[Inhalt]

DIE JUNGFRAU VON GUADELUPE

Von Peter Torstein Schwanke

„Höre, mein liebster Sohn, und wisse, dass ich viele Diener und Boten habe, die ich mit der Überbringung meiner Botschaft beauftragen könnte. Doch es ist ganz und gar notwendig, dass du derjenige sein sollst, der diese Mission ausführt und dass durch deine Vermittlung und deine Hilfe mein Wunsch erfüllt werden soll.“
(Die Jungfrau von Guadelupe)



ERSTER GESANG

Sanct Maria pinta nina:
Sankt Maria malt das Mädchen:
Also sind der Schiffe Namen
Von Christopherus Columbus.

In der Weihnachtsnacht des Jahres
Vierzehnhundertzweiundneunzig
Sankt Maria auf der Sandbank
Von Haiti ist gestrandet.

Einmal sah ich auf La Palma
Sankt Maria von Kolumbus,
Sah das Schiff stehn vor der Kirche
Von La Cruz, El Salvatore!

Und Fernando Cortez, Seemann,
Mit dem Schiffe Sankt Maria
Makellosester Empfängnis
In Amerika an Land ging.

Ich, der Ritter Don Quichote,
Kämpfte gegen finstre Mächte,
Für die unbefleckte Ehre
Meiner Herrin Dulcinea!

An dem Hals des Seemanns Cortez
Hing das Medaillon der Jungfrau,
Blaues Kreuz auf gelber Fahne:
Freunde, folgen wir dem Kreuze!

Eine Strecke blieb nur offen:
Nach Tenochtitlan, der Hauptstadt
Der Azteken. Diese Hauptstadt
War gewaltig wie Neapel,

Wie Konstantinopel, schöner
Als Venedig, Meer-Kybele.
Nur ein Schiff blieb: Sankt Maria
Makellosester Empfängnis.

In Europa Leonardo
Starb, zurück blieb nur ein Bildnis:
Gioconda, Mona Lisa
Mit geheimnisvollem Lächeln.

Karl der Fünfte war der Kaiser
Von dem Reich, in dem die Sonne
Niemals sank, die Philippinen
Östlich, Mexiko im Westen.

Der Azteken Reich besiegte
Cortez, dieses Land des Mondes,
Mexiko, das Land des Mondes,
Wie es Indianer nannten.

Doch der Kult der Menschenopfer
War so grausam, da die Priester
Ihren Opfern mit den Messern
Herzen aus dem Busen rissen!

Diese Kaktusfrucht des Adlers
Tat man in die Opferschale
Aus Basalt, sie darzubringen
Schlangengott Quetzalcoatl.

Vor der Opferung der Opfer
Nahmen ein die edlen Opfer
Drogenpilze, die berauschten,
Und Obsidiangetränke.

Zu dem Opferkult die Priester
Zapften Blut aus ihren Ohren,
Darum auch der Priester Ohren
Waren grauenhaft verstümmelt.

Schwarz gekleidet diese Priester
Und verfilzt die langen Haare,
Die Gesichter grau wie Asche,
Fingernägel ungeschnitten.

Nicht das Gold und nicht die Lieder
Voll der bittersüßen Schwermut
All die Spanier je versöhnten
Mit dem Kult der Menschenopfer.

All der Indianer Tempel
Der Azteken-Pyramiden
Sahen aus für Katholiken
Wie der Hölle Brückenköpfe.

Die Azteken aber sahen
An die Spanier auf den Pferden,
Hirsche nannten sie die Pferde,
Hirsche hoch wie Häuserdächer.

Die aztekischen Propheten
Prophezeiten einst: Im Jahre
Fünfzehnhundertneunzehn werde
Gott Quetzalcoatl kommen!

Gott Quetzalcoatl werde
Kommen, Gott als Flügelschlange,
Dessen Wiederkunft voll Sehnsucht
Mexiko voll Brunst erwartet.

Darum sind auch die Azteken
Nicht erlegen Spaniens Listen,
Sondern dieser Prophezeiung
Von der Wiederkunft des Gottes,

Sind erlegen ihrem großen
Staunen vor der Macht der Spanier
Und erlegen der Enttäuschung
Über die Gewalt der Spanier.

Cortez nahm den großen Kaiser
Mexikos gefangen, Kaiser
Montezuma, nicht nur Kaiser,
Sondern auch ein Hoherpriester.

Also saß der Abenteurer
Mit dem Kaiser viele Stunden
Nachts zusammen, disputierte
Über Gott und alle Dinge,

Über Kaiser Karl den Fünften,
Seinen Herrn, den scharfen Degen,
Dem der Abenteurer dachte
Montezumas Reich zu schenken,

Sprach dann von der Gottesmutter
Makellosester Empfängnis,
Himmelfahrt mit Leib und Seele,
Ihrem Königtum im Himmel,

Sprach dann von des Vaters Liebe
Und des Sohnes Rettertode
Und dem Trost des Heilgen Geistes,
Von dem Einen Wesen Gottes,

Sprach dann von der schwangern Jungfrau
Und dem menschgewordnen Gotte
Und von Christus an dem Kreuze,
Von dem Wesen aller Wesen

Und von andern intressanten
Dingen, was die Welt enthalte,
Sprach der Frauenheld und Seemann
Närrisch allergrößten Unsinn.

