Gallwitz, Max
von, General, * 02.05.1852 in Breslau, + 18.04.1937 in Freiburg.
General Max von
Gallwitz spielte, insbesondere verbunden mit den Kämpfen bei Verdun, u.a. als Führer der 5. Armee, eine tragende Rolle im
Verlauf des 1. Weltkriegs. Gallwitz diente sich vom einfachen
Kriegsfreiwilligen hinauf bis zum Armeeführer.
Seine
großen Erfolge und Auszeichnungen erlang er allerdings in den
beiden ersten Kriegsjahren auf dem östlichen Kriegsschauplätzen.
Konzentrieren soll sich der nachfolgende Artikel auf seinen Einsatz
und seine Verwendung vor Verdun.
Er
wurde am 2. Mai 1852 in Breslau geboren und ging aus einer
Beamtenfamilie hervor. Nach der erfolgreichen Erlangung seines
Abiturs trat er als Kriegsfreiwilliger in das
Schleswig-Holsteinische Feldartillerie-Regiment Nr. 9 in Itzehoe
ein. In diesem Regiment nahm er als Fahnenjunker am deutsch- französischen
Krieg 1870/71 teil. Bedeutende Stationen in diesem Krieg waren für
ihn die Kämpfe bei Metz, Toul und Paris. 1872 wurde er als Leutnant
zur Kriegsakademie versetzt und zum Adjutanten der 11.
Feldartillerie-Brigade ernannt. 1883 kommandierte man ihn in den großen
Generalstab, in welchen er 1885 als Hauptmann versetzt wurde. In den
kommenden 5 Jahren bis 1890 begleitete er mehrere
verantwortungsvolle Dienstposten als Generalstabsoffizier im II.
Armeekorps, im Kriegsministerium und schließlich als Batteriechef
im Feldartillerie-Regiment Nr. 27 in Mainz. 1890 zum Major befördert
wurde er Generalstabsoffizier in der 9. Infanterie-Division und drei
Jahre später beim VII. Armeekorps.
Weitere
Stationen seiner Laufbahn lesen sich wie ein Bilderbuch: 1895
Abteilungs-Kommandeur im Feldartillerie-Regiment Nr. 11 (Kassel); 1896, als Oberstleutnant, Chef der Feldartillerie-Abteilung im
Kriegsministerium; dort zum Oberst befördert; 1899 Kommandeur des
Feldartillerie- Regiments Nr. 79 (Osterode); 1901 Kommandeur der 29.
Feldartillerie- Brigade; 1902 Generalmajor und Direktor des
Armee-Verwaltungs- Departments im Kriegsministerium und
stellvertretender Bevollmächtigter zum Bundesrat; 1906
Generalleutnant und Kommandeur der 16. Infanterie-Division; 1911 Beförderung
zum General der Artillerie und Inspekteur der Feldartillerie und
letztendlich-ebenfalls ein wichtiger Aspekt in seiner Laufbahn-1913
die Erhebung in den erblichen Adelstand.
Zu
Beginn der 1. Weltkriegs führte General von Gallwitz das Garde-
Reserve-Korps mit der 1. Garde-Reserve-
Divison
und der 3. Garde- Infanterie-Division. Das Korps operierte im
Rahmen der deutschen 2. Armee auf dem westlichen Kriegsschauplatz.
Einen ersten großen Erfolg erzielte er mit der Fortnahme der
belgischen Festung Namur. Der schnelle Fall der Festung war auf
einen zielbewussten Einsatz der schweren Belagerungsartillerie
ausgelegt. Dieses sogenannte "verkürzte
Festungs-Angriffs-Verfahren" war eine Entwicklung des
energischen Generals, das einen effektiven und konzentrierten
Artillerieeinsatz zur Grundlage hatte.
