[Inhalt]

ALEXANDRINISCHE SOPHIA

Von Peter Torstein Schwanke

„Apollon weissagt aus der Vermählung der Philosophie und der Poesie...“
(Schwanke)



ERSTES KAPITEL


Ich muß es sagen nun, es drängt in meinen Sinnen,
Was so die Gläubigen zu predigen beginnen
Von Gott und Geist und Licht und dem Mysterium,
Bekehren wollen sie zum Evangelium!
Doch ich gehör der Welt, dem Fleische und der Erde,
Ich bin ein geiler Bock, kein Lämmchen ihrer Herde.
Wie viel von Religion und von dem Höchsten Gut
Ausbrüten Prediger in ihrer Glaubenswut,
Ich lass von Heiligen und ihrem Geistesleben
Mein Aug und Ohr und Mund mit Wörtern nicht verkleben.
Ich sage: Wahrhaft ist (so sagt ein rechter Mann),
Was sichtbar ist und was ich richtig fassen kann,
Was ich berühren kann und zärtlich kann antasten.
Doch Trug und Geisterspuk ist das Gebet und Fasten.
Zwar als sie predigten, da lieh ich kurz mein Ohr,
So mancher weisen Schrift erschloß ich da mein Tor
Und wollte hören viel von Zielen und von Gründen
Und ehrbar sein und fromm und lassen von den Sünden,
Da dachte ich: Den Feind verspotte ich mit Spott
Und trotze Satanas und werde Menschengott,
Ich strebte steil hinan durch alle sieben Sphären
Zum Fixsternhimmel noch und zu den Engelschören.
Da juckte mich das Fleisch, das ist kein Mann ein Held,
Mich lockte Fleischeslust und Augenlust und Welt.
Doch hatte ich gehört von frommen Philosophen,
Ich trieb die Weisheit aus durch das Geschwätz der Zofen
Und trieb das Gotteswort aus meinem armen Kopf
Durch manchen guten Wein und fettes Mahl im Topf
Und tat dann mehr als Gott und höhre Schönheit schauen,
Den Liebreiz schaute ich der unverhüllten Frauen!
Den Glauben an die Welt und alle Sichtbarkeit
Raubt mir die Kirche nicht mit ihrer Heiligkeit.
Was sie von Heiligen und hohen Geisteslichtern
Mir predigen, das ist mir nur wie Traum von Dichtern,
Altweiberfabel ist und Märchen Gottes Wort.
Die Liebeslieder nur der Mädchen fort und fort
Bewegen meinen Geist und wenn mit Röckchens Schwänzen
Die Hüften schaukeln sie in amourösen Tänzen.
Da seh die Venus ich nackt tauchen aus dem Schaum!
Doch Theologenwitz ist Idiotentraum!
Was soll ich die Idee, das Ideal erkennen?
In meinen Adern nur fühl ich die Liebe brennen!
Ja, Teufel, Fleisch und Welt, ist alles wirklich da.
Am Anfang war das Wort? Nein, die Materia,
Sie war im Anbeginn, es war im Anbeginne
Das Chaos, und die Welt erschließt sich nur dem Sinne,
Fünf Sinne hab ich drum und so allein erkennt
Der Sinne Sinnlichkeit des Daseins Element,
Der Elemente vier. Da soll mir keiner rümpfen
Die Nase geistesstolz, ich weiß von Wassernymphen,
Die wirklich und real nackt baden in dem Strom,
Vom Salamander auch, vom Sylphen und vom Gnom.
Ich sah die Nymphen selbst, sie lockten mich zur Paarung!
Was soll mir Gottes Reich, des Wortes Offenbarung,
Was soll der Wahrheit Geist und die Unsichtbarkeit
Von Christi Himmelreich? Der Erde Sichtbarkeit
Genügt vollkommen mir, die Erde will ich minnen,
Frau Mutter Erde will mit allen meinen Sinnen
Ich lieben und mich ihr ergeben bis zum Tod,
Bis schließlich Schwester Wurm verwurstet mich zu Kot!
Bis aber ich zuletzt wie alles Dasein sterbe,
Mit aller Lebenskraft ich um die Frauen werbe,
Ich bete an den Schoß, ich bete an die Brust,
Die Frau mein Gottesdienst, mein Glaube ist die Lust!
Und kommt ein Katholik und spricht vom wahren Glauben,
Ich sag zum Gottesmann: Will Gott es mir erlauben
Und ich werd Katholik, so werde ich ein Papst
Zur Zeit der Renaissance! Wie du als Papst priapst
Und selig zelebrierst die schönste Minne-Messe
Mit deiner päpstlichen jungfräulichen Mätresse
Und Nebenbuhler leicht mit Kirchenbann belegst
Und mit dem Ablaß dann die Himmelstreppe fegst
Vor der Geliebten Fuß, und hast du sie gewonnen,
Bist du im Himmelreich, in Seligkeit zerronnen,
Du gibst dein Seelenheil der schönsten Herrin bloß
Und lässt das Himmelreich für ihren süßen Schoß!
Doch leider so ein Papst ist einer von den Christen,
Sie leben nicht der Lust, sie glauben nicht den Brüsten,
Sie lehren nicht den Schoß, verkünden nicht Genuß
Und flehn zur Göttin nicht um einen Musenkuß.
Nein, Buße und Gebet und Opferung und Fasten
Ist ihre Heiligkeit, der Groschen in dem Kasten.
Da will ich lieber noch verdammt als geiler Bock
Hinab zur Hölle gehn, denn mancher kurze Rock
Und mancher offne Schoß mir dort entgegenquölle,
Denn freie Liebe herrscht und Wollust in der Hölle!
Was soll ich also noch mit frommer Liturgie?
Viel lieber ist mir da die Liebespoesie.
Der wahre Dichter singt nicht Gottes Hohe Minne,
Die niedre Minne singt der Dichter ganz im Sinne
Der süßen Fleischeslust, und nicht die Religion
Preist ein Poet, vielmehr die Dirne auf dem Thron
Der Venus singt der Mann, des Nächsten Ehegattin
Begehrt solch ein Poet und nennt sie Liebesgöttin.
Und wenn ein Philosoph von Weisheit redet, nur
Soll es die Weisheit sein der heiligen Natur!
Natur, die Mutter ist, die grüne Göttin nämlich
Die große Schöpferin, drum bin ich auch nicht dämlich
Und glaube an den Geist, der lebt in der Natur.
Dem Stoff, der Energie folg ich auf ihrer Spur
Und bet den Kosmos an, und meine höchste Wonne
Anbetung ist des Monds, Anbetung ist der Sonne,
Ich fall aufs Angesicht und bet zur Sonne, sie
Ist meine Heilerin mit ihrer Energie.
Drum, wenn schon Religion: Die Erdenkreatur
Zur Mutter bete dann, zur Göttin der Natur,
Die Erde betet an, ertastet ihre Kräfte
Mit Wünschelruten, kocht der Erde Zaubersäfte
Zum Heiltrank der Natur. Und wollt asketisch keusch
Wie Nonnen leben ihr, so esst nur ja kein Fleisch,
Ich will nicht finden mehr auf eurem Mittagstische
Den Braten und die Wurst und auch nicht mehr die Fische,
Dann lasst den Käse fort, die Kuhmilch und das Ei,
Erfrischender Salat und Korn euch Speise sei.
Wer aber Gottesdienst verkündet, Heilge Messe,
Der zeige Gottes Haus mir auf in Klee und Kresse,
Ob etwa in dem Wald von selber wächst der Dom,
Ob etwa Kinder tauft im Vaterland der Strom,
Ob Frühlingsblumen auch in aller Herren Länder
Von selber weben schön der Priester Messgewänder,
Ob Salamander, Gnom und Sylphe oder Nix
Verneigen sich vor Gott an seinem Kruzifix,
Ob etwa die Natur selbst ihre Elemente
Verwandelte in Gott wie in dem Sakramente,
Ob Fuchs und Affe auch im grünen Erdenstaat
Verschneiden ihren Schwanz wie in dem Zölibat,
Ob die Kaninchen auch zu fasten schon begonnen
Und nun in der Natur keusch leben wie die Nonnen,
Dann werd ich Katholik, wenn so ein Seher sieht:
Das Innre der Natur ist wie ein Karmelit,
Das Innre der Natur mit allen ihren Reizen
Ist Christus an dem Kreuz! Dann will ich mich bekreuzen!
Drum leb ich gottlos heut und gottlos bis zum Tod,
Denn wenn das Menschlein stirbt, dann wird es Würmerkot,
Die Seele aber schwebt nicht aufwärts, wie man dichtet,
Nein, mit des Menschen Tod wird auch der Geist vernichtet.
Der Mensch ist nichts als Staub im Licht des Sonnenlichts,
Doch kommt des Todes Nacht, dann geht man in das Nichts,
Dann wird man ganz zu Nichts, dem Sensemann zum Raube,
Das ganze süße Fleisch verwest zu Kot und Staube.
So ists von Anbeginn, seit sich die Erde dreht,
Und was vom Weltgericht noch fabelt ein Poet,
Das ist ein Märchen nur, dass Wonne oder Klage
Beschieden wird dem Geist zuletzt am Jüngsten Tage,
Und dass Gottlosigkeit zusammt mit Beelzebul
Wie Kohle glühen wird voll Pein im Höllenpfuhl,
Ein Ammenmärchen das für groß und kleine Kinder,
Nein, lieber glaub ich da, wie lehren alte Inder:
Die Seele kommt zurück und wieder wählt den Leib
Und lebt erneut im Fleisch und wieder lockt das Weib
Und lebt so ewiglich, braucht keiner ihn zu retten,
Von Leib zu Leib der Mann er liegt in vielen Betten.
Und so unsterblich bin ich wie das ganze All,
In manches Weibes Schoß ich nach dem Tode fall,
Unsterblich ewiglich leb ich in Erdenwonne,
Bis ich zuletzt verglüh, wenn explodiert die Sonne.
Was aber dann geschieht in schwarzer Nacht des Nichts,
Das lehre ein Poet mit Schönheit des Gedichts.
Bis aber explodiert der große Gott der Sonne,
Sei mir ein weiches Weib voll Wollust meine Wonne,
Und ihre Liebe sei mein Leben, meine Lust,
Mein Paradies sei mir des Weibes volle Brust!
So fürchte ich mich nicht vor unsrer Mutter Erde,
Die Göttin der Natur ich euch beschreiben werde:
In ihrem Inneren die Riesin dehnt und streckt
Und zieht zusammen sich und wiederum sich reckt,
Und dieser Riesin Drang und ihre Liebestriebe
Im Innern der Natur bewegen sich in Liebe,
Die tot sind in dem Stein (im Stein ist doch das All,
Die sphärische Musik, des Universums Schall),
Und diese Riesin heilt durch ihre Edelsteine,
Die trägt sie um den Hals im Regenbogenscheine,
Die Riesin treibt und glüht dann liebevoll im Lenz,
In Blumen blüht sie auf, ihr Kleid die Immanenz,
Die in dem Herbste dann in reichgeschwellten Züchten
Der Liebe Fruchtbarkeit euch offenbart in Früchten,
Der Liebe Fruchtbarkeit die Riesin spendet schier
Im Reiche der Natur jedwedem geilen Tier,
Kaninchen rammeln so und Falter tanzen Tänze
Um offner Rosen Schoß, den Füchsen glühn die Schwänze,
Der Esel steift sein Glied, der Hengst den Samen heiß
Verspritzt, die Wölfin auch brüllt dieser Riesin Preis,
Und alles glüht voll Lust, und in des Weltalls Fernen
Dämonisch buhlen noch die Götter auf den Sternen!
Doch wenn die Riesin will in all der wilden Lust
In des Gedankens Blitz sich werden selbst bewusst,
Gebiert sie, wie die Maus geboren hat der Berg,
Die Riesin dann gebiert das Menschenkind, den Zwerg!
Der Riesenmutter Sohn, der Zwerg, das Menschenwesen,
Noch nicht von der Kultur und Kirche auserlesen,
Es lebt nun in der Welt, ist klein und wird rasch groß
Und will doch nur zurück in seiner Mutter Schoß.
Es ist ihm in der Welt Geschiebe und Gedränge
So kalt und seelenlos, so ekelhaft und enge,
Zur Mutter will zurück auf alter Heiden Spur
Der Sohn, er will zurück zur Göttin der Natur.
Die Mutter und der Sohn, das Chaos und das Denken,
Sie leben in der Welt und wechselseitig schenken
Sie ihre Liebe sich, so hält sich bald der Sohn
Für aller Schöpfung Geist, den Geist im Weltenthron:
Die Seele der Natur bin ich selbst auserlesen,
Ich bin der Schöpferin Mitschöpfer, spricht das Wesen,
Vereine das Atom, mach fruchtbar die Natur,
Ich zeug das Leben neu, schaff neue Kreatur,
Ich mach den Menschen selbst, den Ton mach ich als Töpfer,
Ich bin der neue Gott, ich bin der neue Schöpfer,
Und was ich schaff zuletzt, das sag ich ohne Spott,
Ich schaffe als Poet zuletzt den Neuen Gott!
Doch bleibe ich der Sohn der Großen Göttin-Mutter,
Der Göttin der Natur, ich werd zuletzt ihr Futter,
Die Mutter frisst mich auf, ich werd des Wurmes Kot,
Kehr in den Mutterschoß und werde Nichts im Tod.
So Werden und Vergehn, ein ewigliches Werde,
Des Gleichen Wiederkehr, das lehrt die Mutter Erde.
Drum hasse ich mit Haß den aufgeblähten Geist,
Der sich als Ebenbild des Himmelsgottes preist,
Des Vaters, der da herrscht im ewigen Äone,
Des Abbild sei der Mensch und sei der Schöpfung Krone,
Sei wie sein Gott Person (Gefühl, Gedanke, Wort),
Geschaffen sei von Gott zum Leben immerfort
Im Jenseits dieser Welt und irdischem Gewimmel,
Es sei sein Vaterland das Vaterland im Himmel!
Sie reden von dem Gott, er sei ein Menschensohn,
Und Jungfrau-Mutter sei die wahre Religion,
Die Keuschheit preisen sie und Heiligkeit Marias,
Die ohne Fleischeslust geboren den Messias,
Der sei ein wahrer Gott und Sohn des Menschen mild,
Maria preisen sie und zeigen uns ihr Bild,
Verschleiert, rein und keusch, im Arm den Nazarenus!
Doch ich bekehre euch noch zu der Göttin Venus,
Dann lasst ihr von dem Gott, der voll Potenz und Akt,
Zur Göttin fleht ihr dann, die reizend ist und nackt!
Da soll der fromme Geist mit himmlischen Ideen
Und altem Priesterspruch noch länger widerstehen
Und Haare spalten und mit Theologenwitz
Die Engel zählen, die da auf der Nadel spitz
Sich schön im Reigen drehn, so soll der Philosoph, ah,
Mit einem Wonneweib lasziv auf seinem Sofa
Studieren den Ovid und Nasos Liebeskunst
Und dann entbrennt auch er in geiler Venus Brunst!
So bleibet mir vom Leib, ihr Frommen und ihr Heilgen,
Bigottes Christenvolk, ihr Keuschen und Langweilgen,
Ich stehe hier und kann nicht anders! Mein Protest
Spricht wider euren Gott: Das Leben ist ein Fest!
Geht auf des Dornenwegs, geht auf des Kreuzwegs Steilheit,
Ich preis die Fruchtbarkeit, ich preis der Wollust Geilheit!
Kasteit euch, geißelt euch mit Fasten und Gebet,
Ich lass erlösen mich durch Sexualität,
Ich bete an der Frau gebenedeite Brüste,
Ich preis die Herrscherin der heißen Liebeslüste,
Ich will mit diesem Weib vereinigt sein im Akt!
Und sterbe ich zuletzt, so sei’s im Beischlaf nackt!
Dies singe ich, Hans Wurst, jedwedem Christenzwerge,
Glückselig bett ich mich im ewgen Venusberge!