Aber Kaiser Montezuma,
Hoherpriester der Azteken,
Er befahl aus dem Gefängnis,
Menschenopfer darzubringen.

Trommeln dröhnten an der Spitze
Auf der Großen Pyramide
Und man blies die Muschelhörner
Und man blies die Knochenflöten.

Soll sich doch die Erde drehen,
Daß sich dreht die alte Mutter,
Alte Mutter schwarze Erde,
Braucht man Blut von Menschenopfern.

Menschenblut von Menschenopfern
Ist wie Blumen für die Götter.
Die Azteken waren trunken
Von dem Blutrausch ihres Kultes.

Sprach der Vater zu dem Kinde
In dem Codex Florentinus:
Aus Obsidian die Stürme
Streichen über unsre Köpfe.

Zählt das Kindlein sieben Jahre,
Sprach der Vater zu dem Kinde:
Diese Welt ist keine Stätte
Angenehmen Wohlergehens,

Sondern auf der schwarzen Erde
Gibt’s kein Glück und keine Freude.
Unsre Religion ist dunkel
Und so ernst wie Blut von Toten.

Alle heitre Menschenfreude
War dahin und voller Sorgen
Schlichen die betrübten Heiden
Voller Todesangst zum Tode!


ZWEITER GESANG


Aber in dem zehnten Jahre,
Da Tenochtitlan gefallen
War, der Mexikaner Hauptstadt,
Durch die spanischen Soldaten,

An dem Ufer saphirfarbnen
Sees ein Indio mit Namen
Cuanhtlatoatzin vom Stamm der
Chichimeken ging spazieren

In der ersten Morgenröte
An dem achten Tag des zwölften
Monats in dem Jahr des Herren
Fünfzehnhunderteinunddreißig,

Da entgegentrat dem Manne
Auf dem Hügel eine Jungfrau,
Ihm ein schönes junges Mädchen
Hold begegnete, sanft lächelnd:

Ich bin die vollkommne Jungfrau,
Immer-Jungfrau Sankt Maria,
Die ich bin die Mutter Gottes,
Mutter einzig-wahren Gottes!

Dieser Indio vor sieben
Jahren war getauft auf Jesus,
Nach Johannes und Jakobus
Auf den Namen Juan Diego.

Und es sprach das junge Mädchen
Zu dem Witwer, welcher zählte
Fünfundfünfzig Lebensjahre,
Sprach in Nahuatl-Sprache:

Juanito, o mein Kleiner!
Juan Diego sprach zum Mädchen,
Grüßte sie genauso zärtlich:
Nina, meine liebe Kleine!

Sieh, es war der Tag des Festes
Unsrer Lieben Frau Maria,
Die empfangen ohne Makel
Aller Erbschuld, ohne Sünde.

Darum sprachen auch die Spanier:
Dieses Mädchen ist die Pure,
Die Purissima, die Reine,
Allerreinste Sankt Maria,

Makellos empfangne Jungfrau,
Frei von jedem Fleck und Fehle,
Konzipiert vom Geiste Gottes
Als die Frau nach Gottes Herzen!

Die Begegnung mit dem Mädchen
Aber stattfand auf dem Hügel
Tepeyac, wo sonst die Heiden
Ihre Muttergöttin ehrten,

Tonantzin, die große Mutter
Des Getreides, Mutter Erde,
Eine steinerne Dämonin,
Dargestellt als eine Schlange.

Aber schau, nach der Begegnung
Der Allreinen mit dem Witwer
Acht Millionen Indianer
Kehrten in den Schoß der Kirche,

Acht Millionen Indianer
In dem Schoß der Mutter Kirche
Wurden geistig neugeboren
In dem Geist und in dem Wasser

Durch das Sakrament der Taufe,
Das die Priester ausgespendet,
Jesuiten, Franziskaner,
Gottgeweihte Gottesmänner,

Während vorher die Azteken
Nichts begehrten als das eine:
Katholiken in Kakao
Aufzukochen, aufzuessen!

Schau das wunderschöne Mädchen:
Der mestizische Gesichtszug
Zeigt die heilige Kreolin,
Spanisch wie auch indianisch.

Aber wer beschaut das Mädchen,
Sieht: Das Mädchen ist nicht spanisch,
Sie ist auch nicht indianisch,
Nicht mestizisch ist das Mädchen.

Sie gehört zu keiner Rasse.
War auf Erden sie auch Jüdin,
Ist sie Inbegriff der Menschheit,
Mutter aller Menschenkinder!

Schau ihr Antlitz, wie verschleiert
Vom Mysterium der Gottheit,
Wie geheimnisvoll ihr Lächeln!
Das geheimnisvolle Lächeln

Lächelt noch geheimnisvoller
Als der Mona Lisa Lächeln
Auf dem Bilde Leonardos
Seiner Muse Gioconda,

Lächelt noch geheimnisvoller
Als der Evelina Lächeln
Im Gesang des Dichters Schwanke
Nach dem Muster seiner Muse.