Das
Garde-Reserve-Korps wurde kurz darauf in den Osten verlegt. In Polen
durchstand er mit seinem Korps wechselvolle Kämpfe mit
unterschiedlichen Aufgaben. U.a. befehligte er im Februar 1915 eine
österreichische Armee- Abteilung. Im Frühjahr 1915 bildete man
unter seiner Führung eine Armeegruppe, die aus 10 Divisionen
bestand. Gallwitz meisterte die ihm gestellten Aufgaben und erhielt
am 22. März 1915 den Rang eines Armee-Oberbefehlshabers.
Am
24. Juli 1915 wurde ihm, für die erfolgreichen Kämpfe gegen die
russische 1. Armee, der Orden Pour-le-Mérite verliehen. Für die
darauffolgenden Verfolgungskämpfe unter seiner fachmännischen
Truppenführung erhielt er am 28. September 1915 das Eichenlaub zum
Pour-le-Mérite.
Im März 1916
erhielt von Gallwitz den Befehl, vorübergehend seine Aufgaben im
Osten abzugeben und sich zur besonderen Verwendung im Großen
Hauptquartier zu melden. Bereits am 8. Februar wurde er erstmals über
die geplanten Aktivitäten bei Verdun informiert. Falkenhayn selbst
hatte beschlossen, für die kommenden Unternehmungen auf dem
Westufer der Maas einen erfahrenen Artilleristen zu berufen. Einige
Tage später übernahm er den Befehl über
die
sogenannte Angriffsgruppe West vor Verdun, die einen Teil der
deutschen 5. Armee unter Kronprinz Wilhelm bildete. In einem
vertraulichen Gespräch mit dem Kronprinzen wurde er dahingehend
eingewiesen, dass die zahlreichen französischen Befestigungsanlagen
einen Angriff auf breiter Front verbieten würden.
Vielversprechender
wären hier insbesondere Einzelaktionen gegen bestimmte Geländepunkte.
Der
auf dem rechten Maasufer fast zum Stillstand gekommene deutsche
Angriff auf die Festung, sollte durch einen Vorstoß auf dem
Westufer wiederbelebt werden. Ferner flankierte die französische
Artillerie, die bereits vorgeschobenen deutschen Stellungen auf dem
Ostufer, empfindlich. Mit einem Vorgehen auf dem linken Maasufer
sollten diese Missstände beseitigt werden.
Eine
seiner ersten Maßnahmen war die Neuorganisierung und -Verteilung
der eingesetzten Artillerieformationen, um eine höhere Effektivität
zu erreichen. In diesen Punkten beriet ihn u.a. Oberst Max Bauer von
der Obersten Heeresleitung (O.H.L.), der ihm die bisherige
Verwendung der Artillerie und die dabei aufgetretenen Mängel erörterte.
Am
5. April 1916 ging die Westgruppe unter Gallwitz zum Angriff über.
Bereits einen Tag später, nach ersten Erfolgen, entschied er sich
einheitlich auf der gesamten Front anzugreifen. Nacheinander fielen
wichtige Geländeteile und Ortschaften im Bereich der Höhen 304 und
Toter Mann. Ab 10. April setzte Gallwitz einen wichtigen Stein in
der weiterführenden Kampfführung vor Verdun. Das Hauptgewicht
wurde nun auf die Bekämpfung der französischen Artillerie gelegt.
Nur die Niederhaltung derselben, versprach eine erfolgreichen
weiteren Angriff.
Als
weitere Verstärkung seiner Gruppe erhielt Gallwitz am 24. April die
4. Infanterie-Division, die er sofort gegen die Höhe 304 einsetzte.
Bei einer Besprechung mit Falkenhayn betonte er die außerordentlichen
Anstrengungen und Entbehrungen, welche die Truppe zu tragen habe. Es
kam zu Ausfällen durch Krankheit, es zeigten sich Anzeichen von
starken Depressionen und einer immer schwächer werdenden Moral. Die
Ersatzmannschaften erwiesen sich als den Anforderungen nicht
gewachsen, so dass der Kampfwert der einzelnen Divisionen weit unter
dem lag, was der Personalbestand auf dem Papier verzeichnete.
Dieser
Umstand ließ eigentlich die Schlussfolgerung zu, dass Gallwitz
seinen Einheiten zuviel abverlangt habe, ohne diese zu schonen.
