13 Dinge, die keinen Sinn machen

  • 19. M�rz 2005
  • NewScientist.com news service
  • Michael Brooks
  • �bersetzung Ulf B�hnke

1 Der Placeboeffekt

VERSUCHEN Sie das nicht zu Hause. Mehrere Male am Tag f�r mehrere Tage verursachen Sie bei jemandem Schmerz. Sie kontrollieren den Schmerz mit Morphium, bis zum letzten Tag des Experiments, an dem Sie das Morphium durch eine Salzl�sung ersetzen. Raten Sie was passiert. Die Salzl�sung entfernt den Schmerz.

Das ist der Placeboeffekt: Irgendwie kann manchmal eine ganze Menge Nichts sehr m�chtig sein. Au�er es ist nicht ganz Nichts. Als Fabrizio Benedetti von der University von Turin in Italien das obige Experiment ausf�hrte, f�gte er als letzte �berraschung Naloxone zu der Salzl�sung hinzu, ein Medikament, das die Effekte des Morphiums blockiert. Das schockierende Ergebnis? Die schmerzl�sende Macht der Salzl�sung verschwand.

Also was geht da vor? Doktoren kennen den Placeboeffekt seit Jahrzehnten und die Ergebnisse des Naloxone scheinen zu zeigen, dass der Placeboeffekt irgendwie biochemisch ist. Aber davon abgesehen, wissen wir es einfach nicht.

Benedetti hat seitdem gezeigt, dass ein Placebo auch Zittern und Muskelsteifheit bei Leuten mit der Parkinsonschen Krankheit verringern kann (Nature Neuroscience, Bd. 7, S. 587). Er und seine Gruppe ma�en die Aktivit�ten von Neuronen, w�hrend sie die Salzl�sung verabreichten. Sie fanden heraus, dass individuelle Neuronen im subthalamischen Nukleus (Kern unter dem Sehh�gel � ein �bliches Ziel bei chirurgischen Versuchen die Symptome von Parkinson zu erleichtern) anfingen weniger h�ufig zu feuern, w�hrend die Salzl�sung verabreicht wurde und mit weniger "Feuerst��en� � ein weiteres Merkmal, das mit Parkinson verbunden wird. Die Neuronenaktivit�t sank zur gleichen Zeit, w�hrend die Symptome sich besserten: Die Salzl�sung machte definitiv etwas.

Wir m�ssen eine Menge �ber das lernen, was hier passiert, sagt Benedetti, aber eine Sache ist klar: Der Verstand kann die Biochemie des K�rpers beeinflussen. "Die Verwandtschaft zwischen den Erwartungen und dem therapeutischen Ergebnis ist ein wunderbares Modell, um die Wechselwirkungen zwischen Verstand und K�rper zu verstehen," sagt er. Forscher m�ssen jetzt herausfinden, wann und wo Placebos wirken. Es k�nnte Krankheiten geben, bei denen es keine Auswirkung hat. Es k�nnte einen gemeinsamen Mechanismus bei verschiedenen Krankheiten geben. Bis jetzt wissen wir es einfach nicht.

2 Das Horizontproblem

UNSER Universum scheint unverst�ndlich einheitlich zu sein. Betrachten Sie das All von einer Ecke des sichtbaren Universums bis zur anderen und Sie werden sehen, dass die Mikrowellenhintergrundstrahlung, die den Kosmos erf�llt, �berall die gleiche Temperatur hat. Das mag nicht �berraschend erscheinen, bis Sie ber�cksichtigen, dass die beiden Ecken beinahe 28 Milliarden Lichtjahre voneinander entfernt sind und unser Universum nur 14 Milliarden Jahre alt ist.

Nichts kann sich schneller als Lichtgeschwindigkeit bewegen, also gibt es keine Methode, wie Strahlung zwischen den zwei Horizonten reisen k�nnte, um hei�e und kalte Flecken auszugleichen, die beim Urknall geschaffen wurden und das thermische Gleichgewicht zu hinterlassen, das wir jetzt sehen.

