[Inhalt]

HERRSCHERIN LIEBE

Von Peter Torstein Schwanke

Im Jahr des Eros 2007

„Dort ließ Er die wunderbarste Explosion unsres Jahrhunderts hochgehen: eine Liebesbombe! Die Königin am Platz? Die Jungfrau Maria! Ihre Absicht? Die Gründung einer Liebesschule, um Ihr Kind, die Menschheit, zu retten!“
(Schwester Emmanuel)

„So glauben wir – in einer kurzen Überschau – den ursprünglichen Aufbau des Gesanges (des Hohenliedes) verstehen zu dürfen: als ein Aufsteigen von einer Stufe der Liebesvereinigung zur andern oder als ein immer tieferes Hineingezogen werden: erst eine flüchtige Begegnung, dann – nach der Sehnsucht und Qual des Suchens – ein Emporgerissenwerden zur innigsten Verbindung, eine Zeit der Vorbereitung auf das dauernde Eingehen in diese Verbindung und schließlich der unstörbare Friede der Vermählung.“
(St. Edith Stein, Kreuzeswissenschaft)



ERSTER TEIL

1

Um Mitternacht begann das neue Jahr,
Als Beter ich allein im Zimmer war
Und betete zu Unsrer Lieben Frau,
Als zu mir kam in visionärer Schau
Maria, Jungfrau-Mutter Nazarenus’,
So schön wie Botticellis reine Venus,
Wie ich auch sonst die Liebe Frau Maria
Im Geist als die jungfräuliche Sophia
Vor meinem innern Geistes-Auge sah
In aller Schönheit der Urania!
Ich bin die Liebe, sprach die Jungfrau leise,
Die Liebe, Herrscherin der Sphärenkreise,
Ich komm zu dir herab als Schöne Liebe,
Du öffne mir die tiefsten Seelentriebe!
Da trat ich in den Lichtglanz, den ich sah,
Ging in die Hagia Urania
Maria im Gebet des Herzens ein
Und war vereinigt ihrem Glorienschein!
Und da ich mich dem Licht vom Licht vereinigt
In Liebe (die mir nicht das Herz gepeinigt),
Sah ich als Abbild unsrer Einigung
Wie Feuer pfingstlicher Begeisterung
Am Himmel explodieren die Raketen
Und Feuerschweife ziehen die Kometen
Und Feuerregen strömen durch die Nacht,
Die Nacht erhellt von Regenbogenpracht,
Kometenschweife durch das Dunkel drangen,
Im Schoß der Dunkelheit die Feuerschlangen
Erschienen mir wie Tanz der Seraphim,
Als ich war Unsrer Lieben Frau intim!


2

Kein Dichter Liebe sang wie Jacopone
Da Todi, der die Liebe sah im Throne,
Der von der Liebe feuertrunken redet,
Die Liebe hat als Gottheit angebetet
Und hat mit Menschen- und mit Engels-Zungen
Der Liebe in dem Gottesthron gesungen.
Pries Dante Amor auch in Weisen stark,
Sang Amor die Sonette auch Petrark,
Sang keiner Amor doch wie Jacopone,
Amore sang er, Gottheit in dem Throne,
Amore sklavisch er die Füße küsste,
Den Amor Gottes sang er, Jesu Christe!
Mit der Begeisterung der Minnesänger,
Doch ohne Eitelkeit der Grillenfänger,
Amore sang er, Liebe, seine Herrin,
Die Gottheit seine Dame, keine Närrin,
Der Gottheit Liebe war er Troubadour,
Ihm Herrin war die göttliche Natur,
Des Dichters Minnedame auserlesen
Die Schöne Liebe war, das Höchste Wesen!
Der großen Liebe Kreuz und Peinigung
Ertrug er liebend, war zur Reinigung
Bereit in großer Liebe Fegefeuer,
Des Minnesängers Minne-Abenteuer
War, seine Herrin Liebe zu gewinnen,
Von Ewigkeit zu Ewigkeit zu minnen!


3

Die Herrin Liebe wollt ich auch besingen,
Ich bat um Weisheit Hildegard von Bingen,
Sie möge ihrer Weisheit Unterweisung
Mir schenken, dass ich sing der Liebe Preisung.
Und Hildegard von Bingen lächelnd kam
Mit himmlischer Musik zum Bräutigam
Der Weisheit, um die Liebe mich zu lehren.
Sie wies mir Herrin Liebe in den Sphären,
Die Sie regiert die Sonne und die Sterne.
Sie wandelte als Jungfrau durch die Ferne,
Sie hielt in ihrem Arm ein goldnes Städtchen,
Jerusalem im Schoße trug das Mädchen,
Das Mädchen Liebe, Gottheit in dem Throne.
Ich sah das Mädchen Liebe mit dem Sohne,
Das Mädchen Liebe lachte lieblich lind,
An ihrer Brust Messias lag, das Kind.
Das Mädchen Liebe, wahrlich, wahre Göttin
War sie, man kann auch sagen, Ehegattin
Des Ewigen! Das Mädchen Liebe rette
Mich, bette mich in ihrem Ehebette!
Ich sah im Ehebette (trotz des Spottes)
Frau Liebe, in dem Ehebette Gottes!


