[Inhalt]

DIE HOCHZEIT IM HIMMELREICH

Maria spricht:
„Mit großer Freude meines Herzens danke
Ich dir für alle liebenden Gebete,
Die du in diesen Tagen dargebracht
Zu meiner ewigen Vergöttlichung!
Du weißt, mein lieber Sohn, mein Bräutigam,
Bereuen wirst du nicht, daß du mich liebtest,
Du nicht und nicht die Kinder deiner Seele.“



FAUST

Der Dichter Schwanke sprach: Als Doktor Faust
Gen Osten, in die Himmelsrichtung Gottes
Verschwunden war und seine Huldigung
Der Sonne dargebracht als Gottes Antlitz,
Begann er als der Friedefürst der Huris
Zu reisen durch das ganze Universum.
Von Jakob Böhme und Pythagoras
Gepriesen und von himmlischen Bewohnern
Der Luna und der Venus froh gefeiert,
Zog Doktor Faust, der über Maßen Weise,
Äone um Äone durch das All,
Da er genoß das Leben mit Genuß.
Von leiblicher Gesundheit, heitern Sinnen,
So reiste er durch Lunas holdes Tal
Und pilgerte zum Doppelhorn der Luna,
Zum Gipfel seiner mystischen Vollendung.
Und in der Venus Paradiesesgarten
Genoß mit Huris lustvoll er sein Leben,
Wo unter Zärtlichkeiten süßer Huris
Er allezeit das Halleluja sang:
Gedenke, was der Herr dir Gutes tat!

Und eines Tages reiste Doktor Faust
In einem Luftschiff, ihm vom Geist gegeben,
Durchs All. Da sah er droben Jesus Christus,
Von Weisen, Dichtern, Heiligen umgeben.
Der Christus thronend saß in der Gemeinschaft
Der Heiligen der Bibel und der Kirche
Und legte seinen Arm um Sankt Maria,
Die Jungfrau, die auf Jesu Schoße saß.
Da lachte Doktor Faust voll Spott so laut,
Daß Sankt Maria es vernehmen konnte.
Da sagte Doktor Faust: Der Christus Jesus
Ist religiöser Meister aller Menschheit,
Der Heiligste und Edelste der Menschen.
Er kündete allein den wahren Glauben.
Doch wie erstaunlich ist es anzusehen,
Daß Jesus Christus hier in der Gemeinschaft
Der Weisen, Heiligen und frommen Dichter
Maria so wie eine Braut umarmt.
Der Christus Jesus mit dem krausen Haupt
Und mit den Lockenhaaren schwarz wie Raben
Und mit dem Barte duftend von dem Salböl,
War vierzig Jahre einsam in der Wüste
Und fastete und betete allein,
Besiegte Satan einzig durch das Wort.
Er ist doch aller Heiligen der Bibel
Messias. Dennoch sitzt er hier als Minner
Mit der geliebten Herrin auf dem Schoß,
Inmitten aller Heiligen und Geister
Umarmt er Sankt Maria, so als wär er
Ein ganz gemeiner irdischer Verliebter.
Die irdischen Verliebten doch gewöhnlich
Umarmen Weiber heimlich in der Kammer.
Wie ist es doch erstaunlich, daß mein Herr
Und Gott, obwohl er nicht von dieser Welt ist,
Die Braut inmitten himmlischer Versammlung,
Gesehn von allen Heiligen, umarmt!

Der Dichter Schwanke fuhr nun fort und sprach:
O meine schöne Freundin, holde Haura!
Als Jesus Christus, wahrer Gottessohn,
Vernommen dieses Wort von Doktor Faust,
Da lächelte er einfach freundlich, still.
Die Heiligen des Himmels alle auch,
Sie lächelten wie Jesus freundlich, still.
Da Doktor Faust das wahre Liebeswesen
Des Christus und der Lieben Frau Maria
Nicht kannte, sprach er protestierend.
Wie waren seine Worte unerfreulich!
Drum sprach die Herrin Sankt Maria auch
In strengem Mutterzorn zu Doktor Faust,
Der dachte, er sei mehr Asket und frömmer
Als Jesus selbst. Drum Sankt Maria sprach:

Hat dieser Strebend-sich-Bemühende
Im Himmel einen Gnadenstand erreicht,
Daß er die heiligsten Persönlichkeiten
Von Jesus und Maria kränken dürfte?
Ist er zum Zorne Gottes selbst geworden,
Zuchtrute des Allmächtigen geworden?
Ist er jetzt selber Gott der Herr, der Richter,
Der richtet alle Lebenden und Toten?
O wehe! Gottheit, die sich selbst geboren,
Erzengel, alle vier vorm Throne Gottes,
Sie kennen nicht die wahre Religion,
Und Abraham und Moses gehen irr
Und David ist vom Glauben abgefallen,
Bei Salomo ist keine Weisheit mehr.
Ich nehme an, es liegt allein daran,
Wohl weil sie den Messias nicht bekehrten!
Nein! Dieser Doktor Faust ist der Gemeinste
Der Theologen und der Theosophen,
Denn er hat Gott den Herrn und seine Engel
Nicht angeschaut, die allesamt betrachten
Durchbohrte Lilienfüße Jesu Christi.
Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben,
Er ist der Herr der Herzen aller Menschen!

Drum muß Maria Doktor Faust bestrafen.
Der Mensch ist wegen seines großen Wissens
Voll Hochmut, Stolz und Aufgeblasenheit
Und denkt: Ich bin der Weiseste der Weisen.
Er, Faust, verdient es nicht, den Lilienfüßen
Des Christus sich zu nähern. Doktor Faust
Ist unverschämt und nimmt sich selbst zu wichtig.
Du Unverschämter! Mein geliebter Sohn!
Steig nun herab ins Jammertal der Erde
Und nimm dort eine Närrin dir zum Weibe
Und zeuge mit ihr gottvergessne Kinder.
Nie wieder sollst du spotten über Jesus
Und über Jesu Christi Liebe Frau Maria!

Der Dichter Schwanke fuhr nun fort und sprach:
Geliebte Haura, meine schönste Freundin!
Als Doktor Faust dies strenge Wort vernommen,
Das Sankt Maria sprach im Mutterzorn,
Warf er sich nieder auf sein Angesicht
Und huldigte der Lieben Frau, der Herrin.
Dadurch erfreute er das Herz Marias.
Sprach Doktor Faust: O Allgebenedeite,
Maria, Unsre Liebe Frau Maria,
Du Jungfrau, Mutter, Königin, ja Göttin!
Ich nehme auf mich die gerechte Buße,
Denn Glück und Unglück kommen von dem Herrn,
Dem Ewigen, dessen Name heilig ist!


MAJIA, PRINZESSIN AUS DEM ORIENT

Es lebte eine Jungfrau einst, Majia,
Sie war ein auserlesner Edelstein.
Majia vierzehn Jahre zählte, die
Zum zierlich-schlanken Mädchen höchster Schönheit
Herangewachsen war. So schmal wie Hauch
Und zart wie Flügel eines Schmetterlings
Gezeichnet ihre Augenbrauen waren,
Und stolzer als ein Phönix leuchteten
Die Anmutblicke ihrer Augensterne.
Ihr mandelförmiges, ovales Antlitz
War schön, die Wangen rosig überhaucht
Wie Pfirsichblüten in dem Maienmond.
Des Mädchens Knochen waren jadezart,
Die makellose Haut so glatt wie Eis.
Mit Lotosschritten sie bewegte sich
Wie eine Schwalbe tanzend in der Luft.
Und saß sie still in ihrem Duftgemach,
Hielt man den Ort für einen Aufenthalt
Von Himmlischen des Himmelsparadieses.
Sie richtete das kühle Seidenbett
Mit einer Stütze für das Haupt aus Jade
Am Abend her, als lang und länger Schatten
Des Abends wurden, roten Quittenblüten
In schlanker Vase ihre Farbe nahmen.
Dann ging sie in ihr Schlafgemach hinüber.
Sie streifte von dem Jadeleib das Schweißtuch,
Sie löste den bestickten Gürtel, der
Den Unterrock von allerfeinster Seide
Zusammenhielt, und ließ ihn niedergleiten.

