[Inhalt]

LIEDER DER SCHRIFT


1

Ich kannte einen in dem Herrn,
Fast vierzehn Jahre ist es her,
Da ward der Gläubige entrückt
Zu Christus in das Paradies!

Ob er im Leib gewesen ist,
Ich das vermag zu sagen nicht,
Ob nicht er in dem Leibe war,
Auch das weiß ich zu sagen nicht.

Gott weiß, ob er im Leibe war,
Gott, ob er nicht im Leibe war,
Der in den neunten Himmel ward
Entrückt zu Christi Angesicht.

Dort war er in dem Paradies
Und hörte Unaussprechliches,
Er hörte Worte dort so schön,
Daß es kein Dichter sagen kann.

Für jenen rühm ich närrisch mich,
Für jenen rühm ich mich als Narr.
Es muß doch närrisch sein gerühmt,
Ihr Weisen, wenn es auch nichts nützt.

Daß ich nicht in der Hoffahrt Stolz
Mir überhebe meinen Geist
Aufgrund der Offenbarungen
Und der Erkenntnisse des Herrn,

Ist mir gebohrt ins Fleisch ein Pfahl,
Ein schöner Engel Satanas,
Der soll mich geißeln, züchtigen,
Daß ich mich stolz nicht überheb.

Um dieses Engels Pfahl im Fleisch
Hab mehrmals ich zum Herrn gefleht,
Daß weiche von mir Satanas
Mit seinem Engelsangesicht.

Da sprach der Herr: Es ist genug
An meiner Charis! Meine Kraft
Lebt in dem Schwachen voller Macht,
In Ohnmacht dein die Allmacht mein!


2

Stimmt ein Lied an meinem Gotte,
Laßt die Tamburine schallen,
Singt dem Herren, unserm Gotte
Zu der Zimbeln hellem Klange!

Preist den Herrn, singt seinen Lobpreis,
Rühmet seinen heilgen Namen,
Rufet an den Namen Gottes,
Jahwe ist sein Namen, Amen!

Denn der Herr ist Gott des Friedens,
Macht ein Ende allen Kriegen,
Er führt heim mich in sein Lager,
Schützt vor feindlicher Gewalttat.

Assur kam von Nordens Bergen
Mit der Streitmacht großen Fülle,
Seine Schar verstopfte Täler,
Reiterschar bedeckte Hügel.

Wollten brennen meine Länder,
Jugend morden mit dem Schwerte,
Säuglinge im Staub zerschmettern,
Kinderlein als Raub verschleppen!

Doch der Herr in seiner Allmacht
Gab die Kinder nicht dem Feinde,
Jahwe hat den Feind geschlagen
Durch die Schönheit eines Weibes!

Fiel der Feind nicht durch die Helden,
Fiel nicht durch die Riesensöhne,
Fiel nicht durch die stolzen Recken,
Fiel der Feind durch Judiths Schönheit!

Sie tat ab die Trauerkleider,
Die Bedrängten zu befreien,
Salbte sich mit Salbungsöle,
Weihte Jahwe ihre Seele,

Schmückte ihre schwarzen Haare
Mit dem Stern des Diademes,
Barg sich in dem Reizgewande,
Zu verführen jenen Fremden.

An den Füßen die Sandalen
Ihm betörten seine Augen,
Schlug die Schönheit in den Bann ihn,
Hat ihr Schwertschlag ihn enthauptet!

Da erschraken alle Perser
Vor der Kühnheit schöner Judith,
Vor Entsetzen alle Meder
Wurden vor dem Weibe mutlos.

Jubel füllte meine Scharen,
Doch der Feind geriet in Schrecken.
Israel stimmt an den Schlachtruf,
Gottes Feinde packt Entsetzen!

Böses Volk, man stieß sie nieder
Wie die Leibesfrucht von Huren,
Kamen um durch Gottes Krieger,
Die dem Herrn der Heere hulden.

Sing ich Gott die neue Hymne:
Herr, du bist der dreimalgroße,
Wunderbarer, stark zu rühmen,
Reich an Schönheit bist du, glorreich!

