[Inhalt]

Peter Torstein Schwanke
 
DIE KÖNIGIN VOM KARMEL
 
 
 
I. AM FUSSE DES KARMEL
 
„Darum sei Lob und Ruhm dir, Weisheit des Vaters! Dich preise und benedeie mein Mund, meine Seele, alles Geschaffene.“
(Thomas a Kempis)
 
 
 
1. Säulen des Glaubens
 
Drei Säulen weist Prophete Ephraim:
Gott Jesus Christus in der Kommunion,
Die unbefleckte Jungfrau sehr sublim
Und Vater Petrus, des Johannes Sohn.
 
Die Jungfrau ist die goldene Monstranz,
Das Haus der Weisheit, ist das Tabernakel.
Der Hirte betet seinen Rosenkranz
Und meditiert den Sohn der ohne Makel.
 
Die Weisheit hat uns einen Tisch bereitet,
Bereitet in der Weisheit goldnem Saal,
Die Weisheit zum Altar des Opfers leitet
Und spendet selbst sich in dem Liebesmahl.
 
Der Satan soll Eucharis mir nicht rauben,
Gott stärk mir an der Weisheit Fleisch den Glauben!
 
 
2. Marien-Verlöbnis
 
Wer bist du, o Maria? benedeit
Unter den Frauen und in allen Frauen!
Die Frauen seien alle dir geweiht,
Daß wir Maria in den Frauen schauen!
 
Der Liebe Übermaß zu Jesu Herz
Und Mit-Leid seiner heiligen Passion
Erschloß Marien Herz durch großen Schmerz
Und schloß es auf Johannes, ihrem Sohn.
 
Der Gottverlassene den Vater lobt,
Da ward Maria durch des Schwertes Stahl
Gottmenschlichem Erlöser anverlobt.
Ein Glied am Leib des Herrn ist ihr Gemahl.-
 
Das Kreuz ist Himmelsleiter. Auf den Stufen
Zum Bräutigam Mariens bin berufen.
 
 
3. Elija
 
Des Geistes Gnadengabe ihn erfüllt,
In seiner Menschheit aber war er schwach.
War eine Heidenkönigin unmild,
Sprach unter dem Wacholder er sein: Ach.......
 
Ach nimm mein armes Leben, Herr, von mir,
Ich bin nicht heilig, Vater, bin nicht gut!
Siehst du, Elija, nicht den Engel hier,
Er will daß deine Seele etwas ruht.
 
In Sturm und Donner nicht und nicht im Feuer
Kommt Gott, Gott kommt in einem sanften Schweigen:
Bereit sei für des Glaubens Abenteuer,
Mein Freund, sind siebentausend weitre Zeugen.
 
Dem Gott sich wollte schweigend offenbaren,
Wird durch die Flamme in den Himmel fahren.
 
 
4. Karmel
 
Als Josef ward Maria anvertraut,
Ward Schalak nicht ihr Ehegatte physisch,
Er ging zum Karmel in die Höhle, schaut
Als Braut die Braut des Heiligen Geistes mystisch.
 
Ich, der ich lang die Heilige umworb
Und ihres benedeiten Leibes Frucht,
In meiner Zelle wie im Bienenkorb
Des Franz von Sales in Gebetes Zucht
 
Leb ich und in der Hoffnung und im Schweigen,
Da betend ich die Heiligen Schriften lese,
Ist um mich eine Wolke auch von Zeugen
Als Edith Stein, die spanische Therese,
 
Die Blume von Lisieux und San Juan,
Bin ich der Königin des Karmel Mann.
 
 
5. Charismatische Maria
 
Maria war in ihrer Einsamkeit
Die Hingegebne in der Tränen Nässe,
Ihr war, da sie ihr Leben Gott geweiht,
Die Seele Sakrament, das Leben Messe.
 
Preissängerin, die Herrin der Propheten,
Ist Charismatikern die Mystische Rose,
Im Charisma von heiligen Gebeten
Ward sie verzückt bis in der Gottheit Schoße!
 
Im Charisma des Glaubens starb die rote
Mystische Rose der Karfreitagsnacht
In ihrer Selbstverleugnung tausend Tode,
Die noch am Grabe voller Hoffnung wacht,
 
Voll Hoffnung gegen jede Hoffnung da;
Die sie erwirke mir das Charisma.
 
 
6. Weisheit
 
Die Weisheit zu den alten Völkern kam,
Als nach Ägypten, Indien und China,
Erahnbar in der Mystik des Islam,
Ist Juden sie die Heilige Schechinah.
 
Ehrfurcht vorm heiligen Mysterium
Ist Anfang derer, die die Weisheit wählen;
Die Liebe als das höchste Heiligtum
Ist Weg, sich mit der Weisheit zu vermählen.
 
Die Weisheit ist der Liebe erstes Wort
Und meine Liebe ist ihr Echo nur.
Realpräsente Weisheit fort und fort
Vereinigt sich erlöster Kreatur.
 
Eucharistie in Sankt Sophien Saal
Ist Prophezeiung auf das Hochzeitsmahl.
 
 
7. Weisheit und Kunst
 
Als wie ein Wüstenvater Körbe flechten
Und wie ein kleiner Franziskaner betteln
Für Gott, das ist der Inhalt Dichternächten
Und nicht sich in dem Ruhm der Welt verzetteln.
 
Der Weisheit Schönheit will allein ich lieben,
Ihr mit der praktischen Begabung dienen,
Ihr sei der schöne Lobgesang geschrieben,
Ob sich verziehen auch der Menschen Mienen.
 
Der Schöpfung Schönheit immer auf der Spur,
Vor allem in der Schönheit schöner Frauen,
Kann der Poet in aller Kreatur
Der Schönheit Ewigkeit im Spiegel schauen.
 
 
Die Schönheit sitzt als Weisheit auf dem Thron
Des Ewigen. Sie ist der Menschensohn.
 