Sie sah im Traume sich in einem Garten,
Voll Wohlgeruch von aberhundert Blumen.
Die schweren Blütendolden, schön und schöner,
Sie leuchteten aus zartem Grün der Blätter.
Graugrüne Weiden standen an dem Ufer
Kristallnen Bachs, der säuselnd leis dahinfloß.
Und Pfirsiche mit roten Wangen hingen
In Bäumen, draus der Vogelsang ertönte.
Sie ging den schmalen Weg zum Kiefernhain,
Sie trat zu einem kleinen Pavillon.
Er schien ihr wahrlich Erdenaufenthalt
Von Himmlischen des Himmelsparadieses.
Als sie den Pavillon verlassen wollte,
Sah in der Tür sie eine Lichtgestalt.
Ein langes Federkleid bis zu den Knöcheln
Verbarg die Lichtgestalt. Auf seinem Haupt
Ein Käppchen, das bestickt mit Sternen war.
In Händen hielt er eine Schwanenfeder.
Majia sah ihn in dem Pavillon,
Da beugte er sich tief hinab vor ihr
Und sprach: Schon lange habe ich gewartet,
Ich unbedeutender Unsterblicher,
Schon lange habe ich gewartet auf Majia!
Wie lang schon sehn ich mich nach deiner Schönheit!
Nun steht dem Himmel nichts im Wege mehr!
Jungfräulich lächelte Majia still,
Da rührte er die duftig-zarten Schultern
Der Jungfrau heilig mit den Flügeln an
Und grüßte sie: Erwählte Gottes-Braut!

Majia ist geblieben reine Jungfrau
Und wurde Königin des Paradieses.
Besuchte einst ein Liebes-Jünger sie
In ihrem Haus im Park des Paradieses.
Gleich sieht sie, wer ein Liebes-Jünger ist.
Da zog sie sich zurück in ihr Gemach
Und trat ein wenig später wieder vor.
Da trug sie ein Gewand bis zu den Knöcheln
Aus Sommerseide allerfeinsten Stoffes.
Die makellose, allerreinste Seide
Floß um den makellosen Himmelskörper.
Ihr Himmelskörper glich in seiner Art
Den Birnenblüten unterm Silbermond,
Den ersten Pflaumenblüten in dem Schnee.
Die himmlische Majia führte nun
Den Liebes-Jünger tiefer in den Garten,
Wo die Zypressen schmale Wege säumten.
Dort waren Teiche, darin Fische lebten,
Die keuschen Fische in dem reinen Wasser.
Dort war ein Wunderstein, der Stein der Weisen,
Der ward genannt: der blauen Blume Kelch.
Dort waren viele Hüttchen in dem Garten.
Doch in der Mitte war der Pavillon,
In dem die Maid Majia ihren Gast
Bewirtete mit weißem Wein und Fisch.
Vorm Pavillon ein Birnbaumgarten lag,
Ein Blütenmeer von Weiß und Gelb und Rosa!
Und erst der Wohlgeruch, Parfüm des Himmels!
Der Duft des Paradieses überfiel
Den Gast Majias wie ein Wonneschauer!

Nun schaute an der Liebes-Jünger Sie,
Majia, Jungfrau, Paradies-Prinzessin!
Ihr Angesicht, das unbeschreiblich schöne,
War unvergleichlich! War wie heller Teint
Des Erdbeerbaums im dritten Frühlingsmond,
Die Augen waren leuchtender als Sterne
Und glühten und erschimmerten wie Wasser,
Herzförmig, rot wie Kirschen ihre Lippen,
Ihr feines Kinn, das sanft gerundete,
Mondsichelschmale Augenbrauen, Grübchen,
Das alles unvergleichlich, unerreichlich!
Die höchste Schönheit ihres Angesichts
Ward unterstrichen noch durch ihren Körper,
Den schlanken mädchenhaften Himmelskörper
Mit den Bewegungen von Feen und Elfen!

Obwohl sie nun zweitausend Jahre zählte,
War sie ein Mädchen noch von vierzehn Jahren...



DIE HEIMLICHE GELIEBTE


In Fernen ist mir meine Vielgeliebte.
Sie ging durchs Grün des Berges heimlich fort,
Ging heimlich fort durch den Olivengarten.
O mein Gelöbnis, o das silberne!
Das ward zu Staub und wehte fort, ein Seufzer...
Ich denke immerdar an ihren Kuß –
Wie sie besiegelte mein Schicksal und
Ist fortgeschwebt wie geistgezeugter Hauch.
Oh, ihre Stimme war wie Frühlingsduft,
Ich hörte keine andre Stimme mehr.
Ihr Antlitz war wie eine goldne Lilie,
Ich sah kein andres Angesicht mehr an.
Da ich ein Mensch von Fleisch und Blute bin,
Erwarte ich den bösen Augenblick,
Wo ich Verräter sie verlassen werde.
Mein Herz hat Angst vor dieser bösen Stunde.
Die Seele würde brechen mir vor Elend.
Wenn ich sie je verlöre, wär ich einsam
Und weinte heiße Tränen meiner Trauer,
Doch würd die Kraft der Trauer mich erheben
Zum Gipfel schönster Hoffnung: Sie kommt wieder!
Und wenn sie kommt und spricht: Gelobt sei Gott!
Dann wird sie scheiden auch: Adieu, mein Engel!
In Fernen ist mir meine Vielgeliebte.
Das Liebeslied, das ich ihr singen muß,
Das schwingt sich um die Stille der Geliebten.


Die Nichtvereinigung erschafft die Schönheit.
Die Schönheit ist nicht Glanz der Morgenröte,
Ist nicht das schwarze Seidenkleid der Nacht,
Ist nicht Lebendigkeit des Paradieses
Und nicht der Weltallseele blaue Blume.
Geliebte, ohne Nichtvereinigung,
Wie könnt ich sterben da in dunkler Trauer
Und auferstehen in der Wonnen Wonne?
O Nichtvereinigung mir dir, Geliebte!
Zur Nichtvereinigung beruft die Schönheit.


Kastanienblüten segeln durch die Lüfte –
Sind wessen Füße auf dem Tau der Erde?
Der lichte Himmel nach dem Maigewitter –
Ist wessen Antlitz in dem Äther lächelnd?
Der Duft erblühten Baums bei der Kapelle –
Ist wessen süßen Odems holder Hauch?
Verborgner Waldsee, da die Kinder jauchzen –
Ist wessen Hymnus voll des Jubilus?
Die Abendwolken, Rosen im Azur –
Sind wessen Psalm und Hoheslied der Liebe?
Die Lampe in der Nacht, mein schwaches Herz –
Wer hütet es wie mütterliche Nacht?


Die goldnen Fäden liebender Gedanken,
Gedanken an die Liebe der Geliebten,
Mir hängen an den dunkelblonden Brauen
Und weben sich durch Sonnengalaxie.
Die Fürstin von dem Stern der Phantasie
Hielt in der rechten Hand von Stahl das Messer,
Mit ihrer Linken pflückend Himmelslilien.
Wo ist sie nun? Wie hat sie sich verborgen,
Erscheint nicht mehr vom Stern der Phantasie!
Wer weiß, ob meine ewige Geliebte
Und Jene von dem Stern der Phantasie
Aus Minne Arm in Arm gestorben sind?


Wohl liebt mich meine heimliche Geliebte,
Ich hör die Schritte nachts auf dem Balkon,
Doch tritt sie nicht durch meine offne Tür,
Sie geht dann wieder in das Reich der Sterne.
Doch meine Schritte wurden nie gehört
Im Kies des Rosenpfades vorm Palast
Im Garten in der Stadt des Paradieses.
Die Liebe ist wohl nur bei der Geliebten.
Ach, ohne ihren Schritt mit bloßen Füßen
Ich wäre nicht erwacht aus süßen Träumen,
Da ich im Traum gewandelt übers Meer
Und bin hinangeschwebt in Ewigkeit.


