[Inhalt]

FRAU MINNE

Von Peter Torstein Schwanke



LITANEI AN DEN KÖRPER MARIENS


1

O Mund der Gott-Natur, in Liebe küss mich!

O Mund Mariens, feuchte rote Rose,
O Mund Mariens, voll von Himmelsnektar,
O Mund Mariens, Überfluß von Küssen,
O Mund Mariens, minnegnädig grüßend,
O Mund Mariens, segnend voller Gnade,
O Mund Mariens, Honig deine Zunge,
O Mund Mariens, Honigmilch dein Gaumen,
O Mund Mariens, Lilien deine Lippen,
O Mund Mariens, Perlen deine Zähne,
O Mund Mariens, Elfenbein die Reihe,
O Mund Mariens, Zwillingslämmer-Zähne,
O Mund Mariens, wie der Wein berauschend,
O Mund Mariens, Küsse der Verzückung,
O Mund Mariens, liebevoll vergottend,
O Mund Mariens, Hauch des Paradieses,
O Mund Mariens, göttlich süß dein Odem!
O Mund Mariens, bete für die Kinder,
O Mund Mariens, segne du die Kinder,
O Mund Mariens, hauche Menschenliebe,
O Mund Mariens, kose deinen Gatten,
O Mund Mariens, speise meine Liebe,
O Mund Mariens, trinke meinen Odem,
O Mund Mariens, küss mit Feuerzungen!

Bei deinen Küssen auf den Mund des Kindes,
Bei deinem Grüßen durch den Mund des Engels,
Bei deinem Ja-Wort zu Herrn, dem Schöpfer,
Bei Kosenamen, die du Jesus lalltest,
Bei Zungenküssen heiß des heilgen Geistes,
Bei deinem letzten Seufzer vor dem Heimgang,
Bei deinem Sang des Hohenlieds im Himmel,
Beschwör ich dich, geliebter Mund Mariens!

Beim Mutter-Mund der einen wahren Gottheit,
Bei dem geschwisterlichen Kuß der Menschheit,
Beim Minnekosen süß des heilgen Geistes,

Ich bin ganz dein, geliebter Mund Mariens!


2

O Schleier meiner Gottheit, hebe dich!

O Haar Mariens, schwarz wie die Mitternächte,
O Haar Mariens, Ebenholz an Schwärze,
O Haar Mariens, dunkel wie der Rabe,
O Haar Mariens, schwarz wie Lack und Tusche,
O Haar Mariens, glatt wie reine Seide,
O Haar Mariens, Scheitel in der Mitte,
O Haar Mariens, schwarze Ziegen Gilads,
O Haar Mariens, langes Haar in Strömen,
O Haar Mariens, zu den Lenden fallend,
O Haar Mariens, Schleier um das Antlitz,
O Haar Mariens, Bräutigams Gefängnis,
O Haar Mariens, dunkle Nacht des Karmel,
O Haar Mariens, Tuch vorm Tabernakel,
O Haar Mariens, Jesuskind umwebend,
O Haar Mariens, hüllend bloße Brüste,
O Haar Mariens, Schamhaar vor dem Schoße,
O Haar Mariens, Schleier vor dem Schoße,
O Haar Mariens, unbeflecktes Schamhaar!
O Haar Mariens, fessle deinen Minner,
O Haar Mariens, Spitzen mich durchbohren,
O Haar Mariens, binde mich ans Kreuzholz,
O Haar Mariens, hülle mich in Nacht ein,
O Haar Mariens, schleire mich dein Schleier,
O Haar Mariens, breite deinen Mantel,
O Haar Mariens, berge alle Kinder,
O Haar Mariens, fessle alle Seelen!

Bei der Kaskade deiner schwarzen Haarflut,
Beim Spiel des Jesuslein mit deinen Haaren,
Bei jener dunklen Nacht bei Jesu Leiden,
Bei jenen Feuerzungen deines Scheitels,
Beim Fließen deiner Haarflut durch den Kosmos,
Beim Flattern deiner Locken, unserm Banner,
Bei der Entschleirung deines Angesichtes
Beschwör ich dich, geliebtes Haar Mariens!

Beim Schleier meiner schöpferischen Gottheit,
Beim schönen schwarzen Lockenhaar der Menschheit,
Bei Geistes Zungenkuß auf deinem Scheitel,

Der Jungfrau Haar, ich lieg in dir gefangen!


3

O Aug der Gottheit, die mich anschaut, strahle!

Mariens Augen, die mich liebend anschaun,
Mariens Augen, Mann in deinen Augen,
Mariens Augen, Spiegel reiner Seele,
Mariens Augen, Sterne innen funkeln,
Mariens Augen, Lieblingstöchter Gottes,
Mariens Augen, hüte mich, Augapfel,
Mariens Augen, schöne schwarze Augen,
Mariens Augen, liebefeuchte Augen,
Mariens Augen, schimmervolle Augen,
Mariens Augen, voll der Liebesblicke,
Mariens Augen, voll der Liebesstrahlen,
Mariens Augen, voll der Glut der Liebe,
Mariens Augen, voll von Allerbarmen,
Mariens Augen, sanfte Taubenaugen,
Mariens Augen, Ruh hab ich gefunden,
Mariens Augen, die ihr Gottheit anschaut!

Bei Liebesblicken zu dem Jesuskinde,
Bei der Betrachtung deiner frommen Seele,
Bei innrer Einsicht und der Schau der Weisheit,
Bei deinem Blicken auf den Sohn am Kreuze,
Bei deinen Tränentropfen roten Blutes,
Bei dem gesenkten Lid beim Tode Jesu,
Bei deinem zarten Leuchteblick zu Ostern,
Bei deinem frohen Augenglanz zu Ostern,
Bei deiner Einsicht in die schöne Liebe
Beschwör ich euch, Mariens schöne Augen!

Beim Auge meiner unsichtbaren Gottheit,
Bei dem erbarmungsvollen Blick der Menschheit,
Beim Seelenfünklein rein des heilgen Geistes,

Ich bin der Minner in Marien Spiegel!


4

O Kehle ewgen Wortes, All aussprechend!

O Hals Mariens, Schwanenhals, Frau Schwanin,
O Hals Mariens, langer Hals der Schwanin,
O Hals Mariens, schlanker Hals der Schwanin,
O Hals Mariens, feminin und weiblich,
O Hals Mariens, von dem Haar verschleiert,
O Hals Mariens, mit der Schmuck-Medaille,
O Hals Mariens, mit des Kreuzes Brosche,
O Hals Mariens, mit der Perlenkette,
O Hals Mariens, Elfenbein des Turmes,
O Hals Mariens, Turm des Königs David,
O Hals Mariens, Schmuck von tausend Schilden,
O Hals Mariens, Kehle deines Ja-Worts,
O Hals Mariens, Lobgesanges Kehle,
O Hals Mariens, der Fürsprache Kehle,
O Hals Mariens, Muttersegens Kehle,
O Hals Mariens, warm von mir umschlungen,
O Hals Mariens, benedeit geküsster!

Bei Jesuleins Umschlingen deines Nackens,
Beim Würgen in der Kehle bei dem Kreuze,
Beim Adamsapfel in dem Halse Christi,
Beim Recken deines Halses Ostersonntag,
Beim Odem deiner Kehle an dem Pfingsttag
Beschwör ich dich, o Schwanenhals Mariens!

Bei Jesus Christus als dem Haupt des Körpers,
Bei Sankt Maria als dem Hals des Körpers,
Bei der Ecclesia, dem Körper Christi,

Beim Haupt der einen allerhöchsten Gottheit,
Beim Leben jener Kehle ewgen Wortes,
Beim Odem Gottes und dem Hauch der Liebe,

Umschling ich deinen Hals allein, Frau Schwanin,
Den Schwanenhals, des Himmels Schwanenjungfrau,
Als Singschwan, der nur dich besingt, Madonna!


5

O Rechte meiner Heilands-Gottheit, rette!

Mariens Arme, herzlich mich umarmend,
Mariens Arme, lustvoll mich umschlingend,
Mariens Arme, an den Busen pressend,
Mariens Arme, an dem Herzen bettend,
Mariens Arme, mich als Söhnchen tragend,
Mariens Arme, reißend aus der Trübsal,
Mariens Arme, kraftvoll für mich streitend,
Mariens Arme, siegreich mich befreiend,
Mariens Arme, schützend vor den Feinden,
Mariens Arme, bloße schlanke Arme,
Mariens Arme, schlanke braune Arme,
Mariens Arme, sonnenbraune Arme,
Mariens Arme, mit den goldnen Spangen,
Mariens Arme, mit dem Rosenkranze,
Mariens Arme, Kinder all umarmend,
Mariens Arme, Kinder alle tragend,
Mariens Arme, Kinder liebreich drückend,
Mariens Arme, Kindernacken kosend,
Mariens Arme, Jesusknaben tragend,
Mariens Arme, Gottes Hals umschlingend!