Dient dir doch die ganze Schöpfung,
Die du schufst, als du gesprochen!
Lob sei deines Geistes Schönheit,
Deinem triumphalen Worte!


3

In der Burg der Lilie Susa
Lebte einst ein frommer Jude,
Vormund lieblichster Hadessa,
Welche auch geheißen Esther.

Ohne Vater sie und Mutter.
Schön ihr Leib, voll Reiz ihr Körper,
Anmut war ihr Antlitz, huldreich,
Alles an ihr Liebreiz, Schönheit.

Als der Perser großer König
Mädchen zum Palast von Susa
Einlud, sich zu wählen Schönheit,
Kam auch sie, der Schönheit Wunder.

Hege, dem Eunuch im Harem,
Wurde Esther übergeben,
Er, entzückt von ihrer Anmut,
Sie mit Schönheitsmitteln pflegte,

Gab ihr Seifen, Öle, Salben,
Schminke, Badeöl, Parfüme,
Myrrhe, Aloe und Balsam,
Düfte von des Zimtes Blüte,

Gab gesunde Kost und Speise,
Daß sie Wohl des Leibes esse,
Gab ihr Kost gemäß der Weisheit,
Gab dazu ihr sieben Mägde.

Alle wunderschönen Mädchen,
Zu betrachten ihre Schönheit,
Lud der große Artaxerxes
Zu sich ein, der Perser König.

Waren sie ein ganzes Jahr lang
Schön gepflegt mit Schönheitsmitteln,
Halbes Jahr mit Myrrhe, Balsam,
Halbes Jahr mit Schaum und Schminke.

Gingen nun die schönen Mädchen
Zum Palast des großen Königs,
Gab man ihnen Seide, Kettchen,
Was erhöhte ihre Schönheit.

Wenn der König sie betrachtet,
Sie nicht schön genug erschienen,
Gingen sie in einen Harem,
In das Haus der Konkubinen.

Durften nicht mehr vor dem König
Dann erscheinen ihm zur Zierde,
Außer wenn er ihre Schönheit
Aufgerufen voll Begierde.

Schließlich war der Stern des Morgens,
War die reine Schönheit Esther
Zu dem König aufgefordert,
Sie, die Schönste aller Mädchen.

Was ihr der Eunuch im Harem
Gab zur Kleidung, war zu loben,
Voller Liebreiz floß die Gaze,
Schön mit Blümchen eingewoben.

Alle, welche Esther schauten,
Waren selig vor Entzücken,
Nannten Göttin über Frauen
Esther, alle waren glücklich!

Und der König liebte Esther
Mehr als alle andern Frauen,
Wollte nur noch Esther ewig
In des Leibes Liebreiz schauen.

Sie gewann die Gunst und Gnade
Ihres Königs, Gnadenvolle
War sie, voller Huld und Anmut,
Königin in Liebes-Hoheit!

Und der König gab ein schönes
Diadem den schwarzen Haaren.
Lag in diesem Haar der König
Als ein Liebender gefangen!


4

Naemi, die Schwiegermutter,
Sprach zu Ruth: Geliebte Tochter,
Suchen will ich eine Ruhe
Dir zu deinem eignen Wohle!

Siehe, Boas, der Verwandte,
Du warst ja bei seinen Mägden,
Wenn es will im Maien nachten,
Worfelt Gerste auf der Tenne.

Bade deinen Leib im Wasser,
Salbe deine Glieder duftend,
Zieh ein Kleid dir an von Anmut,
Gehe in das Feld hinunter.

Gib dich ihm nicht zu erkennen,
Bis gegessen er die Speise,
Bis er von dem Blut der Reben
Fromm getrunken, von dem Weine.

Wenn er sich dann legt zum Schlafe,
Merk den Ort, wo er sich bettet,
Decke auf dann seinen Mantel,
Dich an seiner Seite bette.

Ruth sprach: So soll es geschehen!
Und sie ging hinab zur Tenne,
Tat wie ihre Schwiegermutter
Ihr geraten mit dem Munde.