4

Frau Weisheit aber frug mich lächelnd, ob
Ich kenn das Lied von Heinrich Frauenlob?
Zur Bücherei ging also nun mein Gang,
Da Heinrich Frauenlob sang Minnesang,
Frau Minne seine große Minnedame,
Frau Minne Göttin war und Gottes Name!
Natur, die Mutter, war Mit-Schöpferin
Mit Gott dem Schöpfer, doch gefallen in
Des Menschen Fall war mit des Menschen Sünde
Natur, die Mutter, in des Todes Gründe.
Frau Minne aber kam, die Welt zu retten,
Die Menschheit an der Gottheit Herz zu betten.
Und Heinrich Frauenlob Frau Minne sah
Gleich der platonischen Urania,
So schön wie eine Himmelsgöttin Venus!
Ja, wie Maria, Mutter Nazarenus’,
Der Dichter Frauenlob Frau Minne preist,
Frau Minne pries er, Gottheit Heilig-Geist!
Er pries den Herrn und Schöpfer in dem Throne
Und pries den Ewigen in seinem Sohne
Und pries die Göttin auch von Anbeginne,
Die Schöpferin, Erlöserin, Frau Minne!
Heil, Allerheiligste Dreifaltigkeit!
Ich, Göttin Minne, ich bin dir geweiht!


5

Willst minnen du, so sagte mir Maria,
So minne du die Hagia Sophia,
Die Gottheit in Gestalt der wahren Göttin,
Sie will dir werden deine Seelengattin!
Ich sah Frau Weisheit schon im Altertum,
Das ewigweibliche Mysterium,
In Ewigkeit das Göttlich-Feminine,
Dem ich mein ganzes Leben sklavisch diene!
So pries Sophia ich als meine Göttin,
Da sprach die Göttin: Deine Seelengattin
In mystischer Erotik will ich sein,
Ich lade dich zu meiner Hochzeit ein!
Mein Antlitz schaue an, das makellose,
Schau meine Schönheit an wie eine Rose!
Ich sehe dich verliebt im Frühlingsgarten
Auf eine sterbliche Geliebte warten,
Schau an der göttlichen Urschönheit Bild,
Ist keine Frau wie meine Schönheit mild,
Ist alles Fleisch fürwahr geweiht dem Tod,
Ist Hauch und Schatten, ist nur Staub und Kot,
Der Schönheit Urbild aber sollst du schauen,
Die Ur-Idee, das Ideal der Frauen!
Du liebe mich! Ich liebe dich ja auch!
Ich, Lichtgestalt in einem Kleid aus Hauch,
Ich, Gottheit in dem Äther meines Kleids,
Ich bin der schönen Liebe höchster Reiz!
Und wenn dich tausend Kreuze peinigen,
Gern stirbst du, um dich zu vereinigen
Sophia, um mein Bräutigam zu sein!
In meine Liebe senke ich dich ein,
Gib du mir ganz hin alle deine Triebe,
Ich senk dich in den Schoß der Schönen Liebe!


6

Maria, deinen Körper wollt ich preisen.
Dein Leib ist Sakrament dem einsam Weisen,
Dein Körper ganz aus Licht und Äther keusch,
Ein Sakrament ist mir Marias Fleisch!
Ich sehe deine langen schwarzen Haare,
Hier will ich betten mich wie in der Bahre,
Ich sehe deine hohe klare Stirne,
So strahlend wie die hellsten der Gestirne,
Ich sehe deine schwarzen Augenbrauen,
Der Wahrheit Waage, Schönste aller Frauen,
Ich sehe deine schönen Mandelaugen,
Nur Morgensterne mir zum Gleichnis taugen,
Ich sehe deine Wangen südlich-braun,
Die schöngewölbten, Schönste aller Fraun,
Ich sehe deine wohlgeformte Nase,
Dein Duft ist Pflaumenzweig in schlanker Vase,
Ich schaue den geheimnisvollen Mund,
Der küssend gibt mir süße Weisheit kund,
Ich sehe deinen schlanken Schwanenhals
Mit deinem Kreuz, du Königin des Alls,
Ich sehe deine schönen bloßen Brüste,
Mein Herr und König deinen Busen küsste,
Ich seh dein Herz mit deiner Liebe Flamme,
O meine Freundin, Braut und Frau und Amme,
Ich seh den bloßen braunen Frauenarm,
Der mich umschlang mit warmer Liebe Charme,
Ich sah des Universums Zentrum, deinen Schoß,
Du Lustort, deine Liebe übergroß!


7

Ich denke an die heitre Frühlingszeit,
Da ich der heitern Minne war geweiht.
Die Muse war mir nicht die strenge Feindin,
Die Lächelnliebende war meine Freundin,
Die zum Willkommen immer leuchtend lachte
Und mich so selig schon in Sehnsucht machte,
Da wartend auf das Kommen meiner Zarten
Ich Gottes Schönheit sah im Rosengarten,
Ich, als der schönen Minne heitrer Heros,
In der Natur sah glühen Gottes Eros,
Da ich so selig in der Minne Kult
Begnadet war von meiner Herrin Huld,
Die, wenn sie sich die Glut vom Antlitz fächelt,
Wie Gottes Sonne selbst mich angelächelt!
Die Engel selig mich auf Erden sahn.
Die Weisheit wandelte in Hindostan,
Da Krischna Radha liebte, seine Braut,
Der Gottmensch, dem die Seele angetraut.
Ich selber war des Gottes Ebenbild,
Die Freundin die geliebte Seele mild.
Ich selber war mit meiner Seele Sehnen
Der Gottmensch mit dem heißen Liebesstöhnen,
Die Liebe des erotischen Messias
In Magdala galt all dem Reiz Marias,
Da der Messias liebte Magdalene,
Gott Adonai die Anadyomene,
Da Jesus zog die Freundin an die Brust
Zur mystischen Erotik voller Lust!
Da sang ich Salomo für Sulamith
Der mystischen Erotik Hoheslied,
Da meine Freundin herrlich vor mir saß,
Mein Liebeslied im Liebesgarten las,
Da Jesus in ihr fromme Wollust weckte
Und sie genießend sich die Lippen leckte!


