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ESSAYS

Von Peter Torstein Schwanke



ERSTES KAPITEL

In dem die Theologie, Philosophie und Mystik des Islam behandelt wird.


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Der Beginn der islamischen Theologie setzte sich mit dem Problem der Vorherbestimmung Gottes im Verhältnis zur Selbstbestimmung des Menschen auseinander. Schon im vorislamischen Arabien hatte es den heidnischen Schicksalsglauben gegeben, des Menschen Schicksal sei von einer anonymen Schicksalsmacht (Fatum, Dahr) bestimmt oder durch die Sterne vorherbestimmt. Im Koran erschien nun das Schicksal des Menschen als vorherbestimmt vom persönlichen Gott. Aber der Koran ließ offen die Frage, wie sich Gottes Vorherbestimmung und des Menschen Freiheit zueinander verhalte. Dieses Problem des Verhältnisses von göttlicher Fügung und menschlicher Verantwortung wird zum Hauptproblem der frühen islamischen Theologie. Die göttliche Vorherbestimmung und die menschliche Selbstbestimmung wurden beide mit dem Begriff Qadar wiedergegeben. Qadar bedeutet eigentlich: Sache Gottes, und meint im Koran die Vorherbestimmung Gottes, Schicksalsbestimmung durch den lebendigen Gott. Aber die Frage war nun: Gibt es neben der Qadar Gottes nicht auch eine Qadar des Menschen, eine freie Selbstbestimmung? Auf diese Fragen gab es zwei Antworten. Die einen, vor allem die herrschenden Kalifen und ihre Theologen, argumentierten von oben her, von der Sache Gottes. Die aufkommenden Bildungsschichten der Gesellschaft argumentierten von unten her, von der Selbstbestimmung und Verantwortung des Menschen her. Die Kalifen waren vor allem an der Sache Gottes interessiert, da sie sich ja Stellvertreter Gottes nannten. Sie wollten die Lehre verbreiten, dass alles, was die Kalifen als Stellvertreter Gottes tun, von Gottes Qadar vorherbestimmt sei, und zwar im Guten wie im Schlechten. Beim frommen Kalifen Abd al-Malik fiel Gottesgnadentum des Herrschers zusammen mit der religiösen Lehre der Prädestination. So machte ein Wort, das man dem Propheten Mohammed zuschrieb, in jenen Zeiten die Runde: Gott schreibt nur die guten Taten des Herrschers auf, nicht aber die bösen. Der Kalif Yazid der Zweite hatte sich bestätigen lassen, der rechtgeleitete Kalif als Stellvertreter Gottes müsse keine Rechenschaft vor Gott ablegen, da er als rechtgeleiteter Stellvertreter Gottes von vorneherein die Sache Gottes vertrete. So konnte dann schließlich der lebenslustige Kalif Al-Walid der Zweite sein Leben mit Wein, Weib und Gesang als gottgewollt rechtfertigen. In einem Hymnus an den Wein pries er die Gnade Gottes, die den Muslim, wenn er nur gläubig sei, trotz aller Sünden, nach dem Tode sogleich ins Paradies einlade. Diese Meinung war in jenen Kreisen weit verbreitet. Dagegen bildete die Bildungsschicht der Gesellschaft die Lehre von der menschlichen Verantwortung aus. Sie sagten, jeder Mensch ist von Gott zum Guten erschaffen, allerdings ist der Mensch frei, auch das Böse zu tun. Als einzelner Mensch hat die Person dann seine eigene Freiheit, sich zu entscheiden für das Gute oder für das Böse, dass ist die Qadar des Menschen, die Freiheit zur Selbstbestimmung, die eine Verantwortung jedes Menschen vor Gott ist. Jeder Mensch muß Rechenschaft ablegen für sein Gutes oder Böses vor Gott, gleichgültig, ob ein Untertan oder ein Kalif. Diese Gruppe der Vertreter der menschlichen Verantwortung in Freiheit wird Qadariten genannt. Sie hatten ein pietistisches Sündenbewusstsein und waren vor allem bei den Asketen des Irak präsent. Die Qadariten werden aber später in Syrien zu einer sozialen Bewegung, die gegen das absolute Gottesgnadentum der Kalifen protestiert. Hier in Syrien existierten die Gedanken der Freiheit des Menschen und der Verantwortung des Menschen vor Gott ja schon als Ideen seit der Zeit der Christen in Syrien.


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Gegen die Qadariten setzten sich die Prädestinatianer durch. Doch wurde kein absoluter Determinismus mehr vertreten, denn es gab auch Protest gegen ungerechte Herrscher. Es wurde aber auch bei den neuen Theologen gegen ein allzu anthropomorphes Gottesbild protestiert. Wenn im Koran von Gottes Hand, Gottes Auge und Gottes entblößter Wade die Rede sei, so ist doch Gott nicht einem Menschen gleich, sondern Gottes Hand bedeutet seine Macht und den Lohn, den er schenkt, Gottes Auge bedeutet Gottes Allwissenheit, Allweisheit, und Gottes entblößte Wade am Tag des Jüngsten Gerichts bezeichnet Gottes Entschlossenheit, für die Gerechtigkeit einzutreten. Der Theologe Halil Ibn Ahmad beschrieb nun den transzendenten Gott in seinem Buch über das Einheitsbekenntnis des Islam: O du, der du fragst, den Ewigen zu verstehen! Wenn du fragst: Wo ist er, dann gibst du ihm schon einen Ort, der doch ortelos ist. Wenn du fragst: Wie ist er? So gibst du ihm doch eine Beschreibung, eine Qualität, der doch unbeschreiblich und undefinierbar ist. Gott der Ewige ist plus A, plus A, aber er ist auch minus A, minus A. Oder aber: Gott der Ewige ist plus A, minus A, aber er ist auch minus A, plus A. Anders gesagt: Gott der Ewige ist das Seiende des Seienden und das Nichtseiende des Nichtseienden, aber er ist auch das Nichtseiende des Seienden und das Seiende des Nichtseienden. Daß der Theologe Gott so beschreibt, ohne ihn zu beschreiben, ist verwandt mit der buddhistischen Lehre über das Absolute. Denn es gibt vier Arten, die Beschreibung des Absoluten zu verneinen: Zu verneinen, dass das Absolute so ist, zu verneinen, dass es anders ist, zu verneinen, dass es sowohl so als auch anders ist, und zu verneinen, dass es weder so noch anders ist. Dies ist verwandt der negativen Theologie des christlichen Mystikers Dionysios Areopagita und seiner Schüler. In der negativen Theologie wird gesagt, der Mensch kann von Gott nur sagen, was Gott eben nicht ist, aber positiv ist Gott nicht beschreibbar. Vielmehr muß zu jeder positiven Beschreibung Gottes gesagt werden, dass Gott auch nicht so ist, sondern anders, denn Gott ist für den Menschen immer Der-Ganz-Andere. Wozu aber diese theologischen Spitzfindigkeiten? Sie dienen dazu, allzu menschliche Gottesbilder in der Seele auszulöschen, um zum bildlosen Gott zu gelangen, von dem Meister Eckard spricht, denn allein der bildlose Gott ist die höchste mystische Wirklichkeit, die höchste mystische Weisheit, die sowohl mythisches Reden von Gott als auch theologisch-rationale Rede über Gott unendlich übersteigt und dem Menschen nur in der mystischen Versenkung sich offenbart.


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Die Araber hatten ein großes Gebiet erobert. Sie trafen in den eroberten Gebieten auf viele griechische Gelehrte und lernten viel von ihnen. Zuerst übernahmen sie die praktischen Wissenschaften, mit der Zeit aber auch die griechische Philosophie, vor allem den Neuplatonismus. Aber in jener Zeit waren auch die Geheimwissenschaften okkulter Philosophie populär, wie die Alchemie und die neupythagoräische Mathematik der Zahlenmystik. Viele wollten, statt auf dem Weg der prophetischen Offenbarung und des Glaubens, durch esoterische Geheimwissenschaften höhere Weisheit erlangen. An den Höfen der liberalen Kalifen trafen sich Gelehrte als Freunde und Zechgenossen in Tafelrunden und theologischen Symposien. Damals gab es in Damaskus Diskussionen zwischen muslimischen Arabern und syrischen Christen. Die Christen argumentierten mit griechisch-christlichem Vokabular einer ausgefeilt-gelehrten Theologie, ihre Art zu argumentieren fand das Interesse der Araber. Die griechisch-philosophischen Akademien waren ja vom christlichen Byzanz aus Griechenland verdrängt worden, auch aus Alexandrien, sie siedelten sich bei den christlichen Häretikern im Osten an, den Nestorianern in Edessa, und kamen schließlich im neunten Jahrhundert nach Bagdad. In Bagdad entwickelte sich im Haus der Weisheit (Bait Al-Hikma) eine rege Übersetzertätigkeit. Viele Werke griechischer und syrischer Sprache wurden vor allem von syrischen Christen musterhaft ins Arabische übersetzt, Schriften des Aristoteles und des Hippokrates. Das Streben nach Wissen und Weisheit war weit verbreitet. Bald übertrafen die Beiträge der Muslime zu den Natur- und Geisteswissenschaften das meiste, was sie aus griechischem, persischem und indischem Erbe übernahmen. Europa verdankt es zu einem großen Teil den muslimischen Arabern, dass das antike Kulturerbe weiter tradiert wurde, so dass Europa es später wieder entdecken konnte, zuerst in der mittelalterlichen Scholastik das Erbe vor allem des Aristoteles, später, am Beginn der Neuzeit, in der Renaissance, vor allem den Neuplatonismus, aber auch die Gesamtheit antiker Literatur. So kam also der Islam in Kontakt mit der griechischen Philosophie. Hier stellte sich die Frage, wie sich Theologie und Philosophie zueinander verhalten, wie sich Offenbarung und Wissenschaft zueinander verhalten, wie sich Glaube und Vernunft zueinander verhalten. War nun die prophetische Offenbarung des Koran die höchste Offenbarung über Gottes Wesen oder konnte der Mensch auf philosophischem Wege auch Gottes absolutes Sein in Wahrheit erkennen? War die heilige Schrift des Koran der absolute und unfehlbare Maßstab, an dem die griechische Philosophie von Aristoteles und Platon zu messen war, oder war die philosophische Geistigkeit ein Weg, die allzumenschliche Redeweise des Koran über Gott zu übersteigen und zu einem transzendenten Gott der bildlosen Weisheit zu gelangen? Dieses Problem des Verhältnisses von Glaube und Vernunft, Offenbarung und Philosophie, stellte sich auch später im Christentum, so in den mittelalterlichen Auseinandersetzungen über die Frage, ob es zwei Wahrheiten geben könne, eine philosophische Wahrheit der Wissenschaft und eine theologische Wahrheit der Heiligen Schrift? Und noch bis in unsere Zeit ist diese Frage interessant, wie sich Naturwissenschaft und christlicher Glaube zueinander verhalten, wie die Offenbarung Gottes, wie Christus Gott offenbart hat, im Verhältnis steht, zu der menschlichen Weltweisheit der Naturwissenschaft und Geisteswissenschaft.


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Im achten Jahrhundert hatte man begonnen, die Hadit-Tradition zu begründen. Hadit ist die Überlieferung, die Tradition, die die Aussprüche des Propheten Mohammed sammelt. Es sind Aussagen über rituelle, moralische und religiöse Themen. Es gibt Aussagen zu Glaubensfragen, zu Fragen der moralischen Lebensführung und zur rechten Staatskunst. Fragen des Alltags wie Trank und Speise und Kleidung werden auch behandelt. Was der Koran offenließ, beantwortet nun die Hadit, die Tradition. Es gibt keinen Bereich, zu dem nicht ein Spruch des Propheten vorliegt. In den Sprüchen werden Szenen dargestellt, in denen der Prophet und die Prophetengefährten zu Wort kommen. Die wörtliche Rede ist der eigentliche Inhalt der Tradition. Immer mehr solcher Hadit-Sprüche werden gesammelt. Eine eigene Hadit-Wissenschaft wird begründet, die falschen und zweifelhaften Aussprüche von den echten Aussprüchen des Propheten zu scheiden. Es ist dies die Wissenschaft der Männer, so wird sie genannt. Der wichtigste dieser Hadit-Gelehrten ist Al-Buhari, der aus Buchara stammte, und nach Mekka und Medina reiste, um die echten Sprüche des Propheten zu sammeln. Seine Sammlung von Hadit-Sprüchen ist die bedeutendste, sie heißt: As-Sahih, die Gesunde. Schon als elfjähriger hatte Al-Buhari Hadit-Sprüche auswendig gelernt, und er machte es sich zum Lebenswerk, die wahren Sprüche des Propheten zu sammeln. Später entstanden die fünf klassischen Hadit-Bücher, die für alle Sunniten unter den Muslimen kanonische Geltung hatten. Somit trat auch bei den Muslimen zu der Offenbarungsschrift die mündliche Tradition. Bei den Juden war zur Torah die Mischnah und der Talmud getreten, und bei den Christen war zur Bibel die Tradition der Kirche getreten, aber bei den Muslimen war zum Koran die Hadit-Tradition getreten, die nun gewissermaßen wie eine zweite Offenbarungsquelle des prophetischen Glaubens an den Einen Gott betrachtet wurde.


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In dem Riesenreich des Islam haben die Muslime kaum mit Polytheisten zu kämpfen, aber sie haben sich auseinanderzusetzen mit den Leuten des Buchs, den Juden und Christen. Besonders der christliche Glaube an die Dreieinigkeit Gottes fordert die Muslime heraus, ihr Einheitsbekenntnis Gottes mit theologischer Vernunft zu begründen. Die frühe islamische Theologie drehte sich um das Verhältnis der Vorherbestimmung Gottes und der Selbstbestimmung Gottes. Nun beschäftigt sich die islamische Theologie mit der Frage des Verhältnisses von Gottes Offenbarung und der menschlichen Vernunft. Die Theologie wird vor allem in Bagdad und im Iran getrieben. Es gibt die Traditionalisten, die vor allem die Haditwissenschaft betreiben, und auf der anderen Seite die Vertreter einer rationalen Theologie. Auch über das Wesen des Koran begann man zu diskutieren, ob er geschaffen oder ungeschaffen sei. Besonders in Auseinandersetzung mit dem christlichen Glauben an die Dreifaltigkeit Gottes wird besonders die Einheit und Einzigkeit Gottes zu einem theologisch diskutierten Problem. Die Muslime gingen davon aus, dass die Gottesvorstellung dem Menschen von Natur aus angeboren sei und dass der Mensch durch eigenes Erkennen zu der Gewissheit der Existenz Gottes gelangen könne. Darüber hinaus aber nahmen die Muslime an, dass das Wesen Gottes ohne prophetische Offenbarung, also den Koran, nicht vollkommen erkannt werden kann. Nun leiteten die Theologen aus dem Offenbarungswort des Koran theologische Gottesbeweise ab und eine Lehre von den Attributen Gottes. Die Traditionalisten und Hadit-Gelehrten stammten vor allem aus dem Kleinbürgertum und hielten sich an eine sehr buchstabengetreue Auslegung des Koran und der Hadit-Sprüche. Sie lassen den Islam als sehr eng erscheinen. Auf der anderen Seite wollen die rationalen Theologen zwar den Koran nicht durch Vernunftgründe ersetzen, aber doch den Koran menschlich-vernünftig erklären, also die Offenbarung rational interpretieren und das muslimische Bekenntnis mit den Waffen der rationalen Theologie gegenüber Juden und Christen verteidigen. Diese Schule der rationalen Theologie nennt man Mutazila. Der erste Vertreter der Mutazila ist Wasil Ibn Ata. Er ist Asket, vertritt eine gemäßigte innerweltliche Askese und appelliert dabei an die menschliche Vernunft. Sein Mitstudent Amr Ibn Ubaid war von ihm in einem Streitgespräch bekehrt worden und vertrat auch die Askese, allerdings eine strengere Askese. Geld und Luxus verachtet er, vertraut aber auf intensives Gebet und Pilgerfahrt. Wasil betrachtet in seiner Theologie den Sünder als einen Menschen, der nicht als Gläubiger ins Paradies eingehe, aber auch nicht als Ungläubiger in die Hölle, er könne ja zu Lebzeiten noch umkehren, und schließlich würden im Gericht Gottes die guten Werke gegen die bösen aufgerechnet. Die unmündigen Kinder kommen im Todesfall nach seiner Lehre sofort ins Paradies. Amr in seiner Theologie vertritt eindeutig die Lehre von der freien Selbstbestimmung und Selbstverantwortung des Menschen vor Gott und ist freigeistig genug, bestimmte Hadit-Sprüche zu verwerfen, die von einer absoluten Vorherbestimmung des Menschen durch Gottes Willen sprechen. Auch den Koran deutet er gemäß der Lehre von dem freien Willen des Menschen. Die Mutazila-Theologen setzen auf die Vernünftigkeit des Gottesglaubens. In keiner muslimischen Schule ist die griechische Philosophie so ernsthaft eingearbeitet worden, wie in der rationalen Theologie der Mutazila. In dem Gelehrten Dirar Ibn Amr trafen das antiken Denken des Aristoteles und der muslimische Glaube der Koranauslegung zusammen. Ihren Höhepunkt erreichte die Mutazila-Schule allerdings in Onkel und Neffe, im Onkel Abu Al-Hudail und seinem Widerpart und Neffen An-Nazzam. Der Onkel Abu Al-Hudail hat stärker nachgewirkt, der Neffe war mehr der Außenseiter, ein Dichter und Sprachkünstler und der Knabenliebe verfallen. Der Onkel allerdings nahm den griechischen Atomismus der Physik auf und die griechische Anthropologie, die Einheit der Person aus Körper und belebendem Geist, und verwandte rationale Methoden zur Interpretation des Koran und der Hadit-Sprüche. Bei aller Rationalität gaben die Mutaziliten doch die Grundlage der prophetischen Offenbarung nicht auf, sie versuchten nur, den Koran mit den Mitteln der menschlichen Vernunft zu deuten und zu erklären. Auf dieselbe Weise haben auch Albertus Magnus und Thomas von Aquin ja nicht die Grundlage der Bibel aufgegeben, als sie versuchten, die Irrlehre von den zwei Wahrheiten der Philosophie und der Theologie aufzuheben, durch die eine Wahrheit einer philosophisch gedeuteten Offenbarung, eines vernünftigen Glaubens an den dreieinigen Gott. Die Mutaziliten schlugen einen Mittelweg ein, sie grenzten sich ab von den Traditionalisten, die Koran und Hadit buchstabengetreu und eng interpretierten und auch die menschliche Redeweise von Gott nicht in Frage stellten, jegliche tiefere Auslegung des Koran ablehnten, aber sie grenzten sich auch ab von den Transzendentalisten, die die Unerforschlichkeit und Andersartigkeit Gottes überscharf betonten und keine menschliche Erkenntnis Gottes zugaben.


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Die Lehre der extremen Transzendentalisten geht zurück auf Gahm Ibn Safwan. Er lebte in Afghanistan, das damals ein Zentrum des zentralasiatischen Buddhismus war. Gahm hatte Gespräche mit Sensualisten geführt, die an keine geistige Wirklichkeit und an keinen persönlichen Gott geglaubt haben. Es waren wahrscheinlich buddhistische Mönche. Ihnen gegenüber vom persönlichen Gott zu sprechen, war nicht einfach. Aber vielleicht erklärt der Kontakt mit dem Buddhismus und dazu der Einfluß des Neuplatonismus, dass Gahm zwar an dem Begriff vom persönlichen Gott festhält, aber die Lehre von der Transzendenz und Unerkennbarkeit Gottes noch verschärft. So lehnt er alle göttlichen Attribute ab und glaubt an eine Gotteserkenntnis auch ohne ausdrückliches Glaubensbekenntnis. Er glaubt, dass Gott allgegenwärtig ist und alles bestimmt, auch die guten Werke des Menschen, ja, Gott selbst schafft den Glauben im Menschen. Auch alles Geschehen in der Natur wird unmittelbar von Gott gewirkt. Der Mensch ist also ganz und gar Gott ausgeliefert. Zugleich kann der Gott ganz ausgelieferte Mensch doch Gott nicht erkennen. Zwar ist Gottes Immanenz allgegenwärtig und Wirkursache aller Ursache, dennoch bleibt Gott in seiner absoluten Transzendenz für den Menschen unerkennbar, unergründlich. Obwohl Gott in allem ist und wirkt, bleibt Gott doch immer das ganz Andre. Gott ist kein Etwas und kein Ding. Gott ist, wie schon der Koran sagt, mit nichts vergleichbar. Gott ist Schöpfer jeden Dinges, dessen Sein das Sein jeden Dinges unendlich übersteigt. Deshalb darf man ihm auch nicht Eigenschaften eines Dinges zuschreiben. Den Koran versteht er nicht als Gottes Rede, sondern als des Menschen Rede über Gott. Gott ist unerkennbar, namenlos und eigenschaftslos. Seine Schüler werden Entleerer genannt, weil sie das göttliche Wesen aller Eigenschaften entleeren, wie ja auch im Buddhismus die Leere ein Begriff für die absolute Wirklichkeit ist. Gott ist der Grenzenlose an Raum und Zeit. An keinem Ort und zu keiner Zeit ist mehr Gottes Präsenz als zu anderen Zeiten und an anderen Orten. Die Einheit Gottes ist die Allgegenwart Gottes, die sich allem Begreifen entzieht. Doch hat sich Gott in der prophetischen Offenbarung des Koran, die kreatürlich ist, sich selbst zu erkennen gegeben. Diese Lehre Gahms und der Gahmiten stieß auf Widerspruch bei den Traditionalisten, die den Koran wörtlich nehmen, aber auch bei den rationalen Theologen, die folgende Fragen stellten: Wie kann solch ein Gott in das Schicksal einzelner Völker und Menschen eingreifen? Wie kann solch ein Gott sich auserwählten Propheten offenbaren? Wie sollte er eine Heilige Schrift mitteilen? Man befürchtete, dass nicht allein der Koran in Frage gestellt wird, sondern auch das Ritualgebet und die Pilgerfahrt nach Mekka, da doch an der Kaaba die besondere Gottesgegenwart erwartet wurde. Wie sollte die islamische Theologie Antworten geben auf die Lehre der Entleerer, ohne die Höhe der Reflexion aufzugeben?


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Der schon erwähnte Theologe der Mutazila, Abu Al-Hudail, hielt vorm sternengläubigen Kalifen von Bagdad eine Rede gegen die Astrologie. Er war ein Mann mit umfassender philosophischer und theologischer Bildung. Er setzte sich auseinander mit Christen, Juden, Zoroastriern und muslimischen Zeitgenossen. Er gilt als der Repräsentant der rationalen Theologie schlechthin. Über die Ewigkeit lehrte er, alles würde in eine gleichbleibende Ruhe eingehen. Die Seligen in dem Garten Eden würden nicht essen und Wein trinken und sich nicht besuchen in den grünen Gärten des Paradieses und auch nicht mit den Huris schlafen. Aber mit dieser philosophischen Entmythologisierung des Paradieses machte er sich beim gläubigen Volk wenig Freunde. Er legte strenge Maßstäbe an die Wahrheit der Hadit-Sprüche an, sie mussten sehr gut bezeugt sein. Über Gott lehrte er, man könne Gott zwar nicht mit den Sinnen, aber mit der Vernunft erkennen. Er war der erste Theologe des Islam, der einen vernünftigen Gottesbeweis zu erstellen versuchte. Die allzumenschliche Rede von Gott, von Gottes Hand und entblößter Wade, müssen allegorisch aufgefasst werden. Aber Gott ist auch nicht ohne Eigenschaften. Gott hat die Eigenschaft der Allmacht, der Majestät und der Herrlichkeit. Diese Attribute Gottes sind Ausdrücke der ewigen Vollkommenheit Gottes. Die Attribute Gottes sind aber nicht von ihm verschieden, sondern sind in ihm, sie werden von ihm ausgesagt. Gott ist Leben. Gott ist Selbst. Und Gott ist, wie der Koran sagt, der Allweise, er ist allwissend. Gott ist also die Weisheit. Er besitzt nicht nur die Weisheit, sondern er ist Weisheit. Aber ist Gottes Allmacht, die ja Gottes Wesen ist, identisch mit Gottes Weisheit? Und sind Gottes Allmacht und Gottes Weisheit identisch mit Gottes Leben? Dies diskutierte er mit einem christlichen Theologen aus Basra, Ammar Al-Basri. Dieser behauptete, Allmacht Gottes, Weisheit Gottes und Leben Gottes seien nicht allein Wesenszüge Gottes, Attribute, sondern göttliche Personen, nämlich die Allmacht sei der Vater, die Weisheit sei der Sohn und das Leben sei der Heilige Geist, die zwar Eines göttlichen Wesens sind, aber selbstständig wirkende göttliche Personen. Gottes Einheit entfalte sich also in den drei göttlichen Personen der göttlichen Allmacht, der göttlichen Weisheit und des göttlichen Lebens.


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Der Streit zwischen den Traditionalisten und den Rationalisten ging weiter. Da trat der Theologe Abu Al-Hasan Al-Asari auf. Die Legende berichtet, er habe im Fastenmonat Ramadan drei Träume gehabt, in denen der Prophet Mohammed ihm befahl, der wahren Lehre anzuhängen, und ihn in der dritten Vision mahnte, die rationale Theologie deshalb nicht aufzugeben. Er nahm nach diesen als Bekehrung empfundenen Träumen einen Standpunkt zwischen Traditionalisten und Rationalisten ein. Er verband den naiven Glauben der Traditionalisten mit dem aufgeklärten Denken der Rationalisten. Um den Widerstand der Traditionalisten zu überwinden, berief er sich auf mehrere Hadit-Sprüche, in denen der Prophet selbst rational argumentierte. Ja, er verwies auf den Koran, da der Koran selbst gewissermaßen rational argumentiere, wenn es heißt, dass Gott der Eine und Allmächtige sei, sei beweisbar aus der Tatsache, dass zwei Allmächtige sich bei der Erschaffung der Welt behindert hätten. Aber anders als die Theologen des Rationalismus macht Asari die prophetische Offenbarung und die Überlieferung der Prophetenworte ganz zur Grundlage seiner Theologie. Die liberale Theologie der Aufklärung wird aufgehoben in einer philosophischen Offenbarungstheologie. Al-Asari ist überzeugt von Gottes überwältigender Wirklichkeit. Menschliches Sein und Wirken sind vollkommen abhängig von Gott. Das abstrakt-philosophische Gottesbild der Rationalisten wurde nun abgelöst durch das konkrete Gottesbild des Koran. Die rationale Theologie hatte gesagt, dass Gottes Antlitz und Gottes Hand nur Ausdrücke sind für Gottes Wesen und Gottes Gnade. Man könne vom Offenbaren in der Schöpfung auf das verborgene Geheimnis Gottes schließen mit Schlüssen der Vernunft, aber sehen könne man Gott nicht, denn Gott ist kein Mensch, Gott ist keine Kreatur. Asari will das Gottesbild nach den philosophischen Abstraktionen wieder lebendiger gestalten, so dass man zu einem lebendigen Gott beten kann. Er spricht von Gottes Weisheit, Gottes Voraussicht, Gottes Wort. Gott sei voller Erkenntnis, Einsicht und Vernunft. Gott sei auch sprechend. Gottes Antlitz und Gottes Hand und Gottes Sitzen im Thronstuhl meinen gewiß nichts Körperlich-Reales, es sind jedoch wirkliche Attribute Gottes, deren wahre Natur uns verborgen ist. Gott ist der Immer-Bleibende, die Hilfe, der Edelmütige. In jener Zeit sammelte man die neunundneunzig schönsten Namen Gottes, die man auf einer Art muslimischem Rosenkranz anbeten konnte. Das blasse rationale Gottesbild der vernünftigen Theologie wird ersetzt durch ein lebendiges Gottesbild eines persönlichen Gottes, der im Gebet anzurufen ist, der mit den schönsten Namen zu preisen ist, die sein unermesslich erhabenes göttliches Wesen umschreiben. Schauen aber werden die Seligen das göttliche Wesen erst im Paradies. Im Paradies wird die Schau der wahren Gottheit Wirklichkeit sein.


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Wie nach der Zerstörung des Zweiten Tempels von Jerusalem die Rabbinen den Talmud formulierten und als Rabbi-Gelehrte die Synagogen leiteten, so wurde nach dem Untergang des Kalifats, also der einheitlichen Regierung des islamischen Großreiches, der Islam vor allem in den Ulama-Schulen gelehrt. Die Ulama-Bewegung war die Bewegung der muslimischen Religionsgelehrten, die zwar keine Priester waren, aber Gelehrte der Religion und des islamischen Rechts. Die Ulama bildete die Juristen und die Theologen aus. Es waren organisierte Gemeinschaften, die aus Lehrern und Schülern bestanden. Es waren keine volksfernen wissenschaftlichen Akademien, sondern im Volk verwurzelte Gemeinschaften von Meistern und Jüngern. Sie wurden oft von Geschäftsleuten und Handwerkern finanziell unterstützt. Diese Schulen dienten der intellektuellen Kaderbildung, aber sie förderten auch das Gemeinschaftsgefühl. Das Gemeinschafsgefühl innerhalb einer Schule war oft stärker als die Bindung an die staatliche Obrigkeit. Die Theologenschulen basierten ganz auf der persönlichen Beziehung des Meisters und seiner Jünger. Der Meister war der religiöse Pädagoge. Der Schüler erhielt nach Abschluß seiner religiösen Studien vom Meister ein Zeugnis. Die Lehrer machten oft weite Reisen, um Worte des Propheten zu sammeln. Auch die Schüler reisten oft von einem Lehrer zum andern, um von möglichst vielen Lehrern zu lernen. Das Studium sollte möglichst umfassend sein. Die Schulen waren auch international untereinander verbunden, so entstand ein Netz der weltweiten Kommunikation zwischen den Religionsgelehrten. Wer zum Beispiel durch Marokko reist, wird dort Schulen sehen, Madresse, höhere islamische Bildungsstätten. Die Madrasa, die Schule, war zugleich Moschee mit einer Gebetsnische in Richtung Mekka, Bibliothek der Gelehrsamkeit und Wohnhaus für Meister und Jünger. Es fanden sich Ende des zwölften Jahrhunderts viele Schulen in Bagdad, Damaskus und Granada. Die Architektur der Madrasa ist neu. Der Grundriß ist die Kreuzform. Vier Gebäude gruppieren sich um einen quadratischen Innenhof mit Brunnen. Der Haupteingang ist der Apsis einer christlichen Basilika ähnlich. Die Gebetsnische für den Vorbeter ist nach Mekka ausgerichtet und mit Ornamenten und Koranversen geschmückt. In den Gebäuden befinden sich Wohnräume, Küche, Bad, Bibliothek. Oft war auch das Mausoleum des Stifters mit in der Schule. Die Madrasa war Moschee und Lehrhaus in einem, religiöses Seminar und Wohnhaus. Der Lehrer und seine Schüler erhalten kostenlos Unterkunft und Trank und Speise. Finanziert ward die Madrasa durch eine Stiftung. Die Schüler hatten so ein gesichertes Einkommen. Sie waren keine Gottgeweihten, bildeten aber doch einen eigenen Stand in der muslimischen Gemeinschaft, nicht unähnlich dem christlichen Weltklerus. Die Schüler sollten vor allem die Heilige Schrift des Koran möglichst auswendig kennen. Sie lernten islamisches Recht verschiedener Schulen, Theologie, Geschichte und Sprachwissenschaften. Nicht gelehrt wurden die nichtislamischen Wissenschaften wie Philosophie, Naturwissenschaften und okkulte Geheimwissenschaften. In den Fächern, in denen der Schüler vom Lehrer geprüft worden war, wofür er ein Zeugnis erhielt, durfte der Schüler selbst später lehren.


