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Gallwitz, Max von, General, * 02.05.1852 in Breslau, + 18.04.1937 in Freiburg.

General Max von Gallwitz spielte, insbesondere verbunden mit den Kämpfen bei Verdun, u.a. als Führer der 5. Armee, eine tragende Rolle im Verlauf des 1. Weltkriegs. Gallwitz diente sich vom einfachen Kriegsfreiwilligen hinauf bis zum Armeeführer.

Seine großen Erfolge und Auszeichnungen erlang er allerdings in den beiden ersten Kriegsjahren auf dem östlichen Kriegsschauplätzen. Konzentrieren soll sich der nachfolgende Artikel auf seinen Einsatz und seine Verwendung vor Verdun.

Er wurde am 2. Mai 1852 in Breslau geboren und ging aus einer Beamtenfamilie hervor. Nach der erfolgreichen Erlangung seines Abiturs trat er als Kriegsfreiwilliger in das Schleswig-Holsteinische Feldartillerie-Regiment Nr. 9 in Itzehoe ein. In diesem Regiment nahm er als Fahnenjunker am deutsch- französischen Krieg 1870/71 teil. Bedeutende Stationen in diesem Krieg waren für ihn die Kämpfe bei Metz, Toul und Paris. 1872 wurde er als Leutnant zur Kriegsakademie versetzt und zum Adjutanten der 11. Feldartillerie-Brigade ernannt. 1883 kommandierte man ihn in den großen Generalstab, in welchen er 1885 als Hauptmann versetzt wurde. In den kommenden 5 Jahren bis 1890 begleitete er mehrere verantwortungsvolle Dienstposten als Generalstabsoffizier im II. Armeekorps, im Kriegsministerium und schließlich als Batteriechef im Feldartillerie-Regiment Nr. 27 in Mainz. 1890 zum Major befördert wurde er Generalstabsoffizier in der 9. Infanterie-Division und drei Jahre später beim VII. Armeekorps.

Weitere Stationen seiner Laufbahn lesen sich wie ein Bilderbuch: 1895 Abteilungs-Kommandeur im Feldartillerie-Regiment Nr. 11 (Kassel); 1896, als Oberstleutnant, Chef der Feldartillerie-Abteilung im Kriegsministerium; dort zum Oberst befördert; 1899 Kommandeur des Feldartillerie- Regiments Nr. 79 (Osterode); 1901 Kommandeur der 29. Feldartillerie- Brigade; 1902 Generalmajor und Direktor des Armee-Verwaltungs- Departments im Kriegsministerium und stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrat; 1906 Generalleutnant und Kommandeur der 16. Infanterie-Division; 1911 Beförderung zum General der Artillerie und Inspekteur der Feldartillerie und letztendlich-ebenfalls ein wichtiger Aspekt in seiner Laufbahn-1913 die Erhebung in den erblichen Adelstand.

Zu Beginn der 1. Weltkriegs führte General von Gallwitz das Garde- Reserve-Korps mit der 1. Garde-Reserve- Divison und der 3. Garde- Infanterie-Division. Das Korps operierte im Rahmen der deutschen 2. Armee auf dem westlichen Kriegsschauplatz. Einen ersten großen Erfolg erzielte er mit der Fortnahme der belgischen Festung Namur. Der schnelle Fall der Festung war auf einen zielbewussten Einsatz der schweren Belagerungsartillerie ausgelegt. Dieses sogenannte "verkürzte Festungs-Angriffs-Verfahren" war eine Entwicklung des energischen Generals, das einen effektiven und konzentrierten Artillerieeinsatz zur Grundlage hatte.

Das Garde-Reserve-Korps wurde kurz darauf in den Osten verlegt. In Polen durchstand er mit seinem Korps wechselvolle Kämpfe mit unterschiedlichen Aufgaben. U.a. befehligte er im Februar 1915 eine österreichische Armee- Abteilung. Im Frühjahr 1915 bildete man unter seiner Führung eine Armeegruppe, die aus 10 Divisionen bestand. Gallwitz meisterte die ihm gestellten Aufgaben und erhielt am 22. März 1915 den Rang eines Armee-Oberbefehlshabers.