Dieses "Horizontproblem" ist ein gro�er Kopfschmerz f�r Kosmologen, so gro�, dass sie mit einigen ganz sch�n aberwitzigen L�sungen daherkamen. "Inflation", zum Beispiel.

Sie k�nnen das Horizontproblem l�sen, indem das Universum sich f�r eine Weile genau nach dem Urknall ultraschnell ausdehnt, und es um einen Faktor 1050 in 10-33 Sekunden aufbl�st. Aber ist das nur Wunschdenken? "Inflation w�re eine Erkl�rung, wenn sie stattfinden w�rde," sagt der Astronom Martin Rees von der Universit�t von Cambridge. Das �rgerliche daran ist, dass keiner wei�, was das verursachen w�rde.

Also l�st Inflation in Wirklichkeit ein Problem nur, um ein weiteres zu beschw�ren. Eine Schwankung der Lichtgeschwindigkeit k�nnte das Horizontproblem auch l�sen � aber auch diese L�sung ist machtlos im Angesicht der Frage "warum?" In wissenschaftlichen Ausdr�cken bleibt die einheitliche Temperatur der Hintergrundstrahlung eine Anomalie.

3 Ultraenergetische kosmische Strahlen

SEIT mehr als einem Jahrzehnt sehen Physiker in Japan kosmische Strahlen, die nicht existieren sollten. Kosmische Strahlen sind Teilchen � gr��tenteils Protonen, aber manchmal schwere atomare Kerne � die sich nahe der Lichtgeschwindigkeit durch das Universum bewegen. Einige kosmische Strahlen, die auf der Erde entdeckt werden, werden durch solch gewaltt�tige Ereignisse wie Supernovas hergestellt, aber wir kennen immer noch nicht die Herkunft der h�chstenergetischen Teilchen, welche die energetischsten Teilchen sind, die je in der Natur gesehen wurden. Aber das ist nicht das wahre Geheimnis.

W�hrend sich kosmische Strahlenpartikel durch das All bewegen, verlieren sie Energie bei Kollisionen mit den schwachenergetischen Photonen, die das Universum erf�llen, zum Beispiel mit der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung. Einsteins spezielle Relativit�tstheorie schreibt vor, dass jede kosmische Strahlung, welche die Erde von einer Quelle au�erhalb unserer Galaxis erreicht, so viele energieverbrauchende Kollisionen erlitten hat, dass ihre maximal m�gliche Energie 5 � 1019 Elektronenvolt ist. Das ist bekannt als die Greisen-Zatsepin-Kuzmin Beschr�nkung.

Im Verlauf des letzten Jahrzehnts hat jedoch die Akeno Giant Air Shower Array (Riesige Luftschauerphalanx von Akeno) der Universit�t von Tokio � 111 Teilchendetektoren, die �ber 100 Quadratkilometer verteilt sind � mehrere kosmische Strahlen oberhalb der GZK Beschr�nkung gemessen. Nach der Theorie k�nnen sie nur von innerhalb unserer Galaxie kommen, unter Vermeidung einer energieschw�chenden Reise durch den Kosmos. Jedoch k�nnen Astronomen keine Quelle f�r diese kosmischen Strahlen in unserer Galaxie finden. Also, was geht da vor?

Eine M�glichkeit ist, dass etwas mit den Ergebnissen von Akeno nicht stimmt. Eine andere, dass Einstein unrecht hatte. Seine spezielle Relativit�tstheorie besagt, dass der Raum in allen Richtungen gleich ist, aber was ist, wenn Teilchen es einfacher f�nden sich in gewisse Richtungen zu bewegen? Dann k�nnten die kosmischen Strahlen mehr Energie speichern, was ihnen erlaubt die GZK Beschr�nkung zu durchbrechen.

Physiker bei dem Pierre Auger Experiment in Mendoza, Argentinien arbeiten jetzt an diesem Problem. Unter Benutzung von 1600 Detektoren, die �ber 3000 Quadratkilometer verteilt sind, sollte Auger f�hig sein, die Energien von ankommenden kosmischen Strahlen zu bestimmen und die Ergebnisse von Akeno zu erhellen.

