[Inhalt]

Peter Torstein Schwanke
 
DAS JAHR DER HEIMSUCHUNG
 
(1994)
 
 
„Ach, welche Verwirrung in dieser Welt
Und ohne Ende!
 
Die Menschen sind strahlend und vergnügt
Wie beim Feiern großer Feste,
Wie beim Besteigen der Frühlingsterrassen.
 
Ich allein bleibe still und unbewegt wie ein
Säugling, der noch nicht lächelt,
Ungebunden, unabhängig.
 
Die Masse der Menschen hat Überfluß,
Nur ich allein scheine nichts zu besitzen.
Mein Herz ist das eines Toren,
Nebelhaft, dumpf.
 
Gewöhnliche Menschen sind hell und klar,
Nur ich bin trüb und dunkel.
Gewöhnliche Menschen sind klug und schlau,
Nur ich bin dumm und einfältig.
Ich treibe dahin wie das Meer, ohne Richtung
Wie der Rastlose Wind.
 
Die Menschen haben alle ein Ziel,
Nur ich bin ein unnützer Tölpel.
 
Ich allein bin anders als die andern, aber
Ich ehre die nährende Mutter.“
 
(Lao Tse, Tao Te King)
 
 
 
 
ERSTE ABTEILUNG: AM SCHWANENTEICH
 
 
ERSTER TEIL
NORDISCHE ELEGIEN
 
„Ich bin mit euch, und euer Leid ist auch mein Leid.“
(Botschaft Mariens von Medjugorje, 25. April 1992)
 
 
 
ABBA, ABBA
 
O Jesus Christus, allerliebster Heiland,
Sieh, wie ich traurig bin und weine Tränen.
Ich bin in meiner Einsamkeit ein Eiland
Am grundlos tiefen Teich von schwarzen Schwänen.
Wo ist die Eine, die ich liebte weiland?
Zu ihr pfeilt, von dem Schmerz gespannt, mein Sehnen!
Ach, warum ist sie bloß von mir so ferne?
Ich war mit ihr vor deinem Antlitz gerne!
 
 
Wo ist ein Trost? Du hießest mich doch hoffen,
Du lieber Gott, daß ich im Haine wohne
Beim Felsen... Oh, ich sah den Himmel offen
Und wallte hin mit ihr zu deinem Throne!
O heilige Passion! Die Tränen troffen
Aus meinen Augen. Abba, Abba - schone
Mir meine Seele, nimm mich aus dem Jammer,
Ich bin erschüttert wie vom Donnerhammer!
 
 
TAMAR
 
Sie trug ein weißes Kleid mit goldnem Saum,
Wie die Prinzessinnen und Jungfraun tragen.
Sie war allein in dem verschlossnen Raum,
Tamar, und ihre Seele war ein Klagen.
Ach Gott, erbarme dich! so war ihr Sagen.
Sie tat sich Asche auf das Haupt. Mein Leid
Ist mir zu schwer geworden mit den Tagen!
Tamar zerriß sich jäh das schöne Kleid
Bis auf die Blöße. Wund vor Schmerzen war die Maid!
 
 
BITTERER KELCH
 
Rauscht mein Trauerblut in diesen Venen
Mit der Sehnsucht nach der ewigen Ruh,
Schließe ich die müden Augen zu,
Bleibt in mir noch immer dieses Sehnen
Aus der Trübsal. Könnte ich mich lehnen
An ein Menschenherz, ein liebes Du,
Doch das wird mir nimmer. Immerzu
Möchte ich mich aus dem Leibe dehnen.
 
Doch wer legte an mich eine Hand?
Tränen schauern an der Innenwand.
Daß ich nicht verrate!... doch die Dauer
Bald erreiche, denn es schreit mein Weh!
Jesus spricht: Ich lieb dich je und je! -
Nennen wollt ich selber mich: die Trauer.
 
 
WARUM NICHT HEUTE SCHON?
 
Bist du nicht auferstanden mit den Wunden,
Die am verklärten Leibe aufgefunden?
Was muß denn ich so wie ein Schatte sein?
 
Solang ich nocht nicht hab die Seligkeit,
Gewähre mir doch einmal Zärtlichkeit!
Für Eine gäb ich jeden Edelstein!
 
Die Nächstenliebe findet deinen Segen -
Ich nichts, mich zu der Seite hinzulegen!
 
Wir werden wie die Träumenden im Morgen
Einst sein - Warum nicht heute schon geborgen?
 
 
LIEBE GOTTES
 
O Liebe! nimm mich fest in deine Arme
Und tröste mich in meiner tiefen Trauer!
Oh, tu mir auf dein Herz, das süße warme!
 
Bewahre mich, bedroh das Tier im Schilfe.-
Vor Schreckensangst kam über mich ein Schauer.
Allein die Liebe Gottes ist mir Hilfe!
 
Ich will dem Meister Meoldieen spielen
Und geben, was sonst niemand weiß zu geben.
 
Ob ich die Gottheit finden kann und fühlen?...
Ich wollt im Arm vom Morgensterne schweben!...
 
 
ERLÖSE MICH VOM ÜBEL
 
Ich schwinde wie ein Seufzer, wie ein Schatten
Und bin in meiner Seele angst und bange.
Das finstre Unheil lauert an den Latten,
 
Ich sinke nieder neben einer Schlange,
Den Satan sah ich an der Schädelstätte!
O Christus, wenn ich auch am Kreuze hange,
 
Dann richte mich nicht, sondern komm und rette!
Wie lang noch ist das Unheil losgebunden?
Zertritts, verschließe es mit einer Kette!
 
Erlöse mich mein Gott, mit deinen Wunden!
 
 
HÄLFTE DES LEBENS
 
Ausschreiten will ich in das lichte Leben
Und frisch genießen jeden Augenblick,
Das süße Mädchen in dem Arme schweben
Und freudetrunken taumeln, hin, zurück,
Ich singe in der Liebe dem Geschick
Mein Danklied, sing es an den klaren Flüssen,
Der Schönen reinen Turteltaube Blick
Will ich nicht Einen Tag des Lebens missen,
Ich will die Herrin in der Sonne Seide küssen!
 
In Dunkelheiten wandle ich so wie ein Schemen
Und fürchte mich und bin in Angst allein.
Wohin denn kann ich meine Zuflucht nehmen?
Wer trocknet all die Tränen, die ich wein?
Ich muß geduldig sein so wie ein Stein,
Ich bin umschauert von der Todesflut
Und flehe in Gebeten um Verzeihn.
Oh, zu dem Meer der Sphäre Morgenglut!...
Am Tor des Todes ist ja der Erlösung Blut!
 
 
AN DEN ENGEL
 
Wie ist dein Name, Engel Gottes? Du,
Wer spricht zu mir: O Menschenkind, weissage!?
Betrauf doch meine Seele mit der Ruh
Von Gott und gib mir Jubel sonder Klage!
Verkürze mir die schreckensvollen Tage,
Der herzlichen Barmherzigkeit zu willen!
O du vermagst, die wehen Wunden mir zu stillen!
 
 
MUTTER
 
Wie soll ich denn die Berge tragen, Mutter?
Da sind die Feinde all, die mich zerschlagen,
Da bin ich still, da nehm ich Brot und Butter
Und halte aus und weiß nichts mehr zu sagen.
Den Jubel kenn ich nicht. Und alles Klagen
Zerreißt mich, wie das Eingangstuch zum Zelt.
Daß mich die Schrecken wieder überragen
Und Freude ist gewährt nicht in der Welt!
Ist das schon Tröstung: eine Träne, die mir fällt?...
 
 
LEERE WEITE
 
Die Allee von schönen Bäumen
Macht mich sinnen, macht mich träumen.
Dieses ist mein Weg am Tage,
Den ich nehm mit leiser Klage.
 
Klage ob der Einsamkeiten,
Uferloser, leerer Weiten,
Ohne meiner Minne Maid -
Nur erfüllt von stillem Leid.
 
 
PSALM
 
Hör du mein klagelautes Schrein,
O Schöpfer du von jedem Eiland,
Von jedem Herzen, Brot und Wein,
Hör mein Gebet, o Herr und Heiland!
Mein Leben ist dem Tode nah,
Die Seele übervoll an Leiden!
Der Todgedanke war schon da -
Was tue ich, das Grab zu meiden?
O großer Gott, der alles schafft,
Es mangelt mir an Lebenskraft!
 
Gedenkst du meiner denn nicht mehr,
Seit du mich hast herabgestoßen?
Ich lieg am Grunde, unterm Meer,
Und auf mir blühen Grabesrosen.
Bin ich von deiner Hand geschieden?
Entfremdet bin ich allen Leuten
Und misse allen Seelenfrieden,
Die Stunden, die den Geist erfreuten.
Ach, meine Seele dehnt sich weit
Zu dir, gefangen in dem Leid!
 
Warum verstößt du meine Seele,
Verbirgst vor mir dein Angesicht?
Kommt Lob aus eines Toten Kehle
Und ein dich rühmendes Gedicht?
Dem Tode nah von Jugend an,
Im Elend bin ich und verzage!
Was nützt die Einsamkeit dem Mann
Und des Alleinsseins Leiden? Sage
Mir an, wie due es mit mir vorhast,
Wo du zur Freude mir ein Tor hast!?
 
 
FRIEDHOF
 
Kein Gruß und kein Besuchen mehr,
Als wäre ich gestorben,
Als läg ich unterm Blumenmeer
Des Friedhofs wurmumworben.
 
Kein Blick, als ruhte auf dem Bein
Des Manns, der jüngst gegangen,
Ein goldbeschriebner, schwarzer Stein,
Von Efeulaub umfangen.
 
Kein Wort, als stünden Totenkerzen
Im Staub, die Seelenlichter.
Und keine Liebe mehr im Herzen,
Ach, für der Liebe Dichter.
 
 
GEDULD IN TRÜBSAL
 
Geduldig in Trübsal sein,
Weinen im Mondenschein!
Sehnsucht nach Zärtlichkeit
In trauriger Einsamkeit,
Das tut meiner Seele weh!
Wo ist der Jungfraunschnee
Des vergangenen Jahres?
Frostig und finster war es
Und doch voll Sternenlicht
Und ich vergess es nicht.
Ich wein jetzt eine Kaskade,
Die Seele fleht um Gnade
Und hört das Wort allein:
Geduldig in Trübsal sein...
 
 
PETRARCISTISCHES SONETT
 
O Zimmer, tägliches Refugium!
Wie wurdest du aus großem Liebessehnen
Ein Tränenkrüglein bis zum Rand mit Tränen
Voll durch mein Tränenweinen um und um!
 
O Bett, nun Urne einem Häuflein Staub,
Ich muß in dir ein Sterbebett erkunden,
Weil ich vergeh vor lauter Liebeswunden:
O Laura! du warst meinem Flehen taub!
 
Ich fliehe nicht nur meine Einsamkeit,
Auch liebender Gedanken Liebesleid,
Das wiederkommt, daß ich in Jammer wein!
 
Zum blöden Pöbel flieht mein Widerwille,
Zu meinen Feinden aus des Todes Stille,
Damit ich nicht allein, allein muß sein!
 
 
TODESLILIEN
 
In meiner Seele ist ein schwarzer Wald,
Der Mondschein schimmert traurig durch die Bäume,
Die Raben schlafen nächtlicher Gestalt
Und haben unruhvolle Trauerträume.
Und vor der Zukunft stehen schwarze Berge,
Dazwischen ist ein finstres Jammertal.
Und Hoffnung geben mir nicht meine Werke
Und nicht der Liebeskuß von dazumal...
Wohin mit meines Kummers schwarzer Trübe?
Wohin mit meinen Seufzern, ach, unzählig?
Begegnet mir noch einmal deine Liebe -
Ich glaub es kaum - und macht mich diesseits selig?
Arbeiter lachen, aber ich will weinen
Und kuscheln mich in Gottes Mutterschoß.
Ich weine mit den Dichtern in den Hainen
Und hoffe auf die Lilien grenzenlos -
Die Todeslilien, wenn am leeren Grabe,
Wo keiner mehr um mein Verscheiden klagt,
Die letzte Klage ich gejammert habe
Und göttlich meine Auferstehung tagt!
 
 
 
 
ZWEITER TEIL
DIE PHÖNIXMAID
 
„Ich liebe euch und möchte euch alle mit mir in das Paradies führen!“
(Botschaft Mariens von Medjugorje, 25. April 1994)
 
 
 
TRAUMGEBORENE
 
Im Anfang sind geschaffen ja der Himmel
Wie ein kristallener betauter Äther
Und von dem Geist - der Ruh in dem Gewimmel -
Die Erde für die Mütter und die Väter,
Die waren damals Ein Mensch. Wenig später
Zusammen weilten sie im Paradies.
Geist, rühr die Zunge, daß die Rede fließ!
 
Da wuchsen Gras und Kraut und viele Bäume,
Da stand die Kiefer und da stand die Birke,
Die Maulbeerbäume ahnten schon die Säume
(Der Seidenspinner einen Schleier wirke),
Die Pfirsichbäume standen beim Gebirge,
Die Blümchen spendeten den weißen Samen,
Die Wurzel gründet sich im Ja und Amen.
 
Da trafen sich zum dritten Male Nacht
Und Tag, die beiden Leuchten nicht verborgen.
Wer hat die lichten Sterne angemacht
Und ausgemacht und rief herauf den Morgen?
O schöne Phönixmaid, sei ohne Sorgen,
Ich selber schlummerte noch früh beim Baum
Und wollte Stille sein zu deinem Traum...
 
 
PARADIES
 
Es lebte einst der Mensch im schönen Eden.
Da stand die Birke und da stand die Zeder,
Da blühten die Mimosen, die Reseden,
Orangne Ringelblumen unterm Äther,
Die Tanne spreizte ihre blaue Feder,
Die Thuja lebte, Bambus hatte Träume,
Die Seidenspinner liebten Maulbeerbäume.
 
Weil ich dies Lied aus meiner Sehnsucht wirke,
Erwähn ich hier einmal der Kräuter Schleier
Und Ringelblumen um die schlanke Birke,
Die überflogen ist von einem Reiher,
Gestimmet wie auf eine Friedensfeier.
Allein die Botschaft kam vom Morgenstern:
Nimm nicht von dem geheimnisvollen Kern!
 