 
8. Glossolalie
 
Anbetung, Lobpreis in der Morgenstunde
In einem nimmer aussagbaren Leid,
Da rang ein Stammeln sich aus meinem Munde,
Da Jesus meine Zunge mir befreit,
 
Da Jesus an des Himmels Fenster stand
Und ich im weißesten Gewand ihn sah
Und segnend er erhoben hielt die Hand
Und meine Zunge pries ihn: Jeschua!
 
Da ging ich mit dem Kinde des Chinesen
Und zungenbetete in Reim und Maß,
Des Geistes Freude füllte all mein Wesen,
Ich pries den Vater ohne Unterlaß.
 
(Sektiererei der Fundamentalisten
Kennt nicht der Engel Zungen und der Christen.)
 
 
9. David und Jonathan
 
Sie gingen im judäischen Gefilde
Und zitterten wie die betaute Schmele.
Und David weinte voller Sanftmut milde:
Mein Freund, ich hab dich lieb wie meine Seele!
 
Der Jüngling Jonathan begann zu weinen,
Der Sänger David aber weinte mehr.
Der Tränen Wasserströme sich vereinen
Und münden einig in der Tränen Meer.
 
Mein liebster Jesus, ich bin doch dein Freund
Und du der meine, der mein Leid empfindet.
Wer weiß, wer heißer von uns beiden weint,
Wenn unsre Kreuzesliebe sich verbindet?
 
Doch glaub ich, du weinst heißer noch als ich!
Wer fühlt wie du das Leid so bitterlich?
 
 
10. Der Rosenkranz
 
Wie oft schon unter freiem Himmel leis
Hab ich die vielen Ave meditiert.
Weiß der Prophet ja auch von manchem Greis,
Der stets den Kranz der Rosen kontempliert.
 
Wir wollen jedes Segenswort verkosten
Und tief empfinden die geliebten Namen.
Die friedlichsten Olivenzweige sprossten
Aus dieses schlichtesten Gebetes Samen.
 
Das innere Gebet wird einfach sein,
Von Jugenfrische oder würdigem Alter.
Ich laß mich ein auf eigne Litanein
Und wandere in Davids heiligem Psalter.
 
Vertrieben wird der Feind vom Rosenkranz
Und in der Seele leuchtet auf ein Glanz.
 
 
11. Heilige Messe
 
Ein Säugling sagte: Mama! Papa! - Da
Ging ich zur Messe, wenn auch ohne Lust.
Doch da gespendet ward die Hostia,
Lag ich mit Jesus an Marien Brust!
 
Gott gibt uns Sperlingen das Mannafutter,
Gott gibt sich selbst, ganz ohne allen Geiz.
Da sah ich meinen Herrn wie eine Mutter,
Gott sah zu mir so liebevoll vom Kreuz.
 
Gott selber ist in der geringen Gabe,
Der benedeiten Frucht der Frau Maria.
Gott spendet Labsal aus der Honigwabe
Der einzig-wahren Göttin Sankt Sophia.
 
Gott gibt die wahre Speise meiner Seele,
Auch wenn mir freudige Erfüllung fehle.
 
 
12. Papst Johannes Paul II
 
Es ist die Zeit der Gnade, neue Zeit,
Der Liebe Pfingsten bringen wird der Geist.
Der Hirten Hirte alle Lämmer leit,
Der Vater, der Johannes Paulus heißt.
 
Unendlich weites Herz den Religionen
Und doch der Offenbarung wahrer Hort;
Maria möge ihren Kranken schonen,
Der sagte: Friede sei mein letztes Wort.
 
Mir wünschte er des Heiligen Geistes Freude
Und Gottes treue Schirmung im Gebet,
Wenn er in dem katholischen Gebäude
Mit Petrus an dem Tor des Himmels steht;
 
Der ganz gehört der Mutter voller Reinheit
Und ist ein Zeichen für der Christen Einheit.
 
 
13. Verdruß des Geistes
 
Ist alles sinnlos, sinnlos all mein Dichten,
Ist alles sinnlos, sinnlos all mein Leben!
Im Grabe Jesu will ich mich vernichten
Und dem Karsamstag meine Seele geben!
 
O Jesus, laß mich nach Jerusalem
Und zu der Wonnen dreigeeinte Küste!
Doch hier auf Erden, Seufzerhauch im Lehm,
Hier leb ich mit den Raben in der Wüste.
 
Antonius bin ich und so versucht,
So voller Makel ist mir meine Liebe.
Ach wär ich eine Taube auf der Flucht
Und flöge ferne und im Südland bliebe!
 
All meine Poesie ist eitles Übel,
Das einzig wahre Wort steht in der Bibel.
 
 
14. Weisheit
 
Der Gnade Reichtum läßt sich nicht bemessen
Am lieblichen Gefühl der Seligkeit,
Das wie in unendlichen Seelen-Messen
Eingießungen des Herrn dem Herzen weiht.
 
Die Weisheit dieser Menschen dieser Welt
Ist nicht so weise wie des Ewigen Narrheit
Und was den Weisen dieser Welt gefällt
Ist Torheit im Vergleich mit Gottes Wahrheit.
 
Doch wer der göttlichen, der Weisheit Wein
Gekostet hat mit seinem Herzensmund,
Der mischt sich nicht in Zeitgeschehen ein
Und weiß nichts von den Weltgeschicken und
 
Ist für die Menschen dieser Welt ein Tor,
Den doch die Weisheit sich zum Freund erkor.
 
 
15. Thyrza
 
In ihrem Scheiden lag ein solcher Segen,
Ich sah in ihr der reinen Jungfrau Leben,
Die kam mir nah auf meinen Leidenswegen
Und hat mir sie zu Ihrem Bild gegeben.
 
Noch lange mußt ich sinnen und betrachten,
Bis ich erkannte Gottes Heiligtum.
Sie aber war im seligen Umnachten
Lebendig-geisterfülltes Sehertum.
 
Die Jesusliebende war Jesu Braut
Und innig mit dem Heiligen Geist intim,
Die sie im seherischen Traum geschaut
Als sanfte reine Taube Elohim.
 