Am 24. Juli 1915 wurde ihm, für die erfolgreichen Kämpfe gegen die russische 1. Armee, der Orden Pour-le-Mérite verliehen. Für die darauffolgenden Verfolgungskämpfe unter seiner fachmännischen Truppenführung erhielt er am 28. September 1915 das Eichenlaub zum Pour-le-Mérite.

Im März 1916 erhielt von Gallwitz den Befehl, vorübergehend seine Aufgaben im Osten abzugeben und sich zur besonderen Verwendung im Großen Hauptquartier zu melden. Bereits am 8. Februar wurde er erstmals über die geplanten Aktivitäten bei Verdun informiert. Falkenhayn selbst hatte beschlossen, für die kommenden Unternehmungen auf dem Westufer der Maas einen erfahrenen Artilleristen zu berufen. Einige Tage später  übernahm er den Befehl über 

die sogenannte Angriffsgruppe West vor Verdun, die einen Teil der deutschen 5. Armee unter Kronprinz Wilhelm bildete. In einem vertraulichen Gespräch mit dem Kronprinzen wurde er dahingehend eingewiesen, dass die zahlreichen französischen Befestigungsanlagen einen Angriff auf breiter Front verbieten würden. 

Vielversprechender wären hier insbesondere Einzelaktionen gegen bestimmte Geländepunkte.

Der auf dem rechten Maasufer fast zum Stillstand gekommene deutsche Angriff auf die Festung, sollte durch einen Vorstoß auf dem Westufer wiederbelebt werden. Ferner flankierte die französische Artillerie, die bereits vorgeschobenen deutschen Stellungen auf dem Ostufer, empfindlich. Mit einem Vorgehen auf dem linken Maasufer sollten diese Missstände beseitigt werden.

Eine seiner ersten Maßnahmen war die Neuorganisierung und -Verteilung der eingesetzten Artillerieformationen, um eine höhere Effektivität zu erreichen. In diesen Punkten beriet ihn u.a. Oberst Max Bauer von der Obersten Heeresleitung (O.H.L.), der ihm die bisherige Verwendung der Artillerie und die dabei aufgetretenen Mängel erörterte.

Am 5. April 1916 ging die Westgruppe unter Gallwitz zum Angriff über. Bereits einen Tag später, nach ersten Erfolgen, entschied er sich einheitlich auf der gesamten Front anzugreifen. Nacheinander fielen wichtige Geländeteile und Ortschaften im Bereich der Höhen 304 und Toter Mann. Ab 10. April setzte Gallwitz einen wichtigen Stein in der weiterführenden Kampfführung vor Verdun. Das Hauptgewicht wurde nun auf die Bekämpfung der französischen Artillerie gelegt. Nur die Niederhaltung derselben, versprach eine erfolgreichen weiteren Angriff.

Als weitere Verstärkung seiner Gruppe erhielt Gallwitz am 24. April die 4. Infanterie-Division, die er sofort gegen die Höhe 304 einsetzte. Bei einer Besprechung mit Falkenhayn betonte er die außerordentlichen Anstrengungen und Entbehrungen, welche die Truppe zu tragen habe. Es kam zu Ausfällen durch Krankheit, es zeigten sich Anzeichen von starken Depressionen und einer immer schwächer werdenden Moral. Die Ersatzmannschaften erwiesen sich als den Anforderungen nicht gewachsen, so dass der Kampfwert der einzelnen Divisionen weit unter dem lag, was der Personalbestand auf dem Papier verzeichnete.