Alan Watson, ein Astronom an der Universit�t von Leeds, UK und Sprecher f�r das Pierre Auger Projekt, ist bereits �berzeugt, dass es hier etwas gibt, das es Wert ist verfolgt zu werden. "Ich habe keinen Zweifel daran, dass Ereignisse oberhalb von 1020 Elektronenvolt existieren. Es gibt gen�gend Beispiele, zum mich zu �berzeugen," sagt er. Die Frage ist jetzt, was sind sie? Wie viele von diesen Teilchen kommen herein und aus welcher Richtung kommen sie? Bis wir diese Information kriegen, l�sst sich nicht sagen, wie exotisch die wahre Erkl�rung sein k�nnte.

4 Belfaster Hom�opathieergebnisse

MADELEINE Ennis, eine Pharmakologin an der Queens University, Belfast, war die Gei�el der Hom�opathie. Sie verunglimpfte deren Behauptung, dass ein chemisches Heilmittel bis zu dem Punkt verd�nnt werden k�nnte, dass es unwahrscheinlich ist, dass eine Probe ein einzelnes Molek�l von etwas anderem als Wasser enth�lt und immer noch eine heilende Wirkung h�tte. Das hei�t, bis sie sich aufmachte, ein f�r alle Mal zu beweisen, dass Hom�opathie bl�des Gew�sch ist.

In ihrer j�ngsten Arbeit beschreibt Ennis die Beobachtungen ihrer Gruppe zu Auswirkungen von ultra-verd�nnten L�sungen von Histamin auf wei�e Blutk�rperchen, die in Entz�ndungen verwickelt sind. Diese "Basophilen" geben Histamin frei, wenn die Zellen angegriffen werden. Sobald sie freigegeben sind, stoppt das Histamin sie vor dem weiteren Freigeben. Die Studie, in vier verschiedenen Laboren nachgeahmt, fand heraus, dass hom�opathische L�sungen � so verd�nnt, dass sie wahrscheinlich nicht ein einziges Histaminmolek�l enthalten � genau wie Histamin wirkten. Ennis mag nicht gl�cklich sein �ber die Behauptung der Hom�opathen, aber sie gibt zu, dass eine Wirkung nicht ausgeschlossen werden kann.

Also wie konnte das passieren? Hom�opathen bereiten ihre Heilmittel zu, indem sie Dinge wie Holzkohle, t�dliche Nachtschattengew�chse oder Spinnengift in �thanol aufl�sen und dann diese "Muttertinktur" wieder und wieder in Wasser verd�nnen. Ganz gleich bei welcher Stufe der Aufl�sung, behaupten Hom�opathen, das urspr�ngliche Heilmittel hinterl�sst eine Art von Abdruck auf den Wassermolek�len. Folglich, egal wie verd�nnt die L�sung auch wird, ist sie immer mit den Eigenschaften des Heilmittels erf�llt.

Sie k�nnen verstehen, warum Ennis skeptisch bleibt. Und es bleibt wahr, dass kein hom�opathisches Heilmittel je in einem gro�en, zuf�llig verteilten, placebokontrollierten klinischen Test gezeigt hat, dass es wirkt. Aber die Belfaster Studie (Inflammation Research (Entz�ndungsforschung) Bd. 53, S. 181) weist darauf hin, dass etwas vorgeht. "Wir sind," schreibt Ennis in ihrer Arbeit, "nicht f�hig unsere Befunde zu erkl�ren und berichten �ber sie, um andere zu ermutigen, dieses Ph�nomen zu untersuchen." Wenn die Ergebnisse sich als echt erweisen, sagt sie, w�ren die Folgerungen tiefgehend: Wir m�ssten Physik und Chemie umschreiben.