In ihrer Reinheit wie ein Engel sie,
Weih ich den Heimgang Thyrzas Sankt Marie.
 
 
16. Sinnlichkeit
 
Ist Sinnlichkeit wie Dämonie der Welt,
Ist ihre Weisheit eine Narretei?
Wie ist die Sinnlichkeit, die Gott gefällt,
Geschöpfs Geschöpflichkeit, frisch, fromm und frei?
 
Sublime, allgemeine Sinnlichkeit
Macht mir den Gang in Gottes Schöpfung heiter.
Und Leib und Seele sind, dem Herrn geweiht,
Zwei Streben einer einigen Himmelsleiter.
 
Wer liebt denn Gott, wenn nicht auch in dem Leibe?
Ist nicht im Leib gegangen auch der Sohn?
Ist sinnlich der Geschmack der Hostienscheibe
Und einigt Fleisch und Fleisch die Kommunion!
 
Wir sehen Gottes Schönheit mit den Sinnen
Und dürfen sinnlich Sankt Sophia minnen!
 
 
17. Sophia
 
Von einem deiner Blicke angerührt,
Huldreichen lieben Blicke, sanft verwundet,
Das Kosen deiner Geistesaugen führt
Mich in den Frieden, der mein Herz gesundet.
 
Du gibst dich mir gemäß dem Reifegrad
Der glaubenden Persönlichkeit zu schauen,
Wie eine Königin im Sonnenstaat,
Erweckst in mir unendliches Vertrauen.
 
Der Liebe Mutter, Mutter aller Gnade,
Die mütterliche Gottheit bist du ganz.
Die Zärtlichkeit der Ewigkeit gerade
Verzückte mich zum mystischen Hochzeitstanz
 
Des Gottesmannes mit der Minneherrin,
Die ist vor lauter Liebe eine Närrin!
 
 
18. Traum
 
Nach Medjugorje pilgernd in der Nacht
Alleine und der Einsamkeit geweiht,
Ward ich von allen Christen ausgelacht,
Da ich vermählte mich Marie der Maid.
 
Da ward ich Vater einer Tochter, süd
Und süß wie eine schwarze Jungfrau sie,
Genannt die Neue Eva Sulamith
Und daraufhin getauft auf Sankt Sophie.
 
Daß ich sie nicht verliere aus dem Herzen,
Daß immer mir im Herz ihr Name steht,
Im Andachtswinkel meines Herzens Kerzen
Ihr brennen immerwährendes Gebet
 
Ist alles was ich bitt von meinem Gott
Und trage gern darum der Menschen Spott.
 
 
19. Demut
 
Was mich betrifft, weh mir, ich bin ein Nichts,
O Herr, erbarm dich über diesen Sünder!
Doch Gott der Ewige ist All und Ichts
Und wandelt Sünder um in Gotteskinder!
 
Ich bin der Allernärrischste und keine
Vernunft des Menschen ist in mir, ach nie,
Doch tritt zu mir die makellose Reine
Und voller Huld begnadet mich Marie.
 
In meinem Herzen ist es wüst und öde,
Maria macht mein Herz zum Rosengarten.
Ich bin ein Tor, an Liebe arm und blöde
Und leer, da muß ich auf die Gnade warten;
 
Die kommt; der Weisheit Fleisch sich in mich senkt
Und Gott in seiner Liebe sich mir schenkt!
 
 
20. Sophia
 
Sophia trägt ein Kleid aus reinem Licht,
Wie einen Teppich breitet sie das All.
Gott schuf durch sie das Kosmische Gedicht
Und schuf die Rose und die Nachtigall.
 
O Sakrament der Sonne, ihrem Glühn,
O Sakrament des unsichtbaren Windes,
O Sakrament der Bäume, ihrem Grün,
O Sakrament der Mutter und des Kindes!
 
Wie wunderbar der Weisheit Werke stehen,
Der Sterne Umlauf und der Frauen Regel,
Allüberall der Weisheit Zier zu sehen!
Ihr Wehen treibt des Lebensschiffes Segel
 
Und Lebensboot durch Fluten fort und fort
Zur Ewigen Sophia Ehe-Port!
 
 
21. Adam
 
Des ersten Menschen Adam erste Sünde,
In Jedem individualisiert,
Versetzt uns in des Totenreiches Gründe,
Bis uns die Mutter Erde neu gebiert:
 
Das Mütterchen der feuchten Erde ist
Maria, die als Wasser mit dem Geist
Gebiert den Neuen Adam, Jesu Christ,
Als Schoß mit Myriaden Christen kreißt.
 
Im Neuen Adam, frei von allem Bösen,
Ist miterlöst die ganze Kreatur,
Des Neuen Adam heiliges Erlösen
In seiner ganz gottmenschlichen Natur
 
Erwirkt (hier schweige alles, was da spottet)
Daß alle Menschheit wird in Ihm vergottet!
 
 
22. Die ganze Sophia (Christus totus)
 
Der Logos ist die göttliche Sophia,
Die sprach zu Moses in des Dornbusch Flamme,
Ward prophezeit im Schweigen des Elia
Und kam nach Israel gleich einem Lamme.
 
Doch tut sich kund ein Wissen in Byzanz
Von unsrer Mutter Hagia Sophia:
Die Weisheit Gottes ist erst völlig ganz,
Geht in sie ein die heilige Maria.
 
Sophia ist ein hochzeitliches Wesen,
Gottmenschliche Vereinigung genehm,
(Ist Tao und ist Te bei den Chinesen),
Ist Gottes Lamm und Braut Jerusalem,
 
Ist Christus, wie ihn Augustinus glaubt,
Vereinigung des Leibes mit dem Haupt.
 
 
23. Der Dichter
 
So wie sie Mich verachten, so verachten
Sie auch, die Mir sich ganz gewidmet haben.
Nach ihrer Ehre sollt ihr nimmer trachten,
Nur Meinem Ruhm gehören eure Gaben.-
 
Der ist ein Dichter, der zur Ewigkeit
Sich zählt und singt die Gottes-Sympathie,
Der lebt in Gott, in Freude und in Leid,
Der lobpreist in der Engel Liturgie.
 