Dieser Umstand ließ eigentlich die Schlussfolgerung zu, dass Gallwitz seinen Einheiten zuviel abverlangt habe, ohne diese zu schonen. Allerdings merkte man auch in der obersten Führung das sein Einsatz ein einheitliches Maß der angestrebten Operation bildete. Der frühere ständig wechselnde Kurs zwischen groß angelegten Angriffen und begrenzten Aktionen hatte keinen Erfolg gebracht. Gallwitz bereitete seine Aufgaben gründlich vor und setzte sie konsequent und erfolgreich um. Trotz allem erhielt er am 30. April Nachricht von der Heeresgruppe, dass man mit den erreichten Erfolgen nicht zufrieden sei. Ferner betonte man die Einheitlichkeit der Führung, worüber sich Gallwitz offensichtlich in seinen Entscheidungen gelegentlich hinweggesetzt hatte. Seine befürchteten Schwierigkeiten mit dem Armee-Oberkommando, hier Kronprinz und Knobelsdorff, begann.

Anfang Mai griffen die Franzosen erfolgreich am Toten Mann an und nahmen einige Gräben. Im Stab der Angriffsgruppe wurden Stimmen laut, dass die Durchführung der Aufgaben mit den zur Verfügung stehenden Kräften nicht mehr möglich wäre. Doch Gallwitz hielt an seinen Planungen fest. Am 2. Mai kam es zu einem ernsten Gespräch zwischen ihm und dem Kronprinzen, der sich über den Stand der Kämpfe am Toten Mann negativ äußerte. Das Vertrauen wurde obendrein durch einen scharfen Erlaß der Heeresgruppe erschüttert, der offensichtlich ebenfalls den Verlust der Gräben am Toten Mann rügte.

Gallwitz reagierte ungehalten und teilte Knobelsdorff daraufhin persönlich mit, dass er nach Ausführung seiner Pläne die Konsequenzen ziehen werde. Knobelsdorff gelang es den aufgebrachten General zu beruhigen. Letztendlich entschuldigte man sich gegenseitig und war wieder in völliger Übereinstimmung der Grundsätze.

Am 4. Mai ging Gallwitz erneut zum Angriff auf die Höhe 304 über. 4 Tage später besetzten deutsche Truppen das Mittelstück der Höhe. Am 9. Mai dehnten sich die Kämpfe bis hinüber zum Toten Mann aus, welcher am 20. Mai fiel.

Ende Mai forderte Knobelsdorff während einer Besprechung Gallwitz zum Munitionssparen auf. Ferner könnten die zugesagten Reserven nicht an die Westgruppe überwiesen werden. Eine erneute Krise war eingetreten. Die schwere Niederlage der Österreicher während der sogenannten Brussilow-Offensive im Osten hatte die zugesagten Reserven verschlissen. Gallwitz bereitete sich auf eine etwaige Abwehr vor. Die Zuführung weiterer Munition wurde vom Armee-Oberkommando abgelehnt. Dagegen sollte der Angriff auf dem Ostufer erneut belebt werden. Doch das Blatt wendete sich, die Franzosen hatten ihre Artillerie verstärkt und litten auch nicht an Munitionsmangel.

Das gesetzte Ziel auf dem Westufer, nämlich die Ausschaltung der französischen Artillerie, war nicht erreicht worden.

Der im Juli 1916 einsetzende alliierte Angriff gegen die deutschen Stellungen an der Somme erforderten eine Neueinteilung der vorhandenen Kräfte und eine neue Taktik für die nun kommende Abwehrmaßnahen. General von Gallwitz wurde an diesen Brennpunkt der Westfront berufen. Unter seinem Befehl wurde eine neue Heeresgruppe aus Teilen der deutschen 1. und 2. Armee, zu deren Oberkommandierenden er zwischenzeitlich berufen wurde, gebildet. Seine erste Aufgabe war die Verstärkung der eigenen Artillerie. Und hier insbesondere förderte er den Einsatz des schwersten Flachfeuers, welches bereits sehr erfolgreich auf alliierter Seite eingesetzt wurde und eine nicht unbedeutende moralische Wirkung ausübte. Eine Neuregelung der Strukturierung der Geschützformationen schloss das zwischen Infanterie und Artillerie während der Kämpfe entstandene Misstrauen untereinander. Der wirksame und koordinierte Einsatz der Schwesterwaffe gab den Infanteristen allmählich wieder Halt und Vertrauen, was für die weiteren Vorhaben mehr als dienlich war.

