CHINESISCHE
LYRIK
Nachdichtungen
von Peter Torstein Schwanke
Zum Vorwort:
Der Meister, dem alles
Leiden fremd war, so heilig war sein Geist, ward von einer
blühenden
Lotosjungfrau in die Welt des roten Staubes geboren. Er wanderte zum
Knochenberg, da das Rohholz auf ihn wartete. Da ward an ihm der Satz
„Das Leben
ist Leiden“ wahr. In jenem Augenblick ward er zum roten Pfirsich der
Unsterblichkeit. Aus ihm strömte Wein hervor. Der Meister aber
stieg auf einem
Gelben Kranich in den Himmlischen Garten auf, wo sein Licht die
Jadestadt
erleuchtet, die Phönixstadt am Ende der Milchstraße. Seine
Schüler gedenken
seines Leidens bei einem Körnchen Reis und einem Fingerhut voll
Wein, wenn sie
in der Einsamkeit das Tao hören. Mögen wir einswerden im Atem
des Lebens, durch
den Tao-Meister, mit dem Unendlich-Schöpferischen!
Shi Tuo-Tang.
AUS DEM BUCH
DER LIEDER
S H I - J I N
G
I
Guan,
Guan! die Vögel auf der Insel schrein,
So
wunderschön und keusch die Jungfrau fein,
Sie
wäre gute Braut dem lieben Herrn.
Da,
links und rechts, die Wasserpflanze lang,
Die
Jungfrau ist gemütvoll, leis und bang,
Der
liebe Herr sucht sie im Traume fern.
Der
Herr, den ganzen Tag vor Sehnsucht schmelzend,
So
lang die Nacht, so lang die Nacht sich wälzend!
Voll
Unruh schaut er auf zum Hirtenstern.
Da,
links und rechts, die Wasserpflanze lugend,
Gesittet
ist die Jungfrau, voller Tugend.
O
Harfe, seufz ihr in die Seele scheu!
Da,
links und rechts, die Wasserpflanze lugend,
Anständig
ist die Jungfrau, voller Tugend.
O
goldnes Glockenspiel, ihr Herz erfreu!
II
Wie
breitet sich die Pflanze schlingend,
Die
Blätter üppig überschäumen.
Es
kommt der Gelbe Vogel singend,
Die
Vögel sammeln auf den Bäumen
Gesellig
zwitschernd sich im Tal,
In
dichten Kronen ohne Zahl.
Schlingpflanze,
weit bist du geflochten,
Viel
Blätter grün und schimmernd scheinen,
Die
wir geschnitten, die wir kochten
Zu
grobem Leinen, feinem Leinen.
Im
Tale tragen wir im Stillen
Das
Leinen ohne Widerwillen.
Ich
sag der Meisterin, ich sag,
Ich
kehr zurück; ich werde waschen
Das
Unterkleid am nächsten Tag
Und
oberen Gewandes Maschen.
Ich
kehr zurück, um Gottes Frieden
Vater
und Mutter zu entbieten.
III
Ich
pflücke das grüne Mausohr, oh, oh,
Es
füllt nicht den Weidenkorb, den schrägen.
(Ich
seufze nach deiner Liebe Segen.)
Ich
setzt ihn dort auf die Straße von Zhou.
Ich
steig auf die Anhöhen, auf die schroffen,
Alle
meine Pferde ermüden.
Ausschenk
ich Reiswein aus dem Süden.
(Ach,
dächt ich an ihn nicht, ewig betroffen...)
Ich
steig auf den Felsen, die Pferde sind lahm.
Der
Kutscher ist krank, der arme Knecht.
Betrübt,
betrübt bin ich mehr als recht.
(Ich
sehe nicht meinen Bräutigam.)
IV
Im
Süden hängen Zweige von den Bäumen,
Bohne
und Kletterwein umranken sie.
Froh
sei der Herr,
Glück
möge ihn befriedigen, und wie!
Im
Süden hängen Zweige von den Bäumen,
Bohne
und Kletterwein bedecken sie.
Froh
sei der Herr,
Glück
mög ihm eine Stütze sein, und wie!
Im
Süden hängen Zweige von den Bäumen,
Bohne
und Kletterwein umgeben sie.
Froh
sei der Herr,
Glück
mach ihn zum Vollkommenen, und wie!
V
Heuschreckenflügel
massenhaft, einträchtig,
Oh,
deine Söhne mögen zahlreich sein!
Heuschreckenflügel,
volle Schwärme prächtig,
Oh,
deine Söhne sollen viele sein!
Heuschreckenflügel
zahlreich, fast verdächtig,
Oh,
deine Söhne sollen ewig sein!
VI
Der
Pfirsichbaum ist zart und schön,
Hell
leuchtend ist das Blütenkleid.
Ich
hab die junge Braut gesehn
Im
Haus des Bräutigams,
Sie
macht den Haushalt sich bereit.
Der
Pfirsichbaum ist zart und schön,
Und
frisch die Früchte sind zum Essen.
Ich
hab die junge Braut gesehn
Im
Haus des Bräutigams,
Sie
macht den Haushalt angemessen.
Der
Pfirsichbaum ist zart und schön,
Und
üppig reich die Blätter sind.
Ich
hab die junge Braut gesehn
Im
Haus des Bräutigams,
Sie
unterwies schon ihr Gesind.
VII
Man
schlägt fürs Hasennetz die Pflöcke ein,
Und
peng-peng schallt das Klopfen laut darein.
Dem
Herzog ist der Krieger ein Beschützer.
Man
schlägt fürs Hasennetz die Pflöcke ein,
Die
Wagenspuren kreuzen sich beim Hain.
Dem
Herzog ist der Krieger ein Gefährte.
Man
schlägt fürs Hasennetz die Pflöcke ein,
Es
soll ja mitten in dem Walde sein.
Dem
Herzog ist der Krieger ein Vertrauter.
VIII
Rupfen
wir den Wegerich,
Ja,
dann rupfen wir ihn dort.
Rupfen
wir den Wegerich,
Ja,
dann fassen wir ihn dort.
Rupfen
wir den Wegerich,
Ja,
dann pflücken wir ihn dort.
Rupfen
wir den Wegerich,
Ja,
dann sammeln wir ihn dort.
Rupfen
wir den Wegerich,
Tun
wir ihn in eine Decke.
Rupfen
wir den Wegerich,
Stecken
wir ihn in die Röcke.
IX
Im
Süden gibt es hohe Bäume,
Man
kann darunter nimmer rasten.
Am
Han-Fluß Mädchen gehn wie Träume,
Man
kann sie küssen nicht und tasten.
Han-Fluß:
Hinüberwaten
bringt Gefahren.
Jiang-Strom:
Wer
kann ihn mit dem Floß befahren?
Gestapelt
ist das Holz des Stamms,
Wir
schneiden Dornen von der Erde.
Geh,
Braut, ins Haus des Bräutigams,
Wir
füttern dir die edlen Pferde.
Han-Fluß:
Hinüberwaten
bringt Gefahren.
Jiang-Strom:
Wer
kann ihn mit dem Floß befahren?
Gestapelt
ist das Holz des Stamms,
Schafgarbe
gehen wir zu holen.
Geh,
Braut, ins Haus des Bräutigams,
Wir
füttern dir die edlen Fohlen.
Han-Fluß:
Hinüberwaten
bringt Gefahren.
Jiang-Strom:
Wer
kann ihn mit dem Floß befahren?
X
Ich
gehe die Böschung des Ru-Flusses lang,
Ich
schneide dir Zweige und Ruten.
Da
ich nach dem Bräutigam so sehr verlang,
Da
muß mir die Seele verbluten!
Ich
gehe die Böschung des Ru-Flusses gern,
Ich
schneide die Zweige und Triebe.
Wie,
wenn ich den Bräutigam sehe, den Herrn,
Der
Liebste verschmäht meine Liebe?
Dem
Karpfen vor Bangen verblutet der Schwanz,
Des
Königs Gemach geht zugrunde.
Und
dennoch sind Vater und Mutter mir ganz
Nah
diese entscheidende Stunde.
XI
Einhornhufe...
Herzogssohn,
gebietend Ehrfurcht...
Wehe,
Einhorn!
Einhornscheitel...
Herzogsstamm,
gebietend Ehrfurcht...
Wehe,
Einhorn!
Einhornstirne...
Herzogssohn,
gebietend Ehrfurcht...
Wehe,
Einhorn!
XII
Die
Elster hat ihr Nest gebaut,
Die
Turteltaube wohnt darin.
Zum
Herrn ins Zimmer geht die Braut,
Die
Wagen ihr entgegen ziehn.
Die
Elster hat ihr Nest gebaut,
Die
Turteltaube sitzt da heiter.
Zum
Herrn ins Zimmer geht die Braut,
Einhundert
Wagen sind Begleiter.
Die
Elster hat ihr Nest gebaut,
Die
Turteltaube ruht drin hold.
Zum
Herrn ins Zimmer geht die Braut,
Man
bringt die Seide und das Gold.
XIII
Wo
sammelt sie die Beifußblätter?
Auf
Stromes Inseln und an Teichen.
Und
wo gebraucht sie ihn? Bei Opfern
In
Herzog- und in Fürstenreichen.
Wo
sammelt sie die Beifußblätter?
Im
Tal des Stromes bei den Bäumen.
Und
wo gebraucht sie sie? Im Herzogs-
Palast
in Seidenraupenräumen.
Das
Kleid ist reich verziert, und frühe
Und
spät kniet sie vorm Herzog nieder.
Der
Kopfputz ist verziert, und später
Die
Jungfrau kehrt nach Hause wieder.
XIV
Im
Grase schwirrn Insektenflügel,
Heuschrecken
hüpfen auf dem Hügel.
Ich
hab den Herrn noch nicht gesehn,
Darum
im Herz mir Trauer quillt.
Doch
habe ich den Herrn gesehn,
Da
wird mein armes Herz gestillt.
Den
Südberg habe ich bestiegen,
Den
Adlerfarn seh ich sich biegen.
Ich
hab den Herrn noch nicht gesehn,
Vor
Trübsal ist mein Herz verrückt.
Doch
habe ich den Herrn gesehn,
Dann
ist mein armes Herz entzückt.
Den
Südberg habe ich bestiegen,
Ich
seh die weiße Wicke fliegen.
Ich
hab den Herrn noch nicht gesehn,
Mein
Herz ist darum voller Trauer.
Doch
habe ich den Herrn gesehn,
Dann
kommt mich an ein Freudenschauer.
XV
Wo
sammelt sie den grünen Kleefarn?
Im
Stromtal südlich tut der sprießen.
Wo
sammelt sie die grünen Algen?
An
jenen Bächen, welche fließen.
Wo
füllt sie alles das hinein?
In
Weidenkörbe hoch und rund.
Und
worin kocht sie alles das?
In
Dreifußkesseln Viertelstund.
Wo
bringt sie alles das zum Opfer?
Vorm
Fenster in dem Ahnenraum.
Wer
übt die Aufsicht aus? Ein Mädchen,
Ehrfürchtig,
jung und schön wie Traum.
XVI
Den
süßen Birnbaum zier,
Zerhack
und fäll ihn nicht,
Graf
Schao, er döste hier.
Den
süßen Birnbaum zier,
Du
richt ihn nicht zugrund,
Graf
Schao, er ruhte hier.
Den
süßen Birnbaum zier,
Zerhack
und knick ihn nicht,
Graf
Schao, er träumte hier.
XVII
Funkelnd
und feucht ist der Tau auf der Straße,
Ist
es nicht abends und frühmorgens so?
Immer
ist funkelnder Tau auf der Straße...
Wer
sagt, der Sperling habe keinen Schnabel?
Wie
kann er meine Zimmerwand durchbohren?
Wer
sagt, du seiest ohne reiche Eltern?
Wie
hab ich den Prozeß denn dann verloren?
Wer
sagt, die Ratte habe keine Zähne?
Wie
kann sie meine Zimmerwand durchdringen?
Wer
sagt, du seiest ohne reiche Eltern?
Wie
würde sonst mich auch ein Richter zwingen?
XVIII
Auf
dem Lammfell ungefärbte Seide,
Zwanzigfädige
Litzen.
Artig
ziehn sie sich vom Hof zurück,
Um
beim Essen zu sitzen.
Auf
dem Lammfell ungefärbte Seide,
Achtzigfädige
Litzen.
Artig
ziehn sie sich zum Mahl zurück,
Wo
gehorsam sie sitzen.
XIX
Wildes
Donnergrollen nun,
An
des Südbergs Sonnenseite.
Warum
zogst du in die Weite,
Ohne
etwas auszuruhn?
Herr!
voll Ehrfurcht fall ich nieder:
Kehre
wieder, kehre wieder!
Donnergrollen
laut und wild
An
des Südbergs Sonnenhang.
Warum
gingest du so lang
Ohne
Rast durch das Gefild?
Herr!
voll Ehrfurcht fall ich nieder:
Kehre wieder, kehre wieder!
Laute
Donnerstürme heulen
An
dem Fuß des Südbergs dort.
Warum
gingst du so weit fort,
Ohne
ruhend zu verweilen?
Herr!
voll Ehrfurcht fall ich nieder:
Kehre wieder, kehre wieder!
XX
Man
schüttelt und rüttelt den Pflaumenbaum,
Der
Früchte sind sieben.
Es
suchen verschiedene Herren mich,
Sie
sollen mich lieben!
Man
schüttelt und rüttelt den Pflaumenbaum,
Der
Früchte sind drei.
Es
suchen verschiedene Herren mich,
Und
ich bin noch frei!
Man
schüttelt und rüttelt den Pflaumenbaum,
Die
Frucht kann ich zählen.
Es
suchen verschiedene Herren mich,
Mög
einer mich wählen!
XXI
Winzig
leuchten kleine Sterne,
Dreigestirn
und Fünfgestirn.
Huschen
durch das Dunkel gerne.
Früh
und spät uns unerreichbar,
Unser
Schicksal nicht vergleichbar.
Winzig
leuchten kleine Sterne,
Der
Orion, die Plejaden.
Huschen
durch das Dunkel gerne.
Wandern
gehen Bett und Hemd,
Unser
Schicksal bleibt uns fremd.
XXII
Nebenarme
hat der Strom.
Sie
zog zu dem Bräutigam.
Uns
nahm sie nicht mit, uns Leute,
Was
sie später sehr bereute.
Kleine
Inseln hat der Strom.
Sie
zog zu dem Bräutigam.
Sie
wollt uns nicht Wohnung geben,
Später
mußt sie mit uns leben.
Nebenflüsse
hat der Strom.
Sie
zog zu dem Bräutigam.
Doch
sie mag uns nicht, ich sage,
Jetzt
singt leis sie Frauenklage.
XXIII
Im
Ödland ist ein Wasserreh,
Und
weißes Schilf beflockt es.
Ein
Mädchen spürt das Frühlingsweh,
Ein
strammer Bursche lockt es.
Im
Ödland ist die Hirschkuh tot,
Da
stehen Sträucher grade.
Sie
bindet weißes Schilf, und rot
Das
Mädchen ist wie Jade.
Gemächlich
und bequem genug,
Zerr
nicht an meinem Schürzentuch,
Nicht
bellen laß den Chow-chow-Hund!
XXIV
Wie
groß des Kirschbaums Blüten!
Wir
sollen Ehre bieten
Und
freundlich grüßen sie,
Die
Königstochter Ji!
Die
Pfirsichbäume blühn!
Von
Ping die Enkelin,
Es
freit die schöne Ji
Der
Fürstensohn von Qi!
Wie
angelt man die Eine?
Von
Seide ist die Leine.
Es
freit die schöne Ji
Der
Fürstensohn von Qi!
XXV
Komm
nicht ins Haus rein, Jüngling, bitte!
Du,
brich nicht meinen Weidenzweig!
O
wie ich litte!
Was
würden meine Eltern sagen?
Ich
liebe dich! ich kanns nicht tragen.
Wie
wird mir gleich?
Komm
nicht den Wall hoch, Jüngling, bitte!
Du,
brich nicht meinen Maulbeerzweig!
O
wie ich litte!
Was würden meine Brüder sagen?
Ich liebe dich! ich kanns nicht tragen.
Wie
wird mir gleich?
Bleib
vor dem Tore, Jüngling, bitte!
Du, brich nicht meinen Sandelzweig!
O wie ich litte!
Was
würden all die Leute sagen?
Ich liebe dich! ich kanns nicht tragen.
Wie
wird mir gleich?
XXVI
Fort
muß ich nun,
Die
Arbeit tun.
Ich
denk heut ja
An
Jungfrau K.
Im
Maulbeerhain
Geb
ich mein Herz.
Verheißen
ist: sie kommt allein
Zu
Gruß und Kuß und Liebesscherz,
Die
Jungfrau K.
Fort
muß ich nun,
Die
Arbeit tun.
Heut
bin ich nah
Der
Jungfrau K.
Im
Maulbeerhain
Geb
ich mein Herz.
Verheißen
ist: sie kommt allein
Zu
Gruß und Kuß und Liebesscherz,
Die
Jungfrau K.
Fort
muß ich nun,
Die
Arbeit tun.
Heut
seufz ich weh
Nach
Jungfrau B.
Im
Maulbeerhain
Geb
ich mein Herz.
Verheißen
ist: sie kommt allein
Zu
Gruß und Kuß und Liebesscherz,
Die
Jungfrau Z.
XXVII
Wo
wolkige Schönheiten wandeln den Weg,
Durch
Tore des Ostens ich wanderte weit.
Wie
Wolken die Antlitze waren sanft reg,
Die
Unruhe war meiner Seele ein Leid.
Doch
Eine in Wildseide, bläulichem Tuch,
Sie
gibt mir von Freude und Wonne genug!
Beim
Vorhang-Turm schritt ich in lenzlichem Frieden,
Wie
blühende Binsen die Mädchen erblüht.
Und
wenn sie auch rangen mit Binsengrasblüten,
Die
Schönheiten schwanden aus meinem Gemüt.
Demütig
in Seide und keuschester Gaze
Erfüllt
Sie das Herz mir mit süßer Extase!
T S A O
P I
(187-226 n.Chr.)
BEIM TODE DES VATERS
(nach der Weise tuan)
Ich
seh nach oben, seh des Vorhangs Falten,
Ich
seh nach unten, sehe Tisch und Teppich.
Es
sind die Dinge so wie bei den Alten,
Der
Mensch ist fort, er ruht nun unterm Eppich.
Sein
Geist verließ mich (voller Gottvertrauen),
In
ferne Welten zog sein Geist vonhinnen.
Auf
wessen Wort kann ich mein Leben bauen?...
Ach,
unaufhörlich Trauertränen rinnen.
Yu-yu!
die Hirsche röhren hell und klar,
Beim
Grasen rufen sie nach ihren Jungen.
Pien-pien!
so singt beschwingt die Vogelschar,
Die
Brut mit ihren Schwingen überschwungen.
Nun
bin ich ganz allein, verwaist und leer,
Vielfältig-üblen
Kummer muß ich hegen.
Mein
Herz aus Traurigkeit, es leidet sehr.
Ach,
wer kann mich verstehen (mir zum Segen)?
Bei
meinem Volk geht um das kluge Wort:
Der
Kummer macht, das Leid macht Menschen alt.
Mein
schönes schwarzes Haar, wie schnell wars fort,
Mein
weißes Haar, wie wuchs es mir so bald!
Lang
seufze ich, stets klag ich todesbang,
Gedenke
meines lieben Vaters Art.
Man
sagt, der gute Mensch, er lebe lang,-
Was
hast du dir das Leben nicht bewahrt?
SEGEN VOM HIMMEL
(nach der Weise chiu-hu)
Yao
bestellte Shun und Yü,
Wem
soll das zu Diensten sein?
Wunderpferd
und Einhorn, hü,
Und
der Phönix kommen rein.
Friede
- Menschen zu gewinnen,
Unheil
- Menschen, die verloren.
Gott
erblickt das Herz von innen,
Schwierig
ist das für die Toren.
Ich
sings nach der Weise Yao's:
Treu
und Glauben breite aus.
Sieh
die Schlacht bei Ming-Tiao an:
Herrschers
Heerschar unversehrt.
Engel,
Heilige, Ahn an Ahn,
Himmelssegen
niederfährt.
DIE SCHÖNE KAM NICHT
(nach der Weise chiu-hu)
Sie
wollte kommen mit dem Morgenstern,
Doch
auch zur Abendzeit war sie noch fern.
Mir
schmeckte nicht, was meine Magd mir buk,
Und
ungeküsst der Reiswein blieb im Krug.
Die
Botschaft geb ich mit dem Vogelheer:
Das
lange Warten, ich ertrags nicht mehr!
Ich
beug mich nieder, breche Orchideen,
Ich
heb mein Haupt und binde Kassia schön;
Doch
meine Schöne hab ich nicht gefunden,
Wozu
hab ich dann diesen Strauß gebunden?
O
du, ich folge dir für hundert Lenze,
Und
sei's bis an des Ozeanes Grenze!
Der
Meergott wird dir meine Botschaft sagen
Und
eine lichte Perle zu dir tragen.
Mein
Blick ist bis zum Horizont geschossen,
Ich
bleibe stehn, verweile unentschlossen:
Die
Schöne kam zu mir nicht in den Garten:
Wo
fang ich sie? wo kann ich auf sie warten?
MEINE SCHÖNE
(nach der Weise chiu-hu)
Der
See vor vielem Himmel blaut,
Die
Wasserlinsen schweben, fliegen,
Sie
haben sich der Flut vertraut,
Die
sich dem Winde folgsam biegen.
Die
Blumen linde Düfte hüten,
Die
Knospen glänzen an der Furt.
Des
Morgens pflücke ich die Blüten,
Steck
Abends sie an meinen Gurt.
Ich
pflück sie. Aber wem sie schenken?
Wo
ist die Frau, die all mein Sehnen?
Des
Fischpaars Blicke sich versenken,
Die
Enten aneinander lehnen.
Da
gibt es eine Wunderschöne,
Wie
licht der Augen Feuerschein!
Sie
singt so schön der Lieder Töne,
Wie
fein ist ihr Gesang, wie rein!
DEN BERG BESTEIGEND
(Nach der Weise
"Wahrlich gut")
Ich
steige auf und sammle Wickensamen,
Ich
leide Hunger, dunkel wird es leider.
In
tiefe Schluchten wilde Stürme kamen,
Voll
Reif und Tau sind meine armen Kleider.
Ob
ich noch die Fasanensprache lerne?
Ich
höre die mir fremden Affen schreien.
Ich
schaue nach der Heimat in die Ferne,
Die
Berge türmen sich in langen Reihen.
Die
hohen Berge haben steile Schroffen,
Des
Waldes Bäume haben ihre Zweige.
Warum
so viele Trauertränen troffen -
Wenn
du es mir nicht sagen kannst, so schweige.
Das
Leben ist ein flüchtiges Gesicht,
Was
solls, sich um Vergänglichkeit zu grämen?
Freu
ich mich meines innern Lebens nicht,
Dann
wird der Tod die Jahre zu sich nehmen.
Shang-shang!
ein Lied des Stromes Welle trägt,
Drauf
treibt allein ein heimatloses Boot,
Bis
es die Welle an das Ufer legt.