Der Dichter trägt den wahren Lorbeerkranz
Der Ewigkeit, der singt die Blaue Blum’
Der Weisheit und trägt ihren Dornenkranz
In seinem minnigen Martyrium.
 
Sonette in dem Stile neu und süß
Von ihm singt man in Gottes Paradies.
 
 
24. Der selige Seuse
 
Von Kindheit suchte er in Kreaturen
Die Liebe und ging irr auf diesem Pfade,
Da lockte Weisheit ihn auf ihre Spuren,
Auf daß er Liebe fänd in ihrer Gnade.
 
Sie hatte ihn erwählt und ihn erkoren,
Sie wollte selber minnig mit ihm sprechen.
- Ei, Weisheit, nicht erkennen dich die Torren,
Dir will mein Herz in tausend Splitter brechen!
 
Könnt meine Herzenswonne dich umfangen
Und alle Tage nur mit dir verbringen!
So wollte ich an deinem Busen hangen
Und in den Schoß der bloßen Gottheit dringen! -
 
Willst du erkennen mich im Gnadenthron,
Ergründe meine minnige Passion!
 
 
25. Sophia
 
Ich stell mich zärtlich vor des Herzens Augen
Und schau ins Herz mit liebevollem Blick.
Die Brust, von der du darfst viel Wonne saugen,
Mit düftesüßem Myrrhebüschel schmück,
 
Kleid mich in violettes Hemd von Byssus
Und gib dem nackten Arme goldne Spangen.
Ist meine Liebe tief wie der Abyssus,
Dann ruhn zu meinen Füßen auch die Schlangen.
 
Ich will in grenzenloser Minne warten
Auf meinen Sänger in dem Edengarten,
Da wird er meine bloße Schönheit schauen.
 
(Dort dichten mir die Engel Poesie,
Da findet auch mein Minnesänger die
Geliebteste der vielgeliebten Frauen.)
 
 
26. Der Weg des mystischen Verlöbnisses
 
Wen Christus ruft in seine traute Nähe
Und will ihn aus dem Reich der Welt entfernen
Und ihn berufen gar zur Gottes-Ehe -
Der möge prüfen, Jesus kennenlernen.
 
Und darum wend ich mich zur Frau Maria,
Sie möge mir den wahren Jesus zeigen.
Dann will ich in dem Geiste des Elia
In der Beschauung leben und dem Schweigen.
 
Scheint, es gefiel der Lieben Frau Maria,
Zu Salomonis Braut mich hinzuführen.
Die Heiligen verkünden Sankt Sophia
Mit Trostesbrüsten und mit Büschel Myrrhen.
 
Da ruft mich die Gemahlin Salomos
Zur Nacht und in der bloßen Gottheit Schoß.
 
 
27. Maria
 
Ich will daß du in meinen Armen ruhst
Und darum mußt du beten, beten, beten.
Gib alles mir, was du nur sinnst und tust,
Ich will dich führen in den Garten Eden.-
 
Mein Ein und Alles auf dem Weg zum Ziele,
Will als levitischer Poet dich loben,
In Himmelsfeuer und der Erde Kühle
Mich deinem makellosen Herz verloben.
 
Äbtissin meines innern Klosters sei,
Herrin der innern Burg mit sieben Zimmern,
Sei neue Eva du im innern Mai
Und sollst als Sulamith der Seele schimmern.
 
Du führst mich in der Liebe linden Leisheit
Zum mystischen Verlöbnis mit der Weisheit.
 
 
28. Der Weg der Weisheit
 
Gott schenke mir des Heiligen Geistes Freuden
Und daß sie ewiglich in mir verblieben,
Führ in den Vorhof mich der Seligkeiten
Und lehre mich die Weisheit Gottes lieben!
 
Die Weisheit spielt mit mir viel Liebesspiele
Und schenkt mir allerlieblichstes Betrachten.
Doch muß ich auf dem Pilgerweg zum Ziele
Auch wieder durch das schreckliche Umnachten.
 
Wer nicht geprüft ward, was denn weiß der schon?
Wir müssen durch der Trübsal Feuerofen!
Wir müssen leben unsres Herrn Passion
Und gegen alle Hoffnung gläubig hoffen,
 
Daß nach der Nacht der Weisheit Jadeflöte
Den Morgenstern ruft aus der Morgenröte!
 
 
29. Der Gute Hirte
 
Maria soll mir meine Hirtin sein,
Ich bin ihr schwarzes Schaf in meinen Leiden,
Sie lade mich zur frischen Quelle ein
Und möge mich auf grünen Auen weiden.
 
Kontemplative Rahel hab ich lieb
Und hab mich Leas Arbeit auch geliehn.
Gott Israels, ein Hirtenherz mir gib
Und hüte Josef auch und Benjamin.
 
Mein Jesus, du bist ja der Gute Hirte,
Vernommen wird dein Wort von deinen Schafen.
O Weisheit, laß mich in der Minne-Myrte
Der Auen deiner Tochter Sion schlafen
 
Und ruhn am schlankesten Zypressenstamm,
Das Haupt auf dem betauten Vlies vom Lamm.
 
 
 
 
30. San Juan de la Cruz
 
Gott führt die Seele auf der Weisheit Spur
Und läßt die Seele in der Liebe brennen,
Läßt Weisheit sie in aller Kreatur
Als wie in einem Spiegelbild erkennen.
 
Zum Weihrauchhügel und zum Myrrhenberge,
Zur Nächstenliebe und zu der Beschauung
Führt Gott den Geist. Der Weisheit Liebeswerke
Sind lauter Huld zu ewiger Anvertrauung.
 
O Fülle der Geheimnisse im Geist!
Der Weisheit Berg ist üppig, fruchtbar, reich!
Die Weisheit liebevoll die Wege weist
Durch Liebeseinigung ins Himmelreich,
 
Durch Liebeseinung mit der Weisheit Reiz -
- Allein durchs Kreuz!
 