Bis in den August 1916 verschlissen sich beide Parteien in der furchtbaren Materialschlacht, die kolossale Verluste bewirkte. Die Heeresgruppe Gallwitz wurde am 28. August 1916 aufgelöst. Er verblieb mit seiner deutschen 2. Armee südlich der Somme. Am 4. und 17. September entbrannten erneut schwere Kämpfe, die bis in den November andauerten und dann in einen Stellungskampf übergingen.

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Ende 1916 waren die deutschen Linien vor Verdun, nach massiven Schlägen der Franzosen, weit zurückgedrängt worden. Die O.H.L. war zwischenzeitlich durch Hindenburg und Ludendorff abgelöst worden. Die blutig erkämpften Erfolge waren bis auf wenige Ausnahmen fast völlig egalisiert worden. Zu diesem moralisch kritischen Zeitpunkt rief man abermals General von Gallwitz auf den Plan. Am 18. Dezember 1916, drei Tage nach einem weiteren erfolgreichen französischen Vorstoß im Raum Verdun, übernahm er nun die Führung der deutschen 5. Armee.

Es galt nun die bestehenden Linien auf Dauer zu halten. Hierbei bemängelte Gallwitz die unzureichende Ausbildung der Artillerie. Hierzu richtete er eigens eine Artillerieschule ein.

Die erste Jahreshälfte 1917 verging neben kleineren Aktionen auf beiden Ufern der Maas hauptsächlich mit zahlreichen Auseinandersetzungen in höheren Führungskreisen, hier insbesondere zwischen Gallwitz und Ludendorff. Gallwitz drängte immer wieder auf größer angelegte Angriffe, Ludendorff lehnte kategorisch ab. Hätte er Mitte des Jahres 1917 seine Forderungen durchsetzen können, wäre u.U. ein entscheidender Schlag gegen das französische Heer möglich gewesen. Nach dem Scheitern der sogenannten Nivelle-Offensive kam es zu vereinzelten Meutereien in der französischen Armee, deren Ausmaß allerdings erst nach dem 1. Weltkrieg bekannt wurde.

Am 1. August gelang nochmals an der Höhe 304 deutscherseits ein größerer Erfolg, der auf den massierten Einsatz von Giftgas zurückzuführen war. Aber die Verluste der Truppe waren schwer und das spürbare Übergewicht, insbesondere der französischen schweren Artillerie machte sich ein weiteres Mal bemerkbar.

Von Mitte August bis Anfang Oktober 1917 erfolgten schwere französische Angriffe, in deren Rahmen die wichtige Höhe Toter Mann geräumt werden mussten. Die deutschen Meldungen konstruierten den offensichtlichen Misserfolg allerdings in einen Abwehrerfolg um, was besonders Gallwitz peinlich berührte. Ein diesbezügliches Glückwunschtelegramm des Kaisers brachte ihn von gehegten Rücktrittsgedanken ab.

Am 23. August besprach er mit dem Kronprinzen die Niederlage vom 20. August. Die Ursache des Debakels sah er in dem permanenten Verharren in der Abwehr. Der Kronprinz stimmte ihm zu und bezog so Stellung gegen Ludendorff. Am 27. August wurde Gallwitz bewährter Stabschef, Bronsart, abberufen und durch Oberstleutnant v. Pawelsz ersetzte. Der Austausch schien ebenfalls aus der Niederlage vom 20. August zu resultieren. Es entspann sich ein energischer Streit innerhalb der Führung, der mit einem Abschiedsgesuch Gallwitz endete. Dieser wurde vom Kaiser abgelehnt, die offenen Meinungsverschiedenheiten durch geschickte Diplomatie Ludendorffs ausgeräumt - Gallwitz blieb.

Sein offensiver Grundgedanke kehrte zu alter Frische zurück. In mehreren Berichten und Armeebefehlen forderte er erneute, wenn auch kleine und begrenzte Angriffe; der weitere Einsatz von Kampfgas wurde ebenfalls gefordert.