5 Dunkle Materie

NEHMEN Sie unser bestes Verst�ndnis von Schwerkraft, wenden sie es auf die Weise an, wie sich Galaxien drehen und Sie sehen schnell das Problem: Die Galaxien sollten auseinanderfallen. Galaktische Materie kreist um einen zentralen Punkt, weil ihre gegenseitige Anziehung durch Schwerkraft zentripetale Kr�fte erzeugt. Aber da ist nicht genug Masse in den Galaxien, um die beobachtete Drehung zu erzeugen.

Vera Rubin, eine Astronomin, die in der Abteilung f�r terrestrischen Magnetismus am Carnegie Institut in Washington DC arbeitet, entdeckte diese Anomalie in den sp�ten 1970er Jahren. Die beste Antwort von Physikern war vorzuschlagen, dass da drau�en mehr Zeug ist, als wir sehen k�nnen. Der �rger war, dass keiner erkl�ren konnte, was diese "dunkle Materie" w�re.

Und sie k�nnen es immer noch nicht. Obwohl Forscher viele Vorschl�ge dazu gemacht haben, aus welcher Art von Teilchen dunkle Materie zusammengesetzt sein k�nnte, gibt es keine �bereinstimmung. Es ist eine besch�mende L�cke in unserem Verst�ndnis. Astronomische Beobachtungen deuten darauf hin, dass �ber 90 Prozent der Masse im Universum aus dunkler Materie besteht, doch sind wir erstaunlich unwissend dar�ber, was diese 90 Prozent sind.

Vielleicht k�nnen wir nicht ausarbeiten, was dunkle Materie ist, weil sie in Wirklichkeit nicht existiert. Das ist sicher so, wie es sich Rubin w�nscht, dass es sich herausstellt. "Wenn ich die Wahl h�tte, w�rde ich gern erfahren, dass Newtons Gesetze ver�ndert werden m�ssen, um Schwerkraftwechselwirkungen �ber gro�e Entfernungen richtig zu beschreiben," sagt sie. "Das ist ansprechender als ein Universum, das mit einer neuen Art von subatomaren Teilchen gef�llt ist."

6 Vikings Methan

20. JULI, 1976. Gilbert Levin sitzt auf seiner Stuhlkante. Millionen von Kilometern entfernt auf dem Mars hat das Viking Landefahrzeug etwas Boden eingeschaufelt und ihn mit Kohlenstoff-14 vermengten N�hrstoffen vermischt. Die Wissenschaftler der Mission haben alle zugestimmt, wenn Levins Instrumente an Bord des Landefahrzeugs Ausd�nstungen von Kohlenstoff-14 enthaltendem Methan vom Boden messen, dann muss es Leben auf dem Mars geben.

Viking meldete ein positives Ergebnis. Etwas nimmt die N�hrstoffe auf, wandelt sie in seinem Stoffwechsel um und st��t dann Gas aus, das mit Kohlenstoff-14 versehen ist.

Also, warum keine Party?

Weil ein anderes Instrument, entworfen zum Identifizieren von organischen Molek�len, die als wesentliche Zeichen des Lebens betrachtet werden, nichts fand. Fast alle Wissenschaftler der Mission nahmen vorsichtigerweise einen Irrtum an und erkl�rten Vikings Entdeckung zu einem falschen positiven Befund. Aber war es das?

Die Auseinandersetzungen w�ten weiter, aber die Ergebnisse von NASAs letzten Rovern zeigen, dass die Oberfl�che des Mars in der Vergangenheit fast sicher feucht war und deshalb f�r Leben geeignet war. Und es gibt eine Menge weiterer Beweisst�cke von dort, wo das eine herkam, sagt Levin. "Jede Mission zum Mars hat Beweisst�cke erbracht, die meine Schlussfolgerung unterst�tzen. Keines hat ihr widersprochen."

Levin steht zu seiner Behauptung und er ist nicht l�nger allein. Joe Miller, ein Zellenbiologe an der Universit�t von S�dkalifornien in Los Angeles, hat die Daten neu analysiert und er glaubt, dass die Ausst��e ein Beweis f�r einen �zirkadianischen� Kreislauf sind. Das weist stark auf Leben hin.