Und sie trägt ein Kleid von Blumen,
Einen meeresgrünen Mantel,
Darauf sechsundvierzig Sterne,
Drunter einen Hauch von Gaze.

Goldne Sonnenstrahlen rahmen
Sie wie eine lichte Aura,
Sie steht auf der schwarzen Sichel
Wie die Venus auf der Muschel,

Und sie steht in rosafarbnem
Mandelförmigem Ovale,
Das sich öffnet in der dichten
Wolkendecke an dem Himmel,

Wegen ihrem bronznen Antlitz
Nennt man sie La Morenita,
Wie auch Dichter Schwankes Muse
Evi sich einst Mora nannte.

Aber einst in Lourdes in Frankreich
Oder Fatima im Lande
Portugal Maria mahnte,
Warnte vor dem großen Weltkrieg,

Aber vor den Indianern
Fällt kein Wort der strengen Drohung,
Doch ist sie die Frau des Himmels
Der geheimen Offenbarung:

An dem Himmel eine Dame
Schön erschien im Kleid der Sonne,
Mit dem Mond zu ihren Füßen,
Zodiak als Krone tragend.

Während sonst die Liebe Fraue
Nur den Kindern ist erschienen,
Weil die lieben kleinen Kinder
Herzensreinheit noch besitzen

Und die Heiligkeit der Einfalt,
Ist Maria hier erschienen
Einem Mann, der selbst sich nannte:
Schatten, Feder, Schwanz, Geliebter!



DRITTER GESANG

Wie sind deine Augen, Jungfrau?
In den Augen meines Mädchens
Spiegelt sich ein Mann mit Vollbart,
Ist ihr Mann in ihren Augen.

Naht man sich dem Bild der Jungfrau,
Ändern sich die Farben immer
Je nach des Betrachters Winkel:
Irisierende Madonna!

Aber schau ich in die Augen
Meines Mädchens Morenita,
Seh ich die Personengruppe
Wieder in der Bischofskirche,

Sehe Bischof Zumarraga
Und den Dolmetsch Don Gonzalez,
Juan Diego dann, den Indio,
Wie er seine Tilma öffnet,

Seine Tilma, seine Toga
Mit dem Bild der Morenita,
Das Maria selbst geschaffen
Mit den Rosen von Kastilien,

Sehe in Marien Augen
Eine schöne Frau sich spiegeln,
Eine Frau und einen Spanier
Mit dem Antlitzschmuck des Bartes,

Sehe in Marien Augen
Eine Indianergruppe
Und ein süßes kleines Kindlein
In der Muttergottes Augen.

Dieses ist genau die Szene,
Da der Seher Juan Diego
Seine Tilma, seinen Umhang
Ausgebreitet vor dem Bischof,

Da er in der weißen Tilma
Trug die Rosen der Madonna,
Rote Rosen von Kastilien,
Die sie ließ im Winter blühen,

Als Madonnas rote Rosen
Aus der weißen Tilma fielen,
Auf dem Umhang ist erschienen
Unsrer Süßen Mutter Bildnis.

Und der Bischof Zumarraga
Und die Leute in der Kirche
Voll Bewunderung und Staunen
Sanken zitternd in die Kniee,

Denn es zitterten die Kniee
Vor der ganz unglaublich schönen
Jungfrau, der Idee der Schönheit,
Vor dem Ideal des Schöpfers!

In den Augen der Madonna
Ein Azteke ist fast nackend,
Sitzend mit gekreuzten Beinen,
Langes schwarzes Haar geflochten,

Pferdeschwanz am Nacken baumelnd,
Einen Ohrring an dem Läppchen,
Einen Ring am Ehefinger.
Bei dem nackigen Azteken

Steht ein alter Mann mit Glatze
Und mit einem weißen Vollbart,
Grader Nase, dichten Brauen,
Einer Träne auf der Wange.

Neben ihm ein schöner Jüngling,
Neben ihm ein greiser Alter
Mit Kapuze, Bart und Schnurrbart,
Einer Nase wie ein Adler,

Schöngewölbten Wangenknochen,
Eingesunknen Seelenspiegeln,
Halbgeschlossnen Lippenpaaren,
Einen Schal in Händen haltend.

Auch ein junges schwarzes Mädchen
In den Augen ist zu sehen
Und im Hintergrunde abseits
Eine Indio-Familie,

Eine Kappe trägt der Vater
Und die Mutter trägt ein Baby,
Dort die Oma, dort der Opa,
Insgesamt drei kleine Kinder.

Wer war aber jene Schwarze
In den Augen Unsrer Mutter?
In den General-Archiven
In Sevilla steht geschrieben,

Daß der Bischof Zumarraga
Hatte eine schwarze Sklavin,
Der er wegen guter Dienste
Sterbend noch die Freiheit schenkte

Und sein Testament verfügte,
Daß die schwarze Sklavin solle
Nun erlangen ihre Freiheit,
Und ihr Name war Maria.