So
ist des Fremdlings Wanderschaft und Not.
Ich
treib mein Pferd an unter leisen Klagen,
Mein
leichtes Pelzwerk schwere Tränen nässen.
Ich
will nun galoppieren, will nun jagen,
Um
eine Zeit den Kummer zu bergessen.
ACH MEINE SCHÖNE
(nach der Weise
"Wahrlich gut")
Es
gab eine Schöne, das Herz mir beglückend,
Wie
süß sah sie aus um den leuchtenden Blick!
So
schön war ihr Leib, und ihr Lächeln entzückend,
Sie
gab meinem Herzen ein inneres Glück.
Sie
kannte die Töne und jegliche Weise,
Die
Kunst des Gesangs trug sie tief im Gemüte,
Sie
strich ihre Saiten geheimnisvoll leise,
Ihr
Atem so süß wie die rosigste Blüte.
Beim
fröhlichen oder beim traurigen Chor,
Da
traf sie genau die melodischen Töne.
Ihr
Singen berührte mein herz und mein Ohr,
Ach,
kaum zu vergessen ist mir ihre Schöne!
Ein
einsamer Vogel sucht Ruhe am Abend
Auf
schimmernder Flußinsel zwischen den Gerten,
Er
streckt seinen Hals, sich am Himmel erlabend,
Wehklagend
erklingt er und harrt des Gefährten.
Ich
schaue zum Vogel voll Sehnsucht und Leiden,
Von
Herzen die Tränen das Antlitz mir nässen.
Ach
sagt mir, ihr Menschen vergangener Zeiten,
Wie
habt ihr vorzeiten den Kummer vergessen?
WARUM WORTE MACHEN?
(nach der Weise "Rotes
Gewölk verschleiert die Sonne")
Ein
rotes Gewölke die Sonne verschleiert,
Am
Himmel ein farbiger Lichtbogen feiert.
Im
irdischen Tal stürzt die Wasserflut schwer,
Die
Eichblätter fallen und wirbeln umher.
Der
Mond hat die Fülle, doch bald ist er leer.
Die
Blume blüht einmal, dann ist sie nicht mehr.
Ach
wenn das so ist, so an jeglichem Orte,
Was
soll ich dann fortplappern Worte um Worte?
DIE ANGELRUTE
(ein ku-tzu)
Den
Huanghe überqueren seine Pfade,
Bald
kommt er an des Ozeans Gestade.
Die
Angelrute wippt wie Mädchentänze,
Da
tänzeln um den Wurm der Fische Schwänze.
So,
ihr wollt angeln? mögt mich leiden? Nun,
Was
wollt ihr dann mit eurem Köder tun?
IN DEN BERGEN
(nach der Weise
"Fünfzehn")
Vom
Gipfel aus die Ferne zu betrachten,
Auch
in den Schluchten gibts viel zu beachten.
Eintausend
Fuß hoch Zedern, weite Reihen,
Zehntausend
Gräser, üppiges Gedeihen.
Die
Blütenvielfalt mir mein Auge blendet,
Der
Farbenpracht Beschreibung nimmer endet.
Fasane
rufen, Goldfasane schön,
Ein
Tiger faucht, der Wind fängt an zu wehn.
Es
tritt ein grimmer Braunbär auf die Szene,
Wild
äugt er zu mir, fletscht dabei die Zähne.
VEREINIGUNG
(nach der Weise "Wilder
Tiger")
Mit
dir mich zu verbinden,
Mir
neue Freude heißt.
Wir
trauen uns und finden
Und
eins in Herz und Geist.
Ich
gehe liebentlang
In
meines Fürsten Reihen.
Aufstieg
und Niedergang,
Wer
kann es prophezeien?
Holzölbaum,
zieh die Schwingen
Des
Phönix an mit Schwung.
Wolke
und Regen schwingen
Sich
zu dem Teiche Hung.
LEIERSPIEL
(nach der Weise
"Wahrlich gut")
Des
Morgens auf dem Turme freudenreich,
Des
Abends tafelnd an dem Blumenteich.
Der
Obermundschenk reicht mir süßen Wein,
Die
Jäger bringen leckre Vögel fein.
Die
Morgentänze tanzen Frazuen. Chin-
Gitarren
spielen Abendmelodien.
Von
Süden kam ein Gast zu meiner Feier,
Er
spielt für mich die rein gestimmte Leier.
Fünf
Töne klingen einig mannigfalten,
Er
zupft die Leier lieblich und verhalten.
Die
Fische lauschend auf den Wellen blieben,
Sie
tauchen auf und nieder nach Belieben.
Die
Vögel ziehen flatternd ihre Kreise,
Sie
sammeln sich im Hain und klagen leise.
Ist
Freude auf dem Gipfel, kommt der Schmerz.
Durchdringend
bricht die Muse mir das Herz!
Die
Tonart ist so herrlich, hell und wach,
Was
nützt sie, ist des Herrschers Tugend schwach?
Groß
ist das Wort: Die Saiten mögen schweigen,
Ich
will mich erst der Psalmen würdig zeigen.
GOTTES DAO
(nach der Weise
"Weidenzweige
brechen")
Westberg,
wie hoch hast du dich aufgeschwungen?
So
hoch und höher, ragend in das Licht!
Und
droben sind zwei engelgleiche Zungen,
Sie
trinken keinen Wein und essen nicht.
Sie
gaben mir des ewigen Lebens Pille:
Es
schlummerte so licht in linder Stille.
Ich
nahm die Medizin, in sieben Tagen
Da
wuchsen meinem Körper Kranichflügel.
Man
sah mich mit den Morgenwolken jagen,
Ich
fleuchte weithin über alle Hügel.
Vier
Ozeane hab ich angeschaut,
Doch
weit und breit war nichts, das mir vertraut.
Ging
Peng-tsu nicht nach siebenhundert Jahren,
Hab
ich vom Dao das gleiche Los bekommen?
Lao-tse
begab sich zu den Jung-Barbaren,
Bis
jetzt ist er noch nicht zurückgekommen.
Wang-chao
sprach hohle Phrasen sehr euphorisch,
Chih-sung
nur leere Worte metaphorisch.
Der
Weise unterscheidet Lug und Wahrheit,
Der
Tor liebt Unsinnsfabelei des Drachen.
Bedenk
ich die Vergangenheit in Klarheit,
Find
ich Verwirrung, unklar tausend Sachen.
Soviel
verschiedne Weisheit dieser Erde.
-
O, Gottes Dao ists, das ich schauen werde!
DIE HIMMELSSCHWÄNE
(nach der Weise
"Hinabschaun vom Turm")
Ich
schau vom Turme mit Gefühl,
Durchs
Fenster, der ich mich so sehne.
Tief
ein Gewässer, klar und kühl,
Und
leuchtend weiße Himmelsschwäne.
Auf
denn! Als Diener bin ich treu!
Ich
wünsch dem Herrn, der Majestät,
Daß
tausend Jahre immerneu
Es
seinem Geiste wohlergeht!
AUF DEM SÜDBERG
(nach der Weise
"Maulbeerbäume auf dem Feld")
Man
sah mich aus der Heimat eilen,
Ich
trennte mich von meiner Sphäre,
Zog
in die Ferne mit dem Heere,
Ein
Fremdling, auf zehntausend Meilen.
Die
Dornensträucher ich zerteil,
Ich
such mir meine Wege heiter,
Auf
Zehenspitzen eil ich weiter,
Mein
Pfad gewunden ist und steil.
Die
Leoparden schrecklich blieben,
Die
wilden Hühner schrecken auf,
Sieh
wie sie auseinander stieben
Und
schreien irr im wirren Lauf.
Ich
steige auf den Südberg: Irrnis!
Der
Bäume üppig-dichte Wirrnis!
Ich
ruhe unter Beifußpflanzen
Und
ragenden Zypressenlanzen.
Die
Tränen nässen mein Gesicht.
Gefährten,
Freunde hab ich keine,
Ich
bin die ganze Zeit alleine,
Ach,
keine Freude fühl ich nicht.
FREU DICH!
(nach der Weise
"Beifuß
auf der Mauer")
Es
blühet und gedeiht im Lenze lind,
Die
Bäume duften, und die Kräuter würzen.
Im
Herbste steigt dann auf ein wilder Wind,
Das
faule Obst, die gelben Blätter stürzen.
Vereinsamt
steh ich da, ach wie allein!
Vier
Jahre war ich, da man mich verstieß,
Nun
leb ich arm auf einem kargen Stein,
Was
soll ich tun? (Wo ist das Paradies?)
Ganz
unfreiwillig wird der Mensch geboren
Und
lebt so zwischen Staub und Himmelreich,
So
wie ein Vögelein, das traumverloren
Sich
bettet wie ein Hauch in Blüten weich.
Gönn
dir Gewänder prächtig, bist du arm,
Sei
unbekümmert, leg dich auf den Pfühl.
Im
Winter hülle dich in Zobel warm,
Im
Sommer dich in Gaze leicht und kühl.
Ich
wandle nur in Mühen und in Plagen.
Solang
du kräftig bist, solang du jung,
Willst
du nicht fahren einen Pferdewagen
Und
Pferde treiben mit der Peitsche Schwung?
Ja,
oben ist der lichte süße Himmel,
Kaum
werd ich ihn noch lang mit Augen sehn.
Da
unten ist der Erde Wurmgewimmel,
Kaum
werde ich noch lange darauf gehn.
Was
freust du dich nicht? Lust erfüll dein Herz!
Ergib
der Wonne dich, das ist zu loben!
Und
gürt dich mit der Schärfe deines Schwerts,
Die
Klinge fahren laß von selbst nach oben.
Wie
herrlich doch und groß, schneeweiß der Schliff,
Der
Knauf gezeichnet von Rhinozeros,
Hellgrüne
Steine schmücken seinen Griff,
Das
Schwert ist würdig eines Kaisers groß.
Pi-lü
aus dem Lande Wu,
Pu-kuang
aus dem Lande Yüeh,
Lung-chüan
aus dem Lande Chu,
Mo-yang
aus dem Lande Han,
Felsenerz
vom Berge Miao,
Blanker
Edelstahl von Yang-tou.
Die
Alten rühmten ihren hohen Wert,
Bezeugten
ihre Schönheit ihre Pracht;
Jedoch
da war noch unbekannt dein Schwert,
Des
Pracht nie hinsinkt in Vergessens Nacht.
Dein
Hut ragt hoch, wie hoch der Himmel reicht,
Aus
dünnster Seide seine Bände waren,
Eisvogelfederschmuck,
ganz herrlich leicht,
Das
Auge lenkt auf Antlitz und Gebaren.
Chang-fu
im Lande Sung von Edelstein,
Aus
Chi die hohen Mützen auserlesen:
Sie
meinten ebenfalls, voll Pracht zu sein;
Nun,
wären sie des Blickes wert gewesen?
Wir
werden durch die goldnen Tore schweben
Und
treten in das Jade-Vestibül,
Da
roter Staub und Sturm sich nicht erheben,
Die
Lüfte düften frisch und klar und kühl.
Man
möge auf der Huan-Harfe spielen
Und
tanzen lassen Chao-Mädchen jung!
Es
singe Nü Gesänge von Gefühlen,
Ou
trifft genau die Töne Kang und Kung.
Das
Lied der Seele auf die Freude stimmt,
Inwendig
macht es das Gefühl uns frisch.
WSir
schenken Wein ein, süß gewürzt mit Zimt,
Zerschneiden
Karpfen, Brasse, Petersfisch.
Mit
schönen Frauen feiern wir, die Zecher,
Wir
wollen uns erfreuen an dem Wein.
Bedient
uns, Mädchen, reicht die Jadebecher,
Die
Freuden sollen unvergeßlich sein!
Noch
ist da Freude. - Aber du, werd klug:
Sich
zu vergnügen, ist zu kurz die Zeit,
Die
Monde und die Jahre fliehn im Flug,
Was
soll uns Gram und Traurigkeit und Leid?
IN LIYANG GESCHRIEBEN I
Ganz
früh verlassen wir die Ortschaft Yeh,
Am
Abend ruhen wir am Han-ling-Hügel.
Der
Weg ist schlammig von verschmutztem Schnee,
Erschöpfte
Leute reißen sich am Zügel,
Sie
treiben peitschend an wie eh und je,
Die
Haare naß, gekämmt von Windes Flügel.
Folgsam
verließ ich den Palast (ein Lamm),
Doch
warum muß ich nun durch diesen Schlamm?
Der
König Wu von Chou, ein starker Held,
Er
hatte Herzog Tau an seiner Seit.
Er
nahm die Seelentafel, zog ins Feld,
Erlöste
all das Volk aus Not und Leid.
Beistand
ward ihm zuteil vom Himmelzelt,
Hilfe
des Himmelreichs zu jener Zeit.
Was
für ein Mensch bin ich? Werd ich nicht steuern
Am
Ende meinen wirren Abenteuern?
IN LIYANG GESCHRIEBEN II
Es
kracht und rollt der Donner wild verwegen,
Und
trübsalgrau fällt nieder langer Regen.
Ich
gehe mal zu Fuß, fahr mal im Wagen,
Ich
muß mich durch die schwerste Mühsal tragen.
Am
Yüan-Fluß die Wege der Verlornen
Durchs
wirre Dickicht gehn, wir schneiden Dornen.
Morast
und Wasserlachen, überschwungen
Von
feuchtem Wind, nun werden sie bezwungen.
Mich
Ächzen und mit Knirschen Wagen bebend,
Bald
tief versinkend, bald sich wieder hebend;
Fuhrleute
schrein und schimpfen, Fluch im Mund,
Bald
fallen sie, bald liegen sie am Grund,
Bedeckt
mit Schlamm, dem Regen ausgesetzt,
Das
Hemd ist naß, die Hose ist zerfetzt.
IN LIYANG GESCHRIEBEN III
O,
tausend Reiter wogen wild im Wind,
Zehntausend
Reiter majestätisch sind.
Die
Glocken und die Trommeln lassen beben
Himmel
und Erde und der Menschen Leben.
Da
gibt es Schilde, Schwerter, Äxte und
Yakschweifstandarten
regenbogenbunt.
Die
Banner glühen wie der Morgenstern.
Ich
denke an die Tugend meines Herrn:
Ist
nur sein Geist mit mir mein Leben lang,
So
wird es mir zu meiner Freude sein!
Nun
vorwärts, vorwärts, vorwärts, bis Liyang!
Und
morgen bin ich im Ligusterhain...
P A O
C H A O
(+466)
GRABTRÄGERLIED
(für Kaiser Chien-fei)
Allein
in Dunkelheit, bedenke ich,
Wie
ich in frührer Zeit den Turm bestieg.
O
Stolz und Hochmut, durch das ganze Leben,
Uneingeschränkt,
wer kann uns das vergeben?
Wenn
erst des Grabes Pforte zugeschlossen,
Ameisen
kommen dann herangeschossen.
Lebzeitens
schöne Orchideengestalt,
Die
kleinsten Würmer nagen daran bald.
Das
Schläfenhaar ist ewig wurzellos,
Der
Schädel überzogen bald mit Moos.
Ach
einst, da Wein liebkoste sanft den Gaumen,
In
weißer Schale bot man grüne Pflaumen.
Von
Peng und Han bis Lien und Lin - ach allen
Die
Körper sind in Erdenstaub zerfallen.
Die
Starken und die Edlen - alle sterben.
Wir
wünschen tiefen Frieden ihren Erben.
WAHRLICH TRAURIG!
("Der Wandrer riecht
den Lenz im Wald,
Der Lenzduft bricht das Herz
ihm bald."
Lu Chi)
Der
Unbehauste ist bewegt
Von
dieser reinen Jahreszeit.
Er
denkt daran und überlegt,
Jetzt
umzukehrn. Der Weg ist weit.
Wie
lange hier in den Gefilden
Kann
niemand meine Schritte halten?
Der
Bäume Blüten hübsch sich bilden,
Die
Früchte fruchtbar sich entfalten.
Betrachte
ich der Früchte Fülle,
Ist
mein Empfinden voller Trauer.
Seh
ich der Blüten Schleierhülle,
Strömt
durch mein Sinnen Wonneschauer.
Nehm
ich die Lebewesen wahr,
Dann
sehn ich mich nach Gleichgesinnten.
So
schrecklich widersinnig war
Die
Trennung. Ich muß sie verwinden.
So
flatternd, flatternd wie die Imme,
Im
Netz gefangne Vögel schreien
Mit
Einer Stimme, Einer Stimme,
Die
Vögel schwirren wie in Reihen.
Das
Schreien und das Schwirren gilt
Den
Freunden und Gefährten innig.
Was
ich beseufz im Lenzgefild,
Das
ist die Trennung widersinnig!
LICHTER MOND
Vom
Ostberg steigt herauf der Mond mit Schimmer
Und
leuchtet durch das Fenster in mein Zimmer.
Die
vielen schönen Frauen frühlingsfrisch
So
gar bezaubernd und verführerisch.
Sie
schminken schön sich hinterm Vorhangschleier,
Am
Eingang spielen sie die sanfte Leier.
So
schwarz war nicht das Haar von Lady Wei
Und
Fei-yens Glieder nicht so duftend, hei!
Sie
singen mir ein Lied von edlen Dingen,
Sie
sollten lieber mir vom Vollmond singen.
Kommt
warmer Wein, dann glätten sich die Falten,
Im
Einklang wird die Seele sich entfalten.
Was
können mir denn Gold und Silber geben?
Vielmehr
gibt mir Begeisterung zum Leben!
(Fei-yen, die berühmte
Gemahlin des Han-Kaisers Wu, war eine ausgezeichnete Tänzerin.
Lady Wei,
Gemahlin des Han-Kaisers Cheng, gewann dessen Zuneigung durch ihr
schönes
Haar.)
IM FRÜHLING DEN
CHING-SHAN
BESTEIGEND
Zum
Ching-shan Gipfel steigend morgens frühe.
Auf
steilem Weg zu wandern, das macht Mühe.
Ankämpfend
gegen Reif- und Tau-Gewalten,
Das
Moos so glatt, man kann sich nicht mehr halten.
Ich
seh die Jenseitswelt der Wolkenszene,
Ausschöpft
mein Aug des Himmelssohns Domäne.
Zehntausend
Hütten reihn sich in der Stadt,
Der
Mauerwall trägt Türme hoch und glatt.
Wie
herrlich, herrlich sind die edlen Wagen,
Schön,
schön, die Mädchen weiße Kleider tragen!
Im
Licht der Berg, der immer scheint zu bleiben,
Die
Sonnenstrahlen fort die Nebel treiben.
Blumen
und Bäume wuchern auf dem Flachland,
Maulbeer
und Dornen überziehn das Brachland.
Die
Kletterpflanze spielt mit Purpurstengel.
O
Tau und weiße Orchidee - ein Engel!
Was
wir auch sehn, und sei es schön wie Morgen,
Befreit
den Denker nicht von seinen Sorgen.
Gemeinsam
trinken laßt uns Frühlingswein!
Lang
singend ziehn wir über das Gestein.
ARMUT UND NIEDRIGKEIT
Im
Untergang betrübt bis an den Tod -
Und
doch lebt man so intensiv in Not.
Lang
suefz ich, bis heraufkommt Morgenpracht,
Hab
Traurigkeit und Trübsal bis zur Nacht.
Das
blühende Gesicht verblasst und rauh,
Vorzeitig
meine Haare silbergrau.
Von
Freunden abgeschnitten, ehrt
Man
erst in Einsamkeit der Freundschaft Wert.
Ich
schäm mich vor der Lilien lichten Glast,
Hab
weder Lied noch Leckerei dem Gast.
Tag,
Mond und Jahr: mein Herz in Armut litt Leid,
Mein
Antlitz weckt der andern Menschen Mitleid.
Da
man einander keine Gabe bot,
Da
ward vor Scham die Wange purpurrot.
Wo
einer Stunde Ärgernisse waren,
Erwächst
ein grimmer Groll von hundert Jahren.
Zehntausend
Pläne man im Herzen schürt,
Nicht
einer davon wurde ausgeführt.
Ach
Schicksal! Jene Furt ist überflossen...
So
wend ich mich zum Sterben in den Gossen.
Die
hundert Lebensjahre auszuleben?
Viel
besser, früh ins Grab sich zu begeben!
HSIAO-SHIH
Ying
Hsiao-Shih liebte langes Leben immer...
Sein
Mädchen wollte Jugend, Schönheit, Schimmer.
Den
heißen Speisen wollten sie entsagen,
Stattdessen
durch die roten Wolken jagen.
Der
Zeit entkamen sie auf Himmelsfährte,
Auf
einem Phönix ließen sie die Erde.
Die
Leiber schwanden, kehrten niemals wieder.
Nur
manchmal einer Jadeflöte Lieder.
(Ying war ein berühmter
Flötenspieler des 6.Jh. vor Christus, seine Braut war
Nung-yü, Tochter des
Herzogs Mu von Chin. Er lehrte sie das Flötenspiel, um den
Phönix anzulocken.)
JUNGFRAU WANG
Wildpflanzen
treiben fernhin, ihr voran.
Wildgänse
ziehn vor ihres Herzens Bahn.
Die
Trommeln - morgens früh und abends bang,
Die
Pfeifen - mitternachts ihr Schluchzen klang.
(Wang Chao-chün,
Hofdame des
Hankaisers Yüan, der sie einem Hunnenfürsten zur Frau gab.)
LIED VOM WEISSEN HANF
Rote
Lippen, weiße Glieder beben.
Loyangs
Jungen, Hantans Mädchen leben.
Früher
hieß es: Wasserweiche Bänder.
Heute
heißt es: Weiße Hanfgewänder.
Neunter
Monat. Gelb die Lotosblätter.
Wilde
Gänse, Rauhreif, Nordwindwetter.
Lange
Nächte, von dem Reiswein toll,
Noch
ist unser Glück nicht gänzlich voll.
REISELIED
Ich
reich im goldnen Becher guten Wein,
Geschnitzte
Schildpatt-Chin im Jadeschrein.
Vorhang
mit siebenfarbigen Narzissen,
Neunfarbig
Trauben auf dem Federkissen.
Die
roten Wangen welk. Des Jahres Wende.
Der
kalte Glanz. Der Jahreszeiten Ende.
Laßt
ab von Leid und Denken, werdet weise!
Ich
zupfe euch die Hymnen von der Reise.
Zypressenbalken,
Bronzevogelruhm.
Rein
hauchen Töne aus dem Altertum.
(Die Chin ist eine Art
Leier, welche die Tao-Jünger gerne spielen.)
PO-SHAN-WEIHRAUCHSCHALE
Vom
Meister aus Loyang die Weihrauchschale,
Gehämmert
und graviert zehntausend Male:
Ein
Mädchen Hand in Hand mit einem Genius.
O
Glück der Nacht, wenn droben funkelt Venus!
Stellt
jene Weihrauchschale hinterm Schleier
Bei
Tempelkerzen auf zur Gottesfeier!
Zinnoberton
der Schuppen hell ausstrahlend,
Den
Purpurrauch des Moschusduftes malend.
Wenn
sich dein Herze mir entfremdet hat,
Dann
seufz ich hundert Jahre sterbensmatt.