ZWEITES KAPITEL


Als wir nach Ostia zur Tiber sind gekommen,
Ward meine Mutter mir von Gott hinweggenommen.
Viel wär zu sagen doch von deiner treuen Magd,
O großer Gott und Herr, doch viel bleibt ungesagt.
Doch was ich sage, Gott, sag ich, um dir zu danken
Und dir zu bringen dar erhebende Gedanken.
Das aber tu ich kund vom Leben deiner Magd,
Was dir zu Lob und Preis von ihr sei ausgesagt,
Die mich aus ihrem Leib in diese Welt geboren,
Im Geist mich neugeborn, da Gott mich auserkoren.
Im Fleische sie gebar mich für die eitle Zeit,
Im Herzen sie gebar mich für die Ewigkeit.
Doch nicht sie selber will ich wie die Heidenpfaffen
Vergöttern, sondern dich, Gott, der du sie geschaffen
Und sie erzogen hast, dich preist mein Mutterkult
Für dein Erbarmen und für deine große Huld!
Du schufest Monica, und Mutter nicht noch Vater,
Sie kannten nicht ihr Kind wie du, o Wunderrater,
Sie sahen nicht voraus, was aus ihr werden wird,
Doch deine Vorsicht sah das alles schon, o Hirt.
Dein Hirtenstab, o Hirt, das Zepter des Messias,
Erzog in Gottesfurcht das kleine Kind Marias,
In frommer Leute Haus, treu der Ecclesia,
Treu Gottes Abendmahl und Gottes Biblia.
Was die Erziehung nun betraf, wars nicht die Mutter,
Die da voll Weisheit war, der Liebe Honigbutter
Gab deinem süßen Kind die alte Dienerin,
Die Amme, der auch ich unendlich dankbar bin,
Weil meiner Mutter sie die Liebe eingegossen,
Die ich durch deine Huld mein Leben lang genossen.
Sie war sehr alt und fromm, von strenger Sittlichkeit,
Drum in der Christen Haus voll frommer Ehrbarkeit
Geehrt die Alte ward, die Amme voller Huld,
Die alle Kinderlein erzog zu Gottes Kult.
Sie herrschte herrschaftlich und voller Gottesweisheit
Und auch voll Zärtlichkeit und Sanftmut, Demut, Leisheit,
Und gab den Kinderlein der Weisheit Unterricht,
Goß in der Kinder Geist der Wahrheit süßes Licht!
Die alte Kinderfrau erlaubte nicht den Kindern,
Voll Gier zu fressen, nein, den kleinen Überwindern
Sie brachte bei das Maß, die Eltern an dem Tisch
Den Kindern gaben Brot und Butter, Käse, Fisch,
Doch maßvoll war das Mahl. Und selbst das Wassertrinken
Ward ihnen beigebracht, dass sie nicht tief versinken
In unstillbarem Durst. Es sprach die Kinderfrau:
Wenn ihr jetzt maßlos trinkt das keusche Wasser, schau,
So werdet später ihr, gegeben einem Manne,
Des Ehemannes Wein aussaufen aus der Kanne.
Schmeckt euch das Wasser dann nicht mehr, dann trinkt ihr Wein,
Und trinkt ihr jetzt zuviel, ist dann der Krug nicht klein.
Und dennoch Monica befiel die Lust am Trinken
Vom purpurroten Wein, sie liebte sehr sein Blinken,
Sie mochte sehr das Rot des Weines, rot wie Mohn,
Sie selbst hat das erzählt im Alter ihrem Sohn.
So wenn die Eltern sie geschickt in ihren Keller,
Da hellte ihr Gesicht sich auf, ward hell und heller,
Da zapfte sie den Wein aus einem vollen Faß,
Genoß mit ihrem Mund ein Tröpfchen von dem Naß,
Und heimlich trank sie dann mit heißen Herzens Klopfen
Nicht nur ein Tröpfchen, nein, gleich viele rote Tropfen,
Da hielt sie nicht mehr Maß, und also wenig klug
Goß täglich mehr des Weins sie heimlich in den Krug.
Wo war die Kinderfrau, die gute fromme Alte?
Sie wusste nichts davon, und keine Sorgenfalte
Schob sich auf ihre Stirn, doch der allweise Gott
Bewegte eine Magd zu bitterlichem Spott,
Da jene freche Magd begann gemein zu lästern:
Du bist ja Säuferin wie alte Bettelschwestern,
Die du den vollen Krug von Wein wie Wasser säufst!
Da Monica verletzt vor ihrem Schöpfer seufzt,
Da ging ihr plötzlich auf, Gott wollte sie so taufen
Mit keuschem Wasser, und sie mochte nicht mehr saufen,
Sie, die sie sonst zu sehr vom roten Wein entflammt,
Der Trunksucht Sünde sah und hat den Rausch verdammt.
Die freche eitle Magd, Gott, wollte ja nur spotten,
Doch deine Gnade, Herr, wollt Monica vergotten,
So mahntest du sie streng mit väterlichem Ernst.
O Menschentochter du, nicht durch die Liebe lernst
Du Heiligkeit bei Gott, wenn deine Freunde schmeicheln,
Die wahre Liebe nur als Schmeichelzungen heucheln,
Nein, Weisheit lernt der Mensch mehr durch der Feinde Spott,
Denn so erziehst du wie ein ernster Vater, Gott!
Still, fromm und ehrbar wuchs sie in die reife Jugend,
Den Eltern untertan durch Gottes weise Tugend,
Doch von den Eltern nicht dem großen Gott geweiht,
Doch wuchs heran das Kind zu einer reinen Maid.
In ihrer Jugend ward gegeben sie dem Manne,
Der sie so ganz belegt mit seinem Ehe-Banne,
Sie glaubte an den Bund, den kirchlichen Kontrakt,
Da Bräutigam und Braut vereinigt sind im Pakt,
Sie nannte ihn den Herrn und wollte ihn gewinnen
Durch demutreichen Dienst und sanftmutvolles Minnen.
Sie predigte allein durch ihrer Sitten Bild
Und flößte Achtung ihm ins Herz und Liebe mild.
Und wenn er sie betrog, so hat sie es ertragen,
Erduldete den Bruch der Treue ohne Klagen
Und hoffte nur von Gott, dass der Gemahl im Fleisch
Durch die Barmherzigkeit des Vaters werde keusch.
Gutmutig war er oft, doch rasch auch voll des Zornes,
Erhoben dann voll Grimm die Stärke seines Hornes,
Dann schwieg sie sanft und still, bis er sich ausgetobt,
Als Heldin Monica, als Dulderin erprobt,
Erst wenn er ausgetobt das Rasen und das Wüten,
Erklärte sie dem Mann in Sanftmut und in Frieden,
Wie sie die Sache sah, er hörte still dann zu,
So herrschte in dem Bund der Ehe ihre Ruh.
Wenn andre Frauen dann, beredte Nachbarschwestern,
Von ihrer Männer Zorn mit flinken Zungen lästern,
Dann lehrte Monica die Schwestern ihre Kunst,
Als Dulderinnen still zu harren auf die Gunst
Des Ehemannes, denn sie seien Dienerinnen
Der Eheherren doch im ehelichen Minnen.
Auch wenn die Lästerei der Freundinnen den Zank
Vermehrte in der Welt und von der Klatschsucht krank
Die Weiber zeterten, blieb Monica ganz leise
Und friedlich und versöhnt. Und diese Tugend weise
Ist höchlich lobenswert, da ich es selbst erlebt,
Wie Klatschsucht, Lästerei und Zank der Zungen webt
Ein böses Spinnennetz von bitterlicher Feindschaft
Und wie vergiftet durch dies Gift auch alte Freundschaft.
Doch Monica, von Gott mit Lindigkeit verschönt,
Hat alle Freundinnen einander stets versöhnt
Und brachte in die Welt voll Zungenzank hienieden
Herbei das Gottesreich, Versöhnung nur und Frieden.
Als in der Neugeburt durch Wasser und durch Geist
Und durch die Gnade wir den großen Gott gepreist
Und predigten von Gott mit wohlgefeilten Reden,
Da liebte Monica von Gottesknechten jeden
Und diente uns so fromm, sanftmütig, lieb und lind,
Als sei sie, Gottes Kind, auch unser aller Kind.
Es nahte nun der Tag, da sie aus diesem Leben
Zu ihrem Schöpfergott sich sollte heimbegeben.
Die Mutter stand mit mir am Fenster in der Nacht,
Wir schauten ins Gefild des Gartens voller Pracht
Und sprachen zweisam traut, und sprechend wir vergaßen
Die Eitelkeit der Welt und Volk auf Erdenstraßen
Und streckten uns zu dem, was über uns und vorn
In Zukunft ist und was auch unsres Lebens Born,
Und forschten Wahrheit aus, die ist allgegenwärtig,
Die sein wird, ist und war, vollendet ewig fertig,
Und suchten Herrlichkeit der Heiligen bei Gott,
Der Götter, Göttinnen in Christus ohne Spott,
Und was kein Auge sah und keine Ohren hörten
Und was kein Geist begreift, anstaunend wir verehrten,
Und schmachtend sehnsuchtsvoll wir öffneten den Mund
Und tranken aus dem Kelch, der ist der Weltengrund,
Als wie geweihten Wein der Weisheit, rot und helle,
Des Lebens Mutterschoß, der Weisheit reine Quelle!
Auch alles Sinnenglück, so süße Lust es ist,
Der Geist im Angesicht des Todes ganz vergisst.
Wir schauten Ewigkeit und ewigliches Minnen,
Mehr süß und schöner noch als alle Lust in Sinnen.
Die ganze Sinnlichkeit, die in der Schöpfung wohnt,
Durchwallten wir im Geist, die keusche Schwester Mond,
Den Zodiak im All, die große Himmelssonne,
Den ganzen Äther, all des Universums Wonne.
Dann haben wir noch mehr voll Staunen lobgepreist
Des Willens Freiheit, die Vernunft, des Menschen Geist,
Die Liebesfähigkeit, das Gottes-Ebenbild.
Darüber noch hinaus wir kamen ins Gefild,
Wo Gott der Hirte ist und Israel die Herde,
Der Herr der Hirte ist, wir Schafe auf der Erde,
Wo Wahrheit Manna wird und Weisheit wird zum Wein.
Sophia! Herrscherin, du Gottheit, einig Ein,
Aus dir das Leben ward, die du bist ewig seiend,
Bist schöpferisch, befreist, in Heiligkeit befreiend,
Wirst sein und bist und warst, das Sein bist in Person,
Die Geistermutter du der Ewigkeit im Thron! - - -
Da sagte Monica: Jetzt kann ich ruhig sterben,
Denn das war mein Begehr, auf Erden noch den Erben
Als Gottes Kind zu sehn, nun bist du endlich Christ,
Nun meines Lebens Ziel erreicht mit Freuden ist,
Nun du die eitle Welt erhabnen Sinns verachtest
Und nach der göttlichen Vereinigung nur schmachtest
Mit deinem Gott und Herrn, nun geh ich in den Tod
Und werde auferstehn in Gottes Morgenrot!