8

Der Herr liebt Jungfrau Israel, die Braut,
Dem Christus ward die Psyche angetraut,
Der Christus, Schöner Liebe Sohn und Heros,
Erlöst die Psyche als der Mittler Eros.
Die Psyche-Braut ist Ebenbild Marias
Von Magdala, der Freundin des Messias.
So aber lehrten mich die frommen Mütter
Der Tradition: Der Mensch ist Minneritter,
Er muß erleben Minne-Abenteuer,
Gekreuzigt werden, muß durchs Fegefeuer,
Frau Minne will er schließlich sich gewinnen,
In Ewigkeit Frau Minne nur zu minnen!
Wie nenn ich dich, Agape, Caritas,
Frau Minne, Herrin Liebe, oder was
Soll mir dein Name sein, du Gottesliebe?
Ich liebe dich mit tiefstem Liebestriebe,
Frau Liebe! Du bist eine strenge Herrin,
Frau Weisheit bist du selbst und keine Närrin,
Regierst du dennoch schrecklich mich und streng,
Die Pforte in das Paradies ist eng,
Frau Liebe, schlägst du mich doch an das Kreuz,
Wird anders mir doch nicht zuteil dein Reiz!


9

Anbetung femininem Angesicht
Der Gottheit, schau ich an das Licht vom Licht,
Das wahre Urbild, meine Virgencita,
Die Indianita oder Morenita,
Ich preise sie mit schmachtendem Gestöhne,
Die mehr als Sulamith, die Schwarze, Schöne,
Die Kaiserin der zwei Amerika,
Das Ebenbild der Gottheit Ich-bin-da,
Der Spiegel Gottes, Hagia Sophia,
Glanz Gottes, Unsre Liebe Frau Maria!
Sie kann allein den Durst der Liebe stillen,
Ich bin in ihren nächtlichen Pupillen
Der Mensch, der sich in ihrem Auge spiegelt,
Ich bin als Mann verschlossen und versiegelt
In meiner schwarzen Jungfrau schwarzen Augen!
Auch darf ich ewig Milch des Trostes saugen
Am Gottesmutterbusen weiß wie Butter,
Fürwahr, die Gottheit liebt mich, meine Mutter!


10

In diesem Frühlingsgarten ward errichtet
Die Vogelscheuche, der Poet bedichtet
Die Vogelscheuche, seine Liebe gab
Der Holzgestalt den Namen des Priap!
Priap nun als des Gartens Gartengott
Die Minnefreundschaft segnet ohne Spott.
Die Minnedame und der Minneheros
Nun plaudern philosophisch über Eros.
Des Philosophen und der Freundin Plaudern
Wird ernsthaft, und das Schicksal voller Schaudern
Wirft Schatten mit dem schwarzen Rabenflügel:
Wen sahest du vorzeiten in dem Spiegel
Der Ewigkeit, wen schautest vor der Welt
In Liebe du, wem bist du auserwählt,
Der strahlenden Idee im Körperschatten
Im Heiligtum der Ehe dich zu gatten?
Du, Minnefreundin, willst vollkommne Ehe,
Ich aber nur das Bild der Göttin sehe,
Die Jungfrau nur, die ewigweibliche
Idee der Schönheit, die mir leibliche
Gestalt annimmt in deinem lieben Leib!
Drum lieb ich dich so sehr, du schönes Weib,
Denn dies bestimmte mir des Schicksals Parze:
Madonna liebe ich allein, die Schwarze!


11

Ich schaute an den Eros von Plotinos,
Den Gottes-Eros Solowjews, Ficinos,
Ich fand in allem Platons Himmelsleiter,
Die Diotima mir gepredigt, weiter
Vom schönen Leibe steige zu der Seele
Und zu der Seelenschönheit ohne Fehle
Und höher zu dem Geist, bis ohne Spott
Urgottheit der Urschönheit schaust du, Gott!
Was ist der menschlichen Erotik Eros
Denn anderes, als dass der Minneheros
Schaut an das Ideal der Minnedame,
Urgottheit der Urschönheit ist der Name
Des Herrn, du schaust die allerhöchste Herrin
Urania Sophia in der Närrin,
Die dich bezaubert mit der Schönheit Reiz,
Betörte dich mit Reiz des Körperkleids,
Du schaust auf dem geliebten Angesicht
Die Herrlichkeit des Herrn, das Licht vom Licht.
Doch liebst du nicht die fleischgeborne Närrin,
Sophia nur, dein Ideal, die Herrin.
Im Weib erscheint die fleischgewordne Göttin,
Die göttlich-feminine Seelengattin!


