufen dem Satan zu übergeben! So predigte der Bischof und so sollte es geschehen. Der Pfeiferhans ward eingekerkert und wartete im Kerker nur noch auf den Tag seines Todes. Seine treuen Jünger und Jüngerinnen flehten viel zur himmlischen Mutter um die Rettung ihres Meisters. Da träumte der kleine vierjährige Georg, der Sohn des armen Junkers Jörg, in der Nacht einen Traum: Er sah die goldene Sonne am Himmel stehen, rund und vollkommen, und es gingen Strahlen von ihr zur Erde, und aus der Sonne trat eine junge Frau. Sie trug ein langes weißes Seidengewand in feinen Falten, lang hinunterfließend auf die bloßen Füße, um die Hüfte trug sie einen goldenen Gürtel. Ihr Haar war schwarz und gelockt und fiel ihr auf die Schultern, im Haar aber steckte eine weiße Lilie. Sie lachte fröhlich, ihr Angesicht glänzte vor Freude, sie öffnete den Mund mit schönen weißen Zähnen (der kleine Georg verglich die Zähne mit frischgewaschenen Zwillingslämmern) und sang ein Liebeslied für den Pfeiferhans. Dann sprach sie: Ich werde ihm bald die wahre Freiheit schenken! Diesen Traum erzählte der kleine Georg seinem Vater, dem armen Junker Jörg, der rief den Jüngern und Jüngerinnen des Pfeiferhans zu: Die Jungfrau hat gesprochen, wir werden den Pfeiferhans aus dem Kerker der Kirche befreien! Sie nähten eine blutrote Fahne, rot wie die Liebe, und stickten einen goldenen Morgenstern hinein, für Maria. Mit dieser Fahne Mariens zogen sie zum Kerker der Kirche, den Propheten zu befreien! Aber sie wurden zurückgeschlagen. Der Pfeiferhans rief seinen Brüdern und geliebten Schwestern aus dem Kerkerloch zu: Ich weiß, ich muß sterben im Feuer, aber ich werde mein Leben der Jungfrau opfern, auf dass ihr Reich der Liebe anbricht! - Am letzten Tag des Wonnemondes und Marienmonats Maien wurde der Pfeiferhans vor der Sankt-Kilian-Kirche von Würzburg öffentlich hingerichtet. Er wurde an den Schandpfahl gebunden und der Scheiterhaufen zu seinen Füßen ward entzündet. In den Flammen verbrennend sang er noch einmal, nun in der letzten Stunde seines Lebens war er wieder der große Sänger und Musikus vor dem Herrn, und er sang so schön, wie er noch nie gesungen hatte. Er, der kein Latein beherrschte, geschweige denn Griechisch, er sang in den Flammen seinen Schwanengesang, eine sapphische Ode an die Königin der schönen Liebe:

                Diva, formosis vigilata flammis
                        Hinc et hinc circuì, cui luna suras
                                Osculo mulcet, famulusque sol ve-
                                        Stigia lambit ;

                Prosit hoc vati cecinisse, quod sis
                        Diva formosis vigilata flammis!…
                                ………………………………
                                        …………….

So starb der Pfeiferhans. Als er gestorben war, brach ein Gewitter aus und ein Sturzregen löschte das Feuer des Scheiterhaufens. Die Gemeinde kniete nieder und betete das Ave.



DRITTES KAPITEL


Ein römischer Dichter sang auf dem Monte Virgine sein Lied: „Mit geblähten Segeln fuhr Attis über das Meer! Nun berührte er Phrygiens Wälder mit begierigen Füßen und betrat das Reich der Großen Göttin in den dunklen Wäldern, da schlug ihn der Wahnsinn! Es stach ihn der Wahn! Als Schwärmer schnitt er sich das Mannesglied ab und warf das Mannesglied fort! Da besah er seinen Körper, sah die Scham, die er verstümmelt hatte, die beschnittene Männlichkeit! Das Blut strömte von seinem Körper auf den Boden des Waldes! Er war ein Weib geworden! Da griff er mit seinen Händen das Tamburin der Großen Mutter Kybele und schlug auf das Tamburin mit wilden Händen und mit weichlichen Fingern und hob die Stimme zu diesem wilden Gesang: Auf, Genossen, zum Walde und zum Gebirge! Ihr meine heiligen Schwestern, schwärmt in trunkenen Schwärmen zum Tempel der Großen Mutter Kybele! Folgt mir, ich bin der Hirte, ihr seid die Herde der Großen Mutter Kybele! In die Fremde zogt ihr mit mir, ich horchtet auf meine Worte, treue Jüngerinnen wart ihr, ihr ertruget das Wüten des Sturmes und der Wellen, alles Wüten der Elemente, und habt eure Mannesglieder abgeschnitten von euren Körpern, heilige Schwestern, denn eure Liebe ward euch zur wilden Feindschaft! Aber jetzt in der wilden Jagd seid heiter und fröhlich und feiert die Große Göttin, die herrliche Herrin! Reißt euch aus der Faulheit und dem Müßiggang! Seid froh! Folgt mir zum phrygischen heiligen Hain der Großen Göttin und zum Tempel, wo die Große Mutter wohnt! Laßt die Cymbeln klingen und das Tamburin tönen, lasst die Doppelflöte blasen und das Widderhorn! Bacchantinnen sollen sich winden wie Epheuranken im Tanz, im lüsternen Tanz, wo sie schreien in wüsten Lüsten und blutigen Opferfeiern, wo sie tanzen in rasender Lust zu den Opferfeiern der wilden Göttin Kybele! Dahin, dahin, Geliebte, wollen wir ziehn! Da hörten die Jüngerinnen ihrer verstümmelten Meisterin Lied, da heulten sie wie Wölfe den Mond an, da schlugen sie das Tamburin, da schlugen sie die Cymbeln, da stürzte der Chor der Entmannten zum heiligen Berge Ida. Da wütete Attis, schnaubte wie ein brünstiger Stier, war aufgelöst in Wollust, mit letztem Hauch des Herzens jagte Attis durch den heiligen Wald, wie die junge Stute, die flieht den Zügel und den Zaum. Und der Meisterin folgten die Jüngerinnen, die weibischen Priester der Großen Mutter. Zu Tode erschöpft standen sie nun vor dem Tempel der Großen Göttin, da versanken sie nach langem Fasten in einen tiefen Schlaf. Schwer lag der Schlaf auf ihnen, Nacht war vor ihrem Blick. Und im Schlaf schwieg für einen Augenblick der Wilden Wahnsinn! Aber als der Sonnengott auferstand aus dem Schoß der Morgenröte, da verließ der mohnbekränzte Schlummergott den weibischen Priester Attis. Attis war wie erlöst vom Wahnsinn. Da dachte er daran, was er getan in der Ekstase des göttlichen Wahnsinns! Er sah jetzt klar, wie er seine Manneskraft verloren und dass er jetzt in der Fremde war. Und er eilte mit brennendem Herzen zum Meeresstrand. Dort blickte er auf das grenzenlose Meer und brach in heiße, salzige Tränen aus! Mit Wehmut und Schmerzen beschwor er seine Heimat: O Vaterland, das mich zeugte, Muttererde, die mich gebar! Dich verließ ich Unseliger, wie ein flüchtiger Sklave lief ich fort von der Heimat und floh zu den dunklen Wäldern des Berges Ida, um hier den wilden Tieren nah zu sein, den Wölfen und den Bären, und um in den Schlupflöchern gieriger Räuber zu hausen. Ah weh mir, meine Heimat, wann werde ich dich wiedersehen? Mein Auge schmachtet nach deiner Schönheit, doch war ich in der Zeit des Wahnsinns geblendet und verfinstert! Soll ich nun fern der Heimat in dunklen Fichtenwäldern wohnen, hausen wie ein wildes Tier, wie ein brünstiger Hirsch? Soll ich die Heimat nicht mehr sehen, den Freund nicht mehr sehen, die liebende Großmutter nicht mehr sehen? Soll ich fern sein vom Markt und dem geistreichen Spiel? Ah weh! Ah weh! Ich bin nur noch Jammer, mein Herz ist zerrissen! Ich war ein Knabe, ich war ein Jüngling, ich war ein Jünger, jetzt bin ich ein Entmannter, ein Weib! Ich stand in der Blüte meiner Kraft, das Horn meiner Manneskraft war hoch erhoben! Jetzt bin ich ein Verschnittener, ein unmütterliches Weib! In meiner Jugend blühten die Blüten, die Schwelle meiner Kammer glühte, wenn ich mit dem ersten Sonnenstrahl aus dem Bette sprang! Nun soll ich Priesterin der Großen Mutter Kybele sein, verschnittener Priester der Großen Göttin sein? Ich soll wohnen auf dem heiligen Berge in den Nebelwolken des Gipfels, wo der brünstige Hirsch durch die Wälder schmachtet, wo der Wolf durch die Wälder streift? Soll ich in dunklen Fichtenwäldern sterben? Ah weh, wie schmerzt mein Wahnsinn! Wie peinigt mich die Buße! Eben hatte Attis so gejammert, da hörte sein Ohr eine neue Botschaft: Die Große Mutter Kybele erschien in ihrem Wagen, den zwei Löwen zogen! Sie spannte die Löwen aus dem Gespann und sprach zu den Löwen: Auf, ihr wilden Raubtiere! Hetzt mir den Attis in neuen Wahnsinn, dass er durchbohrt vom Pfahl des Wahnsinn wieder in die dunklen Wälder flieht, er, der meiner Allmacht entfliehen wollte! Löwen, peitscht euch selbst mit euren Schwänzen, brüllt wie Donnerbrüllen! Laßt die goldene Mähne flattern! Donnernd sprach es die Große Göttin Kybele, spannte die Löwen aus dem Gespann mit eigener Hand. Die Löwen peitschten sich mit den eigenen Schwänzen und brüllten wie Donnerbrüllen und jagten durch die Gebüsche dem Attis nach! Da trafen die Löwen Attis, er saß jammernd am Meeresstrand und flehte die Große Mutter um Gnade an: Große Göttin Kybele, Große Göttin Kybele, verschone mich! Verschone mich, gewaltige Herrscherin, furchteinflößende Göttin, ehrfurchtgebietende Göttin, ich will für immer deine unterwürfigste Sklavin sein! Da verschonte die Göttin ihre entmannte Priesterin. O Große Mutter, o Große Göttin, o Herrin Kybele, verschone mich! Anderen sende den finsteren Wahnsinn! Aber mich bewahre vor der Raserei des Wahnsinns!“ So sang der Dichter. Aber am Fuß des Monte Virgine lebte in einer Einsiedlerhütte der Eremit Cygnus. Eines Tages bestieg er den Berg und sah oben auf dem Gipfel eine wunderschöne junge Dame. Sie trug ein langes seidenweißes Kleid, weißer als der Schnee. Ihre kastanienbraunen Haare waren bedeckt von einem weißen Schleier. Ihr Antlitz war oval und überaus lieblich und süß. Ihre Lippen waren süß und rosig und schimmerten, wenn sie lächelte und wenn sie sprach mit einer leise flüsternden Stimme. Über ihrem Busen wölbten sich Rosen. Über der rechten Brust wölbte sich die weiße Rose der kindlichen Freude, über ihrer linken Brust wölbte sich die goldene Rose der himmlischen Schönheit. Und im Tal ihrer Brüste, in dem Bett zwischen ihrem Busen wölbte sich die rote Rose der schmerzreichen Liebe. Da sprach die weiße Dame zu Cygnus: „Ich bin die Mutter. Ich bin die wahre Mutter. Ich bin zwar die Königin des Himmels, aber vor allem bin ich deine Mutter. Ich bin eure Mutter aus der unerschöpflichen Barmherzigkeit Gottes. Ich bin die Mutter Gottes und die Mutter aller Menschenkinder! Du sollst mir hier auf dem Berg der Großen Mutter einen Tempel bauen, damit alle Menschen hier die wahre Mutter verehren können und meine Gnaden empfangen. Hier will ich meine Kinder trösten.“ Dann verschwand die Dame wieder. Cygnus begann nun, ihr einen Tempel auf dem Monte Virgine zu bauen. Als der Tempel fertiggestellt war, lebte er dort selbst als Prediger und Priester. Viele Menschen suchten seine Weisheit. Einmal kam ein Jüngling zu ihm und sagte: Ich liebe auch Maria und verehre sie gern in ihrer Kirche, aber mein Herz will sie immer Göttin nennen. Da sprach der Priester: Maria lächelt, wenn du sie Göttin nennst. Ich will dir aber sagen, inwiefern Maria keine Göttin ist und inwiefern Maria eine Göttin ist. Eine Göttin muß ja eine Gottheit sein, also ungeschaffen, ewig, das absolut Höchste und allumfassend Vollkommene. Das ist aber nur Eine Gottheit. Diese ist der schöpferische Urgrund, die gezeugte Weisheit und das Feuer der Liebe. Maria aber ist vom Geist geschaffen als ein vollkommenes Geschöpf, um Mutter der göttlichen Weisheit zu werden. Insofern ist sie keine anfanglose Göttin, sondern ein Geschöpf, aber das vollkommenste aller Geschöpfe, das Meisterwerk des göttlichen Geistes. Aber nun will ich dir sagen, inwiefern Maria eine Göttin genannt werden kann. In dreierlei Hinsicht kann Maria eine Göttin genannt werden. Zum ersten kann sie von den Dichtern Göttin genannt werden, denn Dichter müssen nicht der reinen theologischen Lehre folgen, sondern dürfen dem Überschwang ihres Gefühls folgen. Wenn der Liebesdichter schon sein Liebchen eine Göttin nennt, um wie viel mehr ist die makellose Jungfrau die Göttin des Liebesdichters! Zum zweiten ist Maria die Königin der Engel, sie ist also die Königin der ganzen Engelshierarchie in ihren neun Chören. Die obersten drei Chöre heißen die Cherubim, die Seraphim und die Throne. Maria ist die Königin der Cherubim, die Königin der Seraphim und die Königin der Throne. Die Cherubim sind die Engel der Weisheit, die Seraphim sind die Engel der Liebe, aber die Throne sind der Gottheit so nah und so ähnlich, dass Dionysios vom Areopag sie Götter nennt. Wenn die Throne also in der orthodox-katholischen Wahrheit Götter heißen, Maria aber Königin der Throne ist, so ist sie folglich Königin der Götter. Was muß man aber von einer Königin der Götter anderes sagen, als dass sie den Namen einer Über-Göttin verdient? Zum dritten ist Maria Göttin als Menschengöttin. Die Weisheit der Kirche lehrt nämlich, dass Gott Mensch wurde, um Menschen zu Gott zu machen. Die Mystiker sagen, die durch die Menschwerdung Gottes zu Gott gewordenen Menschen werden Götter und Göttinnen im Himmel sein. So wie Christus der Gottmensch ist, so werden die durch seine Gnade vergöttlichten Menschen Menschengötter und Menschengöttinnen sein. Maria aber ist schon auferstanden von den Toten und schon vollendet in der Gottheit. Sie ist aus Gnade des Gottmenschen zur Menschengöttin geworden, zur Menschengöttin in Gott. Sie ist das sichere Zeichen unserer Hoffnung, dass wir wie die Menschengöttin Maria auch am Jüngsten Tag zu Menschengöttern und Menschengöttinnen werden durch die Gnade des Gottmenschen Jesus Christus. Also, Maria ist die Liebes- und Schönheitsgöttin der Poeten, sie ist die Übergöttin als Königin der göttlichen Throne und sie ist die Menschengöttin aus Gnade des Gottmenschen. Wenn du sie in diesem Sinne Göttin nennst, so bist du noch in der Wahrheit. - Eines Tages erschien am Himmel ein Zeichen, in leuchtenden Strahlen standen die Buchstaben MM am Himmel. Zu gleicher Zeit prägten sich in die Handinnenflächen des Predigers Cygnus in blutigen Wunden die Buchstaben MM, ein M in der linken Hand, ein M in der rechten Hand. Und als das Volk fragte, was das zu bedeuten habe, sagte Cygnus. Maria ist MM, sie ist die wahre Magna Mater, sie ist die Mutter Maria, sie ist das Mütterchen Muttergottes. Sie ist die Mama. Sie ist die Matrone Maria, sie ist die Messiana Maria. Seid also ohne Angst, liebe Kinderlein, die Mama liebt euch! - Eines Tages kam ein junger Mann zu Cygnus und sagte: Ich will ehelos leben für das Himmelreich. Wie aber kann ich ein fröhliches Zölibat leben? Da sagte Cygnus: Wenn du nur ehelos lebst für das Himmelreich, so lebst du im Verzicht, wenn du aber jungfräulich lebst für das Himmelreich, so lebst du in der Fülle, nämlich in der mystischen Gottes-Ehe als Braut Christi. Dazu verhilft dir aber die Jungfrau Maria, als die wahre Freundin, als die schöne Geliebte, als die mystische Verlobte und als die ewige Frau. Lebst du im Zölibat als ein heiliger Josef in der Marien-Ehe, so wirst du bald zur Gnade der Gottes-Ehe gelangen. Du darfst aber Maria nicht als die Ewige Frau so verehren, dass du die sterblichen Frauen zugleich verachtest. Achte die Frauen, denn Maria war eine Frau. Achte jede Frau um der Himmelskönigin willen. Achte die geistige Würde der Frau, den Genius der Frau. Schau in den Frauen deine Schwestern. Dann wird die Königin der Frauen Wohlgefallen an dir finden. - Eines Tages kam ein junger Mann zu Cygnus und sagte: Ich hörte von einem Weisen aus dem Orient den Spruch: Frauen sind Göttlichkeit! Ach, ich möchte so oft ausrufen: Frauen sind Göttlichkeit! Ich möchte meinen Rosenkranz nehmen und auf allen hundertfünfzig Perlen beten: Frauen sind Göttlichkeit! Da lächelte Cygnus und sagte: Frauen sind Geschöpfe, aber sie sind Ebenbilder Gottes. Das Herz der Frau ist ähnlich dem göttlichen Herzen. Darum bete: Frauen sind Abglanz der Göttlichkeit, nimm deinen Rosenkranz, setze dich vor ein Bild Unserer Lieben Frau und bete auf allen Perlen: Frauen sind Abglanz der Göttlichkeit! Dann schau, was Unsere Liebe Frau dir sagen wird. - Eines Tages kam ein Dichter, der ein Mönch werden wollte und sich in neuen Litaneien versuchte. Und er sang auf dem Monte Virgine der Magna Mater Maria folgende Litanei: Aschera, huldige du der Jungfrau Maria! Astarte, huldige du der Jungfrau Maria! Anath, huldige du der Jungfrau Maria! Nanäa, huldige du der Jungfrau Maria! Atargatis, huldige du der Jungfrau Maria! Isis, huldige du der Jungfrau Maria! Nephtys, huldige du der Jungfrau Maria! Hathor, huldige du der Jungfrau Maria! Sekmeth, huldige du der Jungfrau Maria! Aphrodite, huldige du der Jungfrau Maria! Artemis, huldige du der Jungfrau Maria! Athene, huldige du der Jungfrau Maria! Allath, huldige du der Jungfrau Maria! All-Uzza, huldige du der Jungfrau Maria! Manath, huldige du der Jungfrau Maria! Kali, huldige du der Jungfrau Maria! Parvati, huldige du der Jungfrau Maria! Lakschmi, huldige du der Jungfrau Maria! Shakti, huldige du der Jungfrau Maria! Guan Yin, huldige du der Jungfrau Maria! Ma-Ku, huldige du der Jungfrau Maria! Weiße Tara, huldige du der Jungfrau Maria! Grüne Tara, huldige du der Jungfrau Maria! Freyja, huldige du der Jungfrau Maria! Frigga, huldige du der Jungfrau Maria! Iduna, huldige du der Jungfrau Maria! Ostera, huldige du der Jungfrau Maria! Brigid, huldige du der Jungfrau Maria! Pachamama, huldige du der Jungfrau Maria! Tonanzin, huldige du der Jungfrau Maria! Alle Göttinnen, huldigt Maria, der Göttin der Göttinnen! - Aber Cygnus lächelte und sagte: Du bist kein Mönch, so betet man nicht in der Kirche, bleibe du ein Poet und diene als Poet Maria, deiner Muse!