DRITTES KAPITEL

Ich traf zum Abendmahl den Bruder Markus an,
Ein guter Protestant der ehrlich fromme Mann,
Susanna, seine Frau, da fehlen mir die Töne,
Sie ist die Anmut selbst, die feminine Schöne!
Zusammen saßen wir, und Markus schenkte ein
Den guten teuren Trank, aus Spanien war der Wein.
Ich liebte sonst Bordeaux, des Weines Minneritter,
Nun lieb ich’s milder mehr, der Wein sei nicht so bitter.
Von Weisheit sprachen wir und wie der Weisheit Ahn,
Der Platon Griechenlands, gepredigt von dem Wahn:
Dreifaltig ist der Wahn, das laß ich mir nicht rauben,
Wahnsinnig war der Mann, der kündete den Glauben,
Wahnsinnig war der Mann, der lehrte Philosophie,
Wahnsinnig ist der Mann, der treibt die Poesie!
So pries ich hoch den Wahn von Gott und Kunst und Weisheit,
Susanna lächelte mit lieblich-linder Leisheit,
Und evangelisch sprach mein Freund mit trunknem Maul,
Wie Torheit predigte der Narr in Christo, Paul,
Sankt Paulus, der gelehrt, ein Narr vor Gott zu werden,
Denn Torheit ist und Wahn die Weisheit dieser Erden,
Und willst du weise sein, so werde du zuvor
Einfältig wie ein Kind und werd ein reiner Tor.
Wohlan, sprach ich, vom Wein erhöht und hohem Stolze:
Geschnitzt sind alle wir aus einem faulen Holze,
In Sünden lebt die Welt, verrückt ist alle Welt,
In Sünden ist der Mensch ein großer starker Held,
Die ganze Narrenwelt fährt auf dem Narrenschiffe,
Das große Narrenschiff zerschellt am Todesriffe!
Laßt uns die Welt besehn, die Menschheit ist verrückt,
Die Welt ein Irrenhaus, von Narretei beglückt,
Ein großer Karneval von Toren und von Toten,
Ein Welttheater dies, gespielt von Idioten!
Die Idioten sind berühmt schon in der Kunst,
Seit Russlands Idiot in frommer Glaubensbrunst
Uns Christus vorgeführt, den Rittern auch zum Spotte
Orlando war verrückt, verrückt war Don Quichotte,
Auch Parzival, den Gral erkennend, war ein Tor,
Ein reiner Tor vor Gott, den Gott sich auserkor.
Nun aber, lieber Freund und liebe schöne Schwester,
Verlassen wir das Haus, wie Tauben ihre Nester,
Und schauen wir die Welt und ihren Wahnsinn an.
Die ganze Menschheit ist in großen Wahnsinns Bann.
Da sahen wir berühmt in aller Welt die Großen,
Die Schönen dieser Welt, die wechselseitig stoßen
Sich von der Schönheit Thron, die Reichen dieser Welt,
Die glauben, dass das Geld die Welt zusammenhält,
Die Schar der Politik, die Herren ihrer Staaten,
Voll Lug und Trug der Zank der Schar der Demokraten,
Das große Kapital, das große Militär,
Die Hure Babylon taucht nackend aus dem Meer,
Die Weltenherrscherin, die gierig-geile Metze,
Zuletzt erhebt sein Haupt Gott Mammon, höchster Götze!
Die sexuelle Lust, die revolutionär
Errungen ward im Kampf, sie ward zum Sündenmeer,
Die Göttin der Begier ist nach der Mythe
Sexgöttin dieser Welt, die Porno-Aphrodite!
Abtreibung nennt man dann, mit harmlos-schönem Wort,
Im benedeiten Schoß millionenfachen Mord!
Zum Schönheitsideal geworden sind die Huren,
Den Christinnen wird Spott, den keuschen und den puren,
Nicht heilig ist der Bund der Ehe-Liebe mehr.
In dieser Sexkultur ist es den Frommen schwer,
Zu leben rein und keusch, und viele sind gefallen.
Den einen Christen seh ich stets zur Hure wallen,
Die andre Christin seh (Novizin einst war sie)
Ich abgefallen nur noch in der Bigamie,
Und eine dritte Frau, einst Philosophin, sehe
Ich leben in der Welt in gottlos-wilder Ehe.
Die Unzuchtsgöttin herrscht in Deutschland überall,
So sehe zu, wer steht, dass er nicht auch noch fall!
Die einen seh ich sich die Venus-Nonnen kaufen,
Die andern den Verstand im Alkohol ersaufen.
Seht ihr die Schenke dort, von wüsten Sündern voll?
Statt Abendmahl des Herrn herrscht König Alkohol,
Nicht das Gebetsbuch singt von Gottes Huld, der zarten,
Doch das Gebetsbuch herrscht des Satanas: die Karten.
Dort keiner jemals las in Gottes weisem Buch,
Bewandert aber sind sie all in Schimpf und Fluch.
Die Säufer schlagen auf die Theke ihre Stirnen,
Versoffne Weiber sind wie abgenutzte Dirnen.
Und über allem schwebt, statt Geistes süßem Hauch,
Der Hölle Schwefelstank, des Teufels Gift und Rauch.
Wenn dir dies Volk zu alt und du liebst mehr die Jugend,
Dann suche, ob du bei den Mädchen findest Tugend.
Der Mädchen Ideal, der Tänzerinnen Akt,
Das ist Terpsichore, des Tanzes Muse nackt.
Ich habe sie studiert seit Jahren, diese Mädchen,
Inzwischen tragen sie nicht mehr als Spinnwebfädchen.
Musik ist das nicht mehr, das ist ein leerer Lärm,
Doch voller Lustbegier und Unzucht das Geschwärm,
Und statt der Melodie hörst du des Blutes Takte,
Da pocht der Puls, da schwenkt das Hinterteil die Nackte.
Im Neuen Testament so tanzte Salome,
Die ich als Ideal der jungen Mädchen seh,
Die schlagen ab das Haupt des heiligen Johannes,
So groß des Weibes Macht ist übers Haupt des Mannes!
Noch einen Wahnsinn seht in dieser weiten Welt,
Das ist die Liebe zum Metall, zum kalten Geld!
Der Wollust Sünde ist schwerwiegend nicht wie Sünde
Der Liebe zu dem Geld! Daß ich dies auch begründe:
Wer Wollust liebt und Sex, der liebt doch Fleisch und Blut,
Der sieht im Menschen doch sein höchstes Lebensgut.
Doch Geld zu lieben, das erfordert Gottes Rache,
Als Seele nur Metall zu lieben, tote Sache!
Doch ob du Geld verehrst als reicher Kapitalist,
Ob du das Geld begehrst als armer Kommunist,
Du liebst das Geld allein, bei deinem Todesleibe,
Das flüchtige Papier, die seelenlose Scheibe!
Die Luxus-Sünde nennt, Tod-Sünde nennt man das,
Geldliebe nennt man das und das ist Gotteshaß!
Den Wert des Menschen misst der Gierige am Gelde,
Doch Geld ist nichts als Kot! Genug von dieser Schelte.
Dort seht ihr Narren auch (Frau Torheit ist nicht jung),
Die glauben ans Gesetz der Seelenwanderung.
Dem Philosophen horcht, ob ihr auch Hinduisten,
Ob Europäer ihr und dennoch seid Buddhisten,
Fleisch esst ihr nun nicht mehr, ihr haltet euch für keusch,
Weil ihr dem Fleischgenuß entsagt, dem leckern Fleisch,
Es könnten ja im Fleisch, im weißen und im roten,
Die Seelen leben fort der vielgeliebten Toten!
Dem Philosophen horcht, was lehrt die Weisheit? Daß
Großmütter leben fort, so sagt Pythagoras,
Großmütter leben fort im grünen Kraut der Bohnen!
Eßt keine Bohnen mehr, die Toten so zu schonen,
Esst eure Toten nicht, Großmutter lebe fort,
Eßt vegetarisch ihr, das ist wie Menschenmord!
Doch, liebe Freunde, schaut, wie dort die Christenfrauen
Nicht Jesum Christum mehr als Gläubige vertrauen,
Wie von Maria sie sich leider losgesagt,
Die Mutter Jesu nicht mehr lieben, Gottes Magd.
Im Wald im Mondenschein sie tanzen einer Göttin,
Diana preisen sie als Satans Ehegattin!
Sie scheuen nicht zurück vor bitterbösem Spott
Und nennen Satanas, den Feind, den alten Gott!
Und die Dreifaltigkeit von Allmacht, Weisheit, Gnade,
Die lehnen sie nun ab. Die göttliche Triade
Ist ihnen Göttin Mond, die Göttin der Natur,
Sie beten zur Natur, die Gottes Kreatur,
Und ihrer Göttin Dienst besteht im Kult der Triebe.
Als Hexen schmähen sie den Dienst der Nächstenliebe,
Die Hohe Minne auch, den Amor auch der Kunst.
Der Göttin dienen sie in tierisch-wilder Brunst,
Sie schmähn die Heilige, vergöttlichen die Dirnen.
Und Satan schreibt die Zahl des Tiers auf ihre Stirnen!
Kommt in ein Gotteshaus! Erloschen ist der Glanz
Der Mutter meines Herrn! Dort tanzen schönen Tanz
Die Frauen reich geschmückt und bunt verschönt mit Schminke.
Drum kommt die Jugend auch. Daß sie die Weisheit trinke
Aus Gottes weisem Wort! Die Weisheit ist das Wort!
Was lehrt der Prediger im Gotteshause dort?
Der Papst sei Rattenschwanz von Satans Antichristen,
Maria (Gottes Magd mit benedeiten Brüsten)
Abgöttin der Natur aus Heidenfinsternis,
Maria sei ja nur die Göttin Artemis,
Nicht Mutter unsres Herrn und nicht des Geistes Gattin,
Sie sei des Heidentums nun neugetaufte Göttin,
Und Gottes Wort, der Sohn der Jungfraumutter keusch,
Sei unsre Nahrung nicht, die Hostie nicht sein Fleisch!
Doch als ich dies gesagt, die beiden Protestanten
An meiner Seite sich zum Luthertum bekannten
Und sprachen: Nun verrückt bist du geworden, Freund!
Der Wahnsinn sichtbar schon im Antlitz dir erscheint,
Wir hören dich schon irr verzweifelt schreien, stöhnen,
Nur Halluzination von irren Schizophrenen
Nennst du Vision des Herrn, du sagst, du schautest Gott,
Als du dem Tode nah! Doch eitler Träume Spott
Verkündest du und sagst, du schautest Gottes Mutter!
Wie schmähst du dann des Herrn Propheten Martin Luther?
Hat Luther Gottes Wort gepredigt und gelehrt,
Der wahre Gläubige den Reformator ehrt.
Nur Wahnsinn aber ists und Torheit melancholisch,
Die Hure Babylon auf Hügeln Roms katholisch
Zu nennen Christi Braut und wahre Kirche! Nein!
Bist du ein Katholik, musst du wahnsinnig sein!
Man muß im Irrenhaus dir dieses Fieber stillen
Und treiben aus den Wahn mit der Chemie der Pillen,
Sonst eilst du noch als Mensch, der die Madonna sieht,
Aus lauter Leidenschaft in einen Suizid!
Als so gesprochen grad die beiden Protestanten,
Als also mich gemahnt die christlichen Bekannten,
Erschien vor mir als Frau die Sapientia,
Frau Weisheit ich als Frau vor mir erscheinen sah!
Gleich Christus war sie Gott, war herrlich wie Maria!
Da sprach zu mir als Frau die Hagia Sophia:
Die Menschheit ist verrückt! Doch kündet dir mein Mund:
Du, frommer Katholik, du bist allein gesund!
Ich lehrte Wahrheit dich, der wahren Kirche Dogma,
Dein Nachruhm, das bin ich, die Gottestochter Chockmah!