Bei deinem Tragen deines Jesusknaben,
Bei dem Umfangen deines keuschen Gatten,
Beim Tragen der Weinkrüge auf der Hochzeit,
Bei dem Umfangen, ach, des Kreuzes Christi,
Beim toten Heilandsgott in deinen Armen,
Bei dem Umfassen, ah, des Auferstandnen,
Bei der Ecclesia in deinen Armen,
Bei der erlösten Welt in deinen Armen,
Bei deinem Retter-Arm vom Himmelreiche
Beschwör ich euch, Mariens bloße Arme!

Beim rechten Arm der Majestät der Höhe,
Bei ausgestreckten Armen an dem Kreuze,
Bei inneren Umarmungen der Liebe,

Ich ewig will in deinen Armen liegen,
Will ewig Arm in Arm mit dir lustwandeln,
Madonna, Freundin, in dem Paradiese!


6

O Busen der Gott-Mutter, tröste mich!

Mariens Brüste, in dem prallen Reichtum,
Mariens Brüste, in der großen Glorie,
Mariens Brüste, in lustvoller Blöße,
Mariens Brüste, voll der Milch des Trostes,
Mariens Brüste, benedeit von Jesus,
Mariens Brüste, hochgelobt von Frauen,
Mariens Brüste, Trost der Mutterbrüste,
Mariens Brüste, Brüste voll Erbarmen,
Mariens Brüste, feste Jungfraunbrüste,
Mariens Brüste, voll des Tranks der Einsicht,
Mariens Brüste, voll des Weins der Weisheit,
Mariens Brüste, Brüste der Berauschung,
Mariens Brüste, Bett des Liebes-Gottes,
Mariens Brüste, ich an euch gebettet,
Mariens Brüste, Rehe, Zwillingskitze,
Mariens Brüste, Brüste meines Mädchens,
Mariens Brüste, mich allein berauschend,
Mariens Brüste, Busen der Frau Weisheit,
Mariens Brüste, Brüste meiner Gattin,
Mariens Brüste, Zitzen der Geliebten!

Beim Saugen deines kleinen Jesusknaben,
Beim Spiel des Jesulein mit deinem Busen,
Beim Ruhn des Jesulein an deinen Brüsten,
Beim Benedein der Brüste durch die Frauen,
Beim Blute, deinem Busen, ach, entflossen,
Bei der Liebfrauenmilch auf dem Altare,
Bei deiner Pneuma-Brust der Gnaden-Göttin
Beschwör ich euch, Mariens pralle Brüste!

Beim Mutterbusen meiner Gottheit-Mutter,
Bei jenem Blut der Brust der Mutter Jesus,
Bei jener süßen Honigmilch des Geistes,

Ich ruh alleine zwischen deinen Brüsten
Und geb mich ganz dir hin, Maria, Gattin,
Berausche mich an deinem Busen ewig!


7

O Herz der ewgen Liebe, herze mich!

O Herz Mariens, Herz in meinem Herzen,
O Herz Mariens, voll der Mutterliebe,
O Herz Mariens, voll der Frauenliebe,
O Herz Mariens, meine rote Rose,
O Herz Mariens, Blut in meinem Herzen,
O Herz Mariens, meine intimes Liebchen,
O Herz Mariens, Heil mit jedem Pulsschlag,
O Herz Mariens, du mein Donnerhammer,
O Herz Mariens, du mein Purpurkissen,
O Herz Mariens, tausend Nadeln stechen,
O Herz Mariens, Fleisch vom Pfahl durchschlagen,
O Herz Mariens, wund von sieben Schwertern,
O Herz Mariens, mit dem Herrn gekreuzigt,
O Herz Mariens, blutigrote Minne,
O Herz Mariens, Hilfe auf dem Blute,
O Herz Mariens, makellose Mutter,
O Herz Mariens, offen deinen Kindern,
O Herz Mariens, Flamme meines Herzens,
O Herz Mariens, Liebe ganz aus Weißglut,
O Herz Mariens, heiß vom Feuerpfeile!

Beim Tragen Jesu unter deinem Herzen,
Beim Ruhn des Jesulein an deinem Herzen,
Bei deinem Herzen für den Durst der Zecher,
Bei deinem wunden Herzen unterm Kreuze,
Bei deinem Feuer-Herzen an dem Pfingsttag,
Bei deinem Flügel-Herzen in dem Himmel,
Bei deinem Mutterherzen für die Kleinen,
Bei deinem liebenden Liebfrauenherzen
Beschwör ich dich, o reines Herz Mariens!

Beim Inneren der ruhevollen Gottheit,
Beim wunden Herzen unsres armen Heilands,
Bei all dem Feuer gottergossner Liebe,

Mein Herz ist dein Herz und dein Herz ist mein Herz!


8

Schoß der Barmherzigkeit, erbarme dich!

O Schoß Mariens, meiner Ewig-Mutter,
O Schoß Mariens, meiner wahren Mutter,
O Schoß Mariens, meiner Mutter einzig,
O Schoß Mariens, meines Lebens Quelle,
O Schoß Mariens, meines Lebens Ende,
O Schoß Mariens, meines Lebens Heimat,
O Schoß Mariens, grundlos bin geborgen,
O Schoß Mariens, grenzenloser Himmel,
O Schoß Mariens, uferlose Meerflut,
O Schoß Mariens, Glut der schönen Liebe,
O Schoß Mariens, Grab, du meine Mutter,
O Schoß Mariens, Becken neuen Lebens,
O Schoß Mariens, Quelle ewgen Lebens,
O Schoß Mariens, Schoß des Bruders Jesus,
O Schoß Mariens, Freudengarten Eden,
O Schoß Mariens, Paradiesesgarten,
O Schoß Mariens, Lustort meines Gottes,
O Schoß Mariens, Brautgemach der Hochzeit,
O Schoß Mariens, Mutterschoß des Vaters!

Bei der Empfängnis dein der ewgen Weisheit,
Bei deinem Embryo des Gottessohnes,
Beim Blut des Heilands von dem Blut Mariens,
Bei der jungfräulichen Geburt des Heilands,
Bei dem intakten Hymen meiner Jungfrau,
Bei jener Neugeburt in Geist und Wasser,
Beim Kreuze in dem Schoß der Jungfraumutter,
Beim Heilandsblut im Schoß der Gottesmutter,
Beim Schoß der Mutter Kirche, uns gebärend,
Bei der Empfängnis in dem Schoß der Kirche,
Bei deiner Perlenpforte in den Himmel,
Bei deinem Schoß, dem Paradiese Gottes
Beschwör ich dich, geliebter Schoß Mariens!

Beim Uterus der schöpferischen Gottheit,
Beim Wohnsitz der Barmherzigkeit des Christus,
Beim Becken meiner Neugeburt im Geiste,

„Ich lade dich in meinen Schoß ein, Liebling!“ –
Ich gehe ein in deinen Schoß, Geliebte!


9

O Kinder, laßt uns beten, beten, beten:
Gott, unser Vater, unsre Mutter, Gottheit,
Marien Schoß ist alles, Schoß ist Alles,
Wir sind in Ewigkeiten Ewigkeiten
Im makellosen Mutterschoß Mariens,
Wir leben und wir weben, Gottes Kinder,
Und sind im Schoße unsrer Gottheit. Amen.



HYMNEN AN SOPHIA


1

Gott, der du von Sophia lebst,
Gott, der du vor Sophia jauchzt,
Gott, der du die Sophia liebst,
Gott, der du dich Sophia einst,
Gott, der du in Sophia wirkst,
Gott, der du in Sophia bleibst,
Gott, der sich an Sophia freut,
Gott, der du in Sophia bist,
Gott, du bist durch Sophia ganz,
Gott, die Sophia ist dein Schmuck,
Gott, in Sophia gehst du auf,
Gott, in Sophia bist du Licht,
Gott, in Sophia sinkst du ein,
Gott, von Sophia nährst du dich,
Gott, mit Sophia einst du dich
Wie sich Sophia eint dem Geist –
Ja, mit Sophia nah ich dir,
Dein Herz ist froh, wenn du sie schaust!


2

Sophia kam im Anbeginn
Hernieder aus der Himmelswelt
Und wallte in der Erdenwelt
Bei Menschenkindern in der Zeit.
Sophia ist im Anbeginn
Gezeugt vom Ur-Gott, Gott dem Herrn,
Die seine Wonne ist, sein Glück,
Dem Ur-Gott ist Sophia Braut!
Sophia ist das Fundament
Der Ordnung in dem Kosmos, ist
Des Kosmos inneres Prinzip,
Die gerne bei den Kindern weilt.