GELBE ORCHIDEE
Auf
Jadestufen, durch das Nephrittor,
Der
Weg sich in den Pfefferraum verlor.
Die
Fensterornamente und die Türen
Vorhänge
transparenter Gaze zieren.
Drin
lebt die Jungfrau Gelbe Orchidee,
Im
Seidenkleide pflückt sie Blütenschnee.
Im
Frühling ein Geschwirr von Sangesvögeln,
Im
Wind die gelben Pflaumenblüten segeln.
Sie
tut den Vorhang auf dem Sonnenschein
Und
nippt an einer Schale Frühlingswein.
Sie
singt. Sie weint, sie seufzt so trübsalstrübe.
Wie
oft im Menschenleben fühlt man - Liebe?
Ach,
lieber als ein Entenpaar geboren,
Als
groß ein Gelber Kranich und verloren!
SCHICKSAL
Das
Wasser, das man auf den Boden gießt,
Nach
Osten, Westen, Süden, Norden fließt.
Ein
Menschenleben muß sein Schicksal nehmen,
Wie
sonst denn sitzen, seufzen, gehen, grämen?
Schenkt
gelben Wein ein, daß uns leichter werde!
Und
unterbrecht die Ode von der Erde!
Das
Her ist nicht von Holz und Stein, ist eigen,
Was
liegt mir auf der Zunge? Laßt mich schweigen.
RUHM
Habt
ihr denn nicht das Gras am Fluß gesehen?
Im
Winter tot, im Frühling sieht mans wehen.
Die
Sonne oben überm Mauerwall?
Versinkt
zur Nacht, steigt morgens auf ins All!
Wann
trifft es uns? Wer von uns heimging, Brüder,
Der
stieg zur Gelben Quelle ewig nieder...
Das
Menschensein: viel Sünde, wenig Tugend.
Begeisterung
und Glück nur in der Jugend.
Der
Ziele wegen kommt bei mir zusammen.
Mit
etwas Silber kauft mit Reiswein Flammen.
Der
Bambus- oder Seidenruhm... mir gleich!
Nichtsein
und Sein... das steht beim Himmelreich!
ARMUT DER HEILIGEN
Am
langen Tische konnt ich nicht mehr essen.
Ich
zog das Schwert und seufzte selbstvergessen.
Wie
leb ich, da der Tod die Welt gestaltet?
Wie
hüpf ich, da die Flügel mir gefaltet?
Auf
gab ich, nieder legte ich mein Amt,
Ich
ging nach Haus und ruhte aus auf Samt.
Von
Meinen nehm ich morgens Abschied, schreite,
Bin
abends wiederum an ihrer Seite.
Ich
spiele mit dem Kind, das selig bebt,
Seh
meine Frau, wie sie am Webstuhl webt.
Die
Heiligen und Weisen waren arm:
Die
Wahrheitsjünger auch, daß Gott erbarm!
DER VOGEL
Ich
habe sehr an Melancholie gelitten,
Da
bin ich durch das Nordtor ausgeritten,
Ich
hob den Kopf und schaute fern, allein
Sah
ich den Kiefern- und Zypressenhain.
Im
Dornbusch sitzt ein Vogel namens Tu,
Es
heißt, er sei der Himmelssohn von Shu.
Wehklagend
ist sein Klagen, er weint weich,
Die
Federn struppig, einem Bettler gleich.
Bei
Bäumen schwebt der Geist des Altertums,
Gedenkend
seines Himmelssohnesruhms.
Tod
wird zu Leben... Ach das ist unsäglich.
Was
ist mein Herz so qualvoll und so kläglich?
DIE ENTTÄUSCHTE
Im
Hof fünf Pfirsichbäume glutvergüldet,
Zuerst
hat Einer Blütenblust gebildet.
Im
Lenz bezaubernd sie im Mondlicht wallen,
Vom
Wind geschüttelt, sie aufs Westhaus fallen.
Im
Westhaus eine Frau, sie sah betrübt,
Die
Träne nässt ihr Kleid, sie seufzt verliebt:
Als
ich Euch einst zur Tür hinausgeleitet,
Dacht
ich, daß Ihr für ewig von mir schreitet?
Die
Matte staubig, und der Spiegel blind,
Die
Taille dürr, das Haar zerzaust vom Wind.
Nicht
immer wird das Leben froh verbracht.
Enttäuschung
geht mit ihr bis Mitternacht.
SCHEIDUNG
Die
Seide gelb zu färben, ist gelungen.
Die
Fäden sind verwirrt und ganz verschlungen.
Als
ich zuerst zusammentraf mit Ihnen,
Da
sagt ich mir, ich könnte Ihnen dienen.
Wir
schwören uns, die Gürtel uns verwebend,
Einander
treu zu sein, ob tot, ob lebend.
Heut
sieht man mein Gesicht verwelkt und alt,
Und
Ihr Verlangen ist erloschen, kalt.
Ich
geb zurück die Nadeln und die Spangen,
Sie
mehren mir die Trauer der Gedanken.
TOD
Hibiskus
kaum nur einen Morgen blüht,
Er
blüht, bis Zeit ihn in den Abgrund zieht.
Bezaubernd
in der Jugend, blütenfein,
Nicht
lang, so sollen sie ins Grab hinein.
Einmal
hinab, gibts nimmermehr ein Steigen?
Zehntausend
Jahre, tausend Herbste Schweigen.
Verlassne
Geister zwischen All und Hügeln,
Einsame
Seelen um die Gräber flügeln.
Nur
Eindgeächz und Vogelschreie wimmern.
Wie
könnte man des Lebens sich erinnern?
Das
Sterben läßt den Menschen fot verzweifeln.
Shen-Freude
folgt! sagt ab den Gui-Teufeln!
WAS SOLL ENTTÄUSCHUNG
OHNE
ENDE?
Verdorrter
Bambus regte sich lebendig?
Wann
wächst das Moos an alten Stengeln wendig?
Saht
ihr die Opfer in geweihten Töpfen?
Wann
wird die Geistwelt aus den Krügen schöpfen?
Woher
kommt diese Trauer in Gedanken?
Was
solls, mit Zeitgenossen sich zu zanken?
Das
Leben - wie ein Blitz davongefahren!
Wie
oft wird sichtbar Kraft von reifen Jahren?
Wir
wollen freien Sinnes edel streben,
Laßt
Wein und Lachs uns gegenseitig geben,
Das
haltet fest vom Abend bis zum Morgen,
Zerschmelzt
die Traurigkeit, werft fort die Sorgen!
Was
wird aus dem, der nur Enttäuschung fühlt?
Hat
dieses Lied dich zu sehr aufgewühlt?
FRAUENKLAGE
Im
Frühling sieht den Wald man Blumen füllen,
Im
Winter sieht man Schnee den Hügel hüllen.
Veränderungen
um Veränderungen.
Mein
Herr ist bis zur Grenze vorgedrungen.
Zum
Abschied hielt ich seine Ärmel lang,
Drei
Jahre, seither mir kein Grüßen klang.
Aus
Morgenkummer - traurig, traurig - Tränen.
Ein
Schmerz im Herz das abendliche Sehnen.
Das
Duftöl hab ich lang nicht mehr benutzt,
Kein
Schmuck mir das zerzauste Haar mehr putzt.
Des
Staubes Schleier tanzt um Seidenquasten.
Vergessen
Brauenschwärze, Puderkasten.
Seit
ich geboren, leid ich Mißgeschick.
Ich
liebe - doch es mangelt mir an Glück.
TREUE
Die
Vögel singen süß am Jahresmorgen.
Doch
weh mir! mein Empfinden voller Sorgen.
Da
ich davonging, um dem Heer zu folgen,
Stieß
meine Ruhmbegierde an die Wolken.
Drei
Jahre sind wie Wellen fortgeflossen.
Schneeweiß
sind Bart und Haare mir gesprossen.
Am
Abend habe ich sie ausgezupft,
Doch
morgens mir der Schnee das Haar betupft.
Ich
fürchte nur, in fremdem Land zu sterben,
Ein
Geist zu sein, der umgeht ohne Erben.
Des
Fremdlings Denken in das Nichts verweht,
Da
wo Essenz im leeren Raum entsteht.
Wenn
mich im Herzen meine Heimat rührt,
Die
Seele Alte-Leute-Kummer spürt.
Ein
Fremdling fragt mich, wer ich und woher.
Kennt
meine Ehefrau aus Nan-cheng er?
Er
ist durch meine Heimat durchgezogen,
Da
ich mein Amt vorzeiten hab bezogen.
Zehntausend
Meilen bin ich ferne schon,
Gehalten,
auszuziehn auf Expedition.
Ich
ging, da hörte ich von Eurem Fleisch;
Sie
ist allein die Nächte, rein und keusch.
Früh
weint vor Kummer sie in stiller Kammer,
Spät
hört man schluchzen ihrer Sehnsucht Jammer.
Die
Miene nicht wie früher freudvoll lacht,
Ihr
Angesicht nicht mehr zurechtgemacht.
Und
wer sie anschaut, der muß weinen. Schwört,
Daß
ihr all Euer Lebensgeist gehört!
IM BARBARENLAND
Ins
Fels ziehn junge Männer waffenschwer.
Exil.
Und hoffnungslos die Wiederkehr.
Der
Heimat fern, und Tag und Nacht geritten,
Durch
Paß und Fluß von Nachricht abgeschnitten.
Der
Nordwind klagt, die Wolken weiß sich schwingen.
Barbarenpfeifen
voller Wehmut klingen.
Das
hört das hoffnungslose Volk nicht gerne.
Sie
steigen auf den Berg, schaun in die Ferne.
Sie
sterben unter den Barbarenpferden.
Ob
sie noch Weib und Kinder sehen werden?
Was
könnte man zu solchem Unglück sagen?
Sie
sorgen sich, sie seufzen, seufzen, klagen.
WO SIND SIE HIN?
Habt
ihr einst den Zypressenturm gesehn?
Ein
Hügel heut, wo Gras und Unkraut stehn.
Habt
ihr gesehen den O-pang-Palast?
Fasanen
nisten nun in dem Morast.
Wo
bleibt der Tänzerinnen Schwebegang?
Grabhügelreihen
füllen nun den Hang.
Vergeblich
schwang ihr Seidentuch das Weib,
Nun
ist uns nicht mehr Silber wert ihr Leib.
O
Wein! o Glück! o Freiheit angenehm!
Wir
sinken seufzerlos zum gelben Lehm.
SCHMELZENDER REIF
Der
Reif da in kristallener Gestalt,
Das
Äußere und Innere ist kalt.
Und
ist ihm auch ein Morgenstrahl beschieden,
Wie
lange ist zu trauen solchem Frieden?
Des
Volkes Sein ist ebenso zu achten:
Vergänglichkeit, wer wollte sie
betrachten?
Es
flieht die Zeit, als wollt sie wer verjagen.
Das
weiße Haar mag keinen Hut mehr tragen.
MELANCHOLIE
Sahst
du nicht, wie im Lenz die Vögel kamen,
Wie
Grün und Blüte aufsprießt aus dem Samen?
Wenn
eines Tages kalte Lüfte wehen,
Wie
lange bleibt die Blütenpracht bestehen?
Ach,
Tag und Mond und Jahr in Agonie -
Das
ist mein Leid und meine Melancholie!
NICHTIGKEIT
Ihr
Menschen, seufzt nicht, seid ihr arm im Land,
Der
Reichtum kommt nicht aus des Menschen Hand.
Ein
Mann von vierzig ist im Dienste tüchtig,
Ich
bin erst zwanzig, fühle mich so nichtig.
Die
Bäume unter harschem Schnee sich beugen?
Sie
blühen, werden sie des Frühlings Zeugen!
Ich
sang beim Wein: Das Ende aller Klagen
Hat
Gott erhabnem Himmel angetragen!
Wein
wollen wir in unsre Becher füllen,
Kopfkissen
sollen Gold in Seide hüllen.
Ausschweifung,
ja! Was soll das Ungemach,
Das
hundert Jahre uns begleitet? Ach...
PFLAUMENBLÜTENFALL
Warum
ich nur den Pflaumenbaum bewein?
So
viele Bäume. Warum ihn allein?
Er
bildet schöne Blüten, morgentauen,
Er
kann auch wunderschöne Früchte bauen.
Im
Lenzwind schaukelt er, voll Anmut lind,
Ihr
Blüten fallt und treibt im kühlen Wind.
Vergebens
eure Farbe auserlesen,
Ist
edel nicht das inwendige Wesen.
NACHTS SITZEN UND SUMMEN
Ich
sitze in der Winternacht und summ.
Das
Herz schon offenbar, der Mund noch stumm.
Der
Frost dringt durch den Gazevorhang ein,
Der
Wind durchstreift den Wald im Mondenschein.
Das
rote Funzellicht ist ausgegangen.
Ich
suche - Liebe - deine roten Wangen.
In
deinem Stile sing ich vor mich hin.
Ich
lege Wert auf einen tiefen Sinn.
FRÜHLINGSTAG
Erneut
begann ein neues Jahr.
Ich
möchte gehn im Lichte klar.
Im
Frühling sind die Berge grün,
Die
hellen Sonnenstrahlen glühn.
Im
Lenzgefild der Honigimmen
Und
Vögelinnen süße Stimmen.
Die
schönen Pflaumenblüten blühn,
Die
schmalen Weiden werden grün.
Ich
treib in meinem Boot, halbnackt,
Bei
gleichmäßigem Rudertakt.
Ich
singe: Wassernüsse pflücken.
Ich
singe: Wildruf! mit Entzücken.
Ein
leichter Wind kommt ausgeruht,
Ein
wenig wächst die Wasserflut.
Ich
hebe an zum Saitenspiel,
Schnek
in den Becher Reiswein viel.
Ich
fahre in den Lotosteich,
Zimtzweige
brech ich zart und weich.
Duftende
Ärmel regen sich,
Duftende
Blätter öffnen sich.
Ich
denk an dich im süßen Licht.
Du
aber - Liebste - weißt es nicht.
KNOBLAUCHBERG
(im Auftrag des Prinzen von
Shih-hsing verfasst)
Der
Winterreif wie klirrendes Gericht,
Die
Erde zu, die Quellen fließen nicht.
Der
schwarze Krieger Maulbeerschatten liebt,
Der
rote Vogel sich zur Zucht begiebt.
Getan
der Bauern Arbeit weit und breit,
Dienstwagen
ruhen auch zu dieser Zeit.
Grasbüschel
wächst dem Moos nah, Saat bei Saat,
Dem
Schilfgefährt die Zeit der Aussaat naht.
Der
Hirschpark, kann er leimen unsre Augen?
Der
Hasenpark, kann er zur Fessel taugen?
Man
steigt zum Grat, sieht fern den Sonnenflor,
Das
Inselreich der Weltflucht dich davor...
Die
Wolken kommen aus der Jadehalle,
Von
silberner Terasse wehn sie alle.
Die
Felsen sind wie aufgehängte Sterne,
Die
Inselbäume stehn im Dunst der Ferne.
Erlesen!
wie das Haus des Himmelsthrons!
So
kostbar! wie die Stadt des Himmelssohns!
Die
Aussicht wird umkreist von weißer Sonne,
Die
Orchideen empfangen sie voll Wonne.
Aus
tiefen bambuswäldern pfeift es kalt,
Der
Sturm singt auf dem Wasser mit Gewalt.
Des
Prinzen Tugend - Liebe den Poeten!
Die
Pinsel sprengen tönende Planeten!
Das
Licht ist schön der schönen Menschen, schau!
Die
Kleider weiß - entsprechend Gottes Tao!
ICH BESTEIGE DEN LU-BERG
In
der Welt entgeht mir Geistes Raunen,
Im
Gebirge fasst mich an ein Staunen.
Licht
kommt. Aufwärts schwebt der Wolken Reigen,
Die
vom Fuß des Bergs zum Gipfel steigen.
Hohe
Gipfel vor dem Himmel steilen,
Lange
Klippen trennen tausend Meilen.
Nebeldunst
empfangen klare Sterne,
Wasserfälle
stürzen in die Ferne.
Fast
wie Tigerzähne Felsenschroffen,
Steine
fast wie Bärenohren offen.
Tausend
Jahre alt das weiße Eis,
Hundert
Jahre alt der Bäume Kreis.
Hähne
krähen an dem Gießbach laut,
Affen
kreischen im Gewölk betaut.
Jadeflut
stürzt in den Höhlen jähe,
Nephritsteine
stoßen an die Höhe.
Jene
roten Steine, von Gestalt
Ähnlich,
aber dennoch mannigfalt.
Lausch
dem Meister mit der Phönixflöte.
Such
den Herrn, daß er den Drachen töte.
Sieh
mich knien in Zimt und Kassiablatt.
Welch
ein Dreck der Marktplatz in der Stadt.
JUNKER YÜ BEGLEITEND
("Den Atem anhaltend
Las er im Kanon der
Unsterblichen.")
Wir
sind auf wildem Weg zum Berg geschritten,
Die
Wolkenklippen bergen Geisterhütten.
Hügel
und Schluchten zahlreich und verschlungen,
Der
Wald ist dich, vom Lichte kaum durchdrungen.
So
düster, düster, tief der Felsenweg.
Das
Wasser an der Brücke reg, so reg.
Im
dunklen Winkel hält man Morgenherzen.
Am
Fenster späht man nach den Sonnenkerzen.
Wie
Phönixornament der Felsengrat,
Und
die bemoosten Wände wie Brokat.
Dung-ting:
Sieh Wasser schöpfen meine Hände.
Der
Teich, der fließt nicht über bis ans Ende.
Tiefe
und Leere. Anblick sonderbar.
Gefahr
und Drohung. Wir erschauern gar.
Bezaubernd
seltsam dieser Schöpfung Leben!
Das
kann man lebenslang nicht wiedergeben.
Hier
wollt ich sein dem wahren Dao ein Jünger:
Ich
würde alt - und innen immer jünger.
AN EINEM HERBSTTAG MICH DEM
MÖNCH MITTEILEND
Verdorrte
Maulbeerblätter rieseln leicht.
An
Wandrers Herz gar leicht ein Schrecken streicht.
Warum
so früh in morgentlicher Stille
Vernehm
ich schon das Zirpen einer Grille?
Der
Wirbelwind hält an, erhebt sich wieder.
Die
wilde Pflanze ruht und rollt dann nieder.
Betrübt,
betrübt. Die Bambusmatte kühl.
Ach
traurig, traurig. Frostig ists im Pfühl.
Das
was man sieht, bedrängt der Sehnsucht Lenzen,
Der
Frost und Reif bedrängt das Morgenglänzen.
Seh
von der Halle aus dem Herbste zu
Und
blicke in der Früh zur Stadt von Chu.
Um
alles Winde ihre Schleier weben.
Ich
seufz. Vergeblich scheint mir dieses Leben.
NACHAHMUNG EINES ALTEN
GEDICHTES
Flußufergras
sieh gelb im Herbste beben,
Die
Hu-Wildgänse ihre Schwingen heben.
Im
Herbste zirpen grüne Grillen sacht.
Im
Froste webt die Frau die ganze Nacht.
Die
Krieger kehrten wieder letztes Jahr,
Die
sagten mir, du seiest wunderbar.
So
hörte ich: Als du nach Lung gezogen,
Von
deinen Lippen Seufzerlüfte flogen.
Tagtäglich
wechselte ich mein Gewand,
Tagtäglich
tauschte ich mein Gürtelband.
Ach,
wenn ich daran denk: Wofür die Sorgen?
Die
Nacht ist lang, der Kummer währt zum Morgen.
Ein
Spiegel in verstaubter Truhe oben.
Die
Jade-Chin in Spinnennetz gewoben.
BEIM STUDIUM EINES ALTEN
GEDICHTES
Nordwind
im zwölften Monat, weh!
Ein
krauser Schleier, fällt der Schnee.
Ach,
ich gedenk in bittrer Zeit
Des
Nächsten in der Einsamkeit.
Zwei
Konkubinen weiß und schlank,
Sie
stammen beide aus Loyang.
So
schön die Augen und die Brauen
Und
schmal die Hüften jener Frauen.
Eisglatte
Haut wie Schnee so weiß,
Lieblicher
Göttin gleich ihr Reiz.
Ich
lieb und schau, sie sind gesund,
Fließt
Sprachmagie vom roten Mund.
Gewänder
rote Seide fein,
Haarschmuck
ein lichter Nephritstein.
Zum
Saitenspiel sie tanzen Tanz
Und
singen alte Oden ganz.
Geschehe
euer Wille, Elfen,
Im
Herzen wünsch ich, euch zu helfen.
Das
Glück geschah an Winters Ende,
Die
Nacht verging, es kam die Wände.
Die
gleiche Decke liegt für beide,
Für
zwei Ein Kissen roter Seide.
Ich
wünsche, daß ihr euch besinnt:
Das
neue Jahr gar bald beginnt.
AM ENDE DER TRAUERZEIT
FÜR
DEN PRINZEN
Vorüber
nach den Riten das Geleit.
Gering
und schwach zu sein, das tut mir leid.
Ich
laß den Wagen, leg die Robe fort,
Kehr
heim. Ich wünsch mir einen Zufluchtsort.
Bald
bin ich fern, weitab von allen Bürden.
Bin
ich zu niedrig für des Himmels Würden?
Ich
ging, den Pflug zehn Jahre zu bewegen.
Jetzt
kehr ich heim, das Bohnenkraut zu pflegen.
Im
Bambusschrein die Heilige Schrift des Dao...
Und
im Regal ein Buch vom Ackerbau.
Klagt,
klagt! der Sturm bricht aus des Herbstes Stille.
Weint,
weint! in Frost und Kälte zirpt die Grille.
Der
Nebel üppig, Glanz auf Blütenlippen,
Der
Mond erhaben, schöne Wolkenklippen.
Entsagend
allem Volk, fürs A und O
Ausharren
werde ich am Berg Shang-lo!
IM TRAUME NACH HAUSE
ZURÜCKKEHREND
Verhalten
weinend tret ich aus der Außentür.
Ich
streich das Schwert. Kein Mensch kreuzt meine Wege hier.
Des
Himmelssicht verdunkelnd sandig weht ein Wind,
Zur
Heimat ausgerichtet meine Augen sind.
Um
Mitternacht auf meinem Bett in Traumes Einkehr
Ich
seufze einsam, spreche aus die Sehnsucht: Heimkehr!
Verlassen
seufzt die Frau in ihrem jungen Leide,
Am
Webstuhl säuselt das Gehaspel weißer Seide.
Aufrichtig
sprechen wir von langen Trennungszeiten,
Wir
schließen hinter uns die Bettvorhänge seiden.
Unter
der Traufe unaufhörlich klare Kühle.
Der
Mond von Osten schimmert auf verhülltem Pfühle.
Sie
duftet wie die frisch geschnittnen Orchideen
Und
ist wie frisch gepflückte Chrysanthemen schön.
Im
Kästchen köstliches Gewürz sie fand,
Duftbeutels
Schnur sie löste leichter Hand.
Im
Traum ein fernes Ziel liegt vor dem Fuß,
Nach
dem Erwachen trennt ein großer Fluß.