VIERTES KAPITEL

Im Namen von Allah, der Allbarmherzigkeit.
Prophet, gehorch dem Herrn, nicht der Gottlosigkeit,
Gottlosen nicht und auch nicht übler Heuchler Kreisen,
Nur dem Allwissenden gehorche, dem Allweisen,
Der Offenbarung folg, was Gott dir offenbart,
Denn Gott der Herr weiß wohl von eurer Lebensart.
Vertraue auf den Herrn, die Schirmung ist genügend.
Zwei Seelen nicht ist Gott in eure Busen fügend!
Die Frauen hat er nicht zu Müttern euch gemacht,
Habt ihr bei Frauen auch nur auf den Rücken acht.
Die angenommenen der Söhne von den Schönen
Hat Gott euch nicht gemacht zu angebornen Söhnen.
Dies spricht zwar euer Mund, doch Gottes Wort ist wahr
Und leitet auf dem Weg der Wahrheit recht und klar.
Die angenommenen der Söhne nach den Vätern
Benennt, so tut ihr recht, nach ihren Zeugungstätern.
Kennt ihr den Vater nicht: Den angenommnen Sohn,
Als Bruder seht ihn an, als Freund der Religion.
Wenn in der Sache ihr euch irrt, ists nicht vom Bösen,
Versöhnend will der Herr vom Übel euch erlösen.
Barmherzig ist der Herr. Und der Prophet ist nah
Und näher Gläubigen, im Herzensinnern da
Wohnt der Prophet, er wohnt den Gläubigen im Herzen
Noch tiefer als sie selbst in Freuden und in Schmerzen.
Und des Propheten Schar von frommen Frauen ist
Euch eurer Mütter Schar, ihr Frommen, dass ihrs wisst.
Die Blutsverwandten sind sich näher noch gekommen
Als andre Fromme, die vereint sind mit den Frommen,
Die ausgewandert sind aus gottvergessner Welt,
Gebt den Verwandten stets der Liebe Lösegeld.
Es steht in Gottes Buch. Die Gottheit wird euch fragen
Nach der Wahrhaftigkeit an des Gerichtes Tagen,
Ob dem Propheten ihr in seiner Religion
Gefolgt seid, Abraham und Sankt Marien Sohn
Und Noah, Moses auch, der weidete die Schafe.
Den Gottvergessnen wird von Gott die Höllenstrafe.
O Gläubige, gedenkt der Liebe eures Herrn!
Der Gottvergessnen Schar zog gegen euch von fern,
Da schickten Wir den Wind, der Engel Heeresscharen,
Ihr konntet sie nicht sehn. Wir taten offenbaren
Die Engel. Und der Herr sah euer ganzes Tun.
Zog gegen euch der Feind von oben, unten nun,
Als eure Augen ihr abwendetet vom Feinde
Und Angst stieg durch das Herz zur Kehle der Gemeinde,
Da dachtet mancherlei Gedanken ihr voll Spott
Und dachtet Törichtes von eurem Herrn und Gott.
Die Gläubigen, geprüft sind sie vom Schöpfer worden,
Ein Zittern sie ergriff, erschreckt der ganze Orden.
Die Heuchler sprachen da (im Herzen waren schwach
Die Heuchler), sprachen so: Ach, unser Vater, ach,
Der Schöpfer und der Herr hat nichts als Trug versprochen!
Ein andrer Teil der Schar hat dieses Wort gesprochen:
Ihr Leute, Jathribs Volk, hier ist kein sichrer Ort,
Drum kehrt zurück und flieht von dieser Stätte fort!
Ein andrer Teil der Schar hat aber vom Propheten,
Zu kehren heim voll Angst, verzagt sich auserbeten
Und sprach: Die Häuser sind vor Feinden unbeschützt!
Doch fehlte nicht der Schutz, die Stunde ward genützt,
Um voller Angst die Flucht umgehend zu ergreifen.
Ob auch der Feinde Schar, ob auch die Rotten streifen,
Von allen Seiten sind gedrungen in die Stadt
Und forderten euch auf zum Glaubensabfall! Hat
Der feigen Frevler Schar darein auch eingewilligt,
Den Glaubensabfall doch die Gottheit niemals billigt.
Wer Gottes treuen Bund vorzeiten schloß mit Gott,
Der darf nicht fallen ab, das wäre böser Spott.
Ihr, kehrt doch eurem Herrn nicht sündig zu den Rücken,
Seid treu dem Herrn, ihr sollt ihm in die Augen blicken!
Was man verspricht dem Herrn mit seines Mundes Hauch,
Was man gelobt dem Herrn, das muß man halten auch.
Sprich: Flucht nützt gar nichts euch, das sollt ihr sicher wissen.
Wie eitel ist die Welt, die Welt voll von Genüssen.
Und flieht ihr auch den Tod, dem Tode durch Gewalt,
Vielleicht auch durch Natur, weil ihr geworden alt,
Ihr werdet sterben doch! Doch Gott mit seinen Armen
Ist euer Schutz allein, sein ewiges Erbarmen.
Wer hilft euch gegen Gott, wenn Gott euch gibt den Tod,
Denn ewig ist der Herr und ehern sein Gebot.
Gott kennt die unter euch, die halten ab vom Beten,
Die drängen euch, dass ihr nicht nachfolgt dem Propheten,
Die sagen: Kommt zu uns, dass nur noch kleine Schar
Den Kampf des Glaubens kämpft. Sie sind doch offenbar
Voll Eitelkeit und Geiz und gönnen euch nicht Gnade.
Wenn aber Todesangst sie überfällt und Schade,
Dann schauen sie zu euch und schaun euch staunend an,
In Todesangst verdrehn die Augen sie, im Bann
Der Angst und Todesfurcht. Ist diese Angst vorüber,
Dann ist der Zunge Zank den Leuten wieder lieber,
Und mit der Zunge sie dann streiten gegen euch
Und nach der Erde Gut geht gierig ihr Gekeuch.
Die glauben nicht an Gott, Gott macht ihr Tun vergeblich,
Umsonst ist all ihr Werk, das Eitle überheblich.
Das ist doch Kleinigkeit für unsern Schöpfer Gott!
Sie glauben nicht daran und leugnen voller Spott,
Daß die Verbündeten nun kommen. Kamen schließlich
Doch die Verbündeten zur Rettungstat ersprießlich,
Die Gottvergessnen dann von Gottes Machtgewalt
Die Wüste wünschen sich zum letzten Aufenthalt.
Arabien sei dann ihr Aufenthalt, die Wüste,
Ob auch die kleine Schar nur betete und büßte.
An dem Propheten habt ein gutes Beispiel ihr:
Der hofft auf Gott den Herrn, das lieben herzlich Wir,
Glaubt an den Jüngsten Tag, die Stunde des Gerichtes,
Ist eingedenk des Herrn, der thront im Glanz des Lichtes.
Als nun die Frommen sahn, die Bundesbrüder sahn,
Wie die Verbündeten mit Macht zur Hilfe nahn,
Da sprachen Gläubige: Gott doch erhört das Beten!
Die Rettung uns verheißt der Herr durch die Propheten!
Der Glaube ward gemehrt, die Ganzhingabe auch,
Denn unter Frommen sind Gerechte, deren Hauch
Erfüllt dem Herrn getreu, was sie dem Herrn gelobten,
Gelübde halten sie, die von dem Herrn Erprobten,
Sie warten auf den Herrn und der Erfüllung Licht,
Was sie versprochen Gott, das ändern solche nicht.
Wahrhaftige wird Gott belohnen für die Wahrheit,
Die Heuchler straft der Herr in des Gerichtes Klarheit,
Die Heuchler straft der Herr, doch wendet voller Huld
Sich Gott den Sündern zu, bereuen sie die Schuld,
Versöhnlich ist der Herr und voller Allerbarmen.
Gottlose trieb der Herr zurück mit starken Armen,
Sie konnten siegen nicht, denn Gott der Herr gibt Sieg
Den Gläubigen allein in dem gerechten Krieg.
Allmächtig ist der Herr und voller Macht und Stärke!
Gott ließ auch zu der Schrift-Besitzer falsche Werke,
Gott flößte ihnen Angst und Schrecken in das Herz,
Man nahm gefangen sie. Und welche voller Schmerz
Gestorben sind den Tod. Wenn Schriftbesitzer sterben,
Die Kinder Gottes dann ihr Erbgut reichlich erben.
Gott hat als Erbe euch den Schriftbesitz vermacht,
Denn Gott der Herr ist groß und reich an Kraft und Macht!
O mein Prophet, nun sprich zu deinen lieben Frauen:
Wollt ihr denn zum Genuß nichts als die Erde schauen,
So sorge ich für euch, entlaß euch ehrenvoll,
Sprecht, oder wollt ihr Gott im Glauben gnadenvoll,
Wollt den Propheten ihr, dann wird euch Gott verschonen
Und in der Ewigkeit mit Jugend euch belohnen.
Ihr des Propheten Fraun, wollt Sünden ihr begehn,
So sollt ihr doppelt auch der Strafe euch versehn.
Wer aber Gott gehorcht, gehorcht auch dem Propheten,
Die handelt recht und fromm im Fasten und im Beten,
Belohnt wird doppelt sie und wird von Gott ernährt,
Gott wird versorgen die, die seinen Seher ehrt.
Ihr des Propheten Fraun, seid nicht wie andre Frauen!
Und ehrt ihr Gott den Herrn, dann will er euch so schauen,
Daß ihr nicht zu vertraut in euren Reden seid,
Daß nicht ein Mann entbrennt in wüster Lüsternheit,
Der Mann, der liebeskrank nach eurem Reiz der Jugend.
Nein, sprecht nur fromm und rein und ehrbar voller Tugend,
Wohlweislich würdevoll bleibt ihr in eurem Haus
Und geht nicht reichgeschmückt wie Heidendirnen aus,
Verrichtet das Gebet, den Armen gebt Almosen,
Gehorcht dem Herrn, gehorcht dem Seher, solche Rosen
Will Gott der Herr von euch, die ihr zum Haus gehört
Des Sehers eures Herrn, der bei der Weisheit schwört!
Unreinheit sei euch fern und Sünde und Gemeinheit,
Ja, euer Schöpfer will von euch besondre Reinheit.
Der Wunder eingedenk, der Weisheit eingedenk
Seid allezeit, von Gott ist Weisheit ein Geschenk.
Denn Gott der Herr versteht all euer Liebesscherzen
Und Gott der Herr erkennt Geheimnisse im Herzen.
Den Männern und den Fraun, die da wahrhaftig sind,
Die standhaft sind und sind voll Demut wie ein Kind,
Almosen-Gebende, die keusch sind und die fasten,
Die denken an den Herrn: Gott wird von schweren Lasten
Erlösen sie und wird beschenken sie mit Lohn.
Es ziemt den Frommen nicht, wenn Allah und Sein Sohn
Beschlossen haben eins, in wilder Menschenfreiheit
Zu wählen andres dann aus eitler Einerleiheit.
Wer nicht dem Herrn gehorcht (Er ist der Gute Hirt)
Und folgt dem Seher nicht, solch einer böse irrt!
Als du zu deinem Sohn, dem Gott erwies die Gnade,
Gesprochen hast voll Huld: Behalt dein Weib, die Jade,
Frau Seineb bleib bei dir und ehre deinen Gott;
Da suchtest du, Prophet, du Odem im Schamott,
Geheim zu halten die Verliebtheit in dem Herzen.
Dein Schöpfer wollte doch, dass du die Liebesschmerzen
Machst allen offenbar! Du fürchtetest die Welt?
Vor Gott allein hat Furcht der wahre Glaubensheld.
Da Said endlich doch entschlossen sich zur Scheidung,
Da gaben Wir sie dir, nach ihres Manns Entscheidung.
Für Fromme kein Vergehn ist es nun mehr fortan,
Des Patensohnes Frau zu nehmen sich als Mann.
Was Gott der Herr gebot, das musste auch geschehen.
Was Gott geboten sonst von Heiligkeit der Ehen,
Das hat er dir erlaubt, das ist auch keine Schuld,
Denn Gottes Machtgebot ist voller Gunst und Huld.
Die frühern Seher all nur fürchteten den Schöpfer
Und ehrten Gott allein, wie Ton verehrt den Töpfer,
Doch der Gesandte ist nicht Vater eines Sohns,
Der Seher Siegel er, gesandt vom Herrn des Throns.
Allwissend ist der Herr, der kennt die Seelentriebe,
Von Seineb weiß der Herr, von des Propheten Liebe...
Ihr Gläubigen, gedenkt des Herrn, preist in der Früh
Und an dem Abend Gott, euch schützt der Schöpfer wie
Kein anderer und auch sind bei euch seine Engel
Und treten für euch ein und aus der Welt der Mängel
Sie führen euch ins Licht, aus tiefer Dunkelheit
In Gottes Reich des Lichts. Gott ist Barmherzigkeit.
An jenem Tag, da sie aus dieser Welt hienieden
Heimkehren zu dem Herrn, da grüßen sie ihn: Frieden!
Denn die Barmherzigkeit die Gläubigen verschont
Und mit der Ewigkeit der Wonne sie belohnt.
Prophet, du bist gesandt, die Strafen anzudrohen
Und zu verheißen Glück den Frommen, wahrhaft frohen
Gerichtstag deines Herrn, dass du die Menschen rufst
Und leuchtest als ein Licht. O Schöpfer, der du schufst,
Die Menschen du berufst, so deiner Liebe Wille,
Du rufst sie all hinan zu großer Segensfülle.
Gehorche aber nicht Ungläubigen und nicht
Den Heuchlern, denen Lug und Trug ist ihre Pflicht.
Und keine Unruh soll dich reißen aus den Gnaden,
Wenn die Ungläubigen dir wollen böse schaden.
Vertraue nur auf Gott und weise sei gewitzt,
Sei dessen dir gewiß, dass Gott der Herr dich schützt.
Ihr Gläubigen, wenn ihr gefreit habt fromme Frauen
Und wollt euch trennen dann, bevor ihr voll Vertrauen
Berührt habt eure Fraun, so keine Wartefrist
Bis zu der Trennung Tag bestimmt vom Schöpfer ist
Und nicht gesagt ist euch vom Vater, dem Uralten,
Wie lang ihr eure Fraun noch müsst bei euch behalten,
Versorgt sie aber gut, mit Anstand sie entlasst,
Wenn ihr der Frauen Leib noch nicht habt angefasst.
Dir aber, o Prophet, erlauben wir die Frauen,
Die schönen Frauen all, die du begehrst zu schauen,
Die schönen Frauen all, gabst du das Brautgeschenk,
Die Morgengabe gabst, und alle Frauen, denk
Daran, die Frauen all, die Sklavinnen gewesen
Und Beute wurden dein, die Schönsten auserlesen,
Der Onkel Töchter und der Tanten Töchter auch,
Die mit dir gläubig flohn aus Mekka, ja der Brauch
Sei dir, dass jede Frau, die der Prophet will freien,
Soll dem Propheten sich in aller Schönheit weihen!
Wir wissen wohl, was da war Unser Machtgebot
Betreffs der Frauen sonst und aller Liebesnot,
Doch du, Prophet, doch du begehst ja kein Vergehen,
Wenn du die Freiheit nimmst, die Frauen anzusehen.
Denn die Barmherzigkeit ist Gottes und versöhnt
Ist Gott mir dir, Prophet, ob der Prophet auch stöhnt.
Verweigere, Prophet, wem du nur willst, die Ehe,
Nimm zu dir, die du willst! Ich aber alles sehe!
Und nimm auch die zu dir, die du verstoßen hast,
Nimm du sie wieder an als deiner Freundschaft Gast,
Wenn du Verlangen hast und willst sie wieder sehen,
Begehst du keine Schuld und tust auch kein Vergehen.
Nur halt die Augen hell und leuchtend deinen Fraun,
Der Frauen Augen solln mit Freudenstrahlen schaun,
Wirst wieder du an sie in holder Gnade denken,
Und was sie wünschen sich, das sollst du ihnen schenken,
Daß jede Frau mit dem, was du ihr zubemisst,
Mit deiner Huld und Gunst auch ganz zufrieden ist.
Allwissend ist der Herr. Und was in euren Herzen
Wohnt, weiß der Herr, die Lust und alle süßen Schmerzen.
Doch dir ist nicht erlaubt, die eigne Ehefrau
Im Tausch zu tauschen aus! Und nicht erlaubt ists, schau,
Ein andres junges Weib zu nehmen von den Söhnen,
Ob sie dir auch gefällt und ob du dieser Schönen
Von ihren Augen auch viel hohen Ruhm gesagt.
Doch nehmen darfst du dir gern deiner Frauen Magd!
O all ihr Gläubigen, die Räume des Propheten
Sollt ihr zur rechten Zeit zum Liebesmahl betreten,
Und speiset dann mit ihm, wenn er es euch erlaubt,
Daß, wenn er’s nicht erlaubt, ihr nicht die Zeit ihm raubt.
Lädt er euch aber ein, dann kommt zur rechten Stunde.
Wenn ihr gegessen habt, dankt Gott mit eurem Munde.
Entfernt euch wieder dann und haltet das Gesetz,
Setzt euch nicht nieder noch zu weltlichem Geschwätz,
Belästigt so mir nicht den Seher, der zu scheu ist,
Euch kund zu tun, dass ihr nichts wisst, was ihm noch neu ist.
Doch ist der Herr nicht scheu, der euch die Wahrheit sagt!
Und wollt ihr etwas gar von des Propheten Magd,
Von seinen Frauen all, dann bittet hinterm Gitter
Und macht das eigne Herz nicht durch die Sünde bitter.
Auch ziemt es euch nicht, den Propheten Gottes noch
Zu kränken, nehmt euch nicht sein Weib ins Ehejoch.
Wenn er ein Weib entlässt, so dürft ihr sie nicht freien,
Das wäre Schuld vor Gott, Gott wird’s euch nicht verzeihen.
Und tut ihrs öffentlich und tut ihrs heimlich, weiß
Gott alles auf der Welt, der ganzen Erde Kreis.
Doch des Propheten Fraun, sie tragen keine Sünde,
Wenn unverschleiert sie mit des Propheten Kinde
Besprechen sich und auch, wenn unverschleiert sie
Dem eignen Vater fromm begegnen liebend wie
Ein Kind, dem Bruder auch und selbst der eigne Sklave
Darf unverschleiert sehn die Frau, drauf steht nicht Strafe.
Doch fürchtet Gott den Herrn, ihr des Propheten Fraun,
Denn Gott weiß jedes Ding auf Erden anzuschaun.
Es segnet Gott der Herr, es segnen seine Engel
Den Seher, darum ihr sollt segnen ohne Mängel
Den Seher! Grüßt ihn so: Der Friede sei mit dir!
Die Gott beleidigen, sind schlimmer als ein Tier,
Wer den Propheten kränkt, der wird mit schwerem Fluche
Gestrichen aus der Schrift in Gottes Lebensbuche,
In diesem Leben schon wird er geplagt durch Schuld
Und in der Ewigkeit entzieht ihm Gott die Huld,
Und strafen wird er sie als Richter mit der Strafe,
Wenn von den Böcken trennt der Hirte seine Schafe,
Und wer den frommen Mann und wer die fromme Frau
Als schlimmer Sünder kränkt, der wird gerichtet, schau,
Die Lästerzunge wird vom Schöpfer der Gerechten
Gestraft mit Zorn und Grimm, der ruht auf Ungerechten.
Sprich, o du mein Prophet, zu allen deinen Fraun,
Daß nur im Oberkleid keusch lassen sie sich schaun,
So ist es schicklich rein, es soll sie keiner lästern,
Verhüllt auf keusche Art gehen des Propheten Schwestern.
Versöhnlich ist der Herr und voll Barmherzigkeit.
Ob Heuchler, Idiot, der Feind voll Hässlichkeit
Auch stürmen gegen dich, so werden Wir dich senden
Und der Gottlosen Reich wird deine Hand beenden.
Die Frevler sind verflucht, durch Gottes Machtgebot
Erfahren sie den Zorn, erfahren sie den Tod,
Wie auch die Frevler einst durch Gottes Ratschluß starben
Und durch den Zorn des Herrn im Totenreich verdarben.
Gott ist sich immer gleich, ist unveränderlich.
Die Menschen werden dann befragen aber dich
Wohl nach dem Jüngsten Tag. Sprich: Gott nur kennt die Stunde,
Vielleicht ist nah der Tag! Es ist im Höllengrunde
Bereitet Feuersglut für die Gottlosigkeit,
Gottlose brennen drin in aller Ewigkeit
Und finden keinen Schutz und Hilfe nicht noch Rettung.
Sie wälzen sich in Glut unglücklicher Verkettung
Und schreien zu dem Herrn, der nicht mehr auf sie horcht:
Ach hätten wir dem Herrn und seinem Wort gehorcht!
Doch wir gehorchten nur den Höchsten und den Größten,
Die brachten so uns ab vom Wege der Erlösten,
Den Hohen darum gib und Großen doppelt Pein,
Verfluch mit schwerem Fluch die Reichen, Einig-Ein!
Ihr Frommen, seid nicht gleich den Lästerern des Mose,
Doch Mose pries der Herr: Er ist der Makellose.
Ihr Frommen, fürchtet Gott, dass Gott auch eure Werke
Gedeihen lasse gut durch seiner Gnade Stärke
Und euch die Schuld vergibt. Wer Gott gehorcht allein
Und folgt dem Wort des Herrn, der soll glückselig sein.
Und wär der Glauben gar des Götzendiensts gepredigt
Auch Himmel, Erde, Meer, sie hätten sich entledigt
Des falschen Glaubens gleich. Der Mensch nahm aber an.
Wahnsinnig ist der Mensch, ein Tor der Erdenmann.
Die Heuchler aber wird und alle Heuchlerinnen,
Die Götzendiener all und Götzendienerinnen
Wird strafen Gott der Herr für ihren bösen Spott.
Den Frommen aber wird zuwenden sich mein Gott,
Den Männern und den Fraun, den Kleinen und den Armen,
Mein großer Gott, der Herr, mit herzlichem Erbarmen!