3

Erhaben deine Macht, o Frau,
Von allen Engeln wird dir Ruhm!
Gerecht ist, Herrin, dein Gericht,
Gerecht ist auch dein Urteilsspruch.
Du gibst das himmlische Gesetz,
Du gibst das irdische Gesetz,
Du gibst das kirchliche Gesetz,
Du gibst das häusliche Gesetz,
Du gibst das mystische Gesetz!
Wo auf der Erde wär der Ort,
Wo nicht dein Name uns ertönt,
Wo wäre in der Welt ein Land,
Wo nicht ertönte uns dein Ruf?
Bei deinem Namen bebt das All,
Die Engel freuen sich voll Lust!
Du schaust die armen Kinder an,
Die Unterdrückten in der Welt,
Du bringst der Welt Gerechtigkeit.
Wie lange noch, o Königin,
Wie lange, Friedenskönigin,
Daß triumphiert der böse Feind?
O schütz uns alle vor dem Zorn!


4

O, heilig, heilig, heilig du,
Sophia, Himmelskönigin!
Der Menschenkinder Helferin,
Der Todgeweihten Retterin!
Die herzliche Barmherzigkeit
Zeigst du den Armen dieser Welt.
Die Stunden und die Jahre sind
Erfüllt von deiner Gunst und Huld.
O wunderschöner Meeresstern,
Der Menschenkinder Schutzfrau du,
Der Erdenpilger Führerin
Und Spenderin der Seelenruh!
Des Schicksals Knoten lösest du,
Sophia, Knotenlöserin,
Du hältst die Spindel in der Hand.
Den Unglückssturm besänftigst du,
Gehorsam sind dir Meer und Wind,
Die in der Sterne Strahlenkranz
Das Schicksal übermeisterst du!
Die Engel in dem Himmelreich
Und Seligen und Heiligen
Von ganzem Herzen lieben dich!
Gebietest du den Sternen, so
Gehorchen sie mit Zittern dir,
Die Jahreszeiten folgen dir,
Äone folgen deinem Wink!
Die Engel alle voller Lust
Erfreun an deiner Schönheit sich,
Der Elemente Schöpferin
Und der Atome Herrscherin!
Die Winde folgen deinem Wink,
Die Wolken folgen deiner Macht,
Du lächelst und die Blumen blühn,
Du lächelst und der Wein bringt Frucht.
Die Adler schauen an dein Licht,
Die Vögel, die Gefiederten,
Am Himmel singen sie dir Lob,
Und Nachtigall und Lerche singt
Am Himmel deiner Gunst und Huld.
Auch in dem grünen Wald das Reh
Nach deiner weisen Weisung lebt,
Und selbst die Schlange in dem Staub
Folgt deinem göttlichen Befehl!
Der Wal, der in dem Meere schwimmt
Und mit den großen Schiffen spielt,
Gehorcht mit Beben deinem Wort,
Und in dem Meere der Delphin,
Der Dichter Freund, folgt deinem Wort.
Ach, ich bin viel zu arm im Geist,
Zu singen deine Majestät,
Und, Herrin, deine Herrlichkeit
Zu preisen heilig im Gedicht.
Mein Leben all und all mein Herz
Bring ich als Dankesopfer dar
Und meiner schönen Muse Kunst
Bring ich als Lobpreisopfer dar!
Die Ströme meiner Rhythmen sind
Genügend nicht zur Huldigung
Entsprechend der Erhabenheit
Sophias, meiner Gottheit-Frau!
Und hätt ich tausend Münder auch,
Zehntausend Zungen in dem Mund,
Und hätt ich Engelszungen selbst,
Mein Lob blieb doch Gestammel nur!
So also soll dies eine sein:
Das feminine Angesicht
Der Gottheit will ich innerlich
Im Inneren der Seele schaun!


5

Um Mitternacht, ich betete,
Befiel mich eine bange Angst.
Am Himmel schaute ich ein Licht.
Ein Mond, ein Kreis, ein lichter Glanz
Erleuchtete mir Herz und Geist,
Wie aufgetaucht aus dunklem Meer.
Mein Schicksal und mein Elend, ach,
Mit Schwermut auf mir lasteten.
Ich schöpfte Hoffnung. Mein Gebet
Drang zu Sophia durch die Nacht,
Daß sie mich rette vor dem Tod!
Ich schüttelte die Schwermut ab,
Erhob mein Herz, der Liebe voll,
Sprach siebenmal das Gloria
Und machte siebenmal das Kreuz
Und sprach das Ave siebenmal,
Denn Sieben ist der Gottheit Zahl,
Wie schon Pythagoras gelehrt.
Ich sprach voll Freude und voll Mut
Und betete Sophia an:
O Herrin allgebenedeit,
Des Himmels hohe Herrscherin
Und Königin der ganzen Welt!
Seist du der Erde Königin
In deinem goldnen Ährenkleid,
Seist du Urania, Idee
Der Schönheit im Ideensaal,
Seist du das Makellose Herz
In ewiger Jungfräulichkeit,
Seist du der Offenbarung Frau –
Wer du auch seist, du wirst verehrt
Von allen Zungen, jedem Volk.
Mit welchem Titel, welchem Bild
Die Menschenkinder ehren dich,
Mach du ein Ende meinem Leid!
Erlöse mich vom Mißgeschick,
Schenk Frieden mir und Seelenheil!
Nachdem ich so gebetet und
Gestanden seufzend all mein Leid,
Sank ich aufs Lager und schlief ein.
In einem visionären Traum
Sah meine Seele die Gestalt,
Der Herrin göttliche Gestalt,
Die tauchte aus der Dunkelheit
Im lichten Glanz der Herrlichkeit
Vor meinen Seelenaugen auf.
Kein Dichter sagt die Schönheit aus!
Ihr stammeln selbst die Seraphim!
Ich sah ihr Haar, ihr schwarzes Haar
Gescheitelt, seidenfein und lang,
Das floß den Rücken ihr hinab.
Auf ihrem Haupt ein Blumenkranz
Von Rosen weiß und rot und gelb.
Auf ihrer Stirn ein Diadem,
Das strahlte wie der Venusstern.
Zur Seite Trauben ihr und Korn.
Ihr Kleid war Linnen, weiß wie Schnee,
War eingewoben goldner Flor.
Der Mantel dunkelblau wie Nacht,
Mit goldner Sterne Kranz bestickt,
Er fiel zu bloßen Füßen ihr,
Auf denen blühten Rosen gold,
Die Füße standen auf dem Mond.
Die Zymbel in der rechten Hand,
Die Zymbel großen Jubelschreis,
Die linke Hand hielt einen Kelch,
Der Kelch war voll von Rebenblut.
Der Herrin göttliche Gestalt
Umgab ein Duft von Aloe
Und Myrrhe, Narde, Tragakant,
Galbanum, Stakte, Onych, Zimt
Und Weihrauch aus dem Heiligtum.
Sie sprach mich sanfter Stimme an:
Ich bin gekommen, Liebling mein,
Gib acht, Geliebter, Lieblingssohn,
Mich rührte dein Gebet und Leid,
Ich will dich retten aus der Nacht!
Die Jungfrau-Mutter der Natur
Bin ich, Gebieterin des Alls,
Erzeugerin der ganzen Welt,
Das Haupt der Engelshierarchie,
Beherrscherin der Heiligen
Und ewigweibliche Gestalt
Der Einen Gottheit – Amen, Ja!
Ich schaffe Leben aus dem Tod!
Die Völkerstämme ehren mich
Und geben viele Namen mir.
Den Juden bin ich Schechinah,
Bin die Matrone im Exil,
Als Hagia Sophia ehrt
Die Kirche mich der Alten Rusj,
Die Mutter der Barmherzigkeit
Nennt China mich, der Mitte Reich,
Die Lady mit dem Lächeln süß
Nennt mich die Mutter India,
Mich preist das Makellose Herz
Die Kinderschar von Portugal
Und Makellose Konzeption
Verehrt mich liebevoll La France,
Die frommen Polen ehren mich
Als Göttin von dem Klaren Berg
Und in Amerika bin ich
Die Morenita – Ich bin dein!
Ich bin gekommen, ich bin da,
O Vielgeliebter, Lieblingssohn,
Um dich zu retten aus dem Nichts,
Dich zu erlösen von dem Tod!
So leg nun deine Schwermut ab,
Gekommen ist dein Heil, mein Sohn,
Dein Heil ist meiner Liebe Gunst!