Der Morgenstern verwandt ist meinem Daumen?
Vom Sterne kommt die Botschaft zu den Stirnen:
Ihr dürft wohl speisen von den Äpfeln, Pflaumen,
Versuchen dürft ihr sogar von den Birnen,
Orangen, Mandarinen sind dem Gaumen.
Doch der Erkenntnis Pfirsiche versuchen?
Ich müßte euch, für lange Zeiten, fluchen!
 
 
PHÖNIXMAID
 
Bäte ich ums Innere vom Brot,
Weich wie Schnee und warm wie Morgenrot,
Wer dann gäb mir einen Marmorstein?
Bei der Fuchsienblume kam ich ein
Durch das mehrmals aufgeschlossne Tor,
O, da schwebte mir die Schöne vor,
Die mich aber nimmer noch erkannt.
Löwe links und rechts der Elefant
Oder umgekehrt, ich weiß das nie,
Kam ich zu dem Tor zum Park, wo sie
Stand und Feuer machte im Kamin.
Rauch sah man wie Nebelschwaden fliehn.
Sah ich sie, geriet ich in Ekstase,
Denn sie war wie eine schlanke Vase,
Welche bildet weiße Jade, weiche,
Worin stehen Pfirsichblütenzweige.
Als die Phönixmaid sich umgewendet,
Lächeln in die Lüfte hingesendet,
Zitterte die Seele mir ein wenigs,
Denn die schöne Maid war wie ein Phönix!
 
 
PHÖNIXPÄRCHEN
 
Schuang Pong-tsun, so nannte mans im Märchen,
Im Westgebirg den Ort vom Phönixpärchen.
Da kam einst nieder eine Sternenschnuppe
Und einmal sah man auf Gebirges Kuppe
Die Phönixmaid mit den betauten Schwingen
Und hörte einen Zaubervogel singen
Und über dem Gebirg war Morgenschimmer:
O schöne Phönixmaid, berühr mich nimmer,
Denn sonst zerschmölz mein Herz und würd ein See!
Mit schwingenschlag und lautem Ruf - o je! -
Stieg sie hinan zum Himmel. Im Gefieder
Wie einer Wolke sang verliebte Lieder
Der Zaubervogel mit der Seele Leid:
Komm bald, komm balde wieder, Phönixmaid!
Vom Westgebirge bis zum Gelben Meer
War Ma beliebt, durch seine Lieder sehr!
 
 
GEISTERBESUCH UM MITTERNACHT
 
Ich spielte in der Nacht die Chin,
Die Leier mit fünf Saiten,
Bis zu den Liliensprossen hin
Der Maid die Haare gleiten.
So schön sind nicht die Zaubervögel
Wie sie in reiner Seide!
Mit meiner Sehnsuchtsseele Segel
Ich weh zu ihrer Weide.
In ihrer jugendlichen schlanken
Bewundernswerten Schöne
Sprach sie: Zum Schlaf die Wimpern sanken,
Doch weckten mich die Töne!
Sie sieht wohl immer jugendlich
In ihrer Schönheit aus.
Ich bleibe mit ihr ewiglich
Im Phönixmädchenhaus!
 
 
KIND
 
Wenn ich die Kerze auf den Leuchter stelle,
Denk ich: ein Schwimmer
Wollt ich wohl sein, zu dir im Morgenschimmer!
Über die Schwelle
Kommst du in Transparenz, wie eine Welle!
 
Jetzt sing ich von dem Kind der Phönixmaide,
So wie ein Trauerschwan: Du
Gabst taufrisch ihm den Namen Van-ku.
Die weiße Seide
Unter dem Pfirsichblütenhemd ihn kleide.
 
Die Messingglöckchen und die Schellen klingen
Bei ihrem Jadetor.
Die Wiege ist gemacht von Binsenrohr.
Mit bunten Schwingen
Die Wellensittiche im Käfig singen.
 
 
AN MA
 
Ja, laß dich wieder hören bei dem Träumenden!
Sei Zunge, ich bin Ohr!
Wo sind die Freuden denn, die überschäumenden?
 
Wie rein du bist! nicht wie die Täuschung-Sagenden!
Ich aber bin ein Tor!
Lausch dem vorm Gürtel deiner Mauer Klagenden!
 
Dein Auferstehen ist ein parfümierender
Wohlduft für meinen Sinn!
Du bist das Finden, aber ich Verlierender!
 
Ob dir im Traum erscheint der Stanzen Zimmernde?
Wenn ich im Traume bin,
Bist du die Wundertäterin, die schimmernde!
 
 
MAIFALTER
 
Sie flattern, flattern, leis vorm Fenster fein,
Sie taumeln, taumeln, tief vorm Bambustor.
Mai seufze meiner Maid die Sehnsucht ein!
Nacht schauert einem Trauersohn ins Ohr!
 
 
HÄLFTE DES LEBENS
 
Pfingstrosen züngeln rötlich
Bei einer Ginsengwurzel
Am Knöchel des Bergs.
Im Gelben Meere,
Da schwimmen die Schwäne
Zu der Schönheit
Mit Haaren bis zu den Fluten!
 
Allein! wie traurig! Die
Geliebte ist, mir Heimat, so fern!
Und nimmer da!
Wo find ich den Trosttrank?
Die Seligen
Singen hinab, bis zu der
Morgensterninsel.
 
 
SCHÖNE AM MEER
 
Ich ging zum Saum des Meeres heut im Norden,
Der ich wie auf dem Trockenen ein Fisch
Empfand, doch angenehm ist mir geworden,
Als ich vor einer Schenke an dem Tisch
Drei wunderschöne junge Mädchen sah,
Vom Meer ein lindes Lüftchen wehte frisch.
Ich sah sie aus der Ferne, nimmer nah,
Sie hatten alle schöne schwarze Haare,
Zwei waren reinlich weißgewandet da,
Das dritte Mädchen trug ein Hemd wie klare
Hellgrüne Jade, Haare aufgebunden,
So saß sie auf dem Stuhle. Nun erfahre,
Mein Trauerherz, zu Tröstung und Gesunden,
Zurückgelehnt sie breitete die Arme.
Ich habe einen Namen ihr erfunden,
Ich nenn sie Wang Li-Mei. Dann durch die warme
Luft bin ich zu dem Meeressaum gegangen.
Ich ging (daß sich die Himmlische erbarme!),
Beinkleider aufgehoben, bei den Schlangen
Schimmernder Wellen und zurück zum Stein,
Und hatte in der Seele ein Verlangen,
In Liebe wie in einem Meer zu sein!
Dann ging ich wieder auf dem Uferpfade
(Ich schreib jetzt traurig, trunken und allein),
Da sah ich wiederum wie Himmelsgnade
Die beiden in den weißesten Gewändern
Und Wang Li-Mei im Hemd wie grüne Jade.
Die beiden saßen auf den Uferrändern,
Die dritte aber ging hinein ins Meer.
Vergleichbar langen schwarzen Seidenbändern
Ihr Haar, und übers Wasser hin, daher,
Flog neben ihr ein Wasservogel weiß.
Die Arme und die Beine wie von Schmer,
So ging sie auf das offne Meer hinaus,
Das Angesicht dem Land noch zugewendet.
Mit meiner Sehnsuchtsträne, Seelen-Tau’s,
Der Lieblichen mein Liebeslied jetzt endet.
 
 
VERBOTENE STADT
 
Wo ist die Stadt zum Trost für meine Trauer?
Wie lang ist mir die Harmonie verboten?
Ich werde sein ein Zeichen wie die Mauer
Und komm als eine Stimme von den Toten
Und kenn der Seelen Seligkeit als Schauer.
 
 
DIE KERZE SCHMILZT
 
Die Kerze schmilzt in einem Spiegel,
Geborgen bin ich unterm Flügel.
Ich bin der Kornwein und der Reis.
Mir im Gemüte ist die Trauer
Und äußert sich als Tränenschauer,
Der Boden ist von Glimmergneis,
Allwo der Tau den Boden traf
Und schlief dort seinen ewgen Schlaf.
Der Himmlischen sei Lob und Preis!
 
Ich wollte mit der Bambusflöte
Aufspielen schön der Morgenröte.
Ich bin der Kornwein und der Reis.
Am liebsten singe ich betrunken
Und bin einmal im Meer versunken,
Da war es gelb, nicht rot nicht weiß.
Die Wolke hinschwebt perlmuttmatt
Wohl über der Verbotnen Stadt.
Der Himmlischen sei Ehr und Preis!
 
Oh, mich versehrt der Seele Sehnen
Und wohin rauscht das Blut der Venen?
Ich bin der Zimttee und der Mais.
Am Tage hüll ich mich in Nacht
Und hab die Augen zugemacht
Und mit der Herzensstimme leis
Ich seufze einsam in die Grotte
Und träum vom liebevollen Gotte - -
Der Himmlischen sei Ruhm und Preis!
 
 
 
 
JI
 
Unendlichkeiten zählen dann und wann
Die Sterne von sehr schöner Schäferin.
Die Pflanzen spinnen kindlich, Hui und Lan,
Die brechen auf und hießen Schimmer hin.
Im Jenseits weilt die Himmelsmutter Hsi
Wang Mu, wo sie des Lebens Pfirschen haben;
Dereinst kam ihre liebe Tochter Ji
Für eine Morgenröte zu dem Knaben,
Der wurde liebeskrank und immer blasser...
 
Den Schafen klang das Glockenspiel im Vlies,
Die Herzgebirge einsam raunten dies,
Noch immer lieblos eingewoben in das Sehnen.
Und ab und zu sind aufgelöst in Tränen
Die Menschen so wie Perlen Tau im Wasser.
 
 
CHOR DER STILLE
 
Wie singt das Sternbild Schwan!
Wohl über Wogen schwimmen
Nächtlichen Raumes Bahn
Die unsichtbaren Stimmen...
 
Auftauchte die Plejade
Betauter schwarzer Haare,
Gestaltet wie von Jade.
Die Liebe offenbare!
 
 
VOM MOND
 
Ich kam in die Hallen aus Mondschein
Mit wasserkristallenen Wänden,
Da wandelte Mondtau zu Mohnwein
(Ein Kreuz gemacht mit den Händen)
 
Tschang O, die Königin dort.
Zerstößelte Zimtrinde reichte
Sie mir und sie sprach dies Wort
(Die Saiten die Selige streichte):
 
Zimtrinde und Mohnwein, mein Leib
Und Blut, und ich geb es dir hin!
Wie schön war das himmlische Weib
Tschang O in dem inneren Sinn!
 
Sie führte zum Zimtbaum des Mondes
Mich hin und ich stand vor dem Stamm:
Tschang O, Tschang O! ungeschontes
Gemüt schwand mir auf in der Flamm!
 
Die Tücher des Vorhangs zerrissen,
Ich sank in die Grotte von Eis.
Jäh ward ich nach oben gerissen!
Mit messingnem Glöckchenklang leis
 
Die selige Phönixmaid kam
Mit buntesten tauichten Schwingen
Zu mir, der sein Lager einnahm.
Und unter gemeinsamem Singen
 
Begleitet von jadener Flöte
Und Zimbel, wir riefen herbei
Die Sphäre mit schimmernder Röte,
Die Gottheit des Himmels herbei!
 
 
 
MORGENRÖTE
 
Der Phönix ist hinangestiegen,
Des Maulbeerbaumes Zweige biegen
Sich nieder mit dem Phönixnest,
Das Pärchen feiert jetzt ein Fest
Im offnen Saal, im blauen Äther.
Die Mauer ist zehntausend Meter
Bestrahlt vom lichten Morgenstern,
Da wär die Jadeschöne gern.
Im Jaspissaal der Morgenröte
Erweckend tönt die Knochenflöte...
 
 
DES POETEN PARADIES
 
Den Lotos in dem gischtumtosten Hofe
Betrachten die Prinzessin und die Zofe.
Der Dichter in des Gartens Harmonie
Fühlt in der Seele tiefe Melancholie.
Die Berge überfliegen mit dem Boot,
Naß von dem Morgentau im Morgenrot,
Das ist sein Wunsch, zu fliegen wie ein Reiher
Hinan zum Glück, im Arme eine Leier!
Zum Schädelberg die hundert Stufen
Mit Einem Schritt zu nehmen und zu rufen:
Mit süßer Lindigkeit von einer Brise
Bin bei der Phönixmaid im Paradiese!
 
 
 
 
 
ZWEITE ABTEILUNG: MANIA
 
„Denn ein Leiden, das aufgeopfert wird, ist für euch und für andere eine Quelle großer Gnaden.“
(Botschaft Mariens von Medjugorje, November 1991)
 
 
 
I. SCHÖPFUNG
 
1
 
Des Himmels Himmel ist des Herrn, die Erde
Den Menschenkindern, aber Gottes Geist
War über allem in dem Worte: Werde!
 
Unsichtbar war die Erde, wie verwaist,
Und über unvorstellbar tiefem Grund
Bis in die Abgrundtiefe war nicht Licht,
 
Die Finsternis war drüber in sich rund;
Eh Du formlosen Stoff gesondert hast
Und sprachest Formung aus aus Deinem Mund,
 
Eh Du, Gott, diese Urform eingefasst,
War Ungeformtes ohn' Erscheinungsweise,
War Ungestalt materieller Last.
 
War diese Seinsform übersinnlich leise
Und nur dem Geist wahrnehmbar in der Schau,
Die Du als Geist aus Gott gegeben weise?
 
War sie der Urstoff für den Körperbau,
Sinnlichen Sinnen zugängliches Sein?
Ein Beinahnichts, so flüchtig wie der Tau,
 
Ein Wandelwesen war mit sich allein.
Mein Gott, Du hast im Anfang aus dem Wesen
Gottes gebildet einen ersten Schein,
 
Ein Etwas aus dem Nichts, und auserlesen
Aus Deinem Herzen Deinen Eingebornen
Ins Sein gestellt; von da an ist gewesen
 
Der Geist der Schöpfung. Einzig im Erkornen
Ist Gott, der Schöpfer Himmels und der Erde,
Mit Gottes Geiste über dem verworrnen

Urmeer. Mit einer schöpfenden Gebärde
Gabst Du das Firmament dem Sternenheer
Und sammeltest die Wasser, auf daß werde
 
Bis zu dem Throne ein kristallnes Meer.
 