Als der Mann gegessen Gutes
Und getrunken Blut der Reben,
War sein Herz erfrischt, ermuntert,
Neu erfüllt von neuem Leben.

Legte er sich beim Getreide
Nieder in dem Bett des Kornes,
Kam das Mädchen leise, leise,
Still zu ruhn bei ihm geborgen.

Um die Mitternacht bei Mondschein
Konnte Boas etwas spüren,
Wie ein Mädchen voller Wonne
Sich im Traum am Leibe rührte.

Sprach er: Wer bist du denn, Mädchen?
Sprach sie: Ich bin Ruth, o Boas,
Magd im Kreise deiner Mägde,
Laß mich sein bei dir geborgen.

Sprach er: O Gebenedeite
Meines Gottes, liebes Mädchen!
Laß uns ruhn in diesem Maien,
Bis die Morgenröte lächelt!

Vor der Morgenröte aber
Still erhob sich Ruth vom Lager.
Boas dachte: Niemand wisse
Von der Süße solcher Küsse...!


5

Welch Löwin deine Mutter war,
Die unter jungen Löwen zog
Sich einen Löwenjungen groß,
Da ward ein starker Löwe er,

Der lernte Tiere reißen, ja,
Der lernte, wie man Menschen reißt.
Da rannten Heiden gegen ihn
Und fingen ihn in ihrem Loch.

Als nun die Löwenmutter sah,
Daß ihre Hoffnung war dahin,
Nachdem sie lange heiß gehofft,
Da nahm sie einen zweiten Leun,

Von ihren Jungen einen Leun,
Und zog ihn groß und macht ihn stark.
Der lernte Tiere fressen, ja,
Der lernte, wie man Menschen frißt.

Er riß der Heiden Burgen ein
Und warf die Städte in den Staub.
Da war die ganze Heidenwelt
Vor seines Brüllens Lärm entsetzt.

Da rannten Heiden gegen ihn
Und fingen ihn in ihrem Netz
Und fingen ihn in ihrem Loch
Und führten ihn gefangen fort.

Ein Weinstock deine Mutter war,
Im Weinberg eingepflanzt am Fluß,
Von Ranken war der Weinstock reich,
War schwanger mit der Reben Pracht.

Die Reben wurden Zepter, ja,
Sie wuchsen in den Himmel auf.
Doch riß man sie herab im Grimm
Und warf sie nieder in den Staub.

Der Sturm der Wüste nämlich ließ
Verdorren seine pralle Frucht.
Nun steckt er in der Wüste Staub
Und taugt nicht mehr zum Zepter, ach!


6

Die gute Frau ist Heil dem Mann,
Sein Leben währet Jahr für Jahr.
Der Frauen Fleiß die Männer pflegt,
So leben sie im Friedensreich.

Die gute Frau ist Eigentum
Dem Eigentümer durch den Herrn.
Die gute Frau erlangt allein,
Wer zitternd fürchtet Gott den Herrn.

Ob Reichtum oder Armut sind,
Sein Herz ist alle Tage froh.
Die Anmut einer Frau entzückt
Die Augenlust und Fleischeslust.

Die größte Gabe Gottes ist
Die liebe Frau, die schweigen kann.
Kein Preis wiegt eine Schöne auf,
Die ihren Leib beherrschen kann.

Wie Sonne aufstrahlt im Zenit,
So Schönheit einer guten Frau.
Wie Kerzen auf der Menorah,
So ist der Schönen Angesicht.

Wie goldne Säule ist ihr Bau,
Auf Marmorsockel steht sie schön,
Denn lang sind ihre Beine und
Die bloßen Füße schlank und schmal.

Die eine Frau ist schöner doch
Als es die andern Frauen sind.
Die schöne Frau macht das Gesicht
Des Mannes strahlend wie das Licht.

Die Frauenschönheit übertrifft
Die Augenlust und Fleischeslust,
Wenn sie als Friedensfürstin spricht
Der Sanftmut und der Demut Wort.