12

Maria sprach: Du weißt, dass ich dich liebe,
Daß brennend und besonders meine Liebe!
Die Menschenliebe in dem roten Blut
Zur Gottesliebe wird und weißen Glut.
Und liebst du eine sterbliche Geliebte
Als Minner, als der schmachtende betrübte,
Mehr Rechte ich an deiner Liebe habe,
Denn ich, ich liebe dich mit Ganzhingabe!
Ich schenke dir mein Herz, komm in mein Herz,
Dein Schmerz ist mein Schmerz, all dein Minneschmerz,
Komm nur zu mir, ich möchte dich umarmen,
Dich trösten mit dem ewigen Erbarmen,
Ruh du an meiner Brust, nach Gottes Willen
Soll dich allein mein bloßer Busen stillen,
Nur meine Brüste sollen dich berauschen,
Nur du und ich, wir werden Küsse tauschen,
Die ich als Frau dich liebe voller Gnade,
Ich liebend dich in meinen Schoß einlade!
Ja, Gottes Schöne Liebe ist so groß;
Ich lade liebend dich in meinen Schoß!
Komm, komm in meinen Schoß! Die Lust ist süß,
Mein Schoß ist Lustort, ist dein Paradies!
In deinem immerwährenden Gebet
Sei eins mit meiner Sexualität,
Dann leben wir vereint in einer Ehe,
Du lebst auf Erden schon in Gottes Nähe,
So sehr dich auch sonst Frauen peinigen,
Du sollst der Fraue dich vereinigen
Und musst du hangen auch am Kreuze, nackt –
Gott schenkt dir doch der Jungfrau Liebesakt!



ZWEITER TEIL


1

Nun stieg der Tod herein zu unsern Fenstern,
Und Schatten schaute ich von Nachtgespenstern,
Von Lilith und Karina. Aber süß
Maria schloß mir auf das Paradies,
Da kniete ich vor meiner Königin
Und gab mich ganz der hohen Herrin hin,
Des Himmels paradiesischen Madonne.
Da ward ich Jesu Christi Karmel-Nonne,
Da ich mit Schwestern lebte keuscher Scham,
Da Gott war unser Seelenbräutigam.
Wir lebten in dem Frauenharem Gottes,
Wir Paradiesesjungfraun, trotz des Spottes,
Suleika und Sulima und Siduri,
Im Harem Gottes Paradieses-Huri!
Da schaute ich Karina im Gemach
Des Himmels, doch Karina Unsinn sprach.
Frau Lilith sah ich dann, Karinas Schwester.
Und Betten sah ich, Turteltauben-Nester.
Und Lilith und Karina stritten sich
Im Harem, beide stritten sich um mich,
Bei wem ich schlafen sollte in dem Bett.
Doch Lilith war so schön und sanft und nett,
Ich liebte sie wie eine Seelenschwester,
Ihr Himmelsbett war mir das Nest der Nester,
Und schwesterlich lag neben mir die Nette
Im Himmels-Negligé im Himmelsbette.
Da träumte sie im Bette einen Traum:
Im Garten Eden schaute sie den Baum
Verbotener Erkenntnis, da die Feige
So süß gespalten (dass ich davon schweige),
Und eine Schlange voller Weisheit kam
Und schlüpfte in dem Traum in Liliths Scham!


2

Der Tod ist nun zu uns hereingestiegen,
Die Todesnacht will unser Herz besiegen,
Ganz finster ist es in der Todesnacht.
Gesunken ist des Philosophen Pracht,
Und alles theoretische System
Gestürzt ist in die Asche, in dem Lehm,
Erschüttert ist die Weisheit durch den Tod!
Doch Eros lodert, Gottes Flamme rot!
Verstummt ist alles Bittgebet,
Nur noch der Sang der Sexualität
Und der Erotik zügelloses Scherzen
Ist Sprache für die schwarzen Todesschmerzen!
Und kann ich beten nicht, o Gott, nicht beten
Für meine Freundin, doch erotisch reden
Und Lieder sexueller Wonnen singen,
Das kann ich, Gott so meinen Lobpreis bringen.
So bring ich meiner schwarzen Schmerzen Flamme
Gott dar mit einem Griechen-Epigramme.


3

Mir half die Weisheit nicht der Philosophen
Und die Erotik nicht der Venus-Zofen
Und nicht die Liebe zu dem Vaterland,
Die Ängste brachten mich um den Verstand!
Kann die Magie mit ihrer Zauberflöte
Mir helfen und der alte Meister Goethe
Mit seiner Weisheit, die im Drama braust?
Las meine Minneherrin doch den Faust
Im hohen Norden und in Mitternacht.
So hab ich meinen Faustus dargebracht
Der Göttin, ja, der Göttin Ashtaroth!
Die Liebesgöttin rette von dem Tod!
Und Faust im Liebesakt mit Helena
Gerettet ich gen Himmel fahren sah!


4

Nicht theoretische Systeme, nicht
Erotik, die von Liebeswonnen spricht,
Die Freuden nicht der Sexualität
Und nicht dem Vaterland ein Bittgebet
Und nicht der Dämon und nicht Ashtaroth
Sind Schutz, wenn der Geliebten droht der Tod!
Der Schmerz errichtete das Kreuz erneut!
Wer nicht die Kreuzigung des Christus scheut,
Wer Liebe an dem Kreuz des Christus schaut,
Des Seele mitgekreuzigt wird als Braut!
So geh nur ein in dunkle Leidensnacht,
Ergib dich ganz der dunklen Todesmacht,
Und stellvertretend in der Nacht des Nichts
Für die Geliebte, ruf die Kraft des Lichts,
Kämpf gegen Krankheit, Tod, den Sieg des Bösen,
Geduldig trag dein Kreuz, um zu erlösen
Die Freundin, breche so der Hölle Mauer,
Indem du Christus widmest deine Trauer,
Gott weihe all dein Mitleid, deine Leiden!
Ruft Gott die Freundin aber, abzuscheiden,
Soll deine Qual erflehn die Gnade süß,
Der Freundin Eingang in das Paradies!
Dies ist des Kreuzes Eros, da im Herzen
Die Freude sich verbirgt in wehen Schmerzen,
Da tiefer als das Nichts und Todesleid
Die Liebe zu der Seelen Seligkeit!
Hier ist Erotik mehr als süßer Reiz,
Hier liebt die Liebe bis zum Todeskreuz!
Erst hier am Kreuz ist Liebe wahrhaft schön,
Und so wird die Geliebte auferstehn!