2
 
Im Anfang schuf Gott Himmel und die Erde,
Der Geist sprach übers Wasser hin: Es werde!
Aus unbestimmtem Urstoff wurde Grund.
Die Gottheit sprach das Wort aus Ihrem Mund,
Da kam die Helligkeit des ersten Lichts
Und leuchtete durch Finsternis und Nichts.
Aus dem Abyss entstand die erste Welt,
Die Wasserscheide und das Himmelszelt;
Des Firmamentes Feste von Kristall
Behütete die Erde vor dem Fall
Der obren Meere, die in weiter Ferne
Kristallgleich glänzten in dem Reich der Sterne.
Fürs junge Himmelreich geschaffen waren
Die Cherubim und alle Engelscharen.
Von Gott ging aus das Wort, vom Wort der Geist,-
Die Schar der Sphären in dem Himmel gleißt
Kristallgleich über der geschaffnen Erde.
Die Engel waren wie des Hirten Herde
Und eilten oftmals zu der Erde nieder
Und sangen an dem Erdenmeere Lieder
Zu goldnen Harfen von den süßen Träumen,
Von Liebesfrüchten an den ersten Bäumen.
Da war das Erdenmeer wie blaues Glas
Und an dem Ufer wuchs das grüne Gras.
Der graue Nebel fleuchte hin wie Rauch
Und überdeckte leicht Gebüsch und Strauch.
Und in den Wassern unterm hohen Himmel
Von Fischen und von Schwänen war Gewimmel
Und von so manchem Meeresungeheur.
Jetzt komm erleuchtend, Morgensternes Feuer!
Da gab es Schafe, Schlangen, Vögel, Affen.
Dann aber ward von Gott ein Mensch geschaffen:
Die Gottheit nahm vom Boden reinen Ton
Und hauchte Odem in den Menschensohn.
 
 
II. BERUFUNG DES MOSE
 
Von Israel und von dem Hirten Mose
Und Miriam und Aaron sing dem Lamme
Ich jetzt ein Lied. Gott Jahwe in der Rose
Erschien dem Hirten und war lauter Flamme;
Und Mose trägt sein Volk wie eine Amme
Ein Kind und leitet mit der reinen Hand
Die Kinder Israels in das Verheißne Land.
 
Als Israel war in Gefangenschaft
Ägyptens, waren da so wie Zyklamen
Gebammen der Hebräer mit der Kraft
Gesegnet und der Weisheit, diese kamen
(Pua und Schifra waren ihre Namen)
Einst an den Strom Ägyptens, an die Furt,
Und sprachen: Ein Prophet steht kurz vor der Geburt.
 
Der König von Ägypten aber sprach,
Paneach-Zafenat ward er genannt:
Ein Kindlein, das den Mutterschoß durchbrach,
Sei angeschaut mit Weisheit und Verstand,
Israels Töchter in Ägyptenland,
Die Söhne möget ihr dem Tode geben,
Die Töchter Israels laßt aber immer leben.
 
Es ging ein Mann vom Hause Levi hin,
Amram geheißen, der hat angeschaut
Ein Mädchen aus dem Hause Levi in
Ägypten: Jochebed ward seine Braut.
Die beiden Menschen wurden sich vertraut.
O Tochter Levis, die ihm einst geboren,
Als Israel war in Ägyptenland verloren,
 
O Jochebed! Und als sie schwanger war,
Gebar sie einen Sohn. Das Kind war fein
Und männlich und geschaffen wunderbar.
Drei Monde barg sie es im Mondenschein
Vorm König von Ägypten, stand allein
Vor ihrer Hütte mit dem Mann Amram
Und ihrer erstgebornen Tochter Miriam.
 
Ägypten aber feierte die Siege.
Da konnte sie das Kind nicht länger mehr
Verbergen, und sie machte eine Wiege
Von Rohr, verklebte sie mit Erdharz schwer
Und Pech und ward betrübt und weinte sehr
Und tat das Kind hinein und bat um Hilfe
Im Innern Gott und tat es in die goldnen Schilfe
 
Am Ufer von dem grünen Strome Nil.
Aber des Kindes Schwester Miriam,
Entwachsen schon dem ersten Kinderspiel,
Stand an dem Ufersaum wie eine Flamm'
Und glich in dem Gemüte einem Lamm
Und sah (und auf der Seele eine Bürde),
Um zu erfahren, wie es ihm ergehen würde.
 
Die Tochter aber von dem Pharao,
Die Tochter Potiferas, Asenat,
Ging an dem grünen Wasser, wollte so
Erquickung finden rein in einem Bad;
Die Freundinnen sind bei der goldnen Saat
Am Saum des Wassers hin und her gegangen.
Die Sonnenstrahlen waren so wie Messingschlangen.

Als Asenat die Wiege sah im Schilfe,
Da sandte sie dahin die junge Magd,
Die ihr zur Seite war als ihre Hilfe,
Und ließ die Wiege holen, da es tagt.
Das aufgefundne Kindlein aber klagt.
Da sprach die Tochter Pharaos gelinder:
Sieh an, es ist doch eines der Hebräer-Kinder.
 
Da kam des Kindes Schwester Miriam
Und sagte also zu Frau Asenat:
Man bräuchte eine Amme für das Lamm.
Und Asenat sah zu dem Mägdlein Maat.
Und Miriam sprach: Ich will in der Tat
Beweisen weibliche Barmherzigkeit
Und hole eine Amme, denn das Kindlein schreit.
 
Ich möchte rufen eine von den Frauen,
Die stillen, daß sie dir das Kindlein stille.
Die Tochter Pharaos, schön anzuschauen,
Sprach so: Geh hin in Frieden! Gottes Wille
Geschah, und Miriam ging in der Stille
Dahin zu ihrer Mutter Jochebed,
Des Sohnes Mutter, und sie betete Gebet.
 
Da sprach die Tochter Pharaos zu ihr,
Da sagte Asenat zu Jochebed:
Nimm du das Kindlein mit und still es mir,
Ich wills dir lohnen, und mein Dank besteht.
Dieweil ein weißes Wölkchen näher weht,
Nach Jochebed, die Frau Amrams, das Kind
Und stillte es mit süßer Muttermilch gelind.
 
Und als das Kindlein groß geworden war,
Da brachte Jochebed den Knaben hin,
Mit Miriam das Kindlein wunderbar
Zur Tochter Pharaos, die immerdar
Den Lohn für diese Rettung wohl behält
Und wird ein neuer Stern sein an dem Himmelszelt.
 
Die Tochter aber von dem Pharao
War unter Dornen eine süße Rose
Und gab dem Kindlein einen Namen: So
Hab ich gezogen die Orakellose,
Und darum nenn ich ihn mit Namen: Mose:
Ich habe nämlich aus den Wasserwogen
Das Kindlein Israels ans Licht herausgezogen.
 
Und zu der Zeit, da Mose groß geworden,
Ging er hinaus zu den Geschwistern, sah
Die Fron der Kinder Israels im Norden
Ägyptens, und die Tötung, die gescha,
Die ging an seine sanfte Seele da:
Wie ein Ägypter einen Israeliten
Erschlagen in den sonneglühenden Gebieten.
 
Da sah er sich nach allen Seiten um
Und sah, daß niemand in der Nähe stand,
Da machte er aus grade einmal krumm
Und schlug in Zorn und Grimm mit seiner Hand
Den Frevler nieder, den er in dem Sand
Vergrub. Da packte aber ihn die Reue,
Einzige Hoffnung war ihm Gottes Jahwes Treue!
 
Und Mose floh aus dem Ägyptenland
Vorm Pharao und kam nach Midian,
Wo er bei einem Steinebrunnen stand
Alleine auf dem weiten Erdenplan
Und seine Augen in die Tiefe sahn,
Denen ein langer Tränenstrom entflieht
Beim Brunnen seines Gottes, der ihn immer sieht.
 
Der Priester Jitro war in Midian
Und hatte wunderschöne Töchter sieben,
Die Mose einsam bei dem Brunnen sahn;
Sechs Töchter gingen fort, sind nicht geblieben,
Zippora aber schien ihn schon zu lieben.
Die andern Töchter aber hießen Timna
Und Machla, Noa, Milka, Tyrza, schließlich Jimna.
 
Die Mädchen kamen alle an den Bronnen,
Zu schöpfen Wasser, füllten lange Rinnen,
Die Schafe dort zu tränken. Seltne Wonnen
Empfanden sie und trugen reines Linnen
Und dachten an die Gottheit Jahwe innen,
Dieweil sie tränkten der Familie Lämmer
Mit Brunnenwasser in dem ersten Morgendämmer.
 
Da kamen aber Hirten von der Weide
Und stießen jene jungen Mädchen fort.
Doch Mose sah sie an in ihrem Leide,
Stand ihnen bei und redete ein Wort,
Da führte er die Schafe an den Ort
Zur Tränke, und er weidete die Lämmer
Der Mädchen an dem Brunnen in dem Morgendämmer.
 
Und als die Mädchen zu dem Vater kamen,
Jitro, der Priester war in Midian,
Und zu der Mutter, Reguel mit Namen,
Da sprach der Vater Jitro so sie an:
Warum seid ihr so bald gekommen? Wann
Wollt ihr die Schafe in dem Licht der Sonnen
Des Tages führen und die Lämmer an den Bronnen?
 
Das Jüngste von den Mädchen aber sagte,
Zippora zu dem Vater Jotro: Hirten
Bedrängten uns, doch ein Ägypter klagte,
Daß sie nicht die gerechte Sache führten,
Und half uns. Bei dem Brunnen wuchsen Myrten.
Gott Israels sei über unserm Schlafe!
Er schöpfte Wasser uns, er tränkte unsre Schafe.
 
Sie dachte, ein Ägypter wäre Mose,
Weil er ägyptische Gewänder trug.
Er wußte vom Mysterium der Rose
Und war in Weisheit unterrichtet, klug,
Der einst in Memphis auch das Sistrum schlug,
Bewandert in der Klugheit von Ägypten
War Mose, der einst sah die Bilder in den Krypten.
 
Sprach Jitro also zu Zippora lind:
Wo ist der Mensch? Du mögest ihn mir weisen.
Dank sagen möchte ich dem Menschenkind
Und laden in mein Haus zu einem leisen
Gebet und mit ihm trinken dann und speisen;
Denn kommt er auch von Nil und goldnem Schilfe,
Er war doch meinen lieben Töchtern eine Hilfe!
 
Und Mose sprach, daß er bei ihnen bliebe,
Dieweil die Himmel überm Hause blauten;
Da fühlte Mose für Zippora Liebe,
Und seine Augen in die ihren schauten,
Und Jotro gab sie Mose zur Vertrauten.
Zippora aber hatte Mose lieb,
Der eben den Gesang vom Paradiese schrieb.
 
Zippora wurde schwanger und gebar
Das Kindlein Gerschom, ein sehr schönes Kind.
"Weil ich im fremden Lande Fremdling war"
Bedeutete der Name. Lieb und lind
Zippora gab der Welt ein zweites Kind,
Und Elieser wurde weich gebettet:
"Gott hat mich vor dem Schwert des Pharao gerettet".
 
Dann starb der König von Ägypten, und
Ganz Israel war eine laute Klage,
Die Gottheit Jahwe dachte an den Bund:
Mit Abraham geschlossen an dem Tage,
Mit Isaak, daß er sein Opfer trage,
Mit Jakob schließlich als dem festen Fels:
Und Gott sah gnädig an die Kinder Israels.
 
Und Mose wurde Schäfer, wurde Hirte
Und hütete die Schafe Jitros lange,
Der er die Schafe durch die Steppe führte,
Vergnügte sich dieweil an dem Gesange
Zu Gott und ging an der geschnitzten Stange.
Jitro war Prediger in Midian
Und ging so oftmals in den Tempel von Paran.
 
Und Mose kam beim Gottesberge an,
Dem Horeb, als er suchte nach dem Lamme,
Das eben ihm verschwunden war, und dann
Sah er den Dornbusch mit dem kleinen Stamme,
Und da erschien in einer Feuerflamme
Der Gottesengel, himmlische Gesandte,
Dieweil der Busch in einem hohen Feuer brannte
 
Und wurde von dem Feuer nicht verzehrt.
Der Busch erschien wie eine rote Rose
Von Flammen. Als nun Jahwe hochgeehrt
Sah Mose kommen, rief er: Mose, Mose!
Dem aber war es nach dem Schicksalslose
Bestimmt zu sagen: Ich bin hier, Dein Reden
Zu hören, Jahwe, der Du einst geschaffen Eden!
 
Gott sprach zu Mose: Tritt nicht so herzu,
Zieh deine Schuhe dir von deinen Füßen,
Der Felsenort in Flammen, worauf du
Jetzt stehst, ist heilig! Einmal aber fließen
Ströme von Milch und Honig, von dem süßen,
Und du wirst Wunder wirken mit der Hand
Und schauen in das heilige Verheißne Land!
 
Ich bin der Gott des Vaters Abraham
Und Isaaks und Jakobs Israel;
Ein Gott der Lebenden, ein Opferlamm,
Ich salbe meinen König einst mit Öl.
Und Mose voller Ehrfurcht in der Seel'
Verhüllte bange sich sein Angesicht
Und fürchtete sich, Jahwe anzuschaun im Licht.
 
Und Jahwe sprach mit Stimmenton beseelend
Zu Mose, nahe waren sich die beiden:
Ich habe alle Zeit gesehn das Elend
Ganz Israels auf der Ägypter Weiden;
Ich kenne meiner lieben Kinder Leiden
Und habe ihr Geschrei gehört in Not.
Einst komme Ich zu Israel als Himmelsbrot.
 
Ich bin herabgekommen, daß Ich rette
Ganz Israel aus der Ägypter Hand
Und daß Ich sie hinleite zu der Stätte
Der Herrlichkeit, in das Verheißne Land;
Da fließt die Milch von einer Felsenwand,
Und aus der Quelle kommt ein Honigstrom;
Verzückung atmet Israel im Mai-Arom.
 
Ich führe Israel in das Gebiet der
Kanaaniter, Amoriter und
Heititer und Hiwiter, Jebusiter
Und Perisiter; denn mit Meinem Mund
Hab Ichs geredet überm Erdenrund,
Vom Himmel her auf diesem Flammenfels
Als die Verheißung für die Kinder Israels.
 