Levin ersucht ESA und NASA darum, eine abge�nderte Ausf�hrung seiner Mission zur Suche nach "chiralen" Molek�len zu fliegen. Diese gibt es als links- oder rechtsdrehende Ausf�hrungen: Sie sind Spiegelbilder voneinander. W�hrend biologische Vorg�nge dazu neigen Molek�le herzustellen, die eine Chiralit�t der anderen vorziehen, erzeugen nichtlebende Vorg�nge links- und rechtsdrehende in gleicher Anzahl. Wenn eine zuk�nftige Mission zum Mars herausfinden w�rde, dass der marsianische "Metabolismus� auch eine chirale Form des einen Molek�ls dem anderen vorzieht, w�re es das bislang beste Anzeichen f�r Leben auf dem Mars.

7 Tetraneutronen

VOR vier Jahren ma� ein Teilchenbeschleuniger in Frankreich sechs Teilchen, die nicht existieren sollten. Sie werden Tetraneutronen genannt: Vier Neutronen, die auf eine Weise zusammengebunden sind, die den Gesetzen der Physik trotzt.

Francisco Miguel Marqu�s und Kollegen an dem Ganil Beschleuniger in Caen fahren nun die Ger�te hoch, um das zu wiederholen. Wenn es ihnen gelingt, k�nnten uns diese Haufen zwingen, die Kr�fte neu zu �berdenken, welche die Atomkerne zusammenhalten.

Die Gruppe feuerte Berylliumkerne auf ein kleines Kohlenstoffziel und analysierten die Tr�mmer, die in die umgebenden Teilchendetektoren schossen. Sie erwarteten Beweise f�r vier getrennte Neutronen, die ihre Detektoren trafen. Stattdessen fand die Ganil Gruppe nur einen Lichtblitz in einem Detektor. Und die Energie von diesem Blitz deutete darauf hin, dass vier Neutronen zusammen im Detektor angekommen waren. Nat�rlich k�nnte ihre Entdeckung ein Unfall gewesen sein: Vier Neutronen h�tten einfach durch Zufall zur selben Zeit am selben Ort ankommen k�nnen. Aber das ist wahnsinnig unwahrscheinlich.

Nicht so unwahrscheinlich wie Tetraneutronen, k�nnten manche sagen, weil in dem Standardmodell der Teilchenphysik Tetraneutronen einfach nicht existieren k�nnen. Gem�� dem Pauli Ausschlussprinzip k�nnen nicht einmal zwei Protonen oder Neutronen im gleichen System identische Quanteneigenschaften haben. Tats�chlich ist die starke nukleare Kraft die sie zusammenhalten w�rde auf eine solche Weise eingestellt, dass sie nicht einmal zwei einsame Neutronen zusammen halten k�nnte, ganz zu schweigen von vier. Marqu�s und seine Gruppe waren so verwirrt durch ihr Ergebnis, dass sie die Daten einem Forschungspapier vergruben, das vorgeblich die M�glichkeit beschrieb, Tetraneutronen zuk�nftig zu finden (Physical Review C, Bd. 65, S. 44006).

Und es gibt da noch zwingendere Gr�nde die Existenz von Tetraneutronen zu bezweifeln. Wenn man die Gesetze der Physik so ab�ndert, dass man es vier Neutronen erlaubt sich zu verbinden, ergeben sich daraus alle Arten von Chaos (Journal of Physics G, Bd. 29, L9). Es w�rde bedeuten, dass das Gemisch der Elemente, das sich nach dem Urknall formte, unvereinbar ist mit dem, das wir jetzt beobachten und noch schlimmer, die Elemente, die sich nach dem Urknall formten, w�rden schnell viel zu schwer werden, als dass der Kosmos damit fertig werden k�nnte. "Vielleicht w�re das Universum zusammengest�rzt, bevor es eine Chance hatte sich auszudehnen," sagt Natalia Timofeyuk, eine Theoretikerin an der Universit�t von Surrey in Guildford, UK.