Also sind der Jungfrau Augen,
Meines Mädchens schöne Augen,
Voller Mutterliebe schauend
Auf die Menschenkinder alle!



VIERTER GESANG


Meine Muse mich erfasste
Bei den Haaren und entführte
Mich auf ihren Adlerflügeln
In die Ortschaft Medjugorje.

Medjugorje war verborgen
In den Teppichen der Blüten,
In den Wiesen war das Beten
Wie des Atems Meditieren.

Tausend und zehntausend Seelen
Stimmten ein in die Gebete.
Kaum nach Mitternacht drei Stunden
Schliefen sie, sich früh erhebend,

Um die Königin zu grüßen,
Königin der Cherubini,
Königin der Seraphinen,
Königin der Kinder-Engel!

Hähne schrieen, Hühner eilten,
Hennen liefen mit den Küken.
Mütter trugen ihre Kinder,
Greise gingen an den Stöcken,

Manche Greise auch mit Krücken.
Vögel sangen in der Frühe,
Der Milan von Medjugorje
Segelt in der Morgenröte!

Ein Gewölk von Schmetterlingen,
Admiralen und Monarchen,
Tanzte um die keuschen Rosen,
Um die Blumen der Madonna.

Barfuß gingen manche Mönche,
Beter strömten hin wie Ströme,
Flüsse, die sich hier ergießen
In das Tal vom Doppelhügel.

Hier erzählte die Novizin
Miriam von Medjugorje
Mir die heilige Legende
Unsrer Herrin Morenita.

Siehe, Don Fernando Cortez
Groß war als Konquistadore,
Auf dem Wappen seines Flaggschiffs
War gestickt das Kreuz des Christus.

Dieses Kreuz zwölf Jahre später
Ist erschienen auf der Brosche
An dem Halse Morenitas,
Schwanenhalse Unsres Mädchens.

Cortez war ein Christ, ein frommer,
Der ein Jahr vor seiner Seefahrt
Seine liebe Frau ermordet
Voller Jähzorn und cholerisch.

Aber Cortez kniete nieder
Vor den armen Franziskanern,
Missionaren Jesu Christi,
Indianer zu bekehren.

Doch die Indianer waren
Nun zehn Jahre lang von Cortez
Unterdrückt und unterworfen
Von brutalen Heeresscharen.

Die Eroberung des Landes
Hunderttausende das Leben
Kostete, aus nackter Goldgier
Saugten aus das Land die Räuber,

Folterten die Adelsleute
Und versklavten alle Männer,
Brannten Brandmal in die Haut ein,
So als wären Menschen Tiere.

Manches Dorf verwüstet wurde,
Krankheit über Krankheit hatte
Hingerafft die Indianer,
Pest, Keuchhusten, andre Seuchen.

Fieber brannte in den Gliedern,
Knochenschmerzen, Magenschmerzen,
Und die Schwindsucht quälte grässlich,
Pocken, Masern quälten Kinder.

Leichen lagen in den Straßen
Und verwesend stanken Leichen.
Maiskorn ward nicht mehr geerntet,
Goldner Mais der Mutter Erde,

Mais verrottet auf den Feldern,
Ward nicht mehr gesät in Äckern,
Hungersnot wie eine Seuche
Raste durch die Indianer.

Diese Unheilszeit verlangte
Mehr der Opfer noch als alle
Die Massaker der Gewalttat
Räuberischer Ritter Spaniens.

Stadt Tenochtitlan war nahzu
Menschenleer geworden, diese
Hauptstadt von der Pracht Venedigs,
Niederlag in Trümmerhaufen.

Frauen waren so verzweifelt,
Wollten sie nicht mehr gebären
Kinder in die Welt des Dunkels,
Hier in der Kultur des Todes.

Dieses also war das Ende!
Sieh, da aber kam die Wende!
Morenita ist erschienen,
Unsre Köstlich-Süße Mutter,

Gottes Jungfrau, deren Bildnis
Sprach die bunte Blumensprache,
Die die Indios verstanden:
Sie ist Unsre Süße Mutter!

Die Azteken schauten immer
An die himmlische Erscheinung,
Ihre Schrift und ihre Sprache
Waren wie des Kosmos Zeichen.

Die Monstranz aus Sonnenstrahlen
In dem Rücken der Madonna
War ein Meteor des Himmels
Für die schauenden Azteken.

Daß die wunderschöne Jungfrau
Mit dem Leib verdeckt die Sonne,
Hieß: Der alte Gott der Sonne,
Seine Zeit war nun vergangen.

In dem fürstlichen Türkise
Ihres Mantels die Azteken
Sahen eine Himmelsfürstin,
Sie, die Königin des Himmels.

Aus den Blumen ihres Kleides
Die Azteken dies erkannten:
All die schöne Schöpfung Gottes
Ist das Kleid der Gottesmutter!

An dem langen Sternenmantel
Die Azteken dies erkannten:
Gottes Kosmos, so unendlich,
Ist der Mantel der Madonna!

An der hingehauchten Gaze
Überseidenfeinen Kleidchens
Die Azteken dies erkannten:
Sankt Marien Leib ist Lichtglanz!

