[Inhalt]

LIEBESLIEDER

Von Peter Torstein Schwanke




PERSISCHE LIEBESLIEDER
(September 2001)


1

Sulima ist so lieblich
Wie keine Rose ist,
Doch macht sie mich betrüblich,
Da werd ich gar ein Christ.

Da find ich Wein und Rose
In Jesu Religion.
Und bin ich leicht und lose
Und ein verlorner Sohn,

So ist doch Gott der Eine,
Der mir zurecht verziehn
Ob dem verworfnen Steine,
Den mir der Geist verliehn,-

So ist doch Gott der Eine,
Den lobt die Nachtigall
Bei Rosen und beim Weine,
Bei Liebchens Seidenschal.



2

Sulima ist ihr Namen
Und Salem heiße ich,
Die Schönste aller Damen
Verehr ich herziglich.

Wie Mirjams ihre Augen,
Ihr Haar wie Fatimas.
Am Munde will ich saugen
Als an des Weines Glas.

Und will sie mich nicht küssen,
So singe ich ein Lied.
Und muß ich sie vermissen,
Preis ich sie Sulamith.

O Nelken, Lilien, Rosen,
O rote Tulipan -
Gott machte euch im großen
Beginn im Liebeswahn!

Doch seid ihr nicht so schöne
Und glühet nicht so mild,
Gott selber sich bekröne
Mit schönstem Ebenbild,

Sein allerschönstes Gleichnis,
Sulima ists, o Christ!
Unendliches Ereignis
Mir ihre Schönheit ist!


3

Laßt mich am Weinkelch saugen
Begeisterung mir ein
Für ein Paar blaue Augen
Wie Abendsternes Schein.

In zaubrisch schmalen Schlitzen
Pupillen dämmern blau
Und da erscheint in Blitzen
Die Seele meiner Frau.

Die Rebe alkoholisch
Macht nicht so trunken mich,
Wie sie so melancholisch
Und sanft und inniglich.

Von ihrer Seele Trauer
Kommt in mich unbewußt
Ein seelenvoller Schauer
Von ungeheurer Lust!

Modell mir, Liebe, sitze,
Dann bild ich dich in Stein;
Doch deine blauen Blitze
Schreib ich in Feuerwein!

Aus deinen schmalen schrägen
Dämmernden Grotten glüht
Der Sterne schöner Segen
In meiner Seele Lied.

Doch sagen jene Sterne,
Die glühn in deinem Blick:
Kehr in die fernste Ferne,
Zum Schöpfer selbst zurück!

Der uns aus Licht gebildet
Am sechsten Schöpfungstag.
Ob er uns schön vergüldet
Dein fromm Gewissen frag.

Ja! schöner als die Sterne
Ist deiner Seele Licht!
Für dieses leb ich gerne,
Dies göttliche Gedicht!


4

Sulima, o Sulima,
Laß mich dein Salem sein!
Sulima, o Sulima,
Küss mich wie Feuerwein!

Sulima, o Sulima,
Mein holdes braunes Reh!
Sulima, o Sulima,
Mein Glück du und mein Weh!

Sulima, o Sulima,
Mich tötet deine Brust!
Sulima, o Sulima,
Mich mordet meine Lust!

Sulima, o Sulima,
Du Rosenblüte rot!
Sulima, o Sulima,
O du mein Liebestod!


5

Ich bin im Kelch ertrunken
Der süßen Liebeslust,
Ich stieb wie Feuerfunken,
Ich stäub wie Staubes Dust,

Ich schwebe in die Ferne
Und töne wie ein Hall
Und kreise um die Sterne
Und schau das ganze All

Und Universums Mitte -
Da ist es Liebe pur,
Und nichts von falscher Sitte,
Nur reiner Liebe Spur!

Und in des Weltalls Zentrum
Sitzt Liebe auf dem Thron -
In Herzgepoches Metrum
Hör ich Sulima schon!