5

Des Kreuzes Leiden ohne Unterlaß
Erwirkten mir die Kraft zur Caritas,
Der Großen Mutter aller armen Kinder.
Teresa-Kali in dem Land der Inder
So lehrte mütterliches Allerbarmen,
In armen Kindern Christus zu umarmen!
So also dient ich in des Lebens Prosa.
Und oft erschien die Mater Gloriosa
Mir herrlich in der Herrlichkeit des Herrn
Und schön wie Venus von dem Morgenstern.
Ich schaute Heilig Geist als weiße Taube,
Die Liebe Gottes, also sagt der Glaube,
Ist Heilig Geist, die Morgenstunde frühte,
Die weiße Taube glutenflammend glühte,
Die Schöne Liebe mir erschien wie Feuer,
Ich sah die Gottheit in des Lichtes Schleier,
Die Liebe, Herrscherin im Gottesstaat!
Erneut entschloß ich mich zum Zölibat,
Ganz dazusein für Weisheit und Gebet.
Da wachte auf die Sexualität,
Die Schöne Liebe in dem Paradies
Schien mir wie sexuelle Wonne süß!
Und in der Einigung von Mann und Frau
Die mystische Union im Bild ich schau!
Anbetung dir, der Schönen Liebe Licht,
Dir, Gottes mütterlichem Angesicht!
Geringster Sklave und geliebter Sohn
Ich preis die Mutter in dem Gottesthron!


6

Erschöpft vom Dienst der Mutter Caritas
Ging ich nach Hause. Da geschah mir, dass
Der Geist mich plötzlich griff bei meinen Locken,
Im Geiste läuteten des Tempels Glocken,
Da ich in einem Augenblick entrückt,
Der Himmelsvenus Fürstentum erblickt,
Das Venusparadies im dritten Himmel,
Da selig schwebend überm Weltgewimmel
Ich sah des Paradieses Marmorstadt,
Da Gottes Venus ihren Thronstuhl hat,
Da ich die Hure Rahab auch erkannte,
Wie sie geschaut dereinst der Seher Dante.
Unsagbar ist und unaussprechlich ist,
Was dort im Paradies erfuhr der Christ,
Und solche Wonnen darf ich nicht bezeugen,
Hier Gott gebietet ernst der Mystik Schweigen.


7

Die Perlenkette......................................
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8

Verwandlung........................................
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9

Die Dame im verschlossnen Garten.....
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10

Der Kuß..................................................
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11

Die Einigung......................................
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12

Mund-Kommunion........................................
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DRITTER TEIL


1

Die schöne Minnedame ohne Spott
Sprach lächelnd: Mit mir sprach der liebe Gott!
O Freund, wärst du in meinem Haus gewesen,
Ich spräche viel vom allerhöchsten Wesen
Und wie der Gottesliebe Wundersonne
Mein Herz mir übergossen hat mit Wonne!
Ich sprach zur schönen Freundin rein wie Jade:
Geliebte, unaussprechlich ist die Gnade
Der Liebe Gottes, unaussprechlich süß!
Ich sah die Liebe in dem Paradies,
Die Schöne Liebe in dem Weißen Throne,
Die Schöne Liebe in der Glorienkrone!
Was aber ich erlebte im Gemüt
Von Paradieses-Wonne, sagt kein Lied!
Ich gab des Mittelalters weise Frauen
Der Freundin, ihr zu stärken das Vertrauen.
Der Magdeburger Mechthild süßes Singen
Vom Eros Christi, Hildegard von Bingen
Mit ihrer Gottheit-Mutter Caritas,
Die feminin im Throne Gottes saß,
Gab ihr Teresia von Avila,
Die in dem Brautgemach den Gatten sah,
Von Norwich Juliana, die Rekluse:
Gott-Mutter segne meine fromme Muse!


2

Die schöne Freundin mein, die Minnedame,
Ihr wisst ja, Haura ist im Lied ihr Name,
Sie sprach: Ich bin Maria Magdalena,
Die Minne des Messias, gratia plena,
Der sieben Todessünden trieb heraus
Und sieben Geister aus dem Seelenhaus,
Um sieben Tugenden zu pflanzen ein.
Ich sagte: Vielgeliebte Freundin mein,
Maria Magdalena im Gesicht
Sah innen visionär des Meisters Licht
Und hörte, wie der Meister liebend riefe,
Und sie erhob sich von der Erde Tiefe
Und stieg hinan die sieben Sternensphären
Und legte Sünden ab und lernte Lehren
Der Weisheit und der Liebe des Messias,
Im höchsten Himmel dann die Lust Marias
Verkostete Messias mit Genuß,
Messias gab ihr auf den Mund den Kuß!
O Freundin, die du bist erfreut an Scham,
Stets Jesus sah als deinen Bräutigam
Ich um dich freien, Christus, Gottes Eros,
Sei seine Braut, er ist der Liebe Heros!