Aber sie ist keine Göttin,
Denn sie betet an die Gottheit,
Faltet betend ihre Hände,
Menschengöttin voller Demut!

Die Monstranz aus Sonnenstrahlen
Um den Körper der Madonna
Ließ die Indianer tanzen:
David vor der Bundeslade!

Und die Ordnungen der Sterne
In Marien Kleid des Kosmos!
Die Azteken-Indianer
Sahn die Energie der Weisheit!

Michelangelo in Roma
Schuf die Pieta von Marmor,
Das Konzept, das makellose,
Jugendschöner Todesgöttin,

Deren Mund mich einmal küsste,
Daß ich zitternd sank zu Boden
Und das Hohelied der Liebe
Sang der ewigen Geliebten!

Doch in Mexiko Maria
Schuf als Künstlerin ein Kunstwerk,
Das macht alle Menschen sprachlos
Vor Begeisterung und Liebe!

Dieses Wunder ist unglaublich:
Gottes Ideal des Menschen,
Diese Frau-an-sich, gezeichnet
Himmlisch auf Kartoffelsacktuch!

Diese Frau verhüllt die Sonne,
Nämlich Abgott Vitzliputzli,
Diese Frau steht auf dem Monde,
Nämlich auf der Flügelschlange.

Siehe da, der Stern der Weisen
Führt nach Bethlehem die Seher,
Wo die Jungfrau in der Grotte
Gott als kleines Kind geboren.

Schaue den Zentaur, den weisen
Lehrer der antiken Helden!
Abgeschafft das Menschenopfer:
Gott ist selber nun das Opfer!

Schaue den Skorpion, das Sternbild,
Das zur Stunde der Geburt stand
Über Peter Torstein Schwanke,
Über seiner Muse Evi!

Schau den feuerroten Drachen,
Den die Jungfrau überwindet!
Der Geheimen Offenbarung
Großes Zeichen in der Endzeit!

Denke diese Sternenreihe
Du mit der Vernunft zuende:
An der Stirn des braunen Mädchens
Strahlte dann des Nordens Krone.

Dieses Mädchen Morenita,
An der Stirn des Nordens Krone,
Trägt im kosmischen Gewande
Strahlend schön das Kreuz des Südens.

O, die Königin des Kosmos
Sah ich an dem Kreuz des Südens
Einstmals über den Kanaren,
Überbleibsel von Atlantis!



FÜNFTER GESANG


In dem Santa-Anna-Kloster
Ward gefeiert Minnemaien
Und Marienmond, Maria
Als die Königin des Maien.

Sprach der Pater in der Andacht:
Als ich war im großen Kriege
Und die Bomben explodierten,
Ist vergangen meine Weisheit,

Aller Theologen Predigt,
Aller Philosophen Rätsel,
Nur Maria blieb, die Mutter,
Die ich rief wie in der Kindheit.

Sechzehnhundertachtunddreißig
Johann Khuen schrieb in München
Eine Hymne an Maria,
Die wir heut noch gerne singen:

Sagt uns an, wer ist doch jene,
Die da überm Paradeise
Als die Morgenröte leuchtet,
Morgenstern vom Garten Eden?

Jene kommt aus weiter Ferne,
Geht im Schmuck von Mond und Sternen,
Trägt als Kleid den Glanz der Sonne,
Jene ist die edle Rose!

Mitten in dem Glaubenskriege,
Welcher währte dreißig Jahre,
Schrieb der Dichter diese Hymne
An Maria Morenita!

Also frug ich einen Maler:
Warum malst du nicht Maria?
Was nicht malen Künstler alles!
Warum nicht der Frauen Schönste?

Sprach der Künstler der Moderne:
Soll ich malen denn ein Urbild?
Weißt du nicht vom Streit der Mönche,
Ob ein Urbild existiere?

Woher stammen die Begriffe,
Die wir von den Dingen haben?
Stammen sie von einem Urbild,
Von Ideen, Archetypen?

Augustinus lehrte Platons
Lehre, dass der Dinge Schatten
Abbild sei der Urideen,
Ewiglicher Wirklichkeiten.

So auch sprechen die Muslime
Von des Buches Mutter, nämlich
Von dem Ideal-Korane,
Der da steht im Himmel Gottes.

Also auch die Orthodoxen
Von der Wirksamkeit der Bilder
Sprechen: Alle die Ikonen
Abbild sind von Himmelsbildern,

Die Ikone der Maria
Ist ein Abbild der Maria,
Die Ikone des Messias
Ist ein Abbild des Messias,

Die Ikone ist nicht Abbild
Nur des Urbilds in dem Himmel,
Sondern die Idee des Urbilds
Gegenwärtig ist im Abbild.

Aber in dem Westen haben
Sieg im Philosophenstreite
Sich errungen jene Denker,
Die da Anti-Platonisten:

Gott schafft seine ganze Schöpfung
Nicht nach seiner Schöpfung Urbild.
Wo kein Urbild, ist kein Abbild,
Alles ist ganz einzigartig.

Alle Schöpfung, jedes Menschlein
Sei ursprünglich einzigartig,
Nicht des Urbilds Schatten-Abbild,
Nein, unmittelbar geschaffen.