6

Ihr Dichter und ihr Mädchen
Mögt lesen dieses Buch,
Gerollt von Schicksals Rädchen
Der Liebe Zauberspruch.

Ihr Dichter und ihr Mädchen
Mögt lesen, was ich schreib,
Gerollt ist Lebens Fädchen
Um ihren schönen Leib.

Ihr Dichter und ihr Mädchen
Mögt trinken meinen Wein,
Wenn ich im Himmelsstädtchen
Werd mit Sulima sein!


7

Um deinen Arm von Tibet
Den braunen Rosenkranz,
Weil meine Seele liebet
Die deine Seele ganz!

Am Halse Chinas Jade
Und Lapislazuli
Ägyptens, weil die Gnade
Der Liebe ziert dich, sie!

Im Nabel eine Perle,
Geschöpft im Roten Meer.
Nicht wie die blöden Kerle -
Dich liebet Salem sehr!

Am Arme Silberspangen.
Und von dem Muschelohr
Bis zu den glühen Wangen
Rubin ich dir erkor.

Und deine Mundrubine
Auflöse mir in Wein,
Der ich dir trunken diene
Mit meiner Liebespein!

Du Schatz vor allen Schätzen,
Du wahrer Edelstein,
Mein inniges Ergötzen -
Aufwiegt dich Gott allein!


8

Du Biene aller Bienen,
Gib mir den Honig ganz
Und deine Mundrubinen,
Der Zähne Perlenkranz!

Du Biene aller Bienen,
Gib mir den Nektar ganz
Und deiner Brustjasminen
Zitronengoldnen Glanz!

Du Biene aller Bienen,
Gib mir den Naphta ganz
Und laß mich Mosleminen
Dir tanzen Derwischtanz!


9

Im Harem würd ich wählen
Die Eine immer nur,
O Seele aller Seelen,
Geliebte Kreatur!

Und gliche ich Eunuchen,
Sollt meiner Seele Glut
Dem toten Leibe fluchen
In wilder Liebeswut!

Als Mosleminen-Turban
Wähl ich dein Lockenhaar.
O segne mir Papst Urban
Sulima immerdar!


10

Ich salbe dir mit Myrrhe
Den ganzen Frauenleib.
In öder Wüstendürre
Denk ich ans schönste Weib.

Ich salb mit Rosenöle
Dein Haar, mit Aloe.
Du vielgeliebte Seele,
Mein Glück du und mein Weh!

Ich salbe dich mit Narde
Vom fernen India.
Vom Norden stammt der Barde,
Der dich, o Südland, sah!

Ich salbe dir mit Onych
Den Leib, mit Tragakant.
Ich leg den schwarzen Onyx
An deine helle Hand.

Gesalbt im Salbungsbade
Tritt zu mir, schöne Frau,
Dann leg den Leib von Jade
In grünen Mooses Tau.

Da soll in Lenzes Lüften
Im roten Rosenhain
Mir deine Liebe düften,
Geliebte, mir allein!


11

Wie rote Rosenblüte
Ist deines Mundes Glut.
Gesang aus dem Gemüte
Strömt dir wie eine Flut.

Und deiner Brüste Spitzen
Wie Rosenknospe rot.
Gesänge sollen blitzen,
Wie Seligkeit im Tod.

In roten Rosenkelches
Geheimnis will ich ruhn.
Ein Lied dir singen, welches
Dich immer lobt und nun.


12

Ich will wie Nachtigallen
In süßem Liebesweh
Dir schluchzen und dir lallen,
O du mein Aloe!

Ich will wie Nachtigallen
In süßer Liebeslust
So schelmisch schön dir schallen
Vor der Jasminenbrust!

Ich will wie Nachtigallen
Der Rose süßen Glut
Lobsingen und gefallen
Für alle Zeiten gut.