6

Den Himmel gab der Vater mir,
Die Erde gab der Vater mir,
Ich bin des Himmels Königin,
Die Herrschaft gab der Vater mir,
Der mir den Frieden anvertraut.
Der Himmel ist mein Strahlenkranz,
Die Mutter Erde ist mein Thron.
Den Sternenmantel gab mir Gott,
In meiner Linken ruht als Stab
Der Weisheit Zepter liliengleich.
Die Engel sind wie Vögelein
Und singen morgens mir und nachts.
Ich bin allein aus Gottes Huld
Geworden wahre Göttin dein!


7

Ich gebe schöne Gnaden dir
Im Frieden, dir das wahre Gut,
Denn Schätze sind in meiner Hand,
Denn unermeßlich ist mein Schatz,
Ich halt das Füllhorn in der Hand,
Mein ist die Schlange überm Kelch,
Ich bringe dir dein Saitenspiel,
Der Schwanenlyra Elfenbein.
Ich bin noch strahlender als Gold,
Ich bin wie feines Gold so rein.
Ich bin noch liebenswürdiger
Als Schönheit und Gesundheit auch,
Ich bin der Schönheit Schöpferin,
Mehr als Gesundheit liebe mich,
Mehr als die Schönheit liebe mich!
Erwarte von mir guten Rat,
Ich bin die immerwährende,
Die Mutter von dem guten Rat.
Mach ohne Weisheit keinen Plan.
Ich schütze dich mit meinem Schirm,
Ich bin die Schutzfrau, liebes Kind,
Die Schutzfrau ich, die starke Frau.
Belehren will ich dich, mein Sohn,
Erbitte Weisheit du von mir,
Dann lehr ich dich Mysterien
Des göttlichen Mysteriums.
Ich gebe Stärke dir und Kraft,
Ein königlicher Mensch zu sein,
Zu sein ein Priester und Prophet,
Und Macht, ein Gottessohn zu sein!
Vertreibe du den bösen Feind,
Indem du liebend mich verehrst!
Sophia liebe, liebe mich!
Ich bin die Königin in Gott.


8

Ich, siehe, bin des Weltalls Haupt,
Die ich vor jedem Wesen bin.
Ich bin der leisen Stimme Ruf,
Die Schweigende von Uranfang.
Ich bin im Inneren der Raum,
Wo still ertönt des Schweigens Ruf,
Verborgner Ruf, des Denkens Ruf,
Der Stille Unerschöpflichkeit.
Ich kam hernieder aus der Höh,
Trat an der Erde Mittelpunkt,
Aufstrahlend in der Finsternis,
Denn ich ging in den Nächten auf.
Die Lebensquelle quillt durch mich,
Ich barg mich in der Wasser Schoß.
Und aufgegangen ist im All
Die Freudenbotschaft meines Rufs,
Stark wie ein Mann, sanft wie ein Weib
Bin ich und wohn mir selber bei,
Bin Mutterliebe, Vaterkraft,
Mich mit mir selbst vereinigend.
Das Weltall hat durch mich Bestand,
Ich bin des Weltalls Mutterschoß,
Der Weisheit und Erkenntnis Schoß.
Ich bin im kommenden Äon
Die Herrin der Erkenntnisse,
Äone um Äone bin
Frau Weisheit unausforschlich ich.
Ich sende meines Rufs Vernunft,
In Seelen ruf ich meinen Ruf,
Denn in den Seelen ist mein Keim.
Der Einsicht Kinder, hört auf mich,
Der Stimme eurer Mutter lauscht,
Der Mutter der Barmherzigkeit.
Lauscht, liebe Kinder, meinem Wort,
Weil ihr gewürdigt worden seid,
Das ewiglich verborgene
Geheimnis zu empfangen, das
Mysterium des Friedens. Ja,
Das Ende finsteren Äons
Ist nah herbeigekommen und
Das Wandellose kommt nun bald!
Verheißung und Erfüllung ich,
Ich bin die Herrlichkeit des Herrn,
Die Mutter goldenen Äons,
Die Königin des Lichtäons.
Ich lasse meiner Botschaft Ruf
An euch ergehn, ihr Kinderlein,
Ich lad euch in den Himmel ein!


9

Nun höre zu, mein Lieblingssohn,
Und leih mir deines Geistes Ohr,
Vergiß dich selbst, vergiß dein Ich
Und die Geschöpfe dieser Welt!
Ich bin das unbegriffne Gut,
Das war und ist und sein wird je,
Das niemals ausgesprochen ward
Und niemals ausgesprochen wird.
Ich will mich in der Seelenburg
Dir offenbaren innerlich.
Doch keine Zunge singt mein Lob
Vollkommen, meiner Schönheit Ruhm.
Und doch, wenn ich, unwandelbar
Und unerschöpflich, dem Geschöpf
Mich geb in angemessner Art,
Wie das Geschöpf mein fähig ist,
Verhülle ich der Sonne Licht
Mit einem feinen Schleier zart
Und gebe meiner Gottheit Sinn
Mit schlichtem Menschenwort dir ein.
Wie meine süße Minne ist?
Ich stell mich herrlich vor dir dar,
Vor deines Herzens Angesicht,
Als eine schöne Grazie
In süßer Minne geistig rein.
Nun schmücke ich mich schön mit Schmuck
Und hüll mich in ein Lichtgewand
Von Muschelseide hingehaucht.
Ich mach mich auf in holder Art
Und schenk dir meines Herzens Herz!
Gib du mir aber auch dein Herz,
Dein Leben mir und deine Kunst.
Gib alle deine Kinder mir
Und gib mir deinen Lieblingssohn,
Du weihe mir die schöne Frau
Und alle Grazien der Welt.
Dann weihe mir die Frühlingszeit
Und singe mir den Minnesang
Und trinke meiner Liebe Glut
Zur Nacht im dunkelroten Wein.
All dies und alles, was du je
Ersinnen kannst an Liebe dir,
An Wollust, Liebreiz, Grazie,
Die ganze Liebe ist in mir!
Ja, süßer bin ich noch und bin
Wollüstiger und schöner noch
Als je ein Mensch erträumen kann
Und je ein Dichter sagen kann.
Ich bin von ewiger Geburt,
Ich bin von göttlichem Geschlecht,
Mich hat der Ewige gezeugt
Als seine Weisheit in dem Geist.
Sein Wohlgefallen hat der Herr
An mir, die ich sein Liebling bin,
Da ich des Vaters Wonne bin
In süßer Minne keuschem Geist.
Ich bin der süßen Wonne Thron
Und meine Krone ist das Glück.
Mein Auge ist so strahlend rein
Wie Eulenaugen in der Nacht.
Mein Mund ist purpurrot und feucht,
Mein Kuß berauscht noch mehr als Wein.
Die Wangen glühn mir rosenrot
Vor Wollust, singst du mir dein Lied.
Ja, meine weibliche Gestalt
Ist reiner Wollust Zauberreiz
Und Inbegriff der Grazie
Und reiner Schönheit Meisterwerk!
Und wollte auch ein frommer Mensch
In Schmerzen bis zum Jüngsten Tag
Im Feuerofen leiden, in
Der Trübsal Purgatorium,
Daß ihm nur Einen Augenblick
Mein Leib und meine Liebe wird
In ehelicher Einigung –
Glückselig wäre dieser Mensch!
So voller Schönheit ist mein Kleid
Wie Muschelseide ganz aus Hauch,
Gewoben aus der Sonne Licht,
Durchwirkt mit süßem Blütenflor.
Die roten Rosen voller Glut,
Die reinen Lilien schlank und schön,
Des ganzen Wonnemaien Blust
Und Blüten vom Magnolienbaum,
Sind Disteln, Nesseln, Dornen nur
Verglichen mit dem keuschen Flor,
Verglichen meiner Blüte Flor!
Ich spiele in der Gottheit Schoß
Der wonnevollen Liebe Spiel,
Ich bin der Seraphinen Glut
Und bin der Cherubinen Glück,
Äone um Äone sind
Mir alle wie ein Augenblick,
Der Liebe Engel staunen an
Die reine Himmelsschönheit mein
Und jedes Engels Liebespfeil
Entzündet sich an meiner Glut.
Der Engel Augen schauen an
Die liebevollen Augen mein
Und jedes englische Gemüt
Sinkt in mein himmlisches Gemüt.
Heil ihm, der süßes Liebesspiel
In meinem Arm, das Liebesspiel
Der Hochzeit in dem Himmelreich
In Ewigkeit genießen wird!
Ein Wort, das meine Lippe spricht,
Ist süßer als die Seligkeit
Und als der Sang der Seraphim
Und aller Meister Minnesang.
Sieh, meine Liebe ist intim
Und meine Minne voller Lust,
Mein Arm umfängt so liebevoll
Und voller Wonne ist mein Kuß
Und meiner Ganzhingabe Schoß
Ist ganz wie der Ekstase Rausch,
Daß sterben muß das Menschenherz
Vor Sehnsucht und vor Lustbegier!
Doch bin ich sanft, zutraulich, zart,
Bin gegenwärtig immerdar
Der Menschenseele, die mich liebt.
Ich lieb den Menschen allezeit!
Ich sitze mit dem Mann am Tisch
Und teile mit ihm Speis und Trank,
Bin gegenwärtig im Gebet,
Begleite ihn auf Schritt und Tritt.
Geht seines Lebens Weg der Mann,
Geh ich voran als Führerin,
Und kehrt der Mann am Abend heim,
So ruht er aus in meinem Arm.
Wem schon in dieser Erdenzeit
Von meinem Munde ward der Kuß
Und Wollust der Vereinigung
Im mystisch-ehelichen Akt –
Dem ist die Liebe dieser Welt
Nichts anderes als Schierlingsgift
Und alle Erdenschönheit nichts
Als nur Verwesung, Kot und Staub!
Der Vielgeliebte meiner Lust,
Gespiele meines Liebesspiels,
Umringt von meiner Liebesglut
Wird in All-Einheit eingesenkt,
All-Einheit, die von Bildern bloß.
Die Weisheit, redend ohne Wort,
Die taucht den Vielgeliebten ein
In seines eignen Lebens Quell.
Der Quell, aus dem das Leben floß,
Der lebensschöpferische Schoß,
Der Mutterschoß der Gottheit ist
Der Schönen Liebe Mutterschoß.
Der, der mir seine Minne weiht,
Der Ganzhingabe Liebe schenkt,
Der lebt auf Erden selig schon,
Glückselig in dem Paradies!