FÜNFTES KAPITEL

Mein lieber Menschensohn! Es waren einst zwei Frauen,
Von Einer Mutter sie geborn, schön anzuschauen,
Die in Ägyptenland verübten Hurerei,
In ihrer Jugend schon schrien wilder Lüste Schrei,
Da man betastete der beiden Frauen Brüste
Und presste ihre Brust, den Busen wilder Lüste.
Die Ältere der zwei Ohola ward genannt
Und Oholiba hieß die Andre, weitbekannt.
Da sie mein Eigentum geworden, diese Schönen,
Zu Müttern wurden sie von Töchtern und von Söhnen.
Ohola ist gemeint als Frau Samaria,
Jerusalem, die Frau, ist Oholiba da.
Ohola aber brach dem Gott und Herrn die Treue
Mit ihrer Freier Schar, dass sie sich lüstern freue.
Assyrer waren sie, ihr Kleid von Purpur war,
Statthalter waren sie und Herren großer Schar
Und junge Männer, die begehrenswert und heiter,
Die ritten hoch zu Roß als sehr geschickte Reiter.
Den Männern schenkte sie der Unzucht Buhlerei,
Assyrer waren sie und schrien der Wollust Schrei.
Mit allen, die sie da begehrte voll Verlangen,
Befleckte sich das Weib, so lüstern wie die Schlangen.
Und ihre Buhlerei noch von Ägyptenland
Ohola gab nicht auf in ihrem Unverstand.
In ihrer Jugendzeit man schlief mit ihr in Lüsten
Und buhlte mit dem Weib und griff nach ihren Brüsten.
Drum übergab ich sie auch ihrer Freier Hand,
Ich übergab das Weib ganz dem Assyrerland,
Nach denen sie verlangt, die deckten auf die Blöße
Und dieses Weibes Scham und ihren Schoß der Schöße,
Sie raubten dieser Frau die Söhne schön und wert
Und ihre Leibesfrucht sie schlugen mit dem Schwert.
So wurde ihr Gericht ein Beispiel für die Frauen,
Der Unzucht Strafe so im Gleichnis anzuschauen.
Die Schwester schaute dies, sah Oholiba das,
Das ward sie von Begier mehr als die Schwester naß
Und trieb die Buhlerei noch wüster als die Schwester.
Nach den Assyriern verlangte sie noch fester.
Statthalter, Kriegerschar und die im Purpurkleid
Und Reiter hoch zu Roß nahm sie in Lüsternheit,
Der jungen Männer Schar sie suchte mit Verlangen.
Und so befleckte sie sich selbst mit Wollustschlangen.
Die zwei den selben Weg der Unzucht schlugen ein,
Doch Oholiba trieb noch mehr der Buhlerein,
Als sie die Bilder sah von Menschen an den Wänden,
Chaldäer-Bildnisse, gegürtet an den Lenden,
Mit langem Mähnenhaar die Reizenden geschmückt,
Den Waffenträgern gleich im Waffenwerk geschickt,
Wie man in Babylon betrachtet Kriegeshelden,
Nach denen ist entbrannt (wir müssen dieses melden)
In Oholiba Lust und brennende Begier,
So bald sie diese sah in ihrer Reize Zier!
Sie sandte Boten aus zu ihnen in den Osten.
Und die von Babylon, die Dirne zu verkosten,
Zu ihr gekommen sind und stiegen auf ihr Bett,
Befleckten dieses Weib, die lächelt niedlich nett.
Sobald sie ward befleckt vom Tau der Unzucht flüssig,
Da ward der Freier sie von Herzen überdrüssig.
Als Oholiba nun von Buhlerei befleckt
Und ihrer Wollust Scham befleckt und aufgedeckt,
Ward überdrüssig auch ich selber dieser Dirne,
Wie auch der Schwester schon mit frecher Hurenstirne
Ich überdrüssig ward. Doch buhlte immer mehr
Die wilde Dirne noch mit brennender Begehr,
Wie in der Jugend sie gebuhlt hat in Ägypten,
Da sie gebuhlt hat mit den Göttern in den Krypten,
Gebuhlt mit ihrem Freund, wie Hengst und Esel geil,
Sie sah die Jugend an, da ihre Reize heil
Und ihre Brüste straff, da Freunde voll von Lüsten
In Hurerei gefasst nach ihrer Macht von Brüsten!
Drum, Oholiba, spricht der Herr, ich jage nun
Die Freier gegen dich und laß sie Schlimmes tun,
Ob überdrüssig du den Freiern bist geworden,
Von allen Seiten rückt heran der Freier Orden,
Von Babylon und von Chaldäa kommen sie,
Von Schoa, Koa und von Pekod nahen die
Verschmähten Freier, die Assyrer, junge Männer,
Statthalter, Krieger, die da reiten wie die Kenner,
Sie kommen scharenweis mit Wagen und mit Rad,
Mit Massenaufgebot und großem Kriegerstaat.
Sie setzen Schild und Helm ein gegen dich, du Dirne,
Nach göttlichem Gesetz die freche Hurenstirne
Sie richten im Gericht. In meinem Zorn und Grimm
Verfahr ich gegen dich. Die Freier schneiden schlimm
Dir Ohr und Nase ab! Und die da überleben
Von deinen Söhnen, die dem Schwert sind übergeben,
Die Überlebenden, die fallen durch das Schwert,
Und was noch übrigbleibt, vom Feuer wird verzehrt.
Man nimmt den Schmuck dir weg und zieht dir aus die Kleider!
So mach ich deiner Lust und Sündenunzucht heiter
Ein Ende im Gericht. Und von Ägyptenland
Der Unzucht Hurerei beendet meine Hand.
Du wirst den Freiern nicht versprechen mit Gelübden
Mehr deinen Sündenleib, und du vergisst Ägypten.
Denn also spricht der Herr: Ich überlasse dich
Der grimmigen Gewalt der Freier grimmiglich,
Die du verachtet und verschmäht und überdrüssig
Geworden ihrer warst, als seien überflüssig
Der Buhler Schmeichelein, sie handeln dann an dir
Voll Grimm, indem sie dir entreißen alle Zier
Und lassen nackt und bloß dich da in deiner Blöße
Und aufgedeckt die Scham des Schoßes aller Schöße.
Denn deine Unzucht hat und deiner Wollust Macht
Dir des Gerichtes Zorn als Strafe eingebracht,
Da mit den Völkern du nach Art der geilen Metzen
Gebuhlt hast und gehurt und mit den Heidengötzen.
Da deiner Schwester Weg du bist gewandelt (welch
Ein Treiben war doch dein!), geb ich dir ihren Kelch.
So spricht zu dir der Herr: So saufe wie die Zecher
Und leer’ in Einem Zug du deiner Schwester Becher,
Der breit ist und sehr tief! Der Heiden Heiterkeit
Verhöhnt dich dann mit Hohn in deiner Trunkenheit,
Von Trunkenheit erfüllt liegst du in deinem Jammer,
So ist der Schwester Kelch, den du in deiner Kammer
So gänzlich ausgeleert, er ist des Schauderns voll,
Samaria ist so betrunken, töricht-toll,
So trinke du und saug am roten Wein, am herben,
Und mit der Zunge leck den Saft von seinen Scherben,
Zerreiße deine Brust, so spricht der Herr, und sei
Betrunken, die du Gott betrogst mit Hurerei!