 
 
 
 
II. SERAPHISCHER SANG DER MYSTISCHEN MINNE
 
„...Und die Stimme der mystischen Lyra,
Die auf Fluren des Jenseits ertönt.“
(Anna Achmatowa)
 
 
 
1. Glaube
 
Wenn eine sterbliche Geliebte scheidet
Und wacht der Liebende alleine auf -
So ist dem armen Gottesmann, der leidet
Und sieht entfliehn der schönen Weisheit Lauf.
 
Dann brumm wie Bären, gurre wie die Tauben,
Dann schau, o Liebender, dann schau nach innen.
Und fühlst du nichts, dann halt dich an den Glauben,
Das hilft, auch noch im Leiden tief zu minnen.
 
Die dunkelschöne Weisheit will ich loben,
Sie führt mich in die Einsamkeit der Wüste,
Dort will sie ja sich ihrem Freund verloben,
Die sie ihn mit dem Feigenmunde küsste
 
Und hüllte ihn in lichter Sonne Kleid,
Der sich der Minnekönigin geweiht.
 
 
2. Liebe
 
Im Leiden halt dich an des Glaubens Zeichen
Und an der Liebe wirkendes Symbol,
Dann wird die Hoffnung nimmer von dir weichen
Und immer steht der Stern am Himmelspol.
 
Die schöne Weisheit will sich selber malen
Auf deiner Seele leere Leinwand gold.
Sie senkt in deine Seele ihre Strahlen
Und schaut so minnesanft und anmuthold.
 
In ihrem Herzen bin ich ganz daheim,
Die sie mein Inneres so gern durchwandelt.
Sie ist auf meines Herzens Lied der Reim,
Die sie in meiner Nächstenliebe handelt.
 
Weh mir, ich bin an Liebe allzu arm,
Da füllt mein Herz der schönen Weisheit Charme!
 
 
3. Leidenschaft
 
Wie brennen Dornenfeuer mir im Blut,
Summen die Bienen süß ihr Sommerlied
Und ahne ich das heißbegehrte Gut
Und es - zu meinem Heile - sich entzieht!
 
Sie malt sich meinen Seelenaugen vor
Und haucht mich an mit ihrem schönen Schatten
Und steht so strahlend schon im offnen Tor
Und ruft mich nahezu wie ihren Gatten -
 
Und doch bin ich allein und arm und leer
Und muß verzehren mich vor lauter Sehnen
Und brülle wie ein aufgewühltes Meer
Und tränk mein Aschenbrot mit bittern Tränen
 
Und trag wie Ijob schwärende Geschwüre.
Ach, hört sie denn nicht meiner Minne Schwüre?
 
 
4. Finsternis und Trost
 
Senkt nicht die schöne Weisheit ihre Strahlen
In meine Seele, ihre sanfte Huld,
Will alles sich in mir sehr dunkel malen
Und muß ich Nächte tragen in Geduld.
 
Die bittern Bakabäume in dem Wald
Umwandle ich als öder Seufzerschatten.
Sie hat die dichte Finsternis geballt
Und will sich mir in Mitternächten gatten.
 
Allein, wie tief die Nacht, wie tief und schwer,
Um desto herrlicher steigt auf die Sonne.
Bin ich verloren auf dem weiten Meer,
So komm ich doch zum Strande noch der Wonne.
 
Denn Weisheit wird den schmerzensreich Erlösten
Im Maße seiner Nacht der Seele trösten.
 
 
5. Sie spricht
 
O Turteltäuberich, o komm zu mir,
Aus Gold und Silber ist mein Federkleid.
Zwar ist die Schönheit meiner holden Zier,
Die ich dir zeigte, noch nicht Seligkeit,
 
 
Die ewige Glückseligkeit, dein Streben;
Allein: Vernimm mein süßes Minneschmachten!
Bereite Freude meinem ewigen Leben,
Indem du müßig bist, mich zu betrachten.
 
Ich bin die früh verwundete Gazelle,
Der Jäger traf mich in der Morgenröte.
Ich hör dich, Rehbock, röhren nach der Quelle,
Die stillt dir deine heißen Liebesnöte.
 
Laß dich von meinem Minneblick anblicken,
Daß wir an unsrer Liebe uns erquicken!
 
 
6. Gott-Natur
 
Wie Berge stehn in erdenschwerer Wucht
Und rühren an den Himmel mit den Gipfeln
Und sind umflogen von der Wolken Flucht
Und reich an grüner Lebensbäume Wipfeln
 
Und wie die Täler ruhig sich und frisch
Mit reichen Rebengärten grün sich breiten
Und wie der Weizen breitet sich zum Tisch
Und wie die Waben von den Stämmen gleiten
 
Und wie der Ströme schaumbekränztes Rauschen
Des Sängers Haupt zu fernen Inseln tragen
Und wie die Dulder den Sirenen lauschen
Und wie die mondbeglänzten Strände klagen -
 
So ist der Inbegriff der Gott-Natur
Die Weisheit, die mich zieht auf ihre Spur.
 
 
7. Der Liebesschlaf
 
Wie lang der Jünger schmachtet auch und leidet
Und sehnt sich sehr nach ihr in wehem Kummer,
So hat sie endlich doch das Bett bereitet
Und lädt ihn ein zu trautem Minneschlummer.
 
O laß mich ruhn an deiner schönen Brust
Und finden tiefe Ruh in deinen Armen,
Verzück mich auf des Seelengipfels Lust
Durch deiner Liebe schenkendes Erbarmen!
 
Wie lange durch der Leidenschaften Flut
Irrt ich mit meinem Boot nach deinem Hafen,
Nun, deines Fleisches Fleisch und Blutes Blut,
Darf ich in deinem Brautgemache schlafen
 
Und darf um aller meiner Liebe Brennen
Abgründige Geheimnisse erkennen.
 
 
8. Der Vogel
 
Ich fliege auf, ich fliege auf den Gipfel,
Ich flieg, des Lichtes süßen Glanz zu blicken,
Ich setz mich in des Lebensbaumes Wipfel
Und niste da in seligem Verzücken.
 