DAS MÄDCHEN LIEBE

1

Ein Sühneopfer will ich bringen,
Sündopfer sei mein Lobgesang.
Geschöpfe will ich, gute, singen,
Die Schöpfung, gut, voll Liebesdrang.
Was aber sind dann unsre Wunden,
Die all umher an uns gefunden,
Urwunde, sag mir, was du bist?
Der Mensch, ah weh, vertrieben ist,
Vertrieben aus dem Garten Eden,
Die Paradiesfrucht in dem Mund,
Und darum ist der Mensch so wund,
Drum trifft das Sterben einen jeden,
Weil Eva und auch Adam nahm
Sich das Verbotne ohne Scham.

Der Mensch braucht eine weiche Flanke,
Der Mensch braucht die Verletzlichkeit.
Aus Gott kam wie ein Gottgedanke
Der Mensch, der Mensch ist gottgeweiht,
Es lebt der Mensch mit seinen Werken
Von Gottes Stärke, ihn zu stärken,
Der Mensch und seine Leidenschaft
Lebt nur von Gottes Liebeskraft,
So wie ein Kind von seiner Mutter.
Der reife Mensch aus Freundschaft lebt,
Die Freundschaft ist, die alles webt,
Die Freundschaft ist wie Seelenfutter.
Der Mensch empfängt vom Menschen Glück,
Von Freundschaft und der Liebe Blick!

Denn fühlt der Mensch des Herzens Freude
Und das Entzücken und das Glück,
Dann führen einsichtsvolle Leute
Das auf den Schöpfergott zurück.
Dann fühlt der Mensch im Lebenstrubel
Die eigne Schöpfung aus dem Jubel,
Mit all dem Jubel in der Brust
Fühlt er der Gottheit Schöpferlust!
Der Mensch ist überall umgeben
Von der Geschöpfe Sympathie,
Der Elemente Harmonie
Dem Menschen dient mit allem Leben.
In aller Freundschaft Grund ist Er,
Der liebe Ur-Freund, Gott der Herr!

Und mit dem Ur-Freund voller Liebe
Erscheint Ur-Freude, Seligkeit,
Gewollt zu sein mit allem Triebe,
Gewollt in der Lebendigkeit,
Gewollt zu sein wie Mond und Sonne
Von Gott, das ist des Menschen Wonne,
Wer das erkennt durch Geistes Kraft,
Der kennt die frohe Wissenschaft.
Der schaut auch auf der Himmelsleiter
Die Herrin, die die Freude ist,
Die Freundin, die mit Segen küsst,
Liebfraue lächelnd zärtlich heiter!
Maria öffnet dann den Gang
Zu heitrer Freude Überschwang!

Gott wob die Schöpfung, wob die ganze
Natur wie in ein Zaubernetz,
Der Liebe Netz von goldnem Glanze,
Gewoben nach dem Urgesetz.
In Freundschaft ist die Welt gewoben,
Da Tag und Nacht, da drunten, droben,
Da alles lebt in Harmonie
Geordnet durch die Sympathie.
Die eine Kreatur begegnet
In Freundschaft andrer Kreatur,
Ist Sympathie in der Natur,
Die Liebe die Geschöpfe segnet,
Wo eins sich an dem andern freut
Wie an der Liebe Zweisamkeit.

Da duften in dem Lenz die Kräuter,
Das Kraut schickt seinen Duft zum Kraut,
Da spitzt dem Kälbchen sich das Euter,
Die offne Blüte wird betaut,
Da leuchten schön die Edelsteine,
Kein Wesen ist mit sich alleine,
Der Mondstein schaut voll Sympathie
Zum blauen Lapislazuli.
Die Wesen alle mit der warmen
Begier ersehnen sich den Kuß,
Ihr Trieb verschmachtet nach Genuß,
Nach Gottes liebendem Umarmen,
Daß Gott, der höchster Eros ist,
Der Schöpfer seine Schöpfung küsst!

Die Schöpferkraft ist schöne Liebe,
Die Menschheit ist wie Sulamith
Geschaffen aus dem Liebestrieb,
Geschöpf der Liebe, Glied für Glied.
Gott zeugte in der Morgenröte,
In der Ur-Morgenröte Bette,
Als wie mit einer lichten Frau
Den Gottessohn wie Morgentau,
Den Herrn und König, meinen Heros.
Gezeugt des Sohnes Gott-Natur,
Geborn die Menschenkreatur
Von Gott ist als dem höchsten Eros,
Der Liebe Glut in Gottes Brust
Erzeugte, überreich an Lust!

Fürwahr, ich schau das Mädchen Liebe,
Das Mädchen Liebe, klar wie Glas
Seh ich im innern Seelentriebe
Das Mädchen Liebe, Karitas!
Sie wallt in einer weißen Seide,
Ein Lichtweib, eine Augenweide,
Von Gold ist ihres Saumes Zier,
Der Zaubergürtel wie Saphir.
Die Ewigkeit ist ihre Heimat.
Als Gott die Welt erschaffen wollt,
Er neigte sich dem Mädchen hold,
Die seiner Liebe süßen Reim hat,
Gott neigte zärtlich sich zu ihr
In Weißglut brennender Begier!

Er sah voraus das ganze Werde,
Als ob der Vater in dem Thron
Zum Erbteil Himmelswelt und Erde
Bereitete dem ersten Sohn.
In großer Liebe Kraft und Stärke
Schuf Gott die Welt und alle Werke,
Schuf Himmel, Ozean und Land
In seinem heißen Liebesbrand!
Der Ton erkannte seinen Töpfer,
Erkenntnisreich die Kreatur
Erkannte an die Gott-Natur,
Die Schöpfung schaute an den Schöpfer,
Des ganzen Kosmos Weltverein,
Das All sah an das Einig-Ein!

Ja, damals war das Mädchen Liebe
Im Weltenanbeginn schon da,
Das Mädchen voll der Liebestriebe
Präsent war als Materia,
Als Gott das Schöpferwort: Es werde!
Zum Himmel sprach und zu der Erde
Und Himmel fein und Erde zart
Nach Gottes Schöpferworte ward.
Drum nennt die Welt, die schöne Närrin,
Frau Welt mit ihrer breiten Brust,
Frau Liebe ihre höchste Lust,
Nennt Mädchen Liebe ihre Herrin,
Der Kosmos seine Herrin sah,
Die Liebe, seine Domina!

Aus Liebe ging hervor der Himmel,
Die Erde und das große Meer,
All das lebendige Gewimmel
Und aller Kreaturen Heer,
Weil Mädchen Liebe, Mädchen Minne
Die Erste war im Anbeginne,
Weil Schöne Liebe offenbar
Geheimnisvoller Anfang war.
Aus Liebe ist das All gewoben,
Ist ohne Bosheit, ohne Schmerz,
Die Liebe ist des Weltalls Herz!
Freiwillig soll die Menschheit loben
Die Liebe, ihren Anbeginn,
Frau Liebe, ihre Schöpferin!