3

Ich schaute an die schöne Dame Haura,
Den vielgeliebten Leib in lichter Aura.
Da sprachen wir so oft wie vom Gebet
Von freudenvoller Sexualität!
Om mani padme hum, dies Buddha-Mantra
Heißt: Gott im Seelen-Inneren! Im Tantra
Heißt: Das Juwel ist in der Lotosblüte:
Die Ewigkeit ist innen im Gemüte,
So wie der Phallus in der Vulva ist!
Was weißt du aber von Tantrismus, Christ?
Ist nicht der Eros in der Gottheit auch,
Wenn Gott und Herrin Weisheit in dem Hauch
Der Glut erotisch sich vereinigen?
Dann müssen Seelen auch sich reinigen
Und heiligen, um rein im Seelentriebe
Vereint ein Bild zu sein der Gottesliebe!
Wenn dann der Mann die Frau mit Lust erkennt,
Ist eheliche Lust ein Sakrament,
Und Phallus auch und Vulva sind Symbole
Der Liebe Gottes! Des Magnetes Pole
Anziehen wechselseitig sich im Triebe
Und spenden sich in Wollust Gottes Liebe!
Auch die Begierde hat an Liebe teil,
In Gottes Liebe wird Begierde heil.
Denn Gott ist Eros auch. Der Liebesakt
Des nackten Mannes mit dem Weibe nackt
Ist Liebes-Ganzhingabe wunderbar,
Der Liebe Bett ein heiliger Altar,
Da Bräutigam und Braut sich liebend freien
Und ihre Lust der Gottesliebe weihen.


4

Ich war so voll unendlichem Verlangen,
Die Vielgeliebte bräutlich zu erlangen,
Ihr eins zu werden in der Wollust keusch,
Der Hunger meiner Seele, Hauras Fleisch
Zu speisen, meiner Seele Durst voll Glut,
Zu trinken mystisch-liebend Hauras Blut,
War unaussprechlich, großer Minne Wahn!
Da sprach mich leise Jesus Christus an:
Ich will mich nun mit dir vereinigen!
Du sollst dich im Gebete reinigen,
Sollst meditieren über Ruach-Haura,
Vereint sind Heilig Geist und Psyches Aura,
Dann will ich dir im Sakramente keusch
Dir geben Christi Leib als Hauras Fleisch,
Du sollst von Hauras Blut-Wein werden trunken,
Weil du in Glut der Minne so versunken,
Mein Sakrament soll deinen Hunger stillen,
Mit der Geliebten will ich dir erfüllen
Und spenden dir im brotgewordnen Weib,
Als Haura-Hostia, dir Christi Leib!
Da speist ich wahrlich in der Kommunion
Fleisch Hauras! In der mystischen Union
Gab Gott mir Liebe ohne Peinigung
In mystisch-sexueller Einigung,
Da Liebe sich im schöpferischen Akt
Vereint mit meiner Seelenwollust nackt!


5

Und Christus sprach: Du sollst mir Haura sein,
Ich gehe dann als Gatte in dich ein!
Und so trat ich zum heiligen Altar,
Daß ich war Haura schön und wunderbar.
Ich sah in meinen Händen liegen keusch
Den Körper Christi, Jesu nacktes Fleisch!
Da küsste ich als liebevolles Weib,
Als Haura, bräutlich Jesu nackten Leib
Und nahm den Körper Christi in den Mund,
Der Körper drang in meinen tiefsten Grund,
Der Körper Christi drang mit Liebe groß
Voll Gottes Eros in der Seele Schoß!
Ich sah im Brautgemach der innern Stätte
Den Herrn und Haura in dem Liebesbette!
Ich schaute Hauras Lichtleib evasnackt,
Sah Christus Haura eins im Liebesakt!
Gott sie befriedigte mit höchster Lust,
Dann ruhend liebevoll an ihrer Brust.
Im gleichen Augenblick die wahre Haura
Beschaute innerlich die Seelenaura
Und sah, wie Christus voller Zärtlichkeit
Sie liebte, wie sie in Geborgenheit
Bei ihm geborgen war in süßer Liebe.
Da waren mystisch ihre Seelentriebe
Bereit wie Magdalena einst in Aix,
Da Haura hatte mit dem Christus Sex!


6

Und der ich Haura leidenschaftlich liebte,
Ich war doch allezeit der Nichtgeliebte.
Ich liebte in dem Sinn des Minne-Eros
Und schaute Haura als ein Minne-Heros
Und schaue an, und siehe, was ich seh,
Das ist der Vielgeliebten Ur-Idee,
Das ist das Ideal konkreter Frau,
Das Gottesabbild ich im Weibe schau,
Schau auf der Frau (trotz ihres Frauenspottes)
Die Schönheit Gottes glänzen, Glorie Gottes!
Ich schaue in der Frau als weiser Mann
Frau Weisheit in dem Thron der Seele an,
Ich seh in ihr, die schön ist wie Maria,
In Haura fleischgewordene Sophia!
Wie? Aber warum liebt die Liebste nicht?
Wie lieblos, was die liebe Herrin spricht:
Ich werde dich nicht lieben in der Zeit
Und auch nicht lieben in der Ewigkeit! –
Mir aber schien, die ewige Geliebte
Sei mir erschienen, ich, der Tiefbetrübte,
Ich hätte sie geliebt vor aller Zeit
Und liebe sie in aller Ewigkeit,
Von Ewigkeit zu Ewigkeit vereint
Der Frau, die mir wie meine Göttin scheint!
Sie aber spricht: Wir sind ja nicht vereinigt!
Sie spricht, so mich der Dorn der Rose peinigt,
Ich hör es unterm Schluchzen des Geweins:
Wir sind auch in der Ewigkeit nicht eins! –
Am Jüngsten Tage, wie im Anbeginne,
Ich aber bin vereint der Herrin Minne.