Auch der Kronprinz hatte sich in einer Denkschrift über eine großangelegte Offensive an der Westfront geäußert. Der Zusammenbruch der Russen im Osten würde einen Angriff im Westen möglich machen, da Truppen frei würden. Man begann mit einem Angriffsentwurf.

Am 23. Dezember 1917 wurde Gallwitz vom Kaiser persönlich der Schwarze Adlerorden verliehen; dass Großkreuz des Roten Adlerordens hatte er bereits für seine Verdienste während der Sommeschlacht erhalten.

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Anfang 1918 wurde Gallwitz über die geplante große Offensive im Westen unterrrichtet. Die 5. Armee sollte daran nicht direkt teilnehmen, sondern mehr durch Demonstrationskämpfe die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Option des Munitionssparens wurde aufgehoben und die Bildung einer Heeresgruppe Gallwitz beschlossen. Hierzu wurde im Januar die Armeeabteilung C unter Generalleutnant Fuchs, deren Einsatzraum sich im weiter südlich gelegenen sogenannten St. Mihiel-Bogen befand, hinzugenommen.

 

Am 8. Februar wurden bei einem Patrouillenunternehmen die ersten amerikanischen Gefangenen eingebracht. Anfang März begann die Heeresgruppe Gallwitz ihrerseits mit den planmäßigen Ablenkungsmanövern für die kommende Offensive, die allerdings wechselhaft verliefen. Mit Beginn der sogenannten „Michael-„ oder „Kaiserschlacht“ am 21. März lagen die Aufgaben der 5. Armee vorwiegend bei der flankierenden Artillerieunterstützung der angrenzenden deutschen 18. Armee. Auf Bitten Ludendorffs wurden die Aktivitäten im Raum Verdun Anfang April wieder aufgenommen. Die Offensive hatte sich mittlerweile festgelaufen.

Mitte Mai wurde Gallwitz von der O.H.L. mitgeteilt, dass er einen Zangenangriff auf Verdun vortäuschen solle, um von dem, für Ende Juni geplanten Angriff in Flandern, abzulenken. Der General verlangte dafür einige Wochen Vorbereitungszeit. Doch ein günstiger Umstand sorgte  für berichtigen Optimismus: Mittlerweile hatten die Alliierten zahlreiche Divisionen vor Verdun abgezogen und an andere Frontabschnitte verlegt. Nicht nur eine scheinbare, sondern eine reale Umfassung Verduns war nun möglich. Gallwitz hatte diesbezüglich eine Lösung parat: Die Heeresgruppe Deutscher Kronprinz sollte mit Teilen der 1. und 3. Armee nach Süden zur Marne vorstoßen, dann nach Osten einschwenken und zusammen mit seiner Heeresgruppe die Einkreisung Verduns bewirken. Bei einem glücklichen und erfolgreichen Verlauf könnte Verdun fallen. Falls nicht, würde es zumindest starke alliierte Kräfte in den Festungsbereich ziehen und andere Frontabschnitte entlasten.

Mitte Juni erhielt Gallwitz das geplante Programm für die kommenden Monate. Der nächste größere Angriff war für Mitte Juli in der Champagne geplant; eine Zustimmung oder einen Vermerk über das vorgeschlagene Zusammenwirken mit seiner Heeresgruppe fehlte, auch die ausgearbeitete Variante für den Fall Verduns wurde mit keinem Wort erwähnt.

Zum Monatsende, kurz vor einem geplanten Erholungsurlaub, erhielt er eine Anweisung der O.H.L., wonach die Armeeabteilung C einen Angriff gegen die Maas vorzubereiten habe. Dort allerdings befürchtete man einen bevorstehenden amerikanischen Angriff und opponierte erfolgreich.