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Vom zehnten bis zum vierzehnten Jahrhundert war die Zeit des mystischen Islam, die Zeit des Sufismus. Ein Sufi ist ein Mystiker. Was ist ein Mystiker? Das Wort mystisch kommt vom griechischen myein und bedeutet, Mund und Augen zu verschließen. Es bedeutet eine Religiosität als Mysterium, ein geheimnisvolles Erleben Gottes. Vor profanen Menschen muß der Mystiker den Mund verschließen. Der Mystiker muß Augen und Ohren verschließen und das Heil im Innern der Seele suchen, in der unmittelbaren Erfahrung des Einsseins mit Gott. Der Mystiker mag nun die innere Gottheit Weisheit (Sophia) oder Liebe nennen. Das arabische Wort für Mystik, Tasauwuf, bedeutet: Sich in Wolle kleiden. So geht auch das Wort Sufi auf das Wort Suf, das heißt, Wolle, zurück. Manche meinen, dass in das Wort Sufi das griechische Wort Sophos, das heißt Weiser, hineinspielt. Zuerst fielen die Sufis durch ihre Wollkutte auf, wie sie schon sehr viel früher für die christlichen Asketen das Büßerkleid darstellte. Die Sufis erscheinen allerdings im Islam erst ab dem achten Jahrhundert. In den Sufismus fließen christliche Einflüsse von syrischen Mönchen und Eremiten, neuplatonmische Einflüsse aus der „Theologie des Aristoteles“, die von Plotin stammt, zum teil auch indische Einflüsse über buddhistische Meditationstechniken, und zuletzt in geringem Maße turkestanische, schamanistische Einflüsse. Die eigentlich original islamischen Wurzeln des Sufismus liegen im islamischen Asketentum. Darum heißen die Sufis auch die Armen Gottes, das heißt, Fakir oder Derwisch. Die Asketen waren noch nicht Mystiker, die inneres Einswerden mit Gott anstrebten, sondern sie waren Asketen, die die Welt flohen, ihren Luxus und ihr Geld, und sich vor Gottes Gericht als Büßer in Gottes Arme warfen. In Trauer und Gottesfurcht meditierten sie die Worte des Koran über das Gericht Gottes. Darum nannte man sie auch die Immerfort-Weinenden! Anders als laue Durchschnittsgläubige hielten sie sich eng an das Wort Gottes und versuchten, dem Propheten gleich zu werden und die Gebote Gottes genau zu befolgen, anders als die Lauen und Oberflächlichen. Mystik ist aber mehr als Gottesfurcht und büßende Askese. Mystik ist das Streben nach unmittelbarer Erfahrung Gottes, nach innerer Erfahrung des göttlichen Wesens. Und solche Mystiker treten im Islam etwa ab dem zehnten Jahrhundert auf.


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Für die frühen Asketen, die Immerfort-Weinenden, war Abkehr von der Welt verbunden mit einer radikalen Weltflucht. In der klassischen islamischen Mystik wurde auch Abkehr von der Welt gelehrt, aber nicht Weltflucht, sondern innere Distanz zu den Wegen der Welt, innere Freiheit von der Welt, geistige Freiheit inmitten der Gesellschaft. Im Sufismus ist die Askese nur eine der Stationen des mystischen Weges. Wichtig ist den Sufis die Einkehr nach Innen und das unmittelbare Einswerden mit Gott. Freunde Gottes wollen sie sein. Der mystische Weg ist ein ordentlicher Weg über Stufen, die bei der Läuterung beginnen, über die versunkene Kontemplation führen, bis sie schließlich die Ekstase erreichen, bei der der Mensch sein Ich mit dem Ich der Gottheit vereint. Auf diesem Weg gibt es verschiedene Übungen der Versenkung. Das ist zum einen das immerwährende Gedenken Gottes und die Anrufung der schönsten Namen Gottes, wozu der muslimische Rosenkranz verwandt wird. Es ist ein ganz einfaches Gebet, das gerade durch seine Einfachheit und seine Meditationstechnik zur Ekstase führen kann. Dazu kommt auch das Lauschen auf Poesie, wobei der Liebespoesie ein mystischer Sinn der Gottesliebe gegeben wird. Ebenso wird das Hören von Liedern der Liebe zu einer mystischen Erhebung zur Gottesliebe. Auch der Tanz wird als ein Tanzen vor Gott angewandt. Man denke an das Tanzen Davids vor der Bundeslade oder an das Tanzen bei dem Derwischorden des Dichter-Mystikers Rumi, die noch auf dem Grabe tanzten, da sie an die Auferstehung und das Paradies glaubten. Der Sufi nimmt sich die Heiligkeit des Propheten zum Vorbild, seine Freundlichkeit, sein Mitleid und seine Barmherzigkeit. Er gilt als das Muster der Sufis, der die Einheit mit Gott erreicht hatte. Der mystische Pfad löst sich los vom islamischen Gesetz der Scharia und geht innere Wege in geistiger Freiheit zur unmittelbaren Erfahrung der Wahrheit Gottes. Die Sufis lehnten die rationale Philosophie ab, die da meinte, auf den Wegen des menschlichen Verstandes zu Gott zu gelangen. Theologie betrieben die Sufis als Theologie der Innenschau, der Betrachtung Gottes im Innern der Seele, und als eine Koranbetrachtung, die den mystischen Sinn der prophetischen Worte meditiert. Ihre Schriften heißen Wissenschaft vom Innern oder Lehre von den Werken des Herzens. Die Sufis, die sich als Freunde Gottes verstanden, sahen sich in Übereinstimmung mit dem Geist des Koran. Sie fühlten sich von den prophetischen Worten der Offenbarung zum mystischen Weg nach innen geführt. Heißt es doch im Koran, dass Gott dem Menschen näher ist als seine eigene Halsschlagader. Gewiß, die Blicke des Menschen erreichen Gott nicht, heißt es, aber auch: Wohin ihr euch wendet, da habt ihr Gottes Antlitz vor euch. Gott hat Zeichen seiner Allmacht, Weisheit und Liebe in die Natur gepflanzt, aber auch in die Seele des Menschen. Die Sufis berufen sich auf den Ur-Vertrag Gottes mit den Menschen. Als die Menschheit aus Adam erschaffen ward, sprach Gott zu den Menschen: Bin ich nicht euer Gott und Herr? Und die Menschen aus Adam sprachen: Ja, wir sind deine Zeugen. Die Menschen dieses Ur-Bundes, die Söhne Adams, das sind die Sufis, die Freunde Gottes. Die Sufis lesen den Koran auch mit den Augen des Herzens. Die Asketen lasen mit Furcht und Zittern die strengen Worte von Gottes Gericht. Die Mystiker meditieren vor allem die Worte über die göttliche Liebe: Er liebt sie, und sie lieben ihn, heißt es im Koran. Darum ist Sufismus Liebesmystik. Gerade diese Liebe, die sich der Sprache der irdischen Liebe und der irdischen Trunkenheit bedient, gerade diese glühende Liebe unterscheidet die Sufis von den Asketen. Nicht die Trauer des Verzichts kennzeichnet den Sufi, sondern die Wonne der Vereinigung mit dem Herzen der göttlichen Liebe! Sie finden diese Freude der göttlichen Liebe selbst dann im Herzen, wenn die Zeit des schweren Kummers kommt, wie Rumi sagte, der Dichter-Mystiker. Das Ideal der Gottesliebe aber formulierte eine Frau, Rabia Al-Adawiya, die die wahre Liebe eine Liebe nannte, die sich nicht vor der Hölle fürchtet, die nicht die Belohnung im Paradies erstrebt, sondern die Liebe um der Liebe selbst willen ist, die Gott liebt, weil Gott die Liebe ist, und die göttliche Liebe allein deshalb liebt, weil die göttliche Liebe liebenswert und liebenswürdig ist!


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Die islamische Mystik war eine Mystik auf dem Boden einer prophetischen Offenbarungsreligion an den einen Schöpfer und Gott. Sie unterschied sich von der indischen All-Einheits-Mystik, die von der wesensmäßigen Identität des menschlichen Geistes mit dem göttlichen Geist ausging. In der prophetischen Religion steht das Geschöpf vor dem Antlitz des Schöpfers. Die Beziehung des Geschöpfs zum Schöpfer ist geprägt von absolutem Vertrauen. Dieses absolute Vertrauen oder der Glaube gilt dem Schöpfer allein, es kann in dieser Absolutheit keinem Geschöpf entgegengebracht werden. Dieser Glaube, dieses Vertrauen ist Hingabe an den einzigen Gott, der in seiner Einzigkeit auch einzigartig ist, dem allein die ganze Hingabe gebührt, der keine Beigesellung eines Geschöpfes duldet. Gottes Macht und Weisheit und Barmherzigkeit, diese drei, sind allesumfassend und allesbewirkend. Persische Mystiker haben solch ein Gottvertrauen in die universelle Barmherzigkeit Gottes, dass sie sogar von der Allvergebung der göttlichen Barmherzigkeit sprechen, wie Yahja Ibn Muad Ar-Razi es tut. Das unbedingte Vertrauen in die Allmacht der Vorsehung Gottes konnte auch zu passiver menschlicher Haltung führen. Die Entsagung allem weltlichem Dasein gegenüber würde aber die menschliche Zivilisation zerstören. Nicht entscheidend ist die äußere Entsagung allen weltlichen Tuns, sondern das innere Gottvertrauen, die innere, intuitive Erkenntnis Gottes, wie sie der Nubier Dun-Nun lehrte. In der irakischen Schule der Mystik entwickelte vor allem Al-Muhasibi eine feine Seelenkunde, wobei es nicht allein um die Lehre vom Menschen ging, sondern auch um die Läuterung der Seele, die Purgierung des inneren Menschen. Doch auch Muhasibi ist mehr noch Asket als Mystiker, dennoch gilt er als eine Art Kirchenvater des Sufismus. Gott schon auf Erden zu schauen, davon redet Muhasibi mehr wie ein nüchterner Theologe als wie ein glühender Mystiker. Er lehrt die Askese als Mittel der Purgierung der Seele, damit das Herz rein wird, denn, wie Jesus sagte, nur die reinen Herzens sind, werden Gott schauen. Das eigentliche Haupt der irakischen Mystik ist aber Abi Al-Qasim Al-Gunaid. Auf ihn führen sich alle späteren Bruderschaften der Sufis zurück. Er ist ein scharfsinniger Denker von großem Ernst, ganz erfüllt von dem Gedanken der Majestät Gottes. Er lehrte auch den langen Weg der Purgierung des Herzens, den der Mystiker zu gehen hat. Vor allem lehrte er die Rückbesinnung auf den Ur-Bund Gottes mit der Menschheit in Adam. Alle Menschen sind berufen, zu Gott umzukehren und Gottes Namen zu preisen. Durch die verschiedenen Stufen der Purgierung des Herzens geht der Mensch in das Feuer der göttlichen Liebe ein, der mystischen Liebe zu Gott. Wer in der mystischen Liebe brennt, reflektiert nicht mehr in philosophischer oder theologischer Theorie über Gott, sondern wird hineinverwandelt in das brennende Herz der göttlichen Liebe. Der Mystiker erkennt in seinem Denken und Beten, dass er als Geschöpf in Zeit und Raum kein wahres Sein hat, dass sein wahres Sein allein in Gott, dem ewigen Sein in Person, zu finden und zu begründen ist. Dennoch bleibt Gunaid ein nüchterner Mystiker, der nichts von mystischem Rausch hält, sondern zu einer zweiten Nüchternheit gelangen will, jener heiligen Nüchternheit des Geistes, jener nüchternen Trunkenheit des Geistes. Denn nicht das ekstatische Entwerden des Menschen in Gott ist das höchste Ziel der Mystik, sondern dass der Mensch sich verwandelt von Gott zurückempfängt, dass der Mensch nicht in Gott sich auflöst wie im Buddhismus, sondern dass der Mensch erst wahrhaft Mensch wird, wenn er dauerhaft in Gott bleibt, wenn er sich von Gott verwandelt zurückempfängt und ein wahrer Mensch in Gott geworden ist. Dann beginnt gewissermaßen das göttliche Leben des Menschen. Das ist verwandt der orthodox-christlichen Mystik der Vergöttlichung des Menschen durch die Gnade Gottes. Im Gegensatz zur bloßen Askese ist diese Sufi-Mystik eine Mystik der Liebe, im Gegensatz zur bloßen Erkenntnis-Mystik der Gnosis ist diese Sufi-Mystik eine Mystik des Glaubens an Gott, im Gegensatz zur indischen Mystik der Einheit von Gottesgeist und Menschengeist, ist diese Sufi-Mystik ein Mystik der Einswerdung des Geschöpfes mit dem persönlichen Schöpfer-Gott. Es geht den Sufi-Mystikern nicht um ein gefühlsmäßiges Verschmelzen mit einer als göttlichen gedachten Natur oder einem vergöttlichten Kosmos. Vielmehr gehen sie den langen Weg der Purgierung des Herzens, wobei die Mitarbeit des Menschen viele Stationen durchschreitet und die Gnade Gottes viele gnadenhafte Zustände schenkt, damit letztendlich das Herz rein wird und das reine Herz Gott schaut oder anders gesagt, die Einheit mit Gott, dem Urgrund allen Seins, erfahren wird. Da wird Gott erfahren als unaussprechlicher Urgrund, als alleinige Wirklichkeit, als das Ewigseiende, als das Wesen aller Wesen, als Anfang und Ziel der Schöpfung, als allesbestimmende Vorsehung, als allesdurchdringende Liebe, eine göttliche Liebe, vor deren Schönheit und Glut der Mensch nur noch lallen kann. Alle theologischen Begriffe versagen, alles Gottesbilder stürzen zusammen, und ergriffen vor der höchsten Wirklichkeit der unerschöpflichen göttlichen Liebe kann der Mensch nur noch erschüttert stammeln, ja, letztlich nur noch ehrfürchtig-andächtig schweigen! Wer aber in tiefer Anbetung schweigend anbetet die göttliche Liebe, der wird von der göttlichen Liebe verwandelt und als ein Mensch-in-Gott wieder in die Welt gesandt, um das Feuer der göttlichen Liebe in die Welt zu tragen. Der wahre Mystiker macht nicht sein Ich zum Gott, macht auch nicht Natur und Kosmos zum Gott, sondern begegnet dem persönlichen Gott, dem wahren lebendigen Gott der Allmacht, Weisheit und Liebe. Wer so dem persönlichen Herrn als eine menschliche Person begegnet, der wird durch die Gnade Gottes zur Gemeinschaft mit dem Herrn geführt und schließlich zu einem Einswerden mit dem Herrn, um dann eins mit dem Herrn mitten in der Welt ein gottmenschliches Leben zu leben.


13

Der umstrittenste aller Sufi-Mystiker ist der große Al-Husain Ibn Mansur Al-Hallag. Er wuchs in der Nähe von Bagdad und im Iran auf und war eine Zeitlang Jünger des großen Gunaid. Er machte die Pilgerfahrt nach Mekka und blieb ein Jahr in strenger Askese in Mekka. Nach seiner Rückkehr klopfte er an die Türe Ganaids. Ganaid sprach: Wer ist da? Der Mystiker sprach: Ich bin der Wahre! Der Wahre, das ist aber der Herr. Kein Wort eines Sufi-Mystiker ist so umstritten wie dieses Wort: Ich bin der Wahre (Ana Al-Hagg). Gunaid wandte sich daraufhin von seinem Jünger ab. Al-Hallag war inzwischen auch aufgefallen durch Kritik am traditionellen Islam und auch an dem gängigen Sufismus. Al-Hallag kommt in Bagdad in Bedrängnis, er wird ein Wanderer, kommt ein zweites Mal nach Mekka, inzwischen mit vierhundert Jüngern. Dann reist er nach Indien, dort Gottes Liebe zu predigen. Die Orthodoxen des Islam werfen ihm aber vor, er habe in Indien nur die Magie gelernt. Dann reist er nach Turkestan und nimmt Kontakt mit den Schiiten auf, die den Sohn der Mohammedtochter Fatima als Heiligen und Märtyrer verehren. Dadurch wird Al-Hallag erneut den Orthodoxen verdächtig. Erneut begibt sich Al-Hallag auf Wanderschaft und hält sich zwei weitere Jahre in Mekka auf, dann kehrt er nach Bagdad zurück. Er ist ein bekannter Prediger der göttlichen Liebe. Er wird aber von der islamischen Orthodoxie verhaftet, drei Tage an den Pranger gestellt, jahrelang eingekerkert und schließlich hingerichtet. Dies geschah genau im Jahre 300 der muslimischen Zeitrechnung. Noch in Fesseln auf dem Weg zur Hinrichtung tanzte Al-Hallag und sprach als letztes vor seinem Martyrium: Es ist genug für den Liebenden, dass er den Einen einzig gemacht hat! Das bedeutet: Der Liebende hat sich auf dem Weg der mystischen Liebe selbst vernichtet, dass allein Gott der Geliebte ist! Der Liebende wird mit abgeschnittenen Händen und Füßen gehängt. Ein Grab wird ihm von der islamischen Orthodoxie nicht gegönnt. Sein Leib wird verbrannt und seine Asche in den Tigris gestreut. Nur wenige Worte sind vom Meister erhalten, Reimprosa zu Ehren der Einheit Gottes, Gebete und Gedichte. Aus Liebe zu Gott hat der Liebende nach dem Tod verlangt, er war der von ihm besungene Falter, der sich der Flamme der göttliche Liebe nahte und darin verbrannte, um sich mit der Wirklichkeit der Wirklichkeit zu vereinen! Die persischen Dichter verehren den Märtyrer der mystischen Gottesliebe, die begeisterten Sufis nehmen ihn zum großen Vorbild. Aber die islamische Orthodoxie erklärt ihn zu einem Erzketzer. Er starb den Tod aus Liebe zu Gott, wie Jesus, er war ein Märtyrer der göttlichen Liebe, wie Jesus, er wurde zu den Verbrechern gezählt, gekreuzigt und als Gotteslästerer von der Kirche und vom Staat ermordet, wie Jesus. Gemäßigte Mystiker wandten sich von dem Märtyrer der göttlichen Liebe ab, weil er die große und erhabene Weisheit der Liebe durch Leiden lehrte! Der Islam wandte sich von dem Heiligen ab, weil er für Gottes Liebe nicht das zurückhaltende Wort Hubb benutzte, sondern das sinnliche Wort Isq. Griechisch gesprochen: Wenn die Apostel sagen im Evangelium: Gott ist Agape (selbstlose Liebe), so sagt der Mystiker: Gott ist Eros (leidenschaftliche Liebe). Römisch gesprochen: Wenn der Papst sagt: Deus Caritas es (Gott ist selbstlose Liebe), so sagt der Mystiker: Deus Amor est (Gott ist leidenschaftliche Liebe)! Besonders umstritten ist der Mystiker für den Satz: Ich bin Gott! Paulus schrieb im Neuen Testament: Nun lebe nicht mehr ich, sondern Christus in mir! Augustinus lehrte: Der gläubige Mensch soll nicht ein Christ sein, sondern ein zweiter Christus! Die mystische Erfahrung des Einsseins mit dem Herrn, des Aufgehens in dem Herrn und des Lebens des Herrn im Menschen drückt sich in dem heilig-unvernünftigen Wort des Weisen aus: Ich bin der Herr! So sagte ein Dichter zum Herrn: Wer bist du? Und der Herr sprach: Ich bin du und du bist ich! Wer so erfüllt ist von der göttlichen Liebe, von dem Herrn, der Eros ist, der schaut und schmeckt in allem nichts als Gott. So sagte der Mystiker: Keinen Tropfen trink ich dürstend, ohne dass ich dein Antlitz im Becher finde! Wer so eins geworden ist mit der göttlichen Liebe, mit Gott dem Geliebten, der Eros ist, dem ist Gott die einzige Wirklichkeit, dem ist Gott sein Ein-und-Alles! Das ist das Einheitsbekenntnis der Liebe.



ZWEITES KAPITEL

In dem ein Symposium geschildert wird, bei dem vier Freunde in unterschiedlichen Konfessionen Maria loben