Ich warte immerdar auf dich, Geliebte,
Nicht weil ich selbst so wollte, sondern du!
Ich warte mehr aus Liebe als aus Keuschheit.
Die Menschen dieser Welt belächeln mich,
Belächeln fein den Mönch im Zölibat.
Ich weiß vom Zeitgeist und vom wilden Eros.
Nicht einmal, zweimal nur, nein vielmals bat ich
Ums Charisma der Ehelosigkeit.
Nicht ohne die Vernunft verachte ich
Den Schleuderpreis der Sexualität.
Begehr ich manchmal der Natur zu folgen,
Im Grunde ist es alles längst beschlossen.
Ich harre auf die Ankunft der Geliebten,
Will weise aus der Sehnsucht Eros‘ werden.
Jungfräulichkeit ist nicht wie Selbstverliebtheit,
Jungfräulichkeit ist Liebe zu dem Himmel.


Geliebte, wenn du willst mein ganzes Herz,
Dann nimm mich ganz mit meinem ganzen Herzen
Und laß mich ganz mit dir vereinigt sein.
Sonst gib mir großen Liebesschmerz ins Herz.
Du, laß dein Herz in meinem Herzen sein
Und gib dich selbst mir ganz mit ganzem Herzen,
Auf daß du gänzlich dich mit mir vereinigst.
Sonst gib mein Herz zurück und gib mir Schmerz.
Im Herzen dann die Schmerzen würd ich lieben,
Die du von ganzem Herzen mir gegeben.


Mein Lied bewegt den lieben Gott zu Tränen
Und presst die Jugendblüte reiner Jungfrau
Zu keuschem Wasser aus der Lebensquelle.
Mein Lied wird in den Ohren der Geliebten
Zum Halleluja-Psalm des Paradieses,
Zur Weltenharmonie des Sphären-Tones.
Mein Lied schwebt über sieben Ozeane
Und Abendröten in den dritten Himmel
Und zitternd schwebt es dort um die Geliebte.
Und denk ich, die Geliebte hört mein Lied
Und singt es mit den Seligen von Eden,
Dann schweigt mein Geist vor Ehrfurcht und vor Ehre.

Geliebte, hold umarme meine Seele,
Die ich dir weihe, Seele aller Seelen.
Zerbricht mein Herz an deinem reinen Herzen?
Ich hab mich im gelobten Land geopfert,
In dem verheißnen Land der reinen Freude,
Im Reich des Lebens, einzig für die Liebe.
Mein blutigrotes Herz ward zu Rubinen.
Nun nimm du die Rubine, tausend Steine,
Und füg zusammen sie zu einem Schmuck
Und häng das Schmuckstück zwischen deine Brüste.
Mein Herz ist ein zerbrochnes Spiegelglas,
Du küsse alle Splitter meines Herzens!


Ich sammelte am Meeresstrande Muscheln.
Ich krempelte der Hose Beine hoch,
Daß sie nicht schmutzig wird vom Schlamm des Meeres.
Du sagtest: Kindchen, spielst du noch mit Muscheln?
Da schenktest du mir einen Diamanten.
Ich fand in einer Muschel eine Perle
Und tat sie in die Falte deines Rockes.
Bewahre gut sie! Gib sie nimmer fort!


Sprach die Geliebte zu der Trauer mein:
In wilder Jugend taumelnd Wunderschöner,
Allein vom Blütenduft berauschter Zecher,
Eisklarer Liebesflamme Eigentümer!
Du hältst den Tod für eine Schwanenfeder,
Die treibt wie Wölkchen leicht auf stillem Teich.
Gescheitert an der Liebe, krank vor Liebe,
Der deine Liebe du selbst morden willst –
Wirf dich in meine Arme, o Geliebter!
Weißt du denn nicht, daß ich die Liebe bin,
Der Traum der Liebe deiner Seele bin,
Daß ich dich lieben will wie keine andre?


Wenn man die Liebe aber Liebe nennt,
So ist die Liebe schon nicht Liebe mehr.
Kann eine Sprache von der Liebe sprechen?
Ach, könnte ich wie Gott von Liebe sprechen!
Von Liebe aber kann ein Mensch nicht sprechen,
Von Liebe können Liebende nur singen.
Die Liebe ist in Ewigkeit ein Da-Sein!
Mein Traum kennt die Geheimnisse der Liebe,
Inspiration des Dichters sie allein.


Ich pflückte in der Sonne Rebentrauben,
Der Weinstock war wie eine Schwangere,
Die Trauben waren ihre prallen Brüste!
Ich trat die Kelter, Blut an meinen Füßen!
Das Blut des Weines rötete den Abend.
Geliebte, ist dein Becken nicht ein Becher?
Nie mangelt Wein dem Becher deines Beckens!
Mit Flammenlippen küsse ich den Saum
Aus glühenden Rubinen deines Kelches!
Ich weinte Tränentropfen rot wie Blut,
Da wurden meine Tränen starker Wein!
Berausche dich an meinem Blut, Geliebte!


Ein Schleier aus der allerreinsten Seide,
Durchweht von einem Lüften voller Wohllust,
Um schöne Glieder eines schönen Mädchens,
So deine Liebe ist in meiner Jugend.
Mein Herz und meine Pulse pochend heiß
Wild tanzen nach dem Sang des Paradieses!
Ah, meine kleine Seele ruht und schlummert
Im süßen Blütentraum der Maienbüsche.
Wie in dem Frühling reiner Morgendunst
Von den Kastanienblüten duftend raucht,
Umfließt mich deine Seide in den Träumen.
Der Wind erwartet meine stillen Seufzer,
Um so erfrischt den Blütenflor zu küssen.


Wie könnte schön man die Geliebte nennen?
Schön kann man Frauen dieser Erde nennen.
Doch Sie ist viel zu schön um schön zu sein!
Wo ist die Rose schweigsam wie dein Mund?
Wo ist der Waldteich spiegelnd wie dein Auge?
Wo ist das Türmchen schlank wie deine Nase?
Wo ist das All voll Sternen wie dein Mantel?
Wo ist der Hauch durchsichtig wie dein Kleidchen?
Die Frauen sind nicht der Geliebten Schatten,
Ich selber bin der Schatten der Geliebten.
Da ich der Schatten der Geliebten bin,
Sagt keiner der Geliebten: Du bist schön.


Sie sagen: Du hast keine Vielgeliebte.
Ich darf vor Grimm und Zorn nur heimlich weinen,
Doch soll ich heiter immer lächelnd bleiben.
Wie bitter ist es, heimlich so zu weinen!
Wie bitter ist es, nicht mehr weinen können
Und immerdar so heiter lächeln sollen!
Ich aber sammle meines Lebens Blüten
Und winde der Geliebten einen Kranz
Und sage: So ist meine Vielgeliebte.
Sie sagen: Du hast keine Vielgeliebte,
Wir wollen dir ein süßes Liebchen suchen.
Ich sage nur: Ich lieber bleib allein.
Dann mische ich mein Blut mit meinen Tränen,
Bespritz damit die Schwerter meiner Feinde
Und rufe unter Blut und Tränen, triefend:
Blut! Tränen! So ist meine Vielgeliebte!


Die Frauen mögen meiner Wangen Glätte,
Du aber liebst das Grau in meinem Bart.
Die Frauen mögen meine Heiterkeit,
Du aber liebst auch meiner Schwermut Nacht.
Die Frauen mögen gern mein Wohlergehen,
Du aber liebst mich sehr in meinem Tod.


Dein Stimmenton ist schwebend stilles Schweigen,
Du schweigst, doch deutlich ist dein Lied zu hören.
Dein Antlitz ist die mystisch dunkle Nacht,
Ich schließ die Augen, schaue an dein Antlitz.
Dein Schatten ist das Licht vom Lichte Gottes,
Der Mond geht unter, du erhellst die Nacht.


