[Inhalt]

Peter Torstein Schwanke
 
IMMACULATA
 
Erstes Poem:
BITTE FÜR UNS IN DER STUNDE UNSRES TODES (1994)
 
„O quam magnum miraculum est,
quod in subditam femineam formam
Rex introivit.
Hoc Deus fecit,
quia humilitas super omnia ascendit.“
(Hildegard von Bingen)
 
 
ERSTER GESANG
 
Heilige Muse, sing mir wie der Tau
Des Morgens auf dem Vlies der lieben Frau,
Der Mutter Jesu. Auf dem Weltenplan
Da regte sie das Wunder Kana an,
Das Wasser ward gewandelt in den Wein,
So wie das Blut wird Trank des Heiles sein.
 
Sie war die Pieta an Christi Kreuze.
Als Jesus aufstieg (über Beteigeuze
Im Hirtenstern) in seiner Himmelfahrt,
Sind um die Mutter Jesu all geschart
Apostel in der Stadt Jerusalem,
Sie beten mit der Maid aus Bethlehem,
Wo sie aus reinem Leib und süßer Seele
Den Heiland uns geborn in einer Höhle.
 
Aus Davids wunderbarem sanften Stamm
Maria war entsprossen. Einer Flamm'
War gleich in ihr das wunderbare Kind,
Und nicht verzehrte sie der Brand im Wind.
 
Heilige Mutter unseres Messias,
Ein Trost ist auf die Klagen Jeremias.
 
Sie weilte in dem Haus vom Zimmermann
Mit Namen Josef, der im Traume sann,
Der er sie nicht erkannte, zu sich nahm,
Die sang und tanzte wie einst Miriam.
In ihr Gezeugtes ist vom Heil'gen Geist,
Die sie das Kind mit Namen "Jesus" heißt.
 
(Ein M, Messias, steht mir in der Hand.)
Einst die drei Weisen aus dem Morgenland,
Sie kamen aus der Morgenröte weit,
Um aufzusuchen die geliebte Maid,
Die junge Schöne bei Jerusalem.
Da führte sie der Stern von Bethlehem.
Sie folgten durch die weite Wüstendürre
Und schenkten Gold und Weiherauch und Myrrhe
Und beteten zum Sohn als König groß,
Der lachte sanft auf dem Marienschoß.
 
So wie der Griechen Grazie Aglaja
War süß die Maid... Wie der Prophet Jesaja
Vorhergesagt: Ein Mädchen wird empfangen
Und wird ein Kind gebären! Zart im Bangen
Ward es an ihr vollbracht, Immaculata,
Der reinen Maid aus Bethlehem-Efrata.
 
Geflohen zu der Zeit von Kindermord
Kam die Familie an einen Ort
Mit Gottes Sohne Jesus in Ägypten,
Wo er die Götter stürzte in den Krypten.
Der Auszug aus Ägypten ist gelungen,
Wie einst verheißen hat mit Feuerzungen
Der Seher: Aus Ägyptens Wüstenwind
Und Wüstensonnenglut hab ich mein Kind
Berufen! sprach der Herr, der feste Stein,
Der sprach durch den Propheten: Rahel, wein
Um deine toten Kinder! - Du allein,
Maria, weintest bitterliche Tränen
Mit dem Gemüt von schwarzen Trauerschwänen,
Als Jesus vor dir hinstarb in Judäa.-
 
Dein Duft ist Myrrhe, Myrrhe dein Gewand,
Salböl ist dein aus Saba und dem Land
Der Königin des Südens, die war so
Verwundert ob der Weisheit Salomo.
Dich schmücken Gold und Silbererz und Porphyr
Und lauter Edelstein vom Lande Ofir.
Auf dem Altare dufte Öl von Mandel
Und brenne nieder etwas Holz von Sandel,
So beten zu dem Herrn die Heiligen
Und singen ihm erlöst die Seligen,
Die kamen durch das schmale Himmelstor,
Wie Kaspar, Balthasar und Melchior.
 
O jugendliche Jungfrau, mir ist immer
Dein Leib und deine Seele sanfter Schimmer,
So wie im heilen Spiegel ist ein Feuer.
Ich denk an Ruth und ihre Abenteuer.
 
Als Jesus Christus einstmals wandeln ging
Im Tempel, hat Maria ihn gefunden.
Den Schriftgelehrten einmal zu bekunden
Erfüllung von Gesetz und Prophezein,
So stand er dorten wie ein fester Stein.
Der Priester sprach: Sag bist du Gottes Kind?
Du sagst es! Auf der Wolke mit dem Wind
Des Himmels werdet ihr's einst kommen sehn,
Der Sohn zu Seiten von der Kraft wird stehn!
 
Zwölf Jahre alt war Jesus, lehrte weise,
Da sprach die Mutter zu ihm lind und leise,
Sie sprach (und war wie Tragakant-Arom):
Wo bliebest du? - Ich mußte sein im Dom
Und lehren in dem Tempel meines Vaters!
 
Maria sprach: Sie haben nichts zu trinken.
Da wußte Jesus auf und ab zu winken
Und hin und her, und Wasser ward zu Wein,
Er sprach: Und wann wird meine Stunde sein?
Und bist du da, dich darum zu bekümmern?
 
Nathanael vernahm dies in den Zimmern,
Der einst im Orient gehäutet ward.
Sie sprachen niemals herrisch oder hart,
Sie redeten mit Sanftmut und mit Liebe,
Daß niemals eine Seele sich betrübe.
 
Und in dem hochzeitlichen Brautgemach,
Wo bei der Öl-Laterne nachtlang wach
Phillipus war, vernahm er jene Lehre:
Die Liebe waltet überm Sternenmeere
(Wie Dante schloß Comedia Divina)
Aus rosenrotem Mund der Madonnina.
 
Und Lukas malte sie mit seinem Pinsel,
Darum ihr Bildnis wohl auf mancher Insel
Im Mittelmeere findet sich. Kittim
(Wie Zypern auch gerufen wird intim),
Chios und Smyrna haben sie gesehn.
Und niemand wußte ihr zu widerstehn.
So Schöne hatte Mose nicht im Blick,
Wie sie ihr Bildnis gab ins Mosaik.
Es malte Lukas herrlich einst Marias
Dasein. - Dem Tempelpriester Zacharias
Erschien ein Engel wohl von Gottes Ehren
Und sprach: Elisabeth, sie wird gebären
Ein Kind, sein Name soll Johannes sein!
Das Engelswesen war wohl Gabriel,
Ein Engel Gottes wie auch Michael
Und Uriel und Raphael, der Trost.
Der Priester hatte Zweifel sich erlost,
Und daraufhin verstummte Zacharias,
Der Mann Elisabeths, die war Marias
Geliebte Freundin. Doch die Jungfrau schön
Verkündete: Es kommt ein Auferstehn!
 
Doch jetzt zu sagen, wie du Gott empfangen!
Vom Engel Gabriel die Worte klangen:
Mit Gott, Begnadete! gebenedeit
Unter den Mädchen bist du, reine Maid!
Da ging durch deine Seele wohl ein Schauer,
Und dein Gedanke in des Herzens Trauer
Versuchte zu ergründen dieses Reden.
O wo war die Glückseligkeit von Eden?
Sprach Gabriel zum reinen Herz Marias:
Du wirst der Mutterschoß sein dem Messias,
Denn Gottes Wort wird Fleisch, das Wort ist Same,
Und Jesus soll vom Sohne sein der Name!
Maria redete zum Engel dann:
Wie solches, denn ich kenne keinen Mann?
(Ähnliche Zweifel hatte Zacharias.)
Der Engel seufzte zu dem Geist Marias:
Der Heil'ge Geist wird kommen über dich,
Die Kraft dich überschatten inniglich,
Dein Sohn wird heißen wahrlich Gottes Sohn!
Und wie sie im Vertrauen beten schon,
Sprach so der Engel innig im Gebet,
Daß auch empfangen hat Elisabeth.
Maria sprach zum Engel da am Ort:
Ich bin die Magd, gescheh nach Gottes Wort!
 
Der Engel schied jetzt von dem Haus Marias
Und eilte zu dem Haus von Zacharias.
Maria ging im innigen Gebet
Und kam zum Hause der Elisabeth.
Maria grüßte anmutiger Zier,
Vor Freude hüpfte der Prophet in ihr:
Elisabeth, die Mutter von Johannes,
War froh. (Sie las zu jener Zeit von Jannes
Und Jambres, Zauberern des Pharao,
Im zweiten Buche Moses irgendwo.)
Elisabeth, erfüllt vom Heil'gen Geist,
Ist jene Seele, die den Heiland preist
Mit Sangeskunst und einer lauten Stimm':
Was für den Jakob war Mahanajim,
Ein Heereslager, lauter Gottesschar,
Der Engel Gabriel Marien war,
Ein Bote von der Gottesherrlichkeit.
O du bist selig, benedeite Maid!
Maria, du bist Mutter meines Herrn,
Der ist der Zukunft goldner Morgenstern!
 
(Herr Jesus, sieh, ich möchte immer mehr:
Entführe mich zum Himmel, zu dem Meer
Der Seelen süßester Glückseligkeit!
Mit Liebenden erlöst in Ewigkeit!)
 
Ich seh sie stehen zwischen Taborzedern,
Besungen sei sie, mit den Pfauenfedern
Als Kopfschmuck, mit dem Diadem aus Jett
Und mit geweihtem Jade-Amulett.
Als Säule auf des Tabor festen Erzen
Rühmt sie und Sterne wie Millionen Kerzen,
Sie loben mit dem großen Hallelujah!
Mit ihr den Lobpreis sang ein Hain von Thuja,
Und Pappeln, Mandelbäume und Platanen
Lobpreisen auf den pastoralen Bahnen.
Sie sang den Lobgesang für den Messias,
Und mit ihr stimmte ein der Mann Matthias,
Mit ihnen pries und lobte Jünger Justus.
 
Jetzt singe ich die Tage des Augustus.
Nach dem Erlaß des Kaisers ward gezählt
Ein jedes Volk. Der sich die Maid erwählt,
Der Zimmermann, der fromme Josef hat
Mit ihr sich aufgemacht in Davids Stadt.
 
(Sei Gott der Dank! dem Geiste allbeseelend!
Daß nicht noch größer ist der Seele Elend!)
 
Sei Gottes Sohn bekannt in Cäsarea.
Und Josef, Zimmermann aus Galiläa,
Zog mit Maria fort aus Nazareth,
Zum Ort, der schon seit Jakobs Zeiten steht,
Zu Rahels Zeiten ward genannt Efrata,
Nach Bethlehem. Da ward die Immaculata
Vom Geiste schwanger, und es ward ihr schwer,
Da kam zur Welt der Menschensohn, der Herr!
Und als sie ihn, den Menschensohn gebar,
Tat sie ihn in die Krippe, denn es war
Im öffentlichen Rasthaus nicht ein Platz,
Und so gebar Maria Gottes Schatz!
Gebar die Auserkorne den Erkürten!

In jener dunklen Stunde ward den Hirten
Nachts auf dem Fels von Engeln wohl bekundet,
Daß jetzt die Menschheit von dem Fall gesundet,
Weil aus dem unversehrten Schoß Marias
Gekommen der verheißene Messias.
So kündete den Hirten Ariel:
Jesaja einst verhieß Immanuel,
Und das heißt: Gott mit uns! und diese Nacht
Ists wunderbar durch eine Maid vollbracht.
Die Hirten gingen, ihre Haare tauen
Vom Nachttau, um den Christus anzuschauen,
Das Baby sahn sie, sahn das Wort im Fleisch,
Im Schoße einer blassen Jungfrau keusch.
 
Gott Israels, Gott Zebaoth, Messias!
Bewegten Worte sich im Herz Marias,
Von dir sang David, o du bist der Hirte,
Der seine Seele zu der Quelle führte.
 
Maria ging mit ihm von Bethlehem
Hin zu der Friedensstadt Jerusalem,
Zur Reinigung, die süße weiße Rose,
Und um das Kind zu weihen, wie durch Mose
Gott seinem Volke Israel geboten.
(Herr, führe mich vom Leiden mehr zum Glauben!)
Zu dem Altar gab sie die reinen Tauben
Und zündete zu Lichtmeß weiße Kerzen,
Die Seligkeit empfängt nach ihren Schmerzen.
 
Und Simeon, ein Knecht von Zebaoth,
Sprach: Mir verheißen ist, ich werd den Tod
Nicht sehn, eh ich nicht schaute den Messias!
Er hat empfangen aus dem Arm Marias
Das Jesuskind, er nahm es sich zu Herzen:
Gott, jetzt entläßt du mich aus meinen Schmerzen,
Sprach Simeon, die Blüte Israels,
Und prophezeite: Auf dem Schädelfels
Durchdringen werden dich, Maria, sieben
Schwerter im Schmerz um den gestorbnen Lieben!
 
Jetzt trat zum Sohne die Prophetin Hanna
Und sprach: Dank Gott, ich schaute jetzt das Manna,
Das letzte Mahl (wie in Mahanajim)
Und auch die bronzne Schlange, sehr sublim,
Und Moses Wunderstab vom Roten Meere;
Sei dem Erlöser Ruhm und Preis und Ehre!
 