Eines Abends trafen sich vier Freunde, um sich gemeinsam zu betrinken. Es waren Freunde von Jugend an und einer von ihnen war ein Dichter, Gottlieb war sein Name, und er sprach nach dem ersten Glas Bordeaux zu seinen Freunden Robert, Martin und Johannes: Laßt uns heute Maria preisen.
Da sprach ROBERT:
Maria ist die geheime Göttin im Christentum. Ich werde das anhand der katholischen Dogmen beweisen. Sie sind ja allesamt, wie die Protestanten sagen, unbiblisch. Aus welchen Quellen also speisen sie sich? Maria heißt die Immerwährende Jungfrau, die Gottesmutter, die Unbefleckte und die Himmelskönigin. Schauen wir uns diese Titel an, sehen wir in ihnen die Große Göttin des Matriarchats. Zuerst die Immerwährende Jungfrau. Von Aphrodite, der Göttin der Liebe und Schönheit, wird gesagt, sie habe nach jedem Liebesakt mit einem Heros in der Fontana Amorosa, der Liebesquelle, auf Zypern gebadet und sei wieder reine Jungfrau geworden. So ist Aphrodite die immerwährende Jungfrau, allerdings nicht in asexueller Keuschheit wie Maria im Sinn der alten Herren der Kirche, sondern in einer Vereinigung von Liebeslust und immerwährender Jungfräulichkeit. So ist auch die Große Göttin Artemis eine immerwährende Jungfrau, deren Jungfräulichkeit so rein war, dass Aktäon, der sie nackt im Bade im Walde sah, von ihr zu einem Hirsch verwünscht wurde und von den Hunden der Jägerin Artemis zu Tode gehetzt. Auch Athene, die Jungfrau, ist eine Jungfraungöttin. Sie ist so jungfräulich rein, dass der Mann Tiresias, der sie einmal nackt sah, von ihr geblendet wurde, der Blinde aber wurde von der Göttin der Weisheit mit der prophetischen Gabe begabt. So sind also Artemis und Athene und Aphrodite die Jungfraungöttin. Es ist nämlich die Große Göttin des Matriarchats eine dreifaltige Göttin, die himmlische Jungfraungöttin, die irdische Liebesgöttin und die unterweltliche Todesgöttin. Maria als Immerwährende Jungfrau ist also diese Jungfraungöttin, die mit dem Sichelmond in Zusammenhang steht. Darum wird die Jungfrau Maria auch oft auf einem Sichelmond stehend dargestellt. Kommen wir nun zum Titel Gottesmutter. Es ist bezeichnend, dass dieser Titel der Jungfrau Maria in Ephesos gegeben wurde. Wie die Protestanten sagen, steht dieser Titel ja nicht in der Bibel, dort heißt sie die Magd des Herrn, die Mutter des Herrn oder die Mutter Jesu, aber nicht Mutter Gottes. Auch Martin Luther hielt den Titel für missverständlich, als ob der Vater im Himmel und allmächtige Schöpfer noch über sich eine Mutter habe. Der Name Muttergottes erklärt sich vielmehr aus dem Titel der Großen Göttin Artemis von Ephesos, die Magna Mater genannt wurde, Große Mutter und Mutter der Götter. Dies ist ein Name der kleinasiatischen Kybele, der Mutter der Götter, der Magna Mater. Maria trat das Erbe dieser Großen Mutter der Götter an und wurde nicht mehr Mutter der polytheistischen Götter genannt, sondern Mutter des monotheistischen Gottes. So setzte sich das Christentum in Ephesos durch, denn die, die vorher gerufen: Groß ist die Artemis von Ephesos und der ganze Weltkreis huldigt unserer Göttin! die riefen nun nach dem Konzil: Groß ist Maria, die Mutter Gottes, sie ist die Königin der ganzen Erde! Nun erklärte der unfehlbare Papst Pius der Neunte Maria zur Unbefleckten Empfängnis. Die Protestanten protestierten wieder und nennen den Titel ganz und gar unbiblisch, da in der Bibel steht, dass ausnahmslos alle Menschen Sünder sind, außer dem Gottmenschen Jesus. Die Unbefleckte ist aber auch ein Name der Großen Göttin, die als Astarte in Kanaan und als Ishtar in Babylonien verehrt wurde als die reine Magd der Götter, die unbefleckte Jungfrau, die makellose Herrscherin. Schließlich aber der Titel der Himmelskönigin Maria ruft ein großes Entsetzen bei den Protestanten hervor, denn der Prophet Jeremia warnt vor der erneuten Verehrung der Himmelskönigin. Die Frauen Israels vor allem, aber auch ihre Männer und Kinder, wandten sich nach der monotheistischen Verehrung Jehowahs wieder der Verehrung der Himmelskönigin zu, es ging ihnen gut, sagten sie, als sie die Himmelskönigin verehrten, es ging ihnen schlecht, als sie aufgehört hatten, die Himmelskönigin zu verehren, nun wollten sie der Himmelskönigin wieder geweihte Kuchen und Brote opfern. Die Himmelskönigin ist aber die Aphrodite Urania, die Himmlische, sie ist die Himmelskönigin Astarte oder Ishtar, die auch Himmelskönigin hieß. Sie wird immer mit dem Morgenstern oder Planeten Venus in Verbindung gebracht. Maria wird in der Lauretanischen Litanei Morgenstern genannt, das ist aber der Planet Venus und das Zeichen der Großen Göttin als Himmelskönigin. So ist also Maria die Große Göttin, wenn auch alle Protestanten sich entsetzen und die katholischen Priester immer wieder bei jeder Rede über Maria zuerst das Glaubensbekenntnis abliefern müssen, dass Maria keine Göttin ist. Sie ist aber die geheime Göttin im Christentum. Und das erkannte auch im Frühchristentum die Sekte der Kollydirianer, die Maria als Große Mutter verehrten und ihr Traubenkuchen opferten. Ich bin also ein bekennender Kollyridianer und bete Maria als meine Göttin an.
Da sprach MARTIN:
Da muß ich protestieren! Wer Maria als Göttin anbetet, hat das Christentum und damit die göttliche Offenbarung verlassen. Gott ist Vater, Sohn und Heiliger Geist. Gottes Sohn ist durch den Heiligen Geist von Maria als Mensch geboren worden. Sie ist die Magd des Herrn und Mutter meines Herrn Jesus und Mutter Jesu. Jesus aber sagte bei der Hochzeit von Kana: Weib, was habe ich mit dir zu schaffen? Und als ein Weib aus dem Volk Mariens Brüste und Schoß selig pries, sagte Jesus: Vielmehr sind selig die, die das Wort Gottes hören und tun. Es geht also nicht um Maria, sondern um den Herrn Jesus, der allein Sohn Gottes und mein persönlicher Erlöser ist. Schließlich hat nicht die Muttermilch Mariens mich erlöst, sondern das Blut Jesus, am Kreuz zur Sühne für meine Sünde vergossen vom Herrn, meinem Retter. Wenn wir aber etwas zum Lob Mariens sagen wollen, so können wir nur auf die Bibel schauen, denn da sagt die Magd des Herrn selbst: Von nun an werden mich selig preisen Kinder und Kindeskinder! Warum aber wird sie seliggepriesen? Nicht weil sie eine Göttin oder Miterlöserin wäre, sondern weil der Herr Großes an ihr getan hat und die Niedrigkeit seiner Magd angeschaut hat. Und dann preist Maria nicht sich selbst, sondern jubelt über die Größe Gottes, ihres Retters, dessen Name heilig ist und dessen Erbarmen allen gilt, die den Herrn fürchten. Maria singt also einen Lobpreis an den himmlischen König und Herrn. Es geht nicht um Maria, sondern um das, was Gott der Herr an ihr getan hat. Was hat er aber an ihr getan? Er hat sie begnadet, Mutter des Sohnes Gottes zu werden. So grüßt sie der Engel: Begnadete! Er nennt sie nicht Gnadenvolle, sondern Begnadete, man kann auch sagen: Holdselige, denn was heißt begnadet sein anderes als holdselig sein. Die Katholiken aber verwechselten hold mit Huld und nannten die Holdselige plötzlich die Huldvolle, als ob sie selber die Gnade wäre oder die Gnadenausspenderin. Aber von Jesus haben wir Gnade um Gnade empfangen. Maria aber ist begnadet, denn sie hat Gnade gefunden in Gottes Augen, ihr ist die Gnade Gottes zuteilt geworden, weil sie geglaubt hat. So sagt Elisabeth, die Mutter des Täufers: Selig bist du, weil du geglaubt hast. Also ist Maria selig aus Gnade durch Glauben, ganz wie die paulinische Rechtfertigungslehre den Erlösungsweg beschreibt. Maria ist also eine Begnadete, eine Glaubende und Mutter Jesu. Als Mutter hat sie aber keine Rechte an ihrem Sohn, sondern er ist vor allem und zuerst der Sohn des Vaters im Himmel. So sagt er als Zwölfjähriger im Tempel: Wußtet ihr nicht, dass ich in dem sein muß, was meines Vaters ist? So wies er seine Mutter und seine Brüder später zurück und sprach: Die den Willen Gottes tun, die sind mir Mutter und Brüder. Und er wies sie, wie gesagt, auf der Hochzeit von Kana mit den Worten zurück: Weib, was habe ich mit dir zu schaffen? Vom Kreuz aber gab er die Mutter Jesu dem Johannes, dem Lieblingsjünger, dass er für die Mutter sorge, aber auch da nannte Jesus Maria nicht Mutter, sondern Frau. Wenn schon Jesus zu seiner Mutter nicht Mutter, sondern Weib sagt, wie können dann die Jünger Jesu sie Mutter Gottes und Mutter der Christen oder gar Mutter aller Menschen nennen? Das ist unbiblisch. Ebenso unbiblisch ist es, sie eine immerwährende Jungfrau zu nennen, denn die Bibel spricht von den Brüdern und Schwestern Jesu. Es heißt, die Bibel gewaltsam umzudeuten, wenn aus den Brüdern plötzlich Vettern werden. Nein, es sind die Brüder Jesu und die Schwestern, sie heißen auch später Herrenbrüder und werden Älteste in der Urgemeinde. Was wäre das auch für eine Ehe gewesen, dass Josef mit Maria zusammenwohnte als Mann und Frau und doch leben sollte wie ein zölibatärer Priester? Es heißt auch: Josef erkannte Maria nicht, bis sie ihren Erstgeborenen gebar. Das bedeutet zweierlei: Er erkannte sie nicht, bis sie gebar, das heißt, später erkannte er sie. Und er erkannte sie nicht, bis sie den Erstgeborenen gebar, wo aber ein Erstgeborener ist, da ist er der Erstgeborene, weil die anderen Söhne Mariens und Josefs die Nachgeborenen sind. Eine Geburt Jesu aus Maria bei Jungfräulichkeit Mariens in der Geburt und nach der Geburt ist ganz und gar widersinnig. Wie soll das geschehen? Maria hat Jesus ganz menschlich mit Schmerzen der Wehen geboren und ist nach der Geburt auf ganz natürliche Weise nicht mehr intakt gewesen. Maria hat ja Jesus nicht aus dem Ohr geboren. Jesus ist ganz Gott, ja, aber er ist auch ganz Mensch gewesen und als solcher auf ganz menschlich-natürliche Weise von einer menschlichen Mutter geboren worden. Maria ist also ganz Mensch, Magd des Herrn in Niedrigkeit, ja, aber sie ist die Begnadete, die Gnade gefunden hat vor Gott und selig ist, weil sie geglaubt hat, darum ist sie das personifizierte Gesetz Christi, wie Paulus es lehrt: Gerettet allein aus Gnade durch Glauben. Ehre sei dem Vater im Himmel durch seinen Sohn Jesus Christus, meinen Herrn, im Heiligen Geist allein!
Da sprach JOHANNES:
Maria ist keine Göttin, sondern Maria ist die Mutter Gottes. Vorerst will ich den höchsten Titel Mariens klären, den der Gottesmutter. Er wurde auf dem Konzil zu Ephesos um Christi willen festgelegt. Denn die Häretiker behaupteten damals, Jesus sei reiner Mensch gewesen und nicht von göttlichem Wesen, nicht eines Wesens mit dem himmlischen Vater. Die Konzilsväter der rechtgläubigen katholischen Kirche aber glaubten an die göttliche Natur Jesu, wie der Herr sagte: Ich und der Vater sind eins! Maria als Mutter Jesu war also die Mutter des Menschensohnes Jesus, die Mutter des Sohnes Gottes, die Mutter der einen Person Jesus, in der die göttliche Natur sich mit der menschlichen Natur ganz vereinigt hat, darum ist sie die Mutter der einen ganzen Person Jesus, in der die göttliche Natur des Logos Fleisch geworden ist. So ist Maria Mutter Gottes, denn Christus ist Gott. Dies ist im übrigen das einfachste katholische Glaubensbekenntnis, und katholisch ist der, der bekennt: Christus ist Gott! Wer aber bekennt, Christus ist Gott, der muß auch bekennen: Die Jungfrau Maria ist Mutter Gottes. Ich aber will Maria vor allem preisen als die Frau der Offenbarung. Was heißt das, die Frau der Offenbarung? Wie die Patriarchen, Könige und Propheten des Alten Testaments Vorschatten Christi sind, so sind die Mütter und Prophetinnen und heiligen Frauen Vorschatten Mariens. So wie Eva Gott ungehorsam war und der Einflüsterung der Schlange lauschte und den Tod in die Welt brachte, so hörte Maria auf den Gruß des Engels und war Gott gehorsam, indem sie sagte: Mir geschehe nach deinem Wort, und so brachte sie das ewige Leben, nämlich Jesus, in die Welt. Wie der Herr in Gestalt der drei Engel zur alten Sara kam und der Abgelebten die Geburt eines Sohnes verkündete und Sara lachte vor Verwunderung, so verkündete der Engel Maria die jungfräuliche Geburt des Messias und Maria verwunderte sich: Wie soll das geschehen, da ich keinen Mann erkenne? Wie Rebekka zwei Völker in ihrem Schoße sich streiten hörte, so trägt Maria im Schoß zwei Völker, nämlich das Heil für die Juden und für die Heiden. Wie Rebekka dem Lieblingssohn Jakob den Segen des Patriarchen erwirkte und ihn schütze vor seinem neidischen Bruder, so sorgte sich Maria mütterlich um ihren Erstgeborenen und weihte ihn im Tempel Gott und begleitete ihn auf seinem Lebensweg. Wie Rahel Josef gebar, der der nächste neben dem Pharao wurde und Brot der Welt gab, so ist Maria Mutter des Christus, der der Nächste neben Gott ist und das Brot der Welt, der sein Fleisch der Welt zur Speise des ewigen Lebens gibt. Wie Mose der Stiftshütte diente, auf die Stiftshütte aber die Wolke der Herrlichkeit des Herrn niederkam, so ist Maria die Stiftshütte des neuen und ewigen Bundes, denn auf sie senkte sich die Wolke des Heiligen Geistes, sie wurde überschattet vom Heiligen Geist. Wie Ruth die Freundin des Lösers war, so war Maria die Gefährtin des Messias. Wie Bathseba ihren Thron der Königinmutter neben den Königsthron Salomos stellte und Fürbitte vor dem König hielt und der König Salomo sprach: Bitte, was soll ich dir geben, ich werde dir nichts verweigern, so ist Maria auch von Jesus gekrönt im Himmel zur Königin und zur Fürbitterin vor ihrem königlichen Sohn, und da Jesus ihr nichts verweigert, weil sie alles gemäß dem Willen Gottes erbittet, darum nennt die Kirche Maria die fürbittende Allmacht oder die Allmacht auf den Knieen. Wie Esther vor den König trat und Fürbitte einlegte für das Gottesvolk, der König sie mit dem Zepter berührte und sprach: Bitte, was ich dir geben soll, ich will es dir geben, und sei es auch die Hälfte des Königreichs; so ist Maria die Fürbitterin beim König für das Volk Gottes und Mitinhaberin der himmlischen Königswürde, ja, die Hälfte des himmlischen Königreichs hat ihr der himmlische König gegeben, so dass sie die Himmelskönigin im Himmelreich geworden ist. Wie Judith den Feind des Volkes Gottes schlug, das Volk Israel sang: Du bist mehr gesegnet als alle anderen Frauen; so besiegt Maria als die apokalyptische Frau oder das Große Zeichen am Himmel den Drachen, das ist der Satan, und die Kirche, das Volk Gottes aus Juden und Heiden, singt zu Maria: Du bist mehr gesegnet als alle anderen Frauen! Wie Sulamith die Braut des Bräutigams Salomo geworden ist, so ist Maria die Braut des Heiligen Geistes, von dem sie schwanger geworden ist, Mutter des Sohnes Gottes, so ist gewissermaßen Gott der Herr der Vater des Sohnes Gottes und Maria die Mutter des Sohnes Gottes, und also ist Maria die Ehefrau des Herrn. So erwählte der Herr die Jungfrau Israel, die Jungfrau Jerusalem, die Tochter Zion, zu seiner Braut und rechtmäßig angetrauten Ehefrau. Die Jungfrau Israel ward aber dem Eheherrn ungetreu, so dass der Herr sie eine Hure nannte. Maria ist aber die Erfüllung dieser prophetischen Gestalt der Tochter Zion und ist keine Hure, sondern eine reine Jungfrau und als solche der Ehefrau des Herrn, des Ewigen, die ist die wahre Tochter Zion, die Ehefrau des Ewigen, des Gottes Israels und aller Völker. Maria ist gewissermaßen auch die mystische Gefährtin oder Braut oder Ehefrau des Herrn Jesus. Leiblich ist sie seine Mutter, aber als seine Jüngerin ist sie die jungfräuliche Verlobte Jesu, wie eine Nonne Braut Christi. So geht sie mit ihm auf die Hochzeit von Kana und tritt fürbittend für die Menschen ein, der Herr möge ihnen den Wein der hochzeitlichen Heilszeit schenken, da nennt der Messias die heilige Maria: Frau! Vom Kreuz nennt er sie: Frau, und gibt sie in der Gestalt des Johannes jedem Christen zur Mutter. Jesus nennt sie also: FRAU! Das ist nicht im geringsten abwertend, sondern es ist ihr Titel, sie ist die FRAU der Offenbarung, von der Neuen Eva und Königin des Paradieses bist zur Apokalyptischen Frau im Kleid der Sonne, von Genesis zur Apokalypse ist Maria die FRAU der biblischen Offenbarung. Vater im Himmel, ich bitte dich im Namen deines Sohnes Jesus Christus, meines Herrn, sende den Heiligen Geist der Liebe auf die Erde, auf dass die Völker von Krieg und Unheil erlöst werden; und laß die FRAUE aller Völker unsere Fürsprecherin sein! Amen.
Da sprach GOTTLIEB:
Die Feministen sagen, Maria ist eine Muttergöttin, die Protestanten sagen, Maria wird angebetet und die Katholiken sagen, Maria sei keine Göttin, sondern Mutter Gottes in ihrer göttlichen Mutterschaft. Sie haben alle Recht und Unrecht, meiner Ansicht nach. Mir scheint, wenn das katholische Volk Maria Lieder singt und die göttliche Mutterschaft besingt und Maria gewissermaßen Alles zutraut, sie Ein-und-Alles nennt und Allmacht der Fürsprache, dann zeigt sich letztlich darin das Vertrauen in den mütterlichen Gott, die Mutterliebe Gottes. So ist die Ganzhingabe an Maria eigentlich nur zu verstehen als Ganzhingabe an die mütterliche Liebe und Barmherzigkeit Gottes. So hat gerade die Zeit der großen Marienverehrung im römisch-katholischen Mittelalter Maria viele ihrer Verehrer zu einer mütterlichen Vision Gottes geführt, sei es nun Hildegard von Bingen, die von der Mater Caritas oder der Sapientia Divina schrieb, oder Mechthild von Magdeburg, die von der Frau Liebe schrieb, oder Heinrich Seuse, der von seiner Herrin der Ewigen Weisheit schrieb, oder den Dichter Heinrich Frauenlob, der die Frau Minne als die göttliche Liebe des Heiligen Geistes in Gestalt der Jungfrau Maria verehrte. Diese besondere Nähe Mariens zum Heiligen Geist als der göttlichen Liebe führt mich dazu, in Maria den Tempel des Heiligen Geistes zu sehen, das Offenbarungszelt, das schwanger geworden ist von der Herrlichkeit des Herrn. Nun ist Maria ein ganz herausragendes und einzigartiges Heiligtum des Heiligen Geistes, fast möchte man sagen, sie ist die Inkarnation des Heiligen Geistes, oder zumindest, sie ist der makellose Spiegel des Heiligen Geistes. Der Heilige Geist aber ist im hebräischen feminin, die Ruach, und in der Trinitätslehre ist es die Schöne Liebe. So ist also Maria Spiegel dieses Geistes der Liebe, dieser Schönen Liebe, und offenbart damit an ihrer jungfräulichen Mutterschaft die Mütterlichkeit der göttlichen Liebe, die Mütterlichkeit des Heiligen Geistes. Oder noch allgemeiner gesagt, Maria wird zum Spiegel der Mutterschaft Gottes. „Ich will euch trösten wie einen seine Mutter tröstet“, spricht Jahwe. Jahwe ist Mutter, und Maria ist der menschliche Abglanz dieser göttlichen Mutterschaft. Das Gottesbild der göttlichen Mutter aber wird in der Heiligen Schrift Frau Weisheit genannt, Schöpferin, Retterin und Trösterin. Maria ist der Abglanz der göttlichen Sophia, gewissermaßen ist Maria die menschliche Sophia, aber die Gottheit die göttliche Sophia. In dieser Betrachtungsweise erscheint Maria wie eine Menschwerdung der Weiblichkeit Gottes, so wie Jesus eine Menschwerdung des Vaters im Himmel ist. Hier erscheinen Jesus als der Logos und Maria als die Sophia, Jesus als der Erlöser, Maria als die Miterlöserin, Jesus als der König des Paradieses und Maria als die Mitinhaberin der Königwürde und Königin des Paradieses, nämlich die Neue Eva mit dem Neuen Adam und Himmelskönigin mit dem Himmelskönig. So schrieb denn auch ein Dominikaner im siebzehnten Jahrhundert: Wer den Weg mit Christus nicht gehen kann, der möge den Weg mit Maria gehen, sie ist in allem ihrem Sohn gleich. Dass Maria aber zur Retterin wird wie Judith und Esther und zur Mittlerin zu Gott und zur Führerin ins Paradies, das hat sie von der Gnade, Gott ganz ähnlich geworden zu sein durch die Auferstehung von den Toten, gewissermaßen aus Gnade Menschengöttin (im Sinne der Mystik von der Gottwerdung des Menschen durch die Menschwerdung Gottes). So ist Maria als die Menschengöttin und Herrin oder DIE FRAU Spiegel der schöpferischen, erlösenden und tröstenden Mutterliebe Gottes, unser aller göttlichen Mutter im Himmel! MUTTER im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel also auch auf Erden!




DRITTES KAPITEL

In dem die Erscheinungen der Jungfrau Maria im Vaterlande des deutschen Dichters und Denkers geschildert werden


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Die deutsche Madonna erschien zwischen Neunzehnhundertsiebenunddreißig und Neunzehnhundertvierzig vier Töchtern, die ungefähr vierzehn Jahre alt waren, Gretchen, Anna, Susanna und Maria. Sie erschien ihnen in Heede an der Ems auf dem Friedhof zwischen drei Lebensbäumen. Die deutsche Madonna stand auf einer Wolke, schwebend etwas über die Erde, die Füße versanken im Schaum der Wolke. Auf dem Haupt trug die Madonna eine Krone von reinem Gold. Die Madonna trug ein weißes Gewand, das lang hinunterfloß wie von feiner weißer Seide, lang fließend bis zu den Füßen, die Ärmel waren weit gebauscht wie bei einer chinesischen Prinzessin, um die Hüften trug die Madonna einen anmutreichen Gürtel. Ihr Haupthaar war verdeckt mit einem dichten weißen Schleier. Auf dem linken Arm trug sie das Jesuskind, das ein weißes Kleid trug, die Füße aber waren nackt. Das Jesuskind hielt in der Hand die Weltkugel von reinem Gold mit einem Kreuz von reinem Gold darauf. Die deutsche Madonna war etwa siebzehn Jahre alt und das Jesuskind etwa drei Jahre alt. Die Gestalt der Madonna war von einer lichten Aura in Form einer Mandel umgeben. Die Madonna schaute freundlich ernst, beim Singen der Töchter auch öfters lächelnd. Eines Tages im November erschien die deutsche Madonna allein, ohne das Jesuskind, und schaute sehr ernst, sie segnete die Töchter. Am folgenden Tag wurden die Töchter von den Faschisten in ein Irrenhaus nach Osnabrück verschleppt, wo man versuchte, ihre fromme Geisteshaltung ihnen auszutreiben, die man für Irrsinn hielt, aber vergeblich. Nach der Rückkehr in ihren Heimatort sahen zwei der Töchter die deutsche Madonna wieder auf einer grünen Kuhwiese. Es waren inzwischen zehntausend Pilger in den kleinen Ort gekommen. Heimlich trafen sich die vier Töchter jeden Abend auf dem Friedhof, um zu beten. Die Töchter waren einfache Mädchen vom Land mit ganz gewöhnlichen Fehlern, wie sie den Kindern gewöhnlich eigen sind. Allerdings waren sie den vier Temperamenten zuzuordnen. Wenn die deutsche Madonna erschien, sanken sie auf die Knie. Sie knieten auch bei Frost lange nieder auf der kalten Erde und knieten auch bei Regen lange im Freien. An Marien Himmelfahrt Neunzehnhundertachtundreißig baten die Töchter die deutsche Madonna, ihnen ihre Himmelfahrt zu zeigen: MUTTER, zeig uns deine Himmelfahrt! Daraufhin schwebte die Madonna auf der blauweißen Wolke gen Himmel und lächelte und segnete die Erde und das Jesuskind auf ihrem Arm lächelte und winkte segnend. Zu Anna sprach die deutsche Madonna: Meine lieben Kinder, betet viel! Die Töchter fragten die Madonna: O MUTTER, mit welchem Namen sollen wir dich verehren? Da sprach die deutsche Madonna: Ich bin die Königin des Weltalls! Da fragten die Töchter: O MUTTER, mit welchem Gebet sollen wir dich verehren? Da sprach die deutsche Madonna: Mit der Lauretanischen Litanei! Da riefen die Töchter: O MUTTER, wie schön du bist! Die deutsche Madonna vertraute den Töchtern geheime Botschaften für den Engelgleichen Pastor an. Dann sangen die Töchter: Segne mich, Maria, segne mich, dein Kind! Dann baten sie die deutsche Madonna: O MUTTER, segne uns, wir sind ja deine Kinder! Wir wollen alles tun, was du uns sagst! Sag uns, was du dir von uns wünschst! O MUTTER, gib uns deinen Segen! O MUTTER, segne unser Volk! Da rief Gretchen der deutschen Madonna zu: O MUTTER, kommst du wieder? Ja, sprach die deutsche Madonna, ja, ich komme wieder. Da sprach die deutsche Madonna: Nun, liebe Kinder, will ich euch zum Abschied segnen! Bleibt gottergeben und lieb! Betet oft und gern den Rosenkranz! Nun, adieu, liebe Kinder, auf Wiedersehen im Himmel! Unter Tränen riefen die Töchter der deutschen Madonna nach: O MUTTER, wir danken dir! Die Kinder blieben traurig zurück, Gretchen hatte sich gewünscht: Ach hätte die MUTTER mich doch mit in den Himmel genommen! Aber nun wollen wir alle die Königin des Weltalls verehren!


2

Im Oktober des Jahres Neunzehnhundertneunundvierzig, eben nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und Untergangs der faschistischen Tyrannei, erschien in Heroldsbach im Schlosspark von Thurn über den Birken das Zeichen Gottes: JHS. Manche deuten es als J für Jahwe, das ist hebräisch und heißt Ich-bin-der-Ich-bin, H für Hyos, das ist griechisch und heißt Sohn, und S für Spiritus Sanctus, das ist lateinisch und heißt Heiliger Geist, somit ist JHS das Zeichen des dreieinigen Gottes. JHS ist aber auch das Zeichen des allerheiligsten Namens Jhesus. Es bedeutet auch Jesus-Heiland-Seligmacher. Es kann das H des Hyos-Sohnes aber auch als das H der Hochmah-Weisheit gedeutet werden, denn der Hyos-Sohn ist die Hochmah-Weisheit Gottes. Maria erschien mit betend gefalteten Händen, im langen weißen Seidenkleid, über den Birken, den weißen jungfräulichen Töchtern der Bäume. Auf ihren bloßen Füßen, auf den Zehnägeln, erschienen scharlachrote Rosen. Am anmutreichen Gürtel der deutschen Madonna hing ein langer schwarzer Rosenkranz. Am dritten Tag der Erscheinung hielt die deutsche Madonna das Jesuskind auf dem linken Arm, also an ihrem Herzen. Drei Jahre lang erschien die deutsche Madonna in Heroldsbach. Die Madonna erschien oft in einem langen blauen Mantel und mit einer goldenen Krone auf dem Haupt als Himmelskönigin. Allerdings erschien sie auch in andern Gewändern, und die symbolische Farbe und Gestalt ihrer Gewandung stand in einem Zusammenhang mit der Botschaft, die sie des Tages brachte. Sie rief das deutsche Volk auf, durch das immerwährende Gebet zum Frieden in der Welt beizutragen. Sie rief das deutsche Volk zur Buße auf, das heißt zur Umkehr zu dem einen lebendigen Gott der Liebe. Sie rief die deutschen Christen auf, durch Opfer an das Herz der göttlichen Liebe zur Errettung der Seelen beizutragen und das heilige Herz Jesu zu trösten. Im Gebet soll der gläubige Mensch das fließende Licht der göttlichen Gnade empfangen und es in barmherziger Menschenliebe zu allen Menschen strömen lassen. So wird das Gebet wirksam zur Rettung der Seelen. Im Januar Neunzehnhundertundfünfzig kam die Madonna den Seherinnen näher, die Sehermädchen berührten die Madonna. Die Madonna war ein wirklich lebender Mensch, den die Töchter berühren konnten, die bei der Berührung der Madonna von einem starken Strom übernatürlicher Kraft durchströmt wurden. Besonders zärtlich empfanden die Töchter den liebevollen Händedruck der Madonna. Auch durften die Töchter das Jesuskind in ihren Händen empfangen, es auf den Armen halten und an ihre Brüste drücken. Sie waren selig in dem Augenblick, da das göttliche Kind in ihren Armen und an ihrem Herzen lag und sie anlächelte. Es erschien auch der heilige Josef als Schutzpatron der Sterbenden und als Vorbild einer heiligen Ehe, es erschien die kleine Therese von Lisieux, die heilige Therese vom Kinde Jesus, als ein Vorbild der Demut und Ganzhingabe an die barmherzige Liebe, und es erschien der heilige Einsiedler Antonius als ein Heiliger, der die dämonischen Versuchungen mit der Kraft Gottes siegreich überwunden hat. Das Jesuskind aber lehrte die Töchter eine göttlich-kindliche Weisheit, da der Ewige sich aus dem Munde eines Säugling ein Lob und eine Macht bereitet hat: Besonders die christliche Meditation des mystischen Rosenkranzgebetes als das ewige Wiederholen des Engelsgrußes an die Mutter Gottes ist wirksam zur Auslöschung des Ego, in dem Mantra des Ave-Maria verschwinden aus dem Geist des Meditierenden alle weltlichen Gedanken. Man kann gewissermaßen sagen, dass der Mensch nicht betet, sondern betend lebt und atmet! Denn das ist das Ziel der christlichen Meditation des mystischen Rosenkranzes als des katholischen Mantras der Namen Marias und Jesus, dass der Mensch lebt atmend in Gott! So lehrte die göttliche Weisheit, das Jesuskind, die Seherinnen. Die deutsche Madonna aber sprach: Ich bin die Königin der Rosen! Die Töchter meinten, sie sagte: Ich bin die Königin des Rosenkranzes. Aber die deutsche Madonna von Heroldsbach lächelte und sprach: Ich bin wirklich die Königin der Rosen! Da schwebte die goldene Krone vom Haupt der Madonna gen Himmel und vom Himmel senkten sich Rosen hernieder auf die deutsche Madonna, als badete sie in Rosenblüten, lachsfarbne Rosen der geistigen Freundschaft, scharlachrote Rosen der brennenden Liebe und gelbe Rosen der Treue strömten über die deutsche Madonna. Die Seherinnen waren so glücklich, so glückselig in diesem Augenblick, da sie die himmlische Schönheit der Schönsten aller Frauen auf Erden sahen, dass sie am liebsten gleich sterben wollten, um ewig im himmlischen Paradies und im Reich der ewigen Liebe zu sein! Da strömten aus dem Himmel freundliche Feuerströme und rote Rosen, da streute die rosenarmige göttliche Liebe das fließende Licht der Gottheit aus, das Licht der göttlichen Liebe, das Feuer und die roten Rosen des Herzen der göttlichen Liebe!
Am Achten Dezember Neunzehnhundertneunundvierzig, dem Festtag der Makellosen Konzeption oder Unbefleckten Empfängnis Marias, das heißt, der von allen Flecken der Sünde freien Maria vom Augenblick ihrer Empfängnis im Mutterschoß an, dem Augenblick, da sich die gottgehauchte Seele mit dem leiblichen Keim vereinigte, an diesem Festtag wurden zehntausend Pilger in Heroldsbach Augenzeugen eines Sonnen-Wunders am Himmel. Es strömten von der Sonne Feuerströme aus, wie viele verschiedenfarbige Feuersäulen! Die Sonne wechselte mehrmals deutliche ihre Farbe! Die Sonne tanzte am Himmel! Die Sonne stürzte einen Augenblick vom Himmel! Die Sonne kam herab zum Birkenwald des Schlossparks und öffnete sich, da stand die FRAUE in der Sonne, Maria, die Frau der Offenbarung, die Frau der Apokalypse! Sie war ganz in weißes Linnen gekleidet und umgeben von einer Aura aus Glorienlichtglanz! Die deutschen Christen aber verehren diese Madonna von Heroldsbach als die Mutter der göttlichen Weisheit. Die lateinische Kirche nennt sie: Mater divinae sapientiae! Wir können sie auch die Mutter der göttlichen SOPHIA nennen! O immerwährende Jungfrau und Mutter Maria, du Mutter der göttlichen Weisheit, du hast der Menschheit und der ganzen Welt die göttliche Weisheit in Menschengestalt geschenkt! Hilf uns allen, die göttliche Weisheit zu erkennen und zu lieben! Der Hirte der christlichen Herde bestimmte das Heiligtum von Heroldsbach als ein Zentrum zur Neu-Evangelisation Deutschlands! Maria als der Stern der Neu-Evangelisation möge als Mutter der göttlichen Weisheit das Volk der Dichter und Denker zu Gott führen! Nun erschien am Himmel das Zeichen der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, ein Dreieck, und senkte sich vom Himmel auf Deutschland herab! In Lichtstrahlen erschienen auch die Heiligen aus dem himmlischen Reich. Der Erzengel Michael erschien, der Schutzpatron des deutschen Volkes! Der Stammvater Abraham, von Juden und Christen und Muslimen verehrt, erschien, der trotz der Barmherzigkeit mit seinem Lieblingskind der göttlichen Weisheit ergeben war! Die drei Magier aus dem Morgenland erschienen, die den Sternen gefolgt waren und die göttliche Weisheit erkannten in der Gestalt des göttlichen Kindes Jesus! Der heilige Josef erschien, der keusche Bräutigam der Mutter der göttlichen Weisheit und Pflegevater des göttlichen Kindes! Die heilige Cäcilia erschien, die Schutzmatrone der heiligen Musik! Die heilige Agnes erschien, die jungfräuliche Braut Christi, die der göttliche Lichtglanz verbarg, als die Feinde ihrer Seele sie in einem Bordell entblößten! Der heilige Einsiedler Antonius erschien, den der Feind seiner Seele in Gestalt einer nackten Hure versuchte, er aber überwand in der Kraft des Gebetes! Der heilige Kaiser Heinrich und die heilige Kaiserin Kunigund erschienen als Schutzpatron und Schutzmatrone einer heiligen Ehe und als Garanten für die Wahrheit, das auch die Ehe ein Weg zur Heiligkeit sein kann! Der heilige Franziskus erschien als Bräutigam der Frau Armut, der den Mammon verachtete und die Schöpfung mit der Liebe Gottes liebte! Die heilige Elisabeth von Thüringen erschien, die sich wie eine Mutter allen armen Kindern zugewandt hatte und den armen Frauen Brot und Rosen geschenkt hatte! Der heilige Franz von Sales erschien, der mit der heilige Johanna von Chantal eine heilige geistige Freundschaft gepflegt und mit den calvinistischen Protestanten disputiert hatte! Die heilige Bernardette erschien, die in Lourdes die ganz reine Madonna gesehen, die schöne Dame! Die heilige Therese vom Kinde Jesus erschien, die sich als Spielgefährtin des göttlichen Kindes betrachtete und allein dem Kleinen Jesus alle ihre Liebe schenken wollte, um das Herz des göttlichen Kindes zu trösten! All ihr Heiligen, segnet das deutsche Volk! Allerseligste Maria, Mutter Gottes, Mutter der göttlichen Sophia, Mit-Erlöserin der ganzen Menschheit, bitte für die Söhne und Töchter Deutschlands!