Während seiner Abwesenheit vertrat ihn General von Soden. Als Gallwitz Anfang August zurückkehrte, fand er eine völlig veränderte Situation vor. Von geplanten Angriffen war keine Rede mehr, vielmehr nur noch von Abwehrmaßnahmen. Auch eine wichtige Anfrage der O.H.L. erreichte seine Heeresgruppe. Es ging um das Urteil der Weiterführung des Krieges. Gallwitz plädierte für ein weiteres Offensivverhalten, unter einheitlicher Führung. Er hielt kleinere, begrenzte Angriffe für nutzlos und kräfteverschleissend sowie auf längere Hinsicht nicht durchführbar, aber hingegen eine Rückkehr in die völlige Defensive ausgeschlossen. Auch nach dem 8. August, dem von Ludendorff bezeichneten „schwarzen Tag des deutschen Heeres“, hielt Gallwitz in einem Nachtrag zu seinen Ausführungen, an seinen Offensivgeist fest und empfahl gut geplante Gegenangriffe, besonders gegen die Flanken der Alliierten Streitkräfte.

Mitte August sollte das inzwischen an der Verdun-Front eingetroffene k.u.k. XVIII. Armeekorps eingeschoben werden. Gallwitz hielt den Einsatz für verfrüht, da die Einheiten noch an die ungewohnten Verhältnisse im Westen vorbereitet werden sollten. Ferner mangelte es an Ausrüstung.

Die Auffassung der O.H.L., dass die Fronten bald wieder in völligen Stillstand verharren würden, konnte Gallwitz nicht teilen. Nach seiner Ansicht würden die Alliierten ihre Angriffe fortsetzen, womit er Recht behalten sollte.

Anfang September mehrten sich die Nachrichten, dass die Amerikaner einen Vorstoß gegen die Mosel und gegen Metz planten. Die Anweisungen der O.H.L. liefen dahin, dass die Armeeabteilung C den Kampf nicht annehmen sollte, sondern sich in einer vorgeschriebenen Ausweichbewegung auf eine neue Widerstandslinie zurückzuziehen. Am 7. September teilte der Führer der Armeeabteilung C, General Fuchs, Gallwitz mit, dass er einem Angriff der Amerikaner zuvorkommen wolle und seinerseits in die Vorbereitungen desselben stoßen wolle. Gallwitz begrüßte diesen Gedanken. Ludendorff gab umgehend grünes Licht und unterstellte für diesen Zweck den rechten Flügel der deutschen 19. Armee. Inzwischen hatte sich aber erneute Schwierigkeiten aufgetan: Nach eingehender Aufklärung war klar geworden, dass sich der amerikanische Angriff nicht gegen Metz, sondern gegen St. Mihiel selbst richten sollte. Die Pläne wurden sofort umgeworden und erneut die Rücknahme der Armeeabteilung geplant und für den 11. September festgesetzt. Mitten in die begonnene Absetzbewegung schlug der Angriff der Amerikaner. Es kam zu großen Verlusten auf deutscher Seite, der planmäßige Rückzug gelang nur leidlich. Die neue Widerstandslinie konnte aufgrund eines versäumten Nachdrängens der Amerikaner dennoch gehalten werden. Diese offensichtliche Niederlage wurde von der O.H.L. auf das schärfste gerügt und zog die Absetzung von General Fuchs nach sich.

Um strukturell eine Verteidigung im Raum Verdun besser koordinieren zu können, wurde General von Gallwitz am 22. September vom Oberbefehl der deutschen 5. Armee entbunden, behielt aber das Kommando über die gesamte Heeresgruppe.

Am 26. September folgten weitere amerikanische Großangriffe, die nur mühevoll und unter Geländeverlusten aufgefangen werden konnten. Die noch kriegsunerfahrenen Amerikaner verfügten, wenn auch qualitativ den deutschen Kräften unterlegen, über unerschöpfliche Reserven an Material und Truppen. Phasenweise stellte man ein Verhältnis 8:1 fest. Ein erneuter amerikanischer Angriff am 4. Oktober wurde glatt abgeschlagen. Die Verluste waren groß. Die Schwächen der Amerikaner lagen offensichtlich in einer mangelnden Disziplin.