Sie kehrten wiederum nach Nazareth,
Maria sprach des Weges das Gebet:
Still bin ich meiner Gottheit, ich bin stille,
Der Sohn erstarke in der Weisheit Fülle,
Die Gottheit sitzt im Sitz wie weiße Jade,
Ja, mit dem Sohn sei ewig Gottes Gnade,
Die Seele Jesu reife auf im Geist,
Die Weisheit ihm die rechten Pfade weist,
Wenn dann die Seele wandert in der Wüste,
Der Heil'ge Geist den Sohn mit Liebe küsste.
 
Jerusalem, wie schön bist du geschmückt,
Du bist von vielen Höhen angeblickt,
Da sprach die Seele Jesu: O, ein Nest
Für Tauben, mir selbst an dem Osterfest
Mein Haupt zu bettet einen Ort der Düfte
Und Salben, und den schlauen Füchsen Grüfte.
 
Gott gebe einen Trank wie einst in Massa
Und eine Speise an dem Tag des Passa;
Denn Massa war der Ort, wo an dem Fels
Ein Wasser kam den Menschen Israels,
Und Passa sind genannt die Osterzeiten
Mit wörtlicher Bedeutung: Überschreiten.
 
Und auf der Rückkehr von dem Tempel sprach
Maria so: Wo ist der Sohn jetzt, ach?
Umkehren müssen wir, die Seele suchen.
Die Menschen würden sonsten mich verfluchen,
Ich würd nicht für den Sohn des Höchsten sorgen.
So wandten sie sich wieder um am Morgen,
Und im Jerusalemer Tempelraum
Erblickten sie wie einen Traum im Traum
Den Menschen Jesus vor den Priestern stehn,
Vollkommen in der Weisheit, ewig schön!
 
Da sprach der Menschensohn, und alles Sagen
War wunderbare Antwort allen Fragen.
Maria sprach: Ich sehe alle staunen
Vor deiner Weisheit, und im Raum ein Raunen
Vernehme ich, und niemand kann es fassen,
Und du, mein lieber Sohn, bist noch gelassen?
Sieh, von den Wimpern schauern mir die Tränen,
Ich suchte dich mit unstillbarem Sehnen,
Du Traum, gestiegen mir von meinem Herzen,
Ich suchte dich mit unsagbaren Schmerzen.
 
Ein Engel kam wie auf beschwingtem Wind
Ins Haus Marias, durch das Labyrinth
Der Wettersphären, durch der Tugend Wolke,
Über der Fürstentümer süße Kolke,
Und grüßte die Geliebte einmal: Ave
Maria, sehr geliebt bist du von Jahwe!
Gebärerin des Lösers durch das Blut,
Vernimm: Des Leibes Tempel wird in Wut
Vernichtet werden und verstreut die Steine.
Ach daß ich doch an deiner Stelle weine
Und trage dir dein Leid, geliebte Maid,
Die du gesegnet und gebenedeit.
 
Ein jedes Bangen sei dir fern, Maria,
Im Grabe auferwacht ist Jeremia
Zur Stunde von des Menschensohnes Tod,
Der in dir, der Erlöser Zebaoth,
Gewesen ist, der sein wird und jetzt ist
Und den wir nennen den Herrn Jesus Christ!
So sprach der Engel. Drauf Immaculata:
Wenn ihr vom Himmel blicket auf Golgatha,
Das Kreuz errichtet auf der Schädelstätte,
Fleht, daß die Gottheit meine Seele rette!
 
Gott, in der Lade von dem Alten Bunde,
Gewärtig auch in jener dunklen Stunde...
Da sank vorm Kreuze nieder die Maria,
Wo Petrus weinte wie einst Jeremia,
Ohnmächtig sank die Maid in lauter Leiden,
Magdala weinte still in gelben Seiden,
Johannes kniete in den roten Alben-
Gewändern, ihre Tränen waren Salben,
Ihr Angesicht durchschimmerte den Schleier,
Die Todesstunde schloß die Friedensfeier.
 
Von König David sah man nun den Erben
Am Kreuze sterben,---
Die menschgewordne Gottheit. Tränen
Sind Salben, und das Blut wird aus den Venen
Vergossen, um die Menschheit zu erlösen!
 
Doch zu der selbst im Leiden Graziösen
Gewandt, erzittr ich wie der Abendstern:
Wie kommt es, daß die Mutter meines Herrn
Mein Herz beschäftigt in den Träumen? Ave
Sei sie gegrüßt, die Dienerin von Jahwe!
 
Geleugnet nimmer sei die Leidenschaft
Mir zu dem Herrn, und seine Liebeskraft
Wird mich erlösen zu dem Glück; so heißt es
Seit Pfingsten und Herabkunft Heil'gen Geistes
In meinem Innern. O Jerusalem!
 
Maria saß mit ihrem Diadem
Im Kreise der Apostel, ihr zu Seiten
Saß Petrus, der berufen war zu schreiten
Zu Jesu Seite bei dem Wunderwirken
Und auf den Wassern und auf den Gebirgen.
Jakobus und Johannes Zebedäus
Sind auch im Kreis und Thomas und Thaddäus,
Andreas auch und Simon der Zelot
(Sie waren elf, den Judas war schon tot),
Nathanael und Jakob mit dem Stab,
Matthäus und Phillipus. Von dem Grab
Gekommen war auch Magdalena schön
(Daß jene Jüngerin der Christus krön),
Maria auf dem Haupt die Feuerzungen,
War sie von Glut des Geistes überschwungen.
 
Erzählen will ich euch von meiner Mutter,
Die mir das Land von Honig war und Butter.
Hab keine Angst, sprach ihr geliebter Mann, ah,
Sie liebte ihn, Joachim liebte Anna.
Er war ein Hirte, zahlreich seine Schafe.
Er war ein Frommer, daß ihn Gott nicht strafe,
Er gab den Tempelzehnten, und den Rest
Den Seinen er und vielen Armen läßt.
Sie waren alt und doch noch kinderlos,
Das galt in Israel als schweres Los.
Da ward ihm weh, und er floh in die Wüste
Für vierzig Tage. Anna nimmer küsste,
Und Tränen weinte sie um ihren Schatz.
Sie sah im Lorbeerbaume einen Spatz,
Und darauf mußte sie noch lauter weinen.
 
Ein Engel Gottes tat ihr da erscheinen
Und war in der Erscheinung lieblich-lind
Und sprach, daß sie empfangen werd ein Kind.
Da glaubte sie es kaum in ihrer Trauer,
Und wieder brach hervor ein Tränenschauer.
 
Da kam Joachim auch (wie Gott beschenkte),
Der er sich liebevoll an Anna hängte,
Sie waren Einigkeit von Liebesküssen
Und zwischen ihnen Geist in Überflüssen.
 
Ich kam zur Welt. Vom Himmel kamen Zeichen,
Die Mutter wollte mich dem Tempel reichen.
In meinem ersten Jahr gab es ein Fest
Für mich, da kam der demütige Rest
Des Volkes Israel, die Schriftgelehrten
Und Pharisäer, die Jehova ehrten.
Drei Jahre war ich alt, da kam ich in
Den Tempel, und ich staunte in dem Sinn
Innerer Seele über diese Pracht,
Und ich begann zu tanzen mit der Macht
Der seligen Verzückung und zu singen
Und wollt mein Lob dem Retter Mirjams bringen.
 
Sprach Jesus: Deine Seele wird erlöst!
Dieweil Maria in der Sonne döst,
Will Jesus einmal etwas Wasser trinken,
Da brauchte doch der Sohn nur sanft zu winken,
Und aus dem Boden sprang hervor die Quelle
Bei einem Felsen Welle über Welle.
Maria hungerte und wollte schweigen,
Der Sohn befahl dem Baum mit reifen Feigen,
Sich ihr zu neigen, und so ward ihr Speise,
Und sie bedankte sich beim Lieben leise.
 
Sie sprach: Daß ich den Scharlachvorhang wirke
Fürs Haus vom zionitischen Gebirge,
Des Tempels Vorhangtuch, war ich berufen.
Hinauf gings zum Altar genau drei Stufen.
Ich wirkte in den Purpurstoff sublim
Mit goldnen Fäden süße Seraphim.
 
Als einst zu mir (ich las von Miriam)
Die Seele Gabriels vom Himmel kam
Und mir verkündete, daß ich bekenne,
Sprach ich: Wie, wenn ich keinen Mann erkenne,
Wie soll ich einen Sohn denn da empfangen?
Im Glauben aber ward ich frei vom Bangen.
Alleine Seherinnen werden sehen,
Wie es mir innen war in meinen Wehen,
Da war es Seligkeit viel mehr als Weh,
Und mir zur Seite war Frau Salome,
Hebamme von Beruf, die Frau, sie stand
Mir seelisch nah, die mit der Hand
An Jesus rühren wollte. Engel oben
Den menschgewordnen Gott mit Lobpreis loben!
 
Da Lydia den Narzissus unterweist,
Ergießt sich jetzt an anderm Ort der Geist.
Schon auserwählt zur Jüngerschaft mit Paulus,
Der einst ein Kriegsknecht war mit Namen Saulus,
War sie, Epaphrodita; und begeistert
Sprach sie, vom Heil'gen Geiste übermeistert
Und in dem Herz von Liebe glanzdurchlichtet
Zu Philo, in der Weisheit unterrichtet:
Gottgleich bezeichne ich als meinen Hort
Den Sohn, der auch geheißen wird: das Wort.
Die Gottheit ist ein Rätsel und geheim.
So wie auf einen Vers erfolgt ein Reim,
Auf Gottes Schall des Sohnes Widerhall.
Die Griechen sagen Logos zu dem Geist.
Begrenzt ist die Erkenntnis, doch mir weist
Die Herrlichkeit des Herrn die Pfade ja;
Hebräer nennen sie: die Schechinah.
Himmlische Wesenheit begab mit Samen
Des Wortes jene Jungfrau in dem Namen
Des Allerhöchsten, in Gestalt der Taube.
Mir gibt die Sprache und mir gibt der Glaube
Gebete an die Einheit Heil'ger Geist
Und väterliche Gottheit und (zumeist
Geliebt) der Sohn des Menschen, Jesus Christ:
O, der Dreieinige mein Liebling ist!
So sprach Epaphrodita, wie nach Eden
Entrückt war Philo durch der Lieben Reden.
Drauf sprach der Jüngling selber: Eine Blüte
Rührt mehr als leeres Nichts mich im Gemüte.
O, wenn der Kelch des Morgens übertaut!
Heilige Schriften hab ich angeschaut,
Nun hab ich Hunger nach des Lebens Brot;
So laß uns stille sein im Morgenrot.
 
Die Morgenröte sah man tauicht wehn
Vom Bett auf, überm Hebron war zu sehn
Orientalisch über weißem Marmel
Der purpurgoldne Schimmer, und am Karmel
Zu sehen waren Schwingen weiß wie Schnee.
Und im Gebirge Baschan wandelte
Wohl übergüldet in dem Morgenrot
Die Magdalena hin in Aschtarot,
Hin zu der Nachbarstätte Karnajim.
Und Speise wie einst in Mahanajim
Ward von den Engeln jener Maid geboten,
Die immer wandelte mit Freudenboten.
Da war ein schönes Nest bereit der Seele,
In Einsamkeit in einer Felsenhöhle.
Der Löwe brüllte laut in Abarim.
Vom Toten Meer kam durch Kirjatajim
Maria, Magdalena zu besuchen:
Ich ging am Jordan und sah dort die Taube;
Die gibt, daß ich ans Wort des Sohnes glaube.
So sprach Maria zu der lieben Maid.
Und Magdalena sprach mit stillem Leid:
Als ich nach Jesu Tod (o Jesu Tod)
Hinüber bin gefahren mit dem Boot
Und Fahne an dem Mastbaum von Schittim,
Vorüber an dem Inselland Kittim,
Um der Provence Gottes Preis und Ruhm
Zu künden und das Evangelium,
Da macht ich Halt in Zypern, und im Nu
Schwamm ich an Land bei Petra tou Romiou.
Zurück kam ich nach Juda dann im Mai
Und ging allein in meine Einsiedlei,
Wo ich seit dreißig Jahren jetzt schon weile
Und warte auf den Stieg zum ew'gen Heile.
 
Die Engel waren dem Gebirge nah
Und schlugen Zimbeln zum Hallelujah
Und seufzten in die Saiten der Gittit.
Die Höhle war gegründet auf Granit
Und an den Seitenwänden glänzte Porphyr.
Maria war geschmückt mit Gold von Ofir,
Die Magdalena ganz mit gelber Seide.
Sie waren lammgleich, eine Augenweide.
Maria sprach zu ihrer Freundin leise
Und sanften Stimmentons mit süßer Weise:
Das Unaussprechliche rief Jesu Christ:
Gott, der Allmächtige, mir Abba ist!
Ist ewig und als Patriarchen linder
Und Liebender und Segen für die Kinder.
Komm du, Gemeinschaft mit der Menschheit, nieder,
Erhebe taubengleich die Flügel wieder
Der Menschheit, Vater in Verborgenheit
Und tröstender Geliebter auf das Leid!
So seufzte süß Maria einmal nun.
Maria sprach: Herr, wirst du Wunder tun
Und die Verstorbenen erstehen lassen?
Viel Wunder aus den Toten, nicht zu fassen?
Als Samen hast du ausgesät dein Wort,
Da wards zum Senfbaum und der Vögel Hort.
Denn du, o Herr, bist uns vorausgeschritten,
Denn du hast unsern Tod am Kreuz gelitten
In Todesschweiß und Tränen wie aus Blut.
Und Tod und Auferstehung. Es war gut.
 