Allerdings merkte man auch in der obersten Führung das sein Einsatz
ein einheitliches Maß der angestrebten Operation bildete. Der frühere
ständig wechselnde Kurs zwischen groß angelegten Angriffen und
begrenzten Aktionen hatte keinen Erfolg gebracht. Gallwitz bereitete
seine Aufgaben gründlich vor und setzte sie konsequent und
erfolgreich um. Trotz allem erhielt er am 30. April Nachricht von
der Heeresgruppe, dass man mit den erreichten Erfolgen nicht
zufrieden sei. Ferner betonte man die Einheitlichkeit der Führung,
worüber sich Gallwitz offensichtlich in seinen Entscheidungen
gelegentlich hinweggesetzt hatte. Seine befürchteten
Schwierigkeiten mit dem Armee-Oberkommando, hier Kronprinz und
Knobelsdorff, begann.
Anfang
Mai griffen die Franzosen erfolgreich am Toten Mann an und nahmen
einige Gräben. Im Stab der Angriffsgruppe wurden Stimmen laut, dass
die Durchführung der Aufgaben mit den zur Verfügung stehenden Kräften
nicht mehr möglich wäre. Doch Gallwitz hielt an seinen Planungen
fest. Am 2. Mai kam es zu einem ernsten Gespräch zwischen ihm und
dem Kronprinzen, der sich über den Stand der Kämpfe am Toten Mann
negativ äußerte. Das Vertrauen wurde obendrein durch einen
scharfen Erlaß der Heeresgruppe erschüttert, der offensichtlich
ebenfalls den Verlust der Gräben am Toten Mann rügte.
Gallwitz
reagierte ungehalten und teilte Knobelsdorff daraufhin persönlich
mit, dass er nach Ausführung seiner Pläne die Konsequenzen ziehen
werde. Knobelsdorff gelang es den aufgebrachten General zu
beruhigen. Letztendlich entschuldigte man sich gegenseitig und war
wieder in völliger Übereinstimmung der Grundsätze.
Am
4. Mai ging Gallwitz erneut zum Angriff auf die Höhe 304 über. 4
Tage später besetzten deutsche Truppen das Mittelstück der Höhe.
Am 9. Mai dehnten sich die Kämpfe bis hinüber zum Toten Mann aus,
welcher am 20. Mai fiel.
Ende
Mai forderte Knobelsdorff während einer Besprechung Gallwitz zum
Munitionssparen auf. Ferner könnten die zugesagten Reserven nicht
an die Westgruppe überwiesen werden. Eine erneute Krise war
eingetreten. Die schwere Niederlage der Österreicher während der
sogenannten Brussilow-Offensive im Osten hatte die zugesagten
Reserven verschlissen. Gallwitz bereitete sich auf eine etwaige
Abwehr vor. Die Zuführung weiterer Munition wurde vom
Armee-Oberkommando abgelehnt. Dagegen sollte der Angriff auf dem
Ostufer erneut belebt werden. Doch das Blatt wendete sich, die
Franzosen hatten ihre Artillerie verstärkt und litten auch nicht an
Munitionsmangel.
Das
gesetzte Ziel auf dem Westufer, nämlich die Ausschaltung der französischen
Artillerie, war nicht erreicht worden.
Der
im Juli 1916 einsetzende alliierte Angriff gegen die deutschen
Stellungen an der Somme erforderten eine Neueinteilung der
vorhandenen Kräfte und eine neue Taktik für die nun kommende
Abwehrmaßnahen. General von Gallwitz wurde an diesen Brennpunkt der
Westfront berufen. Unter seinem Befehl wurde eine neue Heeresgruppe
aus Teilen der deutschen 1. und 2. Armee, zu deren
Oberkommandierenden er zwischenzeitlich berufen wurde, gebildet.
Seine erste Aufgabe war die Verstärkung der eigenen Artillerie. Und
hier insbesondere förderte er den Einsatz des schwersten
Flachfeuers, welches bereits sehr erfolgreich auf alliierter Seite
eingesetzt wurde und eine nicht unbedeutende moralische Wirkung ausübte.