Der letzte Akt des Krieges hatte begonnen. Nach dem Rücktritt Ludendorffs wurde am 26. Oktober 1918 General von Gallwitz zusammen mit General von Mudra nach Berlin beordert, um vor dem Kriegskabinett einen Vortrag zur militärischen Lage zu halten. Gallwitz versuchte durch überzeugende Argumente die Fortsetzung des Krieges zu bewirken. Doch das Kabinett unter Scheidemann und Erzberger lehnte ab. Die fachmännischen Rat- und Vorschläge des erfahrenen Militärs wurden nicht beachtet oder erst gar nicht zur Kenntnis genommen.

Nach der Rückkehr Gallwitz aus Berlin musste er am 1. November fast tatenlos einem amerikanischen Großangriff zusehen, der sich zwischen Maas und der Aire auf die ganze Heeresgruppe Kronprinz erstreckte. Es wurden tiefe Einbrüche erzielt. Gallwitz hatte keine Reserven mehr zur Verfügung, so dass nur noch der Rückzug in die sogenannte Freya-Stellung blieb.

Die Österreicher hatten erneut völlig versagt. Die Moral war am Boden. Bei einer Wiedereinreihung dieser Truppe in die Front fürchtete man bewaffnete Meutereien.

Am 7. November ordnete die O.H.L. den großflächigen Rückzug in die Antwerpen-Maas-Stellung an. Am 9. November dankte der Kaiser ab. Einen Tag später erreichten Gallwitz die Waffenstillstandsbedingungen der Alliierten.

Am 11. November um 11.55 Uhr waren die Kampfhandlungen offiziell beendet, doch noch um 15 Uhr war Kampflärm zu hören. In den letzten Stunden vor Kriegsende hatte es nochmals besonders heftige Auseinandersetzungen gegeben. Übereifrige alliierte Kommandeure versuchten noch möglichst viel Gelände zu nehmen.

Am 12. November wurde die Heeresgruppe Gallwitz in die Heeresgruppe C umbenannt.

Am 6. Dezember 1918 nahm Gallwitz seinen Abschied aus dem aktiven Dienst. Eine ungewöhnliche und verdienstvolle Karriere nahm hier ihren Abschluß. Ludendorff betitelte ihn als einen der besten Führer unseres Heeres und Kronprinz Wilhelm in seinen „Erinnerungen“, im gleichen Sinne, als einen unserer allerbesten militärischen Köpfe.

Nach dem Krieg schrieb Gallwitz seine Erinnerungen nieder und war als Parlamentarier tätig. Am 6. Juni 1920 wurde er für die Deutschnationale Volkspartei in den Reichstag gewählt und vertrat hier die Belange des alten Heeres in allen Fragen. Nach Auflösung des Reichstags im April 1924 zog er sich aus dem politischen Leben zurück.

Im April 1937 reiste Gallwitz zur Erholung nach Italien. Während eines Besuchs in Pompeji am 13. April wurde ihm übel, Steifheit stellte sich ein. Man transportierte ihn nach Neapel, wo er nur noch kurz die Besinnung erlangte. Am 18. April 1937, 13.30 Uhr starb er, fast 85 jährig, an Herzversagen. Das Staatsbegräbnis erfolgte am 23. April in Freiburg.

Literaturhinweise:
  • Artilleristische Rundschau, o.O. 1937.  

  • Bradley, Dermont: Soldatenschicksale des 20. Jahrhunderts als Geschichtsquelle, Band 12: Jung, Jakob: Max von Gallwitz (1852-1937)-General und Politiker, Osnabrück 1995.  

  • Jung, Jakob: Max von Gallwitz: (1852 - 1937) ; General und Politiker, Osnabrück 1995.  

  • Möller, Hanns: Geschichte der Ritter des Ordens „Pour le mérite“ im Weltkrieg, Band I, Berlin o.J.  

  • Mohr, Eike: Heeres- und Truppengeschichte des Deutschen Reiches und seiner Länder 1806 bis 1918, Osnabrück 1989.  

  • von Schoenermark, A.: Helden-Gedenkmappe des deutschen Adels, Stuttgart 1921.

Bildquellennachweis: Archiv Klink.

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