SECHSTES KAPITEL

Einst ging der Schöpfer selbst auf dieser schönen Erde
Und mit ihm Engel auch und Hirten seiner Herde,
Zwölf Männer mit dem Herrn. Da sprach der liebe Gott:
Zu Kindern gehn wir nun, ich werde ohne Spott
Sie singen lassen schön. – Die Kinder in dem Walde
Den Schöpfer sahen nahn und seine Engel balde.
Der Schöpfer stehen blieb, die Engel blieben stehn.
Da kamen Knaben an, die älter schon als zehn,
Und sahen an die Schar und sprachen wenig heiter:
Der Alte und die Schar, das sind wohl Waldarbeiter?
Die kleinen Kinder nun mit seligem Vertraun
Voll Freude kletterten auf einen hohen Zaun
Und sangen froh ein Lied, sie saßen da in Scharen,
Die kleinen Kinderlein von bis zu sieben Jahren,
Dreijährige dabei, sie sangen schön ein Lied,
Wie Gott das Lied gebot, wie Gott das Lied beschied,
Die Kinder sangen schön und fern des bittern Spottes
Ein süßes Liebeslied der süßen Muttergottes!
Die großen Knaben da mit strengen Blicken schaun
Und sprachen zu der Schar der Kleinen auf dem Zaun:
Was singt ihr solch ein Lied? Ihr wollt uns wohl erschrecken?
Was nützt uns solch ein Lied und was soll das bezwecken?
Der Siebenjährige, der sprach mit einemmal:
Ich singe dieses Lied, weil Gott es mir befahl!
Der Schöpfer aber selbst sprach zu dem großen Jungen:
Nach meinem Willen wird kein kleines Kind gezwungen,
Und schelten darf man nicht die kleinen Kinderlein,
Was sie auch immer tun, weil ihre Herzen rein,
Weil solch ein kleines Kind (darum sollst du nicht zanken!)
Hat wie der Schöpfer Gott dieselbigen Gedanken!
Der große Junge sprach mit einem bösen Spott:
Wer bist denn du? – Gott sprach: Ich bin der liebe Gott!



SIEBENTES KAPITEL

Sophia spricht: Ich bring als Weinstock Duft hervor!
So auch der Christen Schar, des Christus Jesus Chor,
Hervor als süßen Duft bringt göttliche Erkenntnis
Durch ihre Zeugenschaft, das heilige Bekenntnis.
So Paulus predigt Gott, es heißt in Gottes Buch,
Wir predigen von Gott, sind Christi Wohlgeruch.
Die Absicht lauter sei, der Welt mit ihrem Geize
Wir künden Christus nur, den Herrn an seinem Kreuze!
Sei duftend unser Ruf, und unsrer Werke Glanz
Sei lauter Wohlgeruch, ganz wie ein Rosenkranz.
Sei unser Leben rein. Sei unser ganzes Leben
Ein Sein von Gottes Sein, der uns das Sein gegeben.
Und spricht Sophia so: Ich bringe Duft hervor
Und bin dem Weinstock gleich! So höre mit dem Ohr,
Denn spricht Sophia: Ich! so meint sie ihre Einheit,
So meint sie wesentlich des eignen Lebens Reinheit,
Denn Christus ward geborn von Sünden makellos
Aus reinster Jungfrau Fleisch und Blut, aus keuschem Schoß.
So leb du mit dem Herrn in der intimen Einheit,
Dein Leben Zeugnis sei von fleckenloser Reinheit.
Du lebst dir selber nicht, du lebst nur für den Herrn,
Der Christus lebt in dir, des Herzens Morgenstern.
Und spricht Sophia so: Dem Weinstock bin ich ähnlich!
So höre mit dem Ohr, und zu verstehen sehnlich,
Begreife, dass du bist dem Christus ähnlich, dein
Intimstes Wesen ist der Herr in deinem Sein,
Der Christus lebt in dir, er ist des Weinstocks Leben,
Wir sind die Zweige nur, wir sind des Weinstocks Reben,
Wenn uns der Gärtner Gott erzog in weiser Zucht,
Als Reben bringen wir die Trauben, bringen Frucht,
Dem Weinstock ähnlich wir, so fruchtbar ohne Spott
Sind Christus ähnlich wir, dem menschgewordnen Gott.
Der Prediger von Gott sucht nicht die eigne Ehre,
Die Weisheit sendet ihn, er bringt der Weisheit Lehre.
Nicht für sich selbst bewahrt das Evangelium
Der Christ, er kündet in der Welt der Weisheit Ruhm.
Und spricht Sophia so: Ich dufte wie die Früchte!
Verstehe das im Geist, erleuchtet von dem Lichte:
Der Sohn ist Fruchtbarkeit, ist fruchtbar wie ein Acker,
Ist fruchtbar durch den Geist. Drum lasst uns rufen wacker
Den Geist des Höchsten an: Komm du, o Heilig Geist,
Mit Gott dem Vater und dem Sohn sei hochgepreist!
So eine Wirtin gibt’s, die ruft dich zum Gewinne,
Lädt in die Wirtschaft ein, sie lockt dich mit der Minne,
Verspricht Bequemlichkeit auf deiner Wanderschaft,
Die Ruhe, die du schätzt, die dir erquickt die Kraft.
Kommt alle zu mir her, die mühvoll und beladen,
Erquicken will ich euch mit meinen guten Gnaden!
Die Wirtin dir empfiehlt den Stall auch für dein Pferd
Und Futter für dein Pferd und was noch sonst von Wert,
Sie will nur wenig Geld. Ihr alle voller Dürsten,
Zur Quelle kommt! So spricht der Kaiser aller Fürsten:
Und kauft euch ohne Geld die Milch, den guten Wein!
So lädt Sophia uns zu ihrem Gastmahl ein
In ihrer Gütigkeit: Sie sollen alle kommen!
Und was verspricht sie uns zu unserm eignen Frommen?
Sie gibt uns dreierlei, was jede Seele liebt:
Die Reinheit, Fülle und den Liebreiz sie uns gibt.
Die Reinheit gibt sie uns, die makellose Reinheit,
Nichts ist ihr beigemischt, sie ist die pure Einheit.
Die Fülle gibt sie uns, die alle uns beseelt,
Der Fülle Fruchtbarkeit, wobei uns nichts mehr fehlt.
Den Liebreiz gibt sie uns, ganz fern vom bittern Geize,
Die süße Lieblichkeit ganz ohne fremde Reize.
Sophia redet: Ich bring wie der Weinstock Duft!
Und sagt sie: Ich! so meint sie Reinheit wie die Luft.
Und sagt sie: Ich bin wie der Weinstock! meint sie Fülle,
Des Weinstocks Fruchtbarkeit, so fruchtbar ist ihr Wille.
Und spricht sie von dem Duft, so meint sie Lieblichkeit.
So fruchtbar, lieblich, rein Sophia ist, die Maid.
Und sagt Sophia: Ich! so nennt sie mir ihr Wesen,
Sophia ist Substanz, ein Wesen auserlesen.
Das sucht die Liebe ja in der Geliebten nur,
Die einzige Person, das Wesen der Natur.
Das trifft auf Liebe zu, so ist es mit dem Willen,
Sie will am Einen nur die ganze Sehnsucht stillen.
Der Wille richtet sich, die Liebe auf ein Ziel,
Die einzige Person begehrt der Liebe Spiel.
Und was die Liebe will in ihres Willens Reinheit,
Das ist Vereinigung, mit dem Objekt die Einheit.
Der Wille also will, die Liebe liebt perfekt
Die einzige Person, das Wesen als Objekt.
Das Wesen als Person, das ungemischte, reine,
Das da ist ungetrübt, das ist das Einig-Eine.
Ja, alles sonst verschmäht die Liebe in der Zeit,
So der Gerechte liebt allein Gerechtigkeit.
Und wer nicht mit mir ist, der ist mir nur entgegen!
So Gottes Weisheit sprach auf ihren Erdenwegen.
Die Liebe aber schaut auf Wirkung nicht und Ziel,
Was Liebe zur Person nur will vom Liebesspiel,
Ist Liebe zum Objekt als zu Substanz und Wesen:
Du bist die, die du bist, dich hab ich auserlesen!
Sei die Erkenntnis rein, sei rein auch der Verstand,
Erkenntnis und Verstand, sie schaun ins Ursprungsland.
Im Anfang war das Wort. Das Wort sollst du erkennen.
O Logos, unser Herr, du sollst den Vater nennen!
Der Ewigvater ist der Ursprung allen Seins,
Der ursprungslose Grund, der Schoß des Einig-Eins.
So ist ja der Verstand: Er sucht der Dinge Gründe
Im Ursprung allen Seins, in den das Dasein münde,
Den Schoß, wo jedes Ding verborgen geistig ist,
Die Reinheit der Substanz, die alle Formen misst.
Und das ist Weisheit, das ist die Sophia, Wesen
In aller Wesenheit, an Reinheit auserlesen,
Sophia, reinstes Licht, das Licht des Einig-Ein,
Und ihre Früchte sind die ersten, völlig rein.
Sophias Reinheit ist das allerreinste Wesen,
Die in sich selber ruht. Und alles, was gewesen
Und ist und sein wird, das hat Dasein-seiend teil
An der Sophia Sein, an ihrer Reinheit Heil.
Sophia wendet sich nur zu Sophias Reinheit,
Sie ist ein Einig-Ein, ist mit sich selbst in Einheit.
So also sagt sie: Ich! so nennt sie die Substanz,
Die da die Höchste ist, die alles ist und ganz,
Die alles in sich schließt, die selber ist vollkommen.
Doch diese Erdenwelt, das wissen nur die Frommen,
Erkennt Sophia nicht, und dieses Erdenland
Begreift Sophia nicht, Erkenntnis und Verstand
Nur als das Höhere im Menschenwesen kennen
Sophia, nur der Geist kann die Idee erkennen,
Nicht aber Fleisch und Blut die Weisheit Gottes preist,
Erkenntnis lebt im Bild nur ideell im Geist.
Sophia also ist in makelloser Reinheit
Idee und Intellekt, sich selbst geeinte Einheit.
Sophias Fruchtbarkeit und Fülle aber ist
Der Vielgeliebten Reiz, mein Geist das nicht vergisst.
Nun aber die Substanz nicht als Substanz ergießt sich,
Sie bleibt ganz bei sich selbst, die selber nur genießt sich,
Denn sie ist reines Sein, das Wesen allen Seins,
Sie ist der Eine Gott, der immer ist ein Eins.
Die Wesenheit in Gott ist ursprungsloses Schweigen,
In diesem Mutterschoß der Gottheit ist kein Zeugen.
Was aber zeugt in Gott, ist nicht die Wesenheit,
Ist die Beziehung nur, ist die Dreifaltigkeit.
Im Anfang war das Wort. Der Vater aber zeugt nicht
Den Sohn als Wesen und Substanz, der Vater neigt sich
Als Anfang zu dem Sohn, weil Er der Erste ist,
Von dem das Zweite sich und sich das Dritte misst.
Im Vater also ist als in dem Ursprungs-Horte
Der Logos, unser Herr, der Sohn gleich einem Worte.
Der Vater aber ist der Anfang und das Erste,
Weil andres aus ihm folgt. Der Ursprung als das Hehrste
Ist Quell der Fruchtbarkeit, die strömt die Fülle aus,
Nicht in die Gottheit nur, auch in des Weltalls Haus.
So aus der Gottheit als dreifaltiger Natur
Strömt aus die Fruchtbarkeit auf alle Kreatur.
Gott allen reichlich gibt, im Worte reichen Schalles
Sagt der Apostel uns: Gott wirkt in allen alles.
Sophia aber ist auch lieblich, wenn sie ruft:
Ich bin des Weinstocks Frucht, der Rebe süßer Duft!
Die Lieblichkeit zieht an so wie die Traubensäfte
Durch ihren Liebreiz und durch ihre Lebenskräfte.
So den Gerechten zieht allein Gerechtigkeit
Von ganzem Herzen an. Sophia, süße Maid,
Ist höchste Herrscherin, die nur durch ihre Stärke
Zieht alles zu sich auf, durch ihre Gnadenwerke
Lockt sie die Schöpfung an, mit aller Leidenschaft
Und Lieblichkeit zieht sie hinan durch Liebeskraft,
Durch ihrer Reize Macht, sie ist die Macht der Mächte
Und zieht durch Vollmacht an, so locken ihre Prächte.
Die höchste Herrscherin schwebt über Äthers Luft
Und haucht die Lieblichkeit als einen süßen Duft,
Als Duft voll Lieblichkeit, so lehrt es uns der Glaube,
Sophia duftet schön, berauschend wie die Traube!



