[Inhalt]

Peter Torstein Schwanke
 
KYRIE ELEISON!
 
Geistliche Lieder
 
I
 
Herr, mitten in dem Grame
Und meiner Einsamkeit
Ist Tröstung mir dein Name
Und Heil und Heiligkeit.
 
Wenn mich die Nacht umschauert,
So denke ich an dich.
Wenn mir der Tag vertrauert,
Bist du barmherziglich.
 
Ich will mit meinen Klagen
Dich loben, meinen Herrn,
Der mir in schweren Tagen
Der Hoffnung Morgenstern.
 
Und wenn ich wein und brüte
Und denke an den Tod,
Dann kommt mir deine Güte
Wie goldnes Morgenrot.
 
Und denk ich an das Sterben,
Der ich aus Hauch und Lehm,
Dann zeigst du deinem Erben
Die Stadt Jerusalem.
 
II
 
Ich will das Unsichtbare
Und nicht die Dinge sehn,
Ich will die offenbare
Barmherzigkeit verstehn.
 
Ich will nicht Erdenbrüger
Und Weltgeistsklave sein,
Ich bin ein Himmelsbürger
Und seh der Krone Schein.
 
In den Vergänglichkeiten
Will ich die Dauer schaun
Und in den bösen Zeiten
Der Güte Gottes traun.
 
Ich hoff auf Erden wenig
Und alles nimmt der Tod.
Was bleibt das gibt der König,
Mein Vater Zebaoth.
 
Und will mich auch beschweren
Mit Sünden das und dies -
Aus Christi Blut, dem hehren,
Taucht mir das Paradies.
 
III
 
O Jesus, ich will preisen
Die große Gnadenflut,
Mit meinen Liederweisen
Dein heilges Retterblut.
 
Ach wenn ich in mich schaue
Und blicke durch mein Herz -
Die Reueträne taue
Und heilige den Schmerz.
 
Doch nicht die Reue bringt es,
Allein dein Blut vergibt.
Des Sünders Herz durchdringt es,
Das Gott der Vater liebt.
 
Da mich die Sünden trennen
Von Gott und seinem Sein,
Verdiente ich das Brennen
Im Feuersee der Pein;
 
Doch du bist Gott der Gnade
Und starbest meinen Tod!
In deinem Blute bade
Ich meine Seele, Gott!
 
So kann ich neu beginnen,
An Geist und Seele rein.
Und in dem weißen Linnen
Bin ich auf ewig dein!
 
IV
 
O Vater, du bist Schöpfer
Und ich dein lieber Sohn.
O Vater, du bist Töpfer
Und ich Gefäß aus Ton.
 
O Herr, du bist mein Heiland,
Ich lieb dich immer mehr.
Ich bin ein Dorneneiland
In deinem Rosenmeer.
 
O Geist, du bist mein Tröster,
Der in die Wahrheit treibt,
Du Herr der Schar Erlöster,
Du Freude die da bleibt.
 
V
 
Wie die Stunden langsam ticken!
Doch nach einer kurzen Zeit
Werden wir im Licht erblicken
Dein Gesicht in Ewigkeit!
 
Werden deine Augen schauen,
Gütig blicken sie so klar,
und sie leiten zu den Auen
Die erlöste Völkerschar.
 
Werden deine Lippen küssen,
Die so lebensrosenrot,
Werden von der Liebe wissen,
Und dein Kuß ist Himmelsbrot.
 
Werden deine Stimme hören:
Kommt herein zu meinem Glück!
Kehren heim in schönen Chören,
Ziehn in Gottes Schoß zurück.
 
VI
 
Danke, daß du die Gebete
Meiner Seele hörtest
Und die Ruhe dem Poete
Und die Stille mehrtest.
 
Vater aller Nachtigallen,
Die am Himmel singen,
Keine kleine läßt du fallen
Und kein Lied verklingen,
 
Sondern segnest sie von oben
Mit des Leibes Nahrung,
Die sie deine Liebe loben,
Lohnst du mir Bewahrung.
 
So auch gabst du mir hienieden
Täglich Brot zum Leben
Und so will ich in dem Frieden
Dir die Ehre geben.
 
Bin ja nur ein Gast auf Erden,
Der nur armen Reim hat.
Doch die schönsten Lieder werden
Jubeln in der Heimat!
 