Weil Ich vernommen habe das Geschrei
Ganz Israels und sah der Kinder Not:
Geh du zum Pharao und spricht: Laß frei
Die Kinder Israels nach dem Gebot
Unseres Gottes Jahwe! Zebaoth
Bin Ich gerufen in den Himmelsweiten.
Du, Mose, wirst die Kinder Meines Volkes leiten.
 
Und Mose sprach zu Gott: Wer bin denn ich,
Daß ich zum König von Ägypten geh
Und führe Israel hinaus vor Dich?
Und Gott sprach: Ich will mit dir sein; dein Weh
Will Ich dir selber trösten; durch die See
Will Ich dich führen mit gerechter Hand.
Und das soll dir ein Zeichen sein, daß Ich dich sandt':
 
Wenn du geführt die Kinder Israels
Aus der Ägypter weiten Wüstenland,
Dann opfert ihr Mir einst an diesem Fels.
Du aber gebe Israel bekannt:
Ich sage dir von dieser Felsenwand:
Ich habe an Barmherzigkeit Gefallen,
Mehr als am Opfer, mehr als an den Opfern allen.
 
Und Mose sprach zu Gott: Sieh, wenn ich zu
Den Kindern Israels gelangen werde
Und sage ihnen so in aller Ruh:
Der Gott der Väter schickt mich, Hirt der Herde!
Und redet dann zu mir das Volk der Erde:
Wie war der Name Gottes auf dem Stein?
Wie sag ich? Gott sprach so zu Mose: "Ich werd sein,
 
Der Ich sein werde!" Rettung, Burg und Fels!
Und Gott sprach so, daß Mose Ihn verstand:
So sage du den Kindern Israels:
"Ich werde sein", der hat mich euch gesandt,
Im Name Jahwe: ins Verheißne Land
Soll ich euch leiten. Dieses sei mein Namen
Fürwahr von Ewigkeit zu Ewigkeit, ja: Amen.
 
Drum gehe hin und sammele die Alten
Und sprich zu ihnen: Jahwe, Gott der Väter,
Hat mich zu euch gesandt, euch zu entfalten:
Dies ist sein Name immer, jetzt und später,
Er hat gesagt: Ich will euch leiten Meter
Um Meter wieder in das Paradies,
Und daß in jenem Lande Milch und Honig fließ,
 
Ich habe euer Elend angesehen
Und hab mich euer herzlich angenommen.
Sie werden auf dich hören, dich verstehen.
Und mit den Ältesten und mit den Frommen
Wirst du zum König von Ägypten kommen,
Da sag: Gott Israels ist uns erschienen,
So laß uns ziehn, daß wir der Gottheit Jahwe dienen!
 
Drei Tagereisen ziehn wir in die Wüste,
Daß wir dort opfern Gott auf einem Fels!
Und Ich will Diamanten, Amethyste
Und Perlen für die Kinder Israels
Einsammeln, für die Töchter weiß wie Schmelz
Und rot wie Morgen, hold geschmückt mit Kunst;
Verschaffen will Ich Israel viel liebe Gunst!
 
Jeglicher Frau (ob Witwe, Waise, Maid,
Vertraute, Tochter, Schwester, Alte, Amme)
Will Ich mitgeben lassen ein Geschmeid
Von Silber und von Gold wie eine Flamme
Und feine Tücher, weich wie Vlies vom Lamme,
Gegeben wirds den Töchtern und den Söhnen;
Ich möchte alle Kinder Israels verschönen!
 
Und Jahwe tat ein Wunder jetzt an Mose
Und sprach zu ihm: Nimm deine rechte Hand
(So sprach die Stimme aus der Flammenrose)
Und steck sie in den Bausch von dem Gewand.
Und Mose tat so, wie er es verstand.
Und als er sie herauszog, ihm zum Weh,
War sie besetzt mit Aussatz und so weiß wie Schnee.
 
Und Jahwe sprach: Nun tu die Rechte wieder
In das Gewand von Leinenstoffen fein.
Und Mose schlug verschämt die Augen nieder
Und tat die Hand in das Gewand hinein,
Und als er sie herauszog, war sie rein
Und von der Farbe wie sein andres Fleisch.
Dies Wunder ist beschrieben in dem Pentateuch.
 
Nimm Wasser, gieß es auf das trockne Land,
Dann wird das Wasser, das du aus dem Strom
Genommen hast mit deiner reinen Hand,
Blut werden auf dem Land! In dem Arom
Der Jahreszeit aus seinem Himmelsdom
Sprach dies wie Bergebeben Jahwes Stimme.
Doch Mose bangte vor dem Zorn und vor dem Grimme.
 
Zu der Zeit war Zippora mit dem Sohn
In dem verwehten Wüstenland allein;
Dieweil ihr Mose stand vor Gottes Thron,
Nahm die Zippora einen scharfen Stein
Und schnitt so ihrem Kind die Vorhaut ein,
Berührte damit Eliesers Scham,
Und sie sprach zu dem Sohn: Du bist Blutbräutigam.
 
Und Mose nahm in seine Hand den Stab
Und warf ihn hin, da wurde er zur Schlange,
Und hob ihn auf, den ihm die Gottheit gab,
Da ward er Hirtenstab. Nun nicht mehr bange,
Autor vom paradiesischen Gesange,
Ging Mose an dem Gottesberg hienieden,
Da traf er Aaron, und er sprach: Sei mit dir Frieden!
 
Und Jahwe sprach zu Mose wie die Welle:
Von Ysop nimm und tauche es ins Blut
Und streiche ein des Tores Oberschwelle
Und beide Pfosten, dann wird alles gut,
Wenn Ich vorübergeh wie eine Flut
Und sehen werd das Blut an jedem Tor,
Werd Ich vorübergehn, wie niemals je zuvor...
 
Gott leitete die Kinder Israels
Wohl durch die Wüste an das Rote Meer,
Zog hinter ihnen her als süßer Fels,
Als Wolkensäule licht vor ihnen her
Und leuchtete als Feuersäule sehr
Gewißlich Israel mit mildem Schimmer.
Messias Jahwes blieb bei Israel für immer.
 
 
 
III. HURENLIEDER
 
1
 
Und Juda war in Timna, Schafe scheren.
Und Tamar saß am Tor von Enajim,
Da sah sie auf wohl zu den Himmelsmeeren
Und Himmelsheeren von Mahanajim;
Da hüllte sie ihr Antlitz mit dem Schleier
Und saß am Weg wie eine von den Huren,
Da war in ihrem Herzen eine Feier
Dem Einen Geist in doppelten Naturen.
Und Juda kam und hat sie nicht erkannt.
Sie aber fragte: Was willst du mir geben?
Da sprach der Hirte aus dem Judenland:
Ich geb dir eines Ziegenbockes Leben.
Da ist er einmal zu ihr eingegangen.
Sie aber nahm vom Haupte ihren Schleier
Und zog die Witwenkleider an, die langen,
So ging sie hin bei einem stillen Weiher.
Und Juda hat dem Mädchen noch ein Pfand
Gegeben: eine Schnur und dann ein Siegel
Und seinen Stab, den er hielt in der Hand.
Mit diesen Pfändern ging sie bei dem Hügel.
Und Juda weilte wiederum in Timna
Mit Hira von der Stätte Adullam
Und mit den Hirtenkindern Schimna, Jimna.
Sie weideten das Schaf und auch das Lamm.
Die Hirten sagten Juda aber an:
Sieh, deine Schwiegertochter Tamar ward
Als Hure schwanger wohl von einem Mann.
Als Juda dieses wurde offenbart,
Da rief er Tamar, um sie zu verbrennen.
In Enajim die Hure war nicht dort,
Da mußte er in Timna jäh erkennen,
Daß Tamar jene war von jenem Ort.
Sie hatte ja noch ein dreifaches Pfand
In ihrer Hand, das Siegel und den Stab,
Den er in seiner Hand gehabt, das Band,
Was alles Juda einst der Hure gab.
 
2
 
Es war zu Jeftah Zeiten, der der Sohn
Von einer Hure war, daß Simson ging
Nach Timna. Weithin blühte roter Mohn,
Umflattert wohl von manchem Schmetterling.
Er sah ein Mädchen an in Timna, die
Gefallen seinen Mannesaugen war.
Da ward er freudevoll und wünschte sie
Zur Frau, die wunderschön war offenbar.
Die Eltern aber habens kaum gelitten:
Sind nicht genug hier unter den Geschwistern?
In Timna sind sie alle unbeschnitten,
Und du willst eine Frau von den Philistern?
Sie wurde seine Anvertraute, dann
Wars ihm, wie einem Löwen ein Schwam Bienen.
Er gab sie darauf seinem Nebenmann
Und ging nach Gaza, Zebaoth zu dienen.
In Gaza ging er aber in der Stadt
Zur Abendzeit zu einer Hure ein.
Da sanken sie zusammen, daseinsmatt.
Vom Abendstern kam nieder sanfter Schein.
Die Gazatiter machten einen Ring
Von Gazatitern um das Hurenhaus,
Einsamen Schrittes darin Simson ging
Und sah beim Fensterkreuz zum Stern hinaus.
Die Gazatiter wollten ihn wohl fangen
Zur Zeit des Hahnenschreis im lichten Morgen,
Doch Simson hatte seine Lockenschlangen
Im Arme jener Hure gut verborgen.
Und er erhob sich zu der Mitternacht
Und ging zum Stadttor, zu dem hohen Tor,
Da rührte er es an, so daß es kracht,
Die Flügel mit den Pfosten hob empor
Der starke Simson, hob sie aus den Riegeln.
Die Pforte trug der Heros Israels
Auf seinem Schulterbein an manchen Hügeln
Vorbei, hinan zu Hebrons hohem Fels.
 
3
 
Mit Tyrus geht es wie im Hurenlied
Gesungen: Gut machs auf dem Saitenspiel
Und sing viel Lieder, daß man im Gebiet
Gedenke dein, wenn auch der Reichtum fiel.
Geh in der Stadt umher, vergessne Hur',
Und sing dies Lied in Gassen und in Gossen.
Tyrus, der schönsten Tochter der Natur,
Sind reichlich Trauertränen hingeflossen.
Nach siebzig jahren wird sie wohl erhalten
Den vollen, angemessnen Hurenlohn.
Sie hält es nicht in ihres Purpurs Falten,
Sie wirds verschwenden einem Menschensohn.
Die Armen werden satt und sich bekleiden,
Denn sie vermag die Schätze nicht zu sammeln.
So sing dies Lied der Tröstung auf das Leiden,
In Tyrus möge sie's am Meere stammeln.
 
 
IV. ABIGAJIL VOM KARMEL
 
Die Menschen meinten, ich wär trunken, viel
Geliebt hab ich vergeblich. Gott, gib Mut,
Um aufzusingen zu Abigajil,
Die war die Hirtin mit der Weiden Gut,
Und ihre Wangen waren rot vom Blut,
Und ihre Glieder waren weiß wie Marmel,
Sie breitete die Arme auf dem Berge Karmel.
 
Das Mädchen war mit Weisheit und Verstand
Begabt und schön in ihrem Angesicht.
Als David auf der Weide sie erkannt,
Da dachte er an seinen Feldzug nicht,
Doch schmolz wie eine Kerze von dem licht.
Wenn sich verirrte auch so manches Schaf,
Bei seiner Hirtin hatte seine Seele Schlaf.
 
Dann aber ging er hin in seinem Trauern
(Ein Würgeengel ging an seine Kehle),
Wo Berge waren so wie hohe mauern
Um eine Weide, glitzernd wie Juwele
Vom Morgentau; da war ihm seine Seele
Wie jede Nacht und jeden Morgen weh:
Abigajil verlangte ich in meine Näh!
 
Da kam Abigajil mit süßen Broten
Und zwei geschliffnen Kelchen voller Wein,
Die Lammfleisch, Röstkorn, Feigen angeboten
Mit lieblichem Gemüt und Anmut fein
Dem David (O dem Kinde einer Toten).
Da war sie ihm sein Ort Mahanajim.
Ewigen Liebessabbat lobe meine Stimm'.
 
Sie ritt auf einem Maultier an dem Hang
Des Berges hin, da kam er ihr entgegen
Von seinem Amt, und seine Stimme klang
Friedlicher als zur Frühlingszeit der Regen:
Abigajil, sei mit dir Himmels Segen!
Da sank die Seele mit dem Haupt zu Grund,
Liebliches Reden floß da aus dem Mädchenmund:
 
Dies ist von deiner Freundin Segensgabe.
Wird dir zu folgen sich ein Mensch erheben
Und du gerätst in Not: bei mir ist Labe.
So möge dies dir deine Gottheit geben:
Du seist im Bund beschlossen (O, das Leben,
Glückseligkeit ist Ziel von meinem Dürsten).
So sprach die Liebe himmlisch zu dem guten Fürsten.
 
Da traufte von den Wimpern ihr der Tau,
Und seine Seele sank in ihre tief,
Und David nahm Abigajil zur Frau.
Der Hirte seine tausend Schafe rief,
Die Liebende zehntausend Nächte schlief.
Er wachte neben ihr mit seiner Zwille,
Dann sanken sie in Seeen tiefer Totenstille.
 
 
V. ABISCHAG VON SCHUNEM
 
Himmlische Muse, sing mir von des Königs
Geliebtem Mädchen, der Gestalt der Gnade,
Wie über einem Morgenmeer ein Phönix.
Der einstmals tanzte vor der Bundeslade,
Der im Gebirge war wie weiße Jade,
Ist König David und in hohem Alter.
O Liebe, lieblich seufze in der Seele Psalter!
 
Dem König David wurde nimmer warm
Und wenn man auch in viele Decken hüllte
Das Menschenkind. Ein Herz erbarm
Sich seiner Sehnsucht, immer ungestillte.
Da sprach der Fürst und Pleter, gutgewillte:
Man suche David eine süße Maid,
Und in Glückseligkeit verschwinden wird sein Leid.
 
Das Mädchen möge vor dem David stehn,
Fürsorglich zu ihm sein, in ihren Armen
Wird er wohl schlafen und im Traume sehn
Die Lieblichkeit vom himmlischen Erbarmen,
Wohl wird die Ruhe sein bei einer warmen
Innig geliebten maid. Mit sanften Tönen
Entschlafen wird er in den Armen jener Schönen.
 