Vor Gott selbst aus dem Paradies zu fliehen
Zur Mühsal, durch den Glauben ists verziehen.
Entfremdung, Angst, Verzweiflung, Einsamkeit
Sind in der Daseinsfrist das Menschenleid.
Zerstörung und Vernichtung ließen Trümmer
In dieser Welt, doch die ist nicht für immer.
Himmel und Erde sind wie Pergament,
Das an dem letzten Tag der Welt verbrennt.
Doch warum diese weite Wüste Leid
Und nicht von Anfang an Vollkommenheit?
Ach, warum nahmt ihr nicht vom Baum des Lebens?
War alles Reden Gottes denn vergebens?
Mein Gott, warum hast du das zugelassen,
Das Böses kam? Ich kann es noch nicht fassen.
Adam und Eva waren unbekannt
Die Leiden, rein im lieblichen Gewand
Befanden sie sich, in der Flut des Lichts,
Und wurden schließlich weniger als Nichts.
Die königlichen Menschen wurden Knechte.
Und Warten ist es alles auf die rechte
Erlösungstat: erneut zu stehn am Baum,
Um wieder aufzufinden jenen Traum
Vom Paradiese, als dem Neuen Eden,
Jerusalem des Himmels; nach Propheten
Der Schrift besiegelt bis in Ewigkeit
Als Ort des Lamms und der Glückseligkeit.
 
Messias, breite deiner Liebe Schwingen!
Ich möchte ohne Angst vom Tode singen
Und von dem Übel, Satan, der Versuchung,
Der dreimal ausgesprochenen Verfluchung,
Wie hing die Schlange listig doch im Baum!
Da hing die Frucht mit rotem Morgenflaum
Betaut, gesammelt war es Leib und Blut.
Die schönste Eva mit der Haare Flut
Nahm sich die Frucht und reichte sie auch weiter,
Und Adam war mit einmal gottlos-heiter
Und aß, und ihnen gingen auf die Augen.
Das Böse konnte nie zum Guten taugen.
Vom Baume der Erkenntnis kam das Wissen:
Ihr heiliges Gewand ward jäh zerrissen,
Ätherisch feingewobner Perlenschleier
War hingesunken an dem Schluß der Feier.
Die Liebe war zuvor in Leidenschaft,
Jetzt hatten sie sich Sünde angeschafft.
Eva sah Adam in der nackten Blöße
Und sah nicht mehr die erstgeschaffne Größe;
Er sah sie nackt, da regten sich die Triebe
So wie ein Wurm, doch nicht aus Geistesliebe.
Es folgten nun Vergänglichkeit und Nacht
Auf die Unsterblichkeit und heil'ge Macht.
Die arme Frau ging mit dem armen Manne
Dem Sein verlorn in eine Daseinsspanne
Mit einer felsenharten Todesgrenze.
Der Strom der Liebe aus des Lebens Lenze
Versiegte durch Mißbrauch der Willensfreiheit.
 
Von je sind Gott und Sohn und Geist als Dreiheit
In Einheit immerdar und unvergänglich
Und schuf sich eine Menschheit überschwenglich,
Die lauter Werden und Vergehen ist.
Die Ewigkeit wird neu durch Jesu Christ,
Denn Jesus wird als der Gesalbte stehn
Am Holz, und nie im Grab Verwesung sehn.
 
O Frau, Verzeihen und Erneuerung
Ist deines; die du wie Susanna jung,
Wie Miriam schneeweiß im Morgenrot,
Wie Judith, die dem Holophernes Tod.
Sprach einst zu dir Messias ohne Bangen
Und allen Zwölfen: Sehnsucht und Verlangen
Sind mir in meiner Seele allzumal,
Mit euch zu speisen dieses Passamahl,
Bevor ich leide meine Passion.
Sanft sprach es Gottes ewiglicher Sohn,
Mit Liebe zu der Jungfrau-Mutter keusch
Das erstgeborne Kind und Wort im Fleisch.
 
O, Jesus hat für uns am Kreuz gestanden,
Verstarb, ist göttlich wieder auferstanden,
Im Tode stieß er auf des Todes Tor
Und ging mit Adam und mit Eva vor
Den Scharen der Erstandnen an das Licht,
Mit David mit dem schönsten Angesicht,
Mit Mose und mit Noah in den Morgen,
Sie waren von dem Grab nicht mehr verborgen.
 
Messias kam im Park gewandelt, so
Wie dargestellt von Fra Angelico:
Christus erscheint der Magdalena. Hold
Kam sie im seidenen Gewande, gold
Und purpurn war der Körper sanft umflossen.
Sie, die dereinst die Salbe ausgegossen
In jenes aussätzigen Simon Haus,
Ging jetzt mit Salben zu dem Grab hinaus.
Da kam Messias näher licht und leis
Und war umflossen von Gewändern weiß
Und wund noch und erstanden aus dem Grab
Und hielt in seiner Hand den Hirtenstab
Und sprach: Berühr mich nicht, ich bin noch nicht
Zum Vater aufgestiegen in das Licht.
 
Die ersten Früchte der Erlösung schon
Empfangen haben von des Lammes Thron
Die vierundzwanzig Ältesten, im Kreis
Umgeben sie den Thron, wie Jade weiß,
Bunt ist es, und die Meere rauschen brausend;
Erlöste, hundertvierundvierzigtausend,
Sind dort versammelt, und sie singen da
Zu Harfe und Gittit Hallelujah!
 
O, Jahwe wiedergab das Paradies
Im Menschen Jesus! Da ist immer Träumen
Lieblich und süß im Hain von Jubelbäumen,
Ein Lobgesang wie mit des Meeres Stimme,
Mit einem weißen Stein die Seele schwimme
Im Morgen durch die Himmelsmeere weit.
Jetzt ist das Leiden, dann Glückseligkeit.
Ob Himmelsschlüssel dort mit Purpurblüten,
Maria im Gewande heil'ger Mythen,
Ich weiß es nicht, fürwahr, ich wollte reden
Im Glauben von dem ewiglichen Eden,
Darin sind die von Gott erlösten Lieben
Mit Gott und werden nimmermehr vertrieben.
 
Die schöpferische Gottheit ist Autor,
Und sie verhieß das Kommende zuvor.
 
Jesaja prophezeite, wie ein Sproß
Aufwuchs vom Grund, wo niemals Wasser floß,
Aus trocknem Boden sproß ein Wurzeltrieb;
So aus dem Schoße jener Jungfrau lieb,
Dem wahrlich jungfräulichen Leib Marias,
Entsprossen ist die Wurzel des Messias.
Jesaja prophezeite, wie ich weiß,
Der Wurzel Jesse einst entspringt ein Reis,
Und aus der Wurzel kommen wird die Blüte;
Entsprungen ists der Jungfrau voller Güte,
Und sie gebar den Sohn, den süßen Fels,
König der Fürstentümer Israels.
 
Messias ist der Turm von Elfenbein,
Das Haus von Silber, Gold und Edelstein,
Die Bundeslade aus Akazienholz,
Die Lilie Demut unter Dornen Stolz,
Die Rose Jerichos, die Ros von Sharon,
Ein Hoherpriester nach der Art von Aaron,
Er ist der Thummim wie auch der Urim,
Er ist das Manna von Mahanajim,
Das Manna selber, süß und himmlisch-weiß,
Der Turm von David und des Jesse Reis.
Vergib, wir wissen oft nicht, was wir reden:
Er ist das Sabbatfest im Neuen Eden.
 
Es hob Felicitas die Stimme: Gib
Uns deinen Segen, Heiland Jesus lieb!
So wie dein Sein in Treue und in Liebe
Mir Vorbild ist, daß meine Seele bliebe
In Einheit mit dem Allerhöchsten immer:
O dem Gesalbten ganz in Myrrheschimmer!
 
So sprach verliebten Sinns Felicitas,
So daraufhin der Geist Perpetuas:
Wieviele Jungfraun sind Märytrerinnen
Geworden, um die Krone zu gewinnen!
Sie nahmen auf sich selbst das Kreuz, die Leiden,
Um ewig in Glückseligkeit zu weiden,
Um Leben zu erlangen nach der Qual,
Um einst zu feiern in dem Himmelssaal!
 
Sankt Stephanus litt das Martyrium
Und blieb doch treu dem Evangelium.
Sebastian empfing den Tod durch Pfeile,
Und wenn er litt auch eine kurze Weile,
Empfing er doch das Glück in Ewigkeit,
Der Seelen Seligkeit, Glückseligkeit!
So eilte Petrus an das Kreuz zum Tod
Und ging hinein ins Reich zu Zebaoth.
 
So sprach Perpetua mit stillem Klagen,
Die lächelnde Felicitas zu sagen
Hob also ihre Stimme, sprach die Worte:
Sie wünschten heiß, daß sich die Himmelspforte
Eröffnen möge zu dem hohen Throne,
Darum begehrten sie die Martyrkrone,
Mit des Verlangens Leidenschaft und Glut
Sie eilten zum Erlöser durch das Blut!
 
Felicitas so, drauf Perpetua:
Ignatius von Antiochia
Rief auf dem Weg zum Tod mit Grimm und Zorn:
Ich selber bin wohl Gottes Weizenkorn,
Sie müssen mich zermalmen, weil ich dann
Zum reinen Brote Gottes werden kann!
 
Felicitas, die Schöne, sagte mild:
Ich sah dereinst von Tizian ein Bild,
Die Liebe himmlisch sowie irdisch war
Dort dargestellt, mit einem offenbar
Erkannte ich das Fleisch als ein Gefängnis
Des Geistes, dunkel nahte die Bedrängnis,
Doch mit verlangender Verheißung glühte
Himmlische Liebe mir in dem Gemüte:
Sie war wie Eva einst bloß vor der Nöte
Und wie der Anbeginn der Morgenröte.
Irdische Liebe mit dem Brot im Krug
War zugeneigt der Reinheit und dem Flug
Himmlischer Liebe mit dem Kelch voll Wein,
Der Schönheit im Gewand aus Morgenschein.
 
Wer könnte einem solchen Hirten widerstehn?
Las heut ich in der Schrift. Sind nicht die zehn
Gebote aufgehoben in dem einen
Gebot der Liebe? Wieder muß ich weinen
Um jene Jungfraun, die so schwer gelitten:
Agatha ihre Brüste abgeschnitten;
Der Apollonia wurden ihre Zähne
Herausgerissen und verbrannt, die Szene
Ist schauderhaft; Juliana auf dem Rad
Gefoltert wurde, eingetaucht ins Bad
Aus Blei; Euphemia wurde erst gequält
Und dann enthauptet; Jungfrau auserwählt
War Katharina, die zerrissen ward:
Herr Jesus, reiner Mensch und Gott von Art,
Bekenne die Bekennerinnen vor
Dem Allerhöchsten in dem Himmelstor!
 
Der Herr will wie ein Bruder Kindern sein,
Er ist ein König schön auf einem Stein
Und fand den Tod und tat die Himmelfahrt,
Ist Weisheit mit der Ewigkeit gepaart.
 
Sie sah zu dem Apostel in dem Zimmer
Und zu den Engeln mit dem milden Schimmer,
Denen die Hände überflossen sind
Von der Gewänder Saum. Das Seelenkind
Maria ward zu Jesus aufgehoben,
Dieweil die Engel ihre Treue loben.
Bei Jesu Reinigung ward prophezeit
Von Simeon, daß die geliebte Maid
Von einem Schwert empfangen wird den Tod.
Sie dachte an das einzige Gebot,
Dran die mosaischen Gesetze hangen
Und die Propheten und die ganzen bangen
Geschrie'nen Psalmen: das Gebot der Liebe
Zu Gott und zu dem Nächsten. Ewig bliebe
In der Glückseligkeit nach ihrem Glauben,
Die aufgeschwebt ist mit dem Flug von Tauben
In ihrem frommen Geist zum Himmelsglück
Und ließ den alten Erdenleib zurück,
Die sie empfangen hat der Himmel offen
Und sie Erfüllung fand auf jedes Hoffen.
Unsterblich ihre Seele wird nicht fassen
Verwesung und den Würmern nicht gelassen.
 
Vorm Tor des Todes, zu dem Geist Marias,
Sah ich den Herrn erscheinen wie Elias,
Den Mantel umgeworfen, auf dem Wagen,
Von einem Glanze nimmer auszusagen,
Flammender Räder mit den Cherubim;
Und mit der Leidenschaft der Seraphim
Hob Jesus der Maria Seele zu
Sich auf und trug sie hin zu ihrer Ruh,
Ins Himmelreich; sie stiegen in der Wolke
Zum Himmelreich, wo schöne Morgenkolke
Smaragdner Wogen sind, ins Paradies,
Wo sie gelagert ward auf einem Vlies,
Bei jenem Baum, der Ewigkeit verheißt
In Früchten, die gesegnet sind vom Geist.
Begeisterung und Schönheit ging sie dort,
Die Jungfrau, die geboren Gottes Wort.
 