Ich will wie Nachtigallen
Nächtlichem Pilger gleich
Zum Rosenhaine wallen
Und in der Liebe Reich.

Ich will wie Nachtigallen
Zur Rose und zum Stern,
Den ich erwählt vor allen,
Zu ihr und meinem Herrn!


13

Meine Seele sehnt sich glühend,
Dich Sulima anzuschauen,
Deine Anmut, Feuer sprühend,
Allerflammendste der Frauen!

Jede Nacht sind meine Träume
Liebestrunken, mondentauen,
Durch sie streichen Seidensäume,
Allerlieblichste der Frauen!

O Zypresse, rühr die Zeder
Mit dem zarten Blatt, dem blauen,
Händchen, weich wie Schwanenfeder,
Allerzarteste der Frauen!

Ferne bin ich in der Wüste,
Schmachte heiß im Abendgrauen,
Liebzukosen deine Brüste,
Allerlüsternste der Frauen!

Stechen mich die Lockenhaare,
Wimpernpfeile, Augenbrauen,
Sehn ich mich nach Ruh der Bahre,
Allertödlichste der Frauen!

Möcht mit deinem Kuß, o Süße,
Auferstehn in grünen Auen,
Huri du im Paradiese,
Allerseligste der Frauen!


14

Wähle mich als deine Zither,
Streiche meine Saiten sachte,
Lieder gibt es süß, nicht bitter,
Weil ich deine Seele achte.

Wähle mich als deine Harfe,
Greife mir in meine Stränge,
Sing ich herzlichem Bedarfe
Lobgesang und Huldungsklänge.

Wähle mich als Violine,
An die Schulter mich zu lehnen,
Daß ich dir mit Liedern diene
Und mit Liebesfreudentönen.

Aber, meine Morgenröte,
Aus den Instrumentensippen
Wähle mich als deine Flöte,
Spiele mich mit deinen Lippen!

Will ich geben dir den Windhauch,
Meines Lebens Seelenfunken,
Küss ich dich mit Lippen lind auch,
Welche viele Glut getrunken!


15

Persiens Feuerpriester fodern:
Sei die Flamme nimmer schief,
Sondern aufrecht soll sie lodern,
Möge flammen attraktiv.

Moslems kämpfen für den Glauben,
Tüchtig, wie es ihr Kalif
Mohammed schien zu erlauben,
Glaubenskampf sei attraktiv.

Indiens Brahmanen wollen
Weise nur der Weisheit Brief
Lesen und der Veda Rollen,
Sei die Weisheit attraktiv.

Christen wollen Gott anbeten
Wie am Kreuz der Meister rief - -
Wollen in den Garten Eden,
Sei der Glaube attraktiv.

Was mir da noch übrig bliebe?
Meine Seele sah zu tief
In das Augenlicht der Liebe -
Liebste! du bist attraktiv!


16

Schöpfen will ich aus dem Vollen,
Sei es Sünde oder Tugend!
Rechnet Salem zu den Tollen,
Toll war er in seiner Jugend!

In dem Tollhaus angekettet
Ließ man zu ihm keinen Priester,
Er allein in Nacht gebettet
Schaute nur Dämonenbiester.

Öde, Leere, schwarze Nächte
Und der Einsamkeit Verzehren!
Keine, die ihm Liebe brächte,
Lebte er für das Entbehren.

Schlug den Schädel an die Wände,
Hörte andre Irre schreien,
Träumte von Gazellenlende
Und sich eine Braut zu freien.

Und Sulima, wo war sie da?
Lebte froh mit anderm Kerle
Abendländisch dolce vita.
Jener hob die Muschelperle -

Hob die schöne Muschelperle,
Ließ sie aber gleich entrollen.
Ach ihr liebt nicht, ach ihr Kerle,
Liebt nicht Salem gleich, dem Tollen!


17

Wahrlich, Salem ist der Wahnsinn,
Das verstehn nicht die Philister,
Daß ich ganz im Geist der Wahn bin,
Nicht die Eltern und Geschwister.