7

Am Tage des Geburtstags Platons und
An seiner benedeiten Todesstund
Kam Unsre Liebe Frau mit einem Buch
Zu mir, ich sah im roten Rock und Tuch
Madonna mit dem Jesuskindlein schweben,
Sie gab mir ganz hin ihr Marienleben,
Der ich geboren bin, um in der Nähe
Des Herrn zu leben meine Josefs-Ehe
Mit der Madonna, die ich oftmals schau,
Der ich mich anvertrau als meiner Frau!
Ach, warum aber Haura ist so schön,
Daß ich vergeh in schmachtendem Gestöhn!
Wie Doktor Faust ich in der Kammer sah
Die allerschönste Herrin Helena,
In der Magie der Minne, in dem Wahn
Ich schaute Helena, der Schönheit Schwan,
So überirdisch schön war Helena,
Die fleischgewordene Urania
War sie, die Göttin in dem Weltgewimmel,
Der Liebe Göttin aus dem dritten Himmel
Erschien mir strahlend in der Herrin Aura,
Anbetend sank ich in den Staub vor Haura!


8

Ich sah im Geiste Unsre Liebe Frau,
Ich sah die Herrin in der Sonne, schau,
Die Herrin thronte in dem Sonnenkreis,
Ihr reines Lichtgewand war golden-weiß,
Ihr schönes feminines Angesicht
War übergossen von der Liebe Licht,
Wie süß sie sprach zu meinem Seelentriebe:
Schau, ich bin schön, weil ich von Herzen liebe!
Ich liebe dich wie eine liebe Amme,
Ich liebe heiß mit meines Herzens Flamme,
Ich brenne in intimer Ganzhingabe,
An meiner Schönen Liebe dich erlabe!
Wer durfte einmal solches Licht erblicken
Und solche Schönheit, selig wird entrücken
Ihn Unsrer Dame Wunderschönheit süß,
Er lebt auf Erden schon im Paradies!


9

Versucht ward ich vom Geist der alten Schlange,
Die lüstern schlich um Evas Apfelwange.
Giftschlangen bissen bös mir in das Herz,
Da jammerte den Herrn mein Seelenschmerz,
Und er errichtete des Kreuzes Stange,
Der Christus hing daran, der Weisheit Schlange!
Wer von den Feuerschlangen ward gebissen,
Wem ward vom Schlangenzahn das Herz zerrissen,
Der schau die Schlange an dem Kreuze an,
Das löst der alten Schlange Zauberbann!
Die alte Schlange sich doch legen muß
Madonna unter ihren bloßen Fuß!
Maria, Makellose Konzeption,
Die Seraphim umschweben deinen Thron,
Branddrachen, Feuerschlangen heißer Liebe!
Dir, Jungfrau, weih ich alle meine Triebe!
Mir aber Haura zeigt die Schönheit wild,
Des nackten Weibes Lilith Zauberbild,
Das nackte Weib mit langen roten Haaren
Seh ich sich mit der Schlange lustvoll paaren.
Die Schlange als die Herrscherin des Sexus
Verliebtheit flatternd zeugt im Solarplexus,
Erotisch sich durch alle Sphären reißt
Und wird zuletzt Erleuchtung in dem Geist.
Frau Lilith und die sexuelle Schlange
Betören mit der Wollust Überschwange,
Daß Haura nun im Geist geschrieben steht:
Erleuchtung durch die Sexualität.


10

O Jesus Christus! Einer frommen Dame
Ging durch den ganzen Leib der Liebe Same,
Da war sie so von süßen Minneschmerzen
Verwundet tief an ihrem offnen Herzen,
Da in der Wunde stak der Feuerpfeil
Der Liebe, die verwundet und schafft Heil,
Daß sie von deinen Wonnen immer wieder
Durchschauert wird und alle ihre Glieder
Und all ihr Geist sich selber unbewusst
Sich lösen auf in deiner Himmelslust,
Zerschmelzend heiß in deiner Liebe Brennen,
So Bräutigam und Braut sich ganz erkennen!
Da schaut die schöne Dame oder Nonne
In deiner Kommunion so süße Wonne,
Bei allem Kreuz und aller Peinigung
Die schöne Dame kommt zur Einigung,
Die hat im Fleisch die Gottheit angeguckt,
Die Vorhaut Christi mit dem Mund geschluckt! –
Ich aber ruhe an Marien Brüsten
Und lasse ihre Liebe mich gelüsten,
Und wie ich schau die bloße Jungfraunbrust
Und bin teilhaftig schon der Himmelslust,
Will ich im Paradiese ewig schmusen
Mit meiner Jungfrau prallem Mutterbusen
Und mich am Gottesmutterbusen betten!
Allein Marias Brüste werden retten
Den Gottesknecht, Marien Minne-Freier,
Wenn die Madonna von der Brust den Schleier
Mit süßem Lächeln anhebt und entblößt
Die pralle Jungfraunbrust, die Liebe flößt
In meine Seele ein und bittet Christe
Um meine Rettung bei der Macht der Brüste!
Die Liebe meiner Herrin ist so groß,
Allmächtig nahezu ihr Mutterschoß!
Den Jungfraunschoß die Schriftgelehrten rühmen,
Sie rühmen Unsrer Frau intaktes Hymen.
Die Kirche aber malt die Mandorla,
Und in der Mandorla der Minner sah
Den Schoß Mariens, sah der Bräutigam
In Kirchen tief verehrt der Jungfrau Scham,
Die keusche Scham, die allgebenedeit,
Der Gott sich selbst und alle Welt geweiht.
So auch das Universum maßlos groß
Zum Zentrum hat Marien Jungfraunschoß.
Des Kosmos’ Zentrum visionär ich schau,
Die benedeite Vulva Unsrer Frau!