Der Pleter suchte eine schöne Maid
Für David im Gefilde Israels,
Da fand der Fürst mit eins gebenedeit
Die Schöne, die war wie ein weißer Schmelz,
Wie in dem Lande einsam hoch ein Fels
War einsam schön die Maid, wie wenn vorm Tag
Die Träumenden noch träumen, so war Abischag.
 
Die Abischag von Schunem war so lieblich
Und kam zu David ein in den palast,
Da war ihm einmal nicht so sehr betrüblich
Und weniger empfand des Daseins Last
Der König, der mit Abischag die Rast
Genossen. Beide liebten Liedersingen
Und waren wohl geborgen unter Gottes Schwingen.
 
Der Lieder Liebling sang in seltnem Glück:
Wie schön ist Abischag von Schunem! Sangen
Je Sänger von dem feuchten Schimmerblick?
Von ihren schwarzseidigen Lockenschlangen?
Von ihren pfirsichroten weichen Wangen?
Die Schimmerblicke waren wie Karfunkel,
Zusammen sanken nieder sie im frühsten Dunkel.
 
Doch hatte König David sie erkannt?
Ach nein, entschlafen ist er lebenssatt.
Die Stunde blieb sie immer unverwandt
An seiner Seite, bleich und perlmuttmatt.
Er seufzte: Die mein herz geliebet hat,
Sie sei mir auch im Himmel nimmer fern.
Er liebte sie im Tod, wie seinen Morgenstern!
 
 
VI. DER WAHNSINN DES PROPHETEN
 
Im Hause meines Herrn Jesus Messias
Will ich auf ewig wohnen! will den Schlüssel
Des Hauses Davids mit der Kraft Elias
Auf meine Schulter nehmen! eine Schüssel
Mit Manna ist im schönen Haus Marias,
Ein Kelch mit Heiltrank; denn vom Bienenrüssel
Ward Honig eingebracht, von einer Kuh
Gespendet ward die Milch der Seelenruh.
 
Der Schlüssel aber öffnet wohl das Tor,
Und niemals wird die Pforte jemand schließen!
Und was geschlossen worden ist zuvor,
Wird niemand auftun! Und im Lande sprießen
Die Wälder, und geschmückt mit Maienflor
Die Hörner des Altares mit den Vliesen
Sind bis nach oben hin, mit Flor des Maien.
Ich redete im Herz: Ich möchte freien.
 
Die Offenbarung kam einst nach Kittim:
Doch wer kann auftun das geschlossne Buch?
O Tyrus, Scham ist dein, hold und sublim
In einem goldgesäumten Purpurtuch
Bist du gewandelt. Schiffe von Schittim
Ziehn übers Meer und haben Wohlgeruch
Von Petra aus dem Süden mit an Bord:
Gebete zu dem felischgewordnen Wort!
 
Das Meer sprach selber, o die Meeresfeste:
Ich hatte in den Wehen keine Schmerzen.
Nimm eine Harfe, spiele für die Gäste,
Die sitzen an dem Tische mit den Kerzen;
Beim Saitenspiele tu du nur das Beste
Und singe viele Lieder dir vom Herzen,
Daß man dich auch noch in der Zukunft kennt,
Und wandele nach Jesu Testament!

O Jesus! Deine Toten werden leben!
Die Leiche vor mir, sie wird auferstehn!
Erwacht und jubelt, betet an mit Beben,
Ihr Staubbewohner, denn ihr werdet sehn!
Ein Schleier ist doch mehr als Spinnenweben.
Wie aber wird der Morgentau bestehn?
Der Morgentau ist wie der Tau der Malve.
Ich grüß die Freudenbotin mit dem Salve
 
Des Friedens. Sage an, es wird die Erde
Selbst die im Tod Kraftlosen neugebären!
Die Krone ihrer Jungfraunzierde werde
Und ihre Schönheit von den Morgensphären
Dem Granatapfel gleich. Da ist die Herde,
Da blüht der Feigenbaum, und von den Meeren
Und Inseln kommt ein Psalmgesang, ein frommer.
Wie schön die Jungfrau wandelt vor dem Sommer!
 
Weh mir! Die hoheitsvolle Sternenkrone
Wankender Trunkener von Ephraim
Ist hingesunken wie der Anemone
Rötliches Blütenblatt. Mahanajim,
Du Heereslager Gottes vor dem Throne,
Wie bist du überwältigt? Perazim
Ist das Gebirge deiner Auferstehung!
In Gottes Heiligtum wird sein Begehung!
 
Vorm Allerheiligsten das Purpurtuch.
Am Jüngsten Tag wird aber Gottes Liebe,
Messias Jesus mit dem Lebensbuch,
Erscheinen! O daß ich dann übrig bliebe,
Daß Jesus in der Schönheit Wohlgeruch
Mich find und hält! Wenn aber mit dem Siebe
Versuchung naht und meine Seele schüttelt:
Gott, gib ein Maß mir voll gerüttelt
 
Und dich in meinen Schoß. O meine Seel'!
Gedenke doch, ich bin ein Mensch der Erde.
Erquicke doch die Stätte Ariel,
Sie ist mir ähnlich Gottes Altarherde
Mit Gluten. Macht und Stärke, Israel,
Zu einer wundersamen Jungfrau werde,
Die wandelt in dem Wald des Libanon,
Ihr reicht der Garten Obst zum süßen Lohn.
 
Von jedem hohen Berg und jedem Hügel
Ergießen sich im Morgen Wasserfluten.
Das Licht der Sonne wird im Prismenspiegel
Des feuchten Äthers werden mit den Gluten
Zu einem siebenfachen Licht, wie Flügel
Der Morgenröte. Aber die verbluten
Und die verbinden möchte Zebaoth:
Sie sehen überm Meer im Morgenrot
 
Das schmale Tor von lebensgrünem Licht.
Da ist es weiß, gleich lauter Hagelsteinen.
Seit jüngsten Zeiten ist doch das Gericht
Bereitet, und der König selbst wird weinen,
Dem Feuer gleich sein weißes Angesicht,
Vom Holze kreuz und quer die Flammen scheinen
Wie Innigkeit der süßen Seraphim
Und feingewirkter goldner Cherubim.
 
Ein Zittern ankommt die bequemen Frauen,
Sorglose Mädchen werden gleich erbeben.
So zieht euch aus, im Morgen anzuschauen
Sind lieblich eure Brüste voller Leben,
Entblößt euch, gürtet euch mit einem tauen-
Benetzten Tuch und purpurnen Geweben,
Zu der Beschämung anderer, die Lenden,
Schlagt an die Brüste mit den reinen Händen
 
Und wehklagt laut um den zerrissnen Fels!
Die goldnen Felder sind begehrenswert,
Weinberge in dem Lande Israels,
Des holdseligen Jesus hochgeehrt,
Der weißer ist als Schnee und als der Schmelz
Und rötlich wie die Glut in einem Herd:
So tu dich auf, du Tor von Israel,
Erbarme dich des Elends von Ophel!

Die liebe Tochter Zion möchte heilen
Und macht dem Wasser Bett und Bahn.
Da sollen bei dem Grab die Füchse weilen,
Und auf den Teichen schwimmen soll der Schwan,
Und auf den Trümmern rufen Waldohreulen,
Und bluten wird die Brust vom Pelikan,
Da krächzen in den Bäumen Scharen Krähen,
Im Haine werden Trümmersteine stehen.
 
So schmück die Tochter Zion mit dem Maien
Und baue ihr ein Bett in einem Haus.
Da tuen sich zusammen wohl die Weihen,
Und in dem Hofe steht der Vogel Strauß,
Zur Morgenröte werden Hähne schreien,
Und Mauerschwalben kehren ein und aus,
Die auf der Mauer Millo lieblich sangen,
Und paaren werden sich die klugen Schlangen.
 
Wo sind die Götter von Sepharwajim?
Wer aber hat Samaria befreit
Aus Gottes Hand? O Macht Mahanajim!
Bis zu dem Muttermund der holden Maid
Gekommen ist das Kind, das von Kittim
Die Wasser sah im Mutterschoße, weit
Im Morgenschimmer. Rose du von Sharon,
Du Lilie vom Karmel, sehet! Aaron
 
War nicht gewandet in so schöne Pracht,
Wie diese unschuldigen Blümelein.
Ich habe des Gebirges wohl gedacht,
Am Berg Baschan verbarg ich einen Stein
Für meine Jüngerin, die süß im Himmel lacht
Vor Freude, denn sie wird glückselig sein!
Ich möchte weinen Gott zu seinen Füßen
Und so für meine Übertretung büßen!

Die tiefen Wälder sind im Libanon,
Da sind die Zedern, und da sind die Palmen,
Die weiße Hirschkuh steht in Sirion
Beim Baum, da hängt die Harfe mancher Psalmen,
Den goldnen Ginster sah der Menschensohn,
Obstbäume und den Rauch von goldnen Halmen.
Der Ölbaum steht am grünen Meer in Saft
Und betet zum Messias Gott um Kraft!
 
Ich pflanze in der Wildnis eine Myrte,
Akazien und Zedern und Zypressen.
Mit weißgeschältem Pappelstab der Hirte,
Der Öl aus den Oliven auszupressen
Verstand, der Hirte ist es, der mich führte!
Der lädt mich ein zum Trunke und zum Essen
Mit Maß; es kommt ins Himmelreich kein Säufer;
Und wilden Honig reicht dazu der Täufer.
 
Wie eine Schwangere wird Jesus stöhnen
Und lechzen, Atem holen zu der Zeit...
Batseba wird das eigne Kindlein krönen,
Jedidja Salomo in Ewigkeit.
Mit roter Kreide zeichnet sie den Söhnen
Die Pfosten und die Architrave weit
Am Tor wie mit dem Blute des Erretters,
Der sich verborgen in der Macht des Wetters.
 
Messias zeichnete mich in die Hand
Und läßt mich nicht! Ich werde sein ein Traum,
Ich habe meine eigne Schuld erkannt.
Der Meister pflanzte einen Lorbeerbaum
Und gab mir Sangeskünste und Verstand
Und Liebe! Und ich rührte an den Saum,
Ans goldgesäumte Purpurtuch von Tyrus,
Den trug mein Hirte! sage ich wie Cyrus.
 
Jesus erweist sich schön in Israel,
Entgürtet Königinnen selbst die Lenden;
Erkennen wirds die Tochter Phanuel,
Wenn Gott das Tor auftut mit Myrrhehänden;
Zweiflügelige Tore. Ariel
Wird in der roten Glut die Stäbe wenden
Und mich befreien von den tausend Teufeln.
O Himmel! laß es doch von oben träufeln,
 
Die Wolke möge von dem dritten Himmel
Ergießen zur Erquickung ihren Regen.
In dem kristallnen Meere ein Gewimmel
Von Himmlischen an palmgesäumten Wegen.
Mein Jesus! sieh mich an in dem Getümmel
Und gib mir deinen ewiglichen Segen:
Sei Gnade, über mir dein Angesicht,
Gib du mir Liebe und ein ewiges Licht!
 
 
VII. HÖLLENFAHRT CHRISTI
 
Ich bitt, daß Gott sich über mich erbarme!
Der Simeon, der Jesus in die Arme
Genommen, ist vom Tode auferstanden
Mit seinen Kindern. Gräber standen offen,
Und Auferstandene mit neuem Hoffen
Sind hingegangen in den Maienlanden.
Öl und Myrrhe niedertroffen
Nahe bei dem Schädelfels,
Wo der Heiland uns geblutet,-
Bei der Tochter Israels
Glanz und Glorienumflutet
In der Stunde Morgenrot!
Berichten will ich von der Tiefe, Tod
Als Überwindung von dem Sterben lieben
Will ich. Dies sei im Heiligen Geist geschrieben!
 
Ihr Fürsten, tut das Tor auf und die Pforte,
Einziehen wird der Sohn mit einem Worte!
Ertönte donnergleich Messias' Stimme!
Da sprach zu Satan in der Hölle Heer
Der Listigste von allen, Luzifer:
Geh, wenn du kannst, mit deinem Zorn und Grimme,
Jener Jesus ist ein Meer,
Trete du ihm nur entgegen
Mit der Macht der Finsternis!
Satan ging auf seinen Wegen:
Schließt das Tor solange, bis
Ich euch anderes befehle!
Schrie er die Diener an mit böser Seele.
Im Hades schoben sie die Riegel vor,
Verschlossen immerhin das Eisentor.
 
Ein Ruf: Macht auf die Tor, die Tür macht weit!
Es kommt herein der Herr der Herrlichkeit!
Im Schlafe David sang es mit den Boten.
Im Schlafe prophezeite der Prophet
Unüberwundner tiefer Pietät:
Zur Seligkeit fürwahr erstehn die Toten!
Wenn die Seele aufersteht,
Wo ist dann dein Schwert, o Tod?
Jesus rief: Tu auf dein Ohr!
Ich sah Blut und Morgenrot
Und Ich bring zum Himmelstor
Meine heißgeliebten Kinder!
Das Kreuz vorm Angesicht der Überwinder
Befreite Adam, führte David hin
Zum Himmel und der Himmel Herrn "Ich bin"!
 
 
VIII. AN DEN APOSTELFÜRSTEN PETRUS
 
Mein Meister, deine Seele ist von einem Kind,
So wasche geistig meine Hände,
Mit etwas Tau, gekommen auf dem Schwingenwind,
Daß ich erfinde die Legende
Gemäß den Überlieferungen.
O, segne mich mit Feuerzungen!
Ich möchte jetzt von Petri eigener Familie
Verkünder in der Treue sein
Und singen schön wie David nach der Weise "Lilie"
Von dir als lebendigem Stein.
Sag an dem Jünger von dem See
Genezareth, Gethsemane.
Berufen zu dem Morgensterne Venus,
Send mir die Himmlische mit deinem Genius,
Zu künden unsern Jesus Nazarenus!
 