ACHTES KAPITEL

Du leuchtest aus dem Glas mit dunkelrotem Wein,
Du wirfst der Liebe Glut in meine Venen ein,
Du schwemmst mir in mein Blut das brennende Verlangen
Und großen Liebesdurst und Glut von Seraph-Schlangen
Mit einem Lächeln süß, charmant und wunderbar,
Und schwarzen Schlangen gleich verwirrt sich mir dein Haar!
Ich warf mich in dein Haar, ich warf mich in die Fluten
Der großen Liebes-See, um still dort zu verbluten!
Ach, ohne Liebe ich bin ungeliebt allein
Und dennoch küsst du mich, dein Kuß ist wie der Wein,
Und längst vergessner Schnee ist rein wie deine Liebe,
Und diesem Wintersturm vergleich ich meine Triebe.
Du lachst, o Zauberin, du lächelst zauberhaft.
Als Seraph-Schlange glüht im Rotwein du voll Kraft,
Und über dein Gewand leis streichen blaue Winde,
Und sanft neigst du dich, o Geliebte, zu dem Kinde.
Wer sich in solchem Meer als wie im Spiegel sieht,
Der siehst im Strahlenglanz Maria-Sulamith,
Der sieht am Himmel hoch der Welt, die liebeswund,
Sanft lächelnd und bereit zum Küssen, deinen Mund!
So spricht die Liebe Frau: Geliebter! Den ich liebe,
Den kette ich nicht an! Weih deine Seelentriebe
Getrost der Lieben Frau, getrost dem freien Wind,
Begreife nur: Ich lieb als Mann dich und als Kind!
Bleib du nur immer frei und schaue in der Ferne
Orion, Abendstern, den Wagen und die Sterne.
Das Messer fallen laß und leb dein Leben gern,
Und zittert dir das Herz vor Kummer, sags dem Herrn,
Und fällt auch erster Schnee in dichten weißen Flocken,
Du wohnst bei Tauben doch und bei den Kirchenglocken.
Ich mach dich atemlos mit diesem ersten Schnee,
Dies ist mein Liebessturm, mit dem ich dich umweh,
Denn so ist unsre Lust, sind unsre Lustbarkeiten,
So soll dich meine Lust betäuben! Und entgleiten
Die Sinne werden dir in diesem weißen Wind,
Wie auf der Schaukel sich vergisst das kleine Kind.
Dann werde ich mein Haar verwirren, lasse fallen
Die schwarzen Strähnen wirr vorm Antlitz, lässig wallen
Lass ich der Haare Flut auf meine volle Brust,
Ich, Unsre Liebe Frau, bin ewig deine Lust!
Und flechten werde ich, wenn du es von mir möchtest,
Zu Zöpfen mir mein Haar, als ob du selbst es flöchtest,
Mit Henna färb ich dann die schwarzen Zöpfe mir,
Und lass die Zöpfe dann, um Lust zu schaffen dir,
Auf meiner Brüste rund perfekte Formen fallen,
Wir mitten in dem Schnee zum Garten Eden wallen!
Du wirst betrunken sein, von mir betrunken sein,
Von Liebe trunken sein wie von Franzosenwein!
So sprach die Liebe Frau. Mein Herz, dem Schnee ergeben,
Ist einer Nadel gleich, die zitternd blitzt, mein Leben
Versenkt sich in die Nacht, der Seele Dunkelheit,
Ich bin der Schlange gleich, die weißes Feuer speit,
Liebfraue, töte mich, wie ich’s getan schon habe!
Die einzig ich geliebt, die schlummert nun im Grabe,
Die einzig mich geliebt, von der ich Liebe hab
Empfangen als ein Kind, die lebt nun in dem Grab!
Vergessen in der Welt ist sie. Und weltvergessen
Geb ich mich hin dem Schnee und singe Seelenmessen.
Der Schnee hebt auf mein Herz und trägt es bleich und fahl
In einen weißen Schoß, ein tiefverschneites Tal.
Nun will wie Herkules ich auf den Scheiterhaufen,
Verglühen sollst du mich und mich mit Feuer taufen!
Und mit der weißen Glut aus himmlisch reinem Schnee
Dein Auge wie ein Dolch bohrt in mein Seelenweh!
So also sterbe ich auf eignem Scheiterhaufen,
Mit meinem Feuertod die Menschen loszukaufen,
Dies also ist mein Kreuz, wie Christus an dem Kreuz
Bin ich auch festgebannt an schöner Frauen Reiz!
Und ohne Mitleid gehn, so kalt wie Schnee, wie Mächte,
So herrlich gnadenlos, am Himmel meine Nächte,
Sie gehen jung und schön, die Nächte. Diese Nacht
Und jene Nacht, sie sind wie Schwestern. Ihre Macht
Ist eine Todesmacht, wie Schicksalsspinnerinnen
Muß ich die Todesmacht der schönen Schwestern minnen.
Und eine Schwester auch mit mondengroßem Aug
Wirft Schnee auf mich herab, der blüht wie blauer Rauch.
Geflügelt aber blickt dein Auge mir vom Himmel
Voll süßer Zärtlichkeit durchs weiße Schneegewimmel.
O brenne, Liebesglut, Geliebte voller Reiz,
Geliebte, lodere als Brand an meinem Kreuz!
Da spricht die Liebe Frau: Schnee-Maske trägst du bitter,
Vor Wehmut bittersüß, doch glühe, Minne-Ritter,
Hab ich dich nicht geliebt? Ich hab mit Musen-Macht
Mein Liebeslied für dich gesungen in der Nacht,
Die ganzen Nächte lang gab ich dir meine Liebe!
So liebe du mich auch, dass alle Seelentriebe
In Ganzhingabe du mir, deiner Herrin, gibst,
Und als Geliebte mich allein auf Erden liebst!
Schau, Ritter, ich bin schön! Der Schnee ist meine Reinheit,
Ich schmelze wie der Schnee mit dir zur Liebes-Einheit,
Leichtschmelzend ist mein Leib, leichtschmelzend ist mein Blut,
Wie Schnee bin ich ganz rein, bin heiß wie weiße Glut!
An meiner Schönheit dich wie an dem Schnee erfreue,
Mit aller Weißglut ich bewahre dir die Treue.
Ich rief dich jede Nacht, ich hab vor dir den Tanz
Der Liebeslust getanzt in meiner Schönheit Glanz,
Ich legte auf mein Herz dein Herz gleich einem Siegel,
Und deinen Augen gab ich seherische Flügel!
So sieh mich brennen, Freund, mit aller Liebeskraft,
Ich lodere für dich in reinster Leidenschaft!
Und dass ich nicht umsonst nach eitlen Lüften hasche,
Verstreu ich in der Welt, Geliebter, deine Asche...