Die Tränen, die mir die Geliebte gab,
Sind Tränenperlen, reine Wasserperlen.
Ich weine der Geliebten meine Perlen,
Bis meine Seele meinen Leib verläßt.
Ich hör im Wonneland der Tränen immer
Die Perlenflöte meiner Liebesseufzer.
Die Tränen werden Myriaden Tropfen,
Ist jeder Tropfen doch wie eine Schöpfung.
Ihr Tränenperlen, Frühlingshauch der Seufzer,
Wann ist das All erfüllt mit Liebestränen,
Vollendet wann der Liebe Universum?


Ich wasche morgens Schlaf aus meinen Augen,
Da küsst du mich wie Tau ein kleines Kind.
Ich gehe traurig einsam durch die Gärten,
Du wirst ein Blütenduft und tröstest mich.
Ich geh betrunken mitternachts ins Bett,
Bedeckt dein Sternenmantel meine Scham.
Im Traum hold lächelst du in meinem Herzen
Und flüsterst: Siehst du mich denn nicht, Geliebter?


Sprach die Geliebte leis zu mir im Traum:
Schaust du die Morgenröte über Kronen,
Bin ich der Morgenstern auf deinem Scheitel.
Legst du dich in dem Sommer in das Gras,
Will ich als frischer Windhauch dich erfrischen.
Wenn nachts du einsam bei dem Weine liegst,
Sing ich dir vorm Balkon als Nachtigall.


Mit meiner Schwanengondel der Gebete
Bin ich gefahren über Mondscheinfluten
Vorbei an Sterneninseln zum Palast,
Wo Kinderlächeln, Frühlingsmorgenröten
Und Meeresrauschen Engel sind geworden.
Die Engel dieses Reiches lächeln gerne,
Sie tanzen gern, sie lieben lichten Himmel.
Ich legte an mit meiner Schwanengondel
Am marmornen Palast des Himmelreiches.
Die Jungfraun und die Engel baten mich
Zu bleiben in dem Paradiesesgarten.
Ich aber fuhr zurück zu Mutter Erde.
Wenn die Geliebte kommt auf diese Erde,
Soll hier auf Erden, hier in meinem Herzen
Ein Paradies erwarten die Geliebte!


Komm, Zeit ists, daß du kommst, o Vielgeliebte!
Weißt du die Stunde, wann du kommen wirst?
Die Gnadenstunden bis zu deiner Ankunft
Sind Gnadenstunden meiner Liebessehnsucht!


Als niemand auf der Erde mich geliebt,
Hast du allein geliebt mich, o Geliebte!
Ich liebe dich, du einzige Geliebte!
Die LIEBE liebe ich, mit der du liebst!



VISIONEN DER JUNGFRAU


1

Ich schaute einen Berg von Eisen,
Drauf thronend eine Lichtgestalt,
Mir ihren Lichtglanz zu erweisen
Und Herrlichkeiten mannigfalt.

Zu Seiten dieser Lichtgestalt
Auf ihrem hohen Eisenhügel
Ein holder Schatten niederwallt
Wie schöne lichte Engelsflügel.

Am Fuß des Berges eine Frau,
Bedeckt mit Augen über Augen,
Den Augen innerlicher Schau,
Die Göttliches zu schauen taugen.

Und vor der weiblichen Gestalt
Seh stehen ich ein holdes Kind,
Sein weißes Kleidchen niederwallt
Und purpurn seine Schühlein sind.

Und auf des Kindes Lockenhaupt
Fiel von der Lichtgestalt ein Licht,
Ein Glanz (wer ist es, der es glaubt?),
Man kann nicht schaun sein Angesicht.

Und von der Lichtgestalt der Höhe
Ging aus ein Regen voller Funken,
Daß Frau und Kindlein, die ich sehe,
In lichte Lieblichkeit versunken.


2

Ich schaute einen großen Glanz,
Der flammte auf aus vielen Augen,
Und jede Himmelsrichtung ganz
Zu hellen konnt der Lichtglanz taugen.

Dann sah ich Glanz wie Morgenrot,
Hell wie ein purpurroter Blitz.
Ich schaute Menschen in der Not,
Die Mutter Erde war ihr Sitz.

Sie trugen Milch in großen Krügen
Und Käse machten draus die Mütter,
Ward starker Käse voll Genügen,
Ward auch verdorbner Käse bitter.

Da sah ich eine schöne Frau,
Die einen Menschen trug im Schoß.
Vollendet war des Menschen Bau
Im Mutterschoße makellos.

Und die Gestalt im Frauenschoß
Bewegte sich im Schoße leis.
Kam eine Feuerkugel groß,
Da stand der Mensch im Feuerkreis.


3

Ich sah die weibliche Gestalt
Der hocherhabnen Tochter Zion.
Ein Meer von Wolken um sie wallt,
Plejaden sieben und Orion.

Sie war vom Scheitel bis zum Nabel
So weiß wie ungebräunte Haut,
Wie die Gebärerin von Abel
Im Garten Eden angeschaut.

Das Weib war von der Leibesmitte
Bis zu den schönen bloßen Füßen
Mit blauem Rock gekleidet, Sitte
Und reine Tugend hold zu grüßen.

Sie trug vor Augen eine Binde,
Denn immer schaute sie nach innen,
Daß sie die Patriarchen finde
Und die Propheten kann gewinnen.

Sie stand am heiligen Altar
Vor Gottes Augen voller Licht.
Die Gottheit unerreichbar war,
Die Gottheit ward begriffen nicht.

Die Stabat Mater, Tochter Zion,
Sie war ein Turm von Elfenbein.
Plejaden sieben und Orion
Erstrahlten um ihr Haupt mit Schein.

Die himmlische Jerusalem,
Prophetin vom Messiasreich,
Trug an der Stirn ein Diadem,
Dem Morgenstern, der Venus gleich.


4

Ich schaute eine schöne Frau,
Die riesig war wie eine Stadt.
Ihr Haupt auf ihrem Gliederbau
Den schönen Schmuck des Kosmos hat.

Von ihren weißen Armen strahlt
Ein Glanz wie Seidenärmel fein.
Die Künstlerin Sophia malt
Die schöne Frau im All allein.

Ihr Leib war wie bei Fischernetzen
Mit offnem Loch um Loch durchbohrt.
Die Menschen sich an ihr ergötzen,
Eingehend in sie fort und fort.

Sie stand vorm himmlischen Altar
Und vor der Gottheit Angesicht,
Umarmte den Altar und war
Am Horizont ein Purpurlicht.

Ich sah an ihr jedoch kein Kleid,
Sie war entblößt, gehüllt in Licht.
Auf ihrem großen Busen breit
Geschrieben stand ein Preisgedicht:

Preis dir, du Schoß der Morgenröte,
In dem das All mit Lust versunken!
So klang das Lied zur Jubelflöte:
Preis dir, du Schoß voll Liebesfunken!

Ausbreitet ihren Glanz das Weib
Wie Seide fließend durch die Sphären:
Empfangen muß ich in dem Leib
Und aus dem Mutterschoß gebären.

Von Engeln nahte eine Schar,
Schuf Wohnungen im Schoß der Frau,
Dort Haus um Haus den Geistern war,
Ihr Paradies des Weibes Bau.


5

Im Himmel ich die Herrin seh,
Sie ist die reine Schönheit ganz,
Ganz wie Kristall und ganz wie Schnee
Vom Scheitel bis zum Hals ihr Glanz

Und von dem Hals bis zu dem Schoß
Von rotem Feuer sie umloht,
Der Stern der Venus makellos,
Sie badete im Morgenrot.

Um ihre breiten Brüste sind
Und ihrer Brüste süße Spitzen
Glanzschimmer wie von Hyazinth
Und purpurfarbnen Liebesblitzen.

Und von dem Schoß der Morgenröte
Ein Lichtglanz in den Kosmos floß
Und aus des Leibes Jadeflöte
Das Bildnis eines Mädchens sproß.

Das Himmelsmädchen ohne Schleier
Trug lange schwarze Seidenhaare.
Sie war bereit zur Hochzeitsfeier,
Daß sie dem Könige sich paare.

Sie ist die rein erblühte Flora,
Die weiße Lilie, rote Rose,
Die sophianische Aurora,
Die Mädchengöttin, Makellose.