Überall verspritz ich Galle,
Weil mir niemand Zucker spendet.
Elendvolle Narren alle,
Euer hohles Dasein endet!

Salem aber, er wird tanzen
Himmelwärts die Derwischtänze!
Wird zergehn im Großen-Ganzen,
Nie jedoch ihr Hundeschwänze!

Salem gleich dem Sonnenballe
Wird im Kosmos bald verglühen,
Ihr in eurem Sündenfalle
Werdet in das Nichts zersprühen.

Salem wird im Garten Eden
Überirdisch Hochzeit feiern
Und Sulima in Reseden
Wird er seine Liebe leiern!

Liebe, geistesleibgestaltig,
Das ist Salems ganzes Sehnen!
Fort, Philister mannigfaltig,
Salem laßt im Wahn sich wähnen!

Eurer armen Herzen Eiszeit
Ist der Sünde tote Ahnin.
Aber Gottes hohe Weisheit
Lebt in Salems Lieb und Wahnsinn!


18

Salbte mir mit Moschusöle
Meinen Leib, der schon gestunken,
Und ich reinigte die Seele
Mit dem Wein, den ich getrunken.

Bin in Chisers Quell geschwommen,
Der mein Herz mir gar verjüngte.
Liebliche, nun kannst du kommen!
Gestern mir die Träne blinkte,

Heute wurde mir ein Lächeln,
Freude spendete der Becher.
Mög mir deine Locke fächeln,
Deiner langen Wimpern Fächer.

Möge mir dein Auge blinzeln
Wie verschleierte Demanten.
Mögen wir an Liebesinseln
Überm Wolkenmeere landen!


19

Elfenbein vom Davidsturme,
Weiß wie eine Turteltaube
Bist du! Und ich gleich im Sturme
Glühend aufgescheuchtem Staube.

Tau von Chisers Lebensquelle
Bist du und Zypressenlaube,
Darin weidende Gazelle -
Ich gleich unterm Huf dem Staube.

Deine Augen gleichen Tauben
(Dieses schöne Gleichnis raube
Muselman vom Judenglauben)
Rühr die Schwinge sacht am Staube!

Gleichnis kommt vom Zuckerbäcker:
Du bist meine Honigsüße,
Wie im Tee der Zucker lecker!
Staub beherrschen deine Füße,

Wandle durch den Staub der Wüste
Und im Staube der Oase -
Staub dir deine Füße küsste,
Staub verehrte deine Nase.

Königin des Herzens, Weibchen,
Muse meiner Liebesleier!
Meine Blickes lichtes Stäubchen
Laß durchdringen deinen Schleier!

Möcht an deine Seidensäume -
Moschusreh und Turteltäubchen,
Inhalt aller meiner Träume -
Rühren meines Leibes Stäubchen.

Möge mich dein reines Leibchen
Fangen, wie Marie das Einhorn,
Wollt ich taumeln, Sonnenstäubchen,
In dein rosarotes Weinhorn.

Leprakranke, Lahme, Taube,
Huren, Bettler, Krüppel, Blinde:
Alle gleichen wir dem Staube,
Aber du dem Königskinde!


20

Gib mir Kand vom Zucker-Bäcker
Und dann halten wir ein Schläfchen.
Meines Weines Jade-Becher!
Meines Paradieses Evchen!...


21

Salem flog hinan zur Sonne,
Um Sulima dort zu finden.
Seines Lebens schönste Wonne
Stand nicht unter Sonnen-Linden.

Salem tauchte in den Mondschein,
Ob er dort die Liebste sähe.
Doch der süße Leib aus Mondstein
War nicht in des Mondes Nähe.

Salem flog zum Marsplaneten,
Ob sich dort die Liebste füge,
Doch sie war nicht in den Städten
Auf dem roten Stern der Kriege.