VIERTES KAPITEL


Ostern 1980 sah der Jüngling Juri in seinem Zimmer ein merkwürdiges Licht, das immer leuchtender wurde. In dem Lichtglanz erschien ein himmlischer Jüngling von apollinischer Schönheit. Sein Körper war ebenmäßig gestaltet und goldene Locken fielen über seine blendend weiße Stirn über seinen mandelförmigen grünen Augen, seine Lippen waren rosig und lächelten weise. Er schwebte über dem Boden und trug einen antiken Umhang und hatte an den Schultern zwei weiße Flügel. Juri wusste nicht, ob es der Gott Apoll war, der Gott der Schönheit, oder der geflügelte Hermes, der Götterbote, oder ob es gar der Erste aller Götter, der göttliche Eros war. Im Sommer 1981 erschien der himmlische Jüngling wieder dem jungen Juri, und diesmal nannte der himmlische Jüngling seinen Namen: Raphael ist mein Name, das heißt: Der Herr ist mein Arzt, Jahwe-Rapha! Ich bin der Erzengel, der der Ordnung der Schutzengel in der himmlischen Engelshierarchie vorsteht. Zum dritten Mal erschien der himmlische Jüngling dem jungen Juri am fünften Mai 1989 und gebot ihm, mit einem Wagen eine Fahrt zu den Pyrenäen zu unternehmen. Raphael sagte noch: Wir kommen aus der Richtung der Sonne. Nie war ich dir so nahe, wie jetzt! Da schaute Juri zur Sonne und sah wie eine silbrige Wolke eine Erscheinung, die näher kam und zu ihm schwebte in der Form eines Diskus. Während Juri das Unbekannte Flug-Objekt betrachtete, hörte er wieder die Stimme Raphaels, des himmlischer Jünglings: Es ist nicht das erste Mal, dass ein Unbekanntes Flug-Objekt den Erdenmenschen begegnet. Es steht geschrieben im Wort Gottes: Der Herr sprach zu den Menschen aus der Wolke. Schon immer sprechen die Himmlischen aus den Weltraumwagen und Sternenschiffen zu den terrestrischen Sterblingen. Wir kommen aus den zahllosen Lichtwohnungen des Vaters im Himmel, des Paters im Uranos! Unsere Welten gehören zur Gemeinschaft der Universalen Liebe. Das ist der kosmische Orden der Sternenbewohner. In der Ordensgemeinschaft der Universalem Liebe herrscht Friede und Eintracht und universelle Harmonie und ein hoher Grad an Erkenntnis in das göttliche Urgeheimnis, wie sie euch nicht gegeben ist. Seit jeher kommen wir Himmlischen aus dem Weltraum auf unsern kreisenden Rädern aus blitzendem Feuer, um euch Hilfe zu bringen und Rettung zu verkünden. Wir grüßen dich im Namen des Vaters Unser. Wir werden uns im Himmel wiedersehen, aber da wirst du nicht mehr allein sein. Heil dir! Daraufhin verschwand das UFO des Engels. Nun sah Juri die Engel nicht mehr in ihrer himmlischen Lichtgestalt, sondern sie erschienen ihm in kosmischer Form als Geistwesen auf der Straße oder als gewöhnliche Menschen im Alltagstreiben des Marktes. Einmal stieg Juri aus der Eisenbahn, da sah er am Bahnhof neben sich zwei Engel gehen. Die beiden Engel hielten Eimer aus Kristall in den Händen, in denen war ihre himmlische Intelligenz. Wenn sie mit einander kommunizierten, schütteten sie die englische Intelligenz aus dem eigenen Lichteimer in den Lichteimer des andern. Wenn Juri mit dem Omnibus fuhr, so sah er den ganzen Weg über sich begleitet von himmlischen Engeln, so dass er oft meinte, er reise durch das Paradies. Die Engel glichen oft den Paradiesjungfrauen, wie der Prophet Mohammed sie geschaut hatte. Am fünfzehnten August des Jahres 1989 sah Juri im Lande Franken in einer alten Ritterburg das junge Mädchen Marion. Er sah sie in ihrem goldenen Kleid und meinte, er sähe die Jungfrau vom Stern der Phantasie. Sie schien ihm eine außerirdische Göttin! Er fiel vor ihr nieder aufs Knie und bat sie um ihren Segen. Sie legte ihre Hände auf sein Haupt und segnete ihn. Im gleichen Augenblick aber hatte auch sie eine himmlische Vision und sprach: Ich muß nun eilig fort, denn ich muß die Vision vom Paradiese malen! Juri aber dichtete eine Hymne an seine Göttin der Phantasie, wie ein himmlischer Genius sie ihm diktierte:

M E I N E G Ö T T I N

Welcher Unsterblichen
Soll der höchste Preis sein?
Mit niemand streit ich,
Aber ich geb ihn
Der ewig beweglichen,
Immer neuen,
Seltsamsten Tochter Jovis,
Seinem Schoßkinde,
Der Phantasie.