VII
 
Mitten in der Wüste steh ich
Unterm schwarzen Mond der Nacht.
Keinen Lebensschimmer seh ich,
Keine Morgensonne lacht.
Zitternd steh ich in dem Froste,
Durch die Seele ziehts wie Eis.
Nach dem unglaublichen Troste
Klagt mir meine Seele leis.
 
Wo seid ihr, der Liebe Blumen,
Wo des Lebens süßer Tau?
Wo der Duft aus Heiligtumen,
Ihr Gebete himmelblau?
Sprachlos klaffen meine Lippen,
Öde ist mir das Gemüt.
Unter Mondes schwarzen Klippen
Steht kein Lebensbaum erblüht.
 
Führe mich zum grünen Meere,
O mein Führer, heilger Geist!
Bring herbei die Rosensphäre,
Die mir Gottes Morgen weist.
Führ mich auf der Freude Eiland,
Zu des Lebens süßem Reiz.-
Gottverlassen war der Heiland
Und mit ihm bin ich am Kreuz!
 
VIII
 
Laß mit Christus mich am Kreuze sterben,
Um das Leben werben, Himmel erben!
 
Laß die Eigensucht am Kreuze bluten,
Bis zu wohlgemuten Morgengluten!
 
Komm, das Daseins-Ich ans Kreuz zu schlagen,
Laß es gottwärts klagen bis zum Tagen!
 
Töte du am Kreuz des Fleisches Elend,
Zieh das Herz, dich wählend, Geist beseelend!
 
Nagle an das Kreuz der Seele Trauer,
Dann gib Wonneschauer, Lebensdauer!
 
Muß ich sein am Kreuze gottverlassen,
Laß mich Gott nicht lassen, Liebe fassen!
 
Laß mich mit dem Fürsten gerne sterben,
Gib dem Tod Verderben, bitterherben!
 
Laß am Kreuz mich Davidspsalmen singen
Und mit Seelenschwingen gottwärts dringen!
 
Vater, führe bald herbei das Ende,
Nimm in deine Hände Geistes Spende!
 
IX
 
Wie schön hast du gezieret
Des Mondes Silberschnee,
Der träumend sich verlieret
In Nacht und Wald und See.
 
Wie schön flammt auf das Feuer
Und stiebt der Funken Tanz.
Des Lebens Abenteuer
Erfüllt das Herz mit Glanz.
 
Romantisches Erschauern.
Im Herzen lobt der Geist.
Doch jäh ein bittres Trauern
An meiner Seele reißt!
 
Wie Menschen sich verletzten
Und tun sich böse weh,
Die lieblos Zungen wetzen
Und schlagen Nägel jäh!
 
O wunderliebes Träumen
Von heilgen Seelen lieb
In wunderschönen Räumen,
Die Gottes Herz beschrieb,
 
O engelgleiches Schwärmen
Im goldnen Paradies,
Da Gottes Augen wärmen
Und Lammes goldnes Vließ,
 
O ewge Freudenlieder,
O lieblicher Genuß
Der Schwestern und der Brüder,
Des Geistes Liebeskuß,
 
O Loben mit der Rose
Den Herrn im Dornenkranz!
O ruhn in Gottes Schoße
Und selig, selig ganz!
 
X
 
Einsamkeiten
Sich verbreiten
In der Nacht.
Dunkle Weiten,
Dunkle Zeiten,
Einer wacht.
 
Wenig Wonnen,
Seltne Sonnen,
Seele klagt.
Trauerbronnen
Sind geronnen.
Einer tagt.
 
Dunkle Klagen,
In den Tagen
Ihr mir bliebt.
Rätselfragen
Wort erjagen:
Einer liebt.
 
XI
 
Ach muß mein Lob aus Tiefen loben,
Muß opfern ich das Salz der Tränen?
Und alle Freude scheint mir oben,
Dahin sich Herz und Seele sehnen.
 
Wohin sich Herz und Seele sehnen,
Das ist das Reich der Himmel oben.
Hier aber in dem Tal der Tränen
Bin ich berufen, Gott zu loben.
 
Nach Gott im schönen Himmel oben
Sich alle meine Nächte sehnen,
Daß ihn in seiner Schönheit loben
Die ihm geweinten Erdentränen.
 
Seit ich sein Kind, muß ich mich sehnen
Nach seinem Paradiese oben,
Da wird er trocknen meine Tränen
Und ich werd seine Liebe loben.
 
XII
 
Laßt uns unser Leben weihen
Und uns freuen,
Gott wird uns die Schuld verzeihen,
Uns erneuen.
 