3

Es war in Marienfried im Jahre Neunzehnhundertsechsundvierzig. Eine Erscheinung, eine Epiphanie wars, die Seherin aber war Bärbel.
Bärbel:
Wer sind Sie, gnädige Frau? Und woher kennen Sie mein Geheimnis? Das, wovon Sie sprechen, ist lange her! Es war am dreizehnten Mai.
Die Epiphanie:
Du sollst meine Zeugin sein. Dort, wo Vertrauen in mich lebt und wo den Menschen erzählt wird von der Allmacht meiner Fürsprache, dort wird der Friede wohnen. Ich bin das Große Zeichen des lebendigen Gottes, Magnum Signum! Meine Kinder tragen mein Zeichen an der Stirn. Der Stern des Abgrunds wird das Große Zeichen verfolgen, aber das Große Zeichen wird den Stern des Abgrunds besiegen. Der Friede, der höher ist als aller Verstand, sei mit dir!
Bärbel:
Wie heißen Sie, schöne Dame?
Epiphanie:
Ich bin die Mittlerin zu Gott. Jesu Herz wird so wenig verstanden, weil man mich nicht recht erkennt. Deshalb gießt Gott den Becher mit dem Wein des Zornes über die Menschen, weil sie Jesus zurückweisen. Die Menschheit wurde dem reinen Marienherzen geweiht, ich verlange, dass die Menschen dieser Weihe an das reine Marienherz gemäß würdig leben. Vertraue zutiefst in die Macht meines reinen Herzens! Glaube an die Allmacht meiner Fürsprache! Setzt an die Stelle eurer steinernen Herzen mein liebevolles Marienherz, dann werde ich in euch die Liebe Gottes anziehen und ihr werdet Jesus ähnlich werden. Erfüllt meine Wünsche, damit bald der Fürst des Friedens herrsche in der ganzen Welt! Die Welt muß den Becher mit dem Wein des Zornes bis zur Neige leeren wegen der schweren Schuld, mit der das Herz der göttlichen Liebe beleidigt wird. Der Stern des Abgrunds will die Menschheit und den ganzen Planeten vernichten, aber er sieht, dass seine Zeit begrenzt ist und dass sich schon viele fromme Kinder um das Große Zeichen geschart haben, um mein ganz reines Marienherz! Einige tragen schon das Große Zeichen des lebendigen Gottes an der Stirn und es werden immer mehr! Vergeßt in diesen grausamen Tagen nicht, daß das Kreuz, das ihr tragt, eine Gnade ist, und bringt Gott euer Dankopfer und euer Lobopfer dafür, dass ihr auserwählt seid, das Kreuz zu tragen! Gebt euch mir ganz hin und betet oft den Rosenkranz. Bittet nicht um materielle Güter, bittet um das Heil für die ganze Menschheit und um das Friedensreich des Messias! Ich will im Verborgenen wirken als eure Mittlerin zu Gott. Ich will euren Herzen tiefen Frieden schenken. Aus dem Frieden der Herzen soll der Friede der Völker kommen, bis Jesus, der Friedefürst, König aller Völker ist!
Bärbel:
Ich kann mir deine Worte nicht alle genau so merken. Was, wenn ich sie nicht richtig wieder gebe?
Epiphanie:
Du wirst die Worte in meinem Sinne wiedergeben. Der Teufel wird sehr mächtig und wird die Menschen täuschen, die nicht fest mit meinem Herzen verbunden sind. Es wird eine Zeit kommen, da wirst du schrecklich einsam sein und viele böse Zungen werden über dich lästern. Der Teufel weiß die Menschen zu täuschen, er stellt sich dar als Engel des Lichts, als Lichtbringer, und selbst Menschen mit redlichem Herzen werden getäuscht. Aber du sollst dein Leben auf ein unbedingten Vertrauen in meine Liebe gründen! Wo die Menschen an die Stelle ihrer steinernen Herzen mein reines Marienherz setzen, hat der Teufel keine Macht mehr. Er wird aber die Kinder Mariens verfolgen, sie werden von vielen verachtet werden, aber sie sind in der Liebe zur apokalyptischen Jungfrau unüberwindbar!
Bärbel:
O Mutter der Schönen Liebe, dreimal wunderbare Frau, du schöne Mutter-Braut, wirke wunderbare Gnaden, du Fürstin des Friedens, du liebenswürdige Mutter, du Erlöserin der Menschheit und Mittlerin zu Gott!
Epiphanie:
Knie nieder vor mir, ich will dich segnen! Ich schenke dir den Frieden, der höher ist als alle Vernunft, im Namen der göttlichen Allmacht, der göttlichen Weisheit und der göttlichen Liebe, Amen!
Bärbel:
O Maria, du bist so unaussprechlich schön! Du bist die Schönste aller Schönen! Schau ich dich an, so seh ich das Licht der Schönheit Gottes!
Epiphanie:
Ich bin die Mittlerin zu Gott. Die Christenheit soll diesen Titel der Gottesmagd anerkennen, so will es der Herr. Du sollst glauben, dass ich als Spiritualisierung der Mutterliebe des Heiligen Geistes die Spenderin der Charismen bin. Das Große Zeichen, mein Magnum Signum, erscheint, so will es die ewige Vorsehung. Allein meine Kinder erkennen mein Zeichen, weil es sich im Geheimen offenbart, und sie preisen die Gottheit deswegen. Die Macht meiner Schönheit kann ich heute noch nicht der ganzen Welt offenbaren, ich muß mich erst mit meinen Kindern zurückziehen in die Wüste. Im Verborgenen will ich Wunder wirken in den Seelen, bis die Zahl voll ist. An eurem Gebet und Kreuztragen liegt es, die Zeit der Finsternis abzukürzen! Euer Gebet und euer geduldiges Kreuzesopfer soll das Bild des Tieres zertrümmern! Dann kann ich mich der ganzen Welt offenbaren zur Ehre der allmächtigen Liebe! Wählt mein Zeichen, hängt es euch um den Hals, tragt es an eurer Hand, damit die Allerheiligste Dreifaltigkeit überall erkannt und geliebt wird! Bete du den Rosenkranz, wie ich ihn dich gelehrt habe. Verlange im Gebet des Rosenkranzes nicht materielle Güter, sondern erbitte Gottes und meinen Segen für die Seelen, für die Völker, für die ganze Welt, dass alle das Herz der göttlichen Liebe erkennen und lieben! Heute geht es allein darum, dass ihr der göttlichen Liebe uneigennützig Ehre gebt, ich will mich um alles andere kümmern. Meinen Kindern werde ich Kreuze aufschultern, schwer wie die Alpen, tief wie die Nordsee, weil ich meine Kinder mit der Liebe des gekreuzigten Christus liebe, der gekreuzigten Liebe! Ich bitte dich, sei auch du bereit, dein Kreuz geduldig zu tragen, damit bald das Friedensreich des Messias kommt! Wähle dir das Große Zeichen der Apokalyptischen Frau, damit der Allerheiligsten Dreifaltigkeit Ruhm und Preis und Dank und Ehre werde! Ein furchtbares Wehe verkündet Gott all denen, die sich dem Willen seiner Liebe nicht ergeben wollen. Das sollst du frei heraus sagen.
Bärbel:
Wie soll ich das sagen?
Epiphanie:
Sage den Menschen, dass ich eine Botschaft an die Menschheit habe. Die Menschen sollen meinen Willen erfahren, wie ich sie retten will. Mein Wille ist der Heilswille der göttlichen Liebe. Die Geister werden sich an meiner Botschaft scheiden. Viele werden Anstoß nehmen und sich an mir ärgern. Aber es ist eine Schar von Getreuen da, die wird meine Botschaft richtig verstehen und wird sie zu meiner Freude meditieren. Diese Schar hat meinen Dienst im Heilsplan der Ewigen Weisheit richtig erkannt und haben mich oft entzückt mit ihrer Liebe. In vielen Ländern leben die Söhne und Töchter meiner Liebe. Viele haben meine geheimnisvollen Wunder schon erkannt und erfahren, und sie haben mich dreimal-wunderbare Frau und große Mutter genannt und geben mir unter diesem Titel höchste Ehren! Ich freue mich, dass sich auch in Deutschland eine kleine Schar von Getreuen findet, die meine Stellung anerkennt, die ihr Leben nach meinen Worten ausrichtet, und ich freue mich, dass diese Getreuen meine Gedanken und Herzenswünsche in die ganze Welt hinaustragen. Ihr soll euch mir zur Verfügung stellen, damit ich euch Aufträge geben kann zum Gebet für die Sünder, für die Völker. Die Seelen warten auf das Gebet meiner Kinder. Nun singe du das neue Lied, das die Seraphim singen!

Ein neues Lied will ich dir singen,
Heil Ewigkeit, Herrschaft!
Gottheit des Lebens,
Du warst, du bist, du wirst sein,
Immer gütig, immer barmherzig,
Dir werde Lobpreis,
Ruhm und Glorie
Durch deine Tochter im Kleid aus Sonnenlicht,
Unsere große Mutter, Amen!

Ein neues Lied will ich dir singen,
Heil, geopferte Weisheit,
Gekreuzigte Liebe,
Herrschaft des Friedens,
Baum des Lebens,
Du unser Haupt,
Du Pforte zum göttlichen Herzen,
Du ewige Gottesgeburt,
In Ewigkeit herrschend mit dem ewigen Sein,
Dir werde immer neu
Schönheit und Pracht und Glanz,
Anbetung, Opfer
Durch deine makellose Mutter,
Unsre große Mutter der schönen Liebe, Amen!

Ein neues Lied will ich dir singen,
Heil Hauch,
Lebendiger Atem,
Strömende Heiligkeit,
Ewiges Wirken in der göttlichen Liebe,
Du Liebe der liebenden Personen,
Du Feuerflut und brausender Sturm,
Du wehest Kraft und Licht und Glut
In die Kinder Gottes,
Du ewige Liebesglut,
Du glühender Strom der ewigen Liebe,
Strömend in die Seelen der Geschöpfe,
Dir sei immer neu und ewig
Pracht und Schönheit und Glorie
Durch deine zodiakgekrönte Braut,
Unsre große Mutter und apokalyptische Jungfrau, Amen!

Heilig, heilig, heilig, Jehowah Zevaoth!
Himmel und Erde sind erfüllt von deiner Schönheit!
Hallelujah!
Hochgelobt sei der König, der kommt im Namen Gottes!
Hallelujah!
Alles was atmet, preise die Ewige Liebe!


4

Endlich war auch die kommunistische Diktatur in Osteuropa überwunden. Die sanfte Revolution der Freiheit begann mit der Anrufung des Heiligen Geistes der Freiheit in Polen durch den polnischen Papst des Totus Tuus. In Deutschland begann die friedliche Revolution mit dem Gebet in der Versöhnungs- und Friedens-Kirche von Leipzig. Deutschland wurde wiedervereinigt und das deutsche Volk sang das Te-Deum. Da erschien die deutsche Madonna in Marpingen und sprach in den neunziger Jahren durch ihre drei Töchter Marion, Judith und Christine.
Christine (im Haus der Weisheit):
Ich habe das Kreuz gesehen, es lief das Blut der Passion Christi am Kreuz herab. Aber dann ward das Kreuz wieder heil und gesund und es rankten Rosen und Weinreben am Kreuz als dem Lebensbaum. Ich sah Jesus wie am Tisch des Abendmahles, er breitete seine Arme zum Willkommen aus und sprach: Fürchte dich nicht, denn Ich-bin-da!
Marion:
Die Madonna ist da. Sie trägt Sterne rings um die Stirne wie einen Kranz. Sie trägt ein langes reines weißes Seidengewand. Über ihr schwebt die Taube der Liebe.
Offenbarung durch Christine:
Ich liebe euch so sehr! Ich danke euch, dass ihr meinem Ruf gefolgt seid. Ihr seid hier, weil ich euch gerufen haben, ob es euch bewusst war oder unbewusst. Mein Makelloses Herz wird triumphieren!
Marion:
Ich habe wieder die Taube der Liebe gesehen, sie schwebte über IHR.
Christine:
Ich hatte diese unaussprechliche Empfindung, eine wunderschöne Empfindung, als ich SIE gehört habe.
Christine:
Ich sehe, wie das Kreuz uns führt. Uns geleiten viele Engel in Reih und Glied.
Marion:
Die Engel halten uns an der Hand und führen uns. Ich habe die heilige Bernardette von Lourdes gesehen.
Judith:
Sahest du Jeanne d’Arc?
Marion :
Es war die kleine Therese von Lisieux, die Jeanne d’Arc gespielt hat. Viele Engel sind da, der Erzengel Raphael ist da. Der Erzengel Raphael hielt als heilendes Süßholz das leuchtende Kreuz in der Hand. Die Engel bildeten ein Himmelstor, das sagte mir: Ihr seid beschützt!
Christine:
Ich höre eine Stimme: Wie ihr jetzt vor der Türe steht und nicht hineindürft, so stehe ich vor den Herzen meiner Kinder.
Marion:
Im Gedanken erkenne ich, wir sollen den Rosenkranz beten, und SIE wird kommen. Der Heiland war da. Er hatte ein einfaches Gewand an und blondbraune längere Haare, ein erwachsener Mann.
Christine:
Ich sehe die Taube der Liebe, sie schwebt über der Marienikone.
Marion:
Ich sehe allein die Taube der Liebe, umgeben von Strahlen, unaussprechlich schönem Lichtglanz. In der Mitte schwebt die Taube der Liebe und rings umher wie ein Lichtkreis der göttliche Lichtglanz der Schönheit.
Offenbarung durch Christine:
Betet, meine geliebten Kinder, dass meine Kinder mir ihr Herz nicht verschließen.
Marion:
SIE ist da. SIE betet mit uns. SIE hat uns gesagt, dass wir mit IHR den Rosenkranz beten sollen.
Judith:
Mmh, wie schön!
Offenbarung durch Christine:
Meine geliebten Kinder, helft mir, dass alle meine Kinder zu meinem Mutterherzen zurückkehren. Opfert eure Leiden auf und betet, betet, betet. Ich sehne mich so sehr nach allen meinen Menschenkindern! Warum verschließen sie sich so sehr? Ich will doch nur das Beste für sie! Ach, die Herzen sind so kalt! Sie wehren die Liebe ab, die mein Sohn ihnen schenken möchte!
Offenbarung durch Judith:
Meine geliebten Kinder, unsere Herzen sind selbst im Himmel vor Trauer zerrissen, weil wir sehen müssen, wie wenig die Ewige Liebe geliebt wird! Ich komme, um euch zu führen, dass ihr meinem Sohne Jesus ähnlich werdet, damit ihr das Herz der göttlichen Liebe tröstet. Ihr müsst auch das Kreuz tragen, ihr müsst auch den Kreuzweg Christi gehen, Christus ist euch den Kreuzweg vorausgegangen, der allein in dem Himmel führt. Ihr müsst mein Mutterherz betrachten, dass voller Liebe zu allen Menschenkindern ist, ich möchte eure Herzen mit meiner Liebe erfüllen, damit ihr mit meiner Liebe Gott liebt! Gott wartet auf euch mit der unerschöpflichen Liebe des göttlichen Herzens, Gott wartet in großer Sehnsucht auf die Heimkehr eurer Seelen! Betet, betet, betet! Opfert eure Leiden der barmherzigen Liebe auf, so wird auch das kleinste Leiden fruchtbar und kostbar für den Himmel. Tut alles in Maria, mit Maria, durch Maria und für Maria! Diese Liebe eurer Herzen braucht der Himmel, denn Gott hat euch für das Paradies geschaffen, dass ihr ewig lieben könnt und leben im Schoß der Ewigen Liebe! Lebt in der Liebe, die ich in eure Herzen gieße, damit die Menschen durch euch meine Liebe sehen. Nur durch die gelebte Liebe könnt ihr diese steinharten Herzen noch erreichen, Worte der Weisheit erreichen diese steinernen Herzen nicht mehr. Liebt, meine geliebten Kinder, liebt Gott und die Menschheit!
Christine:
Ich habe SIE gesehen, SIE trug eine dunklen, fast schwarzen Schleier. Ach und SIE trug sieben Dolche in ihrem Herzen! Und SIE war ganz zerrissen vor Traurigkeit! Ich habe IHRE Traurigkeit gefühlt und das hat mir fast das Herz zerrissen!
Marion:
Ich habe die Erdkugel gesehen, sie leuchtete, und um die Erde war ein Kranz von Ölbaumblättern. Ich sah ein leuchtendes Kreuz auf der Erdkugel. Dann sah ich das Antlitz Jesu voller Schmerzen. Da überkam mich eine unergründliche Trauer, als ich Jesus so voller Schmerzen am Kreuze sah! Aber dann blühten viele Blumen vor Jesus auf, und ein Engel sagte mir, dass sind die Gebete, die Engel tragen die Gebete wie Blumen zu Jesus. Es waren da zwei kleine Engelskinder, das waren wirklich Engel. Und das hat mich dann wieder sehr gefreut, die schönen Blumen und die lachenden Engelskinder. Und mich freute dann um Jesu Stirn zu sehen diesen Olivenkranz der Weisheit und des Friedens. Dann habe ich SIE gehört, dass wir mehr zu IHR kommen sollen. Da hat SIE den Mantel weit geöffnet, und ich sollte es ihr nachmachen und meine Arme weit öffnen, die Arme weit öffnen, dass alle Menschenkinder an mein Herz kommen, genau wie SIE es macht!
Judith:
Marion, wie ist dir?
Marion:
Oh, es ist zu schön!
Christine:
Wir haben heute den zehnten Oktober Neunzehnhundertvierundneunzig.............
Marion:
Ich sehe die göttliche Liebestaube und grüne Ranken und Flechten und Engel und alles tanzt in Kreisen! Alles ist unaussprechlich schön! Alles ist voller freudiger Liebe! Alles ist voller glücklicher Freude! Alle Herzen hüpfen und springen vor Glück im Himmel! Das ist so schön, da braucht kein Mensch mehr Angst vor dem Tod zu haben! Alles ist so voller Glückseligkeit, ich könnte zerschmelzen vor Wonne, so schön ist das Paradies! Alle Trauer ist fort. SIE will diese Glückseligkeit mit uns teilen! Oh das Paradies ist so unbeschreiblich schön! Ich sehe Scharen von Engeln, ich sehe die Jungfrau und Jesus! Ich sehe eine Lichtkrone mit einem strahlenden Dreieck der Allerheiligsten Dreifaltigkeit im Zentrum des Kreises. Wir brauchen keine Angst vor dem Tod zu haben, denn das Paradies ist so schön! Wir müssen nur alles in die Ewigen Arme des Alten Gottes legen! Ich sah das flammende Herz Jesu und das glühende Herz der Jungfrau und die göttliche Liebestaube darüber, es war wunderschön! Es waren Scharen von Heiligen und Seligen und glücklichen Geistern da, ein himmlisches Volk! Aber ich kann keine einzelnen Heiligen erkennen, weil ich immer Jesus und die Jungfrau anschauen wollte, SIE war allzuschön! O ich muß es sagen, allen sagen, wie wunderbar und unaussprechlich schön es im Paradiese ist! Die Jungfrau und Jesus sagen: Sag es der ganzen Menschheit: Wir lieben euch sehr!
Offenbarung durch Marion:
Meine geliebten Kinder! Mit diesen Bildern, wie Marion sie beschrieben hat, möchte ich euch einen Einblick in das Paradies gewähren. Durch Marion habe ich euch ja schon gesagt, dass man keine Angst vor dem Tod zu haben braucht. Der Tod ist nur ein Hinübergehen wie durch einen Vorhang, hinüber in das ewige Leben, in die ewige Glückseligkeit der Seelen! Ich habe nur den Einen Wunsch, euch in die ewige Glückseligkeit des Paradieses zur göttlichen Liebe zu führen! Ich liebe euch, meine geliebten Kinder! Ich bin immer bei euch! Jesus hat mich euch zur Mutter geschenkt, und was ich für eine Mutter bin, werdet ihr erfahren, wenn ihr meine Hand ergreift und euch von mir führen lasst. Vergesst es nie in eurem Leid, dass ich eure euch liebende Mutter bin! Du denke immer daran: ICH LIEBE DICH SEHR!


5

Im Jahr Zweitausendundeins, dem Jahr des Beginns des islamistischen Terrors und der nordamerikanischen Kriegspolitik fand die Erscheinung der deutschen Madonna in der Blauen Oase des Gebets zu Sievernich statt. Die Seherin nennen wir die Tochter Evas. Die Tochter Evas fühlte eine große Hitze! Sie sah einen Nebel, dann sah sie die NEUE EVA erscheinen. Die NEUE EVA trug ein weißes Gewand aus Lichtstoff und hatte schwarze, fast hennabraune Haare, die ihr wie ein Schleier lang herunterfielen. In den Händen hielt sie einen Kranz von lachsfarbenen Rosen, und zu ihren bloßen Füßen, die auf einer Wolke schwebten, blühten scharlachrote Rosen. Die NEUE EVA sah wehmütig aus und weinte Tränen, ihre Tränen fielen wie tränenförmige Diamanten auf die Mutter Erde. Die NEUE EVA sprach: Ich segne euch! Ich bin die Makellose! Meine geliebten Kinder, tröstet mich! Tröstet mich durch eure Gebete! Erfleht von Gott den himmlischen Frieden auf Erden! Meine geliebten Kinder, entgegnet dem Bösen nicht mit Haß und Krieg, sondern nehmt meine Mutterliebe zu Hilfe. Keine Weisheit, die eins mit dem Allbarmherzigen ist, kann Haß und Krieg verkünden! Im Allbarmherzigen ist nur Heil, nur Segen, nur Schöne Liebe! Jesus ist Liebe! Betet für Johannes Paul den Großen und betet für Deutschland. Betet für alle Völker und die ganze Erde und nehmt mich als eure Hilfe an. Meine geliebten Kinder, ich bin eure große Mutter! Ich öffne euch weit mein Herz! Meine geliebten Kinder, ich sehe eure Ängste und Schmerzen, taucht sie in mein reines Herz, so kann ich euch verwandeln! Ich bin heute gekommen, meine geliebten Kinder, um euch meine mütterlichen Tränen zu schenken, denn ich bin die Mutter aller, aller Menschenkinder! Ich bin die FRAUE aller Völker! Meine Tränen lasse ich tropfen in euer Herz, dass ihr mir meine Tränen weinen könnt. Meine Tränen zu weinen, geliebte Kinder, dass ist eine große Gnade für euch. Ich will eure Seele zur göttlichen Liebe führen. Meine geliebten Kinder, unter euch ist einer betrübt, und er erwartet Worte von mir, dass ich zu ihm spreche, er aber soll sich an den weisen Priester halten, der ihn betreut, der weise Priester wird ihm Weisung geben können, denn in ihm wirkt Jesus! Und nun kommt eine Seele zu mir, die ich in mein Mutterherz eintauchen werde! – Und die Tochter Evas sah am sechsten November des Jahres Zweitausendundeins, wie die NEUE EVA mit offenem Herzen dastand. Sie ging auf die Seele zu. Hinter ihr ging eine schöne Himmlische, ein weißgewandetes Engelswesen, und trug eine Schale mit der heiligen Chrisam-Myron-Salbe in den Händen. Die NEUE EVA trat zu der Seele und bezeichnete sie mit der Salbe. Die NEUE EVA sprach, während der Liebesflammen-Rosenkranz gebetet wurde: Meine geliebten Kinder, kommt unter meinen bergenden Mantel, den Schutzmantel meiner barmherzigen Mutterliebe, denn ich liebe euch! Da breitete die NEUE EVA ihren mütterlichen Mantel aus, und wir waren alle in ihr geborgen wie im Mutterschoß der göttlichen Barmherzigkeit. Da sprach die NEUE EVA: Meine geliebten Kinder, ich behüte euch. Dies ist meine Blaue Oase des Gebets und eure Zuflucht bei mir. Ich berge euch unter meinem Mantel, dem Schutzmantel meiner mütterlichen Barmherzigkeit, dort seid ihr geborgen. Schenkt auch ihr mir euer Herz, wie ich euch mein Herz schenke! Wenn ihr von den finsteren Kriegen hört, dann betet um den Frieden! Betet für die Seelen, die in diesen Kriegen geopfert werden! Betet und schenkt mir alle Länder und alle Völker der Erde durch euren Lobpreis! Ich habe selbst meinen Sohn verloren und kenne das Leid der trauernden Mütter! Gott will, dass ich euch in dieser Trübsal zu Hilfe komme. – Und die Tochter Evas sah die Erdkugel sich drehen. Und sie sah Afghanistan, das wilde Afghanistan, und sah einen Becher über dem Land und aus dem Becher Blut strömen und las eine goldene Schrift: Der Finsternis wegen muß das Volk gereinigt werden, sie haben den Herrn vergessen und vertrauen allein ihrer eigenen Macht, doch dieser Krieg ist aus ihrer eigenen Macht entstanden, denn sie wollen meine göttliche Hilfe nicht! - Nun sah die Tochter Evas über der Erde ein Kreuz aus Licht, von dem lichten Kreuz gingen Strahlen aus. Ein blauer Strahl fiel auf Deutschland und Italien, ein roter Strahl fiel auf Russland, China und Afrika, ein schwarzer Strahl traf Afghanistan und Nordamerika, ein weißer Strahl traf Südamerika. Dann sah die Tochter Evas über der Erde das Prager Jesuskind, von dem Edith Stein gesagt, es sei der heimliche Kaiser. Über dem Jesuskind war ein Blatt, darauf stand: Mein Reich kommt! Das Jesuskind segnete die Erde, die Erde wurde zu einem blauen Lichtball und fiel wieder in die Hand des Jesuskindes. Die NEUE EVA sprach: Meine geliebten Kinder, ich freue mich über euer Gebet und euern Lobpreis, ihr tröstet mich so, und ich lasse mich gern von euch trösten. Gott segne euch! Sie segnete uns und verschwand im Lichtglanz der göttlichen Schönheit. Es blieb zurück eine Himmlische, ein englisches Wesen, und verehrte die NEUE EVA. Und die Tochter Evas sah den Engelgleichen Pastor, der sprach: O Maria, du schaust in der Ewigkeit das menschliche Antlitz der EWIGEN WEISHEIT! Und Mirjam von Abellin, die Karmelitin, sprach: Gott ist meine MUTTER in Liebe und ich bin Gottes Kind! – JHS!