Und Paulus sprach: Ich steh hier irdisch. Aber
Ich seh am Firmament die Kandelaber
Der Sterne und die Lettern unsrer Schrift,
Als meine Seele jäh Verzückung trifft:
Messias hob mich in den dritten Himmel!
Von Liebenden ein seliges Gewimmel,
Ob nun im Leib, ob nicht, das weiß ich nicht,
Doch Seligkeit war mir vorm Angesicht
Im Licht des Morgensternes oder Venus,
Gegeben uns von Jesus Nazarenus,
Dem Wort als einem unsterblichen Samen.
Die Auferstandenen von Ostern kamen
Und fanden als die Tröstung auf das Leid
Geistleiblich Seligkeit in Ewigkeit!
 
Wir brachten sie zum Grab und sangen sehr
Verzückt der Mirjam Lied vom Roten Meer.
Als wir Marias holdseligste Seele
Niedergelegt in einer Felsenhöhle,
Erschienen Engel und mit Scharen Mose,
Henoch und Christus (weiß und rote Rose),
Und die Gebenedeite hob Messias
Zum Paradies, den frommen Geist Marias,
Sie kamen zu des Paradieses Pforte,
Er nahm das Flammenschwert von jenem Orte,
Mit unaussprechlich süßer Herrlichkeit
Ging Immaculata in die Ewigkeit
Des Paradieses ein, glückselig immer,
Und ward gebettet in dem milden Schimmer
Des Morgensterns, vorm ganzen Firmament,
Bei Bäumen, die die Sterblichkeit nicht kennt,
Pfingstrosen, Lilien, Orchideen, Reseden
Umgaben sie und Wohlgeruch von Eden.
Und Engel grüßten die erlöste Maid
Mit Demut vor der Gottes-Herrlichkeit,
Wie sie ein Auge nicht zu sehn vermag.
Maria schön, wie Ruth und Abischag,
Sprach: Zions Maienmorgen war nicht linder,
Als Gott nun Mutter war für seine Kinder.
 
O Herr, mein Herr und Gott mit Namen Jah!
In deinem Schoße wollt ich ruhen, da
Entschlafen sein und durch des Todes Tor
Eingehen in den Himmel; in dem Flor
Der Liebe dort dir Lobgesänge singen!
Jetzt, sterblich schwach, will ich dir Verse bringen.
 
Henoch war in den Himmel eingegangen,
Von Mose und von seinem Jenseitsprangen
Weiß niemand, nicht wo sich sein Grab befindet,
Und so wie sich im Sturm ein Wirbel windet
Wurde Elias in dem Feuerwagen
Vom Jordan aus zum Himmel hingetragen.
 
Messias ging zum Berge der Verklärung
Mit Petrus, nach der gütigen Gewährung
Seiner Berufung, und mit Petrus schreiten
Zwei Jünger Jesu, beide ihm zu Seiten.
Da wurde auf dem Berge der Messias
Verklärt, in Herrlichkeit der Sohn Marias
Erschien, im Schimmerglanz der Ewigkeit,
Wie Himmel hoch und Horizonte weit,
Und ihm zu Seiten Mose und Elias,
Sie neigten sich zum ewigen Messias,
Vorboten waren sie vom Auferstehn.
Und Petrus konnte dies als Träumer sehn.
 
Nachdem Messias auferstanden war
Und überm Himmelsmeer kristallenklar
Nahm auf dem Jaspisthron ein seinen Sitz -
Er wird einst wiederkommen, wie ein Blitz
Durchs Firmament von West gen Osten zückt -
Erschien vorm Tod Maria, die verzückt
Vom Anschaun war in ihrer sanften Seele:
Dem Engel Gottes gleich, klar wie Juwele
Und weiß wie Schnee und rein wie Morgentau.
Messias lächelte zur lieben Frau
Und sprach: Wie Tau geborn vom Morgenrot
Komm ich von dir, und du zu mir im Tod,
Denn ich bring jetzt dir eine frohe Kunde,
Daß nahe die von dir ersehnte Stunde,
Daß bald dein Tod vollenden wird dein Sterben
Und du im Himmel wirst das Leben erben.
 
Maria seufzte: Jesus stimmt mir zu,
Und er gewährt mir ewig-süße Ruh,
Da werde ich gebracht zur Bundeslade
Nach Zion in das heil'ge Haus der Gnade.
 
Maria kam nicht zu den ewig Toten,
Sie hat den frommen Liebesgruß entboten:
Das Kreuz! und sank Messias an die Brust,
Messias küsste sie mit Liebeslust.
 
Die Liebe ist das einzige Gebot.
Ich liebe Gott, dem Leben nach dem Tod
Und Schlüssel zur der Seelen Seligkeit.
Dies ist das Ziel des Glaubens: Ewigkeit!
 
Was sag ich nun? Ich kann es nimmer fassen,
Wenn Er die sanfte Hand mir süß gelassen
Aufs Haupthaar legte und aufs wunde Herz:
Ich fühlte Seligkeit bestimmt, wie Schmerz
Bestimmt! Daß ich in meinem Glauben bleibe!
Göttliche Liebe im verklärten Leibe
Ist ein Geschenk, wie Tau vom festen Stein.
Und Jesus sprach: Ihr möget ewig sein!
Mit Leib und Seele und Gemüt im Licht
Verklärt durch Gottes mildes Angesicht.
Die Mutter Jesu werde ich dort sehn
Am Jüngsten Tag bei meinem Auferstehn!
 
Im Augenblick der Kreuzigung die Ketten
Des Todes sind durchschnitten, und die Betten
Der Gräber gingen auf, und all die Toten
Erhoben sich, umschwebt von Gottes Boten,
Und weiß und kindlich in der Reinheit stiegen
Sie auf, viel leichter noch als Seufzer fliegen,
Sie gingen in die Stadt und sind erschienen
Den Jüngern, die dem Herrn und Meister dienen.
 
Was geht das euch an, daß mich Jesus liebt
Und mir die Gotteskindschaft gab und gibt?
Geb Gott mir eine angemessne Demut
Und Kraft und Tröstung mir in meine Wehmut,
Laß mich in ewiger Glückseligkeit
Verschwimmen wie die Morgenhimmel weit.
Das Brot des Lebens und das Blut der Trauben
Ist Zeichen mir des neuen Bunds im Glauben.
 
Du Schöner, küsst du meine Seele nicht?
Im Elend mir das Herz der Seele bricht!
Ich raufe meine Haare in dem Leid,
Zerreißen wollte ich mein eigen Kleid
Und mit den Händen an die Brust mir schlagen!
Wie kann ich da von deiner Sanftmut sagen?
 
Christliche Sonne, wenn du willst, am Tag,
Mondbalsam in den Nächten, wenn ich klag,
Hör zu, ob meine Seele einen Reim hat,
O Tochter, denke nicht an deine Heimat.
Ich las: zur Rechten steht die Königin,
Die Braut mit Gold geschmückt. Da sah ich hin,
Da stand zur Seite nur ein bittrer Kelch!
Verfüge über mich gejagten Elch!
 
Johannes sah am Himmel eine Frau,
Bekleidet mit der Sonne, mondnen Tau
Zu ihren Füßen und auf ihrem Haupt
Ein Kranz von Sternen, zwölf, wie man es glaubt,
Am Himmel war zu sehn als großes Zeichen.
Und auch der Sohn, der über allen Reichen
Mit erznem Stabe Völker weiden wird:
Die Jungfrau Gottes, und der Herr, der Hirt.
 
O Gott, die Milch des Trosts von deinen Brüsten
Gib meinen Lippen, die dich liebend küssten,
Und lasse fließen mirs in meine Seele.
Dich zieren unvergängliche Juwele,
Doch süßer ist als das für meine Augen
Dein Trostwort: Trinken werdet ihr und saugen
Von Brüsten Milch des Trostes und vom lindern
Trank Liebe wird gespendet sein den Kindern.
Ah weh, mein Herz! - Du Gott von Bethlehem,
Du Herr der himmlischen Jerusalem,
Ich möcht in deinem Arm entschlafen sein
Und in dir unvergänglich sein als Stein.
 
O Jesus, ist von Jaspis deine Brust?
Hast du an reinen Sarderlippen Lust?
Ist ein Saphir und aufgetan dein Ohr?
Darf ich besingen wohl dein Perlentor?
Sind Topas deine feingezognen Brauen?
Sind Freudentränen von Kristall zu schauen?
Sind deine Augen wie Berylle schmal?
Hast du von Chrysolith ein Muttermal?
Sind Amethyste an den reinen Händen?
Sind Chrysopras-gegürtet deine Lenden?
Schont Hyazinth dir deine Kniee weich?
Sind deine beiden Füße smaragdgleich?
 
Wie Ozeane wogen weite Pfade,
Und über allem wölbt sich deine Gnade!
Wie unzureichend menschliches Gestammel.
Ach, meine Tränen in ein Fläschchen sammel
Und wandel sie, wie Wasser einst in Wein,
In Seligkeit und flöß mir diese ein.
 
Ich weiß nicht, ob ich liebe? Doch ich flehe
Zu dir, Messias, den ich zwar nicht sehe,
Ich wollt bei dir sein! O du mußt mich lösen
Und mich erlösen aus der Macht des Bösen.
Messias, Jahwe, ihr seid eins; o lieb
Du mich und gib mir Liebe und vergib!
 
Messias, nicht die Sterne, die Planeten,
Die Galaxien; nicht was die Exegeten
Geschrieben haben über Hierarchien;
So will ich dir nicht singen, sondern lieblich
Ein wenig Duft (daß ich nicht mehr betrüblich
In meiner Seele bin und im Gemüt),
Ein wenig Schönheit, die im Maien blüht.
Ambrosisch duftet wohl der Lilienstab
Und auch die rote Primel überm Grab,
Pfingstrosen weich, vergleichbar Feuerzungen,
Als Alpenveilchen sei du auch besungen,
Sei die Narzisse Scharons dir bestimmt;
Du duftest wie die Rinde vom Baum Zimt
Und wie erlesne Myrrhe in der Tat,
Galbanum, Mastix, Stakte, Aspalath
Und was der Salben mehr noch in der Welt,
Viel süßer als der Weihrauch in dem Zelt.
 
Die Perser bringen dir vom Balsamstrauch,
Sie kommen durch die Wüste wie ein Rauch,
Die Inder bringen Weihrauch dir von Sandel,
Mit dem sie räuchern selber ihren Wandel,
Und Gold und Silber und von Jade China
Dem Menschensohn der heiligen Virgina.
 
Sei um dich Pfirsichblütenduften lind,
Schneeglöckchen, Krokus, rosa Hyazinth,
Empfindsam die Mimosen, Pimpinellen,
Deiner Unsterblichkeit die Immortellen,
In goldnen Vasen blühen dir die Schlehen
Und rote Lotos, weiße Orchideen.
Vergleichbar einer unbekannten Blüte
Des Heil'gen Geistes Odor im Gemüte.
 
Gib mir ein neues kindliches Gemüt,
O Gott, ich hab mich so lang abgemüht!
Die Lüfte schwanger mit Erinnerung,
Ich fühl mich sterbensmatt und bin doch jung,
So komm ich vom Spaziergang, mir zur Seite
Der Engel Gottes schritt und fürder schreite.
 
Ob Amazonas, Nil, Yangtsekiang
Und Rhein Germaniens, alles rauscht Gesang
Zum Menschensohne; Stiller Ozean,
Am Firmament die weiße Sternenbahn,
Darüber sie, nenn sie Jerusalem,
Die Braut mit einem Perlendiadem.
 
Sei, Löser, mit der Liebe mich beseelend,
Mir gnädig und erbarm dich meinem Elend!
 
Die Perser schenkten wohl aus Susa Duft,
Gesammelt dort aus Hainen in der Luft,
Die Inder spendeten vom Kauriala-
See roten Lotos (wächst nicht in Magdala),
Chinesen schenkten aus dem gelben Meere
Die Muschelperle. O ein Miserere!
Dies alles für den Sohn des Menschen hold,
Der edler ist als Feingold und als Gold,
Als Honig süßer und als Honigseim,
Der ist mit Gott im Himmelreich daheim.
 
Ich seh sie mitten zwischen den Beglückten,
Den Ewigen. Ja, sing ich mit Verzückten,
So sing ich lieblich von der lieben Maid.
Sie trägt ein Diadem und ist sehr weit
Umgeben von den Strahlen, Morgenröte
Wird aufgerufen mit der Jadeflöte,
Im Mantel sie und mit betauten Schwingen,
Und Kinder Gottes kommen Psalmen singen.
 
Und nach Verherrlichung und Apotheose
Durch die Erlösung blüht sie auf, die Rose,
Und sie empfängt, wie Sterne, ihre Krone
Und nimmt den Sitz ein auf dem Sphärenthrone
In einem reinen Byssuskleid aus Schimmer,
Und um sie rauschen neue Welten immer.
Sie wandelt oben am kristallnen Meere
Vor Regenbogen, zu der Morgensphäre
Und wo die Myriaden Sterne ziehn,
Durchzieht mit ihrem Geist die Galaxien
Mit ihrer Mutter, welche Anna heißt,
Gesegnet süß von Gottes Heil'gem Geist.
 
Und alle Engel rufen: Herr - Victoria!
Und alle Engel rufen: Jesus - Gloria!
 