Laßt uns klug sein und uns glauben
Wie die Tauben,
Gott wird uns dem Tode rauben,
Glück erlauben.
 
Laßt uns mit den Engeln schwingen,
Liebe singen,
Gott wird seine Liebe bringen,
Jubel klingen.
 
XIII
 
Wenn alle Worte dürre Hülsen werden
Und keine Preisung mehr gelingen mag,
Wenn alles Dunkel dieser schweren Erden
Verdämmert jeden Morgen, jeden Tag,
Wenn trauertrunken schauern die Gebärden
Und melancholisch jeder Vogelschlag,
Und wenn die Frage geht im tiefen Elend:
Wann kommt der gute Geist mit Trost beseelend?
 
Dann harre aus in dämmernden Gedanken
Und harre aus im dämmernden Gemüt.
Denn du wirst deinem Gott von Herzen danken,
Weil wieder helle Herzensfreude blüht
Und weil dem Armen und dem Seelenkranken
Der helle Morgenstern der Hoffnung glüht:
Der Hoffnung auf der Seele Seligkeiten
In Gottes liebevollen Ewigkeiten.
 
XIV
 
Soviel Entsagen,
Soviel Verzagen,
Soviele Klagen!
Mein Gott, du mußt die Fülle
Des Lebens in der Stille
Der Poesie mir geben.
O Schönheit und o Leben,
Die Liebe sei dein Wille
Und selges Schweben
Und Freudebeben
Und selge Seligkeiten,
Glückseligkeiten
In schönen Ewigkeiten,
In denen das Entsagen
Und armer Seelen Klagen
Und trauriges Verzagen
In Schönheit sich erfülle.
Gescheh dein Wille:
Lebendigkeit enthülle
Und Lust an Gott die Fülle
Und Lust an Lieb und Leben
In Edens Weiten
Für Ewigkeiten.
 
 
XV
 
Dir das Herze auszuschütten,
War die Freude meines Lebens.
Meine Tage, welche litten,
Waren in dir nicht vergebens.
 
Meine Bitten dir zu sagen
Um die vielen kleinen Dinge,
War die Freude meinen Tagen,
Waren mir wie Hochzeitsringe.
 
Immer wieder dir zu danken
Für die Brote und die Weine,
Für die Menschen und Gedanken,
War mein Glück im Mondenscheine.
 
Oftmals, lieber Jesus, sehnte
Meine Seele sich zum Beten.
Preisend meine Seele dehnte
Sich zum schönen Gott von Eden.
 
 
XVI
 
Verzweiflung schreit
Das schwere Leid
Zum hohen Himmel oben.
 
Die Seele klagt,
Kein Licht mehr tagt,
Das Herz kann nicht mehr loben.
 
Es lacht der Feind.
Der Kummer weint,
Die Sinne alle toben.
 
Im Jammertal
Die Tränen all
Sich in die Augen schoben.
 
Mein Herz vergißt
Nie Hiobs Mist
Und seinen Elendskoben.
 
Des Glückes Geiz
Hat mir am Kreuz
Den Dornenkranz gewoben.
 
 
XVII
 
Das Leben spendet glücklich-lässig
In meiner Seele Not
Statt süßen Weines sauren Essig
Und Sehnsucht nach dem Tod.
 
Die Todesengel geben alle
Mit dem Dämonenblick
Mit bittrer Myrrhe bittre Galle.
Doch Gott danach das Glück!
 
 
XVIII
 
Sinnlos wurden alle Worte,
Leere Hülsen nur.
Einsam sind die Menschenorte
Und verweht die Spur...
 
Was ist Freude? Was ist Gnade?
Wie ist Gottes Herz -
Hart wie Eisen? weich wie Jade?
Bleibend ist der Schmerz.
 
Ist denn Gottes Liebe spürbar?
Tröstet mich der Geist?
Ist die Heiligung verlierbar,
Weil das Böse gleißt?
 
Und worin besteht die Güte?
Und die Grausamkeit?
Bleibt die Tröstung dem Gemüte
Mit der Ewigkeit?
 
Werden lästig meine Fragen
Gottes Weisheit einst?
Seele, Seele, mußt du klagen?
Weißt du, was du weinst?
 
Hört der Vater die Gebete?
Und bewegen sie
Seines Herzens feste Stete
Immer oder nie?
 