Salem flog zur Merkursphäre,
Ob die Frau der schönsten Düfte
Badete im Äthermeere,
Doch sie hüllten nicht die Lüfte.

Und zum Jupiter in Blitzen
Sah der Himmel Salem fliegen;
Sah Sulima da nicht sitzen,
Sah Sulima da nicht liegen.

Salem flog zum Stern der Venus,
Denn da war Sulima sicher!
Aber Jesus Nazarenus
Hielt Sulima königlicher!

Zu Saturnus Sphäre flogen
Salems Schwingen, dort zu feiern
Die Geliebte auf den Wogen,
Die war nicht auf Sternen bleiern.

Und zur Sphäre von Kristallen
Fixer Sterne Salem strebte.
Aber da sah er nicht wallen,
Die in seinem Herzen lebte.

Schließlich stieg zum Empyreum
Auf der Leiter Diotimas
Salem, singend ein Te Deum,
Fand die Glorie Sulimas!

Gott im Herzen, der dreifaltig,
Liebliche Sulima lebte
Geisterfüllt und schöngestaltig,
Ewigschön mit Salem schwebte!




ÄGYPTISCHE LIEBESLIEDER
(März 2004)


1

Die Geliebte, Ohnegleiche,
Schönste ist die Wunderbare,
Strahlend ist sie wie des Neujahrs
Stern vor einem schönen Jahre.

Tugendleuchtend, samtenhäutig,
Klar der Blicke Augenspiele,
Ihre süßen Lippen sprechen
Nimmer Worte sinnlosviele.

Schlanker Hals und schöner Busen,
Lapislauzli der Locken,
Goldener als Gold die Arme,
Ihre Finger Blütenglocken.

Pralle Lenden, schlanke Hüften,
Reize um die Schenkel fließen,
Edlen Ganges auf der Erde,
Raubt mein Herz mit ihrem Grüßen.

Sie macht aller Männer Hälse
Wenden, sich an ihr zu laben.
Jener Jüngling, den sie grüßte,
Ist der Erste aller Knaben.


2

Der Geliebte lockt die Seele
Mit der holden Stimme Schallen,
Von dem Schall der Stimme hat mich
Liebeskrankheit überfallen!

Er ist meiner Mutter Nachbar,
Doch wie könnt ich zu ihm gehen?
Ach, ich will die Mutter fragen,
Ach, wie gern möcht ich ihn sehen!

Unfreiwillig muß ich träumen,
Doch die Liebe ist mir Herrin!
Ach, er gleichet einem Narren,
Ach, ich gleiche einer Närrin!

Gerne wollt ich ihn umarmen!
Würd er doch die Mutter fragen,
Gerne wollte ich vom Golde
Eine Spende zu ihm tragen.

Daß ich deine Schönheit sehe,
Komm, daß sich die Mutter freue!
Alle Menschen würden jubeln
Über süßer Liebe Treue!


3

Seine Schönheit wollt ich sehen,
Saß ich in dem Haus zu klagen.
Sieh, da sah ich den Geliebten
Mit den Freunden in dem Wagen.

Weiß nicht wie ihm auszuweichen,
Unbefangen ihn zu grüßen?
Pfad scheint mir zu sein das Wasser,
Fels nicht unter meinen Füßen.

Närrisch bist du, meine Seele!
Spielst du so vor ihm die Kühle,
Wirst du, wenn er vor dir wandelt,
Doch verraten die Gefühle.

Ich bin dein! so würd ich sagen,
Meinen Namen würd er rufen,
Mich an letzter Stelle seines
Haushalts unten einzustufen.


4

Immer springt mein Herz und hüpfet,
Wenn gedenk ich meinem Schatze,
Nimmer läßts mich wandeln menschlich,
Hüpft und springt an seinem Platze.

Nimmer greife ich nach Kleidern,
Nimmer nehme ich den Fächer,
Nimmer Schminke aus dem Töpfchen,
Nimmer Salbe aus dem Becher.