Mit Kronen, Diademen, Broschen, Roben
Von weißem Hermelin die Seelen toben,
Gott hält mit einem Gürtel sie zusammen,
In einem wallenden Gewand wie Flammen,
Und segnet sie mit heiliger Emphase
Zu einer göttergleichen Lust-Extase,
Die reiner als das Eis von weißen Polen
Und voller lauterm Glanz von Gloriolen
Und schmelzend wie die weiße weiche Jade
Zusammen vor dem ew'gen Thron der Gnade.
 
Die Jungfrau-Braut mit einem süßen schmalen
Und weichen wohlgeformten und ovalen
Gesicht, mit einer ebenmäß’gen Nase,
Kirschrotem Mund, versetzte in Extase
Die Tiefbeglückten, die dies Schöne schauen,
Mit Schimmerblick und feinen Augenbrauen;
Unter dem perlbesetzten Diadem
Das schöne Antlitz der Jerusalem,
In ihrem Geiste ist die Glut sublim,
Wie von der Leidenschaft der Seraphim.
Im Dämmerlicht des Tempels schimmern matt
Juwelen, Perlen, Diamanten, Blatt-
Gold, und in Silber fließt das Licht, und Feuer
Strömender Liebe kaum verhält der Schleier,
Dieweil die Liebe zu dem Morgenlicht
Begeistert himmlisch wendet das Gesicht.
 
Ist denn die Jungfrau Israel nicht reich,
Gepflückt zu werden granatapfelgleich
Und am Gewande lauter Schellenbänder?
Sei schön geschmückt, du liebes Land der Länder!
Geliebt ist Juda von dem jungen Jahwe
Als eine Blüte unter viel Agave.
 
Empfing ich nicht die Küsse deines Mundes?
Vergossest du das Blut des neuen Bundes
Ja doch für mich! Ich bin in dir beschlossen
Und habe wahrlich deinen Leib genossen.
 
Des Morgensternes Wimpern an den Lidern
Erscheinst du mir, ich singe dir mit Liedern
Allein, und niemand wird die Ruhe stören,
Dein Ohr wird sicher meine Stimme hören,
Und ich vernehme innig deine Reden,
Zusammen sind wir wiederum in Eden!
 
Die Seligkeit ist aufbewahrt im Schoß
Der Gnade meiner Gottheit. Ich genoß
Von ihren Lippen süßen Honigseim
Und trank von ihren Brüsten Milch. Daheim
Will ich als Hirte mit der Jadeflöte
Ihr nach der neuen Weise "Morgenröte"
Aufspielen und sie küssen mit dem Mund.
Mir ist die Liebe wie ein Myrrhebund.
 
Sieh, schön im Maien blühen die Glyzinen,
Ein Rauschen in den Wipfeln hoher Pinien,
Man schneidet Ähren und bereitet Wein,
Der Ruf der Turteltaube tönt darein.
O, daß mich meine Lust zur Liebe rette!
 
Die Schöne ruh in einem schönen Bette,
Die Pfosten sind von Silber und die Lehnen
Von Gold, und auf den weichen Matten dehnen
Sich purpurne Gewebe, Seide fein,
Und in der Mitte Ebenholz sehr rein
Und weich geformt und auch Magnolienlatten.
Da ruht sichs wohl im seligen Ermatten.
 
O, deine Brüste sind wie junge Lämmer,
So wie Gazellenzwillinge im Dämmer
Des Morgens nach der nächtlichen Vigilie,
Die fliehn und weiden dann im Hain der Lilie.
Von deinen Lippen, wunderschöne Junge,
Fließt Honigseim, und Milch birgt deine Zunge.
 
Sieh meine Haare, ganz durchnäßt von Tau,
So laß mich ein in deines Hauses Bau.
Sie sprach: Mein Liebling tat die Hand ans Tor,
Ich zitterte, da kam ich ihm zuvor,
Da bebte mir das Innerste um seine
Annäherung; spricht, sind wir auch alleine?
Ich hielt die Myrrhefinger an dem Riegel
Und gab ihm meines Mundes Liebessiegel.
 
O Lieb, o Lieb, wohin bist du entschwunden?
Die Sehnsucht weiß die Liebe zu verwunden,
Ich leide an der Liebe, ich erkranke,
Ich weiß nicht, wem ich dieses Weh verdanke!
 
Der liebliche Geliebte, weiß und rot,
Gibt mir die Liebe stärker als der Tod!
 
Orangenblüten wollen für dich düften,
Und rein gegürtet bist du an den Hüften,
Mit den in Unschuld wohl gewaschnen Händen
Und unverletzt an des Gemütes Lenden
Bist du wie eine Lilie, schön geschmückt
Mit Gold von Ofir. Immer sei beglückt.
 
Die roten Granatäpfel, gelben Feigen
Sind dir zum Gruß und aller Glocken Schweigen.
Die neugebornen Zicklein auf der Weide,
Die weißen Schädel auf der grünen Heide,
Mit roten Blüten hoch auf dem Gebirge,
Auch dies zum Gruß dir. Tags die Wolke wirke
Um dich den Schleier, in der tiefen Nacht
Die Feuersäule mit der Liebe Macht
Ist dir zu Seiten. Du bist wie ein Dom
Des Heil'gen Geistes, welcher in dir webt,
Und durch ihn Jesus Christus in dir lebt,
Und seiner Liebe Feuer löscht kein Strom.
 
 
ZWEITER GESANG
 
I
 
Einst zu Maria einkam Gabriel
Wohl in das Haus von ihrer Mutter Anna
In Nazareth. Sie dankten da für Manna
Und Wein, denn das war Gottes Leib und Seel'.
 
Der Engel goß auf sie das Freudenöl
Wie sonst auf keinen. Und zu der Zeit Hanna
Und Simeon, der Gottes Knecht und Mann, ah,
Erahnten die Geburt in einer Höhl',
 
In einer Höhle nahe Bethlehem.
Maria ward das Herz so reich beschenkt,
Als ob sie vieler Menschen Freude trage.
 
Sie jauchzte so wie ganz Jerusalem.
Ans Kreuz des Südens hatte sie gehängt
Ihr Herz und jetzt an Jesus eine Frage.
 
 
II
 
Dies Reden von der Seligkeit Marias
Vernehm ich schon, die ich in dem Bezirke
Der Güte Gottes wandle im Gebirge
Und trage in mir Jesus, den Messias.
 
Jetzt bin ich nicht mehr so wie Jeremias
Klagende Harfe hangend in der Birke.
Daß ich mit Freude die Gewänder wirke,
Erzähle ich der Frau von Zacharias.
 
Fruchtwasser, Mutterkuchen: dies dem Kind.
Und wenn ich schweige, spricht der Muttermund,
Und singen wird vor Seligkeit der Nabel.
 
Glückselig bin ich, innen licht und lind,
Sieh meinen Bauch an, dies Gewölbe rund,
Ich bin wie Eva und gebäre Abel.
 
 
III
 
Sie war die Erste, die unter dem Herzen
Ein gänzlich Heiles fühlte beim Gebären.
So kommen nicht die Felsen aus den Meeren,
Wie sie gebar. Gott wandte Mutterschmerzen
 
In Lust der Maid. Die Berge goldenerzen
Vernahmen die zehntausend Misereren
Der Engel von den sonnenlichten Sphären
In jener Nacht, ganz hell von Sternenkerzen,
 
Wie Judenlettern an dem Firmament:
Dies ist mein lieber Sohn, den hab ich lieb.-
Die Patriarchen nahmen ab die Hüte,
 
Die Hirten auch. Gott sprach: Fürwahr, ich send
Den Heiligen zu euch. - Maria, gib
Du menschliche Natur zu Gottes Güte.
 
 
IV
 
Am Anfang hielt Gott Ratschluß mitt
Sich selbst, die Menschenwerdung des Messias
Ward da beschlossen, in dem Schoß Marias
Empfangen von dem Heil'gen Geist. Ich bitt
 
Um Segen, dies zu singen. Sie selbst litt
Und weinte Klagelieder Jeremias
Und harrte auf den kommenden Elias.
Als junge Maid sie schon zum Altar schritt,
 
Als junge Jungfrau hatte sie geboren
Das Kindlein Jesus. Das lag vor dem Herz
Vom treuen Knechte Gottes, Simeon,
 
Der sprach: O liebe Jungfrau auserkoren,
Ein Schwert wird dich durchschneiden, durch den Schmerz
Und Glauben wird im Himmel dir ein Thron!
 
 
V
 
Herodes mordete die Kinderlein,
Es überlebte da das Jesuskind.
Maria ist so liebreich und so lind
Mit Josef als dem Zimmermann und Stein
 
Der Treue und dem Jesuskind allein
Geflohen eilig durch den Wüstenwind
In der Ägypter wüstes Reich geschwind,
Um dort für eine kurze Zeit zu sein.
 
Fleischtöpfe suchten nimmer sie, doch Manna,
Und tranken nicht vom Roten Meer, doch Wasser
Verwandelte der Sohn auf Wink Marias
 
In süßen Trank des Heiles. Hosianna
Und Halleluja sang Maria blasser
Als Schnee, errötete vorm Herrn Messias.
 
 
VI
 
Maria seufzte: Wurzel Davids, Kind
Von Gottes Kraft, wohin bist du entschwunden?
Zwölf Jahre lang hab ich mich unterwunden,
Die Liebe dich zu lehren licht und lind,
 
Warum denn jetzt so, daß ich dich nicht find?
Gottlieb von ganzem Herzen alle Stunden,
Von ganzer Seele, ja mit allen Wunden
Und dem Gemüt, worin die Kräfte sind.
 
So höre auf die Tochter Israels,
Sohn Israels, ich liebe dich so sehr
Wie niemand sonst. Ein wunderbarer Vorgang
 
Hat dich aus mir hervorgebracht. Ein Fels
Der Dauer bist du in des Daseins Meer.
Ah weh, in meiner Seele reißt ein Vorhang!
 
 
VII
 
Maria freute sich, sie war gebunden
An diese unaussprechlich süße Freude:
Ich habe in dem heiligen Gebäude
Den jugendlichen Meister aufgefunden!
 
O daß ist Balsam meinen Seelenwunden,
Mehr noch: Ein Freudenöl, wie nicht die Leute
Empfangen sonst in diesem Hier und Heute.
Im jungen Jesus ist mir hingeschwunden
 
Die weite Flutung meiner tiefen Trauer,
In gegenwärtiger Lebendigkeit,
Ewiges Leben halt ich an dem Herzen,
 
Küss es mit meines Mundes Küssen, Schauer
Empfinde ich von viel Glückseligkeit,
Vom Scheitel zu den Füßen goldenerzen.
 
 
VIII
 
Blut seh ich an dem Turm von Elfenbein
Jerusalems und Angstschweiß tiefer Not!
Die Seele ist betrübt ihm an den Tod!
Der Hirte wird geschlagen! Hör mein Schrein,
 
O Gott! Ich will geheilt im Glauben sein.
Mann nennt mich Pieta. Der Herr Zebaoth
Ist wie mein eigen Herzblut! Das Gebot
Der Liebe ist erfüllt in diesem Sein
 
Der heiligen Verheißung in der Zeit,
Erfüllung der Gebote der Propheten:
Messias hat das Kreuz auf sich genommen!
 
Mariens Wort war dies, der innigfrommen:
Viel ist das Leid, endlos die Seligkeit,
Ich will für Jesus wachen und will beten!
 
 
IX
 
Gläubigen Segen, Ungläubigen Tod!
Erlösung ist im Blute warm und rot.
Mein Jesuskind nahm auf sich meinen Tod!
Mein Händeringen aus der Seele Not

Sei Hilfe ihm. O Gottes Wort in Not,
Die Rettung Menschen auf bestürmtem Boot,
Er jetzt am Kreuz! - Herr Jesus mir gebot:
Nachdem zerreißen wird das Linnen rot,
 
Dann weide meine Schafe, meine Lämmer,
Und nimm den Jünger an als deinen Sohn.
Gott! Eli, Eli, lama sabachtani!
 
Und mitten an dem Mittag kam ein Dämmer.
Das Blzt des Herrn errang mir einen Thron!
Gott! Eli, Eli, lama sabachtani!
 
 
X
 
Christus ist auferstanden? Seine Lider
Waren gesunken, und sein Angesicht
War totenblaß und wie der Schnee so licht,
Von seinen Lippen klangen nimmer Lieder
 
Und das gesungne Psalmenwort nicht wieder.
Da hing die Gnade selbst an dem Gericht!
Die Schöpfungskraft, die vielen Friede spricht,
Sank damals in das Nichts zum Tode nieder -
 
Christus ist auferstanden? Solchen Glauben
An dieses süße Evangelium
Zu haben, wie sie bei Maria fanden,
 
Ist die Erlösung. Licht in Ölbaumlauben
Kam ihr da nah und sprach: Talita kum,
Er ist nicht da, der Herr ist auferstanden!
 
 
XI
 
Jerusalem, Jerusalem, die du
Gesehen hattest Christi Himmelfahrt,
Du bist beglückt! Ihr treuen Steine wart
Erschüttert, und es war doch eine Ruh.
 
Die Himmel gingen aber auf und zu.
Gestiegen ist der Heiland, von der Art
Des Ewigen verklärt, und offenbart
Der dritte Himmel war. - Doch mit dem Schuh,
 
Im Mantel stand Maria auf dem Fels
Und fühlte warme Ströme der Verzückung
Und schaute aus nach ihrem Jesu Christ,
 
Der schließlich als der Hirte Israels
Im Himmelreiche ewiger Beglückung
Bei Gott ist, dessen Name Jesus ist.
 