Warum kann ich nicht verstummen?
Fall ich aus der Gnad?
Machst du wirklich aus dem Krummen
Etwas schön und grad?
 
Warum kann mein Herz nicht schweigen,
Wo Gott schrecklich scheint?
Eigne ich mich denn zum Zeugen,
Wenn die Seele weint?
 
Ach, ich bin es überdrüssig,
Frommer Heuchler sein,
Bin auf Erden überflüssig,
Sinnlos meine Pein.
 
Gott zeigt seine Macht und Wahrheit
Schließlich seinem Kind:
„Sieh, ich schuf des Weines Klarheit
Und den starken Wind
 
Und das lichte Sommerwetter
Und den weißen Schnee
Und der Rosen rote Blätter
Und den Mond im See,
 
Violette Amethyste,
Dunkelgrünen Fluß,
Wunderschöner Frauen Brüste,
Lieber Brüder Kuß.
 
Mußt an mir nicht mehr verzagen,
Trage Schmach und Spott.
Deinem Klagen Heil wird tagen:
Ich bin Gott, dein Gott!“
 
 
XIX
 
O Gott, woher die Schwermut
Und Leiden bitterlich?
Ach, fällt das Sternbild Wermut,
Dann, Hirte, hüte mich!
 
O Gott, woher die Wehmut
Und Tränen im Gesicht?
Ach, gib mir Jesu Demut
Und führe mich ins Licht!
 
 
XX
 
Gib zum Vater mir das Grab
Und zur Mutter mir den Wurm!
Bricht doch meinen Pilgerstab
Dieser Erde Wüstensturm!
Alle Hoffnung, die ich hab,
Ist Jeruschalajims Turm!
 
Fände ich im Grabe Ruh,
In der Erde tiefen Schoß!
Führe mich dem Dunkel zu,
Bette sanft mich unterm Moos!
O, am Tag des Jubels du
Lös das Totenhemd mir los!
 
Stoße mächtig in das Horn
Mit des Engels Stimmenton!
Ha, vorüber geht der Zorn,
Ha, die Frommen jubeln schon,
Trinken von des Lebens Born,
Küssen Gottes lieben Sohn!
 
Werden in die Luft entrückt,
Ihrem Herrn entgegen süß,
Werden von dem Herrn beglückt
In des Lammes blutgem Vließ,
Jauchzen dann mit Gott verzückt
Immerdar im Paradies!
 
 
XXI
 
Elend und Einsamkeit weinen
Und die Verzweiflungen scheinen -
Liebst du mich, Gott?
 
Tränen der Kümmernis trauern,
Tränen der Bitternis schauern -
Liebst du mich, Gott?
 
Nächte in einsamer Kammer
Weinen den elenden Jammer -
Liebst du mich, Gott?
 
Trauer, die Seele beseelend
Mit dem unendlichen Elend -
Liebst du mich, Gott?
 
 
XXII
 
Herr Jesus, als du an dem Kreuze
Gelitten, ach da warst du herrlich!
Sieh du, ich leide an dem Geize
Des Glücks und bin doch so begehrlich
Nach tiefer Freude; aber Leiden
Sind meiner Seele so gefährlich;
Ich fluch den Sinnensünden seiden
Und sehn mich so nach süßer Lust
Und will doch alle Makel meiden,
Und bin doch nur ein Hauch im Dust
Und Blume, welche welken muß.
Welk ist das Leben in der Brust.
Da seh ich deines Blutes Fluß
Und wende mich zum Christus süß
Am bittern Kreuz. - Mit einem Kuß
Sprichst du: Komm mit ins Paradies!
 
 
XXIII
 
Eine Kerze brennt alleine
Und es klingt das Saitenspiel.
Einsam liege ich beim Weine
Und erforsche mein Gefühl:
Ich fühl mich ans Kreuz genagelt -
Harter Hagel niederhagelt.
 
Keine Arme, die umarmen
Und mich an das Herze drücken,
Wenig Liebe und Erbarmen,
Weder Freude noch Entzücken.
Ich fühl mich ans Kreuz genagelt -
Harter Hagel niederhagelt.
 
In die Augen drängen Tränen,
Würgen geht an meine Kehle.
O das unstillbare Sehnen,
Liebesdürsten meiner Seele!
Ich fühl mich ans Kreuz genagelt -
Harter Hagel niederhagelt.
 