Es gibt jedoch ein paar L�cken in dieser Argumentation. Bestehende Theorien erlauben es dem Tetraneutron zu existieren � doch nur als l�cherlich kurzlebiges Teilchen. "Das k�nnte ein Grund sein, warum vier Neutronen den Ganil Detektor gleichzeitig trafen," sagt Timofeyuk. Und es gibt andere Beweise, welche die Idee von Materie unterst�tzen, die aus mehrfachen Neutronen zusammengesetzt ist: Neutronensterne. Diese Himmelsk�rper, die eine enorme Zahl an verbundenen Neutronen beinhalten, weisen darauf hin, dass bis jetzt unerkl�rte Kr�fte ins Spiel kommen, wenn Neutronen sich en masse versammeln.

8 Die Pioneer Anomalie

DIES ist die Geschichte zweier Raumschiffe. Pioneer 10 wurde 1972 gestartet, Pioneer 11 ein Jahr sp�ter. Mittlerweile sollten beide Schiffe von keinem beachtet in die Tiefen des Raums treiben. Jedoch haben sich ihre Flugbahnen als viel zu faszinierend erwiesen, um sie zu ignorieren.

Das ist so, weil etwas an ihnen gezogen � oder geschoben � hat, was bei ihnen eine Beschleunigung verursacht. Die sich daraus ergebende Beschleunigung ist winzig, weniger als ein Nanometer pro Sekundenquadrat. Das ist gleichwertig mit nur einem Zehnmilliardstel der Schwerkraft an der Oberfl�che der Erde, aber es ist genug, um Pioneer 10 etwa 400.000 Kilometer aus der Bahn zu werfen. NASA verlor 1995 den Kontakt mit Pioneer 11, aber bis zu der Zeit erfuhr sie genau die gleiche Abweichung wie ihre Schwestersonde. Also, was verursacht das?

Niemand wei� es. Einige m�gliche Erkl�rungen wurden bereits ausgeschlossen, einschlie�lich Softwarefehlern, Sonnenwind und einem Treibstoffleck. Wenn die Ursache ein Effekt der Schwerkraft ist, dann ist es keiner von dem wir etwas wissen. Tats�chlich sind Physiker so vollst�ndig in Verlegenheit, dass einige soweit gegangen sind, dass sie dieses R�tsel mit anderen unerkl�rlichen Ph�nomenen verbunden haben.

Bruce Bassett von der Universit�t von Portsmouth, UK, hat angeregt, dass die Pioneer Frage etwas zu tun hat mit der Schwankung von Alpha, der Feinstrukturkonstante (siehe unten "Nicht so konstante Konstanten"). Andere haben davon geredet, dass es aus der dunklen Materie hervorgeht � aber weil wir nicht wissen, was dunkle Materie ist, hilft das auch nicht viel weiter. "Das ist alles so unertr�glich faszinierend," sagt Michael Martin Nieto vom Nationalen Labor in Los Alamos. "Wir haben nur Vorschl�ge, von denen keiner bewiesen wurde."

Nieto hat zu einer neuen Analyse der fr�hen Flugbahndaten vom Schiff aufgerufen, die, so sagt er, frische Einsichten liefern k�nnten. Aber um zum Grunde des Problems zu gelangen, brauchen Wissenschaftler, eine Mission, die speziell daf�r entworfen ist, ungew�hnliche Schwerkrafteffekte in den fernsten Gebieten des Sonnensystems zu testen. Solch eine Sonde w�rde zwischen 300 und 500 Millionen $ kosten und k�nnte bei einer zuk�nftigen Mission zu den fernsten Gebieten des Sonnensystems huckepack mitfliegen (www.arxiv.org/gr-qc/0411077).

"Eine Erkl�rung wird schlussendlich gefunden werden," sagt Nieto. "Nat�rlich hoffe ich, dass es wegen neuer Physik ist � wie phantastisch w�rde das sein. Aber sobald ein Physiker anf�ngt auf der Grundlage der Hoffnung zu arbeiten, steuert er auf einen Absturz zu." So entt�uschend es auch erscheint, Nieto denkt, dass die Erkl�rung f�r die Pioneer Anomalie schlie�lich bei einem allt�glichen Effekt gefunden wird, zum Beispiel einer unbemerkten Hitzequelle an Bord des Schiffs.