VIERTES KAPITEL

In dem über den ersten, biblischen Teil des Ave-Maria meditiert wird


„Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnade! Der Herr ist mit dir!“ - „Du bist gebenedeit unter den Frauen und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes, Jesus!“
Was heißt das?
Gegrüßet seist du! So grüßt der Erzengel Gabriel als Bote des dreifaltigen Gottes die Jungfrau Maria in Nazareth. Gabriel heißt: Kraft Gottes. Was heißt: Gegrüßet? Ein evangelischer Bruder sagte mir, die ursprüngliche Bedeutung des Wortes grüßen sei: segnen. So heiße der Gruß: Grüß Gott, eigentlich: Grüß dich Gott, also: Gott segne dich. Dann grüßt der Engel Gabriel die Jungfrau also: Gott segne dich! Jeder eigentliche Gruß ist ein Segenswunsch, so sollte es sein. Man wünscht sich einen guten Tag, einen schönen Tag. Aber wie grüßt der Engel im Evangelium? Es steht geschrieben: Chaire! Das Wort Chaire hängt mit Charis zusammen, das heißt Gnade, das heißt aber auch Freude, Huld, Schönheit. Hier hieße der Gruß also: Freue dich! Oder auch: Schönes wünsch ich dir! So sagen die Niederdeutschen: Moin, Moin! Das heißt Moien dag, schönen Tag! Moi heißt schön. Moin moin, heißt: Schönes, Schönes! Also, wäre Maria nicht in Nazareth gegrüßt worden, hätte der Engel zu einer friesischen Magd Marie den Gruß gebracht, so hätte er wohl gesagt: Moin Moin Marie! Freue dich! Schönen Tag! Ich segne dich mit Freude und Schönheit! Dies Freue-dich hat zu einer Poesie in der Kirche geführt, da in Litaneien Maria gegrüßt wird mit wiederholtem Freue-dich, und dann werden alle Gründe aufgezählt, warum Maria sich freuen kann. So sagen ja auch die Engel, die himmlischen Heerscharen zu den Hirten auf dem Felde bei Bethlehem: Freuet euch, euch ist großes Heil widerfahren, euch ist heute der Retter geboren! Dem Freuet-euch der himmlischen Heerscharen an die Hirten und die ganze Menschheit ging das Freue-dich des Erzenegels Gabriel an Maria voraus. Weil der Erzengel Gabriel Maria so gegrüßt hat: Freue dich! und ihr damit die Menschwerdung Gottes angekündigt hat, darum erging das Freuet-euch an die ganze Menschheit. Maria ist die höchste Vertreterin der Menschheit, stellvertretend für die ganze Menschheit wurde dem Menschen Maria die Freude verkündigt. Aber ich will auch bedenken, dass wahrscheinlich der Engel zu Maria nicht Chaire gesagt hat, den Segensgruß der Griechen, sondern Schalom, den Segensgruß der Juden, denn Maria war ja eine Tochter Davids, sie war ja die Tochter Zion. Schalom heißt nun: Friede! So gibt es im englischsprachigen Raum den Gruß: Peace! Im Evangelium grüßt Jesus die Seinen so: Friede sei mit euch! Die Araber kennen den gleichen Gruß: Salam! Schalom heißt aber nicht allein Friede, sondern auch Heil, Gesundheit, Wohlergehen. Das Wort Heil im umfassenden Sinne ist vielleicht die treffendste Übersetzung. So heißt der Gruß des Engels an die Jungfrau in der King-James-Bibel: Hail Mary! In Deutschland könnte man sagen: Heil Maria! Der schöne Segensgruß Heil ist in Deutschland befleckt durch den Unheilsgruß, damit der antichristliche Tyrann der nationalsozialistischen Tyrannei gegrüßt worden ist. Dieses Heil an den Antichristen war aber eine Nachäffung und Perversion des wahren Heil. So wird das antichristliche Heil, das eigentlich Unheil bedeutet, besiegt durch das Heil des Himmels, den Heilsgruß des Engels Gabriel an die Jungfrau Maria, die Tochter Zion. Allein das „Heil Maria!“ kann die Seele des deutschen Volkes entsühnen. Hail Mary! Schalom Mirjam! Und, erlaubt mir zu sagen: Moin Moin Marie!
Maria! Was heißt: Maria?
Im Evangelium tauchen viele Marien auf, so viele, dass es kaum zu sagen ist, wie viele es sind, und wer da wer ist. Es scheint, dass der Name Maria im Evangelium einfach der typische Name für die Braut Christi ist oder für die Kirche. Maria ist Braut Christi und Typus der Kirche als Braut Christi und Mutter der Christen und Christinnen. Da sind Maria Magdalena, Maria Kleophä, Maria die Mutter von Jakobus und Joses, die Andere Maria, die Schwester der Mutter Maria (die von der seligen Anna Katharina Emmerich genannt wird mit dem Namen Maria Heli) und Maria von Bethanien und eben Maria die Mutter Jesu. Der Name Maria, lateinisch, heißt auf griechisch Mariam, auf hebräisch Mirjam. Über die Bedeutung des Namens wird viel verschiedenes geschrieben. Mirjam wird erklärt als Mir: die Erleuchtete, und Jam, das Meer. Daraus leitete sich der Marientitel Stella Maris, Meeresstern, ab. Maria ist der Stern am Himmel, der dem Schiff der Kirche über das Meer der irdischen Finsternis den Weg zum himmlischen Ehehafen Gottes weist. Ich glaube der Kirchenvater und lateinische Bibelübersetzer Hieronymus war es, der deutete den Namen Maria oder Mirjam als Stilla Maris, das heißt Meerestropfen. Aus Stilla Maris wurde dann Stella Maris, Meeresstern. Andere leiten den Namen Mariam von Mara ab, das heißt, die Bittere. So sagte Noomi: Nennt mich nicht mehr Noomi, die Liebliche, sondern nennt mich Mara, die Bittere. Maria ist nun gewiß die Süße und Liebliche, so wird sie ja im Gebet Salve Regina auch unsre Süßigkeit genannt. Aber sie sprach in ihren Schmerzen: Nennt mich nicht mehr: Süße! Sondern nennt mich: Bittere, denn ich leide bittere Schmerzen bei den bitteren Schmerzen meines Sohnes. Ich leide auch bittere Schmerzen bei allen bitteren Schmerzen meiner Kinder, die in der Nachfolge Christi mit Christus gekreuzigt werden an Leib und Seele. Es gab ja auch das bittere Wasser Mara, an dem die Kinder Israel vorüberzogen, ich glaube, es war Mose, der ein Stück Holz in das bittere Wasser Mara warf, da wurde es süß und trinkbar. Dieses Holz ist das Kreuz, es verwandelt die Bitterkeit des Todes in den Genuß der Süßigkeit des ewigen Lebens in der Glückseligkeit des Paradieses. Maria, die für uns die Bittere geworden ist, nämlich die mitgekreuzigte Mutter ihres gekreuzigten Sohnes, wird uns führen zu ihrem Sohne Jesus Christus, der uns durch sein bitteres Leiden die Süßigkeit der paradiesischen Wonnen erworben hat. Dort in der süßen Wonne des Paradieses wird Maria für uns Noomi sein, die Allerlieblichste und Süßeste aller Süßen! Andere leiten den Namen Mari-am vom Aramäischen ab, wo Mari-am einfach erhabene Herrin oder erhabene Mutter bedeutet. Sie ist ja die Mutter Christi, und Christus ist das Haupt, die Kirche aller Christgläubigen ist aber der mystische Leib Christi. Das Haupt Christus und der mystische Leib Christi, nämlich die Kirche, bilden den ganzen Christus, Christus totus. Maria ist die Mutter nicht allein des Hauptes (so etwas wäre ja eine Missgeburt), sondern die Mutter des Hauptes und des mystischen Leibes, die Mutter des Christus totus, also Mutter der Kirche, also Mutter aller getauften, in Wasser und Geist wiedergeborenen und an Christus gläubigen Gotteskinder. Sie ist Mutter Gottes, nämlich Christi, und Mutter der Kinder Gottes. Darum ist sie einfach die erhabene Mutter, Mari-Am. Andere aber sagen, der Name Mirjam bedeute die Beleibte, was aber eine Umschreibung sei für: Die Schöne. Den sie ist nicht hager wie ein Skelett, sondern wohlgeformt, gutgebaut, ein Meisterwerk des Heiligen Geistes und der makellose Spiegel der göttlichen Schönheit. Spiegel der göttlichen Schönheit nannte sie Papst Johannes Paul der Zweite und die Kirche nennt sie: Tota pulchra perfectissima, das heißt: Ganz vollkommene Schönheit oder absolut perfekte Schöne! So beschreiben alle Seher in der Geschichte der Kirche, die Maria in Visionen gesehen haben, sie als die Schönste aller Frauen, und wer Maria sieht, nennt ihre Schönheit unbeschreiblich, unvorstellbar, und wer die Schönheit Mariens anschaut, der sinkt vor Überwältigung in die Kniee und stammelt Worte des Hohenliedes: Du bist schön, meine Freundin, allerdinge schön, kein Makel ist an dir! Andere leiten den Namen Maria vom lateinischen maria ab, das heißt Meere. So steht es schon in der Schöpfungsgeschichte geschrieben, dass die Taube des Heiligen Geistes oder die Taube der göttlichen Liebe über den Meeren (maria) schwebte und brütete gewissermaßen den schönen Kosmos aus. So schwebte der Heilige Geist der göttlichen Liebe ja auch über der Jungfrau Maria und brütete im Schoß der Jungfrau Christus aus, den wahren Gott und wahren Menschen, der eine neue Schöpfung heraufbringt, die erlöste und mit Gott vereinigte Schöpfung. Maria wird hier verglichen mit dem Ur-Meer, aus dem die Schöpfung entstand, dem Chaos oder der Ur-Materie. So nennt Hildegard von Bingen Maria auch die Materie, aus der Gott die Materie nahm, als der Logos Materie werden wollte, das Wort Fleisch werden wollte. Schließlich sagen welche, der Name Mirjam bedeute Geliebte. Das ist gewiß die schönste Deutung, denn Maria ist die Geliebte Gottes des Vaters, die Geliebte Gottes des Sohnes, die Geliebte Gottes des Heiligen Geistes. Wieso? Gott der Vater erwählte die Jungfrau Israel oder Jungfrau Jerusalem oder Tochter Zion zu seiner Braut, ja, zu seiner Ehefrau, wie es die Propheten beschreiben. Jesaja: Der Herr Zebaoth ist dein Gemahl! Hesekiel: Da sah ich dich, du warest noch nackt, da bedeckte ich dich mit meinem Mantel, es war nämlich die Zeit der Liebe gekommen, und ich schloß einen Bund mit dir, Jungfrau Jerusalem. Hosea: Ich, spricht der Herr, will mich mit dir verloben, und du wirst den Herrn erkennen. Aber der Herr spricht durch die Propheten auch vom Liebeskummer des Herrn, nämlich die Jungfrau, die der Herr Zebaoth sich zur Braut und Gemahlin erkoren hat, ist zur Ehebrecherin geworden, ja, zur Hure und hurte andern Göttern nach, sie spreizte die Beine für alle Baale, die vorüberkamen. Aber in der Jungfrau Maria fand der Herr Zebaoth die reine Tochter Zion, die zum Herrn sprach: Mir geschehe nach deinem Wort. Sie sprach damit Ja zu Gott. Sie ist die Ehefrau des Ewigen; mit der der Vater im Himmel sein Meisterwerk, nämlich das menschgewordene Wort, zeugte und gebar aus der reinen Jungfrau Maria. Darum ist Maria die Geliebte des Ewigen, des Herrn, des Vaters im Himmel. Warum ist Maria aber die Geliebte des Sohnes? Sie ist doch seine Mutter, wieso nennst du sie dann seine Geliebte? Jesus distanzierte sich ja bekannterweise von den Ansprüchen der leiblichen Mutterschaft und wies auf eine andere Mutterschaft hin, die Mutterschaft im Geist und in der Wahrheit, die Mutterschaft im Glauben, die Mutterschaft der Kirche, die Mutterschaft der Jüngerschaft: Die ist meine Mutter, die das Wort Gottes hört und tut. Maria aber hat das Wort Gottes gehört und getan: Mir geschehe nach deinem Wort, sagte sie. Und Elisabeth sagte: Selig bist du, weil du geglaubt hast. Maria ist so zur ersten Jüngerin Jesu geworden. Sie hat ihn als göttliches Kind angebetet, sie war bei der ersten Offenbarung seiner Herrlichkeit auf der Hochzeit zu Kana: Was er euch sagt, das tut, sagte sie. Und sie stand unter dem Kreuz, als selbst Petrus Jesus verleugnet hatte, da stand Maria unter dem Kreuz ihres Herrn und Gottes, da sprach Christus vom Kreuz: Frau! Denn er nennt sie Frau, weil sie mitleidend mit den Leiden ihres Sohnes, des Mannes der Schmerzen, zur Frau der Schmerzen geworden ist. Als Jüngerin Jesu ist sie wie jede Jüngerin Jesu eine Braut Christi, als mitgekreuzigte mit dem gekreuzigten Herrn ist sie Frau der Schmerzen geworden und wie eine Karmelitin mystisch vermählt mit dem Herrn Jesus im Zeichen des Kreuzes, oder wie Katharina von Siena sagte, die Jüngerin Jungfrau Maria ist dem Herrn Jesus vermählt im Bett des Kreuzes, nämlich mitgekreuzigt am Kreuz Christi. Wieso ist sie aber die Geliebte des Heiligen Geistes? Die Kirche nennt sie ja die Braut des Heiligen Geistes. Denn Gott der Geist, die Kraft Gottes, hat sie überschattet und in ihr gezeugt den Menschensohn. Damals ist sie wie in einer mystisch-ehelichen (nicht fleischlich-ehelichen) Vereinigung mystische Ehefrau des Heiligen Geistes geworden. Maria ist also die Geliebte des dreieinigen Gottes. Aber sie ist auch meine Geliebte. Meine Geliebte ist Maria. Sie ist ja die Liebe Frau, sie ist meine Liebe Frau und meine ewige Geliebte. Sie sagt zu mir: !Ich liebe dich mit einer besonderen Liebe! Ich liebe dich mit einer brennenden Liebe! Ich liebe dich mit einer grenzenlosen Liebe! Komm, ich sehne mich nach dir! Ich lade dich in meinen Schoß ein, ich lade dich ein, dich mit mir zu vereinigen, um zu lieben!“ So spricht meine Geliebte, meine Liebe Frau Maria. „As Joseph ut de Schole quam, / he harr der geen Botter, / her harr der geen Brod, / he legte sein Kopp in Maree hör Schoot. / Maree de har der en Rockje an, / dar hungen wol tusend Klockjes an, / de Klockjes füngen an to pingeln, / leeve Engels füngen an to singen!“
Du bist voll der Gnade! Was heißt das?
Martin Luther, das Genie der deutschen Sprache, sagte: Voll der Gnade, das ist schlechtes Deutsch. Ich empfinde das ebenso und ersetze es durch das Wort: Gnadenvolle. Luther selbst sagte: Holdselige, denn (so sagte er) was heißt voll-der-Gnade-sein anderes als holdselig-sein? Aber das griechische Wort heißt Kecharitomene. In dem ke-chari-tomene steckt das Wort Charis, das heißt Gnade. Maria ist die Begnadete. Der Engel grüßt sie: Chaire, Kecharitomene! Er grüßt sie noch nicht einmal mit ihrem Namen Mariam, sondern ihr Name oder Titel im Munde des Engels ist: Begnadete! Was heißt Begnadete? Der Engel sagt: Du hast Gnade gefunden in Gottes Augen. Hier heißt Gnade: Wohlgefallen. Wie die Stimme vom Himmel über Jesus sagt: Dieser ist mein geliebter Sohn, an ihm hab ich Wohlgefallen! so sagt der Herr durch seinen Engel: Maria, du hast Gnade gefunden in meinen Augen, an dir hab ich Wohlgefallen. Darum wendet der Herr sich Maria zu. Diese Zuwendung, oder auch: Zuneigung, oder auch: Herabneigung heißt auf altdeutsch: Zu Genaden gehen. Die Sonne geht zu genaden am Abend, das heißt: Die Sonne neigt sich herab, die Sonne geht unter. Gnade heißt Zuwendung und Herabneigung. Die absolute Gottheit, das Sein in Person, die schöpferische Gottheit neigt sich in Zuwendung, Zuneigung und Herabneigung diesem Geschöpf Maria zu. Im alten Testament heißt es: Den Demütigen schenkt der Herr Gnade. Maria war demütig, als sie sagte: Siehe, ich bin die Magd des Herrn. Aber eigentlich sagte sie nicht: Magd, sondern Sklavin! Es ist, als sagte die demütige Jungfrau: Ich bin die allergeringste Sklavin des allmächtigen Gottes! Sie ist ja nicht bäuerliche Magd eines bäuerlichen Herrn und reichen Gutsbesitzers, sondern die sich selbst vernichtende Sklavin Gottes! Die Mystikerinnen sagen dasselbe, sie wollen zu einem „Nichts“ werden, damit Gottes „Alles“ sei. In dieser mystischen Ganzhingabe an die Kraft und Macht Gottes steht die Demut der Jungfrau. Sie war die Allerdemütigste, die bei dem Ansinnen, sie solle Gottes Mutter werden, gewissermaßen sagte: Ich bin ein Nichts vor Gott, eine allergeringste Sklavin, mir geschehe nach dem Liebeswillen Gottes! Wie sie auch im Magnifikat sagte: Der Herr hat meine Niedrigkeit angeschaut, der Herr hat Großes an mir getan. Das ist der neutestamentliche Kommentar zum alttestamentlichen Psalmvers: Den Demütigen gibt er Gnade. Maria hat also Gottes Gnade gefunden, Gott ist ihr gnädig. In diesem Sinne schon ist sie die Begnadete. Aber was ist Gnade? Gnade ist ein Geschenk Gottes und zwar unverdient durch den Menschen, ein freiwilliges Geschenk Gottes aus selbstloser Liebe (Agape, Caritas). Was schenkt Gott aber, wenn er die Gnade schenkt? Gott schenkt sich selbst! Oder anders gesprochen: Gott der Vater schenkt seinen Sohn in der Menschwerdung! Gott der Vater schenkt durch Gott den Sohn Gott den Heiligen Geist in der pfingstlichen Ausgießung des Heiligen Geistes. Gott der Vater schenkt den Sohn, Gott der Sohn schenkt Gott den Geist. Gott, mit Einem Wort gesagt, schenkt Gott! Gott schenkt sich selbst! Was schenkt Gott, wenn er Gnade schenkt? Was heißt Gnade denn? Es heißt Charis, das heißt Freude, Zuneigung, Wohlwollen, Huld, Schönheit, Charme, Liebreiz! Dies sind alles Attribute der Liebe. Das weiß jeder Liebende auf Erden, das der geliebte Mensch, mit den Augen der Liebe betrachtet, voll Schönheit, Anmut, Charme, Liebreiz, Freude, Dank und Huld ist. Es sind die Erscheinungsweisen der Liebe, es sind die Offenbarungen der unbeschreiblichen Liebe. Gott schenkt also, in dem er Gnade schenkt, die göttliche Liebe selbst, denn Gott schenkt Gott, und Gott ist Liebe. Inwiefern ist Maria nun die voll der Gnade, die Begnadete? Sie hat ja in einzigartiger und herausgehobener Weise Gott selbst empfangen, in dem Gott in ihrem jungfräulichen Mutterschoß Mensch geworden ist. Sie hat als Jungfrau Gott empfangen und als Mutter Gott geboren. Sie ist als Jungfrau zur Gottesgebärerin und Gottesmutter geworden. In diesem einzigartigen und unvergleichlichen Sinne, indem Jesus Christus die Gnade Gottes ist, und Maria die Mutter Jesu Christi, das heißt, wie die Kirche sie nennt, die Mutter der Gnade, in diesem einzigartigen Sinn ist sie die Begnadete, Gnadenvolle, voll der Gnade. Mehr noch: Maria hat diese Gnade nicht für sich allein empfangen, in einem individualistischen Heilsegoismus diese Gnade allein zu ihrem persönlichen Seelenheil genossen, sondern hat für die Menschheit Ja gesagt zu Gottes Plan, Mensch zu werden in ihrem Schoß, stellvertretend für die Menschheit hat sie Ja gesagt zu Gottes Plan der Inkarnation des Erlösers, indem sie sagte: Ja, mir geschehe nach deinem Wort, dein Wille geschehe. Maria hat für die ganze Menschheit Ja gesagt zu dem Plan Gottes, dass sich die Gottheit mit der Menschheit in einem Gottmenschen vereinigt, und so hat sie diese Gnade der Gottesgeburt in ihrem jungfräulichen Mutterschoß nicht allein für sich erhalten, sondern zum Heil für alle. In diesem Sinn hat Maria die Gnade Gottes als einzigartig Begnadete empfangen und ist als Gebärerin Christi zur Ausspenderin und Mittlerin der Gnade geworden. Die Kirche sagt nun, dass dieser Vorzug Mariens, als Mutter der Gnade zur Mittlerin der Gnade geworden zu sein für alle Zeiten bleibt, so dass wir immer von Maria nichts anderes empfangen als Gnade, nämlich ihren Sohn Jesus Christus, den Sohn Gottes, die Gnade. So schenkt uns Gott seine Gnade in Jesus Christus durch Maria. So ist Maria die Mittlerin zu Christus und Christus der Mittler zu Gott. So ist Gott zu den Menschen gekommen, so sollen die Menschen zu Gott kommen: Durch Maria zu Jesus, in Jesus zu Gott!
Der Herr ist mit dir! – Wer ist der Herr? Es heißt: „Heilig, heilig, heilig ist der Herr der himmlischen Scharen!“ Der Herr ist also dreimal heilig. Es heißt: „Herr, Herr, Gott! Barmherzig, gnädig, langmütig, von großer Geduld und Treue!“ Der Herr ist also die Allerheiligste Dreifaltigkeit, die Eine Göttliche Natur in drei Personen, dem Schöpfer, dem Erlöser, dem Tröster. In der mittelalterlichen scholastischen Philosophie wird die erste Person der Gottheit Allmacht genannt, die zweite Person ist die göttliche Weisheit und die dritte Person ist die göttliche Liebe. Aber die erste Person der Gottheit, der unergründliche Urgrund allen Seins, wird von Dionysios Areopagita auch Urgottheit oder auch Urschönheit genannt. Das ist auch meine Vision der allerheiligsten Dreifaltigkeit: Die Eine göttliche Natur in den drei Personen der göttlichen Schönheit, der göttlichen Liebe und der göttlichen Weisheit! Was heißt nun: Der Herr ist mit dir, Maria? Die göttliche Schönheit ist mit Maria, weil sie Kecharitomene ist, die mit Charis begabte, die mit „Liebreiz Übergossene“, weil sie „Spiegel der göttlichen Schönheit“ ist, weil sie Tota Pulchra Perfectissima, die ganz vollkommene Schöne ist, weil sie Meisterwerk des Schöpfers ist! Maria ist makelloser Spiegel der göttlichen Schönheit, darum ist sie als Unbefleckte die Schönste aller Frauen, mehr gesegnet als alle anderen Frauen! Maria ist auch die Mutter der göttlichen Weisheit, und die Wohnung der göttlichen Weisheit. Denn sie ist die Mutter der fleischgewordenen göttlichen Weisheit. Aber sie ist auch der Weisheit gleichgestaltet. So legt die Liturgie der Kirche die prophetischen Texte der Frau Weisheit immer auch auf Maria aus. Maria ist also Mutter der Weisheit, aber sie ist auch der Frau Weisheit ganz gleichgestaltet. Maria ist aber auch die Braut des Heiligen Geistes; das heißt, der göttlichen Lliebe. Sie ist die Mutter der schönen Liebe, sie ist die Königin der Liebe (Regina dell’Amore), sie ist die Mutter der Liebe für alle Menschen. Sie ist gewissermaßen die Mittlerin der Liebe Gottes, die Vermittlerin der Gnaden des Heiligen Geistes, die Mittlerin der göttlichen Liebe oder: Maria ist das Sakrament der Mutterliebe Gottes, sie ist das Sakrament der göttlichen Liebe, unserer himmlischen Mutter. So lässt sich am Wesen Marias das Wesen der dreifaltigen Gottheit ablesen wie in einem unbefleckten Spiegel: Maria spiegelt als unbefleckter Spiegel der göttlichen Schönheit die Urgottheit der Urschönheit, Maria spiegelt als der Frau Weisheit gleichgestaltete Mutter der göttlichen Weisheit die Gottheit der Frau Weisheit, Maria spiegelt als Sakrament der Mutterliebe Gottes und Königin der Liebe die Mutterliebe der göttlichen Liebe. So ist Maria, mit Einem Wort, ein makelloser Spiegel der Allerheiligsten Dreifaltigkeit, oder: Ein unbefleckter Spiegel der Einen Göttlichen Natur! Der Herr ist wahrlich mit Maria!
Du bist gebenedeit unter den Frauen! (Früher hieß es: Du bist gebenedeit unter den Weibern.) In der katholischen Bibel heißt es: Du bist mehr gesegnet als alle anderen Frauen! So preist Elisabeth voller Bewunderung die Jungfrau Maria, die Mutter ihres Herrn. Es kann einen die Schönheit Mariens auch hinreißen, zu sagen statt: Du bist mehr gesegnet als alle anderen Frauen: Du bist mehr gesegnet als alle Frauen! So erhebt man Maria über den Kreis der Frauen, denn, wo Nietzsche den Übermenschen suchte, da finden wir in Maria die Überfrau, das wahre Superweib! Denn Maria ist die auserwählte Frau, auserwählt von Gott, Mutter des Sohnes Gottes zu sein! Maria hat allein die Gnade bei Gott gefunden, Mutter Gottes werden zu dürfen. Der Jubelruf an die Frau der Auserwählung findet sich im Alten Testament an zwei Stellen, nämlich bei Jael und bei Judith. So wie die prophetischen Vorbilder des Messias, wie der Menschensohn und der Gottesknecht, der Sohn Davids und Adam, vom Evangelium als Prophezeiungen Jesu Christi gedeutet werden, so müssen die Preisungen der Jael und der Judith als Prophezeiungen auf die Jungfrau der Offenbarung bezogen werden. Wie es im Protoevangelium schon in der Genesis heißt: Das Weib wird der Schlange den Schädel zertreten (so in der Vulgata), so sind auch die prophetischen Frauengestalten Jael und Judith Prophezeiungen auf Maria, die neue Eva, die Schlangenzertreterin, die apokalyptische Frau und Siegerin über den Satan. Als nämlich die Stämme Israels unter Führung Deborahs und Balaks gegen die Feinde Israels unter deren Heerführer Sisera in den Kampf zogen und selbst die Sterne in ihren Bahnen mitkämpften, da war es schließlich Jael, die den Sieg über Sisera errang. Er trat in ihr Zelt und suchte Unterschlupf, sie empfing ihn, er bat sie um Wasser, sie reichte ihm Dickmilch, er legte sich schlafen, sie nahm den Pflock und den Hammer und trieb ihn durch seine Schläfe und er starb zu ihren Füßen. Dies ist gewiß nicht ein historischer Kampf der Vorzeit, sondern ein Kampf des Himmels gegen die Mächte der Unterwelt, ein Kampf des Gottesvolkes gegen die Welt der Dämonen, wobei Sisera als der Hauptmann der dämonischen Heere den Satan verkörpert, Jael aber (Jahwe ist Gott! das sagt ihr Name) verkörpert die Jungfrau Maria, die der Schlange den Schädel zertrümmert als die neue Eva. Darum ist Jael gesegnet unter den Frauen in den Zelten Israels! Ebenso Judith, ihr Name ist die weibliche Form von Juda, sie ist Die Jüdin schlechthin, das heißt, sie ist die Tochter Zion, sie ist das himmlische Jerusalem, sie ist der Inbegriff des auserwählten Volkes Gottes, das heißt, im Geist des Evangeliums gesprochen, sie ist das Urbild der Kirche, also die Jungfrau Maria. Das wird Gott Ehre verschaffen, dass den Feind des Gottesvolkes, Holofernes, also wiederum den Satan, eine Frau besiegt hat, eine demütige Frau, die allein auf Gottes Allmacht hofft. Aber Gott der Herr besiegt den Satan durch eine Frau. Der heilige Grignion von Montfort sagte, es hätte Gott der Allmächtige den Satan auch allein durch den Hauch seines Mundes vernichten können für immer, aber es demütigt den Hochmut und Stolz Luzifers, des Satans, mehr und gibt Gott mehr Ehre, wenn Gott den Satan durch eine demütige Frau besiegt! So ist Judith auch mehr gesegnet als alle Frauen in Israel, den sie ist die prophetische Gestalt, die Maria verkörpert, Maria, die Tochter Zion, Maria, die Mutter des Messias! Christus hat als menschgewordener Gott durch sein Sterben und Auferstehen die Macht des Todes und des Teufels gebrochen, das ist gewisslich wahr. Maria hat aber dem Sohn Gottes die Menschheit geschenkt, sie hat durch ihr Jawort zu Gott die Inkarnation möglich gemacht, oder einfach gesprochen: Sie hat dem Sieger über Satan das Leben geschenkt, sie ist die Mutter der Siegers! Mehr noch, in der Apokalypse des Johannes wird prophezeit auf die apokalyptische Endzeit der Sieg der Frau am Himmel über den alten Drachen. Diese Frau im Kleid der Sonne, den Mond unter ihren Füßen, die Sterne als Kranz tragend, ist im sechzehnten Jahrhundert als Maria Schlangenzertreterin in Mexiko erschienen und hat den aztektischen Götzendienst mit zehntausenden Menschenopfern ein Ende bereitet! Durch ihr Eingreifen sind die antichristlichen Diktaturen von Faschismus und Kommunismus besiegt worden, denn „nicht durch Heere wird es geschehen, sondern durch den Geist“, so hat der engelgleiche Pastor Pius der Zwölfte dem Bolschewismus und Faschismus nicht durch Heeresmacht widerstanden, sondern durch seine Weihe der ganzen Menschheit an das Unbefleckte Herz Mariens, so hat Papst Johannes Paul der Große den Kommunismus nicht durch politische Akte besiegt, sondern durch sein Totus Tuus an Maria und das Rosenkranzgebet der alten Mütter im Osten. So wird der endzeitliche Antichrist durch die Macht der Liebe der Jungfrau Maria besiegt und das Reich Mariens wird kommen, denn sie, die gebenedeit ist unter den Frauen, sagt: Am Ende wird mein Unbeflecktes Herz triumphieren! Denn schließlich wird Maria-Jael dem Satan mit dem Hammer den Pflock durch die Schläfe treiben! Schließlich wird Maria-Judith dem betrunkenen Satan mit dem Schwert das Haupt vom Rumpf schlagen! Dann wird das auserwählte Volk Gottes jubeln und in Ewigkeit preisen die Mutter Jesu: Du bist gesegnet mehr als alle anderen Frauen!
Gebenedeit ist die Frucht deines Leibes: Jesus! Das sagt Elisabeth zu Maria, als Jesus noch verborgen im Mutterschoß Mariens war. Jesus ist als Embryo schon gebenedeit, von Gott gesegnet. Ja, Jesus segnet schon den Johannes, der noch im Mutterschoß Elisabeths war, und Johannes, der Embryo im Schoß Elisabeths, hüpfte vor Freude im Schoß seiner Mutter, als die Mutter seines Herrn zu seiner Mutter kam. Elisabeth grüßt Maria: Wie kommt es, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt? Sie nennt also den ungeborenen Jesus, den Embryo, ihren Herrn, das heißt, ihren Gott! Wie kann man angesichts der Tatsache, dass ein ungeborener Embryo, eine Leibesfrucht im Schoße der Mutter, sogar Herr genannt wird, das heißt Gott, noch auf den teuflischen Gedanken einer Kindsabtreibung kommen? Der Embryo-Gott Jesus segne alle ungeborenen Kinder in den Schößen ihrer Mütter und bewahre sie vor dem Drachen, dem Menschenmörder! Jesus ist also schon als Leibesfrucht Mariens im Schoß Mariens der fleischgewordene Gott. Maria gibt in ihrem Schoß dem Logos oder der göttlichen Weisheit das Fleisch und das Blut, der menschgewordene Gott ist Fleisch vom Fleisch Mariens und Bein vom Bein Mariens geworden. Aber der heilige Grignion sagt: Jesus ist überall die Frucht Mariens. So wie Maria Jesus in die Welt gebracht hat, so bringt sie Jesus in den Seelen hervor. Angelus Silesius sagte: Wäre Jesus tausendmal in Bethlehem geboren, wäre er nicht auch in dir geboren, so wärest du ewiglich verloren! Wie wird Jesus aber in der Seele geboren? Martin Luther sagt, dazu muß man ganz eins mit der Jungfrau Maria sein und wie Maria Gott empfangen und unter dem Herzen tragen und selbst die Mutter Gottes sein. Wenn man Jesus durch den Heiligen Geist wie Maria empfangen hat, dann muß man Jesus in sich bewahren und das göttliche Kind im Schoß der eigenen Seele vor allem Bösen bewahren. Wird man das göttliche Kind in der eigenen Seele mit Liebe hüten, nähren und pflegen, so wird man wie die Mutter Gottes den Gottessohn gebären, das heißt, man wird, wie Franziskus sagte, durch Werke der Liebe Jesus in die Welt tragen. Wer aber Jesus in seiner Seele trägt wie im Mutterschoß, der trägt im Innersten seiner Seele das göttliche Kind, das die göttliche Weisheit ist. Die Psychologen sagen, das göttliche Kind ist das wahre Selbst des Menschen in seiner Unschuld, das von Sünde nicht entstellte unbefleckte Ebenbild Gottes im Menschen, das auch von den Sünden der Welt nicht verletzte innere Kind in der Seele, das makellose Kind Gottes, Liebling des Ewigen Vaters, Pflegekind und Hätschelkind des Schöpfers. Wir sind nach dem Bilde Gottes geschaffen im Innersten der Seele, der Funke Gottes in der Seele ist geschaffen nach dem Bilde Christi, der das Bild Gottes ist, Christus ist aber die göttliche Weisheit, die ein unbeflecktes Bild des Allerhöchsten und ein makelloser Spiegel des göttlichen Lichtes ist und ist Liebling und Hätschelkind des Herrn, des Vaters im Himmel. Wer das göttliche Kind in seiner Seele trägt, der trägt sein wahres Selbst, unverfälscht von der eigenen Sünde und den Sünden der Welt, im Innersten, sein Wahres Selbst, sein einzigartiges originales Ebenbild Gottes, hier im Funken der Seele stellt sich das einzigartige und auf allerintimste Weise persönliche Gottesbild her, hier ist der Mensch selbst ein einzigartiges Gottesbild. Dies ist der weiße Stein, darauf der neue Name steht, den nur Gott und der Mensch kennen, denn es ist das allerintimste und innigste Verhältnis zwischen dem Geheimnis Gott und dem Geheimnis Mensch. Der Koran sagt: Gott ist dir noch näher als deine Halsschlagader. Anders gesprochen: Gott ist intimer mit deinem Seelengrund vereinigt als du selbst es bist. So bist du selbst eine Menschwerdung Gottes geworden. Dies wurdest du aber, weil du Mutter Gottes geworden bist und das göttliche Kind in seiner makellosen Unschuld in deiner Seele ausgeboren hast. Trägst du nun Gott im göttlichen Kinde im Schoß deiner Seele, so trage, wie eine Monstranz die Hostie trägt, die fleischgewordenen Liebe in die Welt, wie in einer Prozession trage als Mutter Gottes das göttliche Kind in deinem Schoße durch die Welt, dann werden Ströme lebendigen Wassers von deinem Leibe fließen und die Kinder der Welt, die nach Liebe dürsten, werden trinken vom Wasser des Lebens, das Jesus spendet, Jesus, die gebenedeite Leibesfrucht Mariens.