Diese abgrundtiefe Trauer!
Tränen durch mein Aug geschwommen!
Schwarzer Nächte Elendschauer!
Schicksal über mich gekommen!
Ich fühl mich ans Kreuz genagelt -
Harter Hagel niederhagelt.
 
Mir zerfließen die Gebeine,
Wachsgleich will das Herz zerfließen.
Auf den Schultern schwere Steine
Und die Sündenblumen sprießen.
Ich fühl mich ans Kreuz genagelt -
Harter Hagel niederhagelt.
 
Bin zum Rühmen angetreten,
Sprache hat es mir verschlagen,
Keine Worte mehr zum Beten,
Stumme Nächte wortlos klagen.
Ich fühl mich ans Kreuz genagelt -
Harter Hagel niederhagelt.
 
Gott verherrlicht ward im Leiden,
Jesus Christus litt mein Sterben.
Guter Hirte wird mich weiden,
Läßt mich Himmelfreuden erben.
Fühl mich bald als auferstanden -
Endlich los der Leiden Banden!
 
 
XXIV
 
Gott hat sich abgewand
Und sich vor mir verborgen
Und seine grimme Hand
Schlägt mich mit Leid und Sorgen.
 
Was soll mein Monolog?
Und trösten mich die Klagen?
Ich ging zum Schweinetrog
Den Huren nachzujagen?
 
Begeistert war ich sehr,
Sprach täglich die Gebete!
Erhoffte überm Meer
Des Leids die Morgenröte.
 
Doch nun ist leer und tot
Des Herzens fromme Sprache.
Wann kommt das Morgenrot
Nach elender Nachtwache?
 
Ich speie Galle aus,
Durchbohrt sind meine Nieren.
Verlassen ist mein Haus,
Die Tröster sich verlieren.
 
Und wenn die Freunde fromm
In meinem Elend raten,
Dann so: Zum Vater komm,
In Liebe dich zu baden.
 
Wo ist die Liebe denn?
War Liebe nur vorzeiten?
Ich seh mich Leidenden
Nachfolgend Christus leiden.
 
Der Herr war auch von Gott
Auf Golgatha verlassen!
Die Welt weiß da nur Spott,
Weiß Gnade nicht zu fassen.
 
Doch Jesus Christus lebt
Und kommt einst, wie ich glaube,
Der er mein Haupt erhebt
Und Leben aus dem Staube,

Und führen wird der Sohn -
Und trösten meine Tränen -
Zu Gott auf seinem Thron!
Und das ist all mein Sehnen.
 
 
XXV
 
Kein Trost der Religion
Ist mir beschieden,
Bis Gottes ewger Sohn
Mir spendet Frieden.
 
Nicht Linderung noch Kraft
Ward meinem Herzen,
Bis Gott die Tröstung schafft
Für meine Schmerzen.
 
Elia war so matt
Und ungesegnet,
Bis ihm, der elendssatt,
Gott selbst begegnet.
 
Auch Hiob hat geklagt
In seinen Schmerzen,
Bis Gottes Heil getagt
In seinem Herzen.
 
So kann ich harren nur
In meinem Elend,
Bis Jesu Christi Spur -
Mich neu beseelend -
 
In meinem Leben läßt
Der Tapfen Segen
Und meine Seele näßt
Mit Balsamregen
 
Und wieder Worte mir
Des Glaubens frommen.
Mir wird von Zions Zier
Der Retter kommen!
 
 
XXVI
 
In Einsamkeit und Herzenstrauer
Ist mir das Leiden Christi nah.
Es blühn in meinem Tränenschauer
Gethsemane und Golgatha.
 
Nachfolgend Jesu Christi Leiden
Sag ich zu meinem Leiden Ja.
In meiner Seele sind die beiden:
Gethsemane und Golgatha.
 
In dieser Welt, der arg und bösen,
Das Zeichen meines Herrn ist da:
Er litt, das Herz mir zu erlösen,
Gethsemane und Golgatha.
 
 
XXVII
 
Gott, schlag meinen Adam
An das Kreuz,
Daß ich täglich sterb der
Sünde Reiz!
 
Daß ich mich nicht sehn nach
Goschens Lauch
Und nicht untergeh in
Sodoms Rauch!
 
Laß mich Milch und Honig
Fließen sehn
Einstmals, wenn ich werde
Auferstehn!
 
Bis zu jenen Tagen
Gib mir Mut,
Immer zu vertrauen
Christi Blut!
 