Wer eine schöne Frau gewinnt,
Macht einen seligen Gewinn.
Sie ist die Hilfe ihm von Gott,
Der Hirtenstab, der ihm entspricht.

(Kein Kummer ist wie Herzeleid,
Ein ungeliebtes Herz ist wund,
Ist keine Wunde, ach, so schlimm
Wie unerwidert Liebe schmerzt!)


7

Sie legte ab das Bußgewand
Und zog die Witwenkleider aus
Und salbte ihren lieben Leib
Mit allerbestem Balsamöl.

Sie flocht ihr schönes schwarzes Haar
Und setzte einen Kopfschmuck auf.
Sie zog die schönste Seide an,
Des Ostens Byssusseide fein.

Sie legte an die Füße an
Sandalen, legte an den Arm
Armreifen, an den Oberarm
Die breiten Spangen ganz aus Gold.

Sie legte an die Finger an
Der Ringe Lapislazuli
Und legte an das Ohr den Schmuck,
Den Ohrring mit dem Mondstein weiß.

Sie legte allen ihren Schmuck
An ihrem lieben Leibe an.
Auch schaukelte ihr Talisman
In ihrer hübschen Brüste Tal.

Sie schmückte sich und schminkte sich,
Doch nicht aus Lust und Leidenschaft,
Sie wollte sein ein schönes Weib
Aus Gottesfurcht zu Gottes Ruhm.

Und darum machte Gott der Herr
Auch ihren Reiz unsagbar groß
Und ihre Schönheit wundervoll,
Daß aller Welt sie schön erschien.


8

Am dritten Tage legte sie,
Sie, Esther, ihre Kleider ab
Und zog den königlichen Schmuck,
Die königliche Gaze an.

Sie war sehr schön und rief zu Gott,
Dem Heiland, der die Liebe ist,
Der alles siehet in der Welt
Und alles liebet, was da lebt!

Zwei Mägde nahm sie mit sich mit,
Sich lehnend auf die eine sanft,
Die andre aber folgte ihr
Und trug des Seidenrockes Schwanz.

Ihr Angesicht war wunderschön,
Gestaltet lieblich, hocherfreut.
Ihr Herz war aber voller Angst,
Voll Sorge und des Kleinmuts Not.

Da sie durch alle Türen kam,
Da trat sie vor den König hin,
Der saß im königlichen Thron
In lauter Edelstein und Gold.

Er war sehr schrecklich anzusehn
In herrschender Erhabenheit
Und hob den Blitz der Augen auf
Und schaute Esther an voll Ernst.

Da wurde blaß die Königin,
Daß sie in eine Ohnmacht sank
Und lehnte Haupt und schwarzes Haar
Schwach an die Schulter ihrer Magd.

Da wandte Gott des Königs Herz,
Da ward ihm bange um die Braut.
Er sprang von seinem Königsthron,
Umarmte sie mit seinem Arm

Und sprach sie also freundlich an,
Da Esther wieder zu sich kam:
Was ist dir, meine liebe Frau?
Ich bin dein Mann, hab keine Angst!


9

Und Adonia, Haggits Sohn,
Begab sich zu Bathseba, die
War Königin im Mutterthron,
War Mutter König Salomos.

Sie sprach: Ist Friede nur dein Sinn?
Er sprach: Ja, Friede ist mein Sinn.
Da sprach die Königin: So sprich!
Da sprach er: Meine Königin,

Mir stand ja zu das Königreich,
Es wollt das ganze Israel
Zum König Adonia, doch
Es ward es König Salomo.

Nun hab ich Eine Bitte nur,
Du bitte weise mich nicht ab.
Sie sprach: Mein Sohn, so bitte nur!
Er sprach: So sprich mit Salomo,

Daß er mir Schunems Abischag,
Die schönste Frau von Israel,
Die David seinen Tod versüßt,
Daß er sie gebe mir zur Braut!

Da sprach die Königin: Wohlan,
Ich sprech mit König Salomo.
Da trat die Mutterkönigin
Zum Thron des Königs Salomo.