Himmlische Rühmung werde deiner Mutter
Zuteil, im Namen der Johanna.
Wie das Gelobte Land von Honig und von Butter
War sie dir und so wie das Manna,
Sie küsste deiner Lippen Rund
Mit ihrem kelchförmigen Mund.
Sie sang das Lob so wie die Mutter Samuels
Und war die Schönste von den frauen
Und nannte dich schon damals ihren kleinen Fels,
Und deine Haare waren tauen,
Dein immer war dein Spiel zu schwimmen,
Und du vernahmest leise Stimmen.
Von Mutterleib an warest du bei ihr geborgen
Und liebtest sie in Pietät,
Die dich geboren wie der Tau wird aus dem Morgen
In souveräner Majestät.
So milde war die süße Maid,
Daß du vergaßest jedes Leid.
Ihr Leib war wohlgeformt wie weiche weiße Jade,
Und sie hielt dich mit ihren Armen
Und strömte in dich ein den Geist von Gottes Gnade
Und lieblich-liebendem Erbarmen.
Die wahre Himmelsspeise Manna
Im guten Namen war Johanna,
Und von der Mütterlichen als dem Kind Marias
Vernahmest du die Klagelieder Jeremias
Und die Verheißung eines kommenden Messias!
 
Himmlische Ehre werde deinem Vater
Zuteil, in seinem namen Jonas.
Er sprach: Verschlungen ward so wie von einem Krater
Von einem Wal die Seele Jonas,
Der spie ihn aus so wie ein Wetter.
Dies ist Verheißung auf den Retter!
Er säte in den Ölbaumhainen manchen Samen
Und presste aus Oliven Saft,
Da redete er dir von dem geheimen namen
Und von der Schwäche und der Kraft
Von Gott mit aller Zärtlichkeit
Und Sehnsucht nach der Seligkeit.
Er machte dir ein Schwert vom Holze so
Und baute dir den Sitz von Salomo,
Darauf einst sitzen wird das A und O!
 
Himmlische Anteilnahme werde dem Geschwister
Zuteil, im Namen von Andrea.
Du weintest vor dem Tore, denn da war vermisst er,
Der glich dem Zeus, dem Kind der Rhea.
Ihr ginget zu der Wasserfrische
Und habt gefangen Petrifische.
Da stand er an dem Saum vom See Genezareth,
Wo du wirst einst berufen sein;
Du seufztest zu der Schwanin weißen Majestät,
So weiß wie weicher Jadestein.
Sag an, wart ihr in der essenischen Gemeine?
Mit euren reingewaschnen Händen,
Gefaltet, sprachet ihr: Die Gottheit ist nur Eine.
Gegürtet des Gemütes Lenden
Hinschwammest du die Bahn
Bis zu dem Morgenruf vom Hahn.
Berufen werdet ihr, zu fischen Seelen
Und Tempel zu errichten von Juwelen
Und vom Gesalbten jedem zu erzählen!
 
Himmlisches Lob sei der geliebten schönen Maid
Zuteil, im Namen der Maria,
Und das heißt Stern des Meeres. Nimmer sei ein Leid,
Wie einst geschehen Jeremia,
Euch in der Seele, im Gemüt,
In Sinn und Sinnen und Geblüt.
Gebildet von der Liebe als dem Demiurg
Ward ihr zusammen in dem Saal, ah,
Von jener marmorweißen porphyrroten Burg
Am See Genezareth, Magdala.
Du sprachest: Alles was wir müssen
Ist immer wieder uns zu küssen!
Sie sprach: Wenn ich dir tausend Briefe schriebe,
Ob deine Seele meiner Seele bliebe?
Gemeinsam war der Glaube: Gott ist Liebe!
 
Himmlische Heilung werde deiner Schwiegermutter
Zuteil, die schön war wie das Eiland
Im Mittelmeer, zu dem du mit dem Fischerkutter
Einst kamest; sie ward von dem Heiland
Sanft angerührt in ihrer Not
Und so errettet von dem Tod.
Ich weiß nicht ihren Namen. Gib du ihr die Taufe.
Ich ehre sie im Namen Martha.
Denn oftmals kamst du von dem Regen in die Traufe
Und hungertest wie nimmer Sparta,
Da reichte sie als Trank und Speis
Die Tasse Tee und Schale Reis.
Tontauben schenkte sie dir von des Marktes Buden
Und lud dich ein zum Berg Tabor.
Die Samariterin war gut dem Kind der Juden
Und redete vom Himmelstor
Und sprach, sie könnt im Traume sehn,
Dort würdest du als Hüter stehn.
In ihrem Hause gab es China-Porzellan
Und Messer aus dem Gold von Ofir,
Gewänder nähte sie aus mancher Linnenbahn
In weiß und morgenrot wie Porphyr.
Sie hielt die Kette mit den perlen
Und sang Gebete wie die Merlen.
Sie kannte Cäsarea, setzte über
Das Meer von Tyrus hin zum Strome Tiber,
Die sie gewann den Gott-Sohn immer lieber!
 
Himmlisches Fürstentum werd deinem lieben Kind
Zuteil, mit seinem Namen Markus
Johannes; unter deinen Schwingen in dem Wind
Geborgen und mit einem Wahrkuß
Von deiner Seele übermeistert,
Zum Evangelium begeistert!
O, Jesus! Jesus ist gestorben jedem Volke,-
Für Ihn willst du am Kreuze stehn.
Und du warst da von sechs bis neun die schwarze Wolke
Und sahest selbst sein Auferstehn.
Dem Kinde gabst du deinen Stab
Und standest einsam in dem Grab.
Als du dereinst befreit aus der Gefangenschaft,
Da kamest du ins Haus Maria,
Der Mutter Markus', klopftest an in kleiner Kraft,
Wo Rhode, auch genannt Sophia,
Das Tor wohl für dich aufgetan.
Johannes Markus sprach: Sag an,
Wie war das mit dem Auferstandenen am See
Genezareth im Morgendämmer?
Ich stürzte in das Wasser, schwamm zu Ihm, o je,
Mein Gott sprach: Weide meine Lämmer!
Sprach Petrus, was auf deutsch heißt Stein:
Mein Ja heißt Ja und Nein heißt nein.
Ich bins, der immer an der Seite blieb
Und den Provinzen die Episteln schrieb.
Lieb hab ich Jesus, Jesus hat mich lieb!
 
Ihr hattet eine hohe Zeit,
Und Manna war bereit,
Wo Jesus wandelte das Wasser um in Wein
Als Gleichnis für des Bundes Blut.
So sang einst David: Liebe sei das Sein,
Und darum tu das Gute gut.
Berufen unterm Namen Kefa
Warst du, sie war die neue Eva.
Zusammen nahmet ihr von Tyrus einst das Boot
Und seid gekommen an in Rom,
Wo du gegangen bist zu deinem Kreuzestod,
Damit im Geiste sich ein Dom
Errichte einst auf dem Gebein
Von Petrus, Kefa, das ist Stein.
Das Haupt zum Grund gekreuzigt in des Kaisers Park
(Wie Jesus zu dir sprach im Tor),
Riefst du zu der Geliebten, voller Kraft und stark:
Komm mir im Tode nicht zuvor!
Doch eile mit mir zu dem Kreuzestod,
Der Seelen Seligkeit bei Zebaoth,
Zu Seiten Jesu, des Messias, Gott!
 
 
IX. PETRINISCHE ODEN
 
1. An die Frau
 
Die weißlich ist, hat wunderschöne Augen,
Von allerlieblichster Gestalt
Ist sie und reinlich wie von Ysoplaugen.
Der langen Haare Schleier halt!
Wie Purpurtuch sind deine Lockenhaare lang,
Wie eine Lämmerherde an den Hügelhang.
 
Im Schmucke eines sanften stillen Geistes
Singt sie zu einem Reigentanz.
Ein Menschenkind erfreut sie, ein verwaistes,
Mit ihres Angesichtes Glanz.
In dem orangenen Gewande ist ihr Gang
Begleitet schön von Harfenspiel und Zimbelklang.
 
In ihrer schlanken Anmut aufgestanden
Von einem knieenden Gebet,
Erscheint sie. Wie Erlösung aus den Banden
Ist das Gefühl in dem Gemüt.
Wie gleicht der Zyperblume, Myrrhe hüllt sie ein.
Sie ist ein schöner Tempel, ganz von Edelstein.
 
2. An den Stein
 
Du weißt dich aufzubauen aus dem Baum,
Du wurdest weich von einem Fluß,
In dir ist endlos offner Sternenraum,
Du bist der blassen Muschel Kuß
Und störst dich nicht am Schwinden einer Lebenszeit:
Verkörperung der ganz vollkommnen Ewigkeit!
 
Du Ebenbild, du Menschenangesicht,
Ein reines Glied an einer Kette.
Auf dem Altar des Berges bist du Licht
Und Ruhe in dem Wasserbette.
Der Welten erster Same und des Felsens Sohn,
Bist du ein Gleichnis für die Krone und den Thron.
 
Du trägst der eignen Daseinsspanne Last,
Du bist ein Schloß und bist ein Tor,
Du gehst auf Golderz und auf Stamm und Ast,
Und du stehst der Gemeinde vor.
Drei Sprünge nimmst du, wandelst hin, versinkst im Meere
Und wirst ein Stern zu Seiten von der Morgensphäre.
 
3. An den Schlüssel
 
Sei an dem Tor mit deiner Weisheit Glanz,
Und sei dem Haus ein treuer Wart.
Auf deinem Haupte ist ein runder Kranz,
Von Silberwellen ist dein Bart.
Du wißt genau zu finden jene schmale Spur
Durch die Bedrängnis in des Schlüssellochs Figur.
 
Am See hast du dein Haus gehabt, zum Paar
Gebunden an des Gürtels Kette.
Und als zur Lösung eine Wendung war,
Erschlossest du die neue Stätte.
Du kennst zu dem Geheimnistor das Schlüsselwort
Und tust die enge Pforte auf zum sichren Hort.
 
So schließ den Abgrund und die Hölle zu,
Sei Stab und Weg zum dritten Himmel,
Da findest du von deiner Mühsal Ruh.
Ein glücksgebundenes Gewimmel
Ist dort, zu Zimbelklang ein silberlichter Chor,
Da bist auch du, gekommen durch das Perlentor.
 
4. An die Schafe
 
Am Hang des Berges läuft die Herde nieder
Und kommt zu einer Lebensquelle.
Sie haben goldne Glocken und die Lieder,
Die tönen von kristallner Welle.
Weiß überschleiert blüht am Hang die goldne Heide,
Die Hirtensterne schimmern über ihrer Weide.
 
Beim Ölbaum sind die Schafe gern zusammen,
Die bangen vor dem Lämmergeier.
Im Dämmer wandeln sie wie weiße Flammen.
Da schweben Adler, Schwan und Leier,
Und eine ganze Herde weißer Frühlingssterne
Singt auf zum Lamm im Himmelreich, in größer Ferne!
 
Und dann kommt ihnen eine Zeit der Schur,
Und dann kommt eine Zeit der Schlachtung.
Gerötet sind die Pforten der Natur.
Die leben, haben Übernachtung.
Ja, kennen sie den Menschen, der sie milde führte?
Das Haupt am Steine ruhend: da, da wars der Hirte.
 
5. An das Wetter
 
Wenn über grünen Wiesen Nebel steigt
Im goldnen Licht der Morgensonne,
Da ist ein Schlaf noch in der Welt, da schweigt
Das Leben vor geheimer Wonne.
Da wandelt überm Tau des Himmels hin das Lamm,
Erschienen über einem Dornbusch ist die Flamm'.
 
Du hast ein innres Wesen wunderbar
Und stet durch manche Wandelungen.
Des Sohnes Hand dir auf dem Haupte war,
Du hast dich mächtig hingeschwungen.
Du hieltest in der einen Hand die Manna-Sterne,
Den Kelch mit Milch des Himmels hielst du in der Ferne.
 
Die Winde und die Wolken, Regen, Schnee,
Sonne und Mond und alle Sterne
Sind da in deiner Kammer. Ist dir weh,
So fallen weiße Hagelkerne.
Du hast ein Zimmer für den Sommer von Florenz
Und einen kaiserlichen Park für Romas Lenz.
 
6. An den Stuhl
 
In dir ist Ruhe, wonnig hingeruht
In deiner Schönheit ist das Wohl.
Da sind zur Seite Galaxien von Glut
Und der kristallnen Sterne Pol.
Da werd ich sitzen, wenn ich schließlich überwinde,
Als auf dem schönen Thron der Liebe, gleich dem Kinde!
 
Gegründet überm Meer auf Messingpfeiler
Stehst du, mit deinen goldnen Lehnen,
Und vor dir stehn die Engel aller Weiler
Und Fürsten, die sich zu dir sehnen.
Die Meere rauschen, und es glänzt der Stein Smaragd,
Weil in dem Fürstentume ankam Gottes Magd.
 
Du Thron, der ist, du Sitz vor allen Sitzen,
Bist wie der Gnadenstuhl des Mose,
Vor dir bewegte sich ein Heer von Blitzen,
Du ruhtest so wie eine Rose,
Wenn sich der Blüte Blätter rings zusammenfalten.
Du bist ein reiner Schoß der Schönsten der Gestalten.
 
7. An die Träne
 
Du ungeweinte, tiefverborgne Träne,
Du Salz der Erde, Himmelstau,
Wie ich mich sehr, dich auszuweinen, sehne!
Bin ich denn wie die liebe Frau
In bangender Erwartung, daß ich Trost gebäre?
O daß ich selber von dem Trost getröstet wäre!

Ein Trauersee ist mir in meinem Innenraum,
Ein stiller Fluß vom Quell der Träne,
Da kommst du her: ein Schleier mir im Traum
Und wurdest Blut in meiner Vene!
Im Leiden zieh das Zeichen: Aufersteh und Fall!
Gedenk der Seligen vom Berg der Nachtigall.
 
Auf deinem See ein schluchzender Gesang
Vom Leiden ist für kurze Zeit,
Ein Jubel tauchte aus dem Klageklang
Im Traume von der Seligkeit:
Du wirst mir trocknen mit den Haaren jede Träne,
Schenkst mir Glückseligkeit wie einst auch Magdalene.
 
8. An das Haus
 
Ich hoffe, bald die Hütte zu verlassen,
Des Ruhelosen armes Zelt.
Du Haus, in das die Perlentore passen,
Bist nicht von dieser bösen Welt.
Du wurdest nicht auf Sand erbaut, vielmehr auf Felsen!
(Am See die weißen Vögel mit den langen Hälsen.)
 