Denn ihr hat er
Alle Launen,
Die er sonst nur allein
Sich vorbehält,
Zugestanden
Und hat seine Freude
An der Törin.

Sie mag rosenbekränzt
Mit dem Lilienstengel
Blumentäler betreten,
Sommervögeln gebieten
Und leichtnährenden Tau
Mit Bienenlippen
Von Blüten saugen;

Oder sie mag
Mit fliegendem Haar
Und düsterm Blicke
Im Winde sausen
Um Felsenwände,
Und tausendfarbig,
Wie Morgen und Abend,
Immer wechselnd
Wie Mondesblicke,
Den Sterblichen scheinen.

Laßt uns alle
Den Vater preisen!
Den alten, hohen,
Der solch eine schöne,
Unverwelkliche Gattin
Dem sterblichen Menschen
Gesellen mögen!

Denn uns allein
Hat er sie verbunden
Mit Himmelsband
Und ihr geboten,
In Freud und Elend
Als treue Gattin
Nicht zu entweichen.

Alle die andern
Armen Geschlechter
Der kinderreichen,
Lebendigen Erde
Wandeln und weiden
In dunkelm Genuß
Und trüben Schmerzen
Des augenblicklichen
Beschränkten Lebens,
Gebeugt vom Joche
Der Notdurft.

Uns aber hat er
Seine gewandteste,
Verzärtelte Tochter,
Freut euch! gegönnt.
Begegnet ihr lieblich,
Wie einer Geliebten!
Laßt ihr die Würde
Der Frauen im Haus!