 
XVIII
 
O Christus, gib mir neuen Glauben,
Fest wie der Glaube Israels,
Und Friede wie die reinen Tauben
Und Stärke wie der Zionsfels.
 
O Christus, laß mich wieder hoffen
Und traun auf deine Kraft und Macht,
Schließ mir im Wort den Himmel offen
Und sei mir Licht in tiefer Nacht.
 
O Christus, laß mich heißer lieben
An jedem Tag das harte Kreuz!
Durch deinen Tod bin ich geschrieben
Ins Buch des Lebens - Lob dem Kreuz!
 
 
XXIX
 
Ich will die Last des Kreuzes tragen
An allen Tagen,
Und muß ich auch wie Hiob klagen,
Lob Christus sagen!
 
Ich werde nicht das Kreuz verlassen,
Ja ich will hassen
Das Böse und es unterlassen,
Das Gute fassen.
 
Ich bin bereit zu allen Leiden,
Will Sünde meiden
Und sei sie noch so sinnlich-seiden,
Gott mög mich weiden.
 
Ich werd entsagen und entbehren
Und Fülle lehren
Des Paradieses ohne Zähren,
Mit Wonnemeeren.
 
Ich will den Weg des Lebens gehen,
Im Winde wehen
Des Geistes, nicht das Wort verdrehen,
Werd Jesus sehen!
 
 
XXX
 
Vater, erschaff durch die Worte der Heiligen Schrift
Himmlischen Trost, der mich tief bis ins Innerste trifft!
 
Vater, belehr mich durchs heilige Liebesgebot,
Daß ich dich liebe alltäglich und bis an den Tod!
 
Vater, laß sinken den seligen reinen Befehl
Tief in die Seele mir, gib mir prophetisches Öl!
 
Vater, laß hören dein Reden, dein ewiges Wort,
Laß mich dich glauben, bis einst ich erschaue dich dort!
 
Vater, dein Wort sei auf all meinen Wegen mein Licht,
Laß mich gehorsam erfüllen die kindliche Pflicht!
 
Vater, sprich Ein Wort und mach meine Seele gesund,
Balsam zuerst sei der Kuß von dem biblischen Mund!
 
Vater, Propheten laß beten den elenden Schmerz,
Der mir befallen als Kreuz mein verlassenes Herz!
 
 
XXXI
 
O daß der Brunnen wieder rauschen tut
Des Gottestrostes mir in meinem Blut,
 
Daß segnend spricht der Gott-gezeugte Geist
Mir wieder Kraft zu, Freudigkeit und Mut,
 
Daß wieder Glaube lebt in meinem Herz
Und stille ward des alten Adam Wut,
 
Daß wieder Hoffnung mir das Herz erfüllt
Und meine Seele lobpreist wohlgemut,
 
Daß wieder mir das Herz gereinigt wird
Von Christi Kreuz und seines Blutes Flut,
 
Daß wieder ich die tiefe Liebe fühl
Und das Vertraun: Gott ist mir wahrlich gut,
 
Daß wieder Friede in die Seele kehrt,
Weil balde sie in Gottes Armen ruht.
 
Erbarm dich mein, o Herr, erbarm dich mein,
Ich bin gefallen unter Schlangenbrut!
 
 
XXXII
 
Gott, in diesen Finsternissen
Scheint kein Ausweg mehr.
Skrupel quälen das Gewissen
Und der Wollust Meer.
 
Nächte werden mir so dichte
Wie ein Trauertuch,
Daß ich seh nicht mehr das Lichte,
Sondern nur den Fluch.
 
Elend würgt an meiner Kehle,
Weiter weiß ich nicht.
Schwarzumflort ist meine Seele,
Ohne Hoffnungslicht.
 
Ach, ich weine bitterlicher
Als einst David schrie.
Kein Gesetz ist mir mehr sicher,
Dem ich nicht entflieh.
 
Ginge ich im Wahn zugrunde
Und in frühem Tod!
Bitternis an meinem Munde
Welkt wie zuviel Not.
 
Soll mein Leben mir verenden
In der Agonie?
Wer wird mir mein Schicksal wenden,
Heute oder nie?
 
Jeden Tag wird es mir schwerer,
Bittrer jedes Jahr.
Meine Seele wird mir leerer,
Dünner mir das Haar.
 
Auf der Erde blüht der Wermut
Bitter, kalt und schal.
Unterm schwarzen Stern der Schwermut
Ging ich manches Mal.
 