FÜNFTES KAPITEL

In dem das erste Schuljahr des Jesusknaben geschildert wird


Als Jesus sieben Jahre zählte, sollte er in die Schule kommen. Alle sieben Jahre wechselt die Lebensphase, mit sieben Jahren ist die reine Kindlichkeit vorüber und das Kind beginnt, die Vernunft zu gebrauchen. Josef, der Pflegevater Jesu, brachte Jesus das Lesen bei. Er nahm als Lehrbuch die Bibel. Und er brachte Jesus das erste Wort und den ersten Satz des ersten Buches Moses bei: Bereschit. Und Jesus sagte: Bereschit, das heißt: Bei Beginn, als Anfang, zu Anfang, durch einen Anfang, im Anfang, zu Beginn, am Anfang hat Gott Himmel und Erde geschaffen. Und Josef fragte Jesus: Warum beginnt die Bibel mit dem Buchstaben B und nicht mit dem Buchstaben A? Und Jesus sagte: Das A ist der Vater und das B ist die Mutter, das A ist der Himmel und das B ist die Erde, das A ist der Geist und das B ist die Materie. Gott hat im Himmel eine Bibel, das ist die ewige Bibel, die Mutter des Buches, die Ur-Bibel, die ist für Menschen nicht zu lesen. In diese Ur-Bibel oder Mutter des Buches schaute Gott, als er die Welt schuf, denn diese Ur-Bibel ist die ewige Tora und das göttliche Wort. Aber die Bibel für die Menschenkinder ist die irdische Bibel, das Wort Gottes in der materiellen Welt. So wie eine Mutter, wenn sie mit ihrem Säugling spricht, dann lallt sie Mama, Abba, Lalla und so weiter und begibt sich ganz auf die Sprachebene eines unvernünftigen Säuglings, ebenso ist es mit Gott, wenn er in menschlichen Worten zu den Kindern der Mutter Erde spricht. Ihr seid alle unvernünftige Säuglinge und Gott ist die liebende Mutter, die mit euch in euerm Lallen lallt und in euerm Brabbeln brabbelt. Was ist also Bereschit, das mit dem B beginnt, also mit dem Buchstaben der Mutter und der Erde und der Materie? Dieses Bereschit ist das Urprinzip der Schöpfung, die Ur-Form der Ur-Materie. In der Ur-Form der Ur-Materie als dem Ur-Prinzip schuf Gott die Schöpfung, den Kosmos und die Erde der Menschenkinder. Dieses Ur-Prinzip als die Ur-Form der Ur-Materie ist die mütterliche Weisheit, ist Bereschit, en arche, in diesem Ur-Prinzip des Anbeginns ist alles geschaffen. Also werde ich einst die heilige Hildegard lehren: Im Anfang schuf Gott den Urkeim der Schöpfung und teilte dem Urkeim die Weisheit mit, wie und wann wo sich alle Schöpfungen, die keimhaft in diesem Urkeim enthalten waren, wann und wie und wo sich zu entfalten hätten nach der weisen Voraussicht der ewigen Vorsehung Gottes. Gott schuf den Urkeim und in dem Urkeim wohnt die göttliche Weisheit, die das innere Führungsprinzip der Entwicklung und Entfaltung der Schöpfung Gottes ist. Da lächelte Josef und sagte: Jesus, wer das erste Wort der Bibel so erklärt, der ist reif, in die erste Schulklasse zu kommen und sich vom Lehrer weiter unterweisen zu lassen.
Josef brachte also im Sommer den Jesusknaben in die Schule. Sein Lehrer Zachäus war ein weiser freundlicher Mann mit einem kahlen Kopf und einem langen weißen Bart. Der Lehrer Zachäus lehrte Jesus, das A zu schreiben, und Jesus schrieb das A. Dann wollte Zachäus Jesus lehren, das B zu schreiben. Da sagte Jesus zu Zachäus: Du Narr! Wenn du noch nicht einmal das A verstanden hast, wie willst du mich dann das B lehren? Und Zachäus staunte nicht wenig und ärgerte sich auch heftig über die Klugheit dieses Knaben, der einen alten weisen Mann auch noch belehren wollte. Was redest du da, fragte Zachäus den Jesusknaben. Und Jesus sagte: Das A ist Gott in seiner Transzendenz, das B ist Gott in seiner Immanenz, das A ist die transzendente Gottheit als Gott-Geist und das B ist die immanente Gottheit als Gott-Natur, das A ist der Herr und das B ist die Herrlichkeit des Herrn, das A ist der ewige Vater und das B ist die göttliche Mutterliebe. Ich aber nenne den einen und einzigen Gott, den wahren Gott, die einzig seiende und allein lebendige Gottheit ABBA. Da sagte Zachäus: Du wagst es und nennst die unbegreifliche Majestät der Ewigkeit - Papa? Aber der Jesusknabe sagt: Ich sage ABBA, das heißt ich sage A und B und B und A, das heißt, ich sage: Transzendenz-Immanenz-Immanenz-Transzendenz, das heißt, ich sage: Gottgeist-Gottnatur-Gottnatur-Gottgeist, das heißt ich sage: Gottvater-Gottmutter-Gottmutter-Gottvater. Die Eine Gottheit ist ein heiliger Vater und eine liebende Mutter, eine liebende Mutter und ein heiliger Vater. Dass ich aber ABBA sage, das heißt: Gottvater ist kein Patriarch, sondern ein weiser Papa, und Gottmutter ist keine Matrone, sondern eine liebende Mama. Da sagte Zachäus: Willst du JAH, den Herrn, etwa eine liebende Mama nennen? Das ist babylonisches Heidentum, sie haben die babylonische Göttin doch auch Göttin Mami genannt! Aber da sagte Jesus: So wollen wir über JAH sprechen. Was ist der erste Buchstabe des Namens? Das J. So werde ich einst meinen Dichterseher Dante lehren, dass Adam im Paradiese Gott mit dem Namen J angerufen hat. J ist der Herr, der Ewige, der Alte an Tagen, der Vater im Himmel. Aber sag mir doch, wenn du ein Lehrer in der Schrift bist, was ist denn das H? Zachäus sagte: Das weiß ich aber nicht. Da sagte Jesus: Das H ist Hochmah, das ist die Weisheit. Die Weisheit Hochmah aber ist Frau Weisheit, die Geliebte des Herrn, von der Jesus Sirach lehrt, sie wird dem Schriftgelehrten wie eine Mutter und wie eine Jugendgeliebte begegnen. Das J ist also der Vater im Himmel, das H ist also die göttliche Mutter, die ewige Weisheit. So ist JAH also der Vater im Himmel und die ewige Mutter zugleich. ABBA JAH ist also der Vater im Himmel und die ewige Mutter Weisheit in Einem göttlichen Wesen. Zachäus sprach: Für heute ist die Schulstunde zuende. Morgen will ich dich das M lehren. Da sagte Jesus: Ich will zu meiner Mutter Maria gehen, aber morgen komm ich wieder zu dir.
Am zweiten Schultag ward Jesus von seiner Mutter Maria in die Schule gebracht. Er hatte eine kleine Tasche dabei mit Schreibtafel und Griffel und einem Schulbrot für die Schulpause. Jesus trat zum Lehrer Zachäus und sagte: Lernen wir heute das M? Das sagte Zachäus: Das M heißt hebräisch Mem. Nun schreibe das M. Jesus schrieb das M und sagte: Weißt du auch, dass das Mem die Bedeutung hat von Jam? Jam heißt Meer. Das M ist also das Meer. Das Meer ist ja die Mutter, die Gallier sagen: La mère la mer. Die Römer sagen Mare zum Meer, aber zu den Meeren sagen sie Maria. So ist meine Mutter Maria wie die Meere der Gnaden Gottes. Maria ist aber nicht nur Maria, die Meere, sondern Maria ist auch Mir-Jam, das erleuchtete Meer. Darum lehren die Kirchenväter einst: Mir-Jam, die Erleuchtete und das Meer, das ist Maris Stella, der Meeresstern. Maria ist aber auch Mara, wie Noomi sich nannte, die Urgroßmutter Davids, denn Mara ist die Bittere, denn Maria wird bei meiner Kreuzigung durch ein Meer der Bitternis hindurchmüssen. Mirjam heißt aber auch die Beleibte, aber warum heißt meine allerschönste Mutter die Beleibte? Weil wir Juden wie die Chinesen und die Afrikaner beleibte Frauen als schön empfinden. Sie sind fruchtbar. So ist das M die Beleibte, die schöne Mutter, die fruchtbare Mutter. So ist das M die Magna Mater, die große Mutter der Fruchtbarkeit. Sie ist die Meter, die Mutter, als göttliche Mutter heißt sie De-Meter, Demeter ist aber die Muttergöttin der irdischen Fruchtbarkeit. M ist also die Mutter, Meter, aber persisch heißt die Mutter Mithra. Du kennst gewiß den persischen Sonnengott Mithras, den die römischen Soldaten so verehren? Er ist aber der Sohn der göttliche Mithra, das heißt Mutter. Sind wir schon in Persien, wollen wir in den Fernen Orient. Die Mutter des Konfuzius hieß Ma, die Mutter des Gauthama Budda hieß Maja. Ein germanischer Dichter wird sagen: Das ist das Sternbild M, das die Mütter bedeutet. Mutter Maria, die Mutter Gottes, Mutter Ma, die Mutter des weisen Konfuzius, Mutter Maja, die Mutter des erleuchteten Gautama, Magna Mater, die große Mutter der Götter in Kleinasien, die Göttin Mithra als die persische Muttergöttin, die Göttin De-Meter als die Muttergöttin der Griechen, die Göttin Mami als die Muttergöttin der Babylonier, die Göttin Uma, die Erdgöttin des alten Hindostan, das ist alles mit einem Wort die ewige Mama, das M, das Mem, das Jam, Mirjam, die Muttergottes Maria! Da sagte Zachäus: Das ist alles sehr sonderbar, aber von Uma hab ich noch nicht gehört. Jesus sagte: In der drawidischen Kultur in Indien vor dem kriegerischen Einfall der Arier hieß die Muttergöttin der Erde Uma. Du weißt doch sicher, dass die Araber die Mutter Umma nennen. Die Germanen aber sagen Oma, das ist die Großmutter. Die Indios sagen zu Großmutter Hachamama, und die Mutter Erde heißt Pachamama. Sie meinen also die Großmama Natur, wie einmal ein deutscher Dichterfürst sagen wird. Meine Mutter ist die Muttergottes Maria und sie ist das ewige M, und ich bin ihr Sohn, der Sohn des großen M, darum heiße ich M wie Meister, M wie Menschensohn, M wie Messias. Nun, Zachäus, zeig mir deine Hand und zeige mir die Lebenslinie, Todeslinie und Schicksalslinie und du sieht im Innern deiner Hand gezeichnet das M, in der linken Hand das M Marias, in der rechten Hand das M des Messias. Das ist das M. Zachäus sagte: Und dieses M deiner Mutter Maria ist das selbe wie das M im indischen Uma und germanischen Oma? Jesus sagte: Was meinst du, mein Lehrer, ist das germanische Oma und das indische Uma mit dem indischen Ur-Wort Om verwandt? Du weißt, Om ist eigentlich Aum, AUM, drei Buchstaben für die drei Personen der Gottheit. Das AUM ist das Ur-Wort oder der Ur-Laut der Schöpfung. Gott sprach: Es werde Licht und es ward Licht. Gott sprach das Wort aus und durch das Aussprechen des Wortes ward die Schöpfung. Die Inder sagen aber nicht: Gott sprach das Ur-Wort aus, sondern sie sagen: Gott sang den Ur-Laut Aum. Dieses Aum ist aber das Amen der Hebräer. Denn ich bin das Ja und Amen Gottes, mein Name ist Amen. Ich bin der Gott Amen, ich bin das Amen Gottes. Ich bin aber auch das Wort Gottes. Die Inder sollen also sagen: Du, o Jesus, bist das AUM Gottes. Denn Gott sang sein Amen, das bin ich, und im Gesang Gottes ist die Schöpfung geworden. Die Schöpfung ist das Lied Gottes und ich bin der Ur-Laut Gottes. Ich bin Gottes Ja, ich bin Gottes Amen, ich bin Gott Amen!
Als Zachäus das hörte, fand er den kleinen Jesusknaben so eingebildet und stolz, dass er voller Verärgerung ihn und die andern Schulkinder in die Schulpause schickte auf dem Schulhof. Tobt euch aus, ihr wilden Kerle, und ärgert nicht mit eurem eingebildeten Stolz den alten weisen Mann, der seine Ruhe braucht. Jesus und die wilden Kerle stürmten auf den Hof und tobten und lachten. Und der Jesusknabe sah am Himmel einen Regenbogen und rief seinen zwei Schulfreunden zu: Kommt, das ist die Brücke Gottes, über die die Engel zur Erde niedersteigen und die Toten in den Himmel steigen! Laßt uns auf der Regenbogenbrücke spielen! Und Jesus nahm den einen Schulfreund bei der rechten Hand und den andern bei der Linken und sie liefen über die Regenbogenbrücke. Oben aber wollte Jesus die Arme gen Himmel heben und ABBA anbeten, da standen seine Schulfreunde allein auf dem Regenbogen am Himmel und fielen zur Erde, der eine schlug sich einen Zahn aus und der andere bekam einen blauen Fleck unterm Auge. Jesus kam zur Erde hinunter und stand bei den Schulfreunden und wollte sie heilen, als die Mutter seiner Mutter Maria kam, die heilige Anna, die Großmutter Gottes, den Jesusknaben von der Schule abzuholen. Sie sah das Unglück und fragte, was geschehen sei. Da erzählten der Großmutter Jesu weinend die beiden Schulfreunde, wie sie die Hände Jesu losgelassen und auf die harte Erde gestürzt seien. Da ward die heilige Großmutter Gottes traurig und dachte an das Schicksal der Menschheit und schnitt sich drei Weidenzweige von einer Trauerweide. Und die Großmutter Gottes, das Oberhaupt der großen Sippe des Herrn, züchtige den Jesusknaben mit drei Weidenzweigen und gab ihm drei Schläge auf den Allerwertesten (im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes) und sagte: Jesus, wahrer Gott und wahrer Mensch, gedenke in Zeit und Ewigkeit, dass wir, die Menschen, Fleisch sind, Staub vom Staube, und keine Engel! Wenn du uns am Jüngsten Tag richten wirst, o Jesus, dann richte uns nicht als himmlische Engel, sondern als Lehm vom Lehmboden der Mutter Erde! Damit du das nie vergisst, geliebtes Menschensöhnchen, hab ich dich gezüchtigt! Erbarme dich über mich armes altes Weib! Jesus weinte drei Tränen zum Heil der heiligen Anna und der ganzen Menschheit, dann nahm die Großmutter Gottes den Gottmenschen in die Arme und sie herzten einander überaus liebevoll. Nach alldem aber ward Jesus aus der Schule genommen. Fortan unterrichtete die Mutter Maria ihn zuhause in Nazareth.



SECHSTES KAPITEL

In dem über die göttliche Liebe spekuliert wird


1

Gott ist Liebe, das heißt, Gott liebt Gott mit Gottesliebe, Gott ist ein Zyklus der Liebe. Das nennt man Vater, Sohn und Geist. Der Vater ist der Liebende, der Sohn der Geliebte und der Geist die Liebe. In Ewigkeit, vor der Schöpfung von Zeit und Raum, war die Welt als Idee in Gott. Die Schöpfung ist hervorgegangen aus der überfließenden Liebe Gottes. Der Vater goß den Wein des heiligen Geistes in den Becher des Sohnes, der Becher floß über, so ward die Welt. Gott bildete einen Urkeim, eine Urmaterie, in der alle Schöpfungen, die noch werden sollten, keimhaft angelegt waren mit der Information, wann, wo und wie sie entstehen sollten. Die Welt war geschaffen und war im Entstehen, sie hatte sich gewissermaßen von Gott losgerissen. So entstand das geschöpfliche Du für das göttliche Ich, damit ist die Liebe geboren, die Gott zur Welt hat. Diese Liebe Gottes zur Welt durchströmt als göttliche Liebe das Innere der Welt. Platoniker nennen dies Weltseele. Orphiker nennen das den innerweltlichen göttlichen Eros. Kabbalisten nennen das Schechinah, Gegenwart Gottes in der Schöpfung. Mittelalterliche Theologen nennen das Heiliger Geist und göttliche Liebe als die immanente Liebe Gottes oder auch Frau Weisheit, die mit ihrer Energie oder ihren Kraftströmen den Kosmos durchströmt. Stoiker nannten es Logos, die Weltvernunft. Und so nennt es auch der Evangelist Johannes: Logos. Die Liebe Gottes brachte die Welt hervor, die Liebe Gottes lenkt die Welt von innen zu ihrem Ziel, der Weltvollendung. Dieses innere Lenken der göttlichen Liebe zum Ziel der Weltvollendung nennt der Wissenschaftler die Amorisation des Komsos durch den Evolutionator, den kosmischen Christus. Dieses Loslösen des Kosmos aus Gott, der vollkommen als Idee im Geiste Gottes war und in die Wirklichkeiten brach, wird als Sündenfall beschrieben von den Gnostikern. Es lebt aber in der Schöpfung die Sehnsucht nach dem Ursprung, der Heimat und Geborgenheit in Gott. Das ist die Liebe oder glühende Sehnsucht nach Verschmelzung und Einheit, die in der Kreatur sich letztlich nach dem Einssein mit Gott sehnt. Das ist der tiefe Sinn der menschlichen Liebe, wenn sie nur ans Ziel gelangt und zur Gottesliebe wird. In der menschlichen Liebe drückt sich die Sehnsucht aus, das Gefangensein im Kerker des Körpers, ja in den Fesseln des eigenen Ego, zu überwinden und mit einem Du zu verschmelzen zu einer großen Einheit, die als Großes-Ganzes, als Einssein, als Union empfunden wird und ein Abglanz des Einsseins mit Gott ist. So wird gesagt, dass die Liebenden im Akt der Vereinigung, so er in ganzheitlicher und personaler Liebe geschieht, als Drittes den Heiligen Geist erfahren, den Geist der göttlichen Liebe. Denn die Erfahrung von Einssein im liebevollen Liebesakt ist ein Geschmack der göttlichen Liebe. Die menschliche Liebe kann diese Sehnsucht nach Gott auf zwei Arten zum Ausdruck bringen: In der Ehe oder in der Minne. In der Ehe bilden Mann und Frau als Einheit die göttliche Einheit ab, wobei gewissermaßen das Kind als Frucht der Liebe die dritte Person der zweifaltigen Liebe darstellt. In der Ehe bilden also Mann und Frau als gleichwertige Personen, wie zwei Hälften eines Apfels, zusammen und vereinigt die Einheit. In der Minne aber symbolisiert die geliebte Person das Ganze, Eine, Große und Göttliche, wobei der Liebende sich übersteigt durch Ganzhingabe an dieses gewissermaßen Göttlich-Eine der geliebten Person. Der Minner wird also zunichte, wird ein Nichts, um durch die Anbetung aufzugehen in dem Großen-Ganzen, der Einheit der göttlichen Person. Religiös gesprochen ist die Minne eine Religion der Anbetung, da der Mensch ein Nichts ist, ein Wurm, ein Staub, und die Gottheit ist über alles anbetungswürdig und allmächtig und herrlich. Die Ehe aber ist ein irdisches Bild der mystischen Liebe, der mystischen Gottesliebe als Sehnsucht nach der mystischen Union mit Gott in Liebe, der mystischen Union des Bräutigams Christus mit der Braut Psyche. Dabei begibt sich Gott auf die Seinsebene des Menschen herab und erhebt in der mystischen Vereinigung den Menschen zur Seinsebene Gottes, nämlich die mystische Liebe oder mystische Union oder auch Gottes-Ehe schenkt dem Menschen die Anteilhabe an der göttlichen Natur. Über die Eheliebe als Spiegel der Gottesliebe will ich weiter unten noch schreiben, aber nun will ich auf die Minne als Weg zu Gott eingehen. Wer der anbetenden Erotik der Minne huldigt, der schaut als Minner in seiner Minneherrin den Spiegel der Gottheit. Die Troubadoure nannten ihre Damen Midons, das heißt Göttin. In der platonischen Theorie der Liebe schaut der Minner in seiner Geliebten nicht die sterbliche Unvollkommenheit, sondern die Idee der Frau, sein Ideal, das Bild Gottes, das diese Frau ist. Hier rührt die Geliebte an Gott und spiegelt Gottes Schönheit und Liebe dem Minner wieder. So ist Beatrice der Spiegel der göttlichen Weisheit für den Minner Dante. Wem aber eine sterbliche Geliebte nicht genügt, der schaut eine ideale Traumfrau, die ein inneres Frauenbild ist. Wer aber die Vollendung der Minne sucht, der wird Minner der Jungfrau Maria. In Avignon am Papsthof ward die Minne zur Marienminne. Die Mönche nennen Maria ihre wahre Freundin, ihre einzige Freundin oder gar ihre Verlobte, sich selbst nennen sie Josef, der ein keuscher Bräutigam der hohen Minneherrin war. Hier wird Maria wirklich zur Midons Marie, zur Diva Madonna, zur Göttin Maria, aber nicht im theologischen Sinne eines einzig-absolut göttlichen Wesens, sondern als angebetete Frau in der erotischen Religion der Minne. Die Diva Maria spiegelt aber gewissermaßen Gottes feminine Züge wieder, die Schönheit und Weisheit und Liebe Gottes, so wird Maria zur Jungfrau in der Dreifaltigkeit, zur Lilie der Dreifaltigkeit, die die göttliche Schönheit des Schöpfers, die göttliche Weisheit der Erlösers und die göttliche Liebe des Trösters dem Minner widerspiegelt und verkörpert. Sie wird so zur Frau in Gott, zur höchsten Herrin, zur wahren (auch theologisch wahren) Menschengöttin von Gottes Gnaden! Die frommen Menschen allerdings, die über die anbetenden Liebe hinausgehen und zur mystisch-umarmenden Gottesliebe gelangen, drücken ihre Gottes-Ehe oder die bräutliche Liebe zum Bräutigam Christus oft in stark erotischen Bildern aus. Psychologen meinen, es sei ein religiöser Ersatz für verdrängte Sexualität, aber die Theologen, Philosophen und Mystiker sagen, dass der eigentliche Eros, der göttliche Eros, in Gott selbst ist, der universale Eros. Die menschliche Erotik und Sexualität ist nur ein Abbild, ein Schatten, ein ins menschliche zusammengezogener Abglanz. Aber der ursprüngliche und absolute Eros sei der göttliche. Die Liebe Gottes wird so leidenschaftlich erfahren in der mystischen Union und Gottes-Ehe, dass bei den Mystikern und Mystikerinnen wie auch im biblischen Hohenlied die erotische, ja, sexuelle Sprache der menschlichen Liebe das einzige Sprachmittel bleibt, die unmittelbare Berührung mit der glühenden Liebe Gottes menschlich zu beschreiben. So gibt es mystisch begnadete Seelen, die im innerseelischen Brautgemach die quasi sexuelle Vereinigung mit Christus erfahren haben. Denn es ist wahr: Christus ist der Bräutigam, die Seele ist die Braut, der Bund ist ein ewiger Bund der Gottes-Ehe und die mystische Vereinigung vollzieht sich wie eine spirituell-sexuelle Vereinigung von Liebenden. So haben es die Propheten des Alten Testaments und die Mystiker der Kirche geschildert. Gottes Liebe schenkt sich der begnadeten Seele in einem mystischen Liebesakt.


2

Laßt uns die menschliche Liebe lieben! Auch als Mönch sollst du ein Mensch sein, der in die menschliche Liebe verliebt ist. Die menschliche Liebe ist immer auch die leibliche Liebe, und die Theologie der Liebe ist immer auch die Theologie des Leibes, die Theologie des Leibes aber auch die Theologie der Sexualität, oder anders gesagt, eine Theologie der Männlichkeit und Weiblichkeit. Was ist der Grund für die Entscheidung des Schöpfers, den Menschen als Mann und Frau zu schaffen und was ist die Folge dieser Entscheidung? Die wichtigste Konsequenz dieser Entscheidung ist die Tatsache, dass der Mensch als Mann oder als Frau ein Beziehungswesen ist, auf das menschliche Du angewiesen, keiner ist sich allein genug. Diese Natur des Menschen als Beziehungswesen äußert sich in der ehelichen Liebe, in der Fähigkeit des Leibes, Liebe auszudrücken, die Vollendung dieser Dimension des Menschen ist die eheliche, sexuelle Vereinigung von Mann und Frau, da sind Mann und Frau eine Einheit zu zweit, da wird die eheliche Liebe als Hingabe an das Du, auch als sexuelle Hingabe an den Menschen, zum Inbegriff der Liebe schlechthin. Darum spricht auch Gottes Liebe die Sprache bräutlicher, ehelicher, erotischer Liebe. Die menschliche Liebe ist immer auch die leibliche Liebe. Im biblischen Schöpfungsbericht ist der Ausruf des ersten Menschen beim Anblick der eben erschaffenen Frau ein Ausruf der Bewunderung und Verzauberung. Dieser Ruf des Entzückens durchzieht die ganze Menschheitsgeschichte, die ganze Kultur, es ist der Grundton der Poesie aller Völker! Auch Jesus verwendet für die Liebe Gottes das Bild des Bräutigams, auch die ewige Weisheit wird von Salomo als Braut geschildert, so offenbart sich die Vaterliebe Gottes, die Mutterliebe Gottes auch in ehelichen Bildern. So spiegelt die Ehe von Mann und Frau diese Vater- und Mutterliebe Gottes wider. Ein Höhepunkt der Offenbarung ist das Wort: Gott liebt sein Volk! Das ist das Wort, das der Mann seiner Frau zuspricht und die Frau dem Mann zuspricht: Gott liebt sein Volk, und Mann und Frau machen einander diese Liebe Gottes erfahrbar, sinnlich-konkret spürbar. Auch die begehrende Liebe des Mannes und der Frau ist ein Abbild der Liebe Gottes, denn auch die begehrende Liebe ist ein Element der göttlichen Liebe. So spricht Gott in den Propheten wie ein leidenschaftlicher Liebhaber, voller Eifersucht, voller Begierde, in einer offen sexuellen Sprache. In Gott ist nicht allein die selbstlos schenkende Liebe (Agape), sondern auch die begehrende Liebe (Eros). So spricht Gott: Ich bin ein leidenschaftlich liebender Gott! In der menschlichen Liebe, wenn sie in euch erblüht, sollt ihr Gott selbst schauen, Gott, der Liebe ist. Wenn Christus sagt: Folge mir nach! so kann das unter Umständen bedeuten: Folge mir nach als Bräutigam, wie ich Bräutigam bin, folge mir nach als Braut, wie die ewige Weisheit Braut ist, komm und sei auch Bräutigam deiner Braut, sei auch Braut deines Bräutigams. Christus lehrt die Hingabe eines Bräutigams und lehrt den Bräutigam und die Braut, sich hinzugeben, sich selbst zu schenken. Den bräutlichen Weg der ehelichen Liebe zu gehen, bedeutet, die Liebe, die Hingabe und das Sichverschenken jeden Tag zu üben, zu lernen, die Liebe zu lernen, die Geist, Seele und Leib umfasst und den ganzen Menschen meint. Schaut euch einmal die Bilder Michelangelos an, die Bilder von der Erschaffung des Menschen in der Sixtinischen Kapelle, dieser Kapelle der Theologie des Leibes. Michelangelo schuf die gottgeschaffenen Urgestalten nackt, man muß ihnen keine Unterhosen übermalen. In den Augen Gottes kann der menschliche Leib nackt sein, ohne sich schämen zu müssen. Erst der Mensch, der sich von Gottes Liebe abwendet und sich vor Gott versteckt, der schämt sich in seiner Nacktheit. Vor Gottes liebenden Augen kann Glanz und Schönheit der Nacktheit freimütig bestehen. Die Theologie des menschlichen Leibes ist ja zum Hauptportal der Theologie überhaupt geworden, als die göttliche Weisheit Fleisch geworden ist, das heißt, als die Gottheit selbst den menschlichen Leib und die menschliche Seele angenommen hat. Die Wissenschaft von den göttlichen Dingen ist somit auch zu einer Wissenschaft vom menschlichen Leib geworden. Der menschliche Leib existiert aber als männlicher Leib und weiblicher Leib. Männlichkeit und Weiblichkeit sind zwei verschiedene Inkarnationen, zwei unterschiedliche Arten, menschlicher Leib zu sein, zwei unterschiedliche Leiblichkeiten des menschlichen Wesens, das nach dem Bilde Gottes geschaffen ist. Das menschliche Wesen ist nach dem Bilde Gottes als Mann und Frau geschaffen. Die konkrete Leiblichkeit als männliche oder weibliche Leiblichkeit des menschlichen Wesens bedeutet, dass auch die männliche oder weibliche Sexualität zum menschlichen Wesen gehört. Die Sexualität ist nicht nur ein Attribut der Person, sondern gehört zur konkreten menschlichen Person wesenhaft dazu. Der Mensch hat nicht nur einen Leib, sondern ist Leib, ist männlicher Leib mit männlicher Sexualität oder weiblicher Leib mit weiblicher Sexualität. Das weibliche Element an der Seite des männlichen Elements ist eine Bereicherung. Der Mensch in seiner Geschichte, das heißt, in seiner Heilsgeschichte, wandelt immer als männliches und weibliches Element Seite an Seite auf Gott zu. Denn Gott hat den Menschen als Mann und Frau erschaffen und als Mann und Frau hat Gott den Menschen erlöst und als Mann und Frau wird der Mensch in Gott vollendet. Die wiedergewonnene Unschuld der paradiesischen Nacktheit äußert sich in der leiblichen Sprache der Liebe, wie sie die Liebenden im Akt ihrer wechselseitigen Hingabe sprechen. Die Worte der Liebe, die die Liebenden sprechen, sind Worte des Leibes, nicht nur weil der Leib der Geliebten eine Quelle der Faszination bildet, sondern auch, weil auf dem Leib die Anziehungskraft der Geliebten auf den Partner beruht. Denn aus der Ausstrahlungskraft des Leibes entsteht im Herzen das Keimen der Liebe. In ihrer ehelichen Liebe sind sie wieder nackt und schämen sich nicht, wie im Paradies. Die wahre Liebe überwindet die Scham. Aber die Sexualität mit ihrer Leiblichkeit und Nacktheit ist vom Wesen Sprache der Liebe, der ganzheitlichen Liebe zum Du als Geist und Seele und Leib, sie kann nicht als reine Triebbefriedigung gelebt werden, als reines Lustprinzip. Die Sprache der Liebe, die Sexualität, ist eine Sprache der Zärtlichkeit, einer Zärtlichkeit, die aus der Wertschätzung des Herzens entsteht. Die Zärtlichkeit hat ihren Ort nur in der wahren Liebe. Die Zärtlichkeit ist eine Kunst, den Menschen als Ganzheit zu empfinden, als Person, bis in die verborgensten Regungen der Seele hinein. Zärtlichkeit heißt, stets an das Wohl der geliebten Person zu denken. Zärtlichkeit ist die Kunst, sich in die Seele des geliebten Wesens hineinzuversetzen. Aber es ist nicht reine Empfindsamkeit und Sentimentalität, sondern eine kämpferische Fähigkeit, denn wahre Liebe bedeutet auch immer Kampf gemeinsam mit der Geliebten und Kampf für die Geliebte, ja, ein kämpferisches Eintreten für das Reich der Liebe selbst! Diese starke Zärtlichkeit fühlt sich in die Seele der geliebten Person ein und möchte dem geliebten Wesen mitteilen, wie nah man sich der Seele der Geliebten fühlt, wie wesensverwandt und innig verbunden. Wir wollen unsere innerlichste Nähe mitteilen. Diese seelische Zärtlichkeit bringt verschiedene Körpersprachen hervor, zärtliche Berührungen oder Händedrücken oder bestimmten Formen freundschaftlichen Kusses. Das können Küsse sein, die man Kindern auf die Stirn gibt oder die man Schwestern auf die Hand haucht. Das können auch tröstende Umarmungen von weinenden Freundinnen sein. Das kann bedeuten, einer frommen Schwester den Arm zu streicheln, weil sie soviel Schönheit in die Gottesverehrung bringt. Das kann bedeuten, sich in den Tanz von Frauen einzureihen. Das alles bedeutet, keine Scheu vor körperlicher Nähe zu haben. Ja, die körperliche Nähe zu den Seelen ist eine besondere Form der Verkündigung der Liebe Christi. Ich selbst habe noch einen Weg vor mir und hoffe, noch vielen lieben Frauen und lieben Kindern zu begegnen und ehrlichen Freunden, und hoffe, noch viele Menschen berühren zu können, als berührte ich körperlich die Liebe Christi und Mariens. Ich will noch viele liebe Seelen körperlich zärtlich berühren. Ich will noch ältere Frauen wie Mütter berühren und jüngere Frauen wie Schwestern berühren. Ich will, dass mir die Liebe Gottes noch viele Söhne und Töchter des Herzens schenkt, die ich zärtlich berühren und segnend küssen kann. Ich will ehelos bleiben, wie die Weisheit Gottes es will, aber ich will in mir das Bild der Frau als Schwester entwickeln. Die Schwester ist die Manifestation der geistigen Schönheit der Frau. Ich will die geistige Würde der Frau ehren und den Genius der Frauen immerdar wertschätzen. Die Schwester stellt eine Form von geistiger Mutterschaft dar und ist ein Geschenk von Weiblichkeit an meine menschliche Existenz, welche in mir die edelsten Gefühle weckt, und sie hinterlässt auch eine tiefe Spur der Dankbarkeit für die Schönheit Gottes, die sich in der geistigen Mutterschaft der schwesterlichen Frau offenbart. So danke ich der Schönheit Gottes für die Frau! Und der Frau danke ich dafür, dass sie eine Frau ist!