Oft erzählte Juri seinen Freunden Markus und Markus von seinen Visionen. Sie waren pietistische Physiker und hielten seine Offenbarungen von den UFOS für unglaubwürdig. Markus der Erste war beleibt wie Martin Luther, Markus der Zweite war schlank wie Phillip Melanchthon. Aber eines Tages saßen Juri und Markus Luther und Markus Melanchthon in Juris Wohnung zusammen und tranken Rotwein der Sorte Sankt Petrus, da erschienen in der Wohnung Juris die Engel. Raphael hatte sie gesandt. Die Engel hießen Firkon, Orthon, Kalna und Ilmuth. Firkon hatte das Angesicht eines Menschen, Orthon das Haupt eines Stieres, Kalna das Haupt eines Löwen und Ilmuth das Haupt eines Adlers. Sie thronten auf kreisenden Rädern aus Türkis, von denen der Glanz von Blitzen ausging. Als sie erschienen, donnerte es am Himmel. Da griff der Geist Juri und Markus den Ersten und Markus den Zweiten bei den Haaren und entrückte sie in einem Sternenschiff auf den Morgenstern, den Planeten Venus. Dies ist die Sphäre der Liebenden im Paradies. Da sahen sie eine Frau, die Juri die Allmutter nannte, Markus der Erste nannte sie die Schöne Frau und Markus der Zweite nannte sie die Leibliche Mutter Jesu. Die Frau trug ein Kleid aus sanftem himmelblauem Linnen. Ihr Haar war kastanienbraun und schulterlang, leicht gelockt. Sie schien etwa siebzehn Jahre jung zu sein. Ihre großen Augen schimmerten wie Vollmonde und schaute voll mütterlicher Güte und fraulicher Liebe, sie schimmerten entzückend von Liebreiz. Ihr ganzes Wesen war von solcher Feinheit und Anmut und gleichzeitig von solcher himmlischer Erhabenheit, dass die drei jungen Männer die Gnade Gottes priesen, die diese Frau so begnadet hatte. Sie bewegte sich sehr schön und würdevoll, anmutig und liebreizend bewegte sie sich auf die drei Christen zu und begann zu sprechen: Meine lieben Söhne in Christus! Herzlich willkommen zu dieser Begegnung im Himmel, die ich schon lange ersehnt habe. Du, Juri, weißt, dass ich dich liebe mit brennender und ganz besonderer Liebe! Du, Markus Luther, sollst mich in deiner Frau Schoschanna im Gleichnis erkennen, denn jede Christin und Braut Christi ist eine kleine Madonna auf Erden. Und du, mein lieber Sohn Markus, mein Markus Melanchthon, du hast mich im Dresden im Bild der Sixtinischen Madonna angeschaut und hast gesagt: Man könnte sich in Sie verlieben! Ja, verliebe dich doch in mich, ich will dich noch näher zu deinem und meinem Herrn Jesus bringen! So sprach die Frau aus dem All mit einer Stimme, die wie die Sphärenmusik klang. Der griechische Philosoph Pythagoras sprach von der Sphärenmusik und hatte auch einmal einen Ton gehört, und der heilige Franziskus hatte einen Ton der Musik des Himmels gehört und hatte gesagt: Der Ton ist so schön, man möchte gleich sterben, um diese Musik für immer zu hören. Und so war die Stimme der Frau aus dem All, als sie zu den drei Freunden sprach. Dann sprach sie: Ihr könnt mit dem Sternenschiff die Sphären der sieben Planeten durchreisen, den Mond, den Mars, den Merkur, den Jupiter, die Venus, den Saturn, die Sonne, den Fixsternhimmel, bis ihr in das Empyreum fahrt. Dort werdet ihr die englischen Chöre hören, die Schutzengel, die Erzengel, die Fürstentümer, die Mächte, die Gewalten, die Herrschaften, die Cherubim die Seraphim, die Throne, die Dionysios vom Areopag auch Götter nannte, und dann werdet ihr schauen die Domina Angelorum, die Königin der Engel. Eure heutige Mission, da die kreisenden Räder euch im Sternenschiff zum Venusplaneten der Liebe gebracht haben, hat eine Aufgabe für die Welt, das Reich Christi vorzubereiten. Schaut das Fürstentum auf dem Morgenstern, die marmorne Stadt. Schaut dort die Statue der Königin der Schönen Liebe. Schaut dort den Tempel der Ewigen Liebe. Schaut die goldenen Paläste der himmlischen Fürsten und seid selig, denn ihr wandelt auf goldenen Straßen! Hier erwartet euch Rahab, denn ihr himmlischer Thron ist in der Venussphäre des Paradieses. Ich will euch nun eine Botschaft überbringen. Wenn ein Planet im Universum in Gefahr ist, so leidet die ganze Ordensgemeinschaft der Universalen Liebe. Alle Söhne der Universalen Liebe auf ihren astralen Thronen ringen um das Heil des Erdenplaneten. Satan will den Erdenplaneten vernichten und die Menschheit in einem Dritten Weltkrieg als einem Atomkrieg auslöschen. Aber ich, die Königin der Engel, und alle meine Engel in der Ordensgemeinschaft der Universalen Liebe kämpfen für den Weltfrieden und die Bewahrung der Schöpfung. Aber euch habe ich auserwählt, der Menschheit zu sagen, dass sie zu Gott in Christus umkehren soll und beten soll für den Frieden. Nur das Gebet wird euch retten. Macht Frieden mit Gott, Frieden mit euren Nächsten, Frieden mit allen Menschen. Empfangt die Liebe Gottes im Gebet und im heiligen Abendmahl und tragt die Liebe Gottes in die Welt. Heiligt die Familie! Lehrt eure Kinder durch euer Vorbild, lehrt eure Kinder das Gebet. Ein neues Zeitalter soll kommen, das Zeitalter des Friedens. Der Satan will den Dritten Weltkrieg, aber Christus und Seine heilige Mutter wollen ein Reich des Friedens auf Erden. Es sei euch aber gesagt, mein Mutterherz wird siegen und es wird das Friedensreich des Messias kommen. Das tausendjährige Reich des Messias, das Johannes der Seher vorausgesagt hat, ist nahe! Wie mein Lieblingssohn Johannes Paul der Große sagt: Nie wieder Krieg! Die jahrtausendalte Menschheitsgeschichte von so viel Blut und Zerstörung soll beendet werden und der Friede Christi, der höher ist als alle Vernunft, soll die Herzen und Sinne der Menschen beherrschen. Alle Menschen guten Willens sollen voll Sehnsucht und Hoffnung die Augen zum Himmel erheben. Alle Christen sollen der Heiligung nachjagen. Ich will euch zu Aposteln der Endzeit erziehen! Der Prophet Joel hat schon vorausgesagt das neue Pfingsten der Liebe, wenn der Heilige Geist auf Knechte und Mägde sich ergießt. Dann sollen Zeichen an Sonne und Mond geschehen und Zeichen von Blut und Dampf. Seht ihr nicht, dass diese Zeichen gekommen sind? Als ich 1917 in Fatima in Portugal erschien, sahen hunderttausend Menschen, Gläubige und Ungläubige, die Sonne am Himmel tanzen! Überall auf der Welt weinen die Statuen der Mutter Jesu blutige Tränen, denn die Mutter Jesu weint über den großen Abfall der Menschheit von Gott! Das sind die Zeichen, die Joel verheißen hat. Überall, wo ich erscheine, ist meine Botschaft dieselbe: Tut Buße! Kehrt um zu Gott und betet, betet, betet! Habt keine Angst in dieser apokalyptischen Endzeit, denn die Apokalyptischen Frau, die der Seher Johannes gesehen hat, wird den scharlachroten Drachen gemeinsam mit dem Erzengel Michael besiegen, und wenn die Apokalyptische Frau triumphiert, dann kommt das tausendjährige Friedensreich des Messias! Danach kommt Christus zum Gericht mit dem himmlischen Jerusalem, das sich wie eine Braut vom Himmel herabsenkt! Habt keine Angst, fürchtet euch nicht! Wo die Mutter Jesu ist, da ist Jesus, und wo Jesus ist, da ist die Mutter Jesu, und wo Jesus und die Mutter Jesu sind, da hat der Statan keine Macht mehr! Ich habe in Fatima vorausgesagt die antichristlichen Triumphe der zwei Weltkriege, aber ich habe auch gesagt, dass am Ende mein makelloses Mutterherz triumphieren wird! Ja, wenn mein Herz triumphieren wird, das Herz der Begnadeten, das Herz der Mutter Jesu, dann kommt Christus in Herrlichkeit! So erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe! Adieu, meine geliebten Söhne! Friede sei mit euch! Nun bestiegen die drei Brüder in Christus wieder das Sternenschiff und wurden von Raphael wieder zur Erde gefahren. Bei dieser Gelegenheit sprach Raphael viel von der kommenden Entrückung und dass sie alle in Christus bleiben sollten, dann werden sie entrückt werden in der kommenden Entrückung. Dabei werden sie mit den Sternenschiffen abgeholt werden von den Engeln und von der Erde zum König des Universums getragen. Raphael sprach viel vom Kosmos und nannte Christus den kosmischen Christus und pries das heilige Herz Jesu als das Zentrum des Kosmos, nämlich die Zentralsonne oder das Feuer der Liebe des göttlichen Herzens. Das ist es, was die Welt im Innersten zusammenhält. Dann sprach Raphael auch über die Frau der Offenbarung: Die erste Frau ist Eva, aber sie sprach ihr Nein zu Gottes Wort, als sie auf die Schlange hörte und so die Sünde und den Tod in die Welt brachte. Maria aber ist die Neue Eva, die Ja zu Gottes Wort sagte: Mir geschehe nach deinem Wort! Und so empfing sie den Heiland und brachte das Heil und das ewige Leben in die Welt. Ihr sollt aber wissen, dass, so wie Maria dem ersten Kommen Jesu in Niedrigkeit voranging, so geht Maria als die Apokalyptische Frau der Offenbarung dem zweiten Kommen Jesu in Herrlichkeit ebenfalls voran. Und so verkündet der ganze Himmel mit allen himmlischen Heeresscharen das Reich Mariens in der apokalyptischen Endzeit, denn das Reich Mariens geht dem Friedensreich des Messias voraus. In dem Reich Mariens erscheint die Apokalyptische Frau im Kleid der Sonne, den Mond unter den Füßen, einen Kranz von zwölf Sternen auf