Sie wird den Friedefürsten freien,
In Minnelust vereint dem Meister.
Die Kinder werden sich ihr weihen,
Der großen Mutter aller Geister.


6

Im Himmel sah ich einen Glanz
Von einer Krone (oder Kether)
Und Engel tanzten einen Tanz
Und Geister lächelten im Äther.

War alles reine Morgenröte.
Da hörte ich die Jungfrau rühmen,
Ein Sänger sang zur Jubelflöte
Ein Hymenäus, Hymen, Hymen!

O Edelstein voll reinen Glanzes,
O unbefleckte reine Sonne,
O Tänzerin des Hochzeitstanzes,
O morgenrötliche Madonne!

Aus Gottes Herzen ausgeflossen,
Du Helle von der Gottheit Helle,
Hast dich durchs ganze All ergossen,
Du Wasser aus der Lebensquelle,

Du bist die Weisheit honigsüß,
Der Schöpfer ist dein Bräutigam,
Ach, Eva in dem Paradies,
O Frau, erglüht vor dir in Scham.

Der Urstoff bist du für das Wort,
Das Wort, das allem eingeschrieben,
Das redet Liebe immerfort
Und lehrt die Wesen alle lieben!

Der Schöpfer liebenden Begehrens
Ein Auge warf auf dich, o Magd,
Du ohne Torheit des Verwehrens
Dein Ja-Wort hast dem Herrn gesagt!

Der Adler schaute auf die Sonne,
Die Morgensonne makellos,
Der Schöpfer schaute die Madonne
Und Gott ging ein in ihren Schoß!

Erleuchtet ward, die Gott erkor,
Die Jungfrau mystischen Erkennens!
Es blühte licht ihr Jungfraunflor
Voll unlöschbaren Liebebrennens!



APOTHEOSE MITKAS

Talita kum!


In den ewigen Äonen Gottes,
In den himmlischen Ideenwelten
Schwebt auf Flügeln die Idee der Erde
Als ein Paradies der Ideale,
Wo die ungebornen Seelen leben.
Eine von den ungebornen Seelen
War die makellose Psyche Mitka:
Liebsein, Schönsein, also ist ihr Name.
Als Äone um Äone schweigend
Sie gelesen in der Weisung Gottes
Und im Geist betrachtet Gottes Weisheit,
Sandte Gott der Herr sie auf die Erde,
Daß sie dort geprüft und angefochten
Werde und bekleidet mit dem Fleische
Einer schönen Menschentochter Evas.
Denn, so wollte es die weise Vorsicht,
Wenn bestanden sie die Lebensprüfung,
Sollte sie als Mensch gen Himmel kehren
Und vergöttlicht werden von dem Christus,
Ihrem Bräutigam, zur Menschengöttin!

Also ward empfangen sie im Schoße
Ihrer Mutter, einer Frau des Glaubens,
Welche Mitka in dem Schoße tragend
Las Torah, Propheten, Psalter, Weisheit
Und die Evangelien und Episteln.
Also unterrichtet in der Wahrheit
Ward im frommen Mutterschoße Mitka.
Aber als sie aus dem Schoß der Mutter
Kam und schaute an das Licht des Kosmos,
Schlug ein Engel sanft ihr auf die Stirne
Und vergessen wurde alle Weisheit
Und versank im dunklen Unbewußten.

Aber Mitka wuchs heran und lernte
Evangelium und Psalter fleißig
Und betrachtete die Gotteslehre
In dem immerwährenden Gebete.
Schön wuchs sie heran, ein holdes Mädchen,
Auf die Schultern fielen goldne Haare,
Durch die heiligreine weiße Seide
Zeichneten sich ab der Jungfrau Brüste.
Und da kam ein Mann, der war ein Heide,
Simon war sein Name, der verliebte
Sehr sich in die wunderschöne Jungfrau
Und umwarb sie als ein Knecht der Minne
Und verklärte ihre Mädchenschönheit:
O du schöne Helelna von Sparta!
Sicher bin ich Gottes Kraft des Geistes,
Aber du bist Fleisch von meinem Fleische,
Mir geschnitzt aus meiner linken Rippe,
Meine Weisheit, meine Brautgenossin!
Nun, wenn wir vereinigt in der Ehe
Voller Lust vollziehen unsern Beischlaf,
Werden wir wie Gott und Göttin werden
In dem Einen Ewgen Absoluten.

Aber Mitka dachte voller Schauder
Der Hingabe ihres Jungfraun-Hymens,
Welches sie allein dem Schöpfer weihte.
Reine Jungfrau Gottes sein und bleiben
War das Ideal in ihrer Seele.
Und sie sah in einem Traumgesichte
Christus, ihren Bräutigam und König,
Der in einem weiten Lichtgewande
Vor ihr wandelte, durchbohrt die Füße
Und durchbohrt die Hände, und dem Herzen
Mit der Seitenwunde Licht entströmte,
Weißes Licht und rotes Licht der Liebe.
Seine langen Locken, dunklen Locken
Flossen um das lichte schmale Antlitz,
Dessen Augen glühten von Erbarmen,
Zärtlich lächelnd waren seine Lippen.

Christus rief die schöne Psyche Mitka,
Sieben planetarische Gefilde
Aufwärts schwebend siegreich zu durchdringen,
Jede Sphäre ward bewacht von einer
Planetarischen Astral-Sirene,
Geistern, die verkörperten die Sünden,
Sieben Sünden, der Verdammnis schuldig,
Welche Mitka durch Gebet und Leiden
Und Anrufungen des Namens Gottes
Überwand und jenseits von der Sonne
In die reine Lichtwelt Christi einging,
Wo der Herr, der Bräutigam und König,
Sanft die Hände auf ihr Goldhaar legte
Und die Jungfrau auf die Lippen küsste!
Nein, so tat er nicht den andern Christen,
Fromme Männer waren eifersüchtig.
Aber Mitka war des Herrn Erwählte,
Er goß ihr ins Herz die Weisheit Gottes!

Tief erschüttert von der Weisheit Gabe,
Lebte sie allein der Andacht Gottes.
Sieben Stunden täglich rief der Schöpfer
Sie zu der Betrachtung seines Thrones
Und zur Heiligung des Gottesnamens.
Fünfmal täglich hoben sie die Engel
In des reinen Äthers Lichtregionen
Und ernährten sie mit Himmelsspeise.

Eines Tages, noch bevor der Simon
Sie zum Traualtar der Erde führte,
Um im Opfer ihres Jungfraun-Hymens
Sie dem Geist der Erde zu vermählen,
Schlug sie plötzlich Gottes Todesengel,
Weil der Bräutigam und König Christus
Wollte sie vor dieser Welt bewahren
Und heimführen sie ins Reich der Himmel
Zu des Opferlammes Hochzeitsfeier!

Sie durchwandelte sechs Himmelshallen,
Die die Namen trugen von Planeten.
Schließlich in der siebten Himmelshalle
Lag anbetend auf dem Angesichte
Mitkas Psyche vor dem Engel Gottes,
Metatron, des Angesichtes Engel.
Aber Metatron, der Knabe Gottes
Und der Weisheit Fürst, er sprach zu Mitka:
Bete mich nicht an, o Sklavin Gottes,
Denn auch ich bin nur ein Sklave Gottes,
Dir zu dienen und den frommen Sehern.

Metatron, des Angesichtes Engel,
Führte Mitka zu dem Throne Gottes,
Der von Cherubinen, Seraphinen,
Gottessöhnen, lichten Morgensternen
In dem Himmelreich getragen wurde.
Und die Cherubine priesen Weisheit
Und die Seraphinen sangen Liebe
Und die Gottessöhne, Morgensterne
Jubelten zum Schöpfer, Ewig-Vater!
Alle Heiligen der Himmelreiche
Und die Engel und die Götter sangen
Ihren Lobpreis: Heilig, heilig, heilig
Ist der Herr, der Gott der Himmelsscharen!
Und vom Throne Gottes drang ein Tönen
Wie ein Meeresrauschen, eine Stimme
Einer Mutter voller Gottverlangen,
Und es rief des Thrones Mutterstimme:
Herr, o Herr, o Gottheit voller Schönheit,
Komm und throne in dem Schoß des Thrones,
Denn ich bin bereit, dich zu empfangen
In der Herrlichkeit des Mutterschoßes,
Denn du bist der Herr, der Herr der Heerschar,
Ja, und ich die Herrlichkeit des Reiches!