In deiner Ecke findet Ruh der Stein,
Du bist der Seele Fürstentum,
Und bin ich auch ein Kind nur klitzeklein,
Ich hab bei Gott den wahren Ruhm.
Du bist dem Flüchtling durch das Leben sichrer Hort,
Heimatgewordenes, du ewiges Liebeswort!
 
Es bleiben Güte und Barmherzigkeit
Und die Bewohner unzerstritten.
Die Gottheit hatte Einmal ausgelitten!
Und dann war Freuden-Ewigkeit!
Grundsteine sind da, goldne Straßen, Millo-Mauern
Und eine Liebeströstung allen Trauerschauern!
 
9. An die Brille
 
Beryllenschlange, in Metall gefasst,
Wie wurdest du zum Jungfernspiegel?
Dem Aug mit seiner Schwäche angepasst
Bist du, mit einem Messingbügel
Umwindest du, der Locke nah, das offne Ohr.
Ein Fenster bist du und zum Licht kristallnes Tor.
 
Was weißt du von dem Aug, von der Pupille,
Der Iris auf dem weißen See?
Gib, daß ich durch das unheimliche stille
Wasser bis zu dem Urgrund seh.
Hab ich denn auch in meiner Blindheit noch Verwendnis
Für die durch deine Macht vermittelte Erkenntnis?
 
Du komme einmal zur geschenkten Ruh,
Gereinigt werd mit weichem Tuch,
Und sei gehaucht auf deine Gläser: Du
Wirst ruhen neben einem Buch.
Der Meister formte Sand und Spucke sich zum Krümel,
Da sah ich einen Engel schön wie eine Primel.
 
10. An die Olive
 
Versteine Träne, fruchtgewordner Stern,
Erfreu mich, der ich traurig bin,
Gib alles hin, bis auf den festen Kern!
Ja, Sterben ist mir ein Gewinn!
Und muß ich elend sein und muß am Leben leiden,
Du bist! und haben auch viel Wein und Korn die Heiden.
 
Angst, Beben, Zittern, Zagen - hoffnungslos
Bin ich und wein, am Herz gewürgt!
Wer tritt die Kelter? Laß den Stein nicht los,
Vertilge nicht! Dein Wort verbürgt,
Dein Öl verbürgt: Ja, der Gesalbte ist mein Zeuge:
Ich schreie in der Passion (wenn ich nicht schweige)!
 
(...)
 
11. An das Tor
 
Zwei Schlüssel schließen das smaragdne Tor
Auf - und es ist wie Meeresrauschen.
Die Pfosten sind umringt von Ysopflor,
Zum roten Sonnenaufgang lauschen
Die Engel von den Fürstentümern und den Weilern
Dem donnergleichen Ton von den erweckten Pfeilern.
 
Zwei Schlüssel schließen das kristallne Tor
Auf - und es ist wie Bergebeben.
Die Wolken sammeln sich zum weißen Chor
Und singen von dem Blut der Reben
Und Leib aus Manna. Und der Sternenstraße Welle
Fließt wie der Jordan sanft über die Schwelle.
 
Zwei Schlüssel schließen jetzt das Perlentor
Ab - hinter den beglückten Seelen.
Im Linnenkleid der Herr, mit goldnem Rohr,
Er möge mich zur Frau erwählen.
In unaussprechlich süßer Freude jauchzt der First:
Der Liebe König und des ewigen Lebens Fürst!
 
 
X. MARIA VON MAGDALA
 
O Gott! O Hocherhabene des Himmels,
Gebenedeite Gottes, dein "Ich bin"
Vernahm ich bei der Quelle des Gewimmels,
Am See, ich wandelte mit Liebe hin
Zu dir. Du kennst wohl meine schwere Last
Und mein Gewissen und den innern Sinn,
Die du mir einmal abgenommen hast
Die Bürde, nahmest auf mich all dein Fehle.
Ich nehme meine Leier von dem Ast
Und singe deiner heißgeliebten Seele.
 
Ich hab von dir geträumt. Ich kann nicht sagen,
Wie du mir warst, die du sies alles weißt,
Und wollte jubeln dir und wenig klagen:
Ich sehnte mich nach meinem Tod im Geist,
Und da war mir, als spräche zu mir Mose
Von Wein und Brot, was Blut und Körper heißt,
Und sprach: Gedenke auch, was die famose
Geliebte Magdalena einst getan.
Himmlische Liebe, weiß und rote Rose,
Du salbtest den Gesalbten! Nimm mich an.
 
Du bist mir lieblich in dem Traum erschienen,
Hast mich umfangen mit den weißen Armen
Und deiner Liebe leidenschaftlich (dienen
Will ich der Liebe), hobest mich zum warmen
Heiligen Herz auf, und unbewußt
War ich in Seligkeit durch das Erbarmen.
Darreichtest du mir deine bloße Brust,
Und ich war wie ein Säugling vor dir da,
Empfing von deiner Milch, und süße Lust
Durchströmte mich, und ich war glücklich da.
 
Selig sind, die von dieser Brust genährt;
Wie Muttermilch gabst du mir Weisheit ein;
Sei, himmlische Hochheilige, geehrt.
Jetzt will ich immerhin begierig sein
Nach deiner Liebe lautren Milch. Mein Blut
Im Herz hast du bewegt, es wurde Wein,
In Flammenwehn und Liebe will ich gut
Singen der Gottgeliebten Namen.
Ich will ein Hymnenbaum sein, ausgeruht,
In mir gesät hast du des Wortes Samen.
 
Dein ist die Burg Magdala an dem Saum
Vom See Genezareth, dem grünen See;
Fern schwebte Bethsaida wie ein Traum,
Der Ort für Simon Petrus schon seit je.
Schwester von Lazarus und Martha, gehn
Wollt ich dich sehn am See so weiß wie Schnee,
Magdala in der Morgenröte sehn;
Wie Martha speisen dann ein letztes Mahl,
Wie Lazarus vom Tode auferstehn,
Wie Magdalena sein im Himmelssaal!
 
Nicht weit vom grünen See Genezareth,
Wo Petrus ward berufen von den Fischen,
Wo du oft wandeltest, war Nazareth,
Wo Jesus und Maria an den Tischen
Gesessen hatten, wo auf Wink Marias
Aus Wasser Wein ward, um sich zu erfrischen.
Du warst dir sicher: Jesus ist Messias!
Du folgtest mit Johanna und Susanna
Dem Meister, sangest Ihm aus Jeremias
Gesängen. Jesus gab dir Wein und Manna.
 
Als Jesus von Genezareth gen Süden
Gewandelt war, da gingst du mit Ihm mit.
Ihr waret in Bethanien, dem erblühten,
Und nah war Bethlehem. Und Jesus schritt
Dahin, du kamst zur Hütte deiner Schwester,
Die Martha hieß und an der Mühsal litt
Und Kuchen buk zum Purimsfest der Esther.
Du lauschtest Jesus hingegebner Seele.
Die Füchse haben Gruben, Tauben Nester,
Ins Feuer goß die Liebe ihre Öle.
 
Als Jesus war im hause Simons, der
Aussätzig war wie Mirjam, weiß wie Schnee,
Als Petrus nach Bethanien kam vom Meer,
Da kamest du herein mit stillem Weh
Und kamest mit dem Krüglein Salböl an
(Ein Schimmer wie Zypressen an dem See)
Und salbtest den Gesalbten, hasts getan
Für die Beerdigung. Im ganzen Land
Gerühmt wird Magdalena, Gottes Plan,
Mit: Lauter Myrrhe, Myrrhe dein Gewand!
 
Mit Tränen in dem Haar hast du geklagt,
Als du gehört: Messias ward gefangen!
Da haben sie das Menschenkind befragt.
Du aber zittertest in lauter Bangen
Am Feuer, aber konntest da nichts sagen,
Und sahest über dir die Feuerschlangen.
Du sahest böse Geister nahen, sieben;
Ein wunderbares Licht hat in der Nacht
Die sieben Teufel wieder ausgetrieben:
Ich seh in dir das Schöpfungswerk vollbracht.
 
Am Freitag hast du an dem Kreuz gestanden
Und sahest an die Sanftmut und das leiden
Und sahest an den Meister in den banden.
Und dir zu Seiten standen dort die beiden,
Die Mutter Jesu und der Jünger. Seelen
Aus Sehnsucht, in der Seligkeit zu weiden
Ist das Verlangen. Tränen sind Juwelen
Geworden. O, du wolltest für den Heiland
Selbst leiden, daß sie deine Glieder quälen!
Du Meer der Trauer, Perlmuttwolkeneiland!
 
Er hat geschrien: Was hast Du mich verlassen?-
Nimm nicht das Essigrohr, den Essigschwamm,
Wie Du gegangen bist, kann ich nicht fassen.
Geliebter Jesus Christus, Gottes Lamm!
Da riß mit eins des Tempels Vorhangtuch.
Wie blutete dein Herz bei jenem Stamm,
Die Hölle bebte über diesen Fluch,
Entschlafene erstanden! Doch dein Sinnen
War dies: Den Toten mit deinem Geruch
Zu salben und zu hüllen in ein Linnen.
 
O reines Vließ, betrauft mit Tau der Tränen
Um den Gegangenen! Drei Tage später
Gingst du zum Grab mit deiner Seele Sehnen,
Die zwei Marien mit dir, jeden Meter
Hielst du mit Furcht das Krüglein Salbungsöle.
Im Grab gewesen war schon Simon Peter
Und fand das Grab leer! Doch wie von der Höhle
Den Stein bewegen? Wort in Fleisches banden
Vernahmest du den Engel in der Höhle:
Du suchst Messias? Er ist auferstanden!
 
Du gingest in den Park, wo dir erschienen
Der Auferstandene. Die Seelenglut
Zu Ihm war übermächtig, die verliehnen
Geistgaben strömten zu dem Liebsten gut.
Messias sprach zu dir verliebt die Worte:
Ich bin noch ganz voll Wunden und voll Blut,
So rühre Mich nicht an, bis durch die Pforte
Ich aufgestiegen bin zum Himmelreich!
Du wirst mit Mir sein einst an jenem Orte.
Dir schmolz das Herz, die Kniee wurden weich...
 
 
XI. IM GARTEN DES HEILIGEN LANDES
 
1
 
Und Simon war erneut im Paradies,
Da reiften Granatäpfel, reiften Feigen,
Stechpalmen standen da, der Duft kam süß
 
Vom Erdbeerbaum, es tanzten Ringelreigen
Zypressen mit den immergrünen Zedern,
Die Maulbeerbäume hüllten sich in Schweigen,
 
Im Dattelbaume hingen weiße Federn,
Ölbäume standen da im Maienschein,
Weinstöcke gingen da (und glänzend ledern
 
Die Schlange schlüpfte über einen Stein),
Der immergrüne Oleander blühte,
Vollkommenheit war der Orangenhain,
 
Der Pfirsich in dem grünen Laube glühte,
Wie Gold hing an dem Baume die Limone,
Die Veilchen dufteten aus dem Gemüte,
 
Im Ostwind zitterte die Anemone,
Der Mohn war rot, und rot war auch die Rose,
Der Erdenkreis trug eine Myrrhekrone,
 
Die weiße Lilie hell, die dornenlose,
Umgürtete das goldne Weizenmeer,
Der Balsam hing da wie im Bart des Mose,
 
Die Ambralocke düftet hold und hehr,
Den Schleier lüftet jetzt der Hyazinth,
Die Feigendistel glitzerte so sehr,
 
Daß kaum die Irisblumen lichter sind,
Krokus und Tulpe standen auf der Alme,
Schneeglöckchen läuteten im leisen Wind,
 
Mit ihren Blättern fächelte die Palme,
Von dem Johannisbrotbaum sank das Brot,
Die Eiche sang im Eichgrund eine Psalme,
 
Die Mandelblühten glühten rosarot,
Die Terebinthe, der Olivenbaum,
Sind von dem Sonnenaufgang licht umloht,
 
Die Aprikose mit dem sanften Flaum
Lächelte lieblich zu dem Apfel rund,
Der Ginster träumte einen goldnen Traum.
 
Und Simon sang mit dem betauten Mund:
 
2
 
Und nähme ich der Morgenröte Flügel
Und bliebe an dem weißen Saum vom Meer,
Du kämest doch aus Zion von dem Hügel,
 
Da würd mich leiten Deine Hand, und wär
Ich schwach, so würd mich Deine Rechte halten.
O Jesus! Schöpfer von dem Sternenheer
 
Des Friedens, Herr der menschlichen Gestalten!
Ergieße Deine Liebe in die Jungen
Und sei barmherzig und gerecht den Alten.
 
Vom Hermon in drei Quellen ist entsprungen
Der Jordan, und der Strom strömt in den See
Genezareth. Wie David einst gesungen:
 
O Tau vom Hermon! O Baschan im Schnee,
So jauchze fröhlich, Gottesberg Baschan!
Der Morgen kam herauf so wie ein Reh,
 
Und auf dem Wasser waren Pelikan
Und Kormoran, die Ente und der Reiher,
Im See Genezareth der Trauerschwan.
 
Die Fische freuten sich der Sabbatfeier,
Die Rosenbüsche blühten auf dem Fels,
Dornigen Kapern stehn im Nebelschleier,
 
Von ferne leuchtet des Gebirges Schmelz,
Maiglöckchen blühn und rote Anemonen.
O wunderschöne Tochter Israels,
 
Du wolltest in dem Ort Magdala wohnen,
Blaufärberweg im Purpurlicht verschwimme,
Auf deinem Haupte glänzen Myrrhekronen,
 
Du sprichst mit einer honigsüßen Stimme,
Duftest wie Aloe vom Fels Gischala,
In deinem Mandelaug die Seele glimme
 
Ewig, o weiße Malve von Magdala!
 
3
 
O Davids Wappenschild von Bethlehem,
O Wappenschild des König Salomo,
Bewahrt im Tempel von Jerusalem!
 
In dem Bezirk des Tempels irgendwo
Folgt Innenhof auf Innenhof, Arkaden
Und steinerne Gewölbe sehn sich so
 
Verliebt an! Um den mittlern Schrein der Gnaden
Sind heilige Gebäude aufgestellt,
Die sich im reinen Morgenlichte baden.
 
Und auf dem Berg Moria vor der Welt
Das Allerheiligste fand festen Grund
Und wohnte wie im hohen Himmelszelt.
 