Erschrocken
fahr ich hoch und seufze leer,
Wirr
fliegt die Geisterseele, erdenschwer.
Es
schäumt das weiße Wasser prächtig, prächtig.
Voll
Kraft stehn hohe Berge mächtig, mächtig.
Die
Welle sammelt sich, die Welle sprüht,
Die
Blume welkt dahin, die Blume blüht.
Ach
diese Erde ist nicht meine Erde!
Bei
Gott ich meine Klage klagen werde!
HERBSTABEND
Zerstreut,
das Herbstgewölk so fern, so fern.
Einsam
zur Nacht des Himmels Silberstern.
Von
Westen kam ein Wirbelwind mit Macht,
Wildgänse
ziehen hin und her zur Nacht.
Ich
öffne leise die Verandatür,
Ich
nehm die Leier, such zu spielen zier.
Ach,
ich erreiche keine Harmonie,
Der
Schmerz bleibt, ist verstummt die Melodie.
Die
Luft: metallen, kraftvoll, scharf und wach.
Doch
das erhabne Yang: allein und schwach.
Der
schöpferische Brunnen ausgeschöpft,
Duftende
Zeit wie Wachs von Kerzen tröpft.
Einer
weiß weniger und einer mehr.
Mit
wem erkenne ich, was leicht, was schwer?
Ein
Schriftstück sendend, ist mein Herz bedrückt.
Hab
Seide auf den weiten Weg geschickt.
Ich
wünsch dir Muße, wie gebührt den Alten.
Beim
Denken mögest du auch Mahlzeit halten.
AN MINISTER HSIEH-CHUANG
Das
Morgenrot ist licht, der Gießbach hell,
Die
Sonne ruhig und die Strömung schnell.
Der
Wind ist leicht, die Pfirsichblüten tagen,
Der
Tau ist schwer, kein Lotos kann ihn tragen.
Das
Leuchten auf dem breiten Fluß fließt über,
Der
Nebel in den Kiefern immer trüber.
Die
Dünste auf dem Berge traumverloren,
Und
auf dem Felsen ist der Tau gefroren.
Bei
lindem Licht am Morgen bunte Dinge,
Am
Abend rauscht des Phönix Purpurschwinge.
LENZLIED, AUCH LU CHI
ZUGESCHRIEBEN
Der
Kreis der Jahreszeiten
Erscheint
mir so betrüblich.
Nichts
glänzt so süß und seiden
Wie
Lenz, so licht und lieblich.
Der
lind und milde Wind
Verhindert
schwere Schwüle.
Verbliebne
Lüfte sind
Von
reiner klarer Kühle.
DAS ALTER
Im
weißen Antlitz rote Adern glühten,
An
dunklen Schläfen wachsen weiße Blüten.
Ah
weh! Wer rettet mich aus meinem Alter?
Allmählich,
ganz allmählich ward ich alt - Herr!
CHU YUAN
DER GEIST DES BERGES
Ich
denk, da ist ein Geist der Hügel,
Gewandet
grün in Gräsern da,
Er
gürtet sich mit Efeuflügel,
Die
Lippen lachen süß und nah,
Der
Miene Zauber: aus dem Vollen!
Man
sieht ihn rote Parder jagen,
Im
Hintergrund die Katzen tollen
Und
er: zurückgelehnt im Wagen.
Mit
Aloe- und Kassia-Fahnen,
Gegürtet
schön mit Azalee,
Umhüllt
von alten Umlaufbahnen
Und
Düften von der Blüten Schnee:
Erinnerung
im Herz zurückzulassen...
Ja,
aber dunkel ists im Haine,
Kein
Licht des Tags erreicht ihn je,
Gefahrvoll
ist der Pfad der Steine
Und
schwer erklimmt man je den Schnee:
Erinnerung
im Herz zurückzulassen...
Ich
steh allein auf Hügels Höhe,
Gewölk
zerfließt zu meinen Füßen.
Umher
das alles was ich sehe,
Seh
ich in roter Glut zerfließen.
Der
Ostwind lispelt einen Reim,
Ganz
sanfte fällt der Nieselregen.
Im
Glück vergaß ich mein Daheim;
Wer
wird mich jetzt noch ehren mögen?
Pflück
Blumen an dem Hügelhang
Im
Felsenchaos zwischen Wein,
Trink
von der Felsenquelle lang
Und
schlafe bei der Pinie ein.
Der
Sturm jagt durch die Wisperbäume,
Der
Prinz tritt ein in meine Träume,
Doch
alles ist vergebens schlicht:
Mein
Leid, mein Leid, das legt sich nicht!
DER GOTTESDIENST
Begräbnisriten
auszuführen
Und
dann des Tanzes Trommel rühren.
Der
fromme Priester tritt zurück,
Nun
kommen Tänzer für das Glück:
"Astern
dem Herbste!" jubelt An,
"Orchis
dem Lenze!" jubelt Nan.
So
ist es immer.
So
war es immer.
HAN WU-TI
KURZE JUGEND
Der
Herbstwind weht die weißen Wolkenschlüfte,
Das
Gras verblüht, die Gänse ziehn zur Sonne,
Der
Orchisduft erfüllt die linden Lüfte,
Die
Chrysanthemen geben süße Düfte,
Mein
Herz ist voll der Lieben Frau der Wonne!
Die
Tempeldschunke kreuzt den Fen-Fluß bang,
In
Wassers Mitte türmt sich weiße Welle.
Die
Trommel und die Flöte und Gesang.
Beim
schönen Fest Gedanken kamen helle:
Die Jugend kurz, das Alter sicher lang.
GEGANGEN
Der
Sang der Seide ward gestillt...
Von
Staub der Marmorflur erfüllt.
Kein
Schritte-Echo auf dem Grund,
Das
Laub sinkt vor der Tür zugrund.
Denn
Sie, mein Stolz, die liebe Eine ist gegangen!
Ich
blieb zurück, in hoffnungsloser Angst gefangen.
LI FUJEN
Ist
sie es oder ist sie's nicht?
Ich
steh und schau.
Ein
süßer Seidenseufzer licht...
Wie
langsam kommt die Liebe Frau!
TOA CHIEN
SUBSTANZ UND SCHATTE UND
GEIST
(Hoch und niedrig, weise und
simpel,- alle sind sie geschäftig, anzuhäufen die Momente des
Lebens. Wie irren
sie sich! Darum hab ich bis zum Äußersten die Bitternis
ausgeleuchtet, die
Bitternis von Substanz und Schatten, und ließ meinen Geist
lehren, wie wir, der
Natur folgend, diese Bitternis auflösen.)
(Substanz spricht zum
Schatten:)
Der
Himmel und die Erde sind für immer,
Die
Berge und die Flüsse bleiben gleich;
Aber
im Kreislauf Kräuter stets und Bäume,
Erneut
geboren durch den frostgen Tau.
Und
Mensch, der weise, Mensch, der göttliche -
Soll
er alleine dem Gesetz entkommen?
Für
einen Tag erscheinend in der Welt,
Schied
plötzlich er zur Nimmerwiederkehr.
Wie
kann er wissen, daß die Freunde, die
Er
ließ, ihn missen, daß sie an ihn denken?
Die
Dinge, die er brauchte, die nur blieben;
Sie
sehn sie an und weinen bittre Tränen.
Nicht
Magierkünste reißen mich heraus,
Wenn
du auch hoffst auf eines Meisters Hilfe...
Ich
bitt inbrünstig, lausche diesem Rat:
Kannst du wo Wein bekommen, trinke ihn.
(Schatte antwortet:)
Das
Leben mir bewahren kann ich nicht,
Unsterblichkeitspastille
ist für Toren!
Ich
würde froh im Paradiese wandeln,
Doch
ist es fern, dahin führt keine Straße.
Seit
ich mit dir vereinigt worden bin,
Teilen
wir alle Freuden, alle Leiden.
Im
Schatten ruhtest du, da ließ ich dich,
Doch
bis zum Ende sind wir fest zusammen.
Impermanent
ist unsre Existenz:
Zusammen
gleiten traurig wir davon.
Der
Leib zerfällt, da geht der Name auch,-
Gedanke
unerträglich, herzzerreißend!
Laß
ringen uns und schaffen schöpferisch,
Einige
Taten Ruhmes wert zu tun!
Wein
mag in Wahrheit unsre Sorgen lösen,-
Doch
zu vergleichen dies mit großem Ruhm?
(Der Geist legt aus:)
Gott,
Gott allein kann in Bewegung setzen,
Er
will nicht kontrollieren seine Schöpfung.
Der
Mensch, der Zweite in Dreifacher Ordnung,
Er
übereignet seinen Vorrang Mir!...
Wenn
ich auch allen euch verschieden bin,
Einer
im Andern sind wir ja geboren.
Auf
keine Weise können wir entfliehn
Intim-Erkenntnissen
von Gut und Böse!
Die
Drei Erobrer waren heilge Menschen,
Heut
aber, sagt mir an, wo sind sie heut?
Erreichte
Peng auch hohes Alter, aber
Er
ging zuletzt, da wollte er noch bleiben.
Zu
guter Letzt gehn alle Menschen hin,
Ob
weise oder simpel, das ist gleich.
Der
Wein mag tröstendes Vergessen bringen,
Doch
bringt er nicht das Alter auch herbei?
Wenn
ihr die Herzen setzt auf noble Taten,
Wie
wisst ihr, daß euch jemand dafür preist?
Mit
der Gedankenflut betrübt ihr Mich:
Du
solltest gehn, wohin das Schicksal leitet.
Fahr
auf dem Wasser unendlichen Flusses
Ohn
alle Angst, und wenn du gehen mußt,
Dann
geh, mach wenig Wesen dann davon.
GEBET
Jetzt
flattern Vögel in dem Pflaumenhain,
Die
fliegen hin und her, direkt und sacht.
Die
Hsi Wang Mu hält Hof am Tag allein,
Im
Westgebirg die Pfirsichfeen zur Nacht.
Oh
werdet mir zu Himmelsboten! geht
Und
tragt zu ihr hier dies mein letztes Wort:
Nach
nichts hab ich gefragt auf Erden dort,
Als
Jahres Länge, Weines Tiefe - mein Gebet.
DIE XIX EHRWÜRDIGEN
GEDICHTE
(Dichter unbekannt)
I
Nun
wander, wander, wander, wander, wander.
Lebenden
Leibes nun getrennt vom Guten,
Zehntausend
Meilen lebend auseinander,
Getrennt
durch Himmels Fluß mit lichten Fluten.
Die
Wege weit und voll von Hindernissen.
Wie
ließe sich ums Wiedersehen wissen?
Das
Pferd hat sich dem Nordwind anvertraut,
Der
Vogel sich im Süd ein Nest gebaut.
Mit
jedem Tag einander ferner fern,
Der
Gürtel täglich enger auf der Haut.
Gewölk
treibt vor dem weißen Tagesstern,
Der
Wanderer hat sich nicht umgeschaut.
Alt
macht mich das Mich-nach-dem-Edlen-sehnen.
Die
Jahre fliehn, spät ist es auf einmal.
So
schweig von den Ereignissen, von jenen,
So
schweig und find dich ein bei einem Mahl.
II
So
grün, so grün am Fluß das Ufergras,
Anmutig
rauscht die Silberflut der Weide.
So
lieblich, lieblich hoch im Haus die Maide,
So
schimmernd, schimmernd sie im Raume saß.
So
schön, so schön der roten Schminke Schimmer,
So
weiß, so weiß der feinen Händchen Haut.
Sie
war einst Sängerin im Freudenzimmer,
Sie
ist nun eines Vagabunden Braut.
Der
geht und kehrt nicht wieder her.
Das
leere Bett allein zu halten: schwer.
III
So
grün die Zeder auf dem Hügel steht,
In
dem Gebirgsbach Kieselstein um -stein.
So
zwischen Erd und Himmelreich Menschsein:
Ein Gast. Wer weiß wie weit die
Reise geht?
Schenk
Wein ein: gegenseitig sich erfreuen!
Nur
geize nicht, allein das Geben ehrt!
Spann
an die Rosse, steig auf das Gefährt,
Fahr
hin nach Wan und Luo: sich erneuen!
In
Luo-yang, o welch ein Rausch und Prassen!
Die
Hüte und die Schärpen sich ergänzen.
Lang
die Alleen und eng vernetzt die Gassen,
Der
Hierarchie ruhmvolle Residenzen.
Die
zwei Paläste fernher lächeln Gruß,
Die
zwei Portale hoch wohl hundert Fuß.
Das
Fest: für Sinn und Seele Freudenschauer!
Doch
ach, wo ist der Grund der tiefen Trauer?
IV
Heutigen
Tages eine schöne Feier,
Kaum
auszusagen, solch ein Überschwang!
Betörendes
Getön entlockt der Leier,
Bezaubernd
drang zum Geist der neue Klang.
Die
Priester sangen Worte himmelwärts,
Die
Wissenden vernahmens, das ist wahr.
Ähnlicher
Wunsch ist im verwandten Herz.
Verborgner
Geist wird dunkel offenbar...
Des
Menschen Leben eilt durch seine Zeit,
Ist
ungewiß, wie Staub im Wirbelsturm.
Ein
Roß aufzäumen und als Erster sein
Dort
an des Flusses Furt am höchsten Turm?
Tu's
nicht. Bewahr bescheidnes Einfachsein.
Das
Leid-Gefährt liegt lang in Not und Pein.
V
Weit
im Nordwesten steht ein Haus allein,
Des
Hauses First ist bei den Wolken-Steppen.
Die
Fenster sind gemustert seidenfein.
Der
A-Turm, Doppelbaldachin, drei Treppen.
Von
oben her tönt Saitenspiel und Singen,
Mit
einmmal so trauervoll die Töne.
Wem
können solche Melodien gelingen?
Sollt
es die Frau Qi Liangs sein, die schöne?
Shang-Töne
der Bewegung folgen frei,
Und
jäh ein Stocken, mitten in dem Stück.
Ein
Saitenschlag und weher Seufzer drei,
Bedauernd,
daß ihr fehlt das süße Glück.
Mich
dauert nicht die Sängerin, ihr Leid,
Doch
daß der Töne Kenner in den Fernen.
Sie
wollten sein ein Kranichpaar, das schreit
Und
flügelschlagend aufsteigt zu den Sternen!
VI
Den
Fluß durchquert und Lilien gepflückt,
Duftendes
Gras im Orchideenmoor.
Ich
pflücke viel. Wem lege ich das vor?
Die
Liebe, ach, ist in die Fern entrückt!
Ich
schau zurück. Die Heimat ist so weit.
Wie
sehnsuchtsvoll der Weg ins Ferne brennt!
Ach,
Eines Herzens sein und doch getrennt!
Ach,
tausend Schmerzen! dann das End der Zeit...
VII
In
tiefer Nacht der lichte Mondschein gleißt,
Fern
an des Ostens Mauern zirpen Grillen,
Des
Wagens Deichsel auf den Winter weist,
Die
Sterne, o wie rein und klar, die stillen.
Weißlicher
Tau liegt auf dem wilden Gras.
Mit
einemmal ists andre Jahreszeit.
Die
Herbstzikade in dem Baume saß.
Mysterienvogel
fliegt: wohin? So weit!
Mein
Studiengefährte in der Weile
Ist
aufgestiegen, schreibt die sieben Keile,
Gedenkt
nicht mehr des Wohls gereichter Hand,
Läßt
mich zurück wie eine Spur im Sand.
Im
Süd die Sichel, Kelle steht im Nord,
Der
Büffel nicht mehr vor dem Pflug im Joch.
Ach,
ist nicht felsenfest des Menschen Wort,
Was
nützte ihm der leere Name noch?
VIII
Ach,
schwächlicher, ach schwächlicher verwaister
Bambus
treibt seine Wurzeln tiefer in den
Berg.
Neu verbunden sind der Edlen Geister,
Die
Hasenhaare mit den Weiberwinden.
Der
Wuchs des Hasenhaars hat seine Zeit,
In
Ordnung ist, wenn Mann und Frau sich einen.
Vereinigt,
wenn auch tausend Meilen weit,
Getrennt
die Pfade sind, versperrt von Steinen.
Die
Sehnsucht nach dem Edlen macht mich alt.
Wie
lang des Wagens Heimkehr noch gestundet?
Die
Lan- und Hui-Pflanzen sind verwundet,
Es
streut ein Glanz sich aus dem Knospenspalt.
Die
Pflanzen nicht gepflückt, die Zeiten schleichen,
Im
Herbst verwelkend wie ein jedes Gras.
Des
Edlen Tugend, nähm sie hohes Maß,
Die
niedre Magd, was könnt sie nicht erreichen?
IX
Im
Hofe steht ein wundersamer Baum,
Im
grünen Laub die Pracht der schönen Blüten.
Pflück
von dem Ast die Blüten, die erglühten,
Schick
sie der Liebe hin durch Zeit und Raum.
Vom
Brusttuch schwebt bezauberndes Arom.
Dorthin
kommt keiner, ach, der Weg ist weit.
Den
blühenden Tribut bringt welcher Strom?
Der
Trennung, ach, gedenkend, rinnt die Zeit.
X
Am
Himmel fern der lichte Hirtenstern
Und
schimmernd fern die Sternstromdame schwebt.
So
zart mit ihrer Hand, dem Liebsten gern
"Simm,
simm" die Weberin am Rahmen webt.
Am
Tagesabend nicht Ein Stück vollbracht.
Sie
weint: so fällt ein Regen in ein Tal.
Der
Weiße Weg so leuchtend in der Nacht.
Sie
gingen auseinander: wieviel Mal?
So
schimmernd, schimmernd in dem weiten Meer.
Nun
Blick auf Blick - und keine Worte mehr.
XI
Ich
wende mich, fahr los mit dem Gefährt,
Laß
weiten Weg zurück und fahre weiter.
Seh
jede Himmelsrichtung trüb, verheert,
Der
Ostwind schneidet Gräser wenig heiter.
Nichts
Altes treff ich an, zu meinem Leid.
Wärs
möglich, da nicht alt zu werden gleich?
Ob
wachsen, welken: das bestimmt die Zeit.
Wie
traurig, früher nicht im Dienst zu sein.
Des
Menschen Leben dauert nicht wie Stein.
Wie
kommt man in das Alter segensreich?
Rasch,
ungewiß. So folg dem Wandelwesen:
Leuchtenden
Namen sich zum Schatz erlesen!
XII
Des
Ostens Mauer, hoch und lang, sie führt
Sich
windungsreich in weite Ferne fort.
Ein
harter Herbstwind an die Erde rührt,
Das
grüne Gras vergilbt, schon ists verdorrt.
Wie
eindrucksvoll die Wandlungen der Zeit,
Des
Jahres Abend kommt sehr schnell, der stille.
Der
Morgenfalke weckt im Herzen Leid,
Und
Kleinmut weckt im Herz die Abendgrille.
O
läutert euch! Das Wollen und Empfinden
Befreit!
Warum sich selbst in Fesseln binden?
In
Yan und Zhao seht die vielen Holden,
Die
schönen, mit Gesichtern jade-golden!
Gekleidet
in ein seidenes Gewand,
So
steht sie dort, erfindet neue Lieder.
Traurig
der Ton mit einemmale wieder.
Die
wohlgestimmten Saiten sind gespannt.
Sie
singt sich aus; sie macht den Gürtel fest;
Sie
schreitet hin und her; seufzt inniglich:
Ein
freies Schwalbenpärchen sein, das sich
Hoch
an des Edlen Hütte baut ein Nest!
XIII
Ich
treib am obern Osttor hin den Wagen,
Ich
seh die Gräber fern, des Nordens Wand.
Die
Zitterpappeln leise rauschen Klagen,
Die
Zedern, Pinien am Wegesrand.
Tief
unten ist der Mensch, den Tod betraf,
Verfällt
in dunkel-dunkler langer Nacht,
Liegt
unter Gelben Quellen nun im Schlaf,
In
tausend-tausend Jahren nicht erwacht.
Sich
wechselnd, Yin und Yang, sie strömen rein.
Der
Jahre Schicksal ist wie Tau. Ein Gast,
So
ist des Menschen Leben, ohne Rast.
Auch
Alter ist nicht fest wie Felsgestein.
Zehntausende
von Jahren wechseln, kein
Heiliger
kanns ermessen, was das heißt.
Beim
Drogenschlucken um den Elfengeist
Getäuscht
sind viele durch den falschen Schein.
Das
gleicht dem Trinken nicht von gutem Wein,
Gewändern
nicht von Purpurseide fein.
XIV
Wer
geht, wird einem fremd und fremder täglich,
Wer
kommt, wird einem lieb und lieber täglich.
Ich
trete aus dem Tor, hinauszusehn,
Doch
Hügel sind und Gräber nur zu sehn.
Die
Gräber werden umgepflügt zum Feld,
Die
Zedern und die Pinien gefällt.
In
Zitterpappeln ist viel Kummer rege,
Viel
Trauer. An die Toten denkt der Schmerz.
Ich
sehn mich umzukehren heimatwärts.
Ach,
niemand folgt mir nach auf diesem Wege.
XV
Das
Leben zählt kaum bis zu hundert Jahren,
Stets
hat man Tausend-Jahre-Kummer bang.
Das
Taglicht kurz, die Leidensnacht ist lang,
Warum
nicht Fackeln nehmen, wegzufahren?
Ergreifen
den Moment um sich zu freuen!
Wer
denkt, die Freude käm von selber her?
Der
Dumme liebt das Um-Verschwendung-klagen,
Ein
solcher ist Gelächter bloß den Neuen.
Wie
Feenmensch Königssohn Qiao? Schwer
Ists,
derartige Hoffnungen zu tragen.
XVI
Es
neigt sich jetzt das Jahr, so kalt, so kalt.
Die
Maulwurfsgrillen zirpen todbereit.
Schon
blasen kalte Winde mit Gewalt,
Der
Wandrer in der Kälte ohne Kleid.
Brokatne
Decke an dem Ufersaum,
Bestickten
Mantels Freund, er ist entrückt.
Die
Nächte häufen sich. Allein im Raum.
Sein
schimmerndes Gesicht kam mir im Traum.
Der
Edle an die alten Freuden denkt.
Auf
das Gefährt gestützt, nimmt er das Band,
Er
hofft, das Lächeln immer ihn beglückt,
Heim
im Gefährt, und er ergreift die Hand.
Dann
angekommen: kein Moment Verweilen,
Nicht
wo das Doppeltor die Flügel schwenkt.
Hat
er nicht Morgenfalkenschwingen, wie
Könnt
man dann reitend auf dem Winde eilen?
Versteh!
Gereckten Halses: schau zurück.
Von
fern einander hoffnungsvoll im Blick.
Sehr
sachten Schritts, Schmerz in dem Herzen: Die
Fallende
Träne netzt der Schwelle Stück.
XVII
Der
Winteranfang, Lüfte klirrend-kalt,
Der
Nordwind weht mit grausamer Gewalt.
Viel
Sorgen. Ach ich weiß, die Nacht ist lang.
Ich
schaue zu den Sternenscharen bang.
Drei,
fünf, der helle Mond ist voll und blank,
Vier,
fünf, der Mond in Dunkelheit versank.