Ich halte meinen Schnabel in den Wind,
Der Wind, dein Zeichen, wird die Flügel bauschen.
In deinem Wehen werd ich wieder Kind,
Bereit, der Mütter Mutter still zu lauschen.
 
Kein andrer Vogel läßt sich bei mir nieder,
Wer möchte je in dies Alleinsein dringen?
Doch in der Einsamkeit ersinn ich Lieder,
Sie meiner Liebe voller Lust zu singen,
 
Zu singen meiner minnigen Erkornen
Aus meiner Sangesbrust, durchbohrt von Dornen.
 
 
9. Gesang
 
Das göttliche Genie in meiner Brust
Ist Wesen von dem Wesen Gottes, ja,
Ich bin die Sangeslust von Gottes Lust,
Ich bin der Widerhall des Ich-bin-da!
 
Verklärte Seelen hör ich selig singen
Von der geheimnisvollen Glut der Minne
Und durch die Spiegel der Mysterien dringen
Und werden singend aller Weisheit inne!
 
Ich aber sing nach meiner eignen Weise,
Betrunken von der schönen Weisheit Bild -
In himmlische Gesänge fügt sich leise
Der meine Minnesang so anmutmild,
 
In ewiger Ruhmeshalle sich verlierend
Und Weisheit mit dem Lorbeerkranze zierend!
 
 
10. Die Dämonen
 
Die Füchse wollen auch im Weinberg wohnen,
Sich Reinecke mit einer Wölfin paaren.
Mit Geisteshochmut locken die Dämonen
Und mit der Wollust sinnlichen Gefahren.
 
Ist auch des Fleisches Wollust schon gezügelt
Durchs innere Gebet, dann wird dem Keuschen
Durch bunte Phantasieen vorgespiegelt
Der Augen Lust, so will der Satan täuschen.
 
Befrei mein Engel mich von den Dämonen
Mit seinen immerwährenden Gebeten
Und lasse mich auf Schlangen und Skorpionen
Mit dem von ihm beschützten Fuße treten;
 
Und hat er mich besänftigt und beschwichtigt,
Daß er unweise Wege mir berichtigt.
 
 
11. Trockenheit
 
Die unvergleichlichste Betrübnis hing
Wie eine schwarze Wolke auf die Seele,
Die ward umwunden von Saturnus’ Ring
Und war wie stummes Würgen in der Kehle.
 
Gott, schließ die Zelttür vor der Wüstendürre
Und vor der unbarmherzigen Sonne Brennen,
Zerreibe mich und mach mich süß wie Myrrhe
Und laß mich den Gekreuzigten erkennen!
 
Heimsuchungen im tiefsten Seelengrund
Erscheinen nahezu wie Gottes Rache.
Mit letzter Stimme ruft der Herzensmund:
Komm, Wind des Südens, Liebesglut entfache!
 
Wie lang noch muß ich auf den Südwind warten?
Hauch, Hauch, belebe meinen innern Garten!
 
 
12. Der innere Garten
 
Komm flammend, göttliche Begeisterung,
Komm, Ruah ha kadosch, mit dem Hauch,
Mach mich zu deiner Rose rot und jung
Und mach zu deiner Blume blau mich auch.
 
Komm, Ruah ha kadosch, lächele mit zarten
Liebkosungen der Schönheit ewiger Jugend
Als Herrin, Heilige, im innern Garten,
Und lasse leuchten Lilien der Tugend.
 
Komm, Ruah ha kadosch, mit der Schmerzen Myrrhe
Und mit des Auferstehungsjubels Narden.
O komm, o Göttliche, o hör: ich kirre
Dich Taube, girre du in meinem Garten,
 
Denn du bist schön! und wen du angeschaut,
Der ist mit aller Schönheit tief vertraut.
 
 
13. Die Nymphen
 
Die Weisheit in der Ewigkeit der Jugend
Erscheint mir in dem Innersten der Räume,
Freut sich an meiner Nächstenliebe Tugend,
Der Gottesliebe duften meine Bäume.
 
Doch schaue ich hinaus zu grünen Büschen
Und zu dem Schilfrohr an den braunen Sümpfen
Und zu der schlanken Feuchtigkeit von Fischen,
Dann irritieren mich die nackten Nymphen.
 
Wie schütteln sie die hennaroten Mähnen
Und fesseln meine Sinne mit den Locken
Und säuseln süß und sanft wie die Sirenen
Und singen - und ich hör nicht mehr die Glocken,
 
Weil all mein Inneres nach der Nymphe heißt
Und in der Wollust untergeht der Geist.
 
 
14. Sehnsucht nach der Schau
 
Gieß, Gottheit, über meine Seele Fluten
Des Salböls alles heiligen Erkennens
Und läutere mein Herz in reinen Gluten
Zu der Beständigkeit des Minnebrennens!
 
O laß mich mehr erschaun als deinen Rücken,
Erwart ich dich in einer Felsenspalte,
Laß dich nicht nur in deinem Stern erblicken
Und deinem Edelsteine im Basalte.
 
O Gottheit, Wesen aller Wesenheiten,
Berühre meine innerste Substanz,
Du mögest göttlich in mein Inneres gleiten
Und mich verzücken wie durch einen Tanz,
 
Wenn deine Gottheit und wenn mein Gemüt
In einer einigen Liebeseinung glüht!
 
15. Leidenschaften
 
Von Tränen wird mein Antlitz immer blasser
Und Abgrundbrunnen sind in meiner Seele
Und meine Trauer steigt wie trübe Wasser
Und stehn mir schon bis an die stumme Kehle.
 
Zu Luftgespinsten weht mir all mein Hoffen
Und malt mir Feenschlösser in den Äther
Und meine Seele steht den Seufzern offen
Und ist nur Windhauch, doch kein rechter Täter.
 
Verschlingen wollen mich die heißen Flammen
Der lohen Leidenschaften meiner Lust,
Die Flammen stürzen über mir zusammen,
Glutkohle brennt in meiner offnen Brust.
 