Der König Salomo erhob
Sich vor der Mutterkönigin,
Ging ihr entgegen, neigte sich
Vor ihrer Mutter-Majestät.

Er setzte sich auf seinen Thron
Und ließ auch bringen einen Thron
Der Majestät der Königin,
Die setzte sich im Mutterthron

Und sprach: Nur Eine Bitte, Sohn,
Um Adonias Willen, Sohn,
Ach, gib ihm Schunems Abischag,
Die Schöne, die er liebt, zur Frau!


10

Weil Zions Töchter voller Stolz,
Sie recken ihren Schwanenhals
Und schaun umher verführerisch,
Stolzieren hübschen Trippelschritts,

Sie klirrn mit Spangen an dem Fuß
Und gehen um mit Tänzelschritt,
Sie klingeln mit den Kettchen an
Den Knöcheln ihrer Füßchen nackt,

Drum wird der Ewige, der Herr,
Der Töchter Zion Haupt mit Schorf
Bedecken und den Scheitel kahl
Und Glatze werden lassen ganz.

An jenem Tage wird der Herr
Den Töchtern nehmen ihren Schmuck,
Fußspangen, Sonnen, Sichelmond,
Des Venussternes Diadem,

Der Ohrgehänge Lapislazuli,
Die Kettchen mit dem Talisman,
Von Byssusseide Schleier fein
Und Turbanschmuck von Stoff aus Kusch,

Fußkettchen klingelnd um den Fuß,
Die Zaubergürtel um den Schoß,
Riechfläschchen, Rosenquarzflakon
Mit Düften aus Aleppos Hain,

Und Amulett und Talisman
Und Fingerring und Nasenreif
Und Perlen als des Nabels Schmuck
Und Ringe in den Augenbraun,

Die Kleidchen feinsten Gazestoffs,
Die Täschchen ihrer Eitelkeit
Und Spiegel ihrer Eitelkeit
Und Schleier, Kopfschmuck, Seidentuch.

Statt Balsam wird dann Moder sein,
Statt Zaubergürtel Büßerstrick,
Statt Haarpracht wird dann Glatze sein,
Statt Locken-Kunstwerk Scheitel kahl.

Sie tragen schwarzes Trauerkleid
Statt Sommerkleidchen bunt beblümt.
Statt holder Frauenschönheit wird
Der Sünderinnen Schamrot sein.


11

Der Liebesjünger Jesu grüßt
Die auserkorne Herrin sein,
Die Heilige, die Herrscherin,
Und alle ihre Kinder: Heil!

Ich grüße meine Herrscherin,
Die ich in Wahrheit liebe sehr,
Mit nackter, ungeteilter Lust,
Mit Liebe, unbefleckt von Zorn.

Ich grüße alle Kinder, die
Frau Wahrheit in dem Geist erkannt,
Die lieben alle Unsre Frau,
Die Heilige, die Herrscherin.

Frau Wahrheit bleibt in unserm Herz,
Drum lieben wir die Herrscherin.
Sie wird uns die Geliebte sein
Für immer und in Ewigkeit.

Ich habe mich gefreut, o Frau,
In deiner lieben Kinder Schar
Zu finden Auserwählte, die
Frau Wahrheit lieben in dem Geist.

So bitt ich dich, o Herrscherin,
Gemäß dem ewigen Gebot,
Daß wir uns lieben – du uns liebst,
Wir dich, und wir uns allesamt!

Dies ist das ewige Gebot,
Frau Wahrheit hat verkündet dies:
Wir sollen in der Liebe sein!
Wir sind in Liebe, Liebe Frau!

Noch vieles könnt ich singen dir
Und schreiben mit der Feder dir
Und mit der Tinte auf Papier,
Doch wär ich lieber ganz bei dir!

Persönlich wollt ich singen dann
Und stehn vor deinem Antlitz schön,
Vollkommen meine Freude wär,
Geliebte, deine Freude wär!