In die Augen drängen Tränen,
Schluchzen an den Hals.
Schwarz das Blut fließt in den Venen
Meines Sündenfalls.
 
Voller Mühe und beladen
Dürste ich nach Lust,
Rufe Gottes große Gnaden
Mir in meine Brust.
 
Jesus, sende du vom Troste
Mir ins arme Herz!
Spende mir vom Freudenmoste
Süße für den Schmerz!
 
Sende mir die Auferstehung,
In mein Herz die Kraft,
Die nach tödlicher Verwehung
Neues Leben schafft.
 
 
XXXIII
 
Höre, wie ich klage
Alle meine Tage,
Wie das bittre Leben
Mir umsonst gegeben,
Wie in bittren Peinen
Meine Augen weinen,
Wie ich täglich zähle
Tränen meiner Seele,
Meiner Seele Tränen
Bluten aus den Venen,
Meines Herzens Schmerzen
Mit dem Tode scherzen,
Meine Seele dächte
Gern an ewge Nächte,
Sei der ewge Frieden
Meinem Geist beschieden.
Wie ich flehen tue
Nach der ewgen Ruhe!
Sei mir zugeschrieben
Gottes ewges Lieben!
 
 
XXXIV
 
Ich möchte sterben
Den Tod
Und Himmel erben
In Rot
Wie Morgensterne
Aus Gold.
Die süße Ferne
Sei hold.
 
Ich muß auf Erden
Allein
Ein Zeichen werden
Und sein
Ein Kreuz dem Meister,
Ein Kind
Dem Herrn der Geister,
Ganz lind.
 
Ich will mich betten
Im Schoß,
Und mög mich retten
Ganz groß
Der Seele Hirte
Und Herr,
Gekränzt von Myrthe
Vom Meer.
 
Ich will zerfließen
Ins Meer,
In Paradiesen
So sehr
Genießen Lüste
Und Glück,
An Gottes Brüste
Zurück!
 
 
XXXV
 
Du legst mich in das Bett,
Das naß von Tränen.
O Tröster Schlaf, errett
Mich aus dem Sehnen.
Gib Kraft mir in dem Dunkel,
Laß leuchten den Karfunkel
Von Christi Venen!
 
Das Kreuz scheint mir zu schwer,
Gib Kraft zu tragen.
Bau Deiche an das Meer
Der wilden Klagen.
Gib deinem schwächsten Werke
Die allergrößte Stärke
In Gnadentagen.
 
Die Sonne scheint so licht
Am neuen Morgen.
Ein tägliches Gericht
Sind Schmerz und Sorgen.
Laß mich in deinem Worte
Als einem Kinderhorte
Tief sein geborgen.
 
Begleite mich dein Geist
Und, Herr, dein Lieben,
Das mir die Wege weist.
Ich bin getrieben
Von wilden Leidenschaften,
Doch deine Kräfte haften
In mich geschrieben.
 
Ein jeder Tag hat Trost
Und eigne Leiden.
Du kommst von West nach Ost
Um mich zu weiden.
Komm bald! und laß mich balde
Von dieser Totenhalde
Zum Leben scheiden!
 
Laß mich durchs Perlentor
Zum Lichte treten,
Mit süßem Engelschor
Zu Jesus beten
Und Frucht des Lebens haben,
Am Lebensquell mich laben,
Mit Gott in Eden!
 
 
XXXVI
 
Muß ich resignieren
Auf der Erde,
Daß ich einmal Liebe
Finden werde?
 
Muß ich pessimistisch
Glück entbehren
Und versinken in den
Elendsmeeren?
 
Ganz in Liebesfluten
Zu versinken
Sehn ich mich und Lust wie
Wein zu trinken!
 
Will im Schoß der Liebe
Untergehen
Und im dritten Himmel
Auferstehen!
 
Will mich in der Wonne
Selig wälzen
Und im Arm der Freude
Froh zerschmelzen!
 
Will der Seligkeiten
Lippen küssen,
Tief berauschen mich an
Wonneflüssen!
 
Will in Sonnengärten
Selig träumen
Und in Lebensmeeren
Selig schäumen!
 
Will im tiefen Herzen
Tief vergehen
Und in hohen Himmeln
Flammenwehen!
 
Sehne mich, Messias
Blut zu trinken -
In Jehowahs Seele
Ganz versinken!

[Inhalt]

Hosted by www.Geocities.ws

1