Eine Neuregelung der Strukturierung der Geschützformationen schloss
das zwischen Infanterie und Artillerie während der Kämpfe
entstandene Misstrauen untereinander. Der wirksame und koordinierte
Einsatz der Schwesterwaffe gab den Infanteristen allmählich wieder
Halt und Vertrauen, was für die weiteren Vorhaben mehr als dienlich
war.
Bis
in den August 1916 verschlissen sich beide Parteien in der
furchtbaren Materialschlacht, die kolossale Verluste bewirkte. Die
Heeresgruppe Gallwitz wurde am 28. August 1916 aufgelöst. Er
verblieb mit seiner deutschen 2. Armee südlich der Somme. Am 4. und
17. September entbrannten erneut schwere Kämpfe, die bis in den
November andauerten und dann in einen Stellungskampf übergingen.
*
Ende
1916 waren die deutschen Linien vor Verdun, nach massiven Schlägen
der Franzosen, weit zurückgedrängt worden. Die O.H.L. war
zwischenzeitlich durch Hindenburg und Ludendorff abgelöst worden.
Die blutig erkämpften Erfolge waren bis auf wenige Ausnahmen fast völlig
egalisiert worden. Zu diesem moralisch kritischen Zeitpunkt rief man
abermals General von Gallwitz auf den Plan. Am 18. Dezember 1916,
drei Tage nach einem weiteren erfolgreichen französischen Vorstoß
im Raum Verdun, übernahm er nun die Führung der deutschen 5.
Armee.
Es
galt nun die bestehenden Linien auf Dauer zu halten. Hierbei bemängelte
Gallwitz die unzureichende Ausbildung der Artillerie. Hierzu
richtete er eigens eine Artillerieschule ein.
Die
erste Jahreshälfte 1917 verging neben kleineren Aktionen auf beiden
Ufern der Maas hauptsächlich mit zahlreichen Auseinandersetzungen
in höheren Führungskreisen, hier insbesondere zwischen Gallwitz
und Ludendorff. Gallwitz drängte immer wieder auf größer
angelegte Angriffe, Ludendorff lehnte kategorisch ab. Hätte er
Mitte des Jahres 1917 seine Forderungen durchsetzen können, wäre
u.U. ein entscheidender Schlag gegen das französische Heer möglich
gewesen. Nach dem Scheitern der sogenannten Nivelle-Offensive kam es
zu vereinzelten Meutereien in der französischen Armee, deren Ausmaß
allerdings erst nach dem 1. Weltkrieg bekannt wurde.
Am
1. August gelang nochmals an der Höhe 304 deutscherseits ein größerer
Erfolg, der auf den massierten Einsatz von Giftgas zurückzuführen
war. Aber die Verluste der Truppe waren schwer und das spürbare Übergewicht,
insbesondere der französischen schweren Artillerie machte sich ein
weiteres Mal bemerkbar.
Von
Mitte August bis Anfang Oktober 1917 erfolgten schwere französische
Angriffe, in deren Rahmen die wichtige Höhe Toter Mann geräumt
werden mussten. Die deutschen Meldungen konstruierten den
offensichtlichen Misserfolg allerdings in einen Abwehrerfolg um, was
besonders Gallwitz peinlich berührte. Ein diesbezügliches Glückwunschtelegramm
des Kaisers brachte ihn von gehegten Rücktrittsgedanken ab.
Am
23. August besprach er mit dem Kronprinzen die Niederlage vom 20.
August. Die Ursache des Debakels sah er in dem permanenten Verharren
in der Abwehr. Der Kronprinz stimmte ihm zu und bezog so Stellung
gegen Ludendorff. Am 27. August wurde Gallwitz bewährter Stabschef,
Bronsart, abberufen und durch Oberstleutnant v. Pawelsz ersetzte.