Halt nicht an, dir wirds gelingen!
Sagts, so oft ich an ihn denke.
Herz, so mach mir keinen Kummer,
Närrin in des Busens Senke!

Wart, es kommt zu dir der Liebste,
Doch die Blicke auch von allen.-
Herz, laß nicht die Menschen sagen:
Weiber so in Liebe fallen!


5

Ich verehre Unsre Fraue,
Preise sie und spend ihr Minne,
Rühm die Herrscherin des Himmels,
Künde Lob der Königinne.

Sie erhörte meine Bitten,
Ließ mich meine Herrin sehen,
Jene ist von selbst gekommen,
Großes ist an mir geschehen!

Freute mich und jauchzte fröhlich,
Als sie zu mir kam so eigen.
Wenn sie wandelt, alle Männer
Sich vor ihr in Liebe neigen!

Ich gelob mich Unsrer Frauen!
Hab mein Lieb von ihr empfangen,
Ein zwei Tage blieb mein Liebchen,
Gestern ist sie dann gegangen.


6

Ging vorbei an seinem Hause,
Stand des Hauses Pforte offen,
Hab ich ihn bei seiner Mutter
Und den Brüdern angetroffen.

Alle die des Weges gingen,
Sind verliebt in ihn gewesen,
Diesen Jüngling ohnegleichen,
Diesen Jüngling auserlesen!

Er sah zu mir, da ich wandelt,
Jauchzt ich, weil es mich beglückte,
Froh, weil er mich angesehen,
Weil ich seinen Blick erblickte.

Ach, wenn seine Mutter wüsste!
Seine Mutter könnt mich heilen!
Unsre Liebe Fraue, sags ihr,
Dann will ich zum Liebsten eilen!

Küsste ihn vor seinen Brüdern,
Würd ihn meinen Liebsten nennen,
Wären auch die Menschen neidisch,
Würd der Liebste mich erkennen.

Unsre Fraue will ich feiern,
Läßt sie mich den Liebsten sehen
In der Mitternacht, die schön ist,
Schön ist im Vorübergehen.


7

Gehst du von mir für ein Essen,
Willst du Speise nur genießen?
Willst schon anziehn deine Kleider?
Ich bin Herrin weicher Kissen!

Gehst du von mir, weil dich hungert,
Gehst du von mir, weil dich dürstet?
Nimm du meine prallen Brüste!
Durch den Trank wirst du gefürstet!


8

Süß die Lieblichkeit des Lagers,
Süß die Schöne in dem Sessel,
Liebesäpfel ihre Brüste,
Schlanker Arm wie Schlangenfessel.

Ihre Stirne ist aus Weide,
Schwänchen ich die Wege walle,
Ihre Locken sind der Köder
Und ich hocke in der Falle!


9

Stromab fahr ich mit der Fähre,
Mit dem Schilf in meinen Armen.
Gib mir heute nacht mein Liebchen!
Fleh den Herrn ich um Erbarmen.

Dieser Strom ist goldner Süßwein,
Schilfrohr ist des Herren Güte,
Seine Boten Blumenknospen,
Herrin ist die Lotosblüte!

Unsre Liebe Fraue freut sich,
Deren Schönheit uns erhellte!
Eine Liebesäpfelschale
Erde vor den Himmel stellte!


10

Stromab fuhr ich im Kanale,
Blinzelnd ich zur Sonne sehe,
Möcht errichten meine Zelte
Bei den Wassern an der Höhe.

Unverzüglich wollt ich eilen,
Dachte an den Herrn der Sonne,
Wollte den Geliebten sehen,
Der zum Tempel wollt der Wonne.

Stand an der Lagunenmündung,
Da du nahmest meine Seele,
Da wir saßen unter Bäumen
Bei dem Tempel mit der Stele.