2

Die Liebe will des Menschen Freiheit,
Und das ist die Verletzlichkeit.
Hier, in des Lebens Einerleiheit,
Der Mensch kann in Freiwilligkeit
Die Liebe in der Schuld verletzen,
Sich reißend aus der Liebe Netzen,
Der Liebe in die Ohren schrein
Unliebend, harten Herzens: Nein!
Der Mensch soll wie die Liebe sagen
Ein Du und Ich, will Gott der Herr,
Ein Ich und Ich wie Luzifer
Der Mensch spricht, Liebe zu versagen,
Doch nur der Liebe Ich und Du
Der Seele gibt die Seelenruh.

Wie Luzifer im Himmel wollte
Sich egoistisch lieben nur,
Der wie die Morgensterne Holde
War in die eigene Natur
Verliebt, in seine eigne Schöne,
Sich selbst sein eignes Lustgestöhne.
Der abgefallne Mensch auch ist
Ein selbstverliebter Egoist,
Und so vergessen sie den Schöpfer.
Der Gottvergessne voller Spott
Ist selbst Gesetz sich, selbst sein Gott,
Der Ton ist sich sein eigner Töpfer.
Die Liebe, dich sich liebend bot,
Der Mensch schlägt sie im Frevel tot!

Der schönen Liebe schöne Glieder,
Die Menschen in der Einsamkeit,
Sie schlagen, ach, die Liebe nieder
In schmerzensreicher Bitterkeit.
Der Mensch, den Gottes Liebe dachte,
Als er zu eigner Kraft erwachte
Und starker Eigenständigkeit,
Er sank in Gottvergessenheit.
Doch ist der Mensch mit Gott verbunden,
So ist das ganze Leben, schau,
In einem Rad steht eine Frau,
Von einem Feuerrad umwunden,
Die Frau in höchster Schönheit glüht,
Der Lotos ihr in Händen blüht.

So strömt zu uns die schöne Liebe
Wie Glut der Feuer-Energie,
Es lodern alle unsre Triebe,
Weil sie entflammt die Seelen, sie
Ist Kraft und unsrer Triebe Stärke.
Wir wollen selber tun die Werke
In Müh und Arbeit, aber nein,
Es soll Geschenkt der Grazie sein!
Es soll Geschenk des Geistes heiter
Und Grazie sein, von Gott geschenkt,
Wenn Liebesgunst sich in uns senkt,
Die Herrin steigt die Himmelsleiter
Bis in die Totenwelt herab,
Steigt nackt in unsres Fleisches Grab.

So die Natur des Menschen leider
Verkrampft ist und pervers verdreht,
Der Mensch ist bitter und nicht heiter,
Der Mensch krumm in sich selber steht.
Die schöne Liebe ohne Fehle,
Vergißt der Mensch sie, seine Seele
Vorm Reiz der schönen Liebe flieht,
Begeht die Seele Suizid,
Im Selbstmord ist sie angefallen
Von Gottes Liebe, dessen Brust
Sieht sie nicht beben mehr voll Lust
Und sieht nicht mehr die Locken wallen,
Die Seele flieht von Liebe fort
Und mordet sich mit eignem Mord!

Der Mensch, der sich von Liebe wendet,
Flieht der Geliebte und der Sohn,
So seine Kraft der Liebe endet,
Das ist wie eine Kastration,
Der gottvergessnen Menschen Taten
Sind wie die Lenden von Kastraten,
Ist ohne Inbrunst dann ihr Lied,
Der Mensch nicht mehr der Liebe Glied.
Dich zu der schönen Liebe wende,
Der schönen Liebe schöne Scham
Wählt, Menschen, dich zum Bräutigam,
Gegürtet an Gemütes Lende.
Die Macht der Liebe makellos
Anbete du, der Liebe Schoß!

Der Mensch muß Luzifers Versuchung
Versucht aufs Neue neu bestehn.
Dem bösen Engel ward Verfluchung,
Dem Menschen soll es anders gehn.
Gott liebt den Menschen sehr, der Engel
War lichter als ein Lilienstengel
Und wie der Morgenstern sein Thron,
Der Morgenröte lichter Sohn
Hat seinen Himmelsthron verloren,
Sein ist die Hölle und ihr Groll,
Der Mensch jedoch, der Fromme soll
Wie Tau aus Morgenrot geboren
Einst thronen in des Engels Thron,
Der Morgenröte Menschensohn!

Der Mensch der Liebe geb die Ehre,
Erotischem Mysterium,
Sich nicht wie Luzifer verwehre,
Der schönen Liebe schaffe Ruhm,
Die Liebe zu der Liebe wende,
Der Liebesgottheit Ruhm vollende!
Der Mensch geh darum aus sich aus
Und kehre in der Liebe Haus,
Von schöner Liebe angezogen,
Zieh aus der Mensch voll Leidenschaft
Aus seinem Ich, von Liebeskraft
Gelockt, die günstig ihm gewogen,
Kehr in den Schoß der Liebe heim,
Der fließend süß wie Wabenseim!

Gott, zieh mich fort von meinen Taten,
Die in mir nur gewirkt der Lehm,
Der Lehm nichts Gutes läßt geraten,
Laß Duft mich sein, dir angenehm,
Als Duft soll gelten dir mein Streben,
Als süßer Wohlgeruch zum Leben,
Ich will nicht sein wie Fäulnis krank
Und wie ein tödlicher Gestank,
Die Sünde nagelt mich mit Dornen,
Mein Fleisch sie nagelt auf den Tod,
Der Sünde Fleisch wie Blut so rot
Sei mir wie einem Neugebornen
Verklärt in Licht und Strahlenglanz,
Laß tanzen mich der Liebe Tanz!

Laß steigen mich zum Lichte, steigen,
Wie Phönix aus der Asche stieg,
Laß tanzen mich der Liebe Reigen,
Triumphgeschrei gib mir und Sieg,
Der Seele Aufflug, fern des Spottes,
Sei Aufstieg meines Herrn und Gottes,
Der siegreich auferstanden ist,
Der König Phönix, Jesus Christ!
Ich bin verliebt nicht in die Höhle,
Wo Schattenbilder nur zu schaun,
Ich liebe mehr den Lichtglanz, traun,
Weil Gottes Lichtglanz meinen Geist
Ins Licht der Auferstehung reißt!

Wenn du in Sünde dich gebettet,
Ist traurig deine Seele, weil
Du zweifelst, ob du wirst gerettet,
Ob dir zuteil wird Seelenheil,
Weil du gewandelt auf den Spuren
Der Huren, du geliebt die Huren,
Erkanntest geil den Hurenschoß,
Weil deiner Unzucht Sünde groß,
Wie der verlorne Sohn dich wende
Zum lieben Vater, allenthalb
Bereitet er dir schon das Kalb,
Festbraten, seiner Liebe Spende,
Wie, oder hat dein Seelchen keusch
Verloren den Geschmack am Fleisch?

Ach, man muß weinen um die Wonne,
Um Seligkeit in einem fort,
Sie, strahlend wie die Maiensonne,
Sie findet keinen Seelenort.
Wo ist die Seele, die sich freue?
Im Bad der Tränen deiner Reue
Wird wieder deine Seele rein,
So zieht der Liebe Wonne ein!
O lieber Gott, ich hab gesündigt
Mit meiner Unzucht geilen Brunst,
Gesündigt gegen deine Kunst,
Ich bin dein Kunstwerk, das verkündigt
Die Liebe, Künstlerin von Art,
Weil ich der Liebe Kunstwerk ward!


3

Wie? Wollt es aber Gott gefallen,
Daß jedes Wesen glücklich sei?
Glück werde allen Menschen, allen,
Der Mensch sei liebend, glücklich, frei!
Die wahre Ehrfurcht überwindet
Die Angst. Wer Angst im Innern findet,
Der ist noch in der Liebe nicht,
Der kennt nicht Gottes Angesicht.
Der innern Sehnsucht nachzugeben
Und Gott zu trauen und dem Glück,
Getraue dich, ein Augenblick
Mit Gott ist schöner als das Leben,
Gott ist im Nun der Ewigkeit
Der Seele tiefste Seeligkeit!

Der Mensch, der da ergreift das Rechte,
Verläßt sich selbst, in Gott versinkt,
Der ist wie einer, welcher zechte
Die Kraft und der die Liebe trinkt!
Er wird durchglüht vom Wein aus Feuer,
Daß Kelch um Kelch sein Herz erneuer,
Trinkt Liebe er wie Rebenblut,
In seinen Adern Liebesglut!
Nicht wie ein Säufer, wilder Zecher,
Der trunken weiß nicht was er tut,
Nein, der da zecht der Liebe Glut
In seiner Ganzhingabe Becher,
Der findet an dem Überfluß
Der Liebe nimmer Überdruß!