Der Austausch schien ebenfalls aus der Niederlage vom 20. August zu
resultieren. Es entspann sich ein energischer Streit innerhalb der Führung,
der mit einem Abschiedsgesuch Gallwitz endete. Dieser wurde vom
Kaiser abgelehnt, die offenen Meinungsverschiedenheiten durch
geschickte Diplomatie Ludendorffs ausgeräumt - Gallwitz blieb.
Sein
offensiver Grundgedanke kehrte zu alter Frische zurück. In mehreren
Berichten und Armeebefehlen forderte er erneute, wenn auch kleine
und begrenzte Angriffe; der weitere Einsatz von Kampfgas wurde
ebenfalls gefordert.
Auch
der Kronprinz hatte sich in einer Denkschrift über eine großangelegte
Offensive an der Westfront geäußert. Der Zusammenbruch der Russen
im Osten würde einen Angriff im Westen möglich machen, da Truppen
frei würden. Man begann mit einem Angriffsentwurf.
Am
23. Dezember 1917 wurde Gallwitz vom Kaiser persönlich der Schwarze
Adlerorden verliehen; dass Großkreuz des Roten Adlerordens hatte er
bereits für seine Verdienste während der Sommeschlacht erhalten.
.
Anfang
1918 wurde Gallwitz über die geplante große Offensive im Westen
unterrrichtet. Die 5. Armee sollte daran nicht direkt teilnehmen,
sondern mehr durch Demonstrationskämpfe die Aufmerksamkeit auf sich
ziehen. Die Option des Munitionssparens wurde aufgehoben und die
Bildung einer Heeresgruppe Gallwitz beschlossen. Hierzu wurde im
Januar die Armeeabteilung C unter Generalleutnant Fuchs, deren
Einsatzraum sich im weiter südlich gelegenen sogenannten St.
Mihiel-Bogen befand, hinzugenommen.
Am
8. Februar wurden bei einem Patrouillenunternehmen die ersten
amerikanischen Gefangenen eingebracht. Anfang März begann die
Heeresgruppe Gallwitz ihrerseits mit den planmäßigen Ablenkungsmanövern
für die kommende Offensive, die allerdings wechselhaft verliefen.
Mit Beginn der sogenannten „Michael-„ oder „Kaiserschlacht“
am 21. März lagen die Aufgaben der 5. Armee vorwiegend bei der
flankierenden Artillerieunterstützung der angrenzenden deutschen
18. Armee. Auf Bitten Ludendorffs wurden die Aktivitäten im Raum
Verdun Anfang April wieder aufgenommen. Die Offensive hatte sich
mittlerweile festgelaufen.
Mitte
Mai wurde Gallwitz von der O.H.L. mitgeteilt, dass er einen
Zangenangriff auf Verdun vortäuschen solle, um von dem, für Ende
Juni geplanten Angriff in Flandern, abzulenken. Der General
verlangte dafür einige Wochen Vorbereitungszeit. Doch ein günstiger
Umstand sorgte für berichtigen Optimismus: Mittlerweile hatten die
Alliierten zahlreiche Divisionen vor Verdun abgezogen und an andere
Frontabschnitte verlegt. Nicht nur eine scheinbare, sondern eine
reale Umfassung Verduns war nun möglich. Gallwitz hatte diesbezüglich
eine Lösung parat: Die Heeresgruppe Deutscher Kronprinz sollte mit
Teilen der 1. und 3. Armee nach Süden zur Marne vorstoßen, dann
nach Osten einschwenken und zusammen mit seiner Heeresgruppe die
Einkreisung Verduns bewirken. Bei einem glücklichen und
erfolgreichen Verlauf könnte Verdun fallen. Falls nicht, würde es
zumindest starke alliierte Kräfte in den Festungsbereich ziehen und
andere Frontabschnitte entlasten.
Mitte
Juni erhielt Gallwitz das geplante Programm für die kommenden
Monate. Der nächste größere Angriff war für Mitte Juli in der
Champagne geplant; eine Zustimmung oder einen Vermerk über das
vorgeschlagene Zusammenwirken mit seiner Heeresgruppe fehlte, auch
die ausgearbeitete Variante für den Fall Verduns wurde mit keinem
Wort erwähnt.