Siehe, Mitka sah, und was sie schaute,
War die Offenbarung Jesu Christi,
Der sich niederließ im Throne Gottes!
Christi Lichtgestalt als Blitze heller
Und als Feuer glühender und Flammen
War vor Herrlichkeit kaum anzuschauen.
Aber Mitka schaute an sein Antlitz
Und sie sah den Urgrund der Erlösung,
Sah das Blut, der Dornenkrone Spuren,
Sah die Dornenspuren an der Schläfe,
Sah das schöne schwarze Lockenkraushaar
Wie verwirrt von Blut und Schweiß und Tränen
Und die Nase voll des Geistes Odem
Wie gebrochen von der Sünder Schlägen
Und die Augen, voller Schrecken Gottes,
Aufgerissen, Augen voll Erbarmen,
Liebesaugen voll der Liebe Gottes!

Die Gestalt des Christus ward unsichtbar
Durch den Glanz der Gloria der Gottheit,
Bis der Lichtglanz Gottes sich gemildert.
Siehe, Mitka schaute, was sie schaute,
War die schöpferische Weisheit Gottes,
Die Erzeugerin der Ur-Ideen,
Throngenossin, Lieblingin des Schöpfers,
Mütterliches Angesicht der Gottheit,
Gottes Tochter Hagia Sophia!
Voller Glorie wie eine Göttin,
Eine Königin des Himmelreiches,
Angetan das Flügelpaar des Geistes,
Aufgesetzt die Krone aller Schönheit,
Rein bekleidet mit dem Lichtglanz Gottes,
Offenbarte sie ihr Antlitz Mitka,
Ebenbild des Angesichtes Gottes,
Licht von Licht und Gottheit von der Gottheit!

Und die Hagia Sophia rauschte
Wie ein Weltenlied der Liebe Lobpreis
Gottes der erlösten Psyche Mitka:
Ich, ich bin die offenbare Gottheit,
Sei Anbetung der verborgnen Gottheit,
Gottheit, deren Namen unaussprechlich,
Deren Wesen ewig unergründlich
Und mit Menschen- und mit Engels-Zungen
Nie genug zu preisen mit dem Lobpreis
Staunender Anbetung voller Ehrfurcht:
Heilig, heilig, heilig ist die Gottheit,
Ewige und Eine, Absolute,
Einzige und Allerhöchste, Wesen
Aller Wesen, reines Über-Wesen,
Reines Sein, ganz Nichts, o unaussprechlich!

Aber um die Psyche Mitka strahlte
Ein Geheimnis Gottes auf in Liebe.
Eine Gottheit, immerdar gestaltlos,
Offenbarte sich dem Geist gestaltet,
Sieh, der Ewig-Vater war ein Alter,
War ein Greis, ein Alter alt an Tagen,
Der auf seinem Jaspisthrone thronte,
Sprühend rings von Myriaden Funken,
Welche allesamt zu Welten werden,
Das schneeweiße Haar des Greises glänzte,
Sterne gingen draus hervor wie Lichter,
Um sein Haupt die Universen tanzten
Und die Sonnen kamen voller Demut,
Sich zu baden in dem Lächeln Abbas!

Aber siehe, Gott der Ewig-Vater
Sprach voll Liebe dieses Wort zu Mitka:
Öffne mir, o meine Vielgeliebte,
Weil mein Haupt ist voll von Tau des Dunkels,
Durch die Locken meines Hauptes träuffeln
Tränen Nacht um Nacht der Liebessehnsucht!

.................
.................

Metatron, des Angesichtes Engel
Führte Mitka in die Venussphäre,
Dort zu ihrem himmlischen Palaste
In dem Paradies des Morgensternes.
Engels-Intelligenz der Venussphäre
War die Himmlische, die schöne Charis.
Aber Metatron, der Antlitz-Engel,
Sprach zu Mitka-Psyche: Meine Schwester,
Du sollst Schwester heißen aller Engel,
Auch des Engels in der Venussphäre,
Sollst der schönen Charis Schwester heißen,
Du sollst Königin der Schönheit heißen,
Du sollst Königin der Liebe heißen!

Siehe, Mitka-Psyche, Menschengöttin,
Reichte einem Seher-Eremiten
Auf der Erde, der sie geistig schaute,
Zum Beweis der Herrlichkeit des Himmels
Ihren Zaubergürtel, den er umband,
Keusch geweiht dem Zölibat der Weisheit.
Menschengöttin Mitka sprach zum Seher:
Sprich zur Welt: Die Gottheit ist Agape!


HYMNEN AN DAS GÖTTLICHE MÄDCHEN MARIA


HYMNE AN DIE KAISERIN DES WELTALLS

Wir wollen preisen
Den Adel Marias,
Der Tochter Davids,
Des Königs der Juden:
Hosianna,
Tochter Davids,
Hab Erbarmen!

Wir rühmen die Frau Maria
Als Gräfin der himmlischen Burg
Und himmlische Fürstin,
Herzogin aller Welt,
Milde edle Königin,
Allergewaltigste Kaiserin
Himmels und Erden,
Mutter der Barmherzigkeit,
Allmächtige Kaiserin,
Alleredelstes aller Weiber!

Heil Maria!
Hosianna,
Davids Tochter!

Der Messias ist wahrlich
Sproß Davids,
Des Königs der Juden,
Geboren von der Jungfrau
Ohne Mannessamen.
Die Geburt aus der Jungfrau
Des Davidssohnes
Beweist den Adel Marias.

Maria ist als Frau
Der Tugenden Inbild,
Vollkommen in Sitte,
In Gottes Moral.
Gott erwählte sie
Zur Mutter des Gottesknechtes,
Sie, die Magd des Herrn.
Sie ist niemandes Magd
Als Gottes Magd allein.
Der Gottesknecht Christus
Die Gottesmagd Maria
Krönte im Himmel
Zur Himmelskönigin.

Der Herr im Thron,
Der Pantokrator,
Der Richter aller Menschen,
Muß geboren sein
Von einer adligen Frau.

Der Adel der heiligen
Gottesmutter Maria
Ist der Seelenadel
Der Gottesmagd!

Maria hilft in Turnieren
Den turnierenden Rittern.
Sie heilt die Falken
Des jagenden Adels.
Sie ist Schutzfrau der Burgen,
Schirmherrin, Hauptfrau
Des deutschen Ordens
Der Marienritter,
Patronin der Ritter,
Die zur Ehre der Jungfrau
Die Heiden überwanden.
Die unterworfenen Heiden
Weihten sie der Herrin.
Das deutsche Land der Minne
Ist Liebfrauen Erbland.

In höfischer Eleganz
Trägt Madonna die Kleider,
Herrschaftlich lang
Der kaiserliche Mantel.
Wer sah je Maria
Im kurzen Blaukleide
Der Sklavinnen dieser Erde?

Botticellis Madonna
Ist ein schlankes Mädchen
Von Anmut und Schönheit,
Grazie, Liebreiz, Charme,
Ist adlige Jungfrau.
Madonnas Schwanenhals
Und ihre schlanken Glieder,
Der Haarflut Pracht
Und ihre feinen Hände
Offenbaren die hohe
Göttliche Herrin
(Im Schoße den lieben
Nackten Amor Jesus).

Die Minnesänger,
Platonische Idealisten,
Erwählen die Jungfrau
Zur Minneherrin,
Zur Göttin der Liebe!


HYMNE AN MADONNA BELLONA

Gläubige Christen wissen
Um keine Göttin des Krieges,
Wohl aber um die wahre
Schutzfrau der Christen
Und christlichen Waffenrüstung,
Die gebendeite Gottesmutter.
Wer im Schild Maria führt
Und sie in Liebe verehrt,
Der hat nicht zu zweifeln
An Victoria!