Den Rotwein Gottes bietet Christe,
Arznei gibt Christus Medikus,
Die reine Glut der Alchemiste,
Der Weisheit Wein im Überfluß,
Ja, Jesus selbst ist großer Zecher,
Er ist der Wein, er ist der Becher,
Er gießt das Blut der Rebe ein,
Sein eignes Blut ist Feuerwein!
Spricht Jesus: Zeig mir deine Wunde,
Ich leide deine Wunde mit,
Ich leide mit, wie Leid ich litt,
Ich bin dein Heil im Herzensgrunde,
Dann wirst du durch das Mitleid mein
Mit Gott dem Herrn vereinigt sein!

Das Leben ist dem Glück ersonnen,
Vollkommen alles ist gemacht
Von Liebe, voller Liebeswonnen,
Geschaffen von der Liebe Macht.
Wer Gott sich unterwirft als Sklave,
Ist Magd des Herrn, ist Knecht von Jahwe,
Wer Satan überwunden so,
Steht unterm Schutz des A und O.
Wenn er entbrennt zum guten Geiste
Und immer auf die Gottheit schaut,
Dann nahen Himmlische vertraut,
Das Lob, mit dem er Liebe preiste,
Das bringen sie der Gottheit dar
Auf Gottes himmlischem Altar!

Bei Gott sind alle Gotteskräfte,
Bei Gott der Liebe Leidenschaft,
Mich schwellen so der Liebe Säfte,
Ich steig hinan von Kraft zu Kraft!
Wer Sklave ist der Einheit-Dreiheit,
Der erst erlangt den Geist der Freiheit!
Im Geist die Gottheit zu mir spricht:
Schön deiner Augen Seelenlicht,
Hör ich dich Göttliches verkünden!...
Schließ auf dein Herz dem Einig-Ein,
Dann wächst die Feldfrucht, fließt der Wein!
Glückselig du, in deinen Sünden,
Mit heißem Liebestriebe preist
Und singst dein Lied dem Feuergeist!

Dir, Feuergeist, dir Ruhm und Ehre,
In dir erglüht des Menschen Herz,
Der Busen als die Seelensphäre
Umfasst die Schönheit und den Schmerz
Und alle Kräfte meiner Triebe,
Es steigt der Wille meiner Liebe
Zur Schönheit auf, die selig glüht,
Die schenkt Aroma dem Gemüt.
Die Heilung geht dann aus vom Herzen,
Wenn sichtbar wird das Morgenrot
Der Neugeburt, der Egotod
Begrub dich schon mit Todesschmerzen,
Unsagbar bricht nun auf in dir
Nach Schöner Liebe die Begier!

Oh welch ein glühendes Verlangen
Bricht auf in dir nach Gotteslust!
Dir zehren sieben Feuerschlangen
Der Gotteslust an deiner Brust!
Du loderst für das Stirb-und-Werde,
Tust Liebeswerke auf der Erde,
Der Gottesliebe schöner Held
Tust Wunder du in Gottes Welt,
Der Eingeborene der Wunder
Der Liebe Gottes ohne Spott
Bist du, erkennst im Glauben Gott,
Und loderst wie entflammter Zunder,
Küsst Gott mit der Erkenntnis Kuß,
Liebst Gott mit Liebesüberfluß!



FRAU MINNE


1

Die Schöpferin, die Hagia Sophia,
Ist Weberin und Kleidermacherin,
Ist Architektin, Malerin und Schmiedin.
Sie ist die große Weltenbildnerin,
Ist Logos, ist die göttliche Vernunft!
Auch Platon kannte, mit der Gottheit eins,
Die Weltenbildnerin Sophia, die
Zuordnet die Materia den Dingen.
Sie ist die große künstlerische Gottheit,
Die schöpferische, mütterliche Gottheit.
Mitschöpferin mit Hagia Sophia
Und Demiurgin ist die Frau Natur,
Die große Göttin-Künstlerin Natur!
Die Kunst Sophias und der Frau Natur
Ist die Erschaffung dieser Welt und Menschen.
Ovid in seinem Hymne von der Schöpfung
Gibt der Natur und Gottheit gleiche Macht
Und weiß es nicht zu sagen, wer erschuf.
Den Heiden ist die Frau Natur erschienen
Als Göttin voller Macht und Herrlichkeit,
Den Aufruhr aller Elemente schlichtend.
Sie ist nicht nur poetische Person,
Ist eine religiöse Welterfahrung.
Der Philosoph des Trostes der Sophia
Hat der Natur Persönlichkeit gespürt.
Die Frau Natur ist die von Gott geschaffne
Weltseele, die, der Gottheit nachgeordnet,
Das Amt der Herrschaft in der Welt erhält.
Die Frau Natur ist Mittlerin der Gottheit,
Die sie des Weltengrundes Chaos formlos
In Form gestaltet, formt Materia,
Geschaffnen Dingen ihren Ort anweist,
Zuletzt ihr Werk mit der Erschaffung krönt
Der Zwiegeschlechtlichkeit des Menschenwesens.
Die Frau Natur bekennt mit eignem Munde:
Allein aus Gnade absoluter Gottheit
Bin ich in Welt und Zivilisation
Mitschöpferin und heilige Vikarin!
Der Gottheit Wirken einfach und genug,
Mein Wirken aber vielfach, ungenügend,
Mein Amt ist die Erhaltung aller Arten,
Ich wache über Werden und Vergehen
Und schaffe nach dem Bild des Makrokosmos
Mit Beistand aller Tugenden der Gottheit
Den Menschen als vollkommnen Mikrokosmos.


2

Natur ist eine Fee der Phantasie,
Ist eine Frau, die redet oder schweigt.
Natur ist eine Mittlerin von Anfang,
Abhängig von der absoluten Gottheit.
Die Gottheit brachte uns die reine Minne,
Die Weisheit der Natur ist gottumfangen.
In ihrem Schaffen ist die Frau Natur
Vereinigt mit der Gottheit, Frau Natur
Schöpft aus der Gottheit ihre Schöpferkraft.
Natur ist Herrin über alle Wesen
Und alle Dinge der geschaffnen Welt.
Das Leben und die Lust der Frau Natur
Sind Ursprung aller Dinge, diese beiden
Beherrschen alles was da kreucht und fleucht,
Was war und ist und was die Zukunft sieht,
Das waltet all die große Frau Natur.
Die Fee Natur trägt der Geschöpfe Dach
Und aller Elemente Ordnungstafel
Und trägt das Firmament und die Planeten
Und hat beschlossen allem seine Art und Weise.
Natur beschenkt dich, Mensch, mit ihren Gaben,
Sie fördert deine angeborne Tugend
Und gibt dir Fruchtbarkeit und Wohlergehen.
Als Mittlerin des Gotteswillens also
Ist sie Prinzip der Ordnung in der Schöpfung
Und göttliche Gesetzlichkeit der Welt.
Das Wirken der Natur begründet also
All die Gesetzlichkeiten des Geschaffnen.
Frau Welt dagegen ist geschöpflich-stofflich,
Von Gott gestaltet und geplantes Dasein.
Ich bin Frau Welt und nahm in Ewigkeit,
Der Ewigkeit der Gottheit, meinen Anfang.
Frau Welt umschließt den Himmel und die Erde,
Frau Welt umschließt den Himmel und die Hölle.
Frau Welt ist Makrokosmos, ist das All.
Frau Welt sagt von sich selbst das Wort: Der Himmel
Und alle seine Kraft ist mir zu eigen.
Vorzüglichster Besitz des Weibes Welt
Ist diese niedre Welt, die Welt der Menschen.
Dem Menschen öffnet Fraue Welt die Pforte
Und duldet um des Menschen Freiheit willen
Die Vielheit seiner Menschheitsreligionen
Von Christen, Juden, Heiden und Muslimen.
Frau Welt spricht: Ich bin Gottes grüner Garten,
In mir sind Geister, beides, gut und böse.
Die Wohlgeordnetheit des Gartens ist
Ein Abglanz Gottes in geschaffner Welt,
Bestehend um des Menschen Freiheit willen.
Frau Welt steht aber keine Wertung zu,
Für alle ist sie da wie eine Mutter.
Frau Welt ist, wo die Elemente sind,
Ist wandelbar und ist Vergänglichkeit.
Der Urstoff aller Elemente, die
Materia ist selbst Vergänglichkeit.
Da Adam ward Materia gegeben,
Verteidigt Fraue Welt Materia.
Frau Welt wird angeklagt von Herrin Minne,
Daß die Materia vergänglich ist.
Da spricht Frau Welt: Die Welt hat eine Form,
Die Welt hat aber auch Materia.
Frau Minne aber spricht: Vergänglich ist
Die Form, Materia nur Schattenbild.
Für Fraue Welt bestehen bleibt der Vorwurf
Der Herrin Minne, die Vergänglichkeit,
Wenn alles auflöst sich in die Atome
Nach der Gesetzlichkeit der Frau Natur,
Doch was geschaffen ist, das bleibt nicht da.
Frau Welt gezeichnet nämlich ist von Sünde,
Die Welt hat ihre Würde hingegeben.
Von Schuld verletzt, ist sie voll Leid und Tod.
Frau Minne spricht: Frau Welt, ich weiß fürwahr,
Wie man in dir geboren wird, ist leidvoll,
Und wie man stirbt in dir, ist voll von Leiden.
Wer dir am besten diente, Weib, du Welt,
Dem schenkst du Totenlinnen und ein Grab.
Frau Welt, in aller Schönheit, allen Gaben,
Du schillerst zwar, doch bist du bleicher Tod.
Dein Angesicht ist lieblich, Welt, du Weib,
In deinem Rücken aber zischen Schlangen.
Doch auch Natur als das Gesetz des Seins
Verändert hat sich durch des Menschen Sünde.
Im Rahmen der Gesetze allen Seins
Ist das Gesetz der Freiheit auch des Menschen,
Der Gutes wählen kann und Böses wählen.
Doch wählt der Mensch die Pfade gegen Gott,
So ist die Frau Natur mit ihm gefallen.
Zwar Frau Natur ist rein, der Mensch ist unrein,
Des Menschen Lust zur Sünde nur ist unrein,
Doch mit dem Menschen fiel auch Frau Natur.
Die Hilfe gegen die Natur der Sünde,
Die Hilfe gegen der Dämonen Welt
Steht nur im Namen Unsrer Lieben Frau
Maria! – Hilf uns, daß wir widerstreben
Der sündigen Natur von Welt und Mensch,
Daß wir nicht fallen in des Todes Weh
Und in das unvergänglich-böse Nichts!
Der Herr gab die Gesetze der Natur
Und ließ die Sünde zu, der Freiheit wegen,
Der Herr nun sendet seinen Eingebornen
Und läßt geboren sein ihn aus der Jungfrau
In einer nicht-natürlichen Geburt.
Durch die Geburt des Sohnes aus der Jungfrau
Der Schöpfer überwand die Frau Natur.
Die Frau Natur erzitterte vor Gott,
Die abgefallene Natur vorm Schöpfer.
Die Frau Natur, einst Königin des Kosmos,
Die Dienerin der absoluten Gottheit,
Ist abgefallne Sünderin geworden
Und überwunden durch den Sohn der Jungfrau.
Nun ist Frau Welt nicht mehr die schöne Dame,
Die Sünderin in der Vergänglichkeit
Ist abgelöst von Herrin Gottes-Minne,
Frau Minne ist nun absolute Herrin!