Von
fernem Orte her ein Gast eintrifft,
Ein
Bote, überbringt mir eine Schrift,
Wo
oben steht: Lang aneinander denken;
Wo
unten steht: Lang wird die Trennung kränken.
Er
birgt den Brief in seinem Mantel. In
Drei
Jahren dieses Zeichen nicht zerbricht:
Ergebenheit
von ganzem Herz und Sinn!
Der
Edle, bange ich, bemerkt dies nicht.
XVIII
Ein
Bote kommt von einem Orte fern,
Der
einen Ballen Seide überbringt.
Zehntausend
Meilen voneinander fern,
Der
Freundin lang ein Freund: das Herz beringt.
Erlesnes
Muster: Mandarin-Enten-Paar.
Draus
mache eine Decke unsrer Träume,
Durchwirke
sie mit Andachts Seidenhaar,
Mit
unlösbaren Knoten sie umsäume.
Nimm
Leim und gebe ihn in Lack. Wer kann
Das
wieder voneinander trennen dann?
XIX
Der
Mond so schimmernd, schimmernd überm Land,
Scheint
schön auf unsern seidnen Bettvolant.
Bin
sorgevoll und kann nicht schlafen mehr,
Leg
ein Gewand mir an, geh hin und her.
Zu
reisen, ists auch freudevoll genannt,
Ist
nicht so wert wie frühe Wiederkehr.
Tret
aus dem Tor, allein, geh hin und her.
O
wem sei all mein schweres Leid bekannt?
Ich
heb das Haupt, ich kehr ins Haus, voll Sehnen.
Das
schimmernde Gewand durchtränkt von Tränen.
M E N G H A O - J A N
IM TRAUMLAND
Die
Sonne westwärts hinterm Hügel sank,
Im
Osten spiegelt sich der Mond im Teich.
Ich
trete aus der Tür, mein Haar fließt lang,
Ich
will die frische Luft genießen gleich.
Von
Lotosdüften schwer die Brise streich,
Ich
höre Tropfen falln vom Bambus schlank
Und
schau auf meine Leier, seufze weich:
Ach,
keine geistverwandte Seele nah!
Ich
döst, als es vor meinem Aug geschah:
Im
Traumkleid liebe Freunde schwebten da.
DIE TAO-JÜNGER
Ich
schlaf im Wald, ach ach, der Lenz vorbei,
Ich
seh zum Fenster raus, seh alles blühn.
Und
der Pirol der Königlichen Fei
Läd
mich zur Halle, wo die Flammen sprühn
-
Das goldne Cruzifix ward mir erhellt -
Beim
Pfirsichbaum mit feinen Blättern grün.
Im
Antlitz Jugend, das kann man bekommen,
Was
braucht es arme Wandrer durch die Welt,
Die
trunken sind vom Nebel und verschwommen...
W A N G W E I
ADIEU AN MENG HAO-JAN
Beim
Weine sprachen wir das letzte Wort.
Ich
wisperte: Mein lieber Freund, wie weiter?-
Er
sprach: Ich krank am Leben fort und fort
Und
mir verlangt nach Ruh an Hügeln heiter.
Oh,
sucht nicht meine Stapfen hoch im Schnee,
Die
weißen Wolken stilln mich je und je!-
AN EINEN FREUNDLICHEN GAST
Den
Platz des Friedens wollen wir am Abendtage,
Die
Herzen unberührt von Weltgeschäftigkeit.
Kein
Zukunftsplan bedrängt die Seelen uns zur Plage,
Wir
suchen Kindheitswälder auf, so wild und weit.
Die
Brise streicht durch Pinien bis zum Gürtelsiegel,
Die
lichte Leier glänzt zum Monde überm Hügel.
Willst
du verlangen, alle Weisheit zu erlangen?
Siehe,
am Ufersaume, was die Fischer sangen...
T S U I H A O
HEIMATHÜTTEN
Ein
Sterbling segelte zum Himmelreich auf einem Kranich,
Der
Gelbe-Kranich-Kiosk wird für je und immer sein.
Aber
der Vogel flog davon, allein blieb auf der Bahn ich,
Obwohl
wie einst die Wolken weiß wie lichter Mondenschein.
Im
Osten ruht der weite Wald, da steht ein Zedernriese,
Von
Westen duftet von den Blüten die Ambrosia-Brise.
Und
täglich wenden meine Augen sich zum Heimatraum
Jenseits
des großen Stroms mit seinen Wellen, seinem Schaum.
L I
B A I
( L I T A I - B O )
WANDERND ZUM MEISTER DES
WEGES AM TAI-TIEN-BERG, OHNE IHN ZU FINDEN
Die
Hunde bellen bei der Wasser Flucht,
Der
Tau befleckt die Pfirsichblütenflocken.
In
Wäldern seh ich Hirsche. An der Bucht
Hör
nichts ich von den Mittagstempelglocken.
Der
wilde Bambus blaue Dünste teilt.
Ein
Bergstrom bei smaragdnen Gipfellinien.
Wer
weiß, wer weiß, wohin bist du geeilt?
Zur
Ruhe, Meister, fand ich zwei drei Pinien.
MOND AM O-MI-BERG
Halbmond
beim O-mi-Berg zur Herbsteszeit,
Sein
Licht sinkt in den Ping-chiang-Fluß hauchdünn.
Von
Ching-chi zu den Dreien Schluchten weit -
Dich
nicht erblickend, dein gedenkend, Maid -
Bin
ich gegangen stromabwärts dahin.
AN DER CHING-MEN-FÄHRE,
EIN
ADIEU
Ich
fahre hinter Ching-men in die Ferne,
Ich
breche auf zum Südland - alter Traum.
Hier
sinken in die offnen Felder Berge,
Der
Strom fließt hin in grenzenlosen Raum.
Der
Mond steigt auf, des Himmels Spiegelbild,
Die
Wolke weht bis wo der Leuchtturm loht.
Ich
weiß wohl, wie der Heimat Flut sich fühlt:
Zehntausend
Meilen Abschied hier im Boot.
DEN WASSERFALL DES LU-BERGES
BETRACHTEND I
Den
Weihrauchbrenner-Gipfel nun hinan,
Ich
schaue zu des Wasserfalls Kaskade
Im
Süden da, dreitausend Fuß hoch, dann
Viel
Meilen durch die Schluchten stürzend grade.
Wie
Himmelsblitze plötzlich niederbrechend,
Erscheint
mysteriös der Regenbogen.
Der
Sternenstrom sinkt nieder wie erschreckend,
Zerstäubend
löst er sich in Wolkenwogen.
Ich
schaue auf zu seinem Toben, Rasen,
Zu
aufgewühlter Macht, der Schöpfung Werk,
Wie
Meereswinde unaufhörlich blasen,
In
leere Räume scheint der Mond am Berg,
Die
leeren Räume taumeln hin und sprühen,
Die
sich, die grünen Kliffe spülend, wälzen,
In
Nebel sich zertreuend, Perlen fliehen,
Und
Gischt saust nieder am getürmten Felsen.
Nach
meiner Wanderung am Berge hier
An
innerm Frieden wird das Herz mir reich.
Was
reden von dem Lebenselixier?
Hier
spült der Welt Staub ab vom Antlitz gleich.
Ich
bin der Liebe nah - und kann verlassen
Die
völkerreiche Welt mit ihrem Hassen.
DEN WASSERFALL DES LU-BERGES
BETRACHTEND II
Die
Sonne auf dem Gipfel zündet lila Rauchen,
Ich
sehe da des fernen Wasserfalls Gewimmel,
Die
Quelle großer Ströme seh ich niedertauchen:
Da
sinkt der weiße Sternenstrom durch die neun Himmel!
BESUCHEND EINEN ZEN-MEISTER
Wie
Hui-yüan seinen Schüler, lehrst
Du
mich die stille Zen-Meditation.
Hier
ist es ja, bei Fels und Fichte, ernst,
Nicht
anders als auf Gletschergipfels Thron.
Die
Blüten rein, ganz ohne Illusion.
Und
Geist und Wasser lauter Muße pur.
Die
Leere schaue ich durch die Natur.
NACHTGEDANKEN AM
TUNG-LIN-KLOSTER AUF DEM LU-BERG
Ich
suchte nach dem Blauen-Lotos-Haus,
So
trat ich aus dem Tor der Stadt. Ein blasser
Kristallner
Frost. Die Glocken klangen aus.
Der
Mond des Baches mild im bleichen Wasser.
Die
reine Leere - Wohlgeruch des Himmels!
Und
ohne Ende die Musik des Himmels!
Still
sitz ich. Das vollkommne Himmelreich
In
Haares Breite, Geistes Tiefe, so
Unendlich
tiefe Klarheit, darin gleich
Der
Weg beginnt, und endet - nirgendwo.
GESANG VON DER SONNE
Die
Sonne steigt auf überm östlichen Hafen, kommt her,
Als
käm sie aus irgendeiner Unterwelt Abgründen.
Sie
kreuzt den Himmel. Sie flieht zum westlichen Meer,
Doch
die sechs Drachen können nirgends Ruhe finden.
Täglich
beginnt sie und endet täglich.
Geschaffen
sind wir
Nicht
mit solcher Lebenskraft unsäglich.
Wie
lange können wir wandern mit ihr?
Blumen
verweigern sich nicht, sie blühen hell,
Bäume
ärgern sich nicht, sie lassen die Blätter fallen.
Niemand
jagt wie die Jahreszeiten so schnell.
Aus
sich selbst die zehntausend Dinge steigen und fallen.
O
Hsi Ho, o große Mutter der Sonne,
O
Königin der Sonne,
Wie
kannst du ertrinken im purpurnen Kleid
In
jenen wilden Seen der Verlassenheit?
Und
Lu Yang, durch welche Macht
Hielt
er auf der Sonne Weg in die Nacht?
Himmel
und Tao verletzte das jedenfalls!
Alles
Schwindel, nie endender hohler Schein!
Ich
werfe die kotige Erde in einen Abfalleimer hinein
Und
kehre heim in den ewigen Schoß des Alls!
ADIEU ZU EINEM GAST, DER GEN
OSTEN SCHIED
Herbstregen
endet in der Stadt am Fluß,
Der
Wein ging aus, dein Segel rauscht hinaus,
Du
scheidest über Flut und Wogenguß,
Die
Deinen kehren mit dir heim nach Haus,
Vorbei
an Inseln, die in Blumen ruhn,
Am
Meeresufer Weidenfiligran.
Nach
deinem Scheiden bleibt nichts mehr zu tun,
So
kehr ich um und putz die Fische dann.
AM TURM DES GELBEN KRANICHS
Vom
Turm, des Gelben Kranichs Nest,
Mein
alter Bruder mich verläßt,
Den
Strom hinab, durch die Gebiete
Des
späten Lenzes. Lauter Blüte.
Einsamen
Segels fernes Glühn
Entflieht
in Lüfte jadegrün.
Nichts
bleibt als eines Stromes Tümmeln
Hier
an der Grenze zu den Himmeln.
LIED AUS HSIANG-YANG
In
Hsiang-yang gabs Freude viel. Man war
Beim
Spiele „kupferblondes Pferdehaar“
Und
sang und tanzte auf dem Wiesenplan.
Doch
ist es eine Stadt an einem Fluß:
Zurück
nun also zu dem Wasser klar!
Ein
Mond wie eine weiße Blüte muß
Uns
offenbaren allen unsern Wahn.
ZU SENDEN IN DIE FERNE
Hier
war soviel Schönheit -
Hütte
blumenschwer!
Fort
ist alle Schönheit -
Und
das Lager leer!
Deine
Decke aufgerollt, wie nie gebraucht.
Ach
drei Jahre lang! Dein Atem hier noch haucht.
Duft,
wie bist du fort - der doch nicht endest.
Du
bist fort - dich nie mehr zu mir wendest.
Ich
denk an dich - der Baum läßt seine Blätter los
Und
Tränentau liegt glitzernd auf dem grünen Moos.
GESCHRIEBEN AN DIE MAUER DES
GIPFELTEMPELS
Ich
bin beim Gipfeltempel. Sterne glitzern.
Hier
kann man sich bis zu den Sternen strecken.
Ich
wage mehr nicht als ein leises Flüstern,
Um
nicht die Heiligen des Himmels aufzuwecken.
IN DIE FERNE ZU SENDEN I
Die
Frau alleine östlich von Chung-ling,
Dieweil
ich bei den Han-Fluß-Inseln ging.
Ich
schau den ganzen Tag durch Blütentriebe.
Ah,
zwischen uns ein schmaler Pfad sich streckt.
Wir
schieden, machten Wolken-Regen-Liebe;
Jetzt
bleibt nichts mehr als Gras, das Herbstlaub deckt.
Herbstmotten
steigen, Feuerfliegen funkeln,
Und
jeden Abend Kummer ungetröstet.
Werd
ich dich wiedersehen? und verdunkeln
Das
Licht wie einst, als du das Kleid mir löstest?
IN DIE FERNE ZU SENDEN II
Die
schmalen Frühlingsgräser grün umweben
Die
Pforte, wie von Leidenschaft getrieben.
Ach,
alles kam vom Tod zurück ins Leben -
Mein
Wermutherz allein ist bitter blieben.
In
allem diesem seh ich wieder dich,
Im
Garten wandelnd wie ein Gartenkönig,
Und
seh uns beide schauen müßiglich
Das
was da lebt und webt - das ist nicht wenig.
WANDERND AM CHING-LING-STROM
IN NAN-YANG
Ich
sehe eine Abendsonne sinken.
Ich
lieb des kalten Stromes klares Blinken:
Dem
Wasser folgt das Purpurlicht westwärts,
Strömt
sausend hin wie eines Wandrers Herz.
Zu
Mond und Wolken sing ich einen Sang,
Es
weht der Wind die Pinien entlang.
WANDERND AM WEISSEN STROM IN
NAN-YANG
Morgens
an des Stromes Quelle dort,
Plötzlich
ist die Welt der Menschen fort:
Weltenendenschön
der Inseln Rarheit,
Fluß
und Himmel große leere Klarheit.
Meereswolken
von den Blicken scheiden.
Geistes
Muße. - Fisches Wanderungen.
Abendsonne
hat sich fortgeschwungen.
Licht
des Mondes sinkt auf grüne Weiden.
LIED DES HÄNDLERS
Seefahrer
fährt im Himmelswind,
Reist
in die Ferne mit dem Boot.
Wie
Vögel bei den Wolken sind -
Verschwunden
ohne Spur...........
ZEN-GESPRÄCH IM KLOSTER
Allein,
inmitten grenzenlosen Traumes
Beginnen
wir zu sinnen: da beginnen
Das
Feuer und der Wind des Weltenraumes
Zu
drehn in Erde und in Wasser drinnen
Und
geben diesen Schatten uns, den dunklen.
Wir
löschen dämmerhafte Konfusion,
Beharren
auf den wesentlichen Punkten,
Erreichen
Ewigkeits-Erleuchtung schon
Und
sehen diesen Erdenkörper klar
Und
ohne Furcht und Ängste um und um,
Jenseits
von dem was kommt und dem was war,
Erkennen
bald wir das Mysterium.
Was
für ein Glück, zu finden auserkoren
Die
Einsiedlei, anbietend grünen Wein.
Und
wir, wir beide scheinen wie verloren
Zusammen,
scheinen anders nicht zu sein
Als
Berg und Wolken. Klaren Windes Wehen
Eröffnet
reine Leere. Mondenschein
Scheint
auf Gelächter und Gered zu sehen
Und
blaue Lotosdächer zart und fein.
Und
zeitloses Verlangen, innig ganz,
Bricht
auf in einen weitwandernden Glanz.
GRENZBERGES MOND
Hoch
überm Himmelsberge herrlich thront
In
grenzenloser Wolkensee der Mond.
Zehntausend
Tausende von Meilen lang
Der
Wind den Weg zur Jadepforte schwang.
Das
Heer am Weg des weißen Aszendenten,
Mongolen
zu den Seen des Himmels wenden.
Die
Wächter schauen zu des Mondes Grenze
Und
sehnen sich nach ihrer Heimat Lenze.
Im
Zimmer eines Turmes heute Nacht
Ist
stöhnend aus dem Schlaf ein Weib erwacht.
SOMMERTAG IN DEN BERGEN
Weiße
Federn meinem Antlitz fächeln,
Da
ich müßig seh die Wälder lächeln.
Ich
hänge meine Kappe an die Klippe,
Bei
Pinien wehn die Haare um die Lippe.
IM GARTEN
(Ai-Wei gewidmet)
Ein
Pflaumenbaum in Gartens Mitte stand
Und
in des Gartens Grüne saßest du.
Du
hieltest eine Pflaume in der Hand
Und
reichtest sie in stiller Seelenruh
An
den, der sie empfing. Dein kleiner Bube
Sich
schmiegte an die Baby-Pfirsichbrüste
Und
deines Mundes schwellende Jujube
Ich
segnend bloß in meinem Traume küsste.
ANTIKER GESANG
Einst
träumte Tschuang-Tse
Er
sei ein Schmetterling,
Da
ward der Schmetterling
Zum
Träumer Tschuang-Tse.
Transformation
des Leibs -
Ereignis
grenzenlos
Geht
vor und vor famos
Im
Schoß des Maya-Weibs.
Die
See des Ostens wird
Zu
Westens Strömen klar.
Ein
reiches Leben war.
Wo
die Melone ziert
Das
Tor des Ortes Ching,
Päonien
an dem First,
Da
herrschte einst ein Fürst,
Der
Herrscher von Tung-ling.
Geschäftig
treiben wir.
Ist
Traum nicht - schön und jung -
Das
Gleiche wie Hoff-nung?...
Und
was, was suchen wir?
LENZGEDANKEN
Wenn
Gräser kräuseln sich wie grüne Seide,
Üppiger
Maulbeerzweig hängt erdenwärts,
Träumt
er von Heimkehr zu der lieben Maide -
Und
ich, ich warte mit zerbrochenem Herz.
Fremdlinge
sind der Frühlingswind und ich.
Er
haucht in meinem Gaze-Bettvorhang.
LAUSCHEND DEM SPIEL DER CHIN
IN EINER MONDNACHT
O
Mond so licht! Die Nacht ich müßig bin,
Ein
Eremit spielt seine weiße Chin.
Mit
einem Mal: wie dunkle Pinien singen,
Wie
Kummerwinde sich harmonisch schwingen.
Die
Finger streichen sanft den weißen Schnee,
Der
Geist so ruhig wie ein Jadesee.
Und
wer versteht? Nur die verstehen trunken,
Die
hören dieses Lied von Einem, lang versunken.
VOM ZHONGNANG-BERG HINAB
Den
blauen Berg zur Abendstunde nieder,
Mondstrahlen
waren heimwärts meine Brüder.
Ich
sah zurück, sah meinen Pfad verschwiegen
Auf
Stufen in dem tiefsten Schatten liegen.
Ich
kam beim Hof des Freundes an im Orte,
Die
Kinder grüßten an der Dornenpforte;
Der
Weg sich schmal durch Jade-Bambus wand,
Weinreben
fassten, hielten mein Gewand.
Oh,
ich war froh, aufs Lager hinzusinken
Zur
Ruhe und mit einem Freund zu trinken!
Zum
Lied des Windes in dem Wald zu singen!
Wir
schwiegen, als die Sterne niedergingen,
Ich
trunken, meines Freundes Seele froh,
Als
wir die Welt vergaßen irgendwo...
ALLEIN MIT MOND UND SCHATTEN
Aus
einem Becher Wein, den Blumen nah,
Hab
ich getrunken, sonst war keiner da.
Ich
heb den Kelch, womit den Mond ich bitt:
Bring
meinen Schatten, und wir sind zu dritt!
Ah
weh, der lichte Mond, er kann nicht zechen,
Und
auch mein Schatte hat so seine Schwächen -
Doch
Eine Stunde haben die Genossen
Im
Lenz das Glück mit mir zusamm genossen:
Ich
singe, und der Mond begeistert mich,
Ich
tanz, mein Schatte taumelt fürchterlich.
Wir
waren Segensbrüder auserkoren...
Betrunken,
habe ich die zwei verloren.
Kann
guter Wille sicher sein? Die Ferne
Zeigt
mir den lichten Weg, den Strom der Sterne.
IM LENZ
Das
Gras im Norden: blau wie Jade weich,
Der
Maulbeerbaum: biegt grünumwundnen Zweig.
Nun
denkst du, daß du bald zuhause bist,
Nun
wo mein armes Herz gebrochen ist!
O
Lenzhauch du, kaum wag ich dich zu kennen:
Gardinen
sich vor meinem Bette trennen...
DER MOND AM
BEFESTIGUNGS-PASS
Der
Mond steigt auf vom Himmelsberg, vom Schnee,
In
einem Dunst aus Wolken und aus See.
Der
Wind, der reiste wohl an tausend Li,
Am
Jade-Paß die Zinnen schlägt. Und die
Chinesen
nehmen nach Baideng die Flucht,
Tataren
spähen zu der blauen Bucht.
Ist
Eine Schlacht berühmt, die die Soldaten
Ein
zweites Mal ausschickt zu Kampfes-Taten?
Zur
Grenze sieht der Krieger Schar zurück,
Denkt
an die Heimat, Sehnsucht weh im Blick,
Denkt
heut nacht an die Frauen in den Kammern,
Die
ruhn nicht können, wälzen sich und jammern.
DIE VIER JAHRESZEITEN
Frühling.
Die
süße Lo Fo aus dem Abendland
Am
Wasser Blätter pflückt vom Maulbeerbaum,
Die
grünen Blätter streicht die weiße Hand,
Im
goldnen Licht glüht rot des Kleides Saum.
"Mein
Seidenwurm ist hungrig, darum schritt ich.
Bleib
fort mit deiner Pferdekutsche, bitt ich."
Sommer.
Aufm
Spiegelteiche lieblichen Aroms
Die
Lotosblüten wimmelnd Lüfte fächeln,
Im
fünften Mond pflückt Xi Shi sie mit Lächeln.
Die
Wächter stehn am Saum des Yuoye-Stroms.
Sie
dreht ihr Boot, nicht wartend auf die Sterne,
Zum
Freudenhaus verliebter Seufzer gerne.
Herbst.
Und
über Tschang-an Mond am Himmel steht,
Waschbretter
schrabben tausend Linnen naß.
Der
Wind des Herbstes meine Seele weht
Für
je und ewig je zum Jade-Paß.
O
wann sind die Tataren überwunden?
Wann
hab den Gatten wieder ich gefunden?
Winter.
Abreisen
würde der Kurier alsbald.
Sie
näht die ganze Nacht des Kriegers Kleid.
Die
feinen Finger fühln die Nadel kalt.
Wie
kann die Schere halten noch die Maid?
Das
Werk ist fertig, und sie schickt es fort.
Wann
wird erreichen es der Krieger Ort?
GESANG VOM BERGE LU
Ich
bin der Mann des Wahnsinns in dem Land von Chu,
Der
sang den Wahnsinns-Sang: die Weisheit des Kung Fu.
Ich
halt in meiner Rechten einen Stab von Jade,
Ich
kreuzte auf am Gelben-Kranich-Tor voll Gnade,
Und
alle Heiligen Berge (ohne Ferne) schweben
Gemäß
dem einzig dauernden Besitz im Leben.