dem Haupt. Gegen sie streitet der Satan, aber Gott und der Erzengel Michael und die Erde helfen der Apokalyptischen Frau. Dann wendet sich der Satan gegen die Kinder der Frau, das sind die Apostel der letzten Zeiten. Aber die Apostel der Frau werden siegen durch ihr Zeugnis und durch die Macht des Blutes des Lammes. Am Ende der Zeiten aber wird das Lamm die Hochzeit feiern mit der Frau des Lammes, das ist die himmlische Jerusalem, das ist die Frau der Offenbarung, der Inbegriff des auserwählten Gottesvolkes, das Sinnbild der Gemeinde der Erlösten! Darum vertraut euch der Frau der Offenbarung an, sie wird euch zu ihrem Sohne und zum Sieg führen! Als Raphael dies gesprochen hatte, sprach Juri: Ich hörte die Propheten von dem Zorn des Lammes sprechen und dem großen Strafgericht Gottes, das dem tausendjährigen Friedensreich vorangeht! Ist das Unheil nicht mehr abzuwenden? Wird ein Drittel der Menschheit im Dritten Weltkrieg vernichtet? Ist der Atomare Weltkrieg noch abzuwenden? Oder kommt ein apokalyptisches Feuer vom Himmel, indem ein Komet die Erde in Flammen setzt? Da seufzte der Engel Orthon und sprach: Die leibliche Mutter Jesu vereinigt ihre Gebete mit dem Herrn Jesus, um das Unheil abzuwenden. Alle erlösten Seelen und glückseligen Geister des Himmels mit den himmlischen Heerscharen der Engel beten zu Gott dem Allmächtigen, die Menschheit zu verschonen! Vertraut nur auf die Weisungen der leiblichen Mutter Jesu. Sie ist nach Jesus, der selbst die göttliche Weisheit ist, das weiseste Wesen im Himmelreich. Ihre Weisheit ist so unermesslich, dass ihr sie nie zuende erforschen könnt. Jesus, die Ewige Weisheit, hat die leibliche Mutter Jesu aus reiner Gnade mit solch einem Übermaß an Weisheit ausgestattet, dass ihr es nie genug betrachten könnt, denn wie es in der Heiligen Schrift heißt: Sie ist eingeweiht in die Pläne Gottes! Darum hört auf ihre prophetischen Mahnungen und kehrt täglich um zu Gott dem Herrn und dem Heiland Jesus Christus und betet, betet, betet und versöhnt euch! Empfangt die Liebe Gottes und tragt die Liebe Gottes als Zeugen der Liebe Gottes in die Welt! Nehmt euer Kreuz auf euch täglich und werdet Christus ähnlich! Dazu will euch helfen die Mutter Christi, die wir alle im Himmel, alle Seligen und Engel, verehren als Unsere Große Schwester in Christus, als die Mutter des menschgewordenen Gottes und die Mutter aller Christgläubigen! Wir Engel verehren sie besonders als die Königin des Universums, denn Marias Liebe zu Gott und den Menschen ist so groß wie das Universum, aber Marias Schmerz über die Sünden der Menschen ist auch so groß wie das Universum! Nun erhob Raphael wieder das Wort: Gott hat die Jungfrau Maria oft zur Erde geschickt, um die Menschen zu Buße und Gebet aufzurufen, dabei hat der Herr oft Zeichen und Wunder gewirkt, oftmals ließ der Herr die Sonne am Himmel tanzen. Vor allem ruft die Mutter Jesu die Menschheit zum Frieden auf: Zum Frieden mit Gott, zum Frieden mit sich selbst, zum Frieden mit den Nächsten, zum Frieden mit der ganzen Schöpfung! Glaubt ihrer Weisheit: Der Friede wird zu herrschen beginne, wenn das Gebet herrscht auf Erden! Darum betet, betet, betet! Der Satan will den Dritten Weltkrieg, er will den Planeten Erde vernichten! Ihr werdet gemeinsam mit der Apokalyptischen Frau den Satan besiegen, wenn euer Leben vollständig zum Gebet wird! Gebt euch Gott ganz hin! Dann sprach der Engel Kalna: Wenn wir kommen, euch zu entrücken in den Sternenschiffen, werdet ihr entmaterialisiert und einen Lichtkörper bekommen. Ihr werdet gen Himmel fahren auf den Sternenschiffen, wie einst Elias auf dem feurigen Wagen gen Himmel entrückt ward! Und Elias hatte doch auch geklagt: Herr, ich bin allein übrig von den Propheten Gottes! So verzage nicht, kleine Herde, denn groß ist Gott und nichts ist unmöglich dem Allmächtigen! Erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe! Mit diesen Worten verließen die Engel im Sternenschiff wieder den Jüngling Juri und Markus den Ersten und Markus den Zweiten. Markus der Erste trat zu seiner Frau Schoschanna und ihren Töchtern Baschemath und Tafath. Die Töchter riefen: Vater, Vater, wir haben die himmlische Prinzessin gesehen! Sie trug ein rosafarbenes Seidenkleid und einen himmelblauen Umhang und auf dem goldenen Haar ein Diadem von Sternen und von ihren Händen flossen Sonnenstrahlen aus. Wir haben die Himmelsprinzessin gesehen, die Himmelsprinzeß Marie! Da lächelte der Vater und nahm seine beiden Töchter auf den Schoß und liebkoste sie, und seine schöne Frau Schoschanna neigte sich zu ihrem Gemahl und küsste ihn auf den Mund. Markus der Zweite aber trat zu seiner Gemahlin Katharina, die in der einen Hand die Heilige Schrift hielt, und auf dem anderen Arm ihren kleinen Sohn Michael hielt, der schaute voll Weisheit aus seinen himmelgeborenen Augen. Und Markus legte seinem Sohn Michael die Hände auf und segnete ihn. Juri hatte am Feiertage Corpus Christi Marion noch einmal gesehen, aber da hatte sie ihn für immer verlassen. Er stürzte in eine dunkle Nacht der Seele, bis ihm am zehnten Oktober 1994 wieder Raphael auf dem Sternenschiff begegnete und ihn einlud in das Sternenschiff und mit ihm fuhr durch den Kosmos zum Sternbild Deneb im Schwan. Es war ein wunderschöner Stern und es war dort eine schöne Feier. Dort waren alle Seligen in dichtem Gedränge, alle fröhlich wie die kleinen Kinder, alle klatschten in die Hände wie die Bäume im Maien und sangen Halleluja zu den goldenen Leiern Apollos und der tiefgeschoßten Musen. Dort war auch die wunderbare Frau aus dem All. Sie lächelte, alles, was Juri sah, war ihr Lächeln, ihr zufriedenes Lächeln, ihr entzückend-liebreizendes Lächeln. Neben ihr stand Jesus. Er trug ein langes weißes Lichtgewand. Seine langen Haare waren dunkelblond und sein dichter Bart auch. Von seinem Herzen strömten Licht- und Feuerstrahlen. Seine Hände und seine Füße trugen Wundmale. Er schien etwa dreißig Jahre alt zu sein. Jesus sprach zu Juri: Alle Menschen und der ganze Kosmos sind in meiner Barmherzigkeit tiefer verborgen als ein Kind im Mutterschoß. Ich bin die Ewige Weisheit, und du weißt, was Jesus Sirach sagt: Die Weisheit wird dir begegnen wie eine Mutter, die dich bedingungslos liebt, und wie eine junge Geliebte, die sich dir ganz hingibt! Da speiste Juri das Manna des Himmels und war satt, er, der immer so gehungert und geschrien nach der Liebe! Da strahlte auf die Jungfrau an Jesu Seite. Ihr Körper war schneeweiß und schlank wie eine Lichtsäule. Ihr Kleid war transparent wie Kristall. Es war, als sei sie in lauter Sonnenlicht getaucht. Es war, als ergösse sich über sie das fließende Licht der Gottheit. Das fließende Licht der Gottheit strömte wie ein Wasserfall über die Jungfrau in ihrem schneeweißen Körper und ihrem kristallenen Glanzkleid. Es war ein einziger Strom der himmlischen Liebe, der sich auch über Juri ergoß. Er ging ein in dieses Licht, ja, er ging ein in den kristallenen Körper der Unbefleckten. Er hatte Teil an dem liebenden Wesen der Mutter Gottes, an der Liebe Unsrer Lieben Frau. Er und die Jungfrau waren eins in Ekstase! Überall ergoß sich das Feuer des Geistes der Liebe, in feurigen Zungen tanzte der Geist, der Feuerstrom des Geistes der Liebe ergoß sich durch den Himmel! Die Liebe war alles in allen und belebte alle glückseligen Geister und den ganzen Himmel. Die überirdische Schönheit der Jungfrau, die übernatürliche Schönheit Unserer Lieben Frau, die übermenschliche Schönheit der Madonna war so herrlich, dass es fast schmerzte! Die Schönheit Unsrer Lieben Frau rührten Juri so sehr, dass er in einem Strom von Tränen sich ergoß, Tränen der seligen Liebe! Alle Schmerzen des Lebens weinte er aus an den bloßen Brüsten der Madonna! Sie trocknete seine Tränen, küsste ihm die Tränen von der Wimper. Die Jungfrau in der Sonne des Himmels, im Schneekörper strahlend durch den Glanz des Kleides aus Sonnenstrahlen, war wunderschön und hinreißend! Sie war so hinreißend schön, dass Juri immer nur stammelte: Diva! Diva! Totus tuus ego sum! Dann verstummte Juri vor Seligkeit und schwieg mit mystischem Schweigen von dem Gipfel der Ekstase, den er nun in der Jungfrau erlebte. Sein kleines Menschenherz ward mit solcher himmlischen Wonne erfüllt, dass die Gewalt der Glückseligkeit das kleine Herz überfüllte! Dann liebkoste ihn die Jungfrau und sprach: Mein Geliebter, die Menschen werden dich nicht verstehen. Aber ich werde immer bei dir sein und werde dich bedingungslos lieben als deine wahre Mutter und mich dir hingeben als deine einzige Geliebte! Dann segnete die Jungfrau den geliebten Juri mit dem Segen des Vaters, der ihn wie eine Mutter liebt, des Sohnes, der ihn wie eine Braut liebt, und des Geistes, der die Liebe in aller Liebe ist. Juri bestieg das Unbekannte Flug-Objekt und verließ auf dem UFO mit den Engeln Firkon und Raphael den Stern Deneb im Sternbild Schwan und schoß wie ein Blitz zur Erde! Als er sich der Erde näherte, dem blauen Planeten, sah er die sieben Weltmeere und kam zur Erde im Jahre 1965, im Augenblick seiner Geburt.