Der große Maximilian
Siegte über die Feinde
Auf dem weißen Berg.
Er hatte keinen anderen Schild
Als einzig Mariam.
Seine Losung ist gewesen:
Heil Maria!

Kämpferin gegen das Böse!
Siegerin in den Schlachten Gottes!
Patronin der christlichen Heerschar
Gegen Heiden und Ketzer!

Maria half der Heerschar
Der Christen zum Siege
Über den Widersacher.
Das Haupt der Widersacher
Und seine Lügensöhne
Fanden im Kriege den Tod.
Die Gläubigen knieten
Zum Schlachtgebet nieder.
Mit ausgebreiteten Armen
Sangen sie Psalmen
Und riefen den Schlachtruf:
Maria, Mutter Gottes!
Über den Christen schwebte
Die Ikone der Jungfrau
Und die Taube des Geistes.

Im Golf von Korinth
Ward der Glauben verteidigt.
Die Standarte des Schiffes
Trug die Inschrift: Maria,
Den Erbarmungswürdigen
Schenke deinen Schutz!
Maria brachte den Sieg
Im Mond des Rosenkranzes.
Unsre Frau vom Sieg
Wird gefeiert im Rosenkranzfest.
Nicht Mächte und Führer und Waffen,
Allein Maria brachte den Sieg.
Heil Maria vom Rosenkranz!

Der große Maximilian
Zog in die Schlacht mit Maria.
Er trug die heilige Fahne
Und am eigenen Leibe
Den Skapulier Mariens.
Wer für den Glauben kämpft,
Der wird von Maria beschützt.
Der Karmelit verwandte
Kruzifix und Marien-Ikone,
Die Kämpfer zu stärken.

O Fahne der Unbefleckten!
Hier die Jungfrau mit Jesus,
Madonna mit dem Kinde.
Dort köstlich gestickt
Die allerheiligsten Namen
Maria und Jesus!

Nämlich der Kriegsgott Mars,
Dem die Christen allein vertrauen,
Ist Christus, der Herr der Heere.
Aber unsre Venus Bellona
Ist Madonna Maria!

Im siegreichen Zeichen
Der unbefleckten Jungfrau
Kämpfte der Kaiser von Habsburg
Für die reine Wahrheit.
Maria Generalissima
War das oberste Kriegshaupt
Der kaiserlichen Heere.
Der Kaiser weihte
Das ganze Kaiserreich
Zu himmlischem Patronat
Der Jungfrau Maria,
Das geweihte Reich
Ihr zu devozieren
Und einzuverleiben.
Der Kaiser sah
Sein Kaiserreich
Als Lehen Mariens.
Seine Kaiserwürde
Ward bestätigt
Von der schwarzen Madonna
In Altöttings Tempel.
Im Todesjahre
Der Kaiserin
Pries der trauernde Kaiser
Die Jungfrau Maria
Als Generalissima
Seiner Kaiserfamilie.
Die allerseligste Jungfrau
Ist im Krieg des Glaubens
Befehlshaberin
Und im holden Frieden
Die Bevollmächtigte Gottes.

O Geliebte,
Geordnet wie Sternenscharen,
Geordnet wie Heeresscharen,
Schrecklich wie Heeresscharen!
Dein Hals, Geliebte,
Ist ein Elfenbeinturm,
Dran tausend Schilde hangen,
Waffen von Helden!


HYMNE AN DIE MUSE

Der Engel Gabriel kam
Mit einem Schriftstück
In das Gemach
Der gotterkorenen Braut.

Der Vater diktierte den Text,
Vom Heiligen Geiste geschrieben,
Verwirklicht vom Sohne.

Die Jungfrau Maria las
Den himmlischen Liebesbrief,
Mit Engelsfeder
Und Tau von Lilie und Krokus
Auf Pergemant geschrieben
In der Schrift der Engel.

Hochgeborene Liebhaberin
Der heiligen Schriften,
Du erforschtest die Schrift,
Torah und Hagiographen,
Schriftliche, mündliche Weisung.

Als Gabriel zu dir kam,
Da sangest du gerade die Psalmen.
Während du Psalmen lasest,
Du Muse der Kontemplation,
Hast du gesponnen das Garn,
Du Mutter der Aktionen.
Die Poeten lieben
Vor allem die Muse
Der Kontemplation,
Die lesende Jungfrau Maria.

Als du entbunden
In Bethlehems Grotte,
Da nahmst du ein Buch zur Hand.
Und als der Heilige Geist
Zu Pfingsten herabkam,
Da lehrtest du die Apostel
In marianischer Bibelstunde.

Du besitzt ein Futteral
Für deine Feder
Und tauchst die Feder oft
Ins Tintenfaß.
Dein Schreibpult ist reich
An Fächern für Briefe
Und Lobpreisgedichte.

Im Himmel schreibst du
Als Kanzlerin Gnadenbriefe.

Die Christen von Messina
Schrieben nach Jerusalem,
Baten Maria um Schutz.
Maria schrieb in griechischer Sprache:
Die Jungfrau Maria,
Demütige Dienerin Gottes
Und Jesu Christi,
Aus dem Stamme Juda
Und dem Geschlechte Davids,
Wünscht denen in Messina
Heil und Segen
Gottes des Herrn.

Maria lobt der Christen
Bekenntnis zur Inkarnation
Der Ewigen Weisheit in Jesus
Und zur Himmelfahrt.
Sie segnet die Christen
Und wird ihnen Schutzfrau sein.

Papst Benedikt nun
Gewährt den Ablaß
Den Verehrern
Des Briefes Mariens.

Eine arme Frau
Bat ihren strengen Vater
Um einen Psalter,
Aber vergeblich.
Aber Maria schenkte ihr
Das Buch der Psalmen
Und die Gabe,
Die Schrift zu verstehen.

Die Schönste der Töchter
Ist auch die Klügste der Töchter,
Das Genie der Frauen,
Die Intelligenz des Weibes.
Sie inspirierte
Die heilige Hildegard
Und die heilige Mechthild.

Wir preisen und ehren
Die frauliche Intelligenz,
Die Vernunft des Weibes,
Von Gottes Ruach gehaucht.

In der Stadt der Frauen
Werden die Frauen in Freiheit
Genießen die süßen Früchte
Der Weisheit
Und in himmlischer Muße
Die Künste genießen.
Auf der fruchtbaren Erde
Des Gartens der Weisheit
Werden Früchte reifen
Der Erkenntnis
Und Ströme strömen
Der Lieder der Liebe.

Schutzherrin und Patronin
Der utopischen Stadt der Frauen
Ist die Jungfrau Maria,
Herrin der weiblichen Weisheit!


HYMNE AN DIE REVOLUTIONÄRE JUNGFRAU

Maria in ihrem Lobgesang
Verkündet das Heil,
Da Gott die Armen rettet
Und die Gewaltherren stürzt!

Maria ist den Armen, den Frauen,
Subversive Sympathisantin,
Die der Herrschenden Macht
Von unten zersetzt.
Wir rufen zu Unserer Frau,
Daß sie die Anwältin sei
All derer, die nach Gerechtigkeit hungern.

Das Evangelium nennt
Marias soziale Niedrigkeit,
Die arme Magd
War die Erwählte Gottes,
Den Retter der Welt zu gebären.

Der Tochter der Armen,
Der Verachteten, Kleinen
Blieben die Spitzfindigkeiten
Der Theologen verschlossen.

Maria, die Makellose,
Ist erschienen in Mexiko
Auf dem Berg der Mutter Erde.
Unsre Frau von Guadelupe
Ist Patronin der Indios,
Ist Patronin der Indianer,
Herrin der Armen Amerikas!

Sie kämpfte an der Spitze
Des Kampfes um die Unabhängigkeit
Als die Patronin der Revolution!

Nieder mit der bösen Regierung!
Tod der herrschenden Fremdmacht!
Lang lebe die Religion der Liebe!
Lang lebe Unsere Liebe Frau!