3

Ich will nun betrachten die göttliche Liebe in Gott selbst, das heißt, den innertrinitarischen Eros. Es heißt ja in der katholischen Theologie, Gott ist Liebe, Gott ist der Liebende und der Geliebte und die Liebe. Es heißt auch, Gott ist nicht allein Agape, die selbstlos sich verschenkende Liebe, sondern auch Eros. Die innergöttliche Liebe der dreifaltigen Gottheit ist also auch innergöttlicher Eros. Um vom innergöttlichen Eros zu schreiben, beginne ich beim Tantrismus des Hinduismus. Der Tantrismus ist gewissermaßen die erotische Philosophie der Religion. Auch im philosophischen Hinduismus ist der höchste Gedanke Gottes der Gedanke der Einheit der Gottheit, das höchste absolute Wesen ist Ein Gott! Aber diese Eine Gottheit offenbart sich doppelt als göttlichmännlich und göttlichweiblich. Der göttlichmännliche Gott verkörpert den Geist und die göttlichweibliche Göttin verkörpert die Natur. Der Gott ist von solcher erhabenen Geistigkeit und reinster Askese, dass er mit dem dritten Auge, das heißt, seiner geistigen Konzentration, in seiner Meditation den Liebesgott Kama, also den Eros, verbrennt. Der männliche Gott des reinen Geistes und der strengsten Askese bedarf aber seines weiblichen Gegenübers. Diese ist die Göttin der Natur, die Seele der Natur. Sie wohnt auf den höchsten Bergen des Himalaya und ist gewissermaßen die Mutter Erde. Die Göttin der Natur spricht Prakriti, die Sprache des Alltags, der Frauen, der natürlichen Dinge. Der Gott des Geistes spricht Sanskrit, die Sprache der heiligen Schriften und der Priesterkaste. Der Gott und die Göttin werden in Liebesvereinigung dargestellt. Das Gottesbild des vereinigten Gottespaares stellt die Göttin und den Gott in einer sexuellen Vereinigung dar. Des Gottes Symbol ist der kultisch verehrte Phallus, der Göttin Symbol ist die kultisch verehrte Vulva. Phallus und Vulva in Vereinigung sind Symbol der göttlichen Liebesvereinigung des Gottes und der Göttin oder des Geistes und der Natur und stellen erst in dieser Vereinigung die Totalität des absoluten Wesen, der Einen Gottheit dar. Im Kult des Tantrismus wird diese sexuelle Liebesvereinigung des Gottes des Geistes und der Göttin der Natur kultisch nachgeahmt. Dabei gibt es zwei mögliche Wege, den rechten Weg und den linken Weg. Der rechte Weg ist der mönchische Weg, da der Mönch oder die Nonne ehelos und keusch leben und die Kräfte der Erotik und die sexuelle Energie ihres Körpers erwecken und durch Meditation und Gebet geistig sublimieren zu spiritueller Energie, die zur Erleuchtung führen soll, zu Zuständen der Ekstase. Dabei suchen zum Beispiel tantristische Nonnen die Nähe von Männern, um allein durch die Nähe, nicht einmal durch körperliche Berührung, die Energie der erotischen Ausstrahlung des Mannes in sich zu empfangen, um die eigene innere erotische Energie zu erwecken, diese zu sublimieren und so dem Geheimnis der göttlichen Erotik näher zu kommen. Dabei wird auch innerlich die persönliche Gottheit als Liebespartner visualisiert. Hier wird die Gottheit zum persönlichen Gott oder zur persönlichen Göttin, mit der sich Mönch oder Nonne in mystischer Erotik bräutlich vereinigen. Der linke Weg ist der Weg der kultisch praktizierten Sexualität. Da die eigentliche Philosophie des Tantrismus asketisch ist, werden hier fleischliche Genüsse wie Fleisch- und Fischessen, Weintrinken, Reisessen und sexueller Beischlaf, allein in gewissermaßen sakramentaler Weise kultisch zelebriert. Hier wird der sexuelle Liebespartner kultisch angebetet als Sakrament des göttlichen Wesens. Der Mönch verehrt die kultische Beischläferin zur höchsten Göttin, salbt diese, schmückt diese mit Blumen und Schmuck, räuchert ihr wie dem höchsten Wesen und vereinigt sich mit der kultischen Beischläferin in dem Bewusstsein der Vorstellung, sich mit der Göttin selbst sexuell zu vereinigen. Hierbei wird die sexuelle Energie durch die ausgebildeten Künste der rituellen Liebesvereinigung zur höchsten Vollendung gebracht, wobei die möglichst potenzierte sexuelle Energie einen ekstatischen Zustand der Erleuchtung und des Einswerdens mit dem Göttlichen erzeugen soll. So verstehe ich die Philosophie, den Kult des Tantrismus. Dies ist also die hinduistische Idee der göttlichen Zweifaltigkeit von Gott-Geist und Gott-Natur. Der sexuelle Akt wird Vater-Mutter (Yab-Yum) genannt. Es ist die Doppeloffenbarung Gottes als Gott-Vater und als Gott-Mutter. Kommen wir nun zur jüdischen Mystik der Kabbala. Dort finden wir den Gedanken von Gott-Geist als Gott-Vater und Gott-Natur als Gott-Mutter auch. Wie es im katholischen Katechismus heißt: Gott mit dem Namen Vater bezeichnet die Transzendenz Gottes, Gott mit dem Namen Mutter bezeichnet die Immanenz Gottes und die liebende Zuwendung Gottes zu jedem Geschöpf. So bezeichnet auch die jüdische Mystik der Kabbala den Einen Gott Israels als Vater und als Mutter. Als Vater heißt der Herr der Alte an Tagen und der Ewige und der König. Als Mutter heißt der Herr Einwohnung Gottes in der Schöpfung oder göttliche Gegenwart in der Schöpfung. Als Vater trägt der Herr den philosophischen Titel Gott-Geist und als Mutter trägt der Herr den philosophischen Titel Gott-Natur. In der Selbstoffenbarung des absoluten Göttlichen (En-Soph) in zehn Offenbarungsweisen oder Hypostasen (Sephirot) erscheint das Göttliche unter anderem als Herrlichkeit (Tipheret) und als Himmelreich (Schechinah). Die Selbstoffenbarung Gottes als Herrlichkeit des Herrn wird bezeichnet mit dem Namen Jahwe und bezeichnet den König. Die Selbstoffenbarung des Herrn als göttliche Gegenwart oder Himmelreich (Schechinah) ist die Königin. Schechinah wird auch die Matrone Israels genannt oder auch die kleine Matrone, Matronita. Nun wird aber die Beziehung zwischen dem König der Herrlichkeit, Jahwe, und der Matrone des Himmelsreichs gedacht als eine Liebesbeziehung, die im Hohenliede Salomos zum Ausdruck gebracht wird. Die rabbinische Auslegung des Hohenliedes bezieht ja den Bräutigam auf den Gott Israels und die Freundin auf das Volk Israel. Die kirchliche Auslegung bezieht den Bräutigam auf Christus und die Freundin auf die Kirche, beziehungsweise auf die christliche Seele. In der rabbinischen und in der kirchlichen Tradition stellt der Bräutigam Salomo den göttlichen Partner dar und die Braut Sulamith den menschlichen Teil des auserwählten Gottesvolkes. In der jüdischen Mystik der Kabbala aber ist das Liebeslied ein Liebeslied, das in der Gottheit gesungen wird, da ist der König und Bräutigam Salomo der poetische Name für Jahwe, den König der Herrlichkeit, und die Braut Sulamith ist der poetische Name für die göttliche Gegenwart, die Matrone Schechinah. Es wird also eine innergöttliche heilige Hochzeit angenommen zwischen Gott dem Herrn und seinem Himmelreich, zwischen der Herrlichkeit und der Gegenwart Gottes in der Schöpfung, zwischen Gott-Geist und Gott-Natur. Denn Jahwe, der Herr, ist der Alte an Tagen, der Ewige, der König, der Vater, und ist der Gott-Geist, aber Schechinah, die Immanenz Gottes, die Gegenwart Gottes in der Schöpfung, das Himmelreich Gottes, die Matrone Israels, das ist die Mutter, das ist die Gott-Natur. Hier finden wir also eigentlich den gleichen Gedanken wir im hinduistischen Tantrismus, dass das Göttlichmännliche und das Göttlichweibliche in einer innergöttlichen Liebesvereinigung, in einer heiligen Hochzeit vereinigt sind und so erst die Totalität des absoluten göttlichen Wesens darstellen. Findet sich der Gedanke der heiligen Hochzeit (Hieros Gamos) innerhalb der Einen Gottheit auch in der christlichen Tradition? Wir finden diesen Gedanken angedeutet in den Visionen der heiligen Hildegard von Bingen, der deutschen Prophetin. Sie schaut nämlich die göttliche Liebe, die Caritas, als Mater Caritas, und schaut die Mater Caritas als Ehefrau des Herrn, die mit dem Herrn eins ist im Ehebett Gottes. Aber dennoch muß man sagen, dass der Gedanke der Zweifaltigkeit der Gottheit als Gottvater und Gottmutter noch nicht die Fülle der göttlichen Liebe umfasst. Denn hier kommen wir auf das christliche Gottesbild, wie es durch Jesus offenbart worden ist. Gott ist dreifaltige Liebe, nämlich Liebender und geliebte Person und eben als dritte Person die göttliche Liebe, das heißt, die Liebe, die die liebenden göttlichen Personen vereinigt, aber diese vereinigende Liebe wird selbst als göttliche Person vorgestellt. So stellt sich die Allerheiligste Dreifaltigkeit bei Augustinus als Gott-Vater, der Liebende, Gott-Sohn, der Geliebte, Gott-Geist, die göttliche Liebe dar. Aber in den salomonischen Weisheitsschriften des Alten Testaments erscheint die Dreifaltigkeit als der Herr, Frau Weisheit und der heilige Geist. Frau Weisheit aber ist die Lieblingin des Herrn. Der heilige Geist ist der Geist des Herrn und ist auch die Geist der Weisheit. Frau Weisheit ist aber Lieblingin und Throngenossin des Herrn. Hier trifft auf die Frau Weisheit das zu, was die heilige Hildegard von der göttlichen Liebe sagt: Sie ruht im Ehebett des Herrn. Der Herr und Frau Weisheit sind der Liebende und die Geliebte, und die Liebe, die sie vereinigt, das ist die göttliche Liebe, das ist der Heilige Geist. Nun wird von der Frau Weisheit in den salomonischen Schriften aber auch ausgesprochen erotisch geschrieben. So kann man auch sagen: Der Herr ist der erotische Liebhaber der Frau Weisheit, Frau Weisheit ist die erotische Geliebte des Herrn, und der Heilige Geist ist der göttliche Eros, oder die Erotik der göttlichen Liebe, die die beiden göttlichen Personen vereinigt. So wird erst auch nachvollziehbar, warum der Papst Johannes Paul der Große davon spricht, dass die Ehe, die sexuelle Vereinigung, und die Familie ein Abbild der dreifaltigen Gottheit sind. Denn der Mann und die Frau vereinigen sich, und im Akt ihrer Vereinigung ist der Heilige Geist gegenwärtig. Was die Liebenden verbindet und vereinigt, ist Liebe, diese Liebe aber als Symbol der Liebe der beiden Person, ist selbst Person, das ist in der Familie das Kind. So glaube ich an die Allerheiligste Dreifaltigkeit, die Liebe ist, der liebende Herr, die geliebte Weisheit, und die göttliche Liebe. Diese göttliche Liebe aber ist auch Eros. Denn es ist gewissermaßen eine dreifaltige Erotik in der einen göttlichen Natur. Ein begehrender Gott, eine begehrte göttliche Weisheit, und eine göttliche Erotik, das ist die Entfaltung des Satzes von Papst Benedikt, dass Gott auch Eros ist. Denn es ist Ein Gott, der Liebe ist, der Eros ist.



SIEBENTES KAPITEL

In dem Betrachtungen über die Herrin Sophie angestellt werden gemäß den Lehren der Weisen