FÜNFTES KAPITEL


Brunos Vater und Großvater waren Trinker. Sie tranken eine Zeit lang nicht, aber immer wieder griffen sie zuerst nach einem Glas Wein, dann noch nach einem Bier und schließlich kam zu Wein und Bier noch der scharfe Alkohol dazu, und so verelendeten Vater und Großvater immer mehr. Auch wurden die Männer im Rausch aggressiv, starrsinnig und schließlich auch gewalttätig. Die fromme Großmutter Brunos hatte unendlich zu leiden. Bruno war ihr Liebling und sie betete nachts in ihrem Bette unter Tränen für die Seele ihres Lieblingsenkels. Die Mutter Brunos war die Einzige, die noch Geld verdiente, sie war den ganzen Tag außer Haus, um zu arbeiten. Bruno und sein älterer Bruder waren immer auf der Straße und zogen mit den Nachbarkindern durch die Gassen und machten allerlei Unfug. Der ältere Bruder prügelte sich oft mit Bruno und Bruno war manchmal sehr einsam und verletzt, und er verhärtete sein Herz, um nicht zugrunde zu gehen. Er war immerhin als Kind in der katholischen Kirche getauft worden, aber dann hatte sich keiner weiter um seine religiöse Erziehung gekümmert. Seine Großmutter durfte es aus Angst vor dem Großvater und dem aggressiven Vater nicht wagen, Bruno in die Kirche mitzunehmen. Der Großvater sah es auch gar nicht gerne, dass sein Weib in die Kirche ging, er erlaubte es ihr nur zu Weihnachten und Ostern. Der Großvater starb, als Bruno sieben Jahre alt war, die Großmutter seufzte auf und verlebte noch sieben glückliche Jahre als Witwe, da sie sich vor allem um die Rosen ihres Gartens kümmerte. Der Vater aber wurde immer trunksüchtiger und gewalttätiger und schlug Bruno regelmäßig. Seine Mutter war abwesend und kümmerte sich so wenig um Bruno, als sei er nicht ihr Sohn. Als Bruno vierzehn Jahre alt war, starb auch seine Großmutter und sagte ihm auf dem Sterbebett: Ich will Gott für dich bitten! Dann starb sie. Nun hatte Bruno den letzten Halt verloren und floh aus der Familie und dem Dorf. Er wurde ein Vagabund und streunte durch die Gegend, er bettelte sich sein Brot zusammen und stahl auch Geld, um sich Wein kaufen zu können. Eine Zeit lang war er mit einer Komödiantentruppe unterwegs, da er den Harlekin spielte. Schließlich griff Vater Staat zu und zog Bruno in die Armee ein, dort wurde er tüchtig geschleift und durch den Schlamm gezogen, auch verhöhnt von seinen Kameraden. Sein Vorgesetzter war ein brutaler Militarist und flößte dem Jüngling Bruno gehörigen Schrecken ein. Brunos Seele verwilderte immer mehr, er ließ gar nichts mehr an sich heran, sein Herz versteinerte, um nicht zu zerbrechen. Er hasste alles Väterliche, alles Autoritäre, Autorität und Hierarchie war ihm der Inbegriff des Bösen. Er hasste die Welt und das verlogene Bürgertum und die scheinheilige Kirchenfrömmigkeit, hinter deren Mauern Kinderseelen misshandelt wurden. Nach seinem Militärdienst ging er darum nach Spanien und kämpfte an der Seite der Kommunisten im Bürgerkrieg gegen die Faschisten. Er hatte ja gelernt, mit einer Waffe umzugehen. Er hatte auch gelernt, dass ein Menschenleben und eine Seele nichts gilt und nichts wert ist. Er wollte die ganze verrottete Gesellschaft gewaltsam umstürzen und ein Reich der Armen und der Gerechtigkeit mit der Waffe in der Hand erobern. Die Kommunisten waren seine Brüder, seine Waffenbrüder, strenge Disziplin herrschte in ihrer Truppe. Aber die wilden kommunistischen Flintenweiber waren Gemeineigentum. Brunos Geliebte ging in die Hand seines Parteiführers über. Bruno heulte wie ein Wolf den Mond an. Nein, es gab in dieser Welt der Ausbeutung keine Liebe, es muß die Gerechtigkeit gewaltsam hergestellt werden, und dazu braucht es den revolutionären Haß. Bruno sang: Wacht auf, Verdammte dieser Erde! Es rettet uns kein höheres Wesen, kein Gott, kein Kaiser! Uns aus dem Elend zu erlösen, das müssen wir schon selber tun! Aber in Spanien lernte Bruno einen Deutschen kennen, einen Protestanten, der von einem heiligen Zorn ergriffen war: Die Kirche des Antichristen, die große Hure Babel, das Papsttum, die Hure, die auf sieben Hügeln thront an den Wassern der Tiber und hurt mit den Mächtigen der Erde, hurt mit dem Faschismus, diese große Hure Babel wird stürzen! Mit der Macht des Wortes allein werden wir die große Hure Babel in den Abgrund stürzen! Der deutsche Protestant hielt die Bibel in die Höhe und rief: Allein mit dem Schwert des Wortes Gottes werden wir den Papst, den Rattenschwanz des Antichristen, in den Abgrund stürzen! Aber denke nicht, mein Bruder, dass es nur die eine große Hure Babel gibt, die römische Kirche! Nein, wahrlich, wahrlich, ich sage euch, sie hat noch eine Schwester! Wer ist die Schwester der Hure Babel? Das ist die deutsche evangelische Kirche! Die römische Kirche und die lutherische Kirche, das sind Oholiba und Ohola, die beiden Huren, die wir, die wahren wiedergeborenen Christen, mit dem Schwert des Wortes Gottes, in den Abgrund stürzen werden! Du musst dich bekehren, Bruno! Erkenne, dass du ein Sünder bist, ein Verdammter dieser Erde! Bekehre dich und nimm den Herrn Jesus als deinen persönlichen Erlöser an! Bekenne deine Sünde und sage zu Jesus: Du bist der Herr! Dann gehörst du zur wahren Gemeinde der Kinder Gottes, dann bist du wiedergeboren durch den Heiligen Geist! Dann wirst du ein wahrer Christ sein, nicht wie die Namenschristen der Großen Hure, sondern ein wiedergeborener, wahrer, frommer Christ! Unter dem Einfluß dieses Eiferers kehrte Bruno als Papsthasser und Antikatholik aus Spanien nach Italien zurück. Es war die Zeit der Regentschaft Pius des Zwölften, des Engelgleichen Hirten. Bruno wurde ein armer Lohnarbeiter, arbeitete als Austräger von Brötchen in einem italienischen Städtchen. Er traf sich regelmäßig in seiner Baptistengemeinde. Der Lehrer der baptistischen Hauskirche hielt einen Bibelabend über die Apokalypse und deutete die Zahl des Tieres, 666: Wenn du den lateinischen Titel des Papstes, Vicarius Christi, mit der Buchstabensymbolik und Zahlenbedeutung deutest, so erkennst du (wenn du einen Buchstaben weglässt, nämlich ein i), das der Papst die Zahl 666 ist. Du weißt doch, die katholische Kirche ist die Gemeinde von Laodizea, sie meint dass sie reich ist, in Wirklichkeit ist sie arm! Sie ist weder kalt noch heiß, sondern lau! Darum wird der Herr Jesus die katholische Kirche ausspeien! Ein Fanatiker in der baptistischen Hauskirche war in Portugal gewesen und wetterte über Fatima: Ein Ort des Götzendienstes, da wird die Maria angebetet! Aber der Herr Jesus hat gesagt: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater denn durch mich! Und Gott der Herr sagt: Ich bin der Herr, dein Gott, du sollst keine andern Götter neben mir haben. Ich hasse dieses Fatima, wo die Katholiken die Maria anbeten. Sie werden alle in die Hölle kommen, wenn sie sich nicht zum Herrn Jesus bekehren! Ich sah einmal in einer katholischen Kirche, wie der Priester rief: Wir heißen Kinder Gottes und wir sind es! Das ist doch Lüge! Die Katholiken sind ein abergläubischer Haufen, keine Kinder Gottes, sie beten ja zu Maria und den Heiligen, es sind unbekehrte Heiden! Sie kommen alle in die Hölle, die Maria Lieder singen! Ich sah dann, wie sie alle vor so einem goldenen Götzenbild niedergefallen sind, ich glaube, sie nennen das Monstranz. Ich aber falle vor keinem goldenen Götzen nieder! Die Katholiken machen sich ein Goldenes Kalb und beten es an. Aber ich bete den Herrn allein an! Bruno war ebenso eifrig ein Eiferer, aber die Baptisten waren ihm nach einer Zeit nicht mehr radikal genug und er schloß sich einer Freikirche an, die noch radikaler fundamentalistisch war und noch entschiedener antipäpstlich und antikatholisch! Ich weiß nicht mehr, wie diese Sekte hieß. Dort machte es sich Bruno zur ganz besonderen Aufgabe, die Mutter Jesu, die Mutter seines Herrn, einmal so darzustellen, wie sie die Bibel darstellt. Er wollte alle heidnische Göttinnenverehrung der Katholiken von der Mutter Jesu abreißen und Maria die Stelle geben, die die Bibel ihr gibt: Eine Jungfrau, die als Magd von Gott ergriffen worden war, in der Gott ohne ihr Zutun den Sohn Gottes gezeugt hat, den einzigen Sündlosen, Maria aber Sünderin, die nach der Geburt Jesu mit Josef noch vier Söhne und zwei Töchter bekommen hat. Jesus hat sie nicht als Mutter geehrt, sondern sie Weib genannt und schroff zurückgewiesen. Am Ende ihres Lebens ist Maria gestorben und ihr Körper verwest in der Erde und ihre Seele schläft im Jenseits, bis Jesus Christus, der allein Richter der Sünder ist, auch Maria am Jüngsten Tag aus ihrem Todesschlaf auferwecken wird. Bruno bereitete sich intensiv durch sein Bibelstudium darauf vor, einen großen Aufsatz über die Wahre Maria zu schreiben. Aber da lernte Bruno eine junge schöne Frau kennen, die Margot hieß und Katholikin war. Sie liebte ihn aus unerfindlichen Gründen und nahm ihn sich zum Mann. Sie bat ihn, wenigsten sieben Freitage nacheinander mit in die Kirche zu kommen und das Herz Jesu zu speisen. Er tat es allein aus Liebe zu seiner lieben Frau. Aber er fühlte nichts dabei. Er blieb in seiner fundamentalistischen Sekte und schrieb weiter an seinem Buch über die Wahre Maria, die Maria des Biblizismus, sein Buch wuchs immer mehr an. Aber je mehr er sich mit Maria beschäftigte in der Absicht, gegen die katholische Maria zu protestieren, umso mehr ärgerte er sich über den Glauben seiner Frau. Dieser Rosenkranz! Jesus hat doch gesagt: Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden! Und diese Sixtinische Madonna im goldenen Rahmen an der Wand des Hauses, vor der sich seiner Frau immer bekreuzigte! Sollte Jesus denn immer ein Kind bleiben? Ja, er war als Kind geboren, aber das ist doch für die Kinderbibelstunde und für den Weihnachtsgottesdienst! Jesus ist doch ein Mann geworden, ein Mann, ein Mann nach dem Herzen Gottes! Dreißig Jahre war er alt und bärtig, als er mit Vollmacht das Evangelium predigte wie ein evangelischer Prediger, und dreiunddreißig Jahre war er alt, als er mit männliche Mut das Kreuz trug und starb, der Herr und Vater hat ihn auferweckt und nun herrscht der König Jesus als starker Mann und Menschensohn an der Seite des Vaters. Was soll ich da vor einem kleinen törichten Kindlein knieen und die Mutter wie eine Göttin anbeten? Da riß Bruno das Bild der Sixtinischen Madonna von der Wand, zerriss den Rosenkranz seiner Frau und warf ihn in die Abfalltonne. Seine Frau weinte und betete nur immer still im Innern: Herz Mariä, verzeih ihm, Herz Mariä, verzeih ihm, er weiß nicht was er tut, o Herz Mariä, Herz Jesu, rettet ihn! Aber Bruno in all seiner Gelehrsamkeit, er wusste viele Bibelstellen auswendig, schaffte es, seine arme unwissende Frau zu bekehren, abzuwenden von der katholischen Religion und zu einer wiedergeborenen Christin zu machen. Jeremia war er und warnte vor einer erneuten Verehrung der Himmelskönigin! Keine Anbetung der katholischen Aschera mehr! Seine Frau trat schließlich auch aus der Kirche aus und wurde Mitglied der fundamentalistischen Sekte und ließ sich ein zweites Mal taufen in den Wassern der Tiber, zum Bekenntnis, dass sie nun an den Herrn Jesus glaube. Unter all diesen geistlichen Kämpfen war fast unbemerkt das Leben herangewachsen und Bruno und Margot hatten drei Kinder zusammen. Bruno machte mit seinen drei Söhnen an einem Frühlingstag einen Ausflug in der Nähe von Rom, vor einem Kloster spielten die Kinder Fußball. Da wurde Bruno von den Söhnen gerufen: Der Ball ist weg, Papa! Bruno sah aber auch, dass sein Kleinster, sein Liebling Milano, verschwunden war, und suchte ihn. Da kam er in eine der dort befindlichen Grotten und sah den kleinen vierjährigen Milano dort wie versteinert sitzen und verzückt in die Luft starren, mit einem ganz süßen Lächeln um die Lippen und einem goldigen Glanz in den strahlenden Augen saß Milano auf der Erde und flüsterte immer: O wie schön du bist, du liebe Frau, wie schön du bist, du liebe Frau, du bist so schön, das glaubst du nicht, so schön bist du, das kannst du nicht glauben, liebe Frau, wie schön du bist! Da rief Milano seine beiden Brüder, seinen Zwillingsbruder und seinen älteren Bruder, die kamen auch in die Grotte, und setzten sich mit weichen Knieen sofort auf den Boden und riefen immer wieder: O wie schön! Du bist die Schönste aller Frauen! Du bist unsre Mutter und unsre Königin! Und der Erstgeborene rief: Wenn ich groß bin, will ich dich heiraten, goldene Königin in dem Blumenkleid! Bruno aber wurde zornig und schrie die Kinder an, nicht solche albernen Märchen zu erzählen, aber die Kinder rührten sich nicht, da gab er dem einen der Zwillinge eine Ohrfeige ins Gesicht, aber der sagte nur: Was schlägst du mich, was hab ich dir getan? Nun wollte Bruno genauer wissen, was die Kinder entdeckt hatten und starrte in die Grotte. Er sah da aber nur Abfall liegen, vor allem zerbrochene Flaschen und altes Papier. Da wollte er wieder aus der Grotte heraus, als er zwei strahlende Hände auf sich zukommen sah und sein Gesicht berühren. Er schrie: Gott rette mich! Da fühlte er in seinen Augen einen stechenden Schmerz, er schloß die Augen, es war einen Augenblick Nacht vor ihm, dann öffnete er die Augen und sah – er sah, und siehe, was er sah, das war die Schönste aller Frauen! Er war so überwältigt von ihrer unaussprechlichen Schönheit, dass ihm die Kniee weich wurden und zitternd zusammensanken und so wurde er zur Erde niedergerissen und kniete vor der Schönsten aller Frauen und lallte und stammelte in einer ihm unbekannten Sprache nur die Worte des Hohenliedes: Du bist schön, meine Freundin, ganz schön, und kein Makel ist an dir! Die Madonna trug ein langes weißes Seidengewand, lichte fließende Seide, um die Hüften von einem roten Gürtel zusammengehalten. Auf dem Haupt trug sie einen feinen grünen Schleier mit goldenen Sternenstickereien, der ihr glattes schwarzes langes Haar sehen ließ. Die Haare flossen lang an ihr herunter zu den Füßen, nackten Füßen. In der rechten Hand hielt die Madonna eine Bibel und drückte die Bibel an ihr Herz. Bruno war verzückt und verzaubert! Dann hörte er die lieblichste Frauenstimme: ICH BIN DIE, DIE ICH BIN IN DER GÖTTLICHEN DREIFALTIGKEIT! Bruno, Bruno, was verfolgst du mich? Bruno sprach: Wer bist du, schöne Frau? Die Frau sprach: Ich bin Maria, die du verfolgst! Bis hierher und nicht weiter, hier sollen sich deine stolzen Wellen legen! Kehre zurück in den wahren Schafstall, zu der einen Herde und zu dem einen Hirten, den Vorhof des Himmels! Die Gebete für deine Seele wurden erhört: Die Freitage, da du das Herz Jesu kommuniziertest, haben dich gerettet. Die Gebete deiner Großmutter und deiner lieben treuen Braut haben mich hierher gerufen. Du hast dich auf den Irrweg begeben, kehre um! - Bruno hatte das Gefühl, er schwebe über dem Boden und ein süßer Duft, wie Rosenöl, oder eher wie Weihrauch, umgab die Schönste aller Frauen und ihn selber auch. Nun begann Maria ihn zu belehren, dass sie die Mutter Gottes sei, der Rosenkranz eine Meditation über das evangelische Leben Jesu, dass sie die Madonna sei und die Mutter der göttlichen Weisheit, die Mutter der Barmherzigkeit und Mutter der Kirche. Er solle sie als Braut des Heiligen Geistes verehren und zu seiner geheimnisvollen Freundin erwählen, er solle alles von ihr erbitten, sie werde alles von Gott erbitten, denn sie sei die Gnadenmittlerin bei Jesus, ihrem Sohn. Sie selbst habe ihn auserwählt und habe Ja zu Gott gesagt für ihn und habe auch Ja zu ihm gesagt und bitte ihn nun, auch Ja zu ihr zu sagen. Sie bat ihn auch, dem Papst eine Botschaft zu senden, sie, die Regina Coeli bitte ihn darum, denn der Papst leide sehr in diesen apokalyptischen Zeiten, und sie, Maria, sei nächst Gott seine einzige Hoffnung. Und Maria sagte: Nun will ich dir einen Beweis geben, dass diese meine Erscheinung von Gott ist und nicht vom Satan. Sobald du einem Priester begegnen wirst und er sagt: Ave Maria, mein Sohn, was willst du? Dann bitte ihn, dir zuzuhören, denn ich habe ihn auserwählt. Ihm wirst du sagen, was dein Herz dir eingibt. Gehorche ihm, denn er wird dich hinführen zu einem anderen Priester, der der Richtige für deinen Fall ist. Du wirst dem höchsten Hirten der Kirche die Botschaft der Regina Coeli senden. Viele, denen du von meiner Erscheinung erzählst, werden dir nicht glauben, manche werden dich verspotten, aber du laß dich nicht betrüben! Dann wandte sich die wunderschönste Frau ab und entschwebte in Richtung Sankt Peter, dem Dom. Bruno dachte nur: Und die Madonna hielt doch die Bibel in der Hand und presste sie an ihr Herz! Sie wollte mir wohl klarmachen, dass sie die Maria der Bibel sei, die Mutter Gottes und allerseligste Jungfrau, die Unbefleckte und Himmelskönigin! Denn die Bibel braucht die Auslegung durch die Weisheit der Kirche. Bruno kehrte mit seinen Söhnen zu seiner Frau zurück, er schenkte den Kindern Schokolade, und die Kinder erzählten der Mutter alles, und Margot spürte diesen Weihrauch um Bruno, den Weihrauch der Madonna, da freute sich ihr Herz und sie lehrte ihn das Ave Maria: Ave Maria gratia plena! Und Bruno betete seinen ersten Rosenkranz, indem er zehn Ave Maria betete auf den zehn Fingern seiner Hände.