Zum
Monatsende, kurz vor einem geplanten Erholungsurlaub, erhielt er
eine Anweisung der O.H.L., wonach die Armeeabteilung C einen Angriff
gegen die Maas vorzubereiten habe. Dort allerdings befürchtete man
einen bevorstehenden amerikanischen Angriff und opponierte
erfolgreich.
Während
seiner Abwesenheit vertrat ihn General von Soden. Als Gallwitz
Anfang August zurückkehrte, fand er eine völlig veränderte
Situation vor. Von geplanten Angriffen war keine Rede mehr, vielmehr
nur noch von Abwehrmaßnahmen. Auch eine wichtige Anfrage der O.H.L.
erreichte seine Heeresgruppe. Es ging um das Urteil der Weiterführung
des Krieges. Gallwitz plädierte für ein weiteres
Offensivverhalten, unter einheitlicher Führung. Er hielt kleinere,
begrenzte Angriffe für nutzlos und kräfteverschleissend sowie auf
längere Hinsicht nicht durchführbar, aber hingegen eine Rückkehr
in die völlige Defensive ausgeschlossen. Auch nach dem 8. August,
dem von Ludendorff bezeichneten „schwarzen Tag des deutschen
Heeres“, hielt Gallwitz in einem Nachtrag zu seinen Ausführungen,
an seinen Offensivgeist fest und empfahl gut geplante Gegenangriffe,
besonders gegen die Flanken der Alliierten Streitkräfte.
Mitte
August sollte das inzwischen an der Verdun-Front eingetroffene
k.u.k. XVIII. Armeekorps eingeschoben werden. Gallwitz hielt den
Einsatz für verfrüht, da die Einheiten noch an die ungewohnten
Verhältnisse im Westen vorbereitet werden sollten. Ferner mangelte
es an Ausrüstung.
Die
Auffassung der O.H.L., dass die Fronten bald wieder in völligen
Stillstand verharren würden, konnte Gallwitz nicht teilen. Nach
seiner Ansicht würden die Alliierten ihre Angriffe fortsetzen,
womit er Recht behalten sollte.
Anfang
September mehrten sich die Nachrichten, dass die Amerikaner einen
Vorstoß gegen die Mosel und gegen Metz planten. Die Anweisungen der
O.H.L. liefen dahin, dass die Armeeabteilung C den Kampf nicht
annehmen sollte, sondern sich in einer vorgeschriebenen
Ausweichbewegung auf eine neue Widerstandslinie zurückzuziehen. Am
7. September teilte der Führer der Armeeabteilung C, General Fuchs,
Gallwitz mit, dass er einem Angriff der Amerikaner zuvorkommen wolle
und seinerseits in die Vorbereitungen desselben stoßen wolle.
Gallwitz begrüßte diesen Gedanken. Ludendorff gab umgehend grünes
Licht und unterstellte für diesen Zweck den rechten Flügel der
deutschen 19. Armee. Inzwischen hatte sich aber erneute
Schwierigkeiten aufgetan: Nach eingehender Aufklärung war klar
geworden, dass sich der amerikanische Angriff nicht gegen Metz,
sondern gegen St. Mihiel selbst richten sollte. Die Pläne wurden
sofort umgeworden und erneut die Rücknahme der Armeeabteilung
geplant und für den 11. September festgesetzt. Mitten in die
begonnene Absetzbewegung schlug der Angriff der Amerikaner. Es kam
zu großen Verlusten auf deutscher Seite, der planmäßige Rückzug
gelang nur leidlich. Die neue Widerstandslinie konnte aufgrund eines
versäumten Nachdrängens der Amerikaner dennoch gehalten werden.
Diese offensichtliche Niederlage wurde von der O.H.L. auf das schärfste
gerügt und zog die Absetzung von General Fuchs nach sich.
Um
strukturell eine Verteidigung im Raum Verdun besser koordinieren zu
können, wurde General von Gallwitz am 22. September vom Oberbefehl
der deutschen 5. Armee entbunden, behielt aber das Kommando über
die gesamte Heeresgruppe.