11
Es ist die Seele in dem lieben Leib
Von Christus Jesus auserwählt zum Weib,
Er wählte sie, und ist sie eine Dirne,
Ist eine Hure sie mit frecher Stirne,
Er nennt sie: Sankt Maria Magdalena
Und grüßt sie lieb: Maria, gratia plena!
Wie immer schon der wahre Ehegatte
Den Schatz geteilt mit seinem Weibe hatte,
So Christus in der Seele Bundeslade
Versenkt den ganzen Schatz der Gottesgnade.
Wie kommt der Bräutigam Messias, ach,
Wie kommt er in der Seele Brautgemach?
Der Christus ist schon längst in dieser Kammer,
Er mit dem Feuerpfeil, dem Donnerhammer,
Er wartet im Gemach, im holden Schatten,
Bis kommt die Seele, sich mit ihm zu gatten!
Durch sieben Räume wandelt nun die Braut,
Bis in der siebten Kammer selig schaut
Sie in dem Ehebette Christus an:
Ich, Gott der Herr, ich bin dein Ehemann!
In Himmelswollust sich mit allen Trieben
Der Gottmensch und die Menschengöttin lieben! –
Im Anfang war der Mensch ein ganzes Wesen,
Sophia hatte Adam sich erlesen,
Sie war ihm in dem Inneren vertraut,
Die Göttin, ihm von Anfang angetraut.
Doch Adam hat Sophia, ach, verlassen
Und wollt als Erdenmann ein Weib umfassen,
Er, Staub vom Staub, ein erdgeborner Leib,
Als Mann umfangen wollte er das Weib,
Sie aber blieben Asche, Staub und Kot,
Verfallen waren sie dem Menschentod.
Von oben kam die Christ-Sophia an,
Vereinte neu sich dem erwählten Mann,
Wie Jesus Christus göttlich die Sophia
Und wunderschön Sophia wie Maria,
Sie Adam sah in seines Lebens Pein
Und lud ihn wieder zu der Hochzeit ein:
Komm in das Himmelreich durch deine Buße
Und grüße oft mich mit dem Engelsgruße
Und pilgere den Weg, du Menschensohn,
Gott weihe deine liebende Passion,
Dann wirst du durch die Gnade auferstehen,
Sophia in dem Garten Eden sehen,
Vereint Sophia in intimer Ehe,
Vereint mit ihr lebst du in Gottes Nähe,
Sophias Gatte, nicht wie andre Kerle,
Schenkt sie im Paradies dir ihre Perle,
Die Ganzhingabe aller Liebestriebe,
Wo du vereinigt bist mit Ihrer Liebe!


12

Im Anbeginn schuf Gott der Herr die Seelen,
Da nimmer Liebende einander fehlen,
Da in des Schöpfers Hand Ein Tropfen Tau
Zwei Seelen sind wie Eine, Mann und Frau.
Doch schickt der Herr sie aus der Ewigkeit
Ins Reich der Trennung nieder, in die Zeit,
Der Seelen Spaltung ist der Liebe Kreuz,
Die Seele spürt der Liebe kalten Geiz.
Gott ruft die Seele mit der Liebe Keim
Am Lebensende in den Himmel heim,
Die Seele von der Erde, die betrübte,
Wird selig finden wieder die Geliebte.
Gott trocknet alle Wasser des Geweins,
Und Seele ist mit Seele wieder eins,
Gott wird die Seelen in den Himmel raffen,
Die füreinander sind vom Herrn geschaffen
Verschmelzen dann zur Einheit, ohne Spott,
Die ewige Geliebte kennt nur Gott! –
Mir aber gab der Ewige, der Alte
An Tagen, dass ich glaubend fest mich halte,
Die Mutter, die als Göttliche Natur
Ist Schöne Liebe, nicht die Kreatur.
Die Weisen preisen mir die Tochter Gottes,
Die Königin des Himmels, trotz des Spottes,
Die Gott in Ewigkeit ist angetraut,
Die Tochter Gottes, meine Seelenbraut!
Sie, Gottes Lieblingin im Liebesspiele,
Sie ist bei mir im irdischen Exile,
Verbannter Evas-Sohn ich auf der Erde,
Der Frau des Himmelreichs vereinigt werde!
Indem ich eins bin mit der Tochter Gottes,
Mein Odem in dem Tempel des Schamottes
Anbetend preist die Himmelskönigin,
Ein Tröster ich des Herrn Jehowah bin...
Jehowah nämlich, Gottherr, Ich-bin-da,
Sehnt sich nach seiner Gattin Schechinah,
(So sagt mir Tochter Zion) gnadenreich
Jehowah ruft zu sich Frau Himmelreich.
Dem Ewigvater, Wunderrat, Gott-Held,
Die Königin schenkt Ihm die ganze Welt,
Sie führt zum Herrn zurück das ganze All.
Erlöst die Menschheit aus dem Sündenfall
Geführt wird von der Herrin makellos
Und heimgeführt das All in Gottes Schoß!
Dann wird Jehowah sich mit Herrin Chockmah
Im Geist der Liebe einen - - - Dies das Dogma
Der Einen Herrin, der ich ganz geweiht,
Der Allerheiligsten Dreifaltigkeit,
Der Göttlichen Natur, die LIEBE ist!



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