Nicht nach der Idee des Urbilds
Habe Gott die Welt geschaffen,
Kein Koran und keine Tora
Habe Gott dabei begeistert,

Abrams, Isaks, Jakobs Gottheit
Und der Vater Jesu Christi
Ist ein völlig freier Schöpfer,
Nicht gebunden an ein Urbild.

Und vor allem sei das Menschlein
Gottgeschaffen einzigartig
Nicht nach der Idee des Urbilds,
Ist kein Urmensch in dem Himmel.

Ist kein Urbild in dem Himmel,
Individuum alleine
Ist der Mensch und einzigartig,
Individuelles Menschlein.

Wer den Menschen nun beleidigt,
Der beleidigt nicht ein Urbild,
Nicht ein Urmensch wird beleidigt,
Nicht das Ideal des Menschen.

Aber Benedikt der Petrus,
Früher Kircheninquisitor,
Ist Platoniker der Kirche,
Glaubt an die Ideen Gottes.

Wenn wir aber Bilder schauen,
Die als Abbild sind auch Urbild?
Die nicht Menschenhände malten,
Gottgemalte Ideale?

Doch die Philosophen staunten,
Sprach ich von dem Urbild-Abbild,
Gottgemaltem Ideale
Idealer Morenita,

Staunten unsre Philosophen,
So als spräche ich vor Mönchen:
Ich habe Unsre Frau gesehen
Heute in dem grünen Garten!



SECHSTER GESANG


O Jerusalem im Himmel,
Deine Mauer Edelsteine,
Jaspis, Chalzedon, Sardonyx,
Sardion, Smaragd und Topas

Und Saphir, der himmelblaue,
Und Smaragd, der meeresgrüne,
Chrysolithe, Chrysoprase,
Hyazinthen, Amethysten

Und Beryll, woraus geschaffen
Peter Torstein Schwankes Brille,
Und aus Einer Muschelperle
Ist des Himmels enge Pforte!

O Jerusalem des Himmels,
Wollte Gott, dass meine Seele
Wäre schon in dir zuhause,
Tochter Zion, meine Heimat!

O Jerusalem des Himmels,
Denke ich an deine bunten
Edelsteine, wird dein Stadtbild
Plötzlich mir zu einer Jungfrau.

Hör ich Vögel lieblich zwitschern,
Mütterliches Taubengurren,
Poesie der Nachtigallen,
Kolibri und Quetzalvogel.

Sehe ich die Blütenkelche
Edler Rosen von Kastilien,
Jene Rose, weiß und rosa,
Die das Jesuskind mir schenkte!

O Jerusalem des Himmels,
Nicht mehr eine Stadt von Jaspis,
Nicht von Gold und Glas gebaute
Himmelsstadt aus Edelsteinen,

Nein, ein wahrer Garten Eden,
Freudenparadies des Himmels,
Wo die Vogelherzen pochen,
Wo die Nachtigallen schmelzen!

Wo die weißen Rosen blühen,
Wo die roten Rosen glühen,
Wo die goldnen Rosen strahlen
Auf der Jungfrau bloßen Füßen!

Nicht Megapolis des Himmels,
Nein, des Himmels Morenita!
Dieser Morenita Körper
Ist der wahre Garten Eden!

Aber aller der Poeten
Muse von dem Berge Zion,
Die Urania der Kirche,
Singt nun selber eine Hymne,

Eine spanische Romanze
Revolutionärer Liebe:
Singe, Anima, die Gottheit,
Sing den Jubelschrei zur Cymbel!

Meine Seele preist die Größe
Adonais, mein Geist voll Jubel
Jubelt über meinen Retter,
Meinen Herrn und meinen Heiland!

Auf die Demut seiner Sklavin
Schaute Gott voll Wohlgefallen,
Selig preisen mich die Kinder,
Preisen mich die Kindeskinder!

Der Allmächtige hat Großes
An der Magd getan, sein Name,
Dreimalheilig ist sein Name,
Heilig, heilig, heilig Jahwe!

Gott ist voller Allerbarmen
Über alle Menschenkinder,
Über alle Menschenseelen,
Die voll Ehrfurcht sind vor Jahwe!

Er vollbringt mit seiner Rechten
Taten voller Kraft und Stärke,
Er zerstreut die Eitlen, Stolzen,
Er erhebt die Armen, Kleinen!

Hungernden reicht er die Speise,
Dürstende wird Gott selbst stillen!
Reiche lässt er leer ausgehen,
Er beschenkt nicht Mammonssklaven!

Gott denkt stets an seinen Diener
Israel (einst hieß er Jakob),
Denkt an Abraham, den Vater,
Und an alle seine Söhne!

Also sang des Himmels Muse
Revolutionäre Verse
Revolutionärer Liebe
Revolutionären Gottes!

Aber du, Poet Mariens,
Minnesänger der Madonna,
Willst du singen Gottes Tochter,
Bitte sie um jene Gnade,

Die sie Bernhard einst gewährte,
Diesem Troubadour Mariens:
Möge Gottes Große Mutter
Dich an ihren Wonnebrüsten

Saugen lassen Milch der Liebe,
Trinken lassen Wein der Weisheit,
Dann wirst du im süßen Stile
Unsre Liebe Frau besingen!