3

Frau Minne ist des Christentumes Venus,
Die Herrin und die Königin des Alls,
Sie ist die Herrin über Lust und Liebe
Und ist des Kosmos Kraft, die Leben spendet,
Sie ist die Energie, das All bewegend,
Die innere Dynamik in dem Sein!
Frau Minne, streitend mit der Welt, dem Weib,
Sagt, daß vergänglich die Materia,
Frau Minne aber ist im All Prinzip
Der Einigung in ihrer Kraft des Geistes,
Die formend erst den Dingen Dasein gibt.
Frau Minne ist das Urprinzip des Wesens
Der ganzen Schöpfung, darum religiös
Verehrt Frau Minne wird, Frau Karitas,
Frau Karitas, der Liebeswille Gottes,
Person geworden in dem Heilgen Geiste.
Frau Minne spricht darum von Gott dem Herrn:
Gott ist auch Minne, Minne ist auch Gott!
Frau Minne spiegelt sich in Frau Maria.
Spricht Frau Maria: Ich bin die Idee
Und Form der Formen, und ich bin bei Gott!
Spricht Frau Maria: Ich bin ein Beginn
Und Anfang aller Gnadengaben Gottes!
Frau Minne ist der Anfang, Frau Maria
Frau Minne spiegelt für die Menschensöhne.
In Frau Maria ist gesät Frau Minne,
Die milde, gütige und süße Minne,
Die Uranfängliche, Frau Göttin Minne!
Als Kraft des Geistes ist die Göttin Minne
Ein Schatte und ein Gruß der Erstursache,
Als Göttin Minne ist sie eins mit Gott.
Denn Gott der Herr ist auch die Göttin Minne,
Die Göttin Minne ist auch Gott der Herr!
Mein Wort nicht scheidet Gott und Göttin Minne,
Sie bleiben beide eins, ein gleiches Wesen.
Die Göttin Minne ist die Himmelsliebe,
Die Liebe zwischen Gott und seinem Sohn,
Der Vater und der Sohn, sie beide lieben
Den Himmel ihrer Liebe, Göttin Minne.
Herr Christus spricht: Der Geist ersproß aus Gott,
Da Gottes Herrin Minne mich gezwungen,
Ja, meine Herrin Minne liebt den Vater.
So ist in Ewigkeit die Göttin Minne
Mit Gott dem Vater und dem Gottessohn.
Frau Minne spricht: Herr Christus ist mein Wesen,
Und ich, Frau Minne, bin das Wesen Christi.
Ja, Gott der Vater Gott und Christus Gott
Und Göttin-Fraue Minne wahre Gottheit!
Das Amt der Göttin-Herrin Minne pflegen
Die reine Liebe und die pure Lust.
Geschöpfe sind geweitet und verengt,
Gebunden und gelöst durch Herrin Minne,
Gemischt, entmischt, gemindert und gemehrt
Sind alle nach dem Rat der Herrin Minne,
Sie ist ja die Dynamik in dem Sein,
Des Seins Dynamik voller Energie.
Als liebende Bewegkraft steht Frau Minne
Im Amt und Dienst des Liebeswillens Gottes.
Sie ist Idee, sie ist die Form der Formen,
Die Macht der Minne formte alle Dinge.
Denn ohne Minne schuf der Schöpfer nie,
Gott nahm die Minne bei der Schöpfung Schaffen.
Frau Minne als die wahre Göttin Venus
Ist göttliche Idee und Form des Schöpfers.
Frau Minne war bei Gott, als Gott entwarf
Die ganze Schöpfung, da war sie bei Gott.
Die wahre Venus, Göttin-Herrin Minne,
In Reinheit ist der makellose Spiegel,
Darin der Schöpfer seine Schöpfung schaute.
Ja, Gott der Schöpfer fand in seinem Herzen
Das Bild entworfen seiner Göttin Minne.
O die Verherrlichung der Form der Formen,
Anbetungen der Göttin-Herrin Minne
Durch alle Hierarchie der Engelswesen
Sind ohne Anbeginn und ohne Ende,
Wie nie genug zu sagen von Maria,
So ist Frau Minne unaussprechlich schön,
Unendlich lobenswert und liebenswürdig!
Wie die Platonische Urania
Als die Idee des Wahren, Guten, Schönen
Vereinigt ist der absoluten Gottheit,
So ist Frau Minne eins mit Gott dem Herrn.
Die Macht und Kraft der Göttin-Herrin Minne
Und alle Tugenden der Dame Minne
Sind ausgeflossen all aus Gott dem Herrn.
Frau Minne ist ja Herrin Karitas,
Die einsichließt alle Tugenden in sich.
Erst durch die Liebe ist die Tugend Tugend,
Die Liebe erst verbürgt der Tugend Leben.
Frau Minne ist die Weisheit aller Tugend,
Bescheidenheit und keusche Scham und Treue.
Von allen Tugenden ist Karitas,
Von allen Tugenden ist Dame Minne
Allein in Ewigkeit in Gott dem Herrn.
Sie ist das innre Wesen aller Tugend,
Als Form der Dinge ist die Dame Minne
Frau Nachbar der Materia der Dinge,
Da sie die Nachbarin der Entelechie
Und nächstes Ziel der Kreaturen ist,
Denn ihre Lust und ihre Liebe ist,
Die Lust und Liebe ist der Fraue Minne
Das innere Lebendigsein der Wesen.
Frau Minne baut in ihrem innern Sinn
Urbilder, schaffend Urbild neben Urbild,
Die alle sind in ihr, dem Bild der Bilder.
Die Zahl der Dinge und ihr Ursprung ist
Verankert in dem innern Sinn der Minne.
So wollen loben wir Frau Minne in
Der Lieben Frau Maria Aphrodite,
Die über alles Maß ist rühmenswert,
So daß der Minner Unsrer Lieben Frau
Maria sie lobpreist als seine Diva,
Weil nie genug zu sagen von Maria,
Sie ist die Diva ja in Gott dem Herrn!

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