Wer, Weisheit, kann allein verkraften,
Wenn du nicht beistehst, solche Leidenschaften?
 
 
16. Die Jungfrau
 
Gott sah dich, Jungfrau, sah dich in dem Blute,
Gott sagte: Lebe, Lilie auf dem Feld! -
Dein braunes Haar um deine Brüste flute,
Weil dies dem Aug des Ewigen gefällt.
 
Du standest unterm Himmel nackt und bloß
Und wie von Gottes Narretei verwirrt,
Ein Becher voller Süßwein war dein Schoß,
Vor welchem Gottes Feuerzunge girrt.
 
Gott gab dir reiner Seide Transparenz
Und salbte dich mit Ölen und mit Düften
Und schmückte dich mit goldenem Geglänz,
Granaten glich er deines Schleiers Lüften.
 
Er nährte dich mit Wein und Honigbrot
Und hieß dich: Leben, Schoß von Morgenrot...
 
 
17. Blühendes Brautbett
 
O Gattin meines Geistes, innig ruhe
Bei mir, ich teil dir meine Liebe mit,
Ich leg mein Wort in deines Herzens Truhe,
Mein Wort, das in der Zeit vor Liebe litt.
 
Geheimnisse verkünde ich und Gaben
Des Geistes geb ich dir und fromme Tugend,
Denn Liebe, Glaube, Hoffnung soll dich laben
Und dir erwirken Ewigkeit der Jugend.
 
Weil alle meine sieben Augen glühten
Nach deines Busens roten Perlenketten,
Drum will dich meine Liebe in den Blüten
Des Gartens meines Paradieses betten!
 
Berühren werden dich und dich entzücken
Die Blüten und mit ihrem Duft erquicken.
 
 
18. Das Mädchen
 
Ich geb mich deiner Sanftmut, deiner Demut,
Kostbarer Jesus, deiner Schönheit hin,
Der du Balsamen gießt in meine Wehmut
Und nennst mich deine liebe Zimmerin.
 
Ich will besinnen mich und meditieren
Und von der Schönheit in der Schöpfung schwärmen,
Das Kreuz des Morgenlandes soll mich zieren
Und deiner Mutter Mantel soll mich wärmen.
 
Zieh mich dir nach, o Gott in deinem Schimmer,
Du Unbekannter, über allen Namen,
Zieh mich in deiner Liebe inneres Zimmer
Durchs Duften deiner geistigen Balsamen,
 
Dann will ich innerlich im Herzen innen
Dich in dem Jubelquell der Liebe minnen!
 
 
19. Die Braut
 
Sie ruht auf ihren bräutlichen Diwanen,
An ihren Göttlichen sich anzulehnen,
Verheißung ist er, sie ein stilles Ahnen,
Sein Liebeskuß der Grund von Freudentränen.
 
Gebadet hat er sie in Göttlichkeit
Und sie in seine Sanftmut eingekleidet,
In ihres Seelenschoßes Adelkeit
Die göttliche Beglückung stillend gleitet.
 
Wie wird die Seele tief, sehr tief gestillt,
Berührt des Seelenschoßes Feuersonne,
Weil in sie eingeströmt so gnadenmild
Der Heilige Geist mit seiner Liebeswonne,
 
Der Schöpfer eingeht in sein Weltenall,
Gießt in die Braut der Wonne Wasserfall!
 
20. Der Trank der Liebe
 
Dir, Seele aller Seelen, lieben Dank,
Daß du mir, Geist der Geister, zugemessen
Der Weisheit friedebringenden Ruhetrank
Und ließest mich den Lärm der Welt vergessen.
 
Nicht jene Weisheit such ich, die nur Wissen
Der Erde ist, Gelehrsamkeit der Welt,
Doch jene Weisheit will ich nimmer missen,
Die mir den Trank zu reichen sich gefällt,
 
Den Trank der Liebe, den ich dankend preis,
Den vor der Schönheit Antlitz ich getrunken,
Der ich vom Wissen dieser Welt nichts weiß
Und in der Liebe Torheit bin versunken,
 
Der ich den Rausch der süßen Minne preise
Und werde durch der Liebe Torheit weise.
 
 
21. Die Mutter
 
So lieb ist keine Mutter je gewesen
Und keine Freundin je so schön und hold,
Nie je so sanft war einer Schwester Wesen,
Was ihr auch je der Gottheit gleichen wollt.
 
Gefangen gibt die Gottheit sich, die Herrin,
Ihr Kerkermeister ist der arme Sklave,
Die Weisheit wird aus Demut gar zur Närrin
Und Todgeweihter wird der Seiende - Jahwe!
 
Oh, wie verwöhnt und liebkost Gott die Seele
Und spendet Frieden, Seligkeit und Lust!
Daß keines ihrer kleinen Kinder fehle,
Nimmt Gott sie alle an die Mutterbrust,
 
Da werden Tröstung wir und Wonne saugen
Und Gottes Schönheit sehn mit unsern Augen.
 
 
22. Die Kammer
 
Hingeben will ich, Weisheit, dich mir ganz,
Die du bereitet die Zypressenhütte
Und füllst sie selbst mit deiner Schönheit Glanz
Und hörst mich an, hörst meines Schmachtens Bitte:
 
Eröffne mir geheim-geheime Kammer
Und teile vor dem Bett die Seidenschleier.
Ich klopfe an die Pforte mit dem Hammer
Und bin bereit, zu wandern durch das Feuer.
 
(Wie Aarons Kerzen auf der Menorah
Von Machli und von Muschi ist dein Leib,
Auf dem dein Angesicht ich leuchten sah.)
In deiner Glut als Myrrhe mich zerreib
 
Und nimm als Büschel mich zu deinen Brüsten
Und öffne mir die Ewigkeit von Lüsten!
 
 
23. Freund der Weisheit
 
Schatzkammer Gottes bist du, edler Schatz,
O Weisheit, gleich mich deinem Reichtum an,
Laß schürfen tief mich am verborgnen Platz
Und Seher werden von Obsidian.
 