Meine erste christliche Lektüre nach dem Bekehrungserlebnis waren außer der Tora die Bekenntnisse Augustins. Was aber, o Sophia, sagte Augustinus, wer du seist? Er sprach von der Sophia des Vaters, der Sophia des Sohnes und der Sophia des Heiligen Geistes. Das heißt, wenn ich ihn richtig verstehe, in den drei Personen offenbart sich die Eine Göttliche Natur, die er Sophia nennt. Du bist also die Eine Göttliche Natur, Sophia, von der Jesus Sirach sagt: Sie kommt mir entgegen wie eine Mutter und wie eine junge Liebesgenossin! Du bist also der Eine Gott, den wir glauben: Credo in Unum Deum oder Credo in Una Sapientia! Als die Sophia des Vaters bist du dann die allmächtige Schöpferin aus dem Nichts, Creatrix ex nihilo, als die Sophia des Sohnes bist du dann die Retterin, Salvatrix mundi (wie es in der Weisheit Salomos heißt: Sie wurden durch die Weisheit gerettet und selig gemacht, denn die Verwandten der Weisheit erlangen Unsterblichkeit), und als Sophia des Heiligen Geistes bist du die Trösterin, Consolatrix afflictorum. Ich glaube also an die Eine Sophia, die Schöpferin, Retterin und Trösterin, die dreifaltige Sophia mit Einer göttlichen Natur.
Dann fiel mir die Vita des seligen Heinrich Seuse in die Hände. Er berichtet, wie während des Mittagessens im Kloster aus den Büchern der Weisheit in der Heiligen Schrift vorgelesen wurde und wie er die Ewige Weisheit zu lieben begann, und zwar im Geiste der hohen Minne des ritterlichen Mittelalters. Er wählte also dich, Sophia, zu seiner Minneherrin. Er pries dich als seine höchste Herrin, nämlich die allumfassende Gottheit und allesdurchdringende Weisheit, als die Mutter und zärtliche Freundin, und wählte dich, wie Salomo im Buch der Weisheit, zu seiner Lebensgenossin, denn er hatte, wie Salomo, deine Schönheit liebgewonnen und suchte dich als Braut zu gewinnen. Er bat auch einen Maler, ihm ein Bild der Ewigen Weisheit zu malen, wobei die Ewige Weisheit die ideale Frauenschönheit sein sollte, denn du warst ihm die Idee der Schönheit. Er schrieb dann in seinem Büchlein der Ewigen Weisheit, dass du selbst zu ihm gesprochen, und zwar die eine Ewige Weisheit, die einmal als eine göttliche Jungfrau erschien und einmal als ein göttlicher Jüngling, nämlich Christus war ihm Sophia und Sophia Christus, ganz wie es der Lehre des Paulus entspricht, der schrieb: Gott hat Christus für uns zur Sophia gemacht. Und diese Christus-Sophia sprach zu Seuse: Willst du mich erkennen, so folge meinem irdischen Kreuzweg und werde dem gekreuzigten Christus gleich! Diesem seligen Seuse warst du also der gekreuzigte Christus, der aber in der Auferstehungstheologie in Herrlichkeit erscheint als göttliche Jungfrau Sophia und Braut des Mönchs. Wer sich darüber wundert, dass hier ein und dieselbe Person, nämlich Jesus der Sohn Gottes, einmal als gekreuzigter Heiland in männlicher Gestalt erscheint und einmal in der Auferstehungsherrlichkeit als allerschönste Minnedame und göttliche Jungfrau Sophia, möge bedenken, dass Jesus, die inkarnierte Weisheit, nicht einen einzelnen menschlichen Körper annahm, als ob er nur Einen menschlichen Körper erlösen wollte, sondern dass er, wie Meister Eckhard sagte, die menschliche Natur an sich anzog, also die ganze Menschheit erlöste, die männliche und weibliche Menschheit. Auch haben viele Heilige in Visionen Jesus einmal als einen himmlischen Mann geschaut und einmal als ein göttliches Kind, so sah eben Heinrich Seuse die zweite Person der Gottheit in der auferstandenen menschlichen Natur als himmlische Herrin Sophia.
Nun las ich den Traktat des heiligen Ludwig-Maria Grignion de Montfort über die Ewige Weisheit. Sophia, du warst ihm, eben wie Seuse, die zweite Person der Gottheit. Der Vater im Himmel hat gemeinsam mit der Ewigen Weisheit die Schöpfung geschaffen und den Menschen gebildet. Als die Menschheit in Sünde gefallen und sich von Gottes Weisung abgewandt und dem Tod zugewandt hatte, bat die Ewige Weisheit für die Menschheit und trat, menschlich gesprochen, als die barmherzige Mutter in einen Dialog mit der väterlichen Gerechtigkeit Gottes und bot sich selbst als Sühne für die Sünde der Welt an. So hörte die Ewige Weisheit das Flehen der Auserwählten, die Ewige Weisheit möge herabkommen. Aber erst auf die Reinheit und Demut Mariens hin neigte sich die Ewige Weisheit der Menschheit zu und wurde im Schoß der Jungfrau zum „Schönsten aller Menschensöhne“, wie es im Hochzeitspsalm heißt. Diesen Menschensohn Jesus schildert Grignion als die vollkommene Schönheit und Liebe, an Schönheit ganz der Mutter gleich, der Schönen Madonna. Diese Ewige Weisheit in ihrer menschlichen Gestalt, nämlich der Menschensohn Jesus, ist die barmherzige Liebe Gottes und neigt sich barmherzig und unendlich liebend den Kindern, allen Kleinen und Armen, allen Frauen und Sündern zu. Schließlich begehrt die Ewige Weisheit, am Kreuz zur Erlösung der Menschheit zu sterben. Und so ruft die Ewige Weisheit: O komm, du Kreuz, o komm, geliebtes Kreuz! Die Ewige Weisheit ließ sich kreuzigen und ermorden und ist auferstanden und gen Himmel gefahren zum ewigen Vater. Aber, so sagt Grignion, dennoch blieb die Ewige Weisheit, also du, Sophia, dennoch bliebest du, Sophia, geheimnisvoll gegenwärtig verborgen auf Erden, nämlich du, Sophia, verbargest dich in Brotgestalt und schenkst dich selbst als Hostie den Christen zur Speise. Die Hostie ist also die fleischgewordene, gekreuzigte und auferstandene Sophia. So heißt es im Buch der Sprüche Salomos: Sophia hat ihren Tisch bereitet und lädt zum Mahl, sie hat ihr Vieh geschlachtet und ihren Wein gemischt. Und bei Jesus Sirach heißt es: Sophia schenkt ihren Kindern und Freunden das Brot der Einsicht und den Wein der Weisheit. Dies sind Hinweise auf das Abendmahl, da das gewandelte Brot und der gewandelte Wein zu Fleisch und Blut der Ewigen Weisheit, zu Sophias Fleisch und Sophias Blut werden, und wer diese Sophia im Glauben speist und trinkt, der hat das ewige Leben in sich. „Ich glaube, Herr, hilf meinem Unglauben!“
Nun stellte ich fest, Sophia, dass die von mir so geliebten Texte über dich, wie die Heilige Schrift in den Sprüchen und der Weisheit Salomos und im Buch Jesus Sirach dich uns präsentiert, von der Liturgie der römisch-katholischen Kirche an Marienfeiertagen gelesen wurden. Das Lob der göttlichen Sophia wurde bezogen auf die Menschentochter Maria, ja, Maria erschien in der Liturgie geradezu als Sophia. Ich will gestehen, dass mich das nicht ganz befriedigt, denn es wird das Göttlichweibliche der Sophiengestalt der Heiligen Schrift zu einer rein menschlichen Weiblichkeit reduziert. Schwierigkeit bereitet dabei auch die Vorstellung, dass Sophia vor aller Schöpfung beim Ewigen war. Ja, dies führte bei platonisierenden Katholiken zu der Vorstellung der präexistenten Maria, deren Seele in ihrer Makellosigkeit vor aller Schöpfung im Heiligen Geist war. Sophia, wenn das für den reinen Menschen Maria gilt, gilt das dann für alle Menschenseelen? Ich hörte aber auch, dass bei der theologischen Begründung des katholischen Dogmas der Unbefleckten Empfängnis Mariens die Schriftstellen herangezogen worden sind, die die Fleckenlosigkeit, Makellosigkeit und strahlende Reinheit Sophias preisen. Ich meine, es ist ein theologisch nicht einwandfrei geklärtes Problem, in welchem Sinne Maria Sophia ist oder ähnelt. Ein katholischer Priester sprach: Sophia ist die Gottheit Christi, aber Maria ist gewissermaßen die menschliche Sophia. Wladimir Solowjew weist darauf hin, dass die russisch-orthodoxen Kirchen der Hagia Sophia zum Teil Christus geweiht sind und zum Teil Maria. Ist Sophia also Christus oder ist Sophia auch Maria? Oder ist Christus der Logos als König der Engel und Maria ist Sophia als Königin der Engel, wie einmal katholische Engelverehrer behaupteten. Oder ist Sophia in menschlicher Erscheinung zuerst die Jungfrau Maria, dann der Erlöser Jesus Christus und schließlich die Ecclesia, spricht man doch auch von der Weisheit der Kirche. Das alles sind für mich ungelöste Probleme, o Sophia, ich kann nur bezeugen, dass die liebende und vertrauensselige Hingabe an die Jungfrau Maria mich erst zu deiner göttlichen Gestalt geführt hat, Sophia, die du so unergründlich bist wie Gott, da du, Sophia, mein Gott bist, ein unerforschliches Geheimnis!
Jetzt stieg ich hinab zu den Müttern. Ich beschäftigte mich mit dem heidnischen Feminismus, der das Matriarchat der Ur-Zeit verherrlicht und die Göttin preist. Allerdings scheint mir, dieses neuheidnisch-feministische Gottesbild einer einzigen großen Göttin oder gar einer dreifaltigen Göttin scheint nicht das ursprüngliche Matriarchat von animistischem, schamanistischem Polytheismus zu sein, sondern schon durchtränkt mit der Milch des jüdisch-christlichen Monotheismus. Aber die Lehre von der Muttergöttin, der Weiblichkeit der Gottheit, berührte tief mein Herz, das auf der Suche nach der Mutterliebe Gottes war. Hier erschienst du, Sophia, als Göttin der Weisheit, als ein anderer Name für die Göttin Isis. Die Theorie besagte, dass zwischen der Ebene des Göttlichen und der Ebene des Menschlichen sich die Ebene des Archetypischen und Seelischen befindet, so dass die Frau dem Göttlichweiblichen unmittelbar begegnet, dem Göttlichmännlichen aber durch den Mittler, nämlich ihren Animus, das männliche Unbewusste ihrer Seele; der Mann ebenso begegnet dem Göttlichmännlichen unmittelbar und dem Göttlichweiblichen durch die Mittlerin, nämlich seine Anima, das weibliche Unbewusste seiner Seele. Nun habe ich immer sehr deutliche Visionen meiner Anima im Geist gehabt und mehr die Anima geliebt als wirklich-konkrete Frauen und habe die Anima immer mit der Jungfrau Maria identifiziert, so kam ich gewissermaßen durch die Mittlerin, die Madonna dell’Anima, zur göttlichweiblichen Gestalt Sophia, der Göttin der Weisheit. Nun scheint mir wirklich der Kult der Isis eine Nähe zu Sophias Offenbarung zu besitzen. Auch die biblische Sophia des alexandrinischen Judentums im Buch der Weisheit und in Jesus Sirach wurde, wie Bibelwissenschaftler sagen, geformt und gestaltet in Auseinandersetzung mit dem alexandrinischen Kult der Himmelskönigin Isis. So sind die ägyptischen Hymnen an Isis mit wenigen Änderungen sehr leicht in Lobpreis und Anbetung der jüdisch-christlichen Sophia zu verwandeln. In jener Zeit sammelte ich altorientalische Hymnen und Gebete an die große Göttin und gestaltete sie durch wenige Änderungen in Hymnen und Gebete an die jüdisch-christliche Maria-Sophia um. So erschien mir in jener Zeit Maria-Sophia, das heißt, die göttliche Sophia in der menschlichen Gestalt der Jungfrau Maria, als die Gestalt der Offenbarung, die die Sehnsucht der Völker nach dem Göttlichweiblichen in Wahrheit erfüllt. Es war mir in jener Zeit gewissermaßen Maria-Sophia zu einer Großen Göttin eines jüdisch-christlichen Matriarchats geworden. So lehrte denn auch der heidnische Feminist Ranke-Graves, dass in der katholischen Mythologie die Gestalten altheidnischer Göttinnen in den Kult der Jungfrau Maria eingeflossen sind, so dass Maria in der katholischen Mythologie als die Erbin all der heidnischen Göttinnen erscheint oder sozusagen als die Eine Göttin der Göttinnen und Herrin der Herrinnen. So sprach Ranke-Graves die Hoffnung für ein kommendes Matriarchat aus, dass universal (also katholisch) sei, die ganze Menschheit umspanne, in dem der Kult gepflegt wird der einen Himmelskönigin Maria mit ihrem Sohne Jesus. Dieser Jesus wäre nicht der Knecht der Vaters, sondern der Sohn und mystische Geliebte der Himmelskönigin Maria. Der Tiefenpsychologe Erich Neumann, der den Archetyp der Großen Mutter erforschte, schrieb, dass Patriarchat und Matriarchat nicht allein historische Epochen seien oder gesellschaftliche Zustände, sondern auch Stadien in der Entwicklung der Psyche des Kindes. Ursprünglich lebt die Psyche des Kindes in einem Matriarchat, die leibliche Mutter verkörpert als Realsymbol den Archetyp der Großen Mutter und ist sozusagen menschliche Stellvertreterin des Göttlichmütterlichen und das Kind ist Kind der Mutter und eins in Liebe mit der Großen Mutter. Dieses Matriarchat als Ordnung der Psyche ist gewissermaßen auch mein inneres seelisches Empfinden, da meine Seele immer das Gespür hatte für das Göttlichweibliche. Die patriarchale Kultur beschreibt das Göttliche in männlichen Bildern und das Menschliche in weiblichen Bildern, wie in der ganzen jüdisch-christlichen Tradition, aber das Matriarchat in der Seele empfindet das Göttliche in weiblicher Gestalt und das Menschliche als männlich, nämlich als Sohn und Geliebten. Dies widerspiegelt sich in der Offenbarung der Bibel in der Gestalt der Frau Weisheit, der göttlichen Sophia, die dem Weisen begegnet wie eine Mutter und wie eine junge Geliebte, sagt Jesus Sirach. Sophia ist also gewissermaßen die Göttin der Weisheit, die Göttin der jüdisch-christlichen Offenbarung in einem katholischen Matriarchat.
Nun studierte ich die Schriften des feministischen Philosophen Otfried Eberz. Seine These war, dass das Eine Absolute sich doppelt offenbare als göttlichmännlich und göttlichweiblich, nämlich Logos und Sophia. Sophia nannte er die Göttin des Matriarchats oder der Gynäkokratie des goldenen Zeitalters, der die Jungfraun-Priesterinnen des Bundesklosters der Göttin Sophia dienten. Die jungfräulichen Männer waren im Bundeskloster des Bundesgottes Logos zusammengeschlossen. Die Gesellschaft wurde nicht von den Müttern geführt, die in den alltäglichen Sorgen der Kinderstube befangen waren, sondern von den jungfräulichen Priesterinnen der Göttin Sophia. Die Männer waren auf die weisen Frauen hingeordnet, denn der Mann wird von der Frau in das Geheimnis der Liebe und das Geheimnis der Weisheit eingeweiht. Diese ursprüngliche Gynäkokratie der Göttin Sophia mit dem Sohn und Geliebten Logos ging zugrunde durch die gewaltsame Eroberung der Frauenreiche durch die männliche Kriegerhorde. Feministinnen nennen diese patriarchalische Kriegerhorde: die Arier. Das weibliche Weltzeitalter ging zugrunde, hinterließ aber eine weibliche Apokalypse, einen matriarchalen Mythos. Dieser Mythos beschreibt die Göttin der Liebe und Weisheit, Sophia, die ihren Sohn und Geliebten, den Logos, verliert, denn er wird gewaltsam ermordet vom patriarchalen Gott der Kriegerhorde, dem Drachen oder Eber. Der gewaltsame Tod des Sohn-Geliebten der Göttin durch den patriarchalen Kriegergott der Arier beschreibt der apokalyptische Mythos aller Kulturen. Es ist das Drama des ermordeten Adonis, der von Aphorodite beweint wird, es ist das Drama des gemordeten Osiris, der von Isis beweint wird. Es ist, sagt Eberz, auch das Drama des gemordeten Jeschua, der von Mirjam beweint wird. Mirjam und Jeschua sind die hebräischen Namen des Ur-Paares Sophia und Logos. Mirjam ist die Mutter, aber sie ist auch die Mater Dolorosa, oder, wie Eberz sagt, die Dea Dolorosa, die weinende Aphrodite, die klagende Isis, die trauernde Mirjam des hebräischen Mythos. Aber in dem apokalyptischen Mythos der Gynäkokratie erfährt der Sohn-Geliebte der Göttin eine Auferstehung. Adonis verwandelt sich in eine Blume und blüht in den paradiesischen Adonisgärten, Osiris wird wieder zusammengefügt und wird der Jenseitsrichter der Lebenden und Toten, und Jeschua ersteht von den Toten und begegnet Mirjam im Ostergarten der Auferstehung und wird der Richter der Lebenden und Toten. Denn, so sagt Eberz, der apokalyptische Mythos der Gynäkokratie prophezeit die Wiederkunft des weiblichen Weltzeitalters mit seiner feministischen Göttin der Liebe und Weisheit und ihrem göttlichen Sohn und mystischen Geliebten, die Wiederkunft der Doppelherrschaft des Herzen von Sophia und Logos, von Mirjam und Jeschua.
Mutter Sophia, ich studierte jetzt das Buch von Leonardo Boff, dem lateinamerikanischen Befreiungstheologen, über das mütterliche Angesicht Gottes. Da nannte er verschiedene positive göttliche Frauengestalten, die im Altertum das mütterliche Angesicht Gottes verkörperten. Da war zum einen die gute sanfte Isis, die freundliche Himmelskönigin, die wohlwollende Mutter, da war Aphrodite Urania, wie sie im Platonismus verherrlicht wurde als die Idee der Schönheit, die himmlische Liebe, das Höchste Gut, da war die griechisch-gnostische Sophia, die als die Göttin der Weisheit eine strahlende Offenbarung des Göttlichweiblichen war, und da war Maria in dem katholischen Abendland, die den Menschen die Sehnsucht nach der göttlichen Mutterliebe stillte, als in der Theologie von derselben nicht die Rede war. Augustin hatte den barbarischen, unheiligen Kult der Großen Mutter, der Magna Mater, noch miterlebt, das Christentum wandte sich von den Muttergottheiten radikal ab und wandte sich einseitig dem Vatergott zu und dem Sohngott. Aber in Maria lebte die urmenschliche Sehnsucht nach der göttlichen Mutterliebe fort. Leonardo Boff nannte Maria nun eine Verkörperung des Heiligen Geistes und nannte Heilig Geist die Mutterliebe Gottes. Allgemein ist ja dem Heiligen Geist die göttliche Liebe zugeordnet, Leonardo Boff sah aber im Heiligen Geist als dem brütenden Geist, dem tröstenden Geist, dem lebensspendenden Geist und dem gebärenmachenden Geist vor allem einen mütterlichen Geist. Dieser mütterliche Geist der Mutterliebe Gottes verkörperte sich in Maria, wählte sie zum Tempel und zum Sakrament. So nannte auch der katholische Dichter Paul Claudel Maria das Sakrament der Mutterliebe Gottes. Im Buch Jesus Sirach wirst du, Sophia, mit dem heiligen Geist identifiziert. Im Buch der Weisheit ist es der heilige Geist, der das Weltall von innen erfüllt, gewissermaßen als Weltseele. Denke ich an Augustin, dem es neben der Sophia des Vaters und der Sophia des Sohnes noch die Sophia des Heiligen Geistes gab, so spürte Leonardo Boff gerade dieser Sophia des Heiligen Geistes nach, dem Geist, der sich besonders mit dem Weiblichen und vor allem mit dem Ewigweiblichen in Maria intensiv verbindet. So wird Maria zum Spiegel der mütterlichen Liebe des Heiligen Geistes. Darum hat die Kirche auch alle Archetypen des Ewigweiblichen, alle Urbilder der großen Mutter, auf Maria vereinigt, die Archetypen der Rose, der Lilie, des goldenen Hauses, des Kelches, des Morgensternes und so weiter. Diese Urbilder des Ewigweiblichen konzentrieren sich auf Maria und so wird Maria zum Inbegriff des Weiblichen und gewissermaßen als das Menschlichweibliche oder auch Ewigweibliche zum Spiegel, zum Abbild und zum Sakrament des Göttlichweiblichen, nämlich der Sophia des Heiligen Geistes. In dieser Zeit konnte ich an keinem katholischen Gottesdienst mehr teilnehmen, da die patriarchalische Einseitigkeit der Liturgie meine Seele persönlich schmerzte und verwundete. Aber ich suchte gerne leere Kirchen auf und betete dort vor dem Marienaltar. Immer wenn ich in die katholische Heilig-Geist-Kirche trat, empfing mich mit dem süßen Wohlgeruch des Weihrauchs eine Empfindung von unbedingter Mutterliebe, von Willkommen bei der Mutter und Heimat bei der göttlichen Mutter, und ich hörte die leise innere Stimme des Heiligen Geistes immer wieder sanft mir zuflüstern: Ich bin deine Mutter. Und in den strengen Leiden des Lebens fand ich Zuflucht in dem Tempel des Heiligen Geistes wie in dem dunklen Mutterschoß der Gottheit. Denn die mütterliche Gottheit war wirklich gegenwärtig in der geweihten Kirche des Heiligen Geistes. Da lernte ich also die Sophia des Heiligen Geistes kennen, die göttliche Mutterschaft.
Ich dachte wieder intensiv an das Tao und las das Tao-Te-King von Lao Tse, übersetzte es auch aus dem Englischen, das ich schon unzählige Male gelesen habe, das mir vorkommt wie das chinesische Evangelium. Ich hatte einst mit einem chinesischen christlichen Studenten die Vater-Sohn-Beziehung im klassischen Konfuzianismus studiert, aber es war meinem Herzen fremd geblieben. In meiner Seele ist eine große Liebe zu China, aber es war immer das mütterliche China, das weibliche China des Mondes und der Poesie. Ich habe in meiner Seele das Ideal einer chinesischen Madonna gesehen, die aussah wie die buddhistische Madonna Guan Yin, die Mutter der Barmherzigkeit, die Göttin des Mitleids. Es lebte also in meiner Seele ein matriarchales China. Und die Philosophie des matriarchalen China ist die taoistische Philosophie, aber der reine philosophische und mystische Taoismus von Lao Tse und Tschuang Tse, nicht der schamanistische und magische Aberglaube. Hier ist das Tao als die Mutter der zehntausend Wesen erschienen. Was ist Tao? Tao ist der Weg der heiligen Könige der Vorzeit, der Weg ist die Weisheit der Heiligen der Vorzeit. Tao heißt Kopf und Fuß, es ist Weisheit und Weg. Also, christlich gesprochen, ist Christus, Gottes Weisheit, der Weg, das Tao. So ist in der chinesischen Bibel Tao die Übersetzung des griechischen Logos des Johannes-Prologs: Am Anfang war Tao und Tao war bei Gott und Tao war Gott. Der Johannesprolog ist aber ein alter Hymnus auf die göttliche Weisheit. Also ist Tao Sophia, denn Sophia ist Christus, Christus ist Sophia, Christus ist Tao und Tao ist Sophia. So sagte ein katholischer Humanist, man werde eines Tages sagen, wie Vergil als Adventdichter der katholischen Kirche Vater des Abendlandes war, so wird einst Lao Tse Vater des Morgenlandes genannt werden. Der Großvater Hermann Hesses, ein pietistischer Missionar in China, nannte Lao Tse einen Propheten. Mir scheint das Tao-Te-King mehr als selbst der Koran dem Geist des Evangeliums nahezustehen. Wer ist Tao, die Ewige Weisheit? Die Ewige Weisheit ist unergründlich, also Gott, der Name Gottes ist unaussprechlich, aber die unergründliche Verborgenheit der Gottheit offenbart sich und in der geheimnisvollen Offenbarung der Gottheit erscheint sie als die Ewige Weisheit, Tao, die Mutter der zehntausend Wesen, die Mutter aller Geschöpfe. Die geheimnisvolle Weisheit und die offenbare Weisheit, die verborgene Gottheit und die gegenwärtige Gottheit sind im Wesen eins. Diese Ewige Weisheit ist das Geheimnis aller Geheimnisse. Sie ist der Weg, der Sinn, die Weisheit, das Seiende, Gott, aber eben als Mutter aller Geschöpfe. Lao Tse sagt: Wer die Mutter erkennt und erkennt seine eigene Kindschaft, der ist im Untergang des Leibes ohne Gefahr. So sagt Johannes: Wer nicht aus dem Blut und Fleisch und dem Willen des Mannes geboren ist, sondern aus der Gottheit geboren ist, der hat das Recht, Kind Gottes zu sein, Kinder Gottes sind aber wiedergeboren aus Gott zu einer lebendigen Hoffnung, nämlich der Auferstehung und dem ewigen Leben. So sagt auch Lao Tse: Wer die Kindschaft erkennt, der ist im Sterben ohne Gefahr. Und Lao Tse sagt: Wen der Himmel retten will, den rettet er durch Liebe. Es ist die Mutterliebe der Ewigen Weisheit oder Tao, die das Kind Gottes rettet. Lao Tse war mit seiner Weisheit allein in der Welt. Die andern gingen alle zum Opferfest des Frühlingsopfers, sie waren fröhlich und jubelten, aber Lao Tse war schwermütig, und er nannte sich einen Müßiggänger und Taugenichts, ganz wie der Ausspruch des Mannes Agur: Ich bin dümmer als ein Mensch, in mir ist keine Menschenvernunft. Aber Lao Tse sprach: Ich bin ruhelos und unruhig, ich bin anders als die andern alle, aber ich ehre die Große Mutter, nämlich Tao, die Mutter der Schöpfung. Und dies ist mir ganz aus der Seele gesprochen, denn auch ich bin anders als die andern Gläubigen alle, die zum Messopfer wallen und in der Osternacht jubeln: Er ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden! Sondern ich bin traurig, schwermütig und einsam, in mir ist kein Verstand, aber ich ehre die göttliche Mutter, ich liebe die Mutter Sophia, meine und des ganzen Weltalls Schöpferin!
Nun kam eine Zeit der Beschäftigung mit der griechischen Philosophie. Es wäre interessant, den Begriff des Logos bei Heraklit und der Stoa mit dem Begriff des Logos bei Johannes und Paulus zu vergleichen, aber dies fesselte mich nicht. Der Begriff des Seins oder des Seienden bei Heraklit und Parmenides und Aristoteles mit der katholischen Scholastik zu vergleichen oder gar dem Gottesnamen Jahwe (dem Sein in Person), auch das fesselte mich jetzt nicht. Mich zog magisch in den Bann die platonische Philosophie der Ideen und der Liebe, die ich durch Beschäftigung mit dem Neuplatonismus ergänzte. Platon und Plotin! Dann erweiterte ich meine Forschungen durch den christlichen Platonismus, Dionysios Areopagita und Ficino aus Florenz. Je mehr ich über den Platonismus meditierte, umsomehr schälte sich die Höchste Idee heraus, die Idee der Schönheit, die himmlische Liebe, das Höchste Gut, mit einem Wort: Urania! So schrieb ja auch Leonardo Boff, dass Urania wie Maria und Sophia ein Bild des Göttlichweiblichen sei. Sophia, du wurdest mir in dieser Zeit zur Urania! Alle Liebe, sagt Platon, ist aufsteigende Liebe zu immer höherem Schönen, und die allerhöchste Schönheit ist die Gottheit, die himmlische Liebe, Aphrodite Urania. Gott ist Liebe, sagt Johannes. Nenne die Gottheit die Schöne Liebe, sagte mir ein Priester. Der platonische Name der Schönen Liebe ist Urania. Meines Herzens altheidnische Anhänglichkeit an die Aphrodite von Paphos ward hier platonisch erhöht und geheiligt zu einer gewissermaßen griechisch-katholischen Aphrodite Urania als dem philosophischen Namen der Gottheit der Schönen Liebe. Hier begegnete in den Spekulationen Plotins geradezu ein katholischer Begriff von Dreifaltigkeit, denn Theos, Gott der Herr, zeugt in Urania, der platonischen Sophia, und so wird der göttliche Eros erzeugt. Theos liebt Urania mit dem göttlichen Eros und Urania liebt Theos mit dem göttlichen Eros, das ist nahezu der Gedanke der christlichen Trinität von Gott dem Herrn und der Ewigen Weisheit und dem Geist der göttlichen Liebe. Der platonische Eros aber als Mittler und Weg zu Gott, das heißt zur Allerhöchsten Schönheit, ist ein aufsteigender Eros. Dieser Eros ist der Weg des Menschen zu Gott, der Urgottheit der Urschönheit, wie Dionysios Areopagita die Gottheit nennt. Von demselben griechisch-katholischen Vater der abendländischen Mystik stammt aber auch die Idee des göttlichen Eros, der von der Urgottheit der Urschönheit (oder Urania) ausgeht und sich ergießt durch die Hierarchien bis hinab zur menschlichen Seele, sich als Bräutigam Eros mystisch mit Psyche vermählt (wie im Märchen des Apulejus) und die Psyche hinanzieht und sie vergöttlicht und heimführt in den ewigen Schoß der Urgottheit der Urschönheit. Dieser Eros ist der göttliche Eros von oben, gewissermaßen die Erotik der göttlichen Agape, ist Christus, Gott, der Mensch wird, um den Menschen zu vergöttlichen. Dieser Eros ist Christus, Gott aber die Urgottheit der Urschönheit. Nur zu Urania wage ich nicht zu beten, glaube ich doch, wie Blaise Pascal, nicht an den Gott der Philosophen, sondern an die Gottheit Abrahams, Isaaks und Jakobs. Der Apostel Jakobus schreibt allerdings in seiner Epistel von der himmlischen Weisheit, ganz im Gegensatz zur teuflischen, weltlichen und sinnlichen Weisheit. Dieser himmlische Weisheit bete ich zurecht an als die Urania Sophia. Die Kirchenväter sagten, Platon hätte seine Weisheit aus einer Offenbarung Gottes empfangen. Diese Urania ist Sophia, Sophia ist die Urania Sophia, die himmlische Weisheit des wahren lebendigen Gottes oder die göttliche Schönheit.
Mit der jüdischen Mystik der Kabbala soll sich keiner vor dem vierzigsten Lebensjahr beschäftigen. Im vierzigsten Lebensjahr begann ich, mich mit der Kabbala zu beschäftigen. Ich las im Buch Sohar, dem Grundwerk der Kabbala, und anderen Büchern über die Kabbala. Die Gottheit oder Das Eine, Ewige, Unendliche heißt En-Soph, es ist die unergründliche, verborgene Gottheit. Offenbart sich aber die Gottheit, so offenbart sie sich in zehn Qualitäten, den zehn Sephirot, gewissermaßen zehn Hypostasen der Selbstoffenbarung Gottes. Die zehn Sephirot bilden den Lebensbaum der Selbstoffenbarung Gottes. Im Lebensbaum existiert eine linke Seite, die weibliche, eine rechte Seite, die männliche, und eine mittlere Linie, die aus den Vereinigungen der männlichen und weiblichen Prinzipien entsteht. Die höchste Sephirot ist Kether, die Krone, sie ist gewissermaßen mit En-Soph eins. Dann kommen die männlichen und weiblichen Sephirot von Chochmah, Weisheit, und Binah, Verstand. Man kann auch sagen: Logos und Sophia. Paradoxerweise wird die Weisheit, Chochmah oder Sophia, männlich genannt und Vater; der Verstand, Binah oder Logos, aber weiblich und Mutter. Überhaupt scheint es paradox, die linke Seite des Zornes und des Gerichts der Weiblichkeit Gottes und die rechte Seite der Liebe der Männlichkeit Gottes zuzuordnen. Ich stimme der christlichen Feministin zu, die diese Bestimmungen vertauschte. So ergäbe sich bei feministischer Betrachtung die höchste Selbstoffenbarung Gottes als Mutter Weisheit und Vater Verstand, Mutter Sophia und Vater Logos. Auf einer weiteren Ebene erscheint die Gottheit als väterliche Strenge der Gerechtigkeit oder als Zorn und Gericht, andrerseits als weibliche Liebe, bedingungslose Liebe. Der väterliche Zorn Gottes über die Sünde und die mütterliche bedingungslose Liebe für die Sünder vereinigen sich zur Barmherzigkeit Gottes. Eine weitere Sephirot will ich betrachten, die Sephirot Chesed, das heißt Gnade. Gnade ist griechisch Charis. Wladimir Solowjew schrieb, Sophia ist gewissermaßen auch Charis, Pan-Charis, Allgnade. Charis ist bei Homer ein Name der Aphrodite oder auch des Zaubergürtels der Aphrodite, der Inbegriff des Liebreizes der Liebesgöttin. Charis heißt Wohlwollen, Freundlichkeit, Zuneigung, Schönheit, Charme, Anmut, Zauber, Liebreiz. Dies alles sind Wesenszüge des sich selbst offenbarenden Gottes. O göttliche Charis, ich bete dich an und bitte dich, teile mir mit das Charisma der Weisheit und Erkenntnis und teile mir mit das Charisma der Lehre und prophetischen Rede, Amen. In der Meditation über das Tao ist mir schon die Guan Yin als Göttin der Gnade begegnet, und hier ist der theologische Ort dieser buddhistischen Spekulation. Auch Maria als Mutter der Gnade spiegelt diesen Aspekt wieder. Die Gnade Gottes wird immer in weiblichen Bildern geschaut, als homerische Charis-Aphrodite oder als buddhistische Guan Yin oder als katholische Madonna des Erbarmens. Die Sephirot Chesed also, die Selbstoffenbarung Gottes als Gnade, ist eine weibliche Selbstoffenbarung der unerforschlichen Gottheit. Nun will ich noch die Sephirot Schechinah betrachten. Schechinah ist die unterste, der geschöpflichen Welt am nächsten stehendende Selbstoffenbarung Gottes. Schechinah ist die mütterliche Gegenwart Gottes in der Schöpfung oder die Immanenz Gottes. Auch der katholische Katechismus gibt der Immanenz Gottes den Mutternamen. Die Schechinah oder Gegenwart Gottes als mütterliche Selbstoffenbarung ist die Braut Adams im Paradies, die wahre Braut des Patriarchen Jakob, die Gegenwart Gottes vor Mose im Bundeszelt, die Braut und Ehegenossin Salomos und Gegenwart im Tempel Salomos, sie begleitete als Matrone das Volk Israel in die Verbannung und führte gewissermaßen als himmlische Zionistin das auserwählte Volk Gottes wieder heim ins Gelobte Land und führt die Jungfrau Israel dem Messias entgegen. Sie ist die Matrone Israels und die Braut des ewigen Königs. Die Vermählung der Königin Schechinah mit dem König des Himmels, Gott dem Herrn, wird mit dem Worten des Hohenliedes der Liebe gefeiert. Schechinah als Gegenwart Gottes in der Schöpfung ist aber auch Malkuth, die Mutter, das heißt das Himmelreich. Jesus predigte ja vor allem das Himmelreich, nämlich Malkuth, die Mutter. Malkuth ist wie eine Bäckerin, die Sauerteig unter den Teig mischt, wie eine Näherin, die Flicken auf ein Kleid näht, wie eine Keltertreterin, wie eine Bäuerin, die Samen sät, und wie eine Hausfrau, die die verlorene Drachme im Hause sucht, und wenn sie sie gefunden hat, so zeigt sie die wiedergefundene Drachme ihren Freundinnen und freut sich mit ihnen. Dies ist die weibliche Wirklichkeit des Himmelreichs, das Jesus verkündete, Malkuth, die Mutter, die die gleiche ist wie Schechinah, die Matrone, die Immanenz Gottes, die mütterliche Gegenwart der Gottheit in der Schöpfung.
        Jakob Böhmes Buch von der Gnadenwahl war neben Augustins Bekenntnissen, Dantes Komödie, Klopstocks Messias und der seligen Anna Katharina Emmerich Christusleben mein erstes christliches Buch, nur dass ich kein Wort verstand. Vierzehn Jahre später versuchte ich wieder, Böhmes Lehre von der Gnadenwahl zu verstehen, aber es blieb ein Buch mit sieben Siegeln, und wer kann die Siegel des Buches lösen? Christliche Feministinnen schrieben über Jakob Böhme und betrachteten sein Sophienbild. Ist Sophia für Böhme in der Dreifaltigkeit? Ich weiß es nicht. Denn Böhme schildert die Dreifaltigkeit als den zeugenden Vater, den gezeugten Sohn und die Zeugung im Geist. Dann betrachtet sich die göttliche Dreifaltigkeit in dem Spiegel der erstgeschaffenen Sophia. Der Vater ist der Urgrund der Gottheit, namenlos, unbegreiflich, unbeschreiblich, unfassbar. Es ist der Urgrund, der Abgrund, der grundlose Grund. (In der Gnosis heißt diese Urgottheit: Mutter des Schweigens.) Dieser grundlose Vater fasst sich selbst in der Gestalt des Sohnes oder des Wortes. Das bodenlose Schweigen gibt sich im Wort Fassung oder Gestalt. Die göttliche Beziehung zwischen dem Abgrund des Schweigens und dem Wort des Sohnes ist die Liebe, der Geist. Der Urabgrund des Vaters bringt sich durch die Liebe selbst im Wort hervor. Vielleicht kann man sagen: Der Vater ist der Mund, der Sohn ist das Wort, der Geist ist der Hauch. Der Mund spricht im Hauch das Wort aus. Die vollkommene Dreifaltigkeit als Vater, Sohn und Geist betrachtet sich dann in seiner göttlichen Einheit in dem Spiegel der Sophia. Hier ist Sophia bei Böhme nicht göttlich, beziehungsweise, selbst wenn man sie als vierte Person der Gottheit betrachten wollte, sind die drei göttlichen Personen Vater, Sohn und Geist göttlich-zeugende Personen, die Sophia aber als die vierte Person oder das erste Geschöpf ist reine Empfängnis, reines Abbild, reiner Spiegel. Es ist der weibliche Spiegel, in dem sich die Einheit von Vater, Sohn und Geist als Einheit beschaut. Andrerseits ist Sophia für Böhme offensichtlich doch in der Dreifaltigkeit, nämlich identisch mit der Person des Sohnes. Das Wort ist die Weisheit, die Weisheit ist das Wort. Jesus Christus ist die Jungfrau Sophia. Den Weg des Glaubens beschreibt Böhme wie die Kirche überhaupt als den Weg der christlichen Seele mit Christus, nämlich die christliche Seele ist die Braut, Christus der Bräutigam. Die Seele war im Urzustand, im Ur-Paradies eine ganzheitlich-vollkommene Seele, aber im Fall des Menschen wurde die Seele zu einem unvollkommenen Wesen. Die Brautschaft der christlichen Seele mit dem Bräutigam Christus stellt die Ganzheit wieder her oder das Heil. Die bloß-menschliche Braut vereinigt sich innerlich mit dem göttlichen Bräutigam und wird so zu einer gottmenschlichen Seele im Zustand des Heils. Anders als in der Kirche gewöhnlicherweise üblich, stellt Böhme diesen Heilsweg der Heilwerdung aber auch umgekehrt dar, da der gefallene Mensch seine Ganzheit verliert und seine gottmenschliche Vollkommenheit findet durch das bräutliche Verlöbnis mit der Jungfrau Sophia. Was der Christin der Bräutigam Christus ist, das ist dem Christen die Jungfrau Sophia, die Christsophia. Diese Christsophia geht ein Verlöbnis mit dem Christen ein und führt ihn den Weg der Buße und der Nachfolge bis zur vollkommenen Vereinigung. Was in der Apokalypse die Hochzeit des Lammes ist, das stellt sich bei Böhme dar als die Hochzeit im Paradies, die Hochzeit des Christen mit der göttlichen Jungfrau Sophia. So spricht Sophia selbst zu dem unorthodoxen Lutheraner Böhme: Im Paradies schenk ich dir mein Perllein, das heißt: Das mystische Verlöbnis mit der Jungfrau Sophia wird in der Ewigkeit, im Paradies des Himmels, als Ehe vollzogen. Das Perllein ist die eheliche Ganzhingabe der göttlichen Jungfrau, die gott-menschliche Vereinigung in der Ewigkeit, die mystische Hochzeit und Ehe der göttliche Jungfrau mit dem erlösten Christen.
        Wladimir Solowjew, der russisch-orthodoxe Religionsphilosoph, hatte eine persönliche Beziehung zur Hagia Sophia. Er sah die Ikone der göttlichen Weisheit, die Hagia Sophia von Nowgorod, und fragte: Wer bist du, Sophia? Die Hagia-Sophia-Kirchen Russlands sind auf Christus oder Maria geweiht, aber ist Sophia Christus? Ist Sophia Maria? Solowjew hatte Visionen von Sophia. In frühster Jugend hatte er zu wählen zwischen einem schönen neunjährigen Mädchen, schön wie Dantes Beatrice, die vor der Kirche stand, und der visionär geschauten Sophia, deren himmelblauen Mantel er sah. Seine alte Kinderamme half ihm, denn sie sagte über das hübsche irdische Mädchen: Sie ist ein dummes Ding. Solowjew entschied sich gegen die irdische Minne und für die himmlische Minne. Er studierte dann die Weisheit in der Bibliothek von London, und während er über den Büchern saß und studierte die Weisheit der Kirchenväter, die Lehren der Gnosis, die Theologie der Scholastik, die Philosophie des deutschen Idealismus, die Geheimlehren der Kabbala, die Theosophie Jakob Böhmes, die Predigten Meister Eckards, die erotische Philosophie Franz Baaders, während er also über all den dicken alten Büchern saß, erschien ihm die Hagia Sophia wieder und lächelte ihn an und offenbarte ihm ihr schönen Antlitz. Sie sprach zu ihm: Reise nach Ägypten, in der Wüste werde ich mich dir offenbaren. Und er reiste in die ägyptische Wüste und verbrachte eine Nacht allein in der Wüste, aber als der Morgen anbrach, sah er in einer Vision Sophia als die Herrlichkeit des Herrn, den Lichtglanz der Gloria Gottes, den Morgenglanz der Ewigkeit, die Morgenröte der Schöpfung, wie es im Hohenliede Salomos heißt: Wer ist sie, die heraufgeht wie die Morgenröte? Und es heißt im Kirchenlied: Morgenrot der Ewigkeit! Solowjew nannte Sophia seine geheime Freundin, seine mysteriöse oder mystische Freundin. Sie war ihm die verklärte Seele der Natur, die verklärte Weltseele, oder der Schutzengel des Kosmos. Von Gott dem Schöpfer gezeugt in Ewigkeit ist sie ausgegossen in die Schöpfung, als göttliche Weisheit die Schöpfung umzugestalten, zu verklären, die Schöpfung zu erlösen und zu heiligen, schließlich als vollendeten Kosmos heimzuführen in den Schoß des ewigen Vaters. Sophia ist Salvatrix Mundi, die Erlöserin der Welt! Solowjew beschreibt sie als das Göttlich-Feminine, gewissermaßen die Mitschöpferin Gottes, nämlich als die Idea des Herrn, das Nichts, aus dem der Schöpfer zeugend schuf, gewissermaßen ist Sapientia: Co-Creatrix ex nihilo!
        Hildegard von Bingen hab ich erforscht und ich fand, sie pries die Weisheit oder Sapientia in drei Gestalten: In der unbefleckten Jungfrau Maria, in dem Menschensohn Jesus Christus und in der Ecclesia. Die Weisheit der Jungfrau, die Weisheit des Menschensohnes und die Weisheit der Kirche ist die Eine göttliche Weisheit. Diese Weisheit ist aber gewissermaßen die Braut des Herrn. Sie ist die Weisheit, die identisch ist mit der Liebe: Sapientia est Caritas! Die göttliche Liebe ist die Braut des Herrn, dem Herrn vereinigt in heiliger Hochzeit, ruht sie im Ehebett Gottes! Diese Weisheit ist aber auch die Weisheit des Heiligen Geistes, der die Liebe ist, die Weisheit der Liebe, die den ganzen Kosmos durchdringt. In der Schrift ist der Geist die Dynamik, und die Wirkung der Dynamik ist die Energie. Es ist die göttliche Energie des Geistes der Liebe, die das All durchdringt und im Innersten zusammenhält. Es ist die heilende Energie im Edelstein, die heilende und nährende Energie in den Pflanzen, es ist die nährende Energie in den Tieren, es ist die Lebensvitalität in den Menschen, es ist das Feuer in den Sternen, es ist die Kraft der Engel, es ist die Seele des Kosmos, die kosmische Energie, wie man heute sagt. Ja, die kosmische Energie, aber die kosmische Energie ist eine Kraftwirkung der göttlichen Weisheit, der Weisheit des Heiligen Geistes. Diese göttliche Weisheit, diese Sapientia Divina, hat Hildegard in Visionen als eine göttlich-weibliche Person geschaut. Sie ist Sophia! Sie lebt!
        An diesem Karfreitag will ich das Verlöbnis mit dir erneuern, Hagia Sophia! Unser Trauspruch, göttliche Weisheit, ist dieses Wort der Heiligen Schrift: „Ich will mich mit dir verloben für alle Ewigkeit, ich will mich mit dir verloben in Gerechtigkeit und Recht, in Gnade und Barmherzigkeit. Ja, in Treue will ich mich mit dir verloben und du wirst den HERRN erkennen.“ (Hosea 2, 21.22)


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