Pflückt ich von den Tempelbäumen
Fächerzweige mir, die zarten,
Sah dem Tun zu meines Liebsten,
Schaute in den Blumengarten.

Meine Arme voller Blumen,
Balsam troff mir aus den Haaren,
Fühlte mich wie Unsre Fraue,
Da wir Eins in Liebe waren!


11

Fort geh ich von dem Geliebten,
Also ists des Schicksals Wille.
Seiner Liebe ich gedenke,
Sieh, da steht das Herz mir stille!

Seh ich süße Kuchenstücke,
Salzig schmecken sie mir alle,
Auch der liebe goldne Süßwein
Schmeckt mir nur wie Vogelgalle!

Deine Küsse, o Geliebter,
Können einzig Freude geben!
Schenke mir der Herr der Liebe
Freude, Liebe, ewges Leben!


12

Spricht die Taube: Schau, es taget,
Wohin führt dich nun dein Glaube?
Aber nicht doch, lieber Vogel,
Willst du schelten, liebe Taube?

Fand den Liebsten in der Kammer,
Meine Seele überglücklich!
Nimmer will ich dich verlassen,
Hand in Händchen halten schicklich.

Werde meine Schritte mit dir
Hin zu jeder Stelle lenken.
Machst mich zu der Mädchen Ersten,
Wirst nie meine Seele kränken.


13

Dachte liebend deiner Liebe,
Halb geflochten meine Locken,
Eilends wollte ich dich sehen,
Ließ den Kamm im Haare stocken.

Laß mich los, Geliebter, laß mich,
Möchte meine Haare flechten!
Sind geflochten meine Locken,
Löst du sie in Liebesnächten!


14

Was denn redet deine Seele:
Meine Lust ist, sie umarmen!
Sieh, beim Herrn, mich zärtlich nahen,
Meine Kleider auf den Armen...


15

Was tat heute die Geliebte?
Muß ich schweigen leidumfangen?
Ließ mich in der Pforte stehen,
Ist ins Kämmerlein gegangen!

Sagte nicht: Geliebter, folge,
Folge, Liebster, in die Kammer!
Einsam steh ich, leidumfangen,
Wehvoll, voller Liebesjammer!


16

O beim Herrn der Herrn, Geliebter,
Komm zum Fluß gewundne Pfade,
Daß ich, wie du es begehrtest,
Nackt vor dir im Flusse bade!

Laß dich meine Schönheit sehen
Ohne Schleier allenthalben,
Nur gehüllt in die Balsame
Und verschleiert von den Salben.

Steige dann vor dir ins Flußbett,
Fang ein Fischlein an der Küste,
Langen Fisch mit meinen Fingern,
Leg ihn zwischen meine Brüste!


17

Wenn umarm ich die Geliebte
Und umfange ihre Seele,
Ists wie Aloe und Myrrhe,
Narde, Weihrauch, Salbungsöle.

Küss ich, küss ich die Geliebte,
Läßt sie ihre Lippen süß sein,
Ist mir, muß ich trunken jubeln,
Jubeln trunken ohne Süßwein!


18

Jüngling, bist beim Bettenmachen,
Denkst an Liebchen auf dem Bette?
Höre, Jüngling, was ich rate,
Wie’s ein Mädchen gerne hätte:

Feinstes Linnen nimm als Laken,
Edles Staatstuch kannst du missen,
Nimm nicht grobgewobnes Sacktuch,
Parfümiere deine Kissen!


19

Wär ich ihre schwarze Sklavin,
Würde ihre Füße waschen,
Würde ihres bloßen Leibes
Einmal einen Blick erhaschen!


20

Meine Herrin fährt voll Freude
In das Land des Weins, das holde,
Liegt davor im Wasserbette
Eine Insel ganz von Golde.

Müssen nicht mehr Opfer bringen,
Liebe selber will uns heilen!
Laß uns in dem Land des Rausches
Alle Ewigkeiten weilen!


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