Die unendlichen Romane
Preisen Don Quichott und Josef
Und die Brüder Josefs oder
Auch die Brüder Karamasow.

Aber wo ist der Franz Werfel,
Der das Lied der Bernardette
Sang, der singt nun Juan Diego
Und die Herrin Morenita?

Ach ich bin ein kleiner Dichter,
Kann ja nur in Versen singen,
Nur ein Lyriker der Liebe,
Minnesänger der Madonna,

Ich will hier ja nur ergänzen,
Was der Dichter Heinrich Heine
Nicht gesagt in den Gedichten
Bimini und Vitzliputzli.



SIEBENTER GESANG


Liebenswürdig ist ihr Antlitz,
Weder dünn noch dick ihr Antlitz,
In ihm streiten einen Wettstreit
Himmels Schönheit, Himmels Sanftmut.

Weich und plastisch ist ihr Antlitz,
Augen, Mund und Nase aber
Sind so fein gezeichnet, siehe,
Daß des Angesichtes Ganzem

Wird hinzugefügt die höchste
Schönheit, eine solche Schönheit,
Daß das Herz zerreißt vor Liebe
Dem, der vor ihr steht, sie anstaunt!

Schöne Proportionen bilden
Ihre makellose Stirne
Und die langen schwarzen Haare
Mehren vielmals ihre Schönheit.

Ihre schmalen Augenbrauen
Sind geschwungen und von Feinheit.
Der gesenkte Blick voll Sanftmut
Ist so sanft wie Taubenaugen.

Und die Freude und die Ehrfurcht,
Die den Menschen tief ergreifen
Beim Erblicken dieser Augen!
Unerklärlich solche Augen!

Und sehr schön ist auch die Nase,
Stimmt harmonisch zu dem Ganzen.
Und ein Wunderwerk die Lippen,
Dieses Mundes süße Lippen,

Die geschwungne Unterlippe
Wird erhoben wie durch Fügung,
So des Angesichtes Anmut
Wird gewirkt vom süßen Lächeln.

Dies geheimnisvolle Lächeln
Ist von einem solchen Zauber,
Daß der Mensch bezaubert möchte
Küssen die Idee der Schönheit!

Auch das Kinn entspricht dem Ganzen
Dieser Herrlichkeit und Schönheit.
Ihre Wangen, leicht gerötet,
Sind gefärbt wie dunkle Perlen.

Auch ihr Hals ist ganz vollkommen,
Rund und schlank, und so vollkommen
Wie der schlanke Hals der Schwanin,
Die der Gott der Götter liebte.

Die allmächtige Prinzessin
Ehrte mit der Wunder-Malkunst
Raffael und Michelangel,
Tizian und Leonardo,

Botticelli, Giorgione,
Albrecht Dürer, Lukas Cranach
Und die andern wundervollen
Maler Unsrer Lieben Frauen.

So wir Künstler voll des Stolzes
Feiern unsre Himmelsmuse,
Sie, die Künstlerin des Himmels,
Die allmächtige Prinzessin!

Schau, die Strahlen um Maria
Leuchten golden wie die Sonne,
Rosa und Altrosa leuchtet,
Grün des Meeres, Gold der Sonne,

Kupferfarbe, Bronzefarbe,
Rosa und Rosé, so zarte
Farben wie die Morgenröte
Leuchtend überm Garten Eden.

Und die dunkle Morenita
Plötzlich hat ein blasses Antlitz.
Bin ich hier nicht, deine Mutter?
Bist du nicht in meinem Schatten?

Und das feminine Antlitz
Mit den sanft gesenkten Blicken
Ist so rein wie Ursprungsunschuld,
Lächelnd wie die Ungebornen,

Wie die reinen ungebornen
Kinder in dem Schoß der Mutter.
Aber plötzlich muß ich weinen...
Bin ich hier nicht, deine Mutter?



ACHTER GESANG


Sieh doch an die Art und Weise,
Wie sie ihren Purpurgürtel
Voller Liebreiz, Grazie, Anmut
Um die Hüfte sich geschlungen!

Schaue an den Purpurgürtel,
Wie er hoch rutscht über ihren
Schöngewölbten Leib! O Mädchen,
Ist Musik in deinem Leibe!

Schau das Blümchen mit vier Blättern,
Das erkennen die Azteken,
Das ist der Jasmin der Sonne,
Das verstehn die Indianer.

Schau, die makellose Jungfrau
Trägt in ihrer Leibesmitte
Diese Blüte vom Jasminbusch,
Den Jasmin der Gottes-Sonne!

Schau die sechsundvierzig Sterne,
Die Konstellation des Himmels
Über Mexiko zur Weihnacht
Fünfzehnhunderteinunddreißig.

Siehst du auch die beiden Schlangen,
Die umschlingen rings das Ganze?
Schlangen auf dem Bild der Jungfrau?
Wo siehst du die Jungfraunschlangen?