Die schöne Liebe ist dein ganzes Wesen,
In süßer Sanftmut und in tiefer Demut,
Drum will ich nichts dir als nur Liebe geben,
Am Tag der Wonne, in der Nacht der Wehmut.
 
Schon nanntest du mich, Weisheit, deinen Freund,
Du meine Liebe, meines Herzens Rose,
In Freundschaft sind wir inniglich geeint
Als wie in einer Liebessymbiose.
 
Aus allem werd ich, Weisheit, Liebe saugen,
Willst du zum göttlichen Symbol mir taugen.
 
 
24. Muße
 
Wohl muß ich noch mit Werken dich verehren
Und Zions neue Zedernhütte zimmern
Und muß im Fegefeuer Asche kehren
Und seh dich doch von fern schon schön erschimmern:
 
Seh dich verborgen in der mystischen Grotte,
Du blaue Lilie in meinem Traum.
Durch deiner Liebe Gnade mich vergotte
Und laß mich ein in deines Schoßes Raum.
 
Ich will vor deiner Schönheit staunen, schauen
In innerlicher Schau, wie schön du bist,
Und Seel’ in Seele münden und vertrauen
Auf deine Gnade, die mein Glaube küsst
 
In Minne auf den Mund, o meine Muse,
Du meine Meditation und meine Muße.
 
25. Von Jubiläum zu Jubiläum
 
Für alle andern bin ich lang schon tot
Und werde keinem andern auferstehen,
Du meine Nacht und du mein Morgenrot,
Laß im Erwachen deine Schönheit sehen!
 
Laß starren mich, gebannt wie durch Magie,
Auf Eine nur, für alle andern blind,
Ist meiner Seelenaugen Wonne sie,
Die spielte vor dem Schöpfer wie ein Kind.
 
Ich geb dir meine Hand und meinen Ring
Und Seele dir und den pneumatischen Leib,
Der ganze Himmel meine Wonne sing,
O Weisheit, in dein Lebensbuch mich schreib,
 
Dann jauchzen wir als Liebespaar Te-Deum
Von Jubiläum, Gott, zu Jubiläum!
 
 
26. Kränze
 
O Weisheit, hohe Himmelskönigin,
Umduftet von des Heiligen Geistes Winden
Stehst du zu rechter Seite dem Ich-bin -
Dir will ich tausend Rosenkränze winden,
 
Ja, winde du mit mir den Rosenkranz
Aus frischen Knospen jung und purpurrot,
Umwinde dich und führe mich zum Tanz
(Und nie in deinem Reigen tanzt der Tod)
 
Und tanz und tanz in herrlicher Verklärung
Mit allen Seligen die Freudentänze!
Und mich teilhaftig werden laß der Ehrung,
Zu tragen deine goldnen Rosenkränze
 
Als Krone oder Kranz der ewigen Minne -
Und gib zu meinem Geist mir selige Sinne!
 
 
27. Das Haar
 
O Weisheit, hohe Königin des Alls,
Du Inbegriff der Schönheit wunderbar,
Wie einsam hängt an meinem Schwanenhals
Ein Haar, das nach dir ruft, ein helles Haar.
 
Laß dich durchbohren von des Haares Spitze
Und wind es ein in deine Purpurlocken!
Mein Herz durchbohr mit deines Busens Spitze,
Laß Liebe läuten deines Busens Glocken!
 
Nein, keine andre liebe ich als nur
In welcher Seele meine Seele mündet.
Ich hoff, daß deine göttliche Natur
In dich vergottend all mein Wesen bindet.
 
Dann werd ich heiße Freudentränen weinen,
Wenn wir, im Haar gefangen, uns vereinen!
 
 
28. Liebe liebt Liebe
 
Ich bin ein Bauer nur, ein armer Friese,
Ich bin der Inbegriff der Häßlichkeit.
Du aber, du wohnst in dem Paradiese
Und bist der Inbegriff der Herrlichkeit.
 
Mystischer Tempel du von reiner Jade,
Laß wohnen den Armseligen in dir!
Ja, flöße ein ihm Gnade über Gnade
Und gehe in ihn ein in deiner Zier!
 
Willst du dein Inneres mir anvertrauen
Und deiner Weisheit Wort und Lustgestöhne -
Wenn du mein Herz anschaust, dann wirst du schauen
Nur deine Herrlichkeit und Gotteschöne!
 
Denn deine Liebe liebt ja nichts als Liebe!
Gib daß ich deine Liebe nimmer trübe!
 
 
29. Sie spricht
 
Ich liebe dich nicht nur um meinetwillen,
Wie denn vermagst du solcherlei zu denken?
Ich will doch alle deine Sehnsucht stillen,
All meine Lust ist ewiges Verschenken,
 
All meine Lust ist ewiges Verschenken
An meinen vielgeliebten Freund, ja dich!
In dich will ich mein Opfer einversenken
Und mit dem Opfer geb ich mich, ja mich!
 
Ja, du bist gut, ich hab dich gut gemacht,
Was denkst du denn, du bist mir wirklich schön!
Wie will ich minnen dich in tiefer Nacht,
Da ich dich mit dem Myrrhenkranze krön,
 
Wie will ich minnen dich im Morgenrot -
Mein Leben wird verschlingen deinen Tod!
 
30. Schluß
 
In neuen Himmeln und auf neuen Erden
Laß, wunderschöne Weisheit, sanft uns kosen,
Genießen aneinander süße Zärten
Und schweben wie die Falter um die Rosen,
 
Nichts wird mir deine schöne Liebe rauben,
Kein Engel und kein Mensch wird mich verwirren,
Wir nisten wie ein Paar von Turteltauben
Und werden ewige Äonen girren,
 
Wir trinken süße Feuchte von Granaten
Und saugen Sonnensaft aus sieben Samen,
Wir werden in dem Strom des Lebens baden
In grenzenloser Liebe Ja und Amen! -
 
(- Den Dichter Schwanke führ das Herz Marias
Zur Weisheit in dem göttlichen Messias!)
[Inhalt]


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