Christus ist Revolutionär
Der Revolution der Liebe!
Die wahre Revolution
Ist die radikale
Ganzhingabe an Gottes Liebe!

Es lebe Christus der Retter
Und die Jungfrau von Guadelupe,
Die Mutter der Armen!

Die Himmelskönigin zeigt
Die braune Haut,
Die Eingeborne.
Solidarisch ist sie
Mit den Eroberten,
Den Besiegten.

Sie ist Maria-Mutter-Erde,
Mutter der Indianer,
Sie ist der schützende Schoß,
Der Trost der Armen,
Die Hilfe der Schwachen,
Die Schutzfrau der Unterdrückten!

Braun bin ich und schön
Wie Wüstenzelte
Und Teppiche Salomos.
Die Sonne hat mich gebräunt.
Ich habe gehütet
Die Weingärten meiner Geschwister,
Doch meinen eigenen Weinberg
Hab ich nicht behütet.

Die Winzerin von dem Lande
Ist stolz auf ihre Bräune.
Das Schönheitsideal
Der reichen Frauen der Städte
War vornehme Blässe.
Aber die Geliebte bekennt:
Die Arbeit im Weinberg
Ließ ihr keine Muße,
Den zarten Teint zu pflegen.

Maria ist braun,
Maria ist arm.
Herr Jesus liebt die Armen,
Er, die Sonne der Gerechtigkeit,
Hat Maria gebräunt,
Die Schwester der Armen.

Die Lehre der Jungfrau
Ist der Protest der Frauen
Gegen das Patriarchat,
Ist der Protest der Armen
Gegen den Imperialismus
Gewaltiger Herren.

Die Frau, die Maria sucht,
Wird durch Maria befreit
Vom schlechten Selbstbild,
Befreit von der Angst,
Den eigenen Weg zu gehen,
Befreit von der Gewalt
Der rationalistischen Logik
Der Totschlagargumente.

Marias Person und Botschaft
Rufen zur Befreiung
Von patriarchalischer Herrschaft
Und imperialistischer
Unterdrückung der Ärmsten.

In Maria ist angebrochen
Der göttliche Traum
Von der neuen Menschheit.
Maria ruft den Frauen zu:
Erhebt euch und kämpft,
Kämpft für die Würde der Frau
Als geliebte Tochter Gottes!


HYMNE AN DIE BRÜSTE MARIENS

Ich schaute die Madonna
Stillen ihr Kind.
Da ist Körperlichkeit
Und mystische Innigkeit
Auf unnachahmlich Weise
Heilig verbunden.

Mariens Körper ist Ausdruck
Göttlicher Perfektion!
Sie ist Fleisch von meinem Fleisch,
Sie ist das starke Weib,
Ist die junge Mutter
Mit milchgeschwelltem Busen,
An dem das Kindlein saugt.

Sie ist ein echtes Weib,
Sehr schön, sehr vornehm,
Eine feine Bürgerin
Mit lieblichen Zügen
Und langen schlanken Fingern.

Um das Göttliche
Anzuschauen, braucht man
Nicht der Erde zu entfliehen.
Auch ohne Heiligenschein,
Auch ohne Glorienaureole
Um das Haupt des Kindes,
Könnte solche schöne Frau
Doch keine andere sein
Als die Jungfrau-Mutter,
Die Miterlöserin Christi.

Mutterbrüste
Und Milch Mariens
Sind wahre Theologie
Der Menschwerdung Gottes
Im Gottmenschen Jesus.

Der, den Maria gebar,
Besaß nicht den Scheinleib
Der luziferischen Gnosis,
Leidensunfähigen Leib,
Nicht einen Astralleib
Aus Substanz des Kosmos,
Sondern Marien Fleisch und Blut
Ward gekreuzigt am Kreuze!

Darum ist Maria Quelle
Von Leben, Weisheit und Heil.
Darum seid begierig,
Ihr Kinderlein Gottes,
Nach der vernünftigen
Lauteren Milch Mariens.

Darum trinkt an den vollen
Brüsten Mariens
Die Milch des Heils.
Bei ihr ist die Quelle
Des ewigen Lebens.
Ihre Brüste sind Brüste
Der geistigen Milch,
Unverfälschter Milch
Der Ströme des Trostes.

O das gemeinsame Fleisch
Von Maria und Jesus!

Maria neigte den Hals,
Den langen schlanken Hals,
Und ließ ihr schönes Haar,
Das schwarze seidige Haar
Auf Jesus wallen.
Er streckte die Hände aus
Und nahm ihre Brust
Und sog mit dem Munde
Die Milch Mariens,
Süßer als Manna!

Gott befreite Israel
Und verhieß das Land,
Wo Milch und Honig fließen.
Dieses Land der Verheißung
Ist die Jungfrau Maria.
Gesegnet ward Josef von Gott
Mit dem gesegneten Land
Der Jungfrau Maria.
Sie fließt über, die Mutter,
Von Milch und Honig.

Ich komme ins Schwärmen,
Besing ich deine Brüste!
Sie sind berauschender
Als der alte Hochzeitswein,
Sie gleichen schönen Gazellen,
Die äsen in hohen Gräsern
Und zeigen nur die Rücken,
Sie gleichen hüpfenden Kitzen,
Zwillingen der Gazelle,
Welche spielen in Lilien.

Du bist eine Palme,
Ich will die Palme besteigen
Und die Rispen fassen.
Deine Brüste sind Trauben,
Trauben am Weinstock
Sind mir deine Brüste.

O Sulamith Maria,
Freundin, Schwester, Braut,
Geliebte des Friedefürsten,
Der Bräutigams Christus
Sucht nicht allein
Deine Seele,
Der Bräutigam Christus
Will dich lieben
Im ewigen Körper!

Körperliche Mutter,
Mit leiblichen Brüsten
Gabst du fleischliche Milch
Dem Menschensohn,
Dem fleischgewordenen Wort.
Mit geistigen Brüsten,
Spirituellen Brüsten,
Pneumatischen Brustspitzen
Nährst du und stillst du
Die Christen, Maria,
Deine ewigen Kinder,
Die Geschwister Christi.
Ja, du bist willens,
Die gnadendurstige Menschheit
Ohne Unterlaß
Zu versorgen mit Gnaden
Der Milch der göttlichen Liebe!

Deine eine Brust
Ist die Torah,
Deine andere Brust
Ist das Evangelium.
Die Zwillingskitze
Deiner hüpfenden Brüste
Sind Juden und Heiden,
Deine Kinder,
Zwillinge, spielend
In den Lilien deiner Liebe!

Deine Brüste enthalten
Süße Milch und starken Wein.
Kindern im Glauben
Gibst du süße Milch
Der Mutterliebe Gottes.
Weisen in Erkenntnis
Gibst du berauschenden Wein
Der ekstatischen Hochzeit Sophias!

O Mutter der Menschheit,
Der von Elend und Sünde
Geschlagenen Menschheit,
Deine Mutterbrüste
Sind voll der süßen Milch
Der milden Barmherzigkeit.
Mit der Milch der Barmherzigkeit
Stilltest du Patriarchen,
Propheten und Psalmisten.
Als Mutter und Jungfrau
Stilltest du Jesus
Und stillst du ewig
Gottes eigene Brut.

Fraue! Noch mußt du mich stillen,
Deine Brüste sind prall,
Daß du den Reichtum der Milch
Mit keiner Gewalt
Zurückhalten kannst.

Liebe Frau Maria,
Am Jüngsten Tage,
Wenn Jesus kommt,
Das Weltgericht zu halten,
Da säuge mit deiner Milch
Den Minner Mariens.
Dann im Weltgerichte
Zeige dem Richter Christus
Deine bloßen Brüste,
Dann werde ich, Maria,
Als deiner Minne Geweihter,
Erlöst von Sünde und ewigem Tod!

Jesus, mein König,
Zeige das Blut deiner Seitenwunde
Gott dem Gebendeiten!
Zeige Gott dem Herrn
Und meiner unsterblichen Seele
Deine bloßen Brüste, Maria!


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