Der
Lu-Berg neben einer Südlichen Kaskade
In
Wolken seidig reicht so wie ein Baldachin.
Mit
seinem Schatten den kristallnen See verdunkelnd,
Zu
Felsen offen steht die Goldne Pforte funkelnd,
Ein
Silberstrom hängt zu den Felsenbrücken hin
Im
Angesicht der machtvoll-schönen Dreifuß-Fälle.
Die
Kliffs und Serpentinen führn zur Himmelshelle:
Ein
Hauch von Wolke in der Morgensonne, du.
Kein
Vogelschwarm wird fortgeblasen bis nach Wu.
Ich
steig zur Spitze, alle Länder überseh ich,
Die
langen Ströme hinterm Horizonte seh ich,
Die
Winde trieben gelbe Wolken tausend Meilen.
Schneegipfel!
Wirbeltanz des Stroms, ich seh ihn eilen!
So
sing ich einen Sang vom Berge namens Lu,
Gesang,
geboren aus dem Hauch des Berges Lu.
Der
Felsenspiegel macht des Herzens Reinheit rein,
Und
grünes Moos begrub die Spur von Xie, so fein!
Ich
nahm die Pille der Unsterblichkeit, so rein,
Vorm
dritten Lautenspiel bin ich in meinem Sein:
Fern
seh ich Engel reiten bunter Wolken Feinheit,
Hibiskus
haltend, zu des Himmels Jadestadt!
Wenn
alle Welten mein Gemüt gesehen hat,
Folg
ich dem Heiligen Luao zur Großen Reinheit!
DER TIANMU-BERG ERSCHEINT IM
TRAUM
Seefahrender
Besucher will von Japan reden,
Was
Dunst und Wasser jenseits wohl enthalten täten.
Doch
Yueh-Volk spricht von der Himmelsmutter-Höhe,
Gesehn
noch durch die tiefe Wolke, die da streicht,
Gradauf
zum Himmelreich, der Berg das Licht erreicht,
Wirft
einen tiefen Schatten über China jähe,
Ist
höher als die heiligen Gipfel. Weit vom Herz
Entfernt
der Himmlischen Terasse Felsenerz,
Das
sich, an diesem Punkt grad, wendet südostwärts.
Mein
Herz und süßer Traum in Yueh sind und Wu,
Kreuzen
den Spiegelsee im Mondlicht immerzu,
Der
Mond will meinen tiefen Schatten mir erhellen
Und
leuchtet mir den Weg zum Yan-Strom wunderbar.
Die
Eremitage von Xie ist da immerdar
Und
Affen rufen über grünen Wassers Wellen.
Ich
trug die armen Schuh hinauf
Die
Leiter ganz von Wolkenfall.
Ein
Sonnenmeer auf halbem Lauf,
Heiliger
Hahnenschrei im All!
Millionen
Gipfel, Täler, nirgendwo ein Pfad,
Die
Blume lockt, am Felsen ruh ich, Abend naht.
Der
Bär stürmt an, der Drache stürmt an Berg und Fluß,
Erschrecken
Wald und Felsenfuß.
Ein
Regen macht die Wolken dunkel,
Auf
bleichen Strömen Nebelschleier.
Der
Gott von Sturm und Blitzgefunkel
Wühlt
auf die vielen Felsenweiher.
Des
Steintors Säulen brechen ab,
Geöffnet
ist des Himmels Grab...
Ein
Schatten tief und unergründlich...
Die
Sonne und der Mond auf den Terassen stündlich.
In
Regenbogenkleidern, reitend auf dem Wind,
Die
Königin der Wolken kommet an geschwind
Mit
Tiger-Lautenspielern, Phönix-Tänzern schön,
Gereiht
wie Felder Hanfes reihen sich die Feen.
Ich
rühr mich und es fliegt mein Geist.
Erwach
mit Seufzermelodie.
Mein
Bett und Kissen, das ist die
Verlorne
Wolke, die da kreist.
Dies
ist der Weg, wie immer, mit dem Menschenherz:
Zehntausend
Dinge fließen stromgleich ostenwärts.
Und
so schied ich von dir, weiß ich auch nicht wie lang.
Auf
einem weißen Hirsch sitz ich am grünen Hang
Und
reit zu dir, o großer Berg, wenn ich dich brauch.
Wie
neig ich mich vor Menschen hohen Amts nach Brauch,
Mit
ehrlichem Gesicht und nimmer bang?
SCHEIDEND VON EINER
WEINSCHENKE IN NANKING
Ein
Wind bringt Weidenblüten, die den Shop versüßen,
Aus
Wu ein Mädchen schüttet Wein ein: Teile, teile,
Mit
deinen Freunden aus der Stadt den Gott zu grüßen!
Den
Kelch hob jeder; sprach ich in der Abschiedsweile:
O
geht und fragt den Strom, der ostwärts fließt aus Liebe,
Ob
er kann weiter ziehn als eines Freundes Liebe!
UNENDLICHE SEHNSUCHT
Endloses
Sehnen,
Chang-an
zu sehn!
Insekten
summen, goldner Rand der Wellentränen,
Ein
dünner Frost ist spiegelnd auf dem Vliese schön.
Laternen
flackern. Dunkler wird mein Nest bewohnt.
Ich
heb den Schatten, seufzend starr ich an den Mond,
Allein
wie eine Blum, von Wolken rings umgeben.
Seh
oben Blau und Tiefe, Himmels stilles Leben,
Seh
unten Grün und Wasserwirbeltänze schweben.
Hoch
Himmel! Weite Erd! Dazwischen schwebt mein Leid!
Träum
überm Berg ich durch den Torweg himmelweit?
Endloser
Schmerz
Bricht
mir mein Herz.
VERZICHT AUF RUHM
Auf
Erden lebend ohne Ruhm
Im
Kreis der Menge, wer will sein
Gesund
wie Wolke und wie Blum
Und
wie der schöne Mondenschein?
Wer
von den Alten trat zurück?
Nicht
einer! Tragisch ist verendet
Nach
seines großen Ruhmes Glück
Der
Mann, dem Glorie man gespendet!
Das
Haupt des Generales Wu
Ward
aufgehängt am Tor der Stadt.
In
tiefen Fluß ertränkt ward nu
Gekrönter
Dichter lebenssatt!
Der
talentierte Schüler hofft
Seit
langen Zeiten schon vergebens,
Sein
Leben zu bewahren, oft
Zu
hörn den Kranichschrei des Lebens!
Minister
Li bedauert nicht
Die
Rente oder Pension:
Mit
grauen Falken jagen licht,
Wie
es sein Wunsch seit langem schon.
Vernahmest
du von Zheng Han nicht,
Der
aufgab, der nun sorgenfrei?
O
heimzukommen und im Licht
Den
Pfirsich zu verspeisen, eu!
Genieße
einen Becher Wein,
Solang
dein Fuß im Leben geht,
Und
sorg dich nicht, ob dir auch rein
Dein
Ruhm in Ewigkeit besteht!
DEN WEIN BRINGEND
O
siehe, wie des Huanghe
Gewässer
kommt vom Himmelreich!
Den
Ozean erobernd jäh,
Nie
wiederkehrend, vorwärts weich!
Sieh
süße Blicke unverborgen
In
lichten Spiegeln hoher Zimmer.
Sie
wurden (seidenschwarz am Morgen)
Zur
Nacht zu weißem Flockenschimmer.
Laß
einen Mann des Geistes, Zecher,
Es
wagen wie er will im Leben
Und
nimmer seinen goldnen Becher
Dem
Monde leer entgegenheben!
Der
Himmel gibt Talente reich,
So
lasse sie beschäftigt sein.
Die
tausend Silbertaler gleich,
Sie
kommen wieder durch den Wein!
Ein
Schaf schlacht, koche eine Kuh,
Den
Appetit weck breit und lang
Und
mach aus hundert Bechern du
Mir
einen langen langen Trank!
Für
Cen, den großen Meister,
Für
seine Jüngergeister,
Bring
du herein den Wein!
Die
Kelche immer klingen!
Laßt
mich Gesänge singen!
Das
Ohr laßt Lauscher sein!
Was
Trommel und was Glocke rein,
Was
Schüssel und was Schatz dem Frommen?
Laßt
immerdar mich trunken sein
Und
nie mich zu Besinnung kommen.
Die
Alten (sauber wie die Becher)
Und
alten Sagen sind vergessen.
Und
nur die wunderbaren Zecher
Berühmt
sind allzeit unermessen.
Prinz
Chen bei einer Feier fein
In
dem Palast der Perfektion
Zehntausend
Taler für den Wein
Mit
viel Gelächter zahlte schon.
Sag
an, mein Wirt, und hör mein Rufen:
Ist denn das Geld schon wirklich alle?
Geh,
hole Wein, dreihundert Kufen,
Ein
Trank zusammen, Wein für alle!
Ja,
mein beblümtes Pferd,
Mein
Pelz sind Tausend wert.
Gib
sie dem Knaben da bereit,
Sie
mit viel Wein mir zu belohnen.
Wir
schwemmen fort das wehe Leid
Von
hunderttausend Generationen!
EINE BOTSCHAFT AN MENG
HAO-JAN
Ich
heilige, o Meister, dich im Herzen!
Dein
Ruhm reicht weit bis zu den Sternenkerzen!
O
Berg, wie dich zu sehn verlang ich! Auch
Spend
hier, spend hier schon deiner Süße Hauch!
IM SCHEIDEN
Der
Strom kristallenklar wie Himmel fließt,
Zu
blenden ferne Meereswellen. Mensch!
Wenn
eine Abschiedsstunde naht, der Mensch
Aus
einem Weinkelch seine Träne gießt.
Des
Tales Vögel singen in der Sonne,
Wo
Schafe in Vigilien ruhend scheinen.
Was
ich getan, als mich verließ die Wonne?
Nun
hör ich nie und nimmer auf zu weinen!
NACHTGEDANKEN
Ich
wache, Mondenschimmer spielt ums Bett, o glaubt,
Seh
Rauchreif glitzernd den erstaunten Augen lachen.
Zum
gloriosen Monde hebe ich mein Haupt -
Ich
ruh, Gedanken an die Heimat mir erwachen.
GEFÄHRTEN
Die
Vöglein flogen in die Heimatbäume,
Das
letzte Wölkchen müde floß und lind.
Wir
nimmer müd einander, unsrer Träume,-
Die
Berge all und ich zusammen sind!
FÜR IHREN MANN
Heimwärts
im Dämmer. Und mit Schwirren schlug
Die
Krähenschwinge, eifrig auf dem Flug.
Dann
schnatternd auf den schwarzen Zweigen alle,
Gesellten
sich zur Nacht mit frohem Schalle.
Am
Webstuhl eine Edeldame sitzt,
Und
durch die seidnen Fensterscheiben flitzt
Leis
flüsternd ihre Stimme, streicht das Ohr.
Einhält
sie, denkt an den, den sie verlor.
Und
einsam in den Stunden jener Nacht
Wie
Regen fallen ihre Tränen sacht.
DAS BESTE DES LEBENS
Was
ist das Leben anders als ein Traum?
Was
soll es, solchen Wirbel auszulösen?
Tief
trunken lieber sein vom Perlenschaum
Und
all den lieben Tag im Schatten dösen.
Und
wenn ich wach und schaue auf das Grün,
Ein
Vogel singt im Blütenblust verborgen.
Ich
frage: Ist es Abend oder Morgen?
Der
Mangovogel haucht: Sieh Frühling blühn.
Von
schöner Frühlingsansicht übermeistert,
Hab
einen weitren Becher ich getrunken
Und
wollt zum Mond aufsingen lichtbegeistert -
Bald
aber bin ich trunken und versunken.
ABSCHIED AM STROM
Die
Brise bläst den Weidenblust vom Tal herbei,
Die
schöne Ji läßt uns bei Bechern jubeln, hei!
Umdrängt
bin ich von Freunden, Lebewohl zu sagen:
"Adieu,
adieu! und einen Becher frisch noch wagen!
Und
wenn des Flusses Wasserbett auch trocken bliebe,
Ich
hör nicht auf zu lieben, wie ich heut euch liebe!"
ABSCHIED
Beim
Gelben Kranich, Lebewohl zu sagen leise
Wir
hielten, Dunst und Blüte wünschten gute Reise.
Smaragdne
Insel - Segel schwand - Und wenig später
Stand
ich allein am Strom, der wogte auf zum Äther.
KEINE INSPIRATION
O
Herbstwindwut,
O
Herbstmondglut!
Gefallne
Blüten sich zerstreun,
Pastorenkrähe
fliegt allein.
Ich
denk an dich und frag, wann werden wir uns sehn?
Heut
kann das Herz ich gießen nicht in Verse schön.
TRÄNEN
Ein
Mädchen zieht den blinden Mann zu Seiten,
Hängenden
Hauptes sitzt sie unersprießlich.
Ich
seh die heißen Tränentropfen gleiten,
Doch
weiß nicht: warum weint sie so verdrießlich?
EXIL
Tribut
hab ich dem süßen Lang-ling-Wein gezollt,
Flüssigem
Amber in dem Kelch von schöner Jade.
Willst
trunken machen mich wie einen Trunkenbold,
O
Wirt? - Wenn ich vergessen könnte, das wär Gnade.
EIN MANN
Oft
träumen von einander wir,
In
Chang-an in der Ferne, hier.
Wehklagend
Herbstes Grille traurig
Singt
auf zur Venus bleich und schaurig.
Der
erste Frost und kalte Sonne
Erobern
warmen Bettes Wonne.
Die
Lampe einsam angemacht.
Gedanken
sterben in der Nacht.
Blind
steh ich auf und starre her
Zum
Einzel-Mond und seufze schwer.
Überm
Azur: des Meeres Grund
Reicht
endlos an das Himmelsrund,
Die
Wogen unten trüb sich wiegen.
Schwer
für die Seele ists zu fliegen:
Die
Erde und der Himmel weit!
So
hoch der Paß, tief die Gezeit!
Zu
mir kommt nimmermehr dein Bild...
EINE FRAU
Des
Tages bunte Farben scheiden,
Der
Nebel schleppt sich durch die Weiden.
Wie
Asche grau der Mondenschein.
Kann
traurig schlafen nicht, allein.
Der
Psalter sank zur Ruhe nieder
Auf
Feuerbögen ohne Bangen,
Die
Harfe tönt die süßen Lieder
Von
einem süßeren Verlangen.
Die
Lieder voll Bedeutung sterben
Vondannen,
unbekannt den Erben.
Ach,
hauchte sie der Lenzwind an,
Bis
zu den Steinen von Yen-jan!
Ich
sehne mich nach dir, so fern,
Noch
jenseits von dem Himmelsstern...
Die
Augen (früher Glut und Schimmer)
Sie
weinen dir viel Tränen immer.
ABSCHIED HINTER CHING-MEN
Von
Hu-peh kam ich wandernd, hier
Den
Fluß bei Ching-men kreuzten wir.
Die
Hügel starben unten schwer,
Die
Ströme strömten in das Meer,
Der
Mondenspiegel schien im Äther,
Die
Meereswolken flohen später.
Ach!
daß die Heimatwasser alt
Uns
schickten auf die Wandrung bald!
NOCTURNO
Blaues
Wasser, klarer Mond,
Mondlichtweiße
Reiherschwingen.
Mädchen,
die Maronen sammeln,
Gehn
des Nachts nach Haus und singen.
DER EINDRINGLING
Das
Gras von Yen wird grün und hoch in Längen,
Dieweil
in Chin die Maulbeerzweige hängen.
O,
wo mir jetzt mein Herz vor Sehnsucht bricht -
Kommst
wieder du, o meine Liebe licht?
"O
Lenzwind! du bist fremd, und ich bin bang.
Was
kommst du durch den crepes-de-chine-Vorhang?"
D U
F U
BANKETT BEI FAMILIE TSO
Der
Wald, vom Wind bewegt, beleuchtet
Vom
Licht des Sonnenuntergangs,
Der
Mond ist schmal.
Ich
stimme meine Leier,
Die
Saiten feucht von Tau.
Beim
Buschwerk flutets
Im
Dunkeln an dem Blumenpfad.
Konstellationen
krönen
Das
Dach von Stroh. Wir dichten,
Die
Kerzen brennen nieder.
Das
Denken wird uns scharf wie Schwerter,
Dieweil
der Weinkrug seine Runde macht.
Als
unser Wettstreit in der Kunst beendet,
Da
singt ein Lied wer aus dem Süden.
Ich
denke an mein kleines Boot
Und
möchte weiterziehn.
GESCHRIEBEN AN DIE MAUER VON
CHANGS EINSIEDELEI
Es
ist nun Frühling in den Bergen.
Ich
komm allein, dich aufzusuchen.
Holzfäller
schlagen Bäume zwischen
Den
stillen Gipfeln.
Die
Flüsse sind noch eisig,
Und
auf dem Bergpfad liegt noch Schnee.
Bei
Sonnenuntergang erreiche ich
Dein
Wäldchen an dem Bergpaß.
Nichts
wünschst du mehr, obwohl zur Nacht
Du
siehst die Aura
Von
Gold- und Silbererz um dich herum.
Du
lerntest Freundlichkeit,
So
zähmtest du das Bergwild auch.
Den
Weg zurück vergessen -
Ich
werde so wie du,
Ein
leeres Boot, das in die Ferne treibt...
WINTERDÄMMERUNG
Die
Menschen und die Tiere
Des
Zodiak ziehn über uns hinweg.
Der
grüne Weinkrug und die roten Hummerschalen,
Sie
übersäen ausgeleert den Tisch.
-
Vergess ich irgendeine Freundschaft? -
Ein
jeder sitzt und lauscht
Den
eigenen Gedanken. Draußen
Geräusch
von Wagen. Voller Unruh sind
Die
Vögel in den Regenrinnen wegen
Des
Lärms und Lichts.
Nun
in der Winterdämmerung will ich
Mir
meine vierzig Jahre anschaun:
Geboren
ungestüm
Bei
langen Schatten
Vom
Sonnenuntergang, kenn ich
Halsstarrige
Momente. Doch
Das
Leben rast so wie ein trunkner Waldbrand!
SCHNEESTURM
Gelärm
und Weinen, viele neue Geister...
Die
Herzen brechen. Schmerzen.
Ich
bin allein, ich singe für mich selbst.
Ein
rauher Nebel siedelt in
Der
Dämmerung, die weit sich breitet.
Schnee
fliegt im Wirbelwind.
Das
Weinglas umgestürzt, die Flasche leer.
Im
Ofen ist das Feuer ausgegangen,
Die
Menschen wispern.
Ich
sinne, ach, wie sinnlos ist das Briefeschreiben.
TSAN BESUCHEND, DEN ABT VON
TA-YUN
Schlaflos
beim Glühn der Lampe,
In
ihrem Schatten.
Das
Herz in Frieden atmet
Anbetungsweihrauch.
Vor
Tempelmauern abgrundtief die Nacht.
Die
goldnen Glocken klingeln in der Brise.
Der
Vorhof wird geschlossen in
Der
tiefen Dunkelheit der Lenznacht.
In
Schwärze spendet der kristallne Teich
Parfüm
von Blumen.
Des
Nordens Krone kreuzt den Himmel,
Vom
Tempeldach zerschnitten, wo
Ein
Eisenphönix steigt
Und
sich in Lüften dreht.
Der
Lobpreis flutet in der Halle.
Die
Glockentöne schwinden
Und
schwingen leis und leiser
An
meinem Ruhelager. Morgen
Im
Sonnenlichte werd ich wandern durch
Gedüngte
Felder, werde weinen
Über
den gelben Staub der Toten.
MONDFESTIVAL
Die
Herbstkonstellationen
Beginnen
aufzugehn.
Das
klare Mondlicht, das brilliante,
Scheint
auf die Scharen.
Mondkröte
schwimmt und geht nicht unter.
Mondhase
stößelt bittre Kräuter
Zum
Elixier des ew'gen Lebens.
Mir
wird das Herz nur bitter
Durch
Mondes Drogen.
Die
silberne Brillanz
Bleicht
nur mein Haar.
Ich
weiß, daß China
Von
Kriegen überzogen ist.
Der
Mond bedeutet den Soldaten
Nichts
in des Westens Wüsten.
DER JADEBLUMENPALAST
Es
wirbelt wild der Strom.
Der
Wind klagt in den Pinien.
Zerbrochne
Fliesen werden überhuscht
Von
grauen Ratten.
O,
welcher Prinz (lang, lang ists her)
Hat
diesen herrlichen Palast gebaut,
Der
nun so ruiniert am Kliff steht?
Im
Innern grüne Geisterfeuer
In
schwarzen Räumen.
Und
die zerstörten Bürgersteige
Sind
fortgespült.
Zehntausend
Orgelpfeifen
Wispern
und röhren, da der Sturm
Des
Herbstes rote Blätter schüttelt.
Des
Prinzen Jungfraun, seine Tänzerinnen,
Sie
sind nun gelber Staub,
Die
buntbemalten Wangen sind dahin.
Die
goldnen Wagen und der Hofstaat,
Dahin,
dahin.
Nur
noch ein Steinpferd blieb
Von
seiner Glorie.
Ich
sitz im Gras und fang zu dichten an,
Mich
überwältigt aber
Das
Pathos des Poems.
Unmerklich
flieht die Zukunft.
Was
dieses Jahr uns bringen wird,
Sag,
wer kanns prophezeien?
NORDWÄRTS REISEND
Schleiereulen
heulen
In
den gilbenden
Maulbeerbäumen.
Mäuse huschen,
Sie
bereiten ihre Löcher
Auf
den Winter vor. Um Mitternacht
Kreuzen
wir ein altes Schlachtfeld:
Mond
scheint kalt auf weiße Knochen.
AUF EINE AUDIENZ WARTEND IN
EINER FRÜHLINGSNACHT
Die
Blumen an den Mauern des Palastes
Im
Zwielicht dämmern.
Zwitschernde
Vögel fliegen
Zum
Schlafplatz. Sterne funkeln
Und
kreisen über hunderttausend Häusern.
Der
volle Mond tritt in das neunte Bild.
Ich
bin noch wach. Ich hör das Rasseln
Von
goldnen Schlüsseln
In
Schlössern, höre Jadezügel-
Schmuckstücke
klingeln in dem Wind.
Ich
soll bei meiner Audienz
Eine
besondre Denkschrift präsentieren.
Ich
staun: Wie lang doch dauert diese Nacht!
AN DEN PENSIONIERTEN
SCHÜLER
WEI PA
Die
Leben vieler Menschen sind
Viel
kürzer als die Zeit, seit wir uns sahen.
Antares
und Aldeberan,
So
haben wir uns einst bewegt.
Und
nun, welch eine Nacht? Wir sitzen
Zusammen
hier im Kerzenschein.
...Die
alten Freunde such ich auf,
Schon
viele sind von ihnen Geister.
Der
Kummer und die Furcht, sie schütteln mich
Und
brennen meine Eingeweide.
Nie
träumt ich, daß ich kommen würde
Auf
diesem Weg, nach zwanzig Jahren,
Ein
Wanderer, zu deinem Zimmer.