Schau, die eine Jungfraunschlange
Ist der Himmel in dem Norden
Und die andre Jungfraunschlange
Ist der Himmel in dem Süden.

Schau, die eine Jungfraunschlange
Ist das Sternbild Großer Wagen
Und die andre Jungfraunschlange
Ist das Sternbild Kreuz des Südens.

Wenn du siehst den Großen Wagen
In dem Norden an dem Himmel,
Denk, du schaust der Jungfrau Mantel,
Schaust die schwarze Nacht, die Mutter.

Wohin reicht der Kopf der Jungfrau?
In den Orient des Himmels.
Wohin reicht der Fuß der Jungfrau?
In den Okzident des Himmels.

Doch die Jungfrau schaut den Kosmos
Von der Erde nicht, der Mutter,
Nein, die Jungfrau schaut den Kosmos
Von dem Himmel aus, dem Vater.

In der Jungfrau Leibesmitte
Siehe den Jasmin der Sonne,
Schau, die Blüte vom Jasminbusch,
Klein wie eine Fingerkuppe.

Schau die Blüte vom Jasminbusch,
Was erkennst du in der Blüte?
Schau, ein Kind, geschlossner Augen,
Grad geweckt erst von der Mutter.

Ist sie nun ein junges Mädchen,
Vierzehn Jahre junge Jüdin,
Die in Nazareth gewohnt hat
In der Heiden Galiläa?

Oder ist sie nun die Göttin,
Frau der Offenbarung Gottes,
Miterlöserin mit Jesus,
Großes Zeichen in der Endzeit?

Der prophetische Johannes
Als der Adler Gottes schaute
Gottes Frau, der Endzeit Zeichen,
Frau geheimer Offenbarung.

Und auch Juan Diego schaute
Mit den scharfen Adleraugen
Gottes Frau, der Endzeit Zeichen,
Frau geheimer Offenbarung.

Der prophetische Johannes
Sah Maria in Visionen
Und der Seher Juan Diego
Sah lebendig sie als Mädchen.



NEUNTER GESANG


Juan Diego, Juan Pablo!
Die Maria Morenita
Das Geheimnis ist des Papstes,
Denn bei ihr begann sein Pilgern.

Sankt Maria Morenita
Weihte sich Sankt Juan Pablo,
Wie der Ritter vor dem Kreuzzug
Sich gewidmet seiner Dame.

Seit dem Januar des Jahres
Neunzehnhundertneunundsiebzig
Die Maria Morenita
Lenkte Juan Pablos Schritte.

In dem Land Guatemala
Heilig sprach San Juan Pablo
Bruder Pedro von den Maya
Unter einem Meer von Blumen.

Sankt Maria Morenita
Hatte keinen größern Minner,
Keinen größern Minnefreier
Als den Papst San Juan Pablo.

Als der Papst San Juan Pablo
Heilig sprach San Juan Diego
Mit der väterlichen Stimme
Voller Zärtlichkeit und Stärke,

Da war Mexiko voll Freude!
Rasseln, Trommeln, Muschelhörner
Machten die Musik des Himmels
Und die Indianer tanzten

In dem Schmuck von Adlerfedern,
Kolibri und Quetzalvogel,
Tanzten magisch und hypnotisch,
Tanzten um San Juan Pablo,

Blumig den Altar umkreisend,
Tanzend vor dem Bild der Jungfrau
Und vor Jesus, dessen Lende
Trug der Jungfrau Sternenmantel.

Und ein Bild von Juan Diego
Feierlich die Indianer
Trugen vor das Bild der Jungfrau
Und der Seher sah die Herrin,

Juan Diego schaute liebend
Zu der vielgeliebten Dame:
Ach ich bins nicht wert, mein Mädchen!
Bin ich schon im Himmelreiche?

Juan Diego schaute liebend
Zu Maria Morenita
Und Maria Morenita
Liebend sah zu Juan Pablo.

Juan Pablo saß versunken,
Seinen Kopf demütig senkend,
Hob er hoch den Corpus Christi –
Heilig, heilig, heilig Jahwe!

Und Maria Morenita
Liebend sah zu Juan Pablo:
Juan, Juan, Juanito!
Ach du kleinstes meiner Söhnchen!

Ebenmaß! Vollkommne Schönheit!
O das Gazekleid aus Blüten!
Rein wie Luft die Seide schimmernd!
O dies Duftgewand des Himmels!

Des gehauchten Unterkleides
Goldne Blüten himmlisch schweben
Um den makellosen Körper,
Unsichtbarer Gazeschleier!

Lichtglanz aus dem Paradiese
Glänzt um Sulamith Maria!
Salomo Messias huldigt
Seiner Königin der Liebe!

Pocht ihr Herz in ihrem Busen
Durch das Hauch des Gazeschleiers:
Süße Kaktusfrucht des Adlers!
Bin ich hier nicht, deine Mutter?

Morenita kommt vom Himmel,
Schwanger mit dem Gottessohne!
Kommt die Jungfrau, so kommt Jesus!
Komm, Herr Jesus! Ja und Amen!


[Inhalt]

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