 
 
Zweites Poem:
MA DAME D’AMOUR
 
TAGEBUCH DER WALLFAHRT NACH LOURDES
 
„...au plus intime d’elle-meme...“
(prions en église)
 
„Die Jungfrau hat mich wie einen Stein aufgehoben.“
(Hl. Bernhardette)
 
 
Vorwort:
Im Sommer 2001 befand ich mich mit einer Wallfahrtsgruppe jugendlicher deutscher Katholiken in Lourdes. Meine persönlichen Erfahrungen sind in diesem Gedicht niedergeschrieben. Die Höhepunkte meiner Wallfahrt waren (neben der befreienden Lebensbeichte) der Besuch der Grotte der Makellosen, da ich den Fels küsste, welchen die mit Leib und Seele in den Himmel Aufgenommene bei ihrer Erscheinung vor Bernhardette 1858 geweiht, und der Besuch der Ausstellung von Photographien über die Pieta Michelangelos am Fuß des zuvor betend beschrittenen Kreuzweges. Beide Male wurde ich - wiewohl aufgrund meiner Sündhaftigkeit dessen nicht würdig - von der Liebe der Seligen Jungfrau am tiefsten Herzen berührt. Ich wollte ihr ein Lied der Liebe singen, wie es ihrer würdig wäre. Dabei merkte ich, wie alle menschlichen Worte ungenügend sind, ihre vollkommene innere und äußere Schönheit und ihre christusgleiche Liebe zu besingen, und ich wünschte mir, die Mutter meines Herrn in der Zunge der Engel zu preisen. In den letzten Strophen gebot mir mein Herz, nach einer tiefen Sprachlosigkeit, in einer mir nahezu gänzlich unbekannten Sprache zu singen, denn immerhin stammt der Minnesang aus dem Süden Frankreichs. „Nichts vermag ein Mensch zu sagen“, schreibt Qoheleth. Trotz zwanzigjähriger Übung in der Dichtkunst empfinde ich dies Lob der Lieben Frau als ein ungenügendes Stammeln. Der einzig wahre Gott ist sterblichen Menschen unaussagbar. Dies Poem widme ich allen Einsamen, welche in Maria die Liebe des Messias suchen. Ihm, dem Herrn, sei alles Lob und aller Ruhm in Ewigkeit.
 
Der unnütze Knecht des Herrn, in Lourdes, am 4. August 2001
 
 
I
 
O Königin des Herzens Einsamkeit,
Dein schwarzes Bild ziert meine weiße Mauer,
Sei mit mir, führ mich in die Traurigkeit,
Denn meine Seele schaut nur in der Trauer
Und nur im Leiden, unter Tränenschauer,
Seh ich die Perlen wahrer Freude stieben.
„Das Volk war fröhlich, ich war wie ein Bauer
Und weinte, da die Andern Jubel trieben.“
Ach Schmerzensreiche, ach, laß mich mein Leiden lieben.
 
II
 
Mit einem Traum begann die Wallfahrt heute:
In Blau trat mir die Schöne in das Herz
Und nahm mir meine Seele sich als Beute
Und reichte ihr den schicksalhaften Schmerz.-
Maria, Jungfrau in der Grotte Erz,
Nimm meine Lust an dich und meine Leiden
Und führe meine Trauer himmelwärts.
Ich kann die Erdenlust und -qual nicht meiden,
Da mögst du mich als meine holde Hirtin weiden.
 
III
 
Die Nacht ist Sehnsucht, Sehnsucht nach den Frauen,
Da eine mir an meiner Seite ruht
Als Unantastbare, schön anzuschauen.
Und zu der schönen Fernen will die Glut
Und wo ist für das Drängen mir im Blut
Die Liebesantwort, die mir Frieden spendet?
Wie weh die Sehnsucht meiner Seele tut,
Da keine Grazie sich zu mir wendet
Und so der Sehnsucht Ziehen nimmer, nimmer endet.
 
IV
 
Ich kann euch fromme Menschen nicht ertragen
Und mag nicht euer fröhliches Geplärr.
Geht fort von mir und laßt mir meine Klagen,
Ich sehne mich nach Einsamkeit so sehr.
Geht in die Sonne, an den Strand, ans Meer,
Ich möchte schaun umwölkte Gipfelhöhen.
Fremd sind mir die Gebete, die das Heer
Der Beter betet, ich will einsam stehen
Vor meiner Einzigen, Marie der Pyrrenäen!
 
Maria, alle ehren dich und preisen
Dich als die Kirchenmutter voll der Gnade
Und singen dichtrisch unbeholfne Weisen
Und wallen lärmend zu der Bundeslade.
Ihr Glaube, ach, ist meinem Glauben Schade,
Ich find dich nicht im singenden Gedränge.
Des Eremiten Jungfrau du (wie Jade
So rein) sieh wie einsiedlerisch ich hänge
An deinem Herzen, abseits einer lauten Menge.
 
Maria, ist die Grotte stets umlagert,
Dann laß mich einen stillen Felsen finden.
Im Haufen ist mein Herz mir abgemagert,
Laß du es in der Einsamkeit gesünden.
Ich bin nicht fromm. Ich will mich nur verbinden
Mit einem Herzen, das für mich nur schlägt
Und das ich lieben kann in meinen Sünden.
Ich möhct dir sagen, wenn die Stunde schlägt
Intimer Liebe, daß mich deine Liebe trägt.
 
V
 
Zum Berge Karmel trug mich Jesu Fleisch,
Gottheit und Menschheit in des Brotes Hülle.
Die grünen Bergeswellen bargen keusch
Sich weiß in sanften fließenden Nebels Hülle.
Ich ordnete die Seele in der Stille
Und bat erneut um tiefe Einsamkeit.
Ich finde Jesu wundervolle Fülle
Nicht im Gedräng von Volk und Welt und Zeit.
Ich will allein sein, will allein sein mit der Maid.
 
Der Himmel ist sehr schön im weißen Kleid
Und leichtem Lächeln um den milden Mund.
Gott sandte seine Schönheit, seine Maid,
Daß sie betritt der Erde harten Grund -
Misthaufen Hiobs - da die Menschen wund
An Leib und Seele, Herzen und Gemüt.
Da küsste die Madonna sie gesund.
Himmel und Erde küssen sich... Da glüht
Von ihrem keuschen Kusse auch mein leises Lied.
 
VI
 
Aufopfern muß ich auch die Stille noch,
Aufopfern das intime Zwiegespräch,
Aufopfern mein Alleinsein; um das Joch
Der Liebenden zu tragen und den Weg
Mit allen Betern auf dem schmalen Steg
Zum Quell zu gehen, zu der Gnadenquelle.
Jetzt ist das fromme Volk der Kirche reg,
Jetzt blendet mich des lauten Tages Helle.
Die Nacht, die Nacht wird schweigen an intimer Stelle.
 
VII
 
Dort unten über Kiesel rollt der Gave,
Ich laß ihn unten und die Kitschskulptur.
Sieh, du begegnest mir, da ich mein Ave
Der allerwunderschönsten Kreatur
Leis sing, ein Wanderer in der Natur.
Ich schau vom Hang auf Lourdes im Tale nieder
Und geh allein als Pilger in der Spur
Einsamer Wandrer und Marienbrüder
Und sinne, ob mir kommen schöner Liebe Lieder.
 
Ich denke bei dem lila Falterflieder
An jene mit dem sanftesten Gemüte.
Sie will ich schmücken, aber allzu bieder
Ist all der Tand der Stadt. Im Herzen glühte
Ihr Name mir. Die zarte rosa Blüte
Soll sie mir schmücken und die weiße Jade
Des Wiesenkerbels mit der Schaumesblüte
Und singen soll die zarteste Zikade
Der Schönen, welche Gott beschenkt mit soviel Gnade.
 
Man meint, mit heller Zuckrigkeit des Plastiks
Mariens Schönheit trefflich darzustellen,
Doch eine kenn ich, die sich salbt mit Mastix,
Die taucht so rein aus meines Blutes Wellen,
Die ist Mariens Bild, die in dem hellen
Lustgarten der Natur sich gern ergeht,
Da sind die feinen Falter ihr Gesellen,
Im Garten sie als blaue Blume steht.
Sie ist mein Liebesschmerz und darum mein Gebet.
 
Sie ist mein Liebesschmerz, drum mein Gebet,
Und rote Rosen blühen um und um
In ihrem Garten. Gottes Liebe sät
Mir ins Gemüte das Mysterium,
Daß ich verglühe im Martyrium
Der Liebe, da ich stets vergeblich werbe
Ums Glück. Da ward mein Evangelium
Der Schmerz. O Herr, die Schmerzensspuren kerbe
Ins Herz mir, daß ich auf dem Rost der Liebe sterbe!
 
Verbrenn ich an der Liebe Feuersglut,
Weil in der Seele blüht die Blume blau,
Gib daß mein Herz gestorben innig ruht
Im Traum am Herzen Meiner Lieben Frau,
Daß sie mit ihrer Gnadenquelle Tau
Die Asche neu belebt, daß aufsteigt rein
Der Phönix, würdig werd der Gottesschau
Und finde in der Gottesschau allein
Der blauen Blume Schönheit. Mög sie ewig sein!
 
VIII
 
Ach die ich lieb sind alle scharfer Dorn,
Die welche hier und jene welche dort.
Ach ohne Liebe bin ich ganz verlorn!
Was mir die Schwester gibt, ist kühles Wort,
Ist mir befremdlich, ist nicht mehr der Hort
In dem ich ruhte wie ein Brüderlein,
Sie kommt nicht mehr dem Herzen nah, geht fort,
Ist fern bei fremdem Volk. Ich bin allein.
Ein Pfahl im Fleisch ist auch die Schöne, die ich mein.
 
Wohin, o Herr, wohin soll ich mich wenden?
In oberflächliche Geselligkeit?
Sie halten Rosenkränze in den Händen
Und ihre lauten Lieder schallen weit.
Doch unter ihnen find ich dich nicht, Maid,
Komm du zu mir als meine Trösterin
Und als die Königin der Einsamkeit.
Ah weh, ah weh, ich bin allein, ich bin
Verschmäht von allein, niemand, niemand gibt sich hin!
 
Gib daß ich nicht in Unmut und Verachtung
Zu jenen kalten toten Herzen steh.
Gib daß ich annehm des Gemüts Umnachtung
Und in der Nacht der Seele Schönheit seh.
Gib daß ich dich find, wenn ich zu dir geh,
Da von mir fern ist jede Kreatur.
Maria, heile meines Herzens Weh
Und laß mich wallen auf der Leiden Spur,
Du meine Freude, gibst du mir auch Elend nur.
 
IX
 
O Grotte, Muschel du in einem Fels,
Da Liebeskranke deinen Tau berühren,
Als tränken deine Milch sie, deinen Schmelz
Aus deinen Mandelaugen die betören.
Voll Inbrunst möcht ich wie ein Hirschbock röhren
Und meine Liebe meiner Liebsten sagen,
Ich will dir ewig meine Liebe schwören,
Ich möchte dich um eine Liebe fragen
Die ewige Freude ist und Ebde aller Klagen.
 
Da legte Jesus mir der Liebe Siegel
In Form der Lilienblüte an den Arm,
Da schwang der Geist die reinen Taubenflügel
Und segnete ein Mädchen voller Charme,
Der ihre Augen glühn von Minne warm,
Die herrlich ist wie Rosen aller Arten,
Die Schönheitsbalsam hat für meinen Harm,
Die lagert sich mit mir in ihrem Garten - -
Ach ich ersehne sie, ach ich muß immer warten!
 
X
 
In breiten Wogen strömen Prozessionen
Zur Königin mit ihren hohen Kerzen,
Die heiligen Skulpturen dem beiwohnen,
Der Invaliden hoffnungsvolle Herzen
Schaun zu dem Tau, der rieselt von den Erzen,
Und Litanei und Liturgie ertönen
(Dieweil die deutschen Protestanten scherzen)
Und Herzen immer wieder neu zu krönen
Ist Christi Leib gewärtig, alle zu versöhnen.
 
XI
 
O Frankreich sag, wo sind die schönen Frauen,
Für die du so berühmt bist und gepriesen?
Ich seh allein im Traume lichthell blauen
Die blaue Blume auf den deutschen Wiesen,
Iris aus Oldenburger Paradiesen.
Und auch Italiens Frauen haarumschwungen
Sind nicht so schön und gleichen nimmer diesen
Verklärten Herrlichkeiten meiner jungen
Braut aus dem Hohenlied, das ich für sie gesungen.
 
XII
 
Du hast ja keine Zeit für mich, du mußt
Die Kranken heilen; mußt, der zu dir schwomm,
Den Pilgerstrom mit Milch von deiner Brust,
Die Kinder, tränken; zu den Krüppeln komm. -
Wo alle Sünder sind zwar bin ich fromm,
Wo alle fromm sind bin ich nur ein Sünder,
Dem mit dem Wein die rote Wollust glomm,
Nicht reines Kind im Kreis der reinen Kinder,
Ein Unterliegender, kein Überwinder.
 