Als
wir vor Jahren voneinander schieden,
Da
warst du unverheiratet, doch nun
Hast
Jungen du und Mädchen, die
Sanft
lächeln und mich fragen über meine Reisen.
Wie
habe ich dies Alter
Und
diesen Ort erreicht? Bevor ich
Ans
Ende komm mit einer
Geschichte
ohne Ende, bringen schon den Wein
Die
Kinder. In der Nacht gehn wir hinaus
Und
schneiden junge Zwiebeln
In
regnerischer Dunkelheit.
Wir
essen sie mit heißer, gelber,
Dampfender
Hirse. Du sagst: Es ist traurig,
Sich
hier zu treffen... Doch wir stoßen an
Zehn
Mal ganz schnell mit Kelchen aus dem
Horn
des Rhinozeros. Zehn Kelche,
Und
noch sind wir nicht trunken.
Wir
lieben uns wie damals noch, als wir
Schulkinder
waren. Morgen früh:
Berggipfel
treten zwischen uns; mit ihnen
Endlose,
blinde
Geschäftigkeit
der Welt.
AM SICH WINDENDEN FLUSS I
Und
Tag für Tag auf meinem Weg nach Haus
Von
meinem Amt verpfände ich
Ein
andres Frühlingskleid. Und jeden Tag
Komm
ich betrunken von des Flusses Ufer.
Wohin
ich geh, ich habe Geld für Wein.
Die
Chronik kennt nur wenige,
Die
siebzig Jahr alt wurden.
Ich
seh die gelben Schmetterlinge
Tief
aus den Blütenkelchen trinken,
Libellen
nippen an der Oberfläche
Des
Wassers immer wieder.
Ich
rufe in den Frühlingswind,
Ins
Licht und in die Zeit, die schwindet.
Wir
freuen uns des Lebens nur für kurze Zeit,
Was
sollen sich der Menschen Wege kreuzen?
AM SICH WINDENDEN FLUSS II
Es
fliegen Blütenblätter überall,
Der
Lenz vergeht. Zehntausend
Staubkörner
Kummers wirbeln fort im Wind.
Ich
schau die letzten Blumen an,
Die
welken, und ich lindere den Schmerz
In
meinem Herzen mit dem gelben Wein.
Zwei
Königsfischer nisten
Im
ruinierten Pavillon des Flusses.
Ein
Steineinhorn bewacht das große Grab am Park.
Nach
dem Gesetze ihres Seins
Ist
jede Kreatur der Freude auf der Spur;
Warum
nur ließ ich zu,
Daß
eine offizielle Laufbahn
Mich
abgebracht von meinem Lebensziel?
AN DEN DICHTER PI SSU YAO
Wir
sind begabt. Die Menschen nennen uns
Die
führenden Poeten unsrer Zeit.
Demütig
ist die Heimat,
Die
Anerkennung trivial.
Wir
hungern, wir sind schlecht gekleidet,
Ein
Knecht behandelt mit Verachtung uns.
Im
Frühling unsres Lebens
Sind
faltig unsre Angesichter schon.
Wer
kümmert sich um uns,
Wer
kümmert sich um unsre Sorgen?
Wir
sind uns selbst ein Publikum,
Wir
ehren unsre literarischen Verdienste.
Unsre
Poeme werden bald gehandelt
Mit
den Gedichten großer toter Dichter,
Darüber
können wir uns trösten.
Zuletzt:
die Nachwelt wird uns wohl beerben.
EINSAMKEIT
Ein
Habicht schwebend in der Luft.
Zwei
weiße Möwen treibend auf dem Strom.
Aufsteigend
mit dem Wind, ists leicht,
Zu
fangen Vögel, welche närrisch treiben
Mit
dem Gewoge.
Im
Grase funkelt bunt der Tau,
Die
Spinne wartet auf ihr Opfer.
Prozesse
der Natur sind ähnlich der
Geschäftigkeit
der Menschen.
Ich
steh allein. Zehntausendfacher Kummer.
KLARHEIT NACH DEM REGEN
Herbst.
Am
Horizonte Wolken.
Der
Westwind weht
Zehntausend
Meilen weit.
In
klarem Morgendämmern
Beschäftigt
sind die Bauern
Nach
langen Regenströmen.
Die
kahlen Bäume schütteln
Die
letzten Blätter ab.
Die
Pfirschen klein, doch reif.
Tatarenlandes
Flöte
Beim
Stadttor spielt.
Die
Wildgans einsam
Steigt
in die Leere.
NEUMOND
Der
lichte, dünne, neue Mond erscheint,
Schief
an dem Himmel hängend.
Er
scheint nicht länger auf
Die
ruinierte Festung, denn
Die
Abendwolken ihn verhüllen.
Milchstraße,
unveränderlich,
Scheint
auf die kalten Berge an der Grenze,
Ein
weißer Frost bedeckt die Gärten,
Die
Chyrsanthemen frieren in der Nacht.
DIE WÜSTE
ÜBERBLICKEND
Der
Herbst ist klar. Ich schau
In
Räume ohne Ende.
Der
Horizont zerfließt in Gruppen
Von
Nebeldunst. Fern fließt der Fluß
Zum
Himmel. Eine Stadt allein
Befleckt
von Rauch. Der Wind
Bläst
fort die letzten Blätter.
Die
Hügel dämmern
Im
Sonnenuntergang.
Ein
Kranich fliegt allein und einsam
Zu
seinem Schlafplatz.
Im
Zwielicht stehn die Bäume und
Sind
voll von schwarzen Krähen.
BESUCHER
Ich
hatte Husten lange Zeit.
Es
scheint sich nun zu bessern
In
diesem Haus am Fluß.
Hier
ists auch still.
Hier
stört mich keine Menschenmenge.
Hier
leb ich voller Ruh und Glück.
Wenn
jemand ruft nach meinem Strohhut,
Dann
bringt mein Sohn den Bambushut.
Ich
geh hinaus und sammle
Uns
eine Schale voll Gemüse.
Viel
kann ich nicht anbieten,
Doch
gebe ich mit Liebe.
LANDHAUS
Eines
Bauern Hütte, nah am
Klaren
Fluß, das rustikale Tor
Öffnet
sich zu einer leeren Straße.
Unkraut
wächst am öffentlichen Brunnen.
In
den ältesten Gewändern
Lunger
ich herum, die Weidenzweige schwanken,
Bäume
blühn und parfümieren
Linde
Lüfte. Und die Sonne sinkt
Hinter
einer Schar von Kormoranen,
Die
sich ihre schwarzen Schwingen
Trocknen
nah am Ufer.
DIE WEIDE
Meines
Nachbarn Weide schwenkt
Ihre
zarten Zweige, graziös
Wie
ein fünfzehn Jahre altes Mädchen.
Ich
bin traurig,
Weil
an diesem Morgen
Wilder
Wind den längsten Zweig zerbrach.
SONNENUNTERGANG
Dämmerung
glänzt auf den Perlenschnüren.
Frühlingsblumen
blühn im Tal.
Gärten
an den Ufern voller Duft.
Rauch
aus Küchen schwebt
Über
Barken, welche langsam treiben.
Schwalben
hopsen, Schwalben tummeln sich
In
den Zweigen. Wirbelnde Insekten
Schwärmen
in der Luft.
Wer
entdeckte,
Daß
ein Kelch voll schweren Weines
Wird
zerstreuen tausend Sorgen?
ADIEU EINMAL MEHR
(meinem Freund Yen an der
Feng-Chi-Station)
Hier
scheiden wir.
Du
wanderst in die Ferne:
Die
Berge, die bewaldeten,
Sind
leer und ohne Freundlichkeit.
In
welchem Urlaub sehn wir uns
Zusammen
wieder trunken?
Wir
gingen letzte Nacht
Im
Mondlicht Arm in Arm,
Romantische
Balladen singend,
Entlang
des Flusses Ufersaum.
Drei
Kaiser überdauert deine Ehre!
Ich
geh zurück zu meinem
Einsamen
Haus am Fluß,
Stumm,
ohne Freund,
Ernährend
meine Jahre, welche bröckeln.
RUHELOSE NACHT IM LAGER
Die
Feuchtigkeit dringt ein,
Ich
schlafe unterm Bambus
Im
Mondenscheine, in der Wildnis.
Der
dicke Tau wird feiner Nebeldunst.
Die
Sterne, sie verlöschen nach und nach,
Allein
die Feuerfliegen flimmern noch.
Die
Vögel schreien überm Wasser.
Krieg
brütet seine Konsequenzen aus.
Ganz
nutzlos ist es, sich zu sorgen, wachend,
Dieweil
die Nacht verscheidet.
SÜDWIND
Die
Tage werden länger,
Die
Berge schöner.
Der
Südwind weht
Die
Blütenwiesen lang.
Die
Schwalben pfeilen wieder
Neu
übers Marschland.
Im
warmen Sande döst
Ein
Entenpärchen.
NEUER FRÜHLING
Weiße
Vögel überm grauen Fluß.
Scharlachblumen
auf den grünen Hügeln.
Ach,
ich seh den Lenz vergehn,
Und
ich frage mich, ob ich
Je
nach Hause kehren werde?
NACHT IM HAUPTQUARTIER
Klare
Nacht im Herbst.
In
dem Hof des Hauptquartiers
Wachsen
in der Kühle Wutung-Bäume.
In
der Stadt am Fluß
Wache
ich allein bei einer Kerze.
All
die Nacht lang
Stören
Hornsignale mir mein Denken.
Mondlicht
flutet reich am Himmel.
Wer
bemüht sich, das zu sehen?
Wirbelwind
von Staub.
Ach,
ich kann nicht schreiben.
Unbewacht
der Grenzpaß,
Reisen
ist gefährlich.
Krank
am Herzen wandre ich zehn Jahre lang.
Wie
ein Vögelein auf einem Zweig
Sitz
ich hier, voll Dankbarkeit für
Einen
Augenblick des Friedens.
AM FLUSS
Ein
Paar von goldenen Pirolen
Singt
in den Weiden, grünen Weiden.
Von
weißen Vögeln eine Linie
Kreuzt
klaren blauen Himmel.
Das
Fenster rahmt das Westgebirge ein,
Das
weiß ist von dem Tausendjahreschnee.
Am
Stege ankernd Boote ruhn
Aus
Wu im fernen Osten,
Dreitausend
Meilen von zuhaus.
KLARER ABEND NACH DEM REGEN
Die
Sonne sinkt am Horizont.
Die
Wolken sind davongeweht.
Ein
Regenbogen schimmert auf dem Fluß.
Die
letzten Tropfen tröpfeln auf den Felsen.
Kranich
und Reiher hoch am Himmel rufen.
Am
Ufer tapsen fette Bären.
Ich
wart hier auf den Westwind,
Genieß
den Mond, der schwindet
Und
schimmert durch den nebeligen Bambus.
VOLLMOND
Allein
und voll, der Mond
Am
Strome überm Hause flutet.
Das
kalte Wasser fließt ins Dunkel,
Fließt
unterhalb der Gartenpforte weg.
Der
lichte Goldglanz, funkelnd auf dem Wasser,
Ist
voller Unruh.
Brillanter
Glanz du meiner Wattejacke,
Brillanter
als die beste Seide!
Der
Zirkel oben ohne Makel.
Die
leeren Berge ohne Ton.
Der
Mond hängt in den weiten
Vakanten
Sternkonstellationen.
Viel
Pinienzapfen fallen in den alten Garten.
Die
Hennasträucher blühen.
Die
selbe klare Glorie gilt zehntausend Meilen weit.
NACHT IM HAUS AM FLUSS
Es
ist spät im Jahr.
Yin
und Yang, sie kämpfen,
Licht
und Dunkel
In
dem schrägen Sonnenlicht.
Auf
den wüsten Bergen
Frost
und Schnee
Glühen
in der kalten Nacht.
Nun,
nach Mitternacht,
Trommeln
schrein und Hörner,
Grausam,
mir das Herz durchschneidend.
Über
jene Dreier-Schlucht pulsiert die
Weiße
Stromfrau zwischen Sternen.
Bittre
Schreie aus vieltausend Häusern
Hört
man überm Lärm der Schlacht.
Die
Proleten singen wilde Songs.
Generäle
und Heroen alter Zeiten
Sind
für immerdar nun gelber Staub!
Ja,
so sind nun einmal die Geschicke
Dieser
Menschheit. - Poesie
Nur
allein besteht in Einsamkeit und Stille.
DÄMMERUNG ÜBER DEN
BERGEN
Die
Stadt ist still.
Geräusche
schwinden.
Gebäude
leis im Abend dämmern fort.
Ein
kühles Sonnenlicht auf höchstem Gipfel.
Der
dicke Dunst der Nacht
Sich
an die Hügel klammernd.
Die
Erde öffnet sich.
Die
Boote auf dem Fluß sind leer.
Der
Himmel, er ist still
Wie
Blätter, welche niedersinken.
Und
siehe, eine Hindin kommt
In
meinen Garten,
Die
sich verirrt hat von der Herde
Und
sucht nun ihre Freunde.
HEIMKEHR SPÄT IN DER
NACHT
Die
Nacht, sie sinkt.
Ich
kehre wieder
Von
einer Reise auf den Spuren
Der
Tiger.
Die
Berge, sie sind schwarz.
Zuhaus
ist jeder, schlafend.
Der
Große Bär steigt ab zum Fluß.
Darüber
sind die Sterne groß am Firmament.
Wenn
ich das Licht entzünde
An
meiner Tür,
Ruft
ängstlich eine Eule aus der Schlucht.
Ich
hör den Wächter mit den weißen Haaren
Auf
seiner Runde
Die
Stunde rufend.
Den
Knüppel in der Hand,
So
wacht er diese Nacht,
Und
alles ist sehr sicher.
MOND UND STERNE AUF DEM
FLUSS
Die
Herbstnacht ist sehr klar
Nach
diesem Donnersturm.
Auf
dem Gewässer glüht die Venus.
Der
Milchpfad weiß wie Schnee.
Der
dunkle Himmel tief, gewaltig.
Des
Nordens Krone funkelt.
Der
Mond, ein klarer Spiegel,
Erhebt
sich aus der großen Leere;
Wenn
er gestiegen ist
Hoch
in den Himmel,
Dann
glitzert Mondlicht frostig auf die Chrysanthemen.
VOM WASSER
Unter
meinen Füßen weißer Mond
Gleitet
auf dem Fluß.
Nach
der Mitternacht,
Eine
schaukelnde Laterne
Scheint
im Herz der Nacht.
Auf
der Sandbank
Flocken
weißer Enten, welche schlafen,
Jede
so wie eine Faust zusammgeballt.
Im
Kielwasser meiner Barke
Springen
Fische, Wasser schneidend,
Tauchen,
plantschten.
GEDANKEN AUF DER REISE
Eine
leichte Brise raschelt
In
dem Rohr am Saum des Flusses.
Meines
Bootes Mast ruft in die Nacht.
Sterne
blühen
Über
der gewaltigen
Wasserwüste.
Mondlicht fließt
Auf
dem wogendem Gewässer.
Meine
Poesie
Machte
mich berühmt, jedoch
Heute
bin ich alt und krank und müde;
Ich
bin eine Möwe,
Traumverloren
zwischen Erd und Himmel...
WEIN
Die
Scheidesonne liegt vor meinem Tor,
Ein
Dämmer hüllt den Fluß im Frühlingshauch,
Wo
Süßparfüm sich nah dem Strand verlor,
Wo
Fischer ihre Anker senken, Rauch.
Im
Haine schläft der Sangesvögel Chor,
Insekten
schwärmen durch die Lüfte auch.
O
Wein, wer gab dir die subtile Macht?
Ertränkt
im Kelche Tausendsorgennacht!
AN SEINEN BRUDER
Die
Abendtrommel leerte alle Pfade,
Zur
Grenze flog die Herbstgans weiß wie Jade.
Kristallner
Tau zu meinen Füßen licht,
Der
Mond streut wie vorzeiten Silberlicht.
Wo
sind die Brüder? Ferne sie umrauscht.
Kein
Heim, wo man des Andern Sorgen lauscht.
Verloren
gingen Briefe. Solln sie jetzt
Ankommen,
wo das Schwert das Land verletzt?
SSU-MA HSIANG JU
Hier
war es, von der Krankheit arg bedrückt:
Er
fand Erleichterung an Wen-chuns Brust.
Hier
war es: die vulgäre Schenke blickt
Zum
Wolkenberge Tag und Nacht voll Lust.
Und
unter Blum und Blatt da spürt ich nach
Dem
Flatterhaar, dem sanften Antlitz schön.
Der
Phönix rief vergebens, ach und ach!
Solche
Gefährtin wird nie mehr gesehn!
DER EREMIT
Ich
schritt den Hügel hin in Frieden,
Zu
suchen einen Eremiten,
Wo
Schläge klangen durch den Wald,
Zur
Bergschlucht in der Laubgestalt.
Ich
kreuzte einen Bach, der nicht
Zu
frieren unterließ, als dicht
Nachmittagsstrahlen
durch die Räume
Schräg
glänzten durch die goldnen Bäume.
Es
hat ihm Freude nicht gemacht,
Zu
lästern von dem Stank der Nacht,
Vielmehr:
zu sehn den Hirsch im Morgen,
Im
goldnen Lichte leis verborgen.
Mein
Geist war klar und ohne Not.
Doch
ich verlor den Meister gut -
Und
ohne Ruder zieht mein Boot
Vondannen
mit dem Flug der Flut.
GENIESSE DEN TAG I
Die
Blüte sinkt, der Lenz beginnt zu sterben. Und
Mein
Herz wird trüb und trauriger mit Sturmes Schwellen.
Komm!
eh des Herbstes Beute uns bestreut den Grund,
Und
laß den Weinkelch kreisen unter den Gesellen!
Geformt
ein Königsfischer, wo einst Menschen leise
Gelacht,
Steindrachen wachen an des Kirchpfads Wänden.
Wer
süßer Wonne folgt, alleine der ist weise.
Warum
die Zeit mit Ruhmestaten sich verschwenden?
GENIESSE DEN TAG II
Vom
Hofe geh zum Leihhaus ich zur Abendstunde,
Will
wiederkehrn vom Fluß als Trunkenster der Runde.
Ich
bleibe niemals etwas schuldig meinem Glas.
Gut,
wenige nur werden Dreiundsechzig, was?
Der
Falter fliegt von Blumenkron zu Blumenkron
Und
die Libelle nippt vom Tau und springt davon.
Jeglich
Geschöpf erfreut sich seiner Stunden Fließen.
Solang
es geht, wolln wir den kurzen Tag genießen!
PICKNICK
Die
Sonne sinkt in sanftem Abendrot,
Behauchte
Wellen tragen unser Boot.
Wir
suchen einen Bambuswinkel, wo
Duftende
Lilien Ruhe bieten. O,
Gefüllte
Kelche bieten uns die Feen,
Bestreut
mit Lotos von den Fingern schön.
Die
schwarze Wolke sieh am Himmel... Zeit
Das
Buch zu schließen und zu fliegen weit!
DIE HÖHEN
Frischer
Wind und hoher Himmel,
Affen
weheklagen.
Klare
Inseln, weiße Strände,
Silbermöwen
jagen.
Durch
den weiten Raum mit Rascheln
Blätterlaub
verweht.
Jenseits
meiner armen Hütte
Yangtse
meerwärts geht.
Komm
von Ferne, bin ein Fremder,
Herbst
streut seine Blätter.
Mit
den Jahrn und Krankheit streitend,
Krieg
betritt die Bretter.
Ärger
plagt und schlimme Prüfung,
Haare
grauer täglich,
Bis
die Stunde kommt und darreicht
Mir
den Kelch unsäglich...
AN MEINEN ONKEL
Zehntausend
Täler sind gefegt von Seufzerbäumen,
Man
sieht des Herbstes Brise tausend Schritte säumen.
Weit
von den Vorstadtmauern eilte unser Boot.
Banquett
des Abschieds auf dem Flusse abendrot:
Ein
nobles Meeting! Aber ach, es währt nicht lang.
Warum
beherrschen Sorgen unser Leben bang?
Ach
diese Knochen, sie gehören strengem Weh!
Die
Räuberbanden zahlreich wie der Haare Schnee.
Bedauertest
mein Scheiden, Onkel, wie die Alten,
Vermachtest
aber mir noch deines Mantels Falten.
Im
Sand der Gelbe Kranich, an dem Abendtage,
(Verloren
seine Braut) weint trostlos seine Klage!
DAS GLÜHWÜRMCHEN
Geborn
aus faulen Grases Feuchte,
Mußt
fürchten du des Tages Licht.
Auf
meinem Buche deine Leuchte,
Die
Welt erscheinen läßt sie nicht.
Auf
eines Fremden Kleid von fern
Läßt
scheinen du den zarten Stern.
Auch:
wenn du von dem Wind geboren
Zum
Sabbat ruhst vor meinem Zimmer,
Ist
winzig nur der Phosphorschimmer:
Ein
Elfenauge traumverloren...
Und
vor dem Regen birgst du dich,
In
stillen Wäldern deinen Flügel.
Und
dann - November frostiglich -
Du
schwindest laubgleich von dem Hügel.
AN LI BAI
Wie
lange habe ich dich nicht gesehen, Li!
Du
armer Mensch, in deinem simultierten Wahn,-
Die
Welt will deinen Tod, und dich vergessen, Li!
Mein
Herze aber betet deine Seele an,
Für
deine tausend Lieder, geistvoll: Hochgesang!
Und
für den Einen Kelch: Balsam der Armutswunde!
Zu
deinem alten Leseplatz, dem Berge Kuang,
Komm
wieder, du mit weißem Haar. Es ist die Stunde.
C H A N G C H I E N
DHYANA
In
den Konvent schleicht Dämmer klar,
Die
auferstandne Sonn betüpft
Den
Baum, den sie mit Gold bestreichte.
Auf
dem verschlungnen Weg erreichte
Dhyanas
Halle ich, da war
Die
Tanne und da war die Buche.
Am
Hügel Vogelstimmen suche
Ich
lauschend, und ein Vogel hüpft.
Vom
Menschenherz der Schatten schlüpft
Davon
am See, kristallenklar.
Der
Lärm der Welt mit seinem Fluche
Ist
fortgebannt vom Zauberspruche.
Es
klingt die Glocke vom Altar.
C H I A C H I
LENZLEID
Der
Weidenschaum ist gelb gefranst,
Das
Gras ist fröhlich grün.
Pfirschblüten
wild vermischen sich
Mit
Plaumen, welche blühn.
Ostbrise
streicht an mir vorbei,
Mein
Kummer will nicht fort.
Die
Frühlingstage werden lang
Und
länger leid ich, Lord!
W E I Y I N G - W U
LEBT DER LIEBE?
Pirole
singen kurze Weise
Und
Orchideen blühen leise.
Man
sieht die Frau die Kleider räffen,
Auf
Musselin die Sonne treffen.
Die
süßen Brauen falterfein,
Geteilter
Mund wie Jadestein.
Sie
seufzt in ihrem Tagestraume:
Es
blüht der Pfirsich und die Pflaume,
Wo
aber wohl ihr Heros bliebe?
Ach,
seit er ging, flohn Tage trübe.
Ist
tot er oder lebt der Liebe?