NEUNTES KAPITEL

Am Zweiten des April, fünf Jahre nach Zweitausend,
Die Himmel hoben sich, die Winde sangen sausend.
Ich singe nun davon, ich sage nun davon,
Wie mir davon erzählt der deutschen Mutter Sohn.
Man glaubt ihm sonst rein nichts, was er auch je berichtet.
Spricht er von dieser Welt, man sagt: Der Dichter dichtet.
Und spricht vom Himmel er und von der Vorsicht Plan,
So sagt die ganze Welt: Er leidet nur am Wahn.
Drum nenne ich ihn nicht. Doch muß ich dies erzählen,
Was er im Geist geschaut, zum Heile vieler Seelen.
Und sei es eine nur, die diese Verse liest,
Von den Gedanken lernt, die schöne Kunst genießt,
So sei mir dies genug. Ich tu nach Gottes Weisung,
Die Weisheit schenkt noch Ruhm, ich habe die Verheißung.
Am zweiten des April, an dem gewissen Tag,
Geschah das Ganze. Doch auch von der Stunde sag,
O Muse des Gedichts: Es war die neunte Stunde
Des Abends, da das Licht genädig ging zu Grunde,
In milder Dämmerung die Krähen flogen um,
Da kam die Nacht herauf, ein Schweigen mystisch stumm
Lag über aller Welt. Des Greises Silberlocke
Wie Laub erzitterte, da klang die Totenglocke.
Vorsehung Gottes sprach zum Todesengel so:
Was hörst du nicht den Greis? Er stöhnt sein Ah und Oh
Und leidet Agonie, ich hör sein Beten werben:
Vorsehung Gottes, laß nun deinen Diener sterben!
Den Heiland seh ich schon! Nun aus dem Weltgefecht
In Frieden scheiden laß, Vorsehung, deinen Knecht!
Vorsehung Gottes sprach: Der Alte, ohne Mängel
Nach letzter Beichte, steht bereit dem Todesengel,
Wegzehrung er empfing für seine Himmelfahrt,
Am Bett der Kardinal ihm Christus offenbart
In Christi Hostia, der Speise für die Seele,
Gesalbt ward er vom Geist mit letztem Salbungsöle.
Nun, Todesengel, reiß hinan mit deinem Kuß
Den Papst, reiß ihn hinan zum ewigen Genuß!
An seinem Bette steht, der ihn auf allen Wegen
Begleitet wie sein Hund, er wartet auf den Segen,
Wenn, Todesengel, du den Sterbenden erlabst
Mit einem sanften Tod, dann wird der neue Papst
Des alten Papstes Freund und bester Weggefährte,
Dann sitzt auf Petri Stuhl als Christus dieser Erde
Der weise, heilige, bescheidne Benedikt!
Der Todesengel sanft auflächelnd glänzt und nickt.
Der Papst aufrichtete noch einmal sich im Bette,
Er sah die große Rom, die mütterliche Stätte,
Er sah der Kirche Volk, dass aus der ganzen Welt
Gekommen war die Schar. Da lächelte der Held
Und sprach zur Menschheit dies: Die ganze Mutter Erde
Durchpilgerte der Papst, der Hirte seiner Herde.
Nun sterb ich meinen Tod, ich sterb den ersten Tod.
Ich bete für die Welt, des Friedens Morgenrot,
Und nun seid ihr zu mir aus aller Welt gekommen,
Der Jugend sage ich und sage allen Frommen:
Ich sah schon im Gesicht den Heiland, meinen Herrn,
Ihr aber, betet stets zur Frau, der Hoffnung Stern,
Ich bete auch zur Frau und bin schon fast glückselig,
Ruft stets Maria an, seid in Maria fröhlich,
Ich sterb den ersten Tod, bin in Maria froh!
So hauchte aus der Papst die Seele, er starb so!
Auf Erden alle Welt aufheulte da voll Jammer.
Des Papstes Seele trat leis lächelnd aus der Kammer,
Des Körpers Kerker, und ging in den Himmel ein.
Und Christus, unser Herr, die Engel hörte schrein:
Da kommt ein Heiliger, gesellt sich zu den Engeln,
Behaftet noch am Leib mit körperlichen Mängeln,
Der Seele, die zu uns im dritten Himmel kam,
Noch zittert ihre Hand, die Beine sind noch lahm,
Die Zunge mauschelt noch, man weiß nicht was er tuschelt,
Er murmelt nicht Latein, in fremder Zunge nuschelt
Der neue Heilige. Und Christus in dem Thron
Mit weisem Lächeln sprach, der liebe Gottessohn:
Man rufe aus dem All und aus dem heitern Äther
Mir den Apostelfürst, den Menschenfischer Peter:
Du, Peter, Himmelspapst, bist mit der Welt bekannt,
Der dort kommt nicht aus Rom, er kommt aus fernem Land,
Geh ihm entgegen du und hilf ihm in den Himmel,
Durch Myriaden Licht-Gestalten, durchs Gewimmel
Führ ihn an deiner Hand und sei ihm hilfsbereit
Und führ den Heiligen in die Glückseligkeit!
Und Petrus trat zum Papst, den er nicht gleich erkannte,
Begrüßte nun den Papst mit einem Vers von Dante.
Der Papst gab Antwort gleich dem Menschenfischer da
Mit einem süßen Reim aus der Komödia
Und freute sich, dass hier vor Gott dem Weltenrichter
Auch gilt die Poesie, die Kunst der frommen Dichter!
Da kam Maria an! Und Unsre Liebe Frau
Sprach zu dem Himmelspapst im heitern Himmelsblau:
Der neue Heilige, ich sag es unverhohlen,
Nicht aus Italia stammt er, er stammt aus Polen.
Er weihte ganz sich mir und gab sich völlig hin
Dort in Tschenstochau mir, der Polen Königin.
In jeder Diktatur pries er die Göttin Freiheit
Und glaubte stets an Gott, die Einheit in der Dreiheit,
Der er in Krakau dort studierte die Moral,
Ich Polens Königin und er mein Prinzgemahl,
Nicht Römer er als Papst, als Papst war er ein Slawe,
Er weihte Russland mir, er weihte Russland Jahwe!
Ich immer war bei ihm, ich niemals war ihm fern,
Er lebe selig nun im schönen Morgenstern!
Der Papst nun schwebte auf im Reich des Nazarenus
Zum dritten Himmel in das Paradies der Venus.
Die Göttin Venus kam. Vorm Wagen schwamm ein Schwan,
So schöne nackte Frau nie meine Augen sahn,
Voll lockender Begier die zauberischen Blicke,
Geöffnet leicht der Mund, die Zähne Perlenstücke,
Das rote Lippenpaar, der Mund, der makellose,
War scharlachrot geschminkt wie eine Purpurrose,
Die lange Lockenflut von rötlichblondem Haar
Den Rücken floß hinab bis zu dem Schenkelpaar.
Auf ihrem Haupt ein Kranz von Myrten und von Rosen,
Der Schönheit Krone dies der Frau, der makellosen.
Und transparent wie Licht das Kleid um ihren Leib
Und weißer als der Schnee der Körper von dem Weib.
Das Herz geöffnet war, es schossen Feuerstrahlen
Aus ihrer linken Brust, das kann kein Maler malen.
In ihrer rechten Hand hielt sie der Äpfel drei,
Drei goldne Äpfel sie verschenkte himmlisch-frei,
In ihrer linken Hand hielt dieses Weib voll Wonne
Das ganze Weltenall und Stern und Mond und Sonne.
Und bei der Göttin schön, der Venus Cypria,
Drei Mädchen standen schön, liebreizend lächelnd da,
Sie reichten Äpfel sich, Goldfrüchte mit den Händen,
Verhüllt der Leib nur von den Locken zu den Lenden,
Verschlungen wie in eins die Mädchen standen da,
Dies die drei Grazien der Göttin Cypria.
Und Venus sprach zum Papst: Nun wähle deine Huri!
Sulima wartet dein, Suleika und Siduri!
Papst Alexander dort mit Bella Julia
Im Venusparadies ist schon glückselig da,
Petrarca, der Poet, lebt dort mit Donna Laura,
Mit Dante Beatrix! Du wähle deine Haura!
Schau die Jungfrauen an, die Himmelsmädchen süß,
Die Huris schau dir an im Venusparadies!
Der Huris viele sind, sind weiße, grüne, rote,
Sie alle schaue an der gotterlöste Tote,
Wie Moschus duften sie, sie sind aus Myrrheduft,
Wie Ambra duften sie, wie Weihrauch in der Luft.
Auf ihrer Stirne strahlt das herzliche Willkommen,
Zur Freude laden sie, zur Wonne ein die Frommen.
In Zelten ruhen sie, von Perlen ist das Dach,
Sind siebzig Betten drin und in den Betten, ach,
Je eine Dienerin und Sklavin, Minne-Feindin
(Die Minne-Feindin hat noch eine andre Freundin),
Die Sklavinnen bestimmt sind in der Seligkeit,
Zu helfen Huris in das transparente Kleid,
Verhüllen keusch den Leib mit hingehauchter Seide,
Verhüllen kaum den Leib, des Frommen Augenweide!
Der Huris Körper selbst ist transparent wie Glas,
Kristallner Vase gleich, so rein wie Chrysopras.
Und ruhen soll der Mann in dieser Frauen Armen,
Und nach dem Liebesakt, dem herzlich liebeswarmen,
Ist keusch wie Morgentau die jugendliche Braut
Und wieder ganz intakt der Huri Jungfernhaut!
Maria wieder kam, so strahlend wie der Äther,
Und mit ihr Petrus kam, der Menschenfischer Peter,
Sie führten nun den Papst bis an des Glaubens Ziel,
Und Petrus ging voran zum Heiligen-Konzil,
Dem Vaticanum in des Himmelreiches Halle,
Versammelt waren dort die Kinder Gottes alle.
Da sah des Papstes Geist zwei Heilige zumeist
Vom Ende dieser Welt, da rief des Papstes Geist:
Gruß, Juan Diego, dir! Teresa von Kalkutta,
Ich grüß dich, die du bist der armen Inder Mutter,
Die wahre Kali du, die Mutter Indiens,
Die Christus sehr geliebt in seiner Immanenz,
Wie Christus leidet noch in jedem armen Inder,
Auf Liebe wartet Gott im Herzen kleiner Kinder!
Kalkuttas Kali du, schenk Gott Ost-India,
Und Juan Diego du, schenk Gott West-India!
Der Inder Mutter ist die Mutter von Kalkutta,
Die Indianer liebt Maria, Gottes Mutter!
So wie du sie geschaut, o Juan Diego du,
So schaute ich sie an in Liebe immerzu,
Im Sternenmantel und in feinster Gaze Fädchen,
Die meine Muse war, mein süßes braunes Mädchen,
Die Morenita, der mein Papsttum ich geweiht,
Ihr weihe ich die Welt, der Jungfrau benedeit!
Da trat auf dem Konzil, des Himmels Vaticanum,
Ein Weiser auf, der war bekannt mit dem Arcanum
Der Weisheit. Platon war sein Freund und Sokrates
Und Plotin war sein Freund und Aristoteles,
Die Stoa kannte er, den Logos der Natur,
Er lachte herzlich aus den Narren Epikur,
Und das war Augustin, des betendes Geständnis
Zum Fundamente ward, zum kirchlichen Bekenntnis.
Und Augustin zum Papst als wie ein Bruder nickt:
Ich bin der Schutzpatron des Papstes Benedikt!
Der Vater Augustin sprach nun vor dem Konzile:
Was strebte unser Papst denn an für Glaubensziele?
Ich red von Epikur, ich red zwar nicht von Lust,
Von Freude doch sehr wohl im Innersten der Brust,
Zur Freude rief er auf, der Papst, die jungen Leute,
Es möge Gottes Geist der Jugend schenken Freude.
Und was die Stoa lehrt, den Logos in dem All,
Den ehrte unser Papst mit reichem Redeschwall
Und lehrte Tugend auch, ein Lehrer er der Tugend,
Der Ehe Heiligkeit vermittelte der Jugend
Der Papst mit Redekunst. Und was nun Sokrates
Vor allem hat geehrt, sei du dir sicher des,
Der Wahrheit Genius, der Weisheit guten Dämon,
Dem einst Antigone gefolgt ist und auch Hämon,
Dem folgte auch der Papst, sein Evangelium,
Das lehrte Christus ihn als sein Daimonium.
Und was nun Platon sah, in dem Ideenhimmel
Der Schönheit höchstes Gut, im ganzen Weltgewimmel
Den Schatten der Idee, so weit ich dieses seh,
Es liebte unser Papst der Schönheit Ur-Idee.
Und wovon Plotin sprach, vom höchsten Absoluten,
Vom Geist, der wird erkannt durchs Denken von den Guten,
Vom Gott, der denkend ist, vom Gott, der wird gedacht,
Vom Gott, der Denken ist, das hat der Papst gemacht,
Gedacht hat über Gott der Papst. Das Abenteuer
Des Denkens unternahm der Papst (im Fegefeuer
Manch junger Bruder muß studieren seine Schrift
Vom Humanismus). Was nun unsern Papst betrifft,
So sag in Demut ich mit tief bescheidner Leisheit:
Er war ein Philosoph, Schatzkammer wahrer Weisheit!
So Vater Augustin das Wort sprach. Siehe da
Erhob die Mutter sich, die fromme Monica,
Und sagte: Liebster Sohn, wie schön hast du geredet,
Ich habe nicht umsonst für meinen Sohn gebetet!
O Brüder des Konzils, o Schwestern in dem Geist,
Nun Pius, unsern Papst, den Zwölften Pius preist!
Der Zwölfte Pius hob nun seine ernste Stimme:
In tiefster Schreckenszeit und großem Gram und Grimme
Ich meine Zuflucht nahm zur Gottesmutter, da
Die Welt geweiht hab ich der Frau von Fatima
Und ihrem Herzen rein, dem Unbefleckten Herzen,
Sie litt ja mit uns mit in bittern Mutterschmerzen!
Nun ich nicht nur allein der Minnesklave bin
Von Unsrer Lieben Frau, der Friedenskönigin,
Auch der geliebte Papst, wie ich ihn vor mir sehe,
Er liebte Unsre Frau in keuscher Minne-Ehe,
Sein braunes Mädchen war die Vielgeliebte ihm,
Er gab ihr alles hin, war ihr im Geist intim,
Die seine Muse war, das Mädchen Morenita,
Ihr weihte er die Welt, der süßen Virgencita,
Und von Amerika, den zwei Amerika,
Bis hin nach Afrika und bis nach India,
Europa auch, die vielgeliebten Polen, Pruzzen,
Die ganze Völkerschar im Riesenreich der Russen,
Die Völker Russlands er hat Unsrer Frau geweiht,
So triumphiert das Herz der Frau gebenedeit!
Auf jedem Kontinent, auf allen Kontinenten
Er allen Gläubigen mit herzlich offnen Händen
Entgegenkam versöhnt, der in Jerusalem
Gebetet, dem Islam begegnet angenehm,
Mahatma Gandhi auch geehrt, die Hinduisten,
Den Dalai Lama auch und alle die Buddhisten,
Die Afrikaner und die Indianer auch
Begrüßte im Gebet, mit Großen Geistes Hauch,
Und sprach zur Menschheit und zur ganzen Welt hienieden:
Versöhnung will die Frau, Herr Jesus will den Frieden!
So sprich ihn heilig nun, Herr, hör auf deinen Papst,
Indem du heilig sprichst den Papst, o Herr, erlabst
Die ganze Menschheit du, bei Sankt Marien Brüsten!
Und Christus kam, der Herr und Meister seiner Christen,
Und sprach auf dem Konzil: Maria dich entflammt,
O liebster Karol mein, ich hab für dich ein Amt:
Stell du dich unten auf, steh an der Hölle Toren,
Die Seelen, die verdammt, unselig sind verloren,
Die lasse du nicht ein, nicht in die Hölle ein,
Ein Höllenwächter sollst du voll Erbarmen sein!
Der Heilige, der Papst, er fuhr hinab zur Hölle,
Daß nicht aus Satans Schoß Verdammnis ewig quölle,
Der Heilige, der Papst, er nahte nun dem Tor
Der Hölle und vernahm der Diktatoren Chor:
Ah wehe, wehe, weh! Wir, Satans Diktatoren,
Wir sind mit Satanas dem Höllenpfuhl verschworen,
Laßt keine Seele mehr in diese Hölle ein,
Denn namenlose Qual zerfleischt uns, Höllenpein!
Da sah der Heilige, und was tat er da schauen?
Er sah am Höllentor zwei wunderschöne Frauen!
Dort Katharina stand, Sienas Jungfrau rein,
Dort Benedicta stand, die weise Edith Stein.
Und Katharina sprach, da schwieg die Hölle stille:
Daß keine Hölle sei, Herr Christus, ist mein Wille!
Und Benedicta sprach ganz leise, lächelnd fein:
Die Freiheit achtet Gott (so sagte Edith Stein),
Die Freiheit achtet Gott, des Menschen Willensfreiheit,
Auch zu entscheiden sich nicht für die Einheit-Dreiheit,
Nein, gegen Gott den Herrn! Doch Eine Möglichkeit
Hat Gottes Liebe doch, zur Himmelsewigkeit
Die Gottverdammten durch den Trick zu überlisten!
Erbarmen, Herr am Kreuz, bei Unsrer Frauen Brüsten!
Vor Ekel, Galle, Haß da schäumte Satans Maul!
Da trat hinzu der Papst, mein Sankt Johannes Paul!




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