(Postscriptum: O geliebte Frau,
O vielgeliebte Herrscherin,
Es grüßt auch deine Schwester dich
Und ihrer lieben Kinder Schar.)


12

Wir wollen tun nach allem Wort,
Das uns aus unserm Munde geht
Und wolln der Himmelskönigin
Trankopfer opfern und Gebet,

Wie wir und unsre Mütter einst
Geopfert in Jerusalem,
Da hatten wir auch Brot genug
Und sahn nicht solches Unglück an!

Seit wir der Himmelskönigin
Nicht mehr geopfert Speis und Trank,
Erlitten wir viel Leid und Not
Und Durst und Hunger, Pest und Schwert!

Wenn wir der Himmelskönigin
Trankopfer, Weihrauch bringen dar,
Wir tun das ohne Männer nicht,
Die Männer einverstanden sind,

Daß wir der Himmelskönigin
Rosinenkuchen backen und
Trankopfer opfern, ihr zum Trost,
Daß Melecheth nicht traurig sei!


13

Erhob sich um dieselbe Zeit
Ein großer Kreis voll Religion,
Da einer, der ein Künstler war,
Ein Diener seiner Göttin war,

Der machte Statuen aus Gold
Für Artemis von Ephesos
Und gab den andern Künstlern auch
Bei seiner Göttin einen Dienst.

Die Künstler nun versammelte
Der Diener seiner Göttin, sprach:
Ihr lieben Männer, wisset wohl,
Uns offen steht der Göttin Haus.

Nun seht ihr, daß in Ephesos
Und in der ganzen Asia
Ein Prediger abspenstig macht
Die Menschen all von Artemis

Und spricht: Die Göttinnen sind nicht
In Wahrheit wahre Göttinnen,
Sind Bilder nur von Holz und Stein,
Sind Dinge nur von Menschenhand.

Er will ja nicht nur unsre Kunst
Im Dienst der großen Göttin schmähn,
Er will der Göttin Tempel auch
Zerstören hier in Ephesos,

Wo der Diana Majestät
Ist anerkannt in Asia,
Die große Mutter wird verehrt
Von Menschen in der ganzen Welt!

Als das die Künstler hörten, da
Ergrimmten sie in Grimm und Zorn
Und riefen: Göttin, du bist groß,
O Artemis von Ephesos!


14

Gott hatte alle die verjagt,
Die gegen Gottes Stadt gekämpft.
Denn einst der Fürst mit seinem Heer,
Das als unüberwindlich galt,

Nach Persien gezogen war,
Wo sie in der Nanäa Haus,
Wo in der Göttin Tempel sie
Gefunden allesamt den Tod.

Die Priester der Nanäa, die
Begingen eine schlaue List.
Mit eines Vorwands Lug und Trug
Der Fürst dem Tempel war genaht,

Als wollte er der Göttin sich
Vermählen in der Göttin Haus,
Als Mitgift aber wollte er
Für sich Nanäas Tempelschatz.

Nanäas Priester legten da
Dem Fürst den Tempelschatz bereit,
Da trat der Fürst mit Männern in
Der Göttin heiligen Bezirk.

Sobald er war im Heiligtum,
Die Priester schlossen hinter ihm
Die Tür und öffneten im Dach
Ein Loch und warfen auf den Fürst

Die schwersten Steine nieder und
Zerschmetterten des Fürsten Haupt
Und jener Männer seiner Schar
Und schnitten ihre Köpfe ab

Und warfen sie hinaus aufs Feld.
Der Göttin Priester taten so
In göttlicher Nanäa Dienst.
Gepriesen sei der Herr, der Herr!


15

Heil dem, der an Sophia denkt
Und ihre Gottheit meditiert
Und aufnimmt sie in seinem Geist,
Daß er in seinem Geist sie küsst!

Heil jenem, der Sophias Weg
Betrachtet innerlich im Geist
Und meditiert Mysterien
Und schleicht ihr nach wie ein Spion,

Erwartet sie auf ihrem Weg,
Der in Sophien Fenster guckt
Und horcht an ihres Hauses Tür
Und baut sein Zelt bei ihrem Haus.