ERINNERUNGEN
Im
Herbst, wenn der Mondschein die Nächte erleuchtet,
Dann
schlender ich, summe und träume von dir.
Wenn
Pinientropfen den Hügel befeuchtet,
Sag,
träumst du von mir?
EIN VERSPRECHEN
Bei
deinem Abschied süße Blumen blühten.
Die
Blüte spricht: Ein Jahr verging den Kummern.
Zu
prophezeien manche sich bemühten.
Dem
Leiden Medizin: Es wegzuschlummern!
Ich
leid im Leib! Sehn mich nach unsrer Stelle.
Ich
kann in Müßiggang nicht faul vergehn.
Du
sagtest, du besuchst mich. O komm schnelle!
Bis
dann - wie oft soll ich den Vollmond sehn?
DER FÄHRMANN
Allein
die Pflanze an dem Flußbett grün,
Der
Mangovogel lauthals voll Bemühn
Vom
schmalen Baume nieder singt sein Wort.
Voll
Frühlingsfrische stürzt der Wildbach fort.
Ums
Fährboot müßig sich die Wellen schwangen,
Der
Fährmann Charon aber ist gegangen.
H A U A N - C H E N
MEINE NACHBARIN
Bären
schliefen bei den Lämmern
Und
der Mond war fortgegangen,
Nacht
verstarb im Morgendämmern,
Meine
Gottgedanken schwangen...
Dann
ein Sound von Melodie,
Eine
Laute seufzte hin.
Und
ich wußte: Das ist sie,
Süßes
Mädchen Nachbarin.
Ihre
Saite mich bezirzte
(Vor
mir ihre Falterbrauen)
Mein
Herz süß in Spannung stürzte
(Ihre
Finger morgentauen).
Zwischen
uns war Schloß und Pforte,
Wände
trennten unsre Räume.
Eilt
ich fort mit diesem Worte:
Träf ich dich im Reich der
Träume!
L I U Y U - H S I
EIN MÄDCHEN
Ein
buntgewandtes Mädchen
Geht
von der Laube fort,
Beweint:
sie darf nicht wandern
Und
ziehn von Ort zu Ort.
Am
Hofe pflückt sie Blüten
Von
mancher Blume Stamm.
Und
die Libelle flattert
Und
sinkt auf ihren Kamm.
B O
D J Ü - I
EINE FREUNDLICHE JUNGFRAU
Von
einer lieben Jungfrau red ich, nicht in Prosa.
Wie
Weidenblätter grün der Blick, die Wangen rosa.
Zwei
Jahre vorher: Vor dem Spiegel stand ihr Leben
Und
ein Jahr vorher lernte Sticken sie und Weben,
Vollendete
mit Dreizehn ihre Fähigkeit.
Dem
Schicksal zu begegnen war sie dann bereit.
Juwelenflechten
krönten blütengleich das Haar,
Von
ihr ging hauchgeborner Duft aus wunderbar.
Der
Körper und das Angesicht: ganz unvergleichlich.
Bei
jeder Wendung glänzte seltner Schimmer weichlich.
Doch
Fröste, Pfirsch und Pflaume unzeitig vernichtend,
Anrührten
sie, so fiel sie, ihre Hochzeit sichtend...
O
Vater und o Mutter, legt den Gram beiseit,
Gesegnet
ist sie nicht als Braut der Sterblichkeit -
Ein
Engel sie! gebannt aus ihrer Heimat eben,
Verurteilt,
auf der Erde kurze Zeit zu leben.
Liebliches
Ding, von zarter Machart, fein und licht,
Wie
eine Wolke schwindet, wie ein Glas zerbricht.
VOM ENDLOSEN WEH
Der
Herr der Han-Zeit liebte Schönheit, Lust der Liebe.
Doch
im Palaste fand er nimmer eine Liebe.
Ins
Heiratsalter kam die Maid im Hause Yang,
Kam
in der Harem, unbekannt der Welt auf lang.
Ein
liebliches Geschöpf des Himmels tut man nie beiseite...
Sie
ward erwählt, zu wandeln an des Prinzen Seite.
Sie
lächelte - und Amor ward geboren süß.
Von
keiner Kunst und Grazie die Dame ließ.
Es
war im Lenz, sie badeten im Hua-ching-See,
Im
lauen Wasser schmolz des Winters harscher Schnee;
Aufseher
trugen sie, so hilflos und so schön,
Der
Prinz begehrte sie noch über sein Verstehn.
O
Wolkenhaar und Blumenantlitz! Klang der Füße!
O
zu verbringen eine Lenznacht, eine süße!
Die
Frühlingslust wie kurz! wie schnell die Sonne sank!
Der
Prinz verließ den Hofstaat wegen Dame Yang,
Entwich
aus Liebe, wich von dem Geschäft der Macht.
Ein
Lenz verfolgt den andern, Nacht verfolgt die Nacht.
In
seinen Kammern wohnten tausend Schöne stolz,
All
seine Liebe an der Brust der Einen schmolz!
Im
Inneren Gemach nach Untergang der Sonne
Sie
diente ihm. Der Reiswein brachte Liebeswonne.
Frau
Yangs Familie ward erkorn zum Ehrenstamme,
Die
Demut ihres Hauses hell von Ruhmes Flamme.
Durchs
Reich der Eltern Jubel glücklich war erklungen:
Ein
Mädchen kam zur Welt (sie wollten keinen Jungen).
Auf
lieblichen Palasts Balkon, im Wolkenkleid,
Ein
Elfensturm von süßen Freuden hallte weit.
Und
Wonnesang, lasziver Tanz zum Saitenspiele!
Und
nimmer ward der Kaiser müde auf dem Pfühle.
Bis
Beben kam von Trommeln und von Kriegsalarm,
Zerschmetterte
die Schönheit in der Liebe Arm!
Staubwolken
glühend vor Palastes Toren flogen,
Wagen
und Reiterscharn sind in den Krieg gezogen.
Die
schöne Dame wollte mit den Kriegern wandern,
Nach
vierzig Meilen ruhte sie mit allen andern.
Ach,
die Armee ging unter, alles hoffnungslos!
Die
Augenbrauen sanken in der Erde Schoß,
Die
Ornamente fielen, lagen da wie tot,
Die
goldnen Klammern, Nadeln nun wie Blut so rot.
Ihr
Herr konnt sie nicht retten. Da verbarg sich stumm er,
Mit
letztem Blicke Tränen rannen ihm vor Kummer.
Der
gelbe Staub zerschlagen, desolat der Wind,
Auf
Wirbelwolken ließ die Erde sie geschwind...
Beim
großen O-mi-Berge selten Leute gingen,
Das
Sonnenlicht verglüht, die Banner träg sich schwingen.
Grün
sind bei Szetchuan die Hügel, grün im Dust.
Von
Nacht zu Nacht welch schweres Leid in seiner Brust!
Er
sah den Morgen, seine Brust bestürmt von Schmerz,
Der
Regen schmerzte ihn, der Wächter Glockenerz.
Die
Rebellionen lärmten. Er zum Wagen stierte,
Ging
raschen Schritts zum Wagen, den er reparierte.
Beim
Hang von Ma-wei, tief verborgen in dem Grund,
Sah
er das Antlitz nicht mehr, nun in Todes Schlund.
Er
schaute zum Minister und es flossen Tränen.
Ostwärts
die Stadt. Sie spornten ihrer Rosse Sehnen.
Ihr
See und Garten war noch da, ganz unverändert.
Der
Taiyeh-Lotos und die Weide glanzumrändert:
Der Lotos schien ihr Antlitz, Weide ihre
Brauen.
Das
sehend, strömten seine Tränen bittertauen.
Als
Pfirsch- und Pflaumenblüten machten alles neuer,
Als
Wutung-Blätter fielen in dem Herbststurmfeuer,
Vorm
Hofe ungemäht wuchs rankend Herbstes Gras.
Die
Wege rot von Laub, nie fortgefegt ward das.
Die
Haare ihrer Freundinnen inzwischen grau,
Von
dem Palast zog fort Eunuch wie Edelfrau.
Der
Glühwurm in dem Raume ihre Seele schien.
Er
zündete die Lampe, Schlummer wird ihn fliehn.
Wie
leise durch die Nacht die Wächterglocke klang!
Wie
glänzt der Milchweg, eh im Morgen Licht vordrang!
Wenn
kühl das Dach, wo wahre Liebe mochte wohnen,
Wer
wärmt dann wohl das Flügelkleid der Halcyonen?
Verglühend
floh sein Leben durch der Jahre Raum.
Nie
kam ihr Geist, zu stillen ihn in einem Traum.
Es
kam ein Prediger, bewandert in Magie,
Und
rufte, die in Yamas Halle weilte, sie;
Mitleidig
mit des Prinzen Leid, der konnt nicht ruhn,
Er
sandte Fang-Shih aus, der sollt sein Bestes tun;
Und
der fixierte Luft, wie Blitze flog er fort:
Im
höchsten Himmel und im tiefsten Erdenort
Er
suchte durch, durch Gelbe Quellen, Azur-Feste
In
Leere und in Glut, doch keine Überreste...
Da
hörte er vom Meere und dem Haus der Feen,
Obskur
auf Leere und vor Zauber nicht zu sehn,
Sehr
schön, der Turm umweht von Regenbogenhaar,
Wo
viele Elfen standen, schön und wunderbar.
Und
eine, Tai-chen hieß sie, lieblicher als alle,
Die
Haut weiß, schön das Antlitz, Schönste in der Halle -
An
westlichen Palastes Pforte klopfte er
Und
bat den Wächter: Ruf die Dame von dem Meer!
Da
hörte sie sein Wort, bedient von Han Huang,
Im
Silberschleier flog sie traumhaft mit Gesang!
Man
sah die Seide flattern und sich wehend schwingen,
Durch
reichbesetzten Torweg ihre Schritte gingen.
Die
Wolkenhaare flossen, frisch vom Schlaf die Frau,
Der
Elfenärmel, aufgepustet, floß wie Tau.
Ihr
Hemd wie Regenbogen, Flügeln gleich ihr Kleid.
Ihr
Antlitz traurig, Tränen in den Augen, Leid:
Lenzperlen
in der Pflaumenblüte früh am Morgen...
Verschleiert
war ihr Glanz. Sie dankt des Kaisers Sorgen.
"Stimme
und Antlitz tragen Kummers schwarze Nacht.
Am
Hofe blieb mein Herz, kennt keine andre Macht.
In
Elfenlands Palast seh ich den Tag, den bunten.
Wend
ich mein Haupt, zu sehn die Welt der Menschen unten,
Kann
ich nur Chang-an sehn, so dick der Nebel fließt.
Sieh
meine Dinge - wahrhaft meine Liebe sprießt -
Die
Ornamente geb ich dir hier, den ich fand:
Der
goldnen Nadel Hälfte hier in meine Hand,
Die
andre send ich Ihm und diese goldne Klammer.
Mein
Herz ist treu und echt wie Gold, trotz allem Jammer.
Im
Himmel treffen Sterbliche sich wieder, dort..."
Die
Elfe ging. Er fragte sie um noch ein Wort.
"Da
ist ein Ding, das kennen nur wir zwei:
Wir
standen einst in Chang-ans Halle", sprach die Fei,
"Zur
Nacht wars, und wir beide waren ganz allein.
Im
Himmel würden nimmer wir geschieden sein,
So
schwörten wir im siebten Mond, am siebten Tage.
Bewahr
die Erde unsrer Überreste Klage!"
Die
Erde alt, der Himmel mächtig. Zeit vergeht.
Endloser
Kummer aber nimmerdar verweht!
ALTER MANN MIT GEBROCHENEM
ARM
Ein
Mann in Hsin-feng, achtundachtzig Jahre,
Schneeweiß
die Brauen und die Haare,
Sich
lehnend auf des Enkels Schulterbeingelenke
Ging
da vor einer Schenke.
Er
lehnte auf die Schulter seinen linken Arm,
Gebrochen
war der rechte Arm.
Ich
fragte ihn, wieviele Jahre hingekrochen,
Seit
seine Knochen er gebrochen;
Ich fragte ihn nach der Verletzung Grund
Und
wie und warum es geschehen. Und
Der
Mann sprach, er hätt einst das Licht der Welt erblickt
Und
aufgewachsen sei er im Hsin-feng-Distrikt.
Sehr
klug die Herrschaft sei zu jenen Zeiten
Gewesen,
Krieg gabs nicht und keine Streitigkeiten.
"Oft
lauschte ich im Birnbaumhain dem Klang
Von
Flöte und Gesang.
Nichts
wußte ich von Bannern und von Lanzen,
Von
Bogen nichts und von der Pfeile Tanzen.
Dann
kam des Tien-pao-Krieges Feuer,
Die
große Steuer.
Und
von drei Männern in jedwedem Haus
Ward
einer eingezogen in des Krieges Graus.
Und
jene, die das grimme Schicksal angeblickt,
Wohin
denn wurden sie geschickt?
Fünfmonatsreise,
tausend Meilen, fort
Nach
Yünnan-Ort.
Wir
hörten, daß durch Yünnan groß
Der
Lu-Strom floß.
Die
Blüten fielen von dem Pfefferbaum,
Giftiger
Dampf stieg auf wie böser Traum.
Und
als das große Heer hindurchgeschritten,
Die
Wasser kochten gischtbeglitten.
Wenn
zehn das andre Ufer sich erworben,
Zwei
oder dreie sind gestorben.
In
meines Dorfes Süd und Nord ein Weinen
Erklang
und Klagelaut und Greinen,
Von
Vater und von Mutter Söhne schieden,
Die
Männer von der Frauen Frieden.
Ein
jeder sagte, daß von den Expeditionen
Gegen
die Min, die an der Grenze wohnen,
Von
ausgesandter Männer Millionenschar
Nicht
Einer wiederkehrte gar.
Ich,
der ich alt nun bin, ich war
In
jenen Tagen fünfundzwanzig Jahr.
Mein
Name nieder war geschrieben, mir zum Fluch,
In
Krieges Buch.
Nachts
nahm ich heimlich einen Stein,
Auf
meinen Arm schlug ich da ein!
Ich
war zum Bogenspannen, Bannertragen
Ganz
ungeeignet und zum Feindejagen.
Ich
wußte: nun würd ich nicht durch den Dampf
Gesandt
nach Yünnan in den Kampf.
Das
mußte schmerzen: meine Knochen
Gebrochen.
Ich
war bereit, den Schmerz zu tragen,
Könnt
ich nur schon nach Hause jagen!
Mein
Arm, seitdem gebrochen, schmerzte sehr,
Das
ist nun sechzig Jahre her.
Ein
Glied zerstört; das nützt:
Der ganze Leib geschützt.
Noch
jetzt in Winternächten
Bei
Sturm und Regenflechten
Vom
Abend bis zur Morgenstunde
Kann
ich nicht schlafen, denn es schmerzt die Wunde.
Vor
Schmerz nicht schlafen können und vor Klagen,
Ein
Kleines ists zu tragen,
Verglichen
mit dem Glück, am Leben noch zu sein,
Wenn
in der Erde schon der Anderen Gebein.
Sonst
wär vor Jahren an der Furt
Des
Lu-Stroms zur nochmaligen Geburt
Mein
Körper mir gestorben und mein Geist
Bei
unbegrabnen Knochen kreist.
Ein
Geist, wär ich in Yünnan stets geschritten,
Schauend
nach Haus, inmitten
Der
Gräber der Soldaten, nicht mehr lebend,
Wehklagend
schwebend."
So
sprach der alte Mann in einem fort.
Ich
bitt dich, lausche seinem Wort.
Vernahmst
du nicht, daß der Premier von Kai-yun,
Sung
Kai-fun,
Belohnte
nicht die Heldentaten an der Grenze,
Solang
noch herrschte Aggression im Lenze?
Vernahmst
du nicht, daß der Premier von Tien-pao,
Yung
Kuo-chung, im Morgentau
Begehrt,
des Kaisers Gnade zu gewinnen,
Will
darum an der Grenze einen Krieg beginnen?
Doch
lang bevor die Feinde er besiegt,
Der
Leute Stimmung schon verfliegt.
Frag
du den Mann mit dem gebrochnen Arm
Im
Dorf von Hsin-feng! Gott erbarm!
DER KOHLENHÄNDLER
Ein
alter Köhler schneidet unverhohlen
Im
Wald des Südbergs Holz für seine Kohlen.
Sein
Angesicht, befleckt von Staub und auch
Von
Asche, sah nun aus wie grauer Rauch.
Sein
Haupthaar grau so wie von Alterspracht,
Seine
zehn Finger schwarz wie Mitternacht.
Der
Zaster, den vom Handel er erhält,
Wie
weit reicht dies sein Silber in der Welt?
Grad
gnug, die Glieder zu ummänteln und
Ein
wenig Reis zu schieben in den Mund.
Doch
ach, der Mantel um den Rücken bloß,
Geflickt
ist er und dünn und futterlos.
Er
hofft, wenn kommt des Winters kaltes Leben,
Inflationären
Kohlepreis zu heben.
Und
letzte Nacht gar, etwas vor der Stadt,
Stand
einen Fuß der Schnee hoch, silbermatt.
Im
Dämmer fährt den Kohlenwagen leise
Der
Kohlenmann entlang gefrorner Gleise.
Der
Mensch ist hungrig und der Ochse müd,
Die
Sonne steht schon oben im Zenit.
Und
vor dem Tor der Stadt, am Südmarkt dann
Er
schließlich hält in Schlamm und Modder an.
Mit
einemmale kommt ein Reiterpaar,
Wer
konnt das sein? Voll Hochmut offenbar.
Im
gelben Mantel ein Beamter fremd,
Ein
Jüngling war dabei im weißen Hemd.
Ein
schriftlicher Befehl in seiner Hand,
Auf
seiner Zunge ein Gebot man fand.
Sie
wendeten den Wagen an dem Ort
Und
brachten ihn vom Markt nach Norden fort.
Holzkohle,
mehr als tausend Stück im Wagen!
Dem Mann ein Unglück wars, nicht
auszusagen!
Wenn man beschließt, den Ochsen
fortzujagen,
Arbeiter
können sich da nicht beklagen!
C H U C H I N G - Y U
IM HAREM
Die
Pforte war geschlossen zur Blumenzeit,
In
Baumes Schatten ruhten sich Mädchen aus.
Die
Herzen waren voll - sie schwiegen -
Sprechenden
Papageien fürchtend.
C H A N G C H I
DIE ANTWORT DER KEUSCHEN
FRAU
Herre,
wissend von meinen Frauenpflichten,
Habt
zwei kostbare Perlen Ihr gesandt mir.
Ich,
erkennend, daß Liebe Euer Herz füllt,
Beide
wickelte in die Seidenwäsche.
Mein
ein Haushalt ist hohen Ehrenranges,
Und
mein Gatte ist Captain in der Heerschar.
Voll
des Geistes Ihr solltet sagen: "Treue
Einer
Frau ist für je und je beschlossen."
Nun
mit Euren zwei Perlen send ich Tränen:
Daß
wir uns nicht schon früher trafen, Herre!
Y A N G C H U - Y U A N
GESCHMACK
Die
Landschaft, die geliebet
Vom
Dichter, ist die des Maien,
Wenn
blühendes Grün verheimlicht
Die
sprühenden Weidenblüten.
Der
schönste Schmuck der Tage,
Hervorgebracht
vom Sommer,
Wirkt
auf jeden Wanderer
Reizend
auf seinem Wege.
EIN FLÜCHTIGER BLICK
Die
Blüten der Pfirsiche eben erst aufgebrochen,
Schwalbenpärchen
überflogen die Erde.
Ein
schönes Mädchen, mit entzückender Miene,
Zerstreuend
den lieblichen Lenzhauch, ward gesehn.
Sie
spielt mit dem Spiegel, an ihrer Seite liegend,
Errötete,
denn die Fenster waren offen:
Wenn
ein Reisender diesen Weg vorbeikommt,
Wird
er sich freuen am Wohlgeruch, den er fortstiehlt.
T U
M U
VERLORENE LIEBE
Zu
spät, ach! Ach, zu spät!
Ich
kam und sah: Der Lenz,
Der
liebliche Lenz ist geschwunden.
Doch
muß ich nicht bedauern
Die
herrlichen Tage der Jugend,
Die
nun tot sind, o tot!
Obwohl
die rosigen Blüten
Des
Lenzes der grausame Wind
In
den Staub gelegt hat,
Bewahre
in deinem Geiste,
Die
hangen nah dem Schatten
Des
Laubes, die fruchtigen Trauben.
LIEBENDE GETRENNT
Auf
den Schirm der Herbstmond
Starrt
kalt vom Äther herab,
Mit
seidenem Fächer sitz ich
Und
schnippe die segelnden Glühwürmchen.
Die
Nacht wird kalt und kälter,
Es
fröstelt mich bis ans Herz,
Den
Rinderhirten zu sehn
Getrennt
von der Weberin!
L I
S H A N G - Y I N
ERINNERUNG
Du
fragst mich, wann ich komme.
Ach,
nicht so bald, meine Liebe!
O,
wie der Regen füllte
Die
Teiche in jener Nacht,
Da
wir uns getroffen!
O,
wann werden wir wieder
Heilige
Kerzen entzünden,
Uns
in Erinnerung rufen
Die
glückseligen Stunden
Des
abendlichen Schauers?
BLÜTENFALL
Die
Gäste sind fortgegangen vom hohen Haus.
Im
kleinen Garten fliegen fallende Blüten
Und
wirbeln konfus die sich windende Straße lang,
Wie
Blitze von Licht gesandt durch die klare Luft.
O
die zerrissene Saite meines Herzens!
Umkehren
wollt ich, mit durchbohrten Augen!
Ich
überschütte den Lenz mit der Süße meines
Herzens,-
aber laßt mir den Tränentau!
PEI CHING-LO
Zur
westlichen Höhle steigt die Sonne nieder,
Den
einsamen Priester auf seinem Lager such ich.
Wo
ist er hin, da nun die Blätter fallen?
Kurvenreich
windet sich meines Weges Enge
Durch
kühle weiße Wolken und bringt mich hierher.
Zum
Abendgebet alleine schlag ich leis
Die
kristallene Glocke, an eine Rebe
Einsam
in meditativen Gedanken gelehnt.
Ein
Staubfleck in dieser großen weiten Welt -
Was
brauch ich Liebe? oder brauch ich Liebe nicht?
M A
T S U - J A N
VOM
WEG
In
meiner Jugend ging ich, zu studieren
Das
Wort und den Weg an einer lebendigen Quelle.
Dann
aber lag ich den halben Tag müßiglich
Auf
einem von der Sonne vergoldeten Bett.
"Was
für ein Tor du bist!" rief mich mein Meister
Des
Wortes an, "zufrieden mit menschlichem Los?"
Er
bat mich, zu der Welt zurückzukehren
Und
mich einen Trunkenbold zu nennen.
Aber
- warum die Unsterblichkeit suchen,
Etwa
durch ein Wunder von Lebenspillen?
Das
Geheimnis immerwährender Jugend
Ist
mir schon seit langen Tagen bekannt:
Akzeptiere
mit der Ruhe der Weisheit,
Was
immer dir der Gott der Liebe bringt.-