Und so, geliebte Taube, meine Braut,
Gib Urlaub deinem Freunde, laß mich frei.
Mein Auge freut sich, wenn es mittnachts schaut
Die hübsche Bernhardette, den Wein dabei,
Die Augen Diamantennacht im Mai,
Die Arme bloß und weiß wie Meeresschaum,
Ich liebe bloße Frauenhaut, verzeih,
Und liebe auch des schwarzen Kleides Saum,
Ich bin ein Sünder, siehe, sündig ist mein Traum.
 
Drum sprach mir auch der Fromme (Gott sei Dank)
Nachts von Maria Magdalena, oh,
Ich seh Berninis marmornen Gesang
Und denk an jene Liebesstunden, wo
Ich sie begehrt wie König Salomo.
Zwar Magdalee ist heilig und ist rein,
Doch sie versteht Verlangen, wie ich so
Nach Lenas Augen schmachte, Rehe rein
Und braun, und Brüsten trunken von der Liebe Wein.
 
XIII
 
O Stille, Stille, endlich eingekehrt,
Verklungen das Gelächter und das Lärmen.
Das liebliche Verschlossne Tal gelehrt
Bis auf den Sangeschor von Spatzenschwärmen.
Die Sonne kommt, die Geckos zu erwärmen
Und gold den Berg zu küssen auf den Mund.
Die liebe Schwester badet in den Thermen,
Da mache Gottes Wunder sie gesund
An ihrem Leib, in ihrer Seele Urabgrund.
 
Nun sieht es alles gleich ganz anders aus,
Da fortgeweht der Narren hohles Scherzen.
Die Schwester spricht in meiner Seele Haus:
Du bist beslozzen, du, in minem Herzen...
Ja, nur in Stille brennen meine Kerzen
Und nur in Stille ist die Andacht fromm.
Maria, Tau spend von der Grotte Erzen,
Daß Mirjam, wenn sie in den Wassern schwomm,
In Liebe glüht wie weiland Heiland Jesus glomm!
 
Und in der Stille ist Erinnerung
An der Marie von Medjugorje Bild.
In jedem Falle ist sie schön und jung
Und voller Lieblichkeit und anmutmild.
Der Priester, dem ich beichte, mich nicht schilt:
Ja, geh den Weg und lieb Marie als Braut,
Sie zieht dich auf als eine Rebe wild,
Ihr Sohn ist Weinstock, Blut der Rebe taut,
Du bist die meistgeliebte Seele deinem Traut.
 
Ich sag dem Priester, ich wollt mich vermählen
Im Herz Mariens mit Messias Herz -
Er ist der Bräutigam erkorner Seelen,
Maria ist der Weg für meinen Schmerz,
Die Braut des Trösters führt mich jesuswärts,
Mein Herz Maria als Madonna preist,
Die gab sich Jahwe hin im Monde März,
Hingabe lehrt sie darum meinen Geist,
Die Vielgeliebte Gottes, der da Liebe heißt!
 
XIV
 
Madonnen hab ich viele angeschaut,
War keine mir so schön wie die Gazelle,
Die mir im Innern lebt, die Lilienbraut,
Den Kelch betaut mit Tau der Gnadenquelle
(Quellnymphe an des Gave grüner Welle),
Mir däucht, mit Augen russischer Ikonen,
Im Antlitz Anmut der Madonna delle
Grazie, auf ihren Rosenlippen wohnen
Die Küsse, die getaucht aus meiner Träume Mohnen.
 
XV
 
Ich sitze wie die Poetresse schrieb
In Frankreich im Café, und schau die Frauen,
Ob eine mir in ihrer Anmut lieb
Und schön wie die Gepriesenste der Frauen?
Und eine geht in einem blumenblauen
Gewand, die Arme braun wie Schullamyth.
Die möcht ein Künstler wohl in Marmor bauen,
Sie ist ihm Sonne, Seide, Süße, Süd,
Ihm der da einkehrt im Hotel La Solitude.
 
XVI
 
Geliebte! Vielgeliebte Gottes! Braut
Des Geistes der als Liebesfeuer glüht!
Du bist der Fels, aus dem es Liebe taut,
Du meine Liebe, du mein Liebeslied,
Das sang ich in der Grotte, Schullammyth,
Da Sauen waren einst und Hiobs Mist:
So komm du in mein Herz, das Flammen sprüht
Zu dir und du gibst Liebe mir zu Christ,
Der seinen Lieblingsjünger nimmerdar vergißt.
 
Ich grüße dich du Fels, ja dich, du Grotte,
Ich grüße dich, du dunkler treuer Stein.
Du warst einst in der Grotte unserm Gotte
Die Mutter die da Jungfrau ist ganz rein.
Ich will ein Fels in deiner Grotte sein,
Will wie ein Tropfe sein in deiner Quelle,
In deiner Nische sein ein Blümelein,
Die du in meiner Nacht bist licht und helle,
Du meine Lilie, Myrrhebüschel und Gazelle!
 
Ich liebe, liebe dich vieltausendmal,
Und unablässig Ave ich dich grüße,
Und in der Immaculata Grottensaal
Ich die gewölbten Felsenlippen küsse,
Ganz nahe, wo einst schwebten deine Füße,
Die reinen schlanken, mit der goldnen Rose
Der Herrlichkeit und Schönheit, Honigsüße,
Ma Dame Immaculata, Makellose,
An deiner Grotte will ich blühen gleich dem Moose.
 
Verzeih, ich bin nicht rein, ich bin nicht keusch,
Mein Herz ist ähnlich Hiobs Schweinekoben,
Der Geist ist mir befleckt von Trieb und Fleisch
Und meiner Seele Sinnlichkeiten toben.
Und doch möcht ich mit Liebesliedern loben,
Darin ich mich in Leidenschaften übte.
Du bist so liebenswert, Liebe von oben,
Du Gott-Begnadete, von mir Geliebte!
Sieh, Tabernakel, meine Seele, die betrübte.
 
Sieh, mein Gemüt ist eine Magd in Wehmut.
Ich bin dein Minnesänger, o Madonne.
O meine Herrin, lehr mich deine Demut,
Dein Sklave singt dir Ave! meine Wonne,
Du Mondin, schimmernd schön von Gottes Sonne,
Du Stern des Morgens rein und ohne Makel,
Du führst zum Allerheiligsten, Madonne,
Anbeten will ich Ihn im Tabernakel:
In Lieb will ich vergehn an Seines Todes Nagel!
 
Ich will hinein in das Mysterium
Der Grotte dunklen Nacht der glühen Minne!
Geprägt vom Liebes-Evangelium
Will ich dir weihen alle meine Sinne,
Dir Seele und Gemüt, daß ich gewinne
Dein Herze voll der glühen Flammenglut,
Die christusgleicher Minne wahrhaft inne!
Die Königin des Rosenkranzes tut
Mir Liebes an, die rauscht auf heiliger Minne Flut!
 
Ich grüße dich, o Minne-Königinne,
Du voll der Charis und der Grazien du,
Ma Dame d’Amour, o Dame die ich minne,
Mit dir ist Gott der Ewige immerzu,
Inmidst the gayest flowers the flowret blue,
Gepriesen, benedeiet und gesegnet,
O bitte du für meine Seele nu,
Daß Fruchtbarkeit der Liebe niederregnet,
In Ewigkeit mir Jesus minniglich begegnet!
 
XVII
 
Ye ask me who my sister is so soft
As leafes of grass and greenest grassest flower?
She prays the set of pearls so very oft
That she is blessed by Mary every hour.
Her very weekness is her very power.
Oh, she believes in the Messiah, yes,
A truely daughter Sion! With a shower
Of flames of love Jehovah shall her bless!
She is the inner crucifiction’s poetresse...
 
XVIII
 
Maria, siehe meiner Freundin Sohn
Und meine Freundin an mit Herzenslust
Und trete ein für sie bei deinem Sohn
Und nähre sie an Gottes Mutterbrust
Und wend sie ab von eitlen Staubes Dust
Und leeren Nichtigkeiten dieser Welt
Und führe sie zu Jesus! Ach du mußt
Erscheinen ihnen her vom Himmelszelt
In ihren Herzen, welche Gott allein erhält.
 
Sieh du, wie sie nach Liebe sich verzehren
Und Jesu Jünger lieben minniglich.
Du mögest ihnen in den Herzen mehren
Heimliche Minnesympathie für dich
Und für die Liebe, welche inniglich
In allen Gott-geschaffnen Herzen wohnt.
Maria, bitt für sie sehr flehentlich,
Für Anna und für Juri, daß verschont
Der Herr ihr Schicksal und mit ewigem Leben lohnt!
 
XIX
 
Refugium der Einsamkeit, du Tal
Und grüner Garten mit dem blauen Blick
Des Himmelreiches, goldner Sonne Saal,
Nicht Lästerer und Lacher im Genick,
Kehr ich in meines Herzens Reich zurück
Und selig schmatzend an der Mutterbrust
Der Liebe Gottes finde ich mein Glück,
Der Seele überirdisch reine Lust,
Weil hier Maria küsste, küsste Staubes Dust!
 
XX
 
Maria, Mutter du dem wahren Leben,
Maria, Mutter du der Wahrheit und
Des Weges Mutter, da die Engel schweben;
Maria, Jungfrau mit betautem Mund,
O küsse meine Seele mir gesund,
O mache mich zum Goldmund, holde Maid,
O küsse mir das Herz vor Liebe wund,
Küss das Gemüt, bis es vor Wonne schreit,
Komm als Geliebte du in meine Einsamkeit!
 
Hier bin ich, meine Freundin auf der Wolke,
Du meines Herzens heiliges Ideal,
Fast eine Göttin vor dem Frauenvolke,
Bräutliche Weisheit, meines Geistes Wahl,
Tochter des Herrn mit Titeln ohne Zahl,
Komm du herbei, ich will dir Blumen schenken,
Lilien und Rosen, Rosen allzumal,
Irisse, dir die blaue Blume hängen
Ins braune Haar mit Lapislazuli-Ohrgehängen.
 
Ich schenk dir Kettchen rosafarbner Perlen
Und Mahagoniperlen, Silberketten,
Will hier im Tal, im Schatten unter Erlen,
Dir Schullamyth bereiten mossne Betten,
Als ob wir Edens Garten wiederhätten
Und wären da, wir beide, ganz allein,
Du müßtest keine andre Seele retten
Als meine nur mit deiner Liebe Wein
Und in der Liebe Gottes wäre unser Sein.
 
Ja auf der Liebe Flügel will ich eilen
Und heiß bestürmen Gottes Himmelreich,
Daß Gott die Liebe sende, uns zu heilen,
Anmut und Schönheit Gottes gnadenreich,
Die Erde würd zum Garten Eden gleich,
Die Lust der Welt versänk im Liebesfeuer!
O bittend deines Sohnes Wange streich,
Daß er mit Flammen komm, weil hier ein neuer
Pilger mit Muscheln sucht der Minne Abenteuer.
 
Auf Aventiuren sprechen wir das Ave
Der Minnekönigin so süß und rein.
Ein Jeder ist Geliebter und ist Sklave
Und will ein Diener der Madonna sein.
Petrarca treten und Camoes ein
Und Rainer Rilke naht mit Hölderlin.
Der Minnenden poetischer Verein
Will zu der Königin Maria ziehn
Und lieben als das letzte Ziel der Liebe Ihn!
 
Wallfahrer auf der Minne Aventiure
Und Minnesänger Unsrer Dame, zieht
Hinfort, sie tat euch auf des Himmels Türe
Und ließ auf Erden euer Liebeslied;
Doch nun will sie allein als Schullamyth
Um ihren Lieblingsjünger sich bemühen -
O schönen Aug, o Wimpernpfeil, o Lid,
O Rosenlippen wie die Morgenfrühen -
O reine, o pleine de grace! o laß mich glühen, glühen!
 
XXI
 
Italiens Aphrodite ist gegangen
Mit weichem Hüftenschwung an mir vorbei,
Wallende Locken fluteten wie Schlangen,
Die vollen braunen Brüste hüpften, hei!
Das Tier in mir erhob des Brunstes Schrei,
Hauchdünne Seide um die Schenkel spielte,
Zu Gold der Wollust ward der Schwermut Blei,
Als die vom Rausch der Sinnlichkeit Umhüllte
Vorübertanzte, lächelte - und sich verhüllte.
 
XXII
 
Mein Herz vom Wirbelsturme aufgewühlt -
Maria Magdalena, komm, o komm -
Die Seele wilde Leidenschaften fühlt -
Maria Magdalena, komm, o komm -
Das Eingeweide meines Leibes glomm,
Vor Lust und Wonne wollt ich tanzen da -
Maria Magdalena, komm, o komm,
Komm nahe mir, Maria Magdala,
Komm mit dir glühende Messiasliebe, ja!
 
XXIII
 
Gott schuf zum Lobe seiner lieben Gnaden
Die grünen Gräser, daß sie lieblich loben
Und psalmodieren zarteste Zikaden.
Die Fledermäuse, die die Nacht durchstoben,
In ihre schwarzen Mäntel eingewoben,
Sie preisen mit Gesang, der uns ein Schweigen.
Die Kiefern ehrwürdig-erhaben loben
Und süße Spätzlein ihre Kleinheit zeigen
Und stolzeste Gebirge sich vor Jahwe neigen.
 