Auch seiner Seele Kinder bringt
Er unter seiner Herrin Dach.
Er, der in ihrem Schatten ruht,
Bleibt vor der großen Glut bewahrt.

Das alles tut, wer fürchtet Gott
Und wer sich hält an Gottes Wort,
Der wird Sophia finden, der
Erkennt Sophia in dem Geist.

Sie wird ihm liebe Mutter sein,
Die Mutterliebe sie des Herrn.
Sie wird ihm eine junge Braut,
Die reine Jungfrau seine Braut.

Sie wird wie ein Mutter ihm
Darreichen wahrer Einsicht Brot
Und heiliger Erkenntnis Wein
Als ihrer Menschheit Fleisch und Blut.

Sie wird als reine Jungfrau-Braut
Empfänglich sein für seinen Geist,
Als wunderschöne Jungfrau-Braut
Empfangen seiner Liebe Glut!


13

Sophia ist ein reiner Geist,
Sie ist ein Hauch aus Gottes Kraft,
Aus Gottes Allmacht reiner Strahl
Und makellos und unbefleckt,

Ein Glanz des Glanzes, Licht von Licht,
Ein Spiegel ohne Flecken sie,
Ein Bild für Gottes Wirklichkeit
Und reiner Güte Ideal.

Zeitalter um Zeitalter sie
Geht in die reinen Seelen ein,
Die Seele wird ein Gottesfreund,
Die Seele Seher und Prophet.

Denn wen vor allem liebt der Herr?
Den, der Sophia beiwohnt rein!
Denn ihre Lust durchströmt das All
Mit Gottes Lust und Liebeskraft!

Sophia habe ich geliebt
Von meiner frühsten Jugend an,
Ich liebte ihre Schönheit sehr,
Begehrte sie zu meiner Braut!

Beschlossen habe ich bei mir,
Zu freien sie zu meiner Braut,
Zur Weggefährtin, Ehefrau,
Zur Bettgenossin in dem Geist!

Ratgeberin zum Guten sie
Und Trösterin in Traurigkeit!
Durch sie erlangt Unsterblichkeit
Mein Geist und Ruhm durch sie mein Lied!

Als Flamme geht sie mir voran,
Als Wolke ist sie um mich her.
Und kehr ich heim, wohn ich ihr bei
Und ruhe in Sophias Schoß!

Fürwahr, Sophien Ehebund
Ist ohne Ekel, Überdruß,
Sie bricht mit Schmerzen nicht das Herz,
Ist Wollust wie im Paradies!


14

Eh Wehen sind in Gottes Burg,
Bei ihr sich Wehen eingestellt,
Ist Mutter sie geworden schon,
Die Mutter ohne Wehen ward.

Genesen eines Knaben sie,
Bevor Geburtsschmerz sie befiel.
(Wer hörte wohl desgleichen schon,
Wer hat desgleichen angeschaut?)

Des Mutterschoßes Durchbruch wirkt
Der Herr und bringt auch die Geburt
Zum Ende, er wird die Geburt
Nicht hindern. Gott schenkt Leibesfrucht!

Nun freut euch mit Jerusalem
Und jubelt mit Jerusalem,
Die ihr sie liebt, sie innig liebt,
Sie, die euch liebt, Jerusalem!

Getragen habt ihr Traurigkeit,
Nun aber trinkt ihr Trost, den Trost
Saugt ihr aus ihrer Mutterbrust,
Aus ihrer prallen Mutterbrust!

Nun saugt den Trost und trinkt euch satt,
Ihr praller Busen spendet Trost,
Die Fülle ihrer Herrlichkeit
Erlabt euch mit der prallen Brust!

Ihr seid wie Säuglinge genährt
Und werdet auf dem Schoß gewiegt,
Getragen werdet ihr im Arm
Und dicht geborgen an der Brust!

Wie eine Mutter tröstet, so
Wird Gottheit Jahwe trösten euch,
Die Mutterliebe Jahwes wird
Euch Jahwekindern ewger Trost!


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