Der Tempel hob sich aus dem Tal zur Stund'
Des Morgens majestätisch in dem Schein
Der Sonne, und das Tor war wie ein Mund,
 
Der Tempel stand auf weitem Marmorstein,
Auf dem Gebirg von Kalkstein honiggold,
Die Kuppel aber glühte so wie Wein
 
Und war dem Himmelreiche oben hold.
 
4
 
Am Westhang von dem Ölberg war der Garten,
Oliven wuchsen dort und leckre Mandeln
Und wilde Blumen. Simon wollte warten
 
Und träumte, Jesus aber würde handeln.
Zum wiederholten Male riefen Hähne,
Und Simon wollte wieder weiterwandeln.
 
Im Norden das Geburges Scopus dehne
Sich in die Sonne aus, und in dem Süden
Der Berg Ophel sich an die Wolken lehne.
 
Zum Berg Ophel sah nun das Aug des Müden,
Denn dort war ursprünglich Jerusalem,
Wo jetzt im Schatten das Gebell der Rüden
 
Zurückschallt von dem Mauerwall aus Lehm,
Wo jetzt von trockenem Gesträuche Wüste
Sich dehnt, doch unter Pinien angenehm
 
Ein kühler Ort. Daß meine Lippe küsste
Die Wasser von der süßen Gihon-Quelle!
So seufzte Simon, der die Sünden büßte,
 
Siloah wollt ich sehn, die grüne Welle,
Und wo der Kidron fließt, der Fluß im Tal,
Da wollt ich eilen mit der Wildgazelle,
 
Und offen wär das Tor zum Himmelssaal.
Vorüber ging er jetzt an manchem Grab,
Im Osten war die Tempelmauer fahl,
 
Im Purpurlicht hielt er den Hirtenstab.
 
5
 
Am Horizont das blaue Tote Meer,
Und diesseits war der malvenfarbne Hang
Des Moab-Berges. Also sprach der Herr:

Waschbecken ist Mir Moab! im Gesang
Von König David. An dem schmalen Fuß
Judäischen Gebirges ging den Gang
 
Der Pilger und der Prediger der Buß'
Nach Jericho durch weites ödes Land.
Da kam er schließlich an den Gilgal-Fluß,
 
Den Josua geteilt mit seiner Hand
Und hatte sich gefischt ein dutzend Steine,
Als hier am Fluß die Bundeslade stand.
 
Die Oleanderbüsche an dem Raine
Mit vielen Blüten standen dort im Duft,
Und Balsaminen dufteten, und feine
 
Gewürze parfümierten lind die Luft,
Duftöle wurden lieblich ausgegossen,
Wo die Oase zu der Gottheit ruft.
 
Sperlinge kamen durch die Luft geschossen,
Und in den Büschen sangen Nachtigallen,
Eisvögel flogen, wo die Wellen flossen
 
Vom Jordan, da war lauter Wohlgefallen
Von Gott geäußert an dem Menschensohn.-
Die Tamarisken davon widerhallen
 
Noch immer, und es träumt davon der Mohn,
Die Euphratpappel rauscht, die Trauerweide
Ist Jeremias Harfe jetzt ein Thron.
 
Da ist der Obsthain, da die Lämmerweide,
Zu sehn das Angesicht von Ebenholz:
Die Königin des Südens, nach dem Leide.
 
Der Bambusstrauch verliert der Blätter Stolz
Und wird in Demut sich erneut belauben.
Die Drosseln seufzen im Gebüsch: Was solls?

Zufrieden ruhn im Baum die Turteltauben.
Der Honigbussard fliegt, der Weißkopfgeier,
Der Aar will an das Licht des Lebens glauben.
 
Es schwebt ein milchigweißer Nebelschleier
Über dem grünen Meer, am Toten Meere
Ein weißer Schwan singt zu der Osterfeier
 
Der Auferstehung. Manche rote Beere
Ist dort im Busch, so wie ein Morgenstern.
Und Simon liebte sehr die Morgensphäre,
 
Mehr noch Jerusalem, die Braut des Herrn.
Jetzt sah er aber von dem Salzmeer hin
Zu dem Gebirge Nebo, das war fern
 
Am Rande des Verheißnen Lands. Dahin
Sah vom Gebirge Nebo einstmals Mose.
Jetzt war der Träumer Simon in dem Sinn
 
Auf weißem Steine eine schöne Pfingstrose...
 
6
 
Ein Granatapfel platzte auf, und Perlen
Brachen hervor und löschten ihm sein Dürsten.
Die Klapperschlangen wanden sich bei Erlen.
 
Die Steine aber redeten vom Fürsten
Des Lebens immerdar, wo fern das Leid
Gebannt ist. O da will ich in der Tür stehn
 
Zur Seligkeit! Die Seele ward ihm weit.
Es sang die Prophezeiung Jeremias:
Er trat die Kelter, Herr, für eine Maid,
 
Die Tochter Juda! So tat der Messias,
Der lebte lange Jahre unerkannt
Im kleinen Nazareth im Haus Marias.
 
Und Simon wanderte durchs ganze Land
Bis zum Orangenhain Kapernaum.
Und ward vom See Genezareth gesandt,
 
Zu künden gut das Evangelium.
 
 
XII. VON DER LIEBE
 
Sie gingen zu der Abendzeit im Park
In aller stillen Friedlichkeit spazieren.
Das war, wo ein Mysterium sich barg
Einst, nahe die Besinnung zu verlieren,
Wo's Nacht ward, Freunde waren einzig Sterne,
Die tränengleich den Himmelsschleier zieren,
Wo Bäume sich erhoben aus dem Kerne.
Das Paar, begleitet von dem Mensch Timäi,
Timäus, der gekommen ist von ferne,
Ging durch den Park als Ein "amator dei".
 
Sie gingen hin durch eine weiße Pforte,
Den schmalen Pfad. Zu dessen Seiten
(Ölbäume schimmern von dem fernen Orte)
Von Eichen, Buchen und Kastanienbäumen
Die hohen Schatten lebendigen Lichts,
So wie ein Wald erscheint in Sehnsuchtsträumen,
Durchstrahlt vom Blick des himmlischen Gesichts.
Dort lagen Steine, Helm- und Kronenzier,
Rundbögen, Quader, Torsen. All und Nichts,
Dem Einen Menschen gleich, erschien es ihr.
 
Theon hob seine Stimme von dem Herzen:
Die Liebe ist der Grundstein, und der Dom
Ist so begründet, ist in Liebesschmerzen
Und Liebesglück geschaffen, wie ein Strom
Aus mehrern Flüssen sich zu Einem eint.
Ja, ohne Liebe wäre Rom nicht Rom,
Und finster wärs, wenn nicht die Sonne scheint.
Die Minne und die wahre Sympathie
Ist Trost der Seele, die vor Sehnsucht weint.
Ein süßer Eckstein ist die Liebe, sie.
 
Das Herz sucht Gott, es ist sonst ohne Ruh,
Bis es die Ruh gefunden hat in Dir,
Gott, der Du Liebe bist. Doch wo bist Du?
Ich gehe auf dem Wege für und für
Hin durch die Innenwelt, Memoria,
Und übers Grab hinweg. Die enge Tür,
Sie ward geöffnet von dem Geiste ja,
Um über sich hinauszugehn, in den -
Wie das noch kein gottloser Frevler sah -
Unendlichkeiten endlich Gott zu finden!
 
Doch, lieber Gott, bist Du denn immer ferne?
Noch innerlicher, als ich selbst mir bin,
Ist Gott in mir, der Kern von meinem Kerne,
Des Geistes Geist, der Sinn von meinem Sinn,
Der besser mich, als ich mich selber, kennt,
Er führt mich zu der Gott-Erkenntnis hin.
Wo ich mein Herz aufschließ, in dem Moment,
Wo aufgehn meines Innern Blütentriebe,
Kommt Gott mit Seinem Licht, und so entbrennt
In meiner Seele holdselige Liebe.
 
Gott, Du hast mich berührt, für Deine Wonne
Bin ich entflammt, Du hast mich angesteckt.
In Gott ist, Licht von Licht, die Liebessonne.
Du hast den milden Sonnenschein erweckt
Im Menschen. So von Gott herabgestiegen,
Die Liebe ists, die unser Herz bewegt.
O, daß die Menschen durch die Liebe siegen,
Ist unser rechter felsenfester Glaube,
Daß wir hinauf zum Himmelsherzen fliegen,
Zu Gottes Heimat, so wie eine Taube.
 
Sie gingen still vorüber einer Eiche,
Die stand auf einer lichten grünen Weide.
Es ist der Lebensbaum im Himmelreich.
Theon und Sophiam, sie sahen beide
Zum Tempel liebevoller Partnerschaft.
Sechs Säulen standen rings um das Gebäude.
Timäus ging mit ihnen in der Kraft,
Die Leben ist und Wahrheit ist und Weg,
Die Leben für die Liebespaare schafft,
Und übers Wasser ging ein schmaler Steg.
 
Und zu der Seite von dem schmalen Weg,
Da war ein großes Grab, drauf lag ein Stein.
Die frühlingshaften Winde waren reg,
Durchglänzt die Lüfte von dem Sonnenschein,
Die Schäfchenwolken waren rosarot,
Das Wasser wie gemischt mit wenig Wein,
Es duftete der Tröster in der Not.
Es war, geöffnet ward das Himmelstor,
Und Leben triumphierte über Tod,
Und Gott sprach auf ein Neues "jhehi or".
 
Und Sophiam hob ihre Stimme leise:
Die Liebe wohnt in Heiligkeit im Herz,
Der Liebe Sein ist wonnevoll und weise,
Sie weiß wohl von der Leidenszeit im März
Und von dem ausgerufnen Augenblick,
Wo eine Seele aufsteigt himmelwärts.
Dies weiß sie, und sie schaut nicht mehr zurück,
Sie ist geduldig wie ein Petrefakt,
Gewährt den Trauernden ein hohes Glück,
Sie ist mit Gott in innigem Kontakt.
 
Im Märzen gehen auf die Blütentriebe,
So weiß man, daß der Sommer vor der Tür.
So weiß man, wo die menschgemäße Liebe
Ihr Zelt aufschlägt, da geht das Licht herfür,
Geht Gott hervor so wie ein Bräutigam
Und gibt sich der geliebten Seele, ihr,
Wie sich der Menschheit hingab Gottes Lamm,
Und die Geliebte wird durch dieses Streben
Begeistert, Gott macht sie zur Feuerflamm'.
O wahrlich, selig sind, die Liebe geben!
 
Der Seele ist der Blick der Liebe nährend,
Das kennt nicht das verworfene Geschlecht.
O, Herrlichkeit und Wonne immerwährend,
Wo Eines sind die Liebe und das Recht,
Die Wahrheit und die Schönheit Eines sind,
Wo Eines Menschlichkeit und Himmelsmächt'!
Aus der Gemeinschaft kommt hervor ein Kind
Des Geistes, und das ist gebenedeit.
HJa, selig ist, wer solche Liebe find't
Und nicht mehr läßt in alle Ewigkeit!
 
Ja, so wird Gott in allen Alles sein,
Wo Gott, die Liebe "alles Liebe" heißt...
Sie gingen einen Weg am grünen Rain,
Wo fern ein Obelisk zum Himmel weist,
Dahinter stand ein wunderschönes Schloß.
Die Lieben gingen hin, geführt vom Geist,
Zu einem Hügel, wo mit grünem Sproß
Die Krone aufhob ein Maronenbaum,
Von wo man eine weite Sicht genoß,
Licht war ein kleiner Brunnen an dem Raum.
 
Timäus sprach die Worte, heilig wahr,
Er hob die Stimme so: Gott ist der Bronn'
Innigsten Liebens, das bleibt immerdar,
Gott ist die Liebe in Person,
Die bei dem Prüfstein wahrhaftig besteht,
Und wird im Licht verherrlicht sein davon.
Die Liebeswonne, die von Gott ausgeht,
Erscheint als Liebe zu dem Menschenkind.
Die Liebe bleibt, wenn anderes vergeht,
Bleibt ewig schön wie eine Mainacht lind.
 
Der Mensch, der liebt, ist völlig Selbst geworden,
Die Liebe gibt der Seele ihre Schwere,
Daß sie ihr Dasein wahrt; sowohl im Norden
Und Nacht und weiten Weltraums Leere,
Als auch bei Süden, Tag und reifer Erde.
Zusammen geben sie zurecht die Ehre
Gott, denn sie weiden so wie eine Herde
Auf Seiner Hand und unter Seinem Blick.
Sie glauben, daß Er ihnen geben werde,
Weil sie Ihn bitten, nach der Not das Glück.
 
Die wahre Liebe zielt aufs hohe Gute,
Was auch dem Wesen Gottes ja entspricht,
Als ob Er wieder für die Menschen blute,
Als Schöpfer wieder spricht: Es werde Licht!
Dem Liebenden ist inniglich begehrlich
Das Lächeln der Geliebten, ihr Gesicht,
Ihr Segen, o er findet sie so herrlich,
Sieht Immerwährendes in ihr, und mild
Fließt von dem Mund die Rede schön und ehrlich
Von Herzen. Sie ist Gottes Ebenbild!
 
Ein Licht vom Lichte ists, ein Lampion,
Ein Lichtm das unberührt vom Finstern brennt.
Der menschgewordne Gott ist Sinnbild von
Der Opfertat, dem Liebessakrament.
Dem folgen alle nach, die wahrhaft minnen.
Die Selbstverleugnung ists, die recht erkennt,
Was mitten unter euch, im Menscheninnen,
Sein Friedensreich hat in Gerechtigkeit,
Er gibt den Liebenden das weiße Linnen
Und einen wahren Stein der Seligkeit.
 
So sprach Timäus, der war arm und blind,
Zum Liebespaar, Theon und Sophiam.
Doch reich und sehend ist das Gotteskind
Im Himmel bei der Taube und dem Lamm.
Er sprach: Von Herzen bat ich im Gebet,
Mit euch zu speisen dies gewürzte Lamm,
Bevor mein Ich zum ersten Tode geht.
O, Jesus hat die Seele mir gewonnen,
So glaub ich, daß die Seele aufersteht.
Die Liebe trägt die Myriaden Sonnen.
 
 
[Inhalt]


Hosted by www.Geocities.ws

1