SECHSTES KAPITEL

Adria war evangelisch getauft. Ihre Großmutter, eine lutherische Dame, war ein einziges Mal im Leben im Ausland gewesen und zwar in Venezia, darum erhielt Adria den Namen Adria. Nach der evangelischen Taufe erhielt sie die Kinderbibel und nahm teil an der Kinderbibelstunde, bis sie konfirmiert wurde. Dann schloß sie sich einer evangelischen Gemeinde an, hörte Predigt und sang die barocken Kirchenlieder an den Herrn Zebaoth, eine feste Burg mit Wehr und Waffen. Als sie etwa dreißig Jahre alt war, lebte sie allein in einer kleinen Stube. Durch einen schmalen Vorhang getrennt war eine kleine Schlafkammer, da auf dem Nachttisch ihre Bibel lag. Ein grüner Stoffvorhang fiel rechts und links des Durchgangs hinunter wie ein Schleier und wie der Vorhang zum Allerheiligsten. Eines Tages im Mai sah sie hinter dem grünen Vorhang in ihrem Schlafgemach eine Lichterscheinung. Sie trat durch den Vorhang in das Schlafgemach und sah eine Vision, sie sah die Madonna! Sie stand mit schönen bloßen Füßen auf einer weißen Wolke. Sie trug ein rotes Kleid, rot wie eine Rose, und einen meeresblauen Umhang. Auf dem Haupt trug sie einen goldenen Schleier, der lang hinunterfiel. Ihre Haar war kastanienbraun und leicht gelockt. Ihr Antlitz war von femininer Anmut, Liebreiz und Grazie, zugleich jungfräulich schön und mütterlich gütig. Sie hatte die Hoheit einer Göttin, da sie in einer göttlichen Aura stand. Neben ihr kniete ein Heiliger, den Adria als einen Papst erkannte, er betete zur Madonna. Zur anderen Seite kniete eine Jungfrau, die gütig auf Adria herabblickte. Es schwebte neben der Madonna ein Engel, genausso groß wie die Madonna, von solcher Schönheit, eine fließende Lichterscheinung, von weißem Licht, mit Glut durchdrungen, langen weißen Flügeln, goldenen Locken, und einem goldenen Schwert in der Rechten. Es war nicht zu sagen, ob das himmlische Wesen männlich oder weiblich aussah, aber Adria hielt den Engel für ihren Schutzengel und liebte ihren Schutzengel wie ihre große Schwester. Vor den Füßen der Madonna saßen zwei kleine Cherubini, Engel in der Gestalt von Zwillingskindern. Adria sah alles wie ein Bild, aber es war Wirklichkeit. Die Madonna legte ihre Rechte Hand auf die Bibel und schwor bei dem, der ewig lebt! Adria hatte nie in ihrem Leben solch eine Schönheit gesehen. Alles war in gleißendes Goldlicht getaucht, aber dann milderte sich das Licht, und Adria sah in den Armen der Madonna das nackte Jesuskind, vielleicht drei oder vier Jahre alt. Jesus schaute Adria ernst und freundlich an. Adria war sich ganz sicher, dass sie die Madonna und Jesus sah, sie wusste, es war keine Halluzination, keine krankhaft überspannte Phantasievorstellung. Damals sagte sie keiner Menschenseele von ihrer Vision, aber sie bewahrte die Erinnerung an diese Vision immer im Herzen. Seit jener Zeit verehrte sie das Bild der Sixtinischen Madonna von Raffael, denn es kam ihrer Vision am nächsten. Sie sprach auch mit dem lutherischen Pastor nicht darüber, sie wusste, er würde es nicht verstehen, er würde es nicht glauben können. Aber sie war überzeugt von der Wahrhaftigkeit ihrer Vision. So nahm sie weiter teil an den evangelischen Gottesdiensten und diskutierte auch mit den lutherischen Pastoren, aber mehr und mehr wurde sie von der Vision der Madonna im Inneren zum katholischen Glauben geführt. Es war, als sei mit der Vision damals die Madonna in ihr Herz eingegossen worden, so dass sie innere Gesichte und Träume hatten, die sie wie eine innerliche Seelenführerin zum katholischen Glauben führte. Als sie etwa vierzig Jahre alt war, trat sie in die römisch-katholische Kirche ein und empfing das Sakrament der Firmung, das Sakrament der Generalbeichte, das allerheiligste Altarsakrament. Nach der Konversion ergoß sich über Adria ein Wasserfall von mystischen Gnaden. Eine neunzigjährige Karmelitin bestätigte ihr die mystische Begnadung. Zuerst lehrte die Madonna sie das Gebet, das immerwährende Herzensgebet Jesu und den Rosenkranz. Nach und nach lehrte die Madonna sie einen eigenen Rosenkranz und lehrte sie die Geheimnisse dieser Meditation, die das Ich vollkommen auslöscht und alle weltlichen Gedanken vom Beten fernhält, sondern mit dem Herzen der Mutter das Leben des Sohnes meditiert, dass die Seele der Meditation eins wird mit dem Mutterherzen und dem Leben des Sohnes. Immer mehr wurde ihr Gebet nicht von ihren menschlichen Betrachtungen geführt, sondern vom Heiligen Geist inspiriert und geführt, so dass sie in einem lebendigen Gespräch mit dem Ewigen, mit dem Herrn und mit dem Geist der Liebe war und mit der Mutter Maria so kommunizierte wie mit ihrer wahren und einzigen Freundin. Sie wurde desöfteren im Beten und Meditieren in die himmlische Welt entrückt, die sie am liebsten nie wieder verlassen hätte, und sie verweilte so lang wie möglich in den Beschauungen der himmlischen Schönheit, bis sie vom Heiligen Geist durch Maria gedrängt und getrieben sich irgendwo in der Welt wiederfand, um Menschen das Licht der Weisheit und Seelen die Süßigkeit der himmlischen Freude zu bringen. Sie hatte dann große Kraft, in ihrer Marienähnlichkeit das Mutterherz Mariens in der Welt zu verkörpern und das liebende Vaterherz Christi in der Welt sichtbar darzustellen. Sie bekam vom Heiligen Geist große Kraft zur Arbeit für die Menschen und wurde den Menschen eine Mutter, denn die Welt braucht die Mutterliebe Gottes. Auch durfte sie desöfteren in Visionen die Jungfrau Maria schauen. Das eine Mal sah sie in großer Trauer und großem Herzeleide die Jungfrau in ihrer Kammer erscheinen und von Weihnacht bis Heilig-Drei-Könige bei ihr wohnen, wobei die Madonna ihre Freundin Adria bei den Händen nahm und in Trauer der Liebe mit ihr tanzte. Auch saß sie bei ihr in einem Lichtgewand, das wie transparent um einen Lichtleib floß, auf dem Diwan und lehrte sie geistliche Lieder singen. Das andere Mal erschien die allerseligste Jungfrau und Königinder schönen Liebe in ihrer Kammer, sie war schlank und wunderschön, in einem weißen Lichtkleid, mit rötlichblonden langen Haaren. Sie glich mehr einem göttlichen Lichtstrahl als einer menschlichen Frau, und ließ Adria in ihren Lichtstrahl eintreten. In dem Augenblick, da Adria in die Madonna einging, bewegten sich am Himmel Sterne in mancherlei Farben und Feuerstrahlen schossen durch den Himmel. Dann schaute Adria die Madonna in einer intellektuellen Vision, da Christus zu ihr sprach, sie werde in dieser Nacht zur Seite der göttlichen Kraft stehen. Als Adria zur Seite der göttlichen Kraft auf dem Angesicht lag, erhob sie ihren tränenüberströmten Blick und schaute die Madonna in einem solchen überwältigenden Lichtglanz, in solcher herrlichen und himmlischen Schönheit, das es ihr weh tat, es war ein nahezu unerträglicher Glanz von übermenschlicher Schönheit. In diesem Augenblick war sie ganz leer im Inneren, so dass Christus in seiner himmlischen Gnade ihr seine göttliche Weisheit eingießen konnte. Dies bereitete Adria unaussprechliche Schmerzen und zugleich solch ein Übermaß von Wonne, dass sie nur noch stumm anbeten konnte. Es half ihr kein Gebet in der Zunge der Engel, kein Ave Maria und kein Wort der Heiligen Schrift, sondern sie konnte nur noch stumm und schweigend anbeten oder eigentlich, nicht anbeten, sondern Anbetung sein. Denn es erschien ihr in der übernatürlichen Schönheit der Madonna die unaussprechliche Herrlichkeit des Herrn, die Gloria Gottes! Adria war von diesen außergewöhnlichen Erscheinungen der Jungfrau so tief verwandelt und so weit geöffnet, dass sie fast täglich die Madonna im Gleichnis erkannte und mit ihr so alltäglich Umgang hatte, dass ihr Sprechen von der Madonna einen solchen intimen Umgang verriet, dass schon allein ihre Beschreibung die Madonna in den Seelen von ganz kleinen und reinen Seelen evozierte und sie zur Vision der Madonna führte. So schilderte Adria die Schönheit der Madonna im himmlischen Jerusalem einem reinen kleinen Kind, der alle Angst vor den Angstdämonen verlor und ausrief: Sie ist so schön, das glaubst du nicht! Dann wurde Adria in die Schule der Heiligen genommen. Es waren zwei Schulen, zum einen die Schule der deutschen Mystik, da ihr mit Heinrich Seuse die gottselige Mechthild von Magdeburg erschien und mit Hildegard von Bingen erschien ihr Meister Eckard, und sie nahmen sie mit in die himmlische Schule der deutschen Mystik und führten sie zur Schau der Ewigen Weisheit und zu Jesus, dem göttlichen Bräutigam ihrer unsterblichen Seele, der sie mit einer erotischen Leidenschaft liebte. Die andere Schule war die Schule des Karmelordens, da sie zuerst in die Schule des Johannes vom Kreuz eintrat und mit ihm den Berg Karmel bestieg, dann von Teresa von Avila in die Seelenburg eingeführt wurde, wo sie durch das innere Gebet geführt in die siebente Kammer eintrat, die das Brautgemach des Bräutigams Christus war, des inneren Christus. Dann ward sie von der kleinen Therese von Lisieux unterwiesen, mit dem göttlichen Kind zu spielen und sich dem göttlichen Kinde ganz als Sein Spielzeug zu schenken. Zu den Unterweisungen der Heiligen kamen noch die Charismen des Heiligen Geistes, als dass sie zuerst die Zungenrede empfing, dann die Gabe der Prophetie und die Gabe der Weisheit. Von ihren Händen und Umarmungen gingen unergründliche Tröstungen und Heilungen besonders von seelischen Verwundungen aus. Aber trotz all dieser Begnadungen und Wunder zog sich über ihr Leben ein marianisch-demütiger Schleier aus Alltäglichkeit. Sie lebte in einer kleinbürgerlichen Wohngegend in einem Mietshaus und wurde von keinem Menschen beachtet oder irgendwie geachtet und geschätzt, sondern sie wurde übersehen von allen, einzig von Maria erkannt. Denn sie lebte im Verborgenen wie ein demütiges Veilchen, aber immer duftend zum Lobpreis Gottes. Keiner ahnte von den Passionen, die sie zu erleiden hatte, denn sie hatte vor allem von Therese von Lisieux gelernt, ihre Leiden geheim zu halten und keinem Menschen zu klagen, sondern verborgen und im Geheimen ihre Leiden Christus zu opfern, zum Trost des göttlichen Herzens, das verwundet war von dem Mangel an Liebe in der Welt. Eines Nach erschien ihr ein Engel und bereitete sie auf eine große Passion vor. Sie schrieb ihr Ja-Wort zur Passion Jesu nieder. Sie sollte Anteil erhalten an der Passion Jesu. So hatte sie vom zärtlichen Franz von Sales gelernt, das es besser ist, mit dem Herrn am Kreuz zu hängen, als über den Herrn am Kreuz zu reden. So hatte sie von der heiligen Katharina von Siena gelernt, dass das Brautbett Christi das Bett des Kreuzes ist. So hatte sie Ja gesagt zum Gekreuzigten allein. Ihr Anteil an der Passion Jesu war aber ein vor allem innerlicher, als dass sie Anteil hatte an der seelischen Passion Jesu, die mit der Einsamkeit und Angst im Garten Gethsemani begann und im Liebesschmerz des verschmähten Bräutigams am Marterholz gipfelte, wobei sie in den dunkelsten Stunden ihrer seelischen Passion an der Gottverlassenheit Jesu Anteil hatte und sogar an den Qualen Christi bei seinem Hinabstieg in das Reich der Hölle. Denn auch Adria war mit Christus hinabgestiegen in die Hölle und von einer höllischen Seelenangst gequält, einem höllischen Pech- und Schwefelsgestank, da sie das Biest aus dem Abgrund sah und schrie in höllischen Qualen: Es wäre besser für mich, ich wäre nie geboren worden! Aber aus all dem rettete sie die Madonna, die ihr so früh so schön erschienen war, so dass sie auch mit Christus auferstand und gen Himmel fuhr und im Paradiese unaussprechliche Worte hörte, im dritten Himmel des Venusparadieses von Salomo selbst eingeweiht wurde in die tiefere Bedeutung des Hohenliedes. Diese Erkenntnis diktierte sie ihrem Seelenführer, einem gütigen österreichischen Kardinal, der ergriffen war von der uferlosen Barmherzigkeit Gottes, der wie ein zärtlicher Vater und wie eine tröstende Mutter ist.