Am
26. September folgten weitere amerikanische Großangriffe, die nur mühevoll
und unter Geländeverlusten aufgefangen werden konnten. Die noch
kriegsunerfahrenen Amerikaner verfügten, wenn auch qualitativ den
deutschen Kräften unterlegen, über unerschöpfliche Reserven an
Material und Truppen. Phasenweise stellte man ein Verhältnis 8:1
fest. Ein erneuter amerikanischer Angriff am 4. Oktober wurde glatt
abgeschlagen. Die Verluste waren groß. Die Schwächen der
Amerikaner lagen offensichtlich in einer mangelnden Disziplin.
Der
letzte Akt des Krieges hatte begonnen. Nach dem Rücktritt
Ludendorffs wurde am 26. Oktober 1918 General von Gallwitz zusammen
mit General von Mudra nach Berlin beordert, um vor dem
Kriegskabinett einen Vortrag zur militärischen Lage zu halten.
Gallwitz versuchte durch überzeugende Argumente die Fortsetzung des
Krieges zu bewirken. Doch das Kabinett unter Scheidemann und
Erzberger lehnte ab. Die fachmännischen Rat- und Vorschläge des
erfahrenen Militärs wurden nicht beachtet oder erst gar nicht zur
Kenntnis genommen.
Nach
der Rückkehr Gallwitz aus Berlin musste er am 1. November fast
tatenlos einem amerikanischen Großangriff zusehen, der sich
zwischen Maas und der Aire auf die ganze Heeresgruppe Kronprinz
erstreckte. Es wurden tiefe Einbrüche erzielt. Gallwitz hatte keine
Reserven mehr zur Verfügung, so dass nur noch der Rückzug in die
sogenannte Freya-Stellung blieb.
Die
Österreicher hatten erneut völlig versagt. Die Moral war am Boden.
Bei einer Wiedereinreihung dieser Truppe in die Front fürchtete man
bewaffnete Meutereien.
Am
7. November ordnete die O.H.L. den großflächigen Rückzug in die
Antwerpen-Maas-Stellung an. Am 9. November dankte der Kaiser ab.
Einen Tag später erreichten Gallwitz die
Waffenstillstandsbedingungen der Alliierten.
Am
11. November um 11.55 Uhr waren die Kampfhandlungen offiziell
beendet, doch noch um 15 Uhr war Kampflärm zu hören. In den
letzten Stunden vor Kriegsende hatte es nochmals besonders heftige
Auseinandersetzungen gegeben. Übereifrige alliierte Kommandeure
versuchten noch möglichst viel Gelände zu nehmen.
Am
12. November wurde die Heeresgruppe Gallwitz in die Heeresgruppe C
umbenannt.
Am
6. Dezember 1918 nahm Gallwitz seinen Abschied aus dem aktiven
Dienst. Eine ungewöhnliche und verdienstvolle Karriere nahm hier
ihren Abschluß. Ludendorff betitelte ihn als einen der besten Führer
unseres Heeres und Kronprinz Wilhelm in seinen
„Erinnerungen“, im gleichen Sinne, als einen unserer
allerbesten militärischen Köpfe.
Nach
dem Krieg schrieb Gallwitz seine Erinnerungen nieder und war als
Parlamentarier tätig. Am 6. Juni 1920 wurde er für die
Deutschnationale Volkspartei in den Reichstag gewählt und vertrat
hier die Belange des alten Heeres in allen Fragen. Nach Auflösung
des Reichstags im April 1924 zog er sich aus dem politischen Leben
zurück.
Im
April 1937 reiste Gallwitz zur Erholung nach Italien. Während eines
Besuchs in Pompeji am 13. April wurde ihm übel, Steifheit stellte
sich ein. Man transportierte ihn nach Neapel, wo er nur noch kurz
die Besinnung erlangte. Am 18. April 1937, 13.30 Uhr starb er, fast
85 jährig, an Herzversagen. Das Staatsbegräbnis erfolgte am 23.
April in Freiburg.