XXIV
 
O liebe, liebe, liebe Schwester mein,
Nicht Schwester bist du nach des Mannes Samen,
Geliebte Freundin, ich bin innig dein,
Geliebte bist du nicht wie die Zyklamen
Des Hohenliedes oder Minnedamen,
Du bist so schön, doch anders als die Weiber,
Die alle mir zu meinem Schmerze kamen,
Gesegnet Seele sei im Kreis der Leiber,
Du kleine Engelin dem armen kleinen Schreiber.
 
Die Mutter Gottes hat zu dir gesprochen
Und du bewahrst es tief im tiefen Schweigen.
Du schautest schön (als du den Rauch gerochen)
Annahme mir und Freundlichkeit zu zeigen.
Jüdische Fremdlingin im Narrenreigen
Hast du geküsst das blonde Pferdehaar,
In Grottennacht Mariengruß zu geigen,
Du dunkler Tag, du lichte Nacht. Mir war
Dein innig Gegenwärtigsein so wunderbar.
 
XXV
 
Ich sitze bei Jeanne d’Arc und trinke Wein
Und eine schaut so schön und eine singt.
In Schönheit sterb ich, ewig schön zu sein.-
Mein Auge und mein Ohr die Schönheit trinkt,
Und rot, so rot der Wein im Kelche blinkt
(Und da sind Mirjam nah und Evelin)
Und wieder bin ich wenig fromm, mir sinkt
Vorbei an Heiligen, die mein Leben ziehn,
Mein Herz in traurigen Genuß - ich liebe ihn.
 
Wie triumphieren doch die Menschenbiester,
Die morden mit den Spitzen ihrer Brüste!
Ganz andern Frieden geben mir die Priester,
Ob meine Seele von den Schmerzen wüsste,
Mit denen Jesus meine Schmerzen küsste.
Doch wie daß ich dem Ideal nicht folge
Und schweife in den grünen Hain der Lüste,
Wo aufbricht sommerschwüler Wollust Wolke,
Die nackte Göttin tanzt, verehrt von allem Volke?
 
Da predigen die Prediger die Ehe,
Ich aber will der Liebe Leiter steigen
(Ganz friedsam läßt mich meiner Schwester Nähe)
Und muß mich wieder doch zum Leibe neigen,
Da kommt die Nacht, mir nackte Haut zu zeigen,
Und soll ich meine Leidenschaft abtöten?
Wie daß ich aus der Weiber Wahnsinnsreigen
Aufsteige zu dem Stern der Morgenröten
Und reinen Liebe? Ich muß Gruß Marien beten.
 
Zwei Frauen lieb ich stets (ja wenn nicht mehr),
Ruf zu der Jungfrau und der Sünderin.
In einer, die ich liebe und begehr,
Sind angesprochen Sinne mir und Sinn,
Maria lebt und Eva... Evelin,
Holdselig ist sie mal und mal entblößt,
Ist Artemis und Aphrodite in
Der Poesie, die sie mir Furcht einflößt
Und voller Schönheit mich in Grund und Boden stößt!
 
Wer kann entsagen seines Fleisches Trieben,
Wer kann veredeln sie? wer kann den Geist
(Die feminine Rouah wahrem Lieben)
Zur Meisterin erheben, die da weist
Den Weg zur wahren Lust? Mein Leben preist
Den Kampf, dem meine Seele unterliegt.
Ich bin nur froh, wenn es am Ende heißt:
Er kämpfte! Ob mein inneres Leben siegt?
Denn wüste Leidenschaft ist höllenheiß und trügt.
 
XXVI
 
Vergebung einem armen Misanthropen,
Der an der Rose nur den Dorn gefunden!
Ach gliche ich dem großen Philanthropen,
Dem Dornen kränzten seines Herzens Wunden
Und der in seiner Seele Marterstunden
Die liebte, die ihm waren seine Pein!
Zwar ward ich von der Feindschaft losgebunden,-
Doch schlagen neu die Geißeln auf mich ein
Und treffen mich im Innersten. Ich bin allein.
 
Nie gab mir eine Mutter Herzenswärme
Und auch der Frauen Herzen sind erfroren.
Dich ruf ich, wenn ich mich im Herzen härme,
Die sich mich hat als Liebsten auserkoren,
Darum ich deinem Feuerherz verschworen,
O Honigsüße, sieh mein Herz ist bitter,
Ist ohne deine Liebe ganz verloren.
Sieh, Gottesmutter, deinen traurigen Ritter,
Mit aufgerissnem Herzen durch die Stacheln schritt er.
 
Der Minnesang von deinem traurigen Ritter
Ist eine wehmutvolle Elegie.
Mein Herz, das einsam, elend ist und bitter,
Verwandle du in süße Melodie.
Ich ernte Haß für meine Sympathie,
Ach, all mein Lieben ist ein stetes Leiden!
Stets fern ist die Geliebte, fern ist sie,
Mein Schicksal ist, ich muß die Nähe meiden,
Stets unerreichbar ist die Süßigkeit der Seiden.
 
In welcher Ferne, Herzenskönigin,
Bist du! Und so ist meine Liebe tief,
Daß ich mich gebe Unerreichbarm hin
Und schreibe Liebesbrief an Liebesbrief,
Da ich zur Königin der Minne rief.
Und Rosenkranzes Perlen waren Tränen,
Ein Rosenkranz aus meinen Augen lief.
Und keine Schulter, mich daran zu lehnen.
Zueigen meiner Seele ist ein stetes Sehnen.
 
Ich sehn mich, mich der Gottheit zu vereinen,
Einmal des Schöpfers Schönheit anzuschauen.
Drum Heil mir, muß ich meine Tränen weinen,
Und Heil der dunklen Nacht mit ihrem Grauen,
Heil jedem Marterwerkzeug, Heil den Frauen,
Weil so die Sehnsucht heiß in mir erwacht.
Die hoffnungslose Seele muß vertrauen
Der letzten Hoffnung in der tiefen Nacht:
Einst mein verweintes Auge Freudentränen lacht.
 
XXVII
 
Die schöne Bernhardette ging fremd vorbei,
Wie alle Frauen fremd vorübergehen.
Jüngst saß sie lauschend meinem Wort als sei
Sie Magdalena, lieblich anzusehen.
Verlassenheiten muß ich überstehen,
Da sie gegangen mit dem Pharisäern.
Die Winde violetten Dunkels wehen,
Es kommt die Nacht, da wacht mein Schmerz auf ehern.
So gehts den schmerzensreichen Dichtern, leidenden Sehern.
 
Ich irrte in dem Labyrinth von Lourdes,
Ob schöne Liebe mich erlösen kann.
Ich weinte an des grünen Gave Furt
Und saß am Straßenrand als Schmerzensmann
Und sah mir Bilder der Madonna an,
Da traf mein Schicksal mich als jäher Schmerz.
Die sah ich, die ich mir im Traum ersann,
Und Wehmut füllte bitterlich mein Herz,
Da ich sie sah ganz weiß aufstreben himmelwärts.
 
La blanche Marie, la jolie Marion -
Oh, marions nous ‘a la Vierge Marie -
So sang ich wie vorm Dom von Avignon
Einst der Poet, der süß gesungen Sie.
Sie war so schlank, so weiß, ganz Melodie
Von Engeln, welche leuchtend sie verklären.
Sie war die sympathetische Sympathie
(Einst eine Perlmuttmuschel an den Meeren)
Und alles stöhnte in mir: Ich will sie verehren!
 
Und da sie stand als weiße Königin,
Als Herrlichste in einer Schar Marien,
Da sah mein wehmut-, schwermutvoller Sinn
Die andern lieblichen Marien ziehen.
Die Blicke mir zum blauen Mantel fliehen
Der einen und zum Kleide lenzlich bunt
Der andern, da die Frühlingsvögel schrieen
In meinem Leibe und vom Knie so rund
Mir schauerte das Herz und von der einen Mund.
 
Da sah ich, daß die Reinste der Marien,
Der Gottesmutter allerreinstes Bild,
Mein größter Schmerz gewesen, da mir schrieen
Die Lebensgeister alle todeswild!
(Die Göttin im antikischen Gefild,
Mit bleichen Totenschädeln an der Kette.)
Sie war so rein, so weiß, so sanft und mild,
Als ob ein Gott sie zur Geliebten hätte
Und ruht mit ihr in himmlischen Brautgemaches Bette.
 
(Ach nichts vermag ein Dichter je zu sagen.)
Da plötzlich unter all den Bildern schien
Mir die Vision vom Schicksal meiner Klagen
Und Sinn der Schmerzen auf, die mir verliehn:
Im Blitz des Augenblickes sah ich Ihn -
Und war sein Antlitz Freude oder Schmerz?
Mir Geist und Seele Ewiger! schrien,
Versöhnung fand mein schmerzzerrissnes Herz,
Zugleich war ich bereit zu schreiten leidenwärts.
 
Berufung setzt den tiefen Schmerz voraus
Und Gotteslob aus Leiden ist geboren.
Mir quillen aus dem Herzen Tropfen aus
Und mit dem Blute schwarz und traumverloren
Schrieb ich ein Lied, weil Christus mich erkoren
Zu singen seine bittere Passion.
In dem Gekreuzigten bin ich verschworen
Jedweden wahren Schmerzen. Die Vision
Der lieblichen Madonna wies mir Gottes Sohn.
 
XXVIII
 
Das Herz bereit zur geistigen Kommunion,
Allein, die Augen innenwärts gewandt,
Empfing mein Geist die liebliche Vision
Vom Angesicht Mariens, mir gesandt
Von Jesus, dem ich durch den Geist verwandt
Als Kind des Vaters. Unbeschreiblich hold
Mariens Antlitz vor dem Auge stand
Der Seele, von dem Schleier schön umrollt,
In einer Aureole wie die Sonne gold.
 
Sie führte mich in einen Rosengarten,
Da weidete das weiße liebe Lamm
Und Gras wuchs dort und Blumen aller Arten,
Inmitten stand in Lichtglanz Notre Dame.
Sie lief in einem Scheitelpunkt zusamm,
Gleich Himmelstreppen oder Kathedralen.
Voilà, la coeur d’amour dans la bele femme:
Ein blutiger Rubin mit goldnen Strahlen
Erleuchtete mein Herz (ich kann es nimmer malen).
 
XXIX
 
Ich ging den Kreuzweg auf zerschundnen Knien
Und meine Nächstenliebe war Gebet.
Anbetend schauete mein Geist auf Ihn,
Der mir als Sinn in meinen Leiden steht.
Ins Herz des Mädchens, das ich liebe, sät
Das Kreuz des Christus der Erlösung Blut.
O Jesus, sieh, es betet dein Prophet
Für deine Braut, daß sie dir werde gut
Und liebe dich und liebe dich wie Feuersglut!
 
XXX
 
O Vierge Immaculée! ma bien-aimée,
Je suis un religieux, poète d’amour,
Donne moi, Marie, ton plus doux baiser!
Je suis vénu à toi, je fait un tour
A Lourdes. Prie, chère Immaculée, prie pour
Moi, toi qui dans la nature de Dieu est ma tente:
Je me couche, Marie, et rève des sanges d’amour:
Toi la plus belle femme! Tous les jeunes t’aimant,
Moi je t’adore, o mon espouse, maintenant.
 
O douce comme le miel, une rose pour bouche,
Ma colombe, ma bien-aimée, ma Dame,
O lys, que mon coeur aime tant, je me couche
Dans ton amour. Tu es la plus belle femme,
Tu es la belle espouse de mon ame.
O déclare moi, o blanche colombe,
L’amour de ton esprit, de ton coeur, de ton ame.
Douceur de la rose odorante et des aromes,
Beauté du rosier et senteur de la myrrhe entour ton nom.
 
Tu est la reine du Jérusalem,
Dans le désert de la nuit: la blanche gazelle.
Dans tes cheveux se trouve le diadème
De l’étoile de matin, ma plus belle.
Viens, o mon espouse de Liban! O quelle
Belle bien-aimée, la rose de mon coeur!
Voilà, o filles de Sion, c’est elle,
Qui est ma blanche colombe et ma soeur.
Et cet amour est un heureux et saint malheur...
 
Ah, tu es belle, comme Tirca, mon amie,
Ton bouche est comme miel, o bien-aimée.
Ah mon amour - ah douce maladie!
Allez, allez, o troupes d’amour, allez
A Notre Dame, si vous voulez trouvez
Au Mont Carmel la douce Sulamithe!
O donne moi, o Sulamithe, des baisers
Digne de la bouche d’une rose, rose Sulamithe!
Bien sur, o bien-aimée, je t’aime, o Sulamithe!
 
Espouse du Saint Esprit! avec le feu
De l’amour baise moi, espouse de mon ame!
Par ton coeur je suis espouse de Dieu! -
Prie, prie pour moi, o Notre Dame
De Lourdes! Marie, tu est la plus belle des femmes,
Prie pour moi avec ta pieuse bouche.
O Marie, marie à toi mon ame!
Espouse de Salomon, Marie, je me couche
Dans la douceur de ton pavillon de Salma, rose rouge!
 
O fille du Roi de Ciel! Tes pieds sont beaux,
Tes jambes sont comme de magnifiques colliers,
Tes yeux sont la source des eaux
Et ton nombril est une coupe: je désire baiser
La coupe de vin doux, ma bien-aimée.
Viens, espouse de Liban! Je me couche
Dans tes cheveux. O, c’est une vraie AGAPEE:
Je t’aime, rosier d’amour, o rose rouge,
Je désire baiser par amour ta bouche, ta bouche!...

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