SIEBENTES KAPITEL


Maria erschien der siebzehnjährigen Bernadette in der Grotte von Massabielle im August 2001 für sieben Tage. Bernadette war ein schönes Mädchen von aphrodisischer Gestalt, kurze goldenen Locken, Diamanten an den Ohren, himmelblauen Augen, ein schwarzes Kleid, das bis zu den Oberschenkel reichte und die schlanken Arme frei ließ. Der Dichter betete sie an und gestand ihr in seiner Ohrenbeichte: Ich bin verliebt und weiß nicht in wen, ich glaube, ich liebe die Liebe! Bernadette ging mit einer jungen Frau namens Judith, die ein langes weißes Seidenkleid trug, einem kleinen afrikanischen Mädchen mit großen Brüsten und einer kleinen blonden deutschen Novizin vor die Grotte von Massabielle, wo sonst die Schweine gehütet wurden. Ja, sagte der Dichter, Herr Toto, mein Herz ist solch ein Schweinestall, will sich Gott in den Schweinestall betten und in meinem schweinischen Herz geboren werden? Bernadette ging mit den Schwestern in Christus an den grünen Gavestrom, Brennholz zu sammeln. Sie wollte am Abend ein Lagerfeuer entzünden und die Gitarre spielen, die Jünglinge würden rauchen und die Mädchen mit ihren glockenreinen Stimmen charismatischen Lobpreis singen, Herr Toto aber heimlich eine Flasche Wein von der Rhone entkorken. Plötzlich hörte Bernadette ein leises Singen von himmlischen Frauenstimmen und sah dann eine junge schöne Dame in einem weißen Licht. Die Dame sah die schöne Bernadette lange an. Sie trug ein weißes Kleid von hauchfeinem Stoff, der ihren perfekten Körper lieblich umspielte und einen himmelblauen Mantel, den sie weit öffnete, um alle an ihren Busen zu rufen! Dann bat die Dame Bernadette, das Ave Maria Gratia zu beten. Die Dame betete immer den Lobpreis Jesu mit. Die Dame selbst hielt in den Händen eine lange Perlenkette von rosanen und weißen Perlen, der ihr um den Hals, die Arme glitt und in den Schoß rollte. Sie nahm die Perlen an den Mund und küsste die Perlen, denn es sind dies die Perlen des Evangeliums, von dem die Weisheit Jesu sprach, ein Mann gibt alles hin, um diese Perle zu gewinnen! Dann verlöschte die Erscheinung. Die Frömmler hatten die junge schöne Bernadette aufgefordert, die Erscheinung der himmlischen Jungfrau mit Weihwasser zu bespritzen. Nun stand die himmlische Jungfrau wieder vor der blonden Bernadette. Diese tat, wie ihr die Pfaffen und die alten Weiber aufgetragen. Sag mir, du schöne Dame, ob du von Gott kommst, sprach Bernadette. Die Jungfrau verneigte sich vor dem Namen Gottes. Da strahlte Bernadettes Antlitz. Herr Toto, der alte Dichter im Kreis der jungen Mädchen, sah den Glanz auf Bernadettes Antlitz. War es das Sonnengold ihrer Locken, war es das Himmelblau ihrer klaren Augen, der Lichtglanz ihrer Jungmädchenseele, das strahlende Weiß ihrer nackten Haut, der Glanz der Diamanten an ihren Muschelohren, das Perlenweiß der Elfenbeinzähne bei ihrem strahlenden Lachen? Alles an ihr glänzte, sie schien eine glänzende Jugendgöttin der Freude, ein Abglanz der himmlischen Jungfrau. Herr Toto sah die himmlische Herrin nicht, aber den Abglanz an dem jungfräulichen Göttinnenkörper der schönen Bernadette sah er. Bei der nächsten Erscheinung hatte Bernadette ein Schreibheft und einen Federhalter mit Tinte bei sich. Herr Toto hatte sie gebeten, Worte der himmlischen Jungfrau aufzuschreiben, wenn die Herrin des Himmels der jungen reizenden Katholikin etwas diktiere. Die Jungfrau lächelte und sprach: Du brauchst die Feder nicht ins Tintenfaß zu tauchen, ich werde dir nichts diktieren. Ich werde dir himmlische Eingebungen geben und Einsichten, aber dazu bitte ich dich, sieben Tage lang zu mir zu kommen in diese Grotte am grünen Strome Gave. Da freute sich Bernadette, dass sie nicht schreiben musste, dass aber die himmlische Jungfrau sie erleuchten wollte mit Visionen. Sie sprach: Wenn du mich rufst, Frau Schönheit, dann will ich gerne kommen, hier in Südfrankreich am Fuß der Pyrenäen, am Strome Gave in der Grotte von Massabielle in deine Schule zu gehen. Dann sprach die himmlische Herrin zur jungen Katholikin: Gnädige Frau, ich kann Ihnen nicht versprechen, Sie in dieser Welt schon glücklich zu machen, aber im Paradiese werden Sie glückselig sein! Bernadette wunderte sich, dass die Herrin sie nicht mit Du, sondern mit Sie ansprach. Aber die Herrin wollte sie wohl an den Umgangston in der Kirche gewöhnen. Kommunisten und Pietisten sagen wohl immer Du zueinander, aber der Priester sagt zum Laien Sie. Das mag man bedauern, aber wenn selbst die himmlische Dame zu einem hübschen jungen Ding von siebzehn Jahren Sie sagt, dann muß das wohl in Ordnung sein. Dann sprach Bernadette zu dem vierzehnjährigen braunen Mädchen aus Afrika, der braunen Gazelle mit dem prachtvollen Brüsten: Jetzt schaut die Jungfrau dich an. Da sprach das junge Weib: Darf ich auch zur Herrin kommen? Da sagte Bernadette: Ja, meine kleine Schwester, und auch die deutsche Novizin und auch die Jungfrau aus der Herzegowina und auch der alte Dichter, alle dürfen sie kommen zur Dame. Und bald sollen sich Scharen von lärmenden Jugendlichen hier einfinden, die ihre Hochzeiten feiern vor der Grotte der Jungfrau, und Scharen von alten Weibern, die zahnlos der Großen Mutter singen! Ich will euch alle hier bei mir sehen, sagte die Dame und verschwand wie ein still verlöschender Schimmer. Nun kamen Scharen von jungen Mädchen und Jünglingen an, sie scherzten und lärmten und suchten sich zu haschen und zu fangen zu der heiligen Ehe. Die Jungfrau war zufrieden, dass die Jugendlichen sich in solchen großen Scharen vor der Grotte einfanden, um fröhlichen Lobpreis zu singen zu Tamburin und Saitenspiel. Besonders zufrieden war die himmlische Jungfrau, dass die schöne Bernadette wieder gekommen war. Es hatten zwar zweifelnde Priester ihr abgeraten, aber die schöne junge Bernadette war einfach bezaubert von der himmlischen Schönen Dame, so dass sie kam. Da sagte die Jungfrau zu Bernadette: Du wirst noch größere Offenbarungen empfangen! Dann lehrte die Schöne Dame das hübsche Mädchen ein ganz persönliches Gebet, das nur diese einsame Seele zum Himmel beten sollte. Bernadette sprach auch zu keiner Menschenseele von diesem intimen Gebet. Als die allerschönste Jungfrau wieder erschien, bat sie Bernadette, auf Knieen über den harten Steinboden zur Grotte zu kriechen. Herr Toto, als er das sah, kroch auch auf Knieen den Felsweg hinan. Bernadette hatte Tränen in den Augen. Ihre Tränen glänzten wie die Diamanten an ihren Muschelohren. Auch die himmlische Jungfrau schaute wehmütig melancholisch, sie schaute in die Ferne, als ob sie vom glühenden Südland in das nordische Nebelland schaue und sagte: Bete für die armen Sünder und Sünderinnen! Bete für die Krankheit dieser Welt! Bei der nächsten Erscheinung rief die himmlische Jungfrau das hübsche Mädchen mit ihrem Taufnamen an. Bernadette fühlte sich wie von einer ewigen Mutter gerufen, die sie schon gerufen hatte, als sie noch im Schoß ihrer leiblichen Mutter war. Es war, als hätte die Schöne Dame damals am Taufbecken gestanden, als die kindliche Bernadette getauft worden war. Da freute sich Bernadette und trat ganz nah an den Winkel bei der Felsgrotte, wo die himmlische Jungfrau mit bloßen Füßen erhoben auf einem Felsvorsprung stand. Da sprach die Jungfrau in der Grotte zur Mädchenseele: Ich vertraue dir ein Mysterium an, das nur dich allein etwas angeht und dir allein geoffenbart ist. Versprich mir, es nicht in der Welt bekanntzumachen... Am Abend bat der alte Dichter Herr Toto zwei junge Mädchen, für ihn zu musizieren. Die deutsche Novizin Michal und die Jungfrau Judith von Herzegowina spielten: Maria durch einen Dornenwald ging, der hatte in sieben Jahren keine Rosen getragen, aber als Maria, mit dem Kinde unterm Herzen, durch den Dornenwald gegangen, da trugen die Dornen Rosen, o Jesus und Maria! Die deutsche Novizin Michal spielte auf ihrer Geliebten, der Viola d’amore, und die Jungfrau Judith von Herzegowina blies die Flöte. Am Morgen aber kam die italienische Pilgergruppe an. Herr Toto las gerade seine liturgische Lektion im Dichter Camoes, da der Seher die Göttin Venus besang, nur leicht bekleidet, die trat zum Vater der Götter und Menschen, umschlang den Nacken Jupiters und bat für ihr auserwähltes Lieblingsvolk. Da sah der Dichter Herr Toto wahrlich in der italienischen Pilgergruppe, wahrlich, wahrlich, er sah, und siehe, was er sah, war die römische Venus, die pilgerte zur Regina dell’Amore! Sie hatte einen perfekten Körper, makellose straffe Jugendbrüste und langes goldenes Haar, das in freien Locken sie umflutete, ihr Kleid war weiß wie Meeresschaum und ihr Gang war entzückend, das Schwanken der Hüften! Herr Toto sah der katholischen Callipygos nach und staunte die Schönheit Gottes an! Aber nun trat Bernadette wieder vor die Grotte, die Jungfrau erschien. Bernadette berichtete der Dame, was der Pfarrer erzählt hatte, aber die Jungfrau schwieg. Dann bat die Jungfrau das Mädchen Bernadette, für die Sünder und Sünderinnen zu beten, für die, die sich dem Satan verpflichtet, für die Atheisten, die Materialisten, die Hedonisten und die Epikuräer und die Okkultisten. Dann lud die Jungfrau das süße Mädchen ein, in die Grotte zu kommen. Bernadette sah die Jungfrau die Himmelstreppe herabsteigen und in die Grotte treten. Sie trug ein reines weißes Kleid und einen Charis-Gürtel in Meeresbläue um die Lenden. Auf den bloßen Füßen blühten goldene Rosen, dornenlose Rosen. Ihr kastanienbraunes Lockenhaar fiel ihr auf die Schultern, verhüllt vom weißen Schleier der Braut Gottes. Da sprach die Dame: Buß! Buß! Buß! Dann vertraute die Dame der Mädchenseele der Seherin ein Geheimnis Gottes an, sie erkannte den Plan Gottes für ihr Leben, einen Plan in dem Heilsplan Gottes für die Menschheit. Sie erkannte die Liebe des göttlichen Herzens ganz persönlich zu ihr, der Mädchenseele, der Seherin. Da wurde ihr Herz froh wie ein geliebtes Kind. Dann sprach die Dame zu Bernadette: Nun geh und wasche dich in der Quelle! Nicht im grünen Gave sollst du baden, sondern dort in jener Quelle! Trinke das frische Quellwasser! Bernadette grub in der Erde und es kam die Quelle des Heils hervor. Die Jungfrau hatte mit ihren bloßem Fuß die Quelle des Heils hervorsprießen lassen, so wie Pegasus mit seinem Huf den Hufquell schuf, die kastalische Quelle der Musen. Denn die himmlische Dame war die himmlische Muse vom Sion für den Poeten Toto. Maria lächelte, sie war offensichtlich zufrieden, denn sie segnete Bernadette und Herrn Toto mit einem Heilssegen. Bald kam auch das Volk und drängte sich in die Grotte und sie baten alle um den Segen des Heils, um die Gnade der himmlischen Dame! In der Nacht erzählte Herr Toto einem alten Priester das Märchen vom Affenkönig Sun Wu Kung, der Großen Leere des Herzens. Er war vom Diamantring der Gnadengöttin Guan Yin in den Himmel geholt worden und stand in der Hand Buddhas. Buddha sagte: Du kannst meiner Hand nicht entfliehen! Aber Sun Wu Kung lief davon, bis ans Ende der Welt. Da kam er zu fünf steilen Gipfeln. An dem Fuß des mittleren Gipfels urinierte er, wie man sagt. Dann kehrte er zu Buddhas Thron zurück. Buddha aber lächelte voll goldener Weisheit und sprach: Siehe, mein Affe, hier an der Wurzel meines Mittelfingers ist es noch feucht von deinem Ausfluß. Da erkannte der Affenkönig Sun Wu Kung, dass er nie aus der allmächtigen Hand Buddhas fallen würde. Der alte Priester segnete den Herrn Toto. Aber am Morgen erschien die himmlische Dame wieder der jugendlichen Bernadette. Sie bat das Mädchen, auf Knieen den Felsweg heranzukriechen für die Bekehrung der Sünder und Sünderinnen. Dann sprach die Dame liebevoll lächelnd: Küsse die Erde Südfrankreichs zur Buße für die Sünden der Sünder und Sünderinnen! Dann sagte die Dame zu Bernadette: Ich wünsche breite Ströme von Prozessionen, in der Nacht sollen sich auf breiten Alleen zwischen Marmorgöttern von Heiligen alte Mütter und Krüppel und junge Pilgerinnen und Pilger in einem Menschenstrom mit Kerzen in den Händen singend zum Tempel meiner Gnade bewegen und die Herabkunft des Manna feiern! Ich will sie ein Lied lehren: Ah weh, ah weh, Mutter! Dann will ich die an Leib und Seele Kranken heilen. Noch am Abend des Tages wurde der einjährige Jedidja geheilt. Am fünften August 2001, am 2017. Geburtstag der Jungfrau Maria, lief Bernadette schon in der Frühe unter den Wimpern der Morgenröte zur kristallklaren Quelle. Schon von ferne sah sie die Aura der Aurora, den Lichtglanz der himmlischen Dame, die die Inder Uscha nennen, Göttin der Morgenröte. Bernadette kniete vor der Dame und sagte: Schöne Dame, entschuldigt, dass ich erst so spät zu Euch gekommen bin! Die Dame aber öffnete ihre Arme und die Brüste bebten der schönen Sünderin entgegen. Da begann Bernadette das Apostolische Glaubensbekenntnis und das Pater-in-Uranos zu beten, da spürte sie den leidenschaftlichen Drang, die Schöne Dame nach ihrem Namen zu fragen. Dreimal frug Bernadette die Schöne Dame nach ihrem Namen. Da seufzte die Schöne Dame und sagte leise flüsternd: Ich heiße Immaculata. Da sagte Bernadette zu den Jünglingen und den jungen schönen Mädchen und zum Dichter Toto: Die Schöne Dame heißt Immaculata! Da jubelte die deutsche Novizin Michal und sagte: Es ist Maria! Aber Bernadette in ihrer kindlichen Einfalt sagte: Nein, es ist nicht Maria, die Mutter Jesu, sondern die Schöne Dame heißt Immaculata! Da sagte Herr Toto, der alte Platoniker: Das ist der Ehrenname der Jungfrau Maria, denn sie ist die makellose Konzeption. Sie ist die himmlische Weisheit, in ihr ist ein Geist, rein, heilig, makellos, unbefleckt, kein Makel der Sünde dringt in sie ein. Zu allen Zeiten geht sie in reine Seelen ein und macht sie zu Freunden der Weisheit und Propheten Gottes. Sie ist der Abglanz des strahlenden Lichtglanzes der Gottheit und der reine Ausfluß der göttlichen Kraft. Sie ist strahlender als die Sonne. Von einem Ende zum andern erstreckt sich ihre Macht und sie regiert das All mit Allmacht! Ich habe ihre Schönheit liebgewonnen und will sie mir zur Braut gewinnen! Ich will sie heimführen und den Lebensbund mit ihr schließen. Denn die Ehe mit ihr bringt keinen Überdruß und keinen Liebeskummer, sondern nichts als Wollust und Wonne! - Aber der Landpfarrer schickte Bernadette in die Psychiatrie! Sieben Tage blieb sie dort, angekettet wie ein wildes Tier. Die Psychiater gaben ihr Drogen, so dass sie im Tiefschlaf sich fühlte wie im himmlischen Gartenparadies Eden! Dann aber ward Bernadette wieder entlassen. Da ging sie in der Frühe auf den Berg Karmel und kommunizierte und speiste das himmlische Hochzeitsmahl. Am Abend stieg sie wieder auf den Berg Karmel, als ihr Schutzengel sie zur Grotte rief. Sie stand am Ufer des Gave, da sah sie Maria, die Quellnymphe der Gave. Sie war von solcher übermenschlicher Schönheit, dass Bernadette die Kniee zu zittern begann und sie in die Kniee sank! Die Jungfrau lächelte überaus liebreizend und entzückend. Von Ferne schaute der Dichter Herr Toto ebenfalls die Jungfrau Maria, allerdings sah er nur den Mund der Madonna! Fortan sprach der alte Dichter Herr Toto nur mit der allergrößten Begeisterung vom Mund der Madonna! Da dichtete er als Troubadour:
        
M I D O N S M A R I E

O Notre Dame,
Plus belle des femmes!
O Vierge Marie,
Mon paradis!
Ta bouche… ta bouche…!



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