9 Dunkle Energie

ES IST eins der ber�hmtesten und besch�mendsten Probleme der Physik. Im Jahre 1998 entdeckten Astronomen, dass das Universum sich mit einer immer schneller werdenden Geschwindigkeit ausdehnt. Es ist ein Effekt, der immer noch eine Ursache sucht � bis dahin dachte jeder, dass sich die Ausdehnung des Universums nach dem Urknall verlangsamte. "Theoretiker kommen immer noch ins Schwimmen auf der Suche nach einer vern�nftigen Erkl�rung," sagt Kosmologin Katherine Freese von der Universit�t von Michigan, Ann Arbor. "Wir alle hoffen, dass bevorstehende Beobachtungen von Supernovas, von Galaxienhaufen und so weiter uns weitere Hinweise gibt."

Ein Vorschlag ist, dass eine Eigenschaft des leeren Raums verantwortlich ist � Kosmologen nennen es dunkle Energie. Aber alle Versuche das festzunageln sind bedauerlicherweise daneben gegangen. Es ist auch m�glich, dass Einsteins allgemeine Relativit�tstheorie abgewandelt werden muss, wenn sie auf die gr��ten Ma�st�be des Universums angewendet wird. "Das Gebiet ist immer noch weit offen [f�r Vorschl�ge]," sagt Freese.

10 Die Kuiperklippe

WENN SIE raus zum fernen Rand des Sonnensystems reisen, in die frostigen Ein�den jenseits des Pluto, sehen sie etwas Seltsames. Pl�tzlich, nachdem sie den Kuiperg�rtel passiert haben, eine Region des Raums in dem es vor eisigen Felsen wimmelt, ist nichts mehr da.

Astronomen nennen diese Grenze die Kuiperklippe, weil die Dichte der Felsen im Raum so steil abf�llt. Was verursachte es? Die einzige Antwort scheint ein zehnter Planet zu sein. Wir reden hier nicht �ber Quaoar oder Sedna: Es geht um ein massives Objekt, so gro� wie Erde oder Mars, welches das Gebiet von Tr�mmern freiger�umt hat.

Die Beweislage f�r die Existenz von "Planet X" ist zwingend, sagt Alan Stern, ein Astronom am Southwest Forschungsinstitut in Boulder, Colorado. Aber obwohl Berechnungen zeigen, dass solch ein K�rper die Kuiperklippe begr�nden k�nnte (Icarus, Bd. 160, S. 32), hat keiner jemals diesen sagenhaften Planeten gesehen.

Es gibt einen Grund daf�r. Der Kuiperg�rtel ist f�r uns einfach zu weit entfernt, als dass wir eine gute Sicht bekommen. Wir m�ssen da raus gehen und einen Blick darauf werfen, bevor wir etwas �ber die Region sagen k�nnen. Und das wird mindestens f�r ein weiteres Jahrzehnt nicht m�glich sein. NASAs New Horizons Sonde, die zum Pluto und dem Kuiperg�rtel steuern wird, ist f�r einen Start im Januar 2006 angesetzt. Sie wird Pluto bis 2015 nicht erreichen, also wenn sie nach einer Erkl�rung f�r den weiten leeren Abgrund der Kuiperklippe suchen, halten sie diesen Platz im Auge.

11 Das Wow-Signal

ES WAR 37 Sekunden lang und kam aus dem Weltraum. Am 15. August 1977 veranlasste es Astronom Jerry Ehman, damals an der Ohio Bundesstaatsuniversit�t in Columbus, "Wow!" auf den Ausdruck von Big Ear, dem Universit�ts-Radioteleskop in Delaware zu kritzeln. Und 28 Jahre sp�ter wei� keiner, was das Signal erschaffen hat. "Ich warte immer noch auf eine endg�ltige Erkl�rung, die Sinn macht," sagt Ehman.

Aus der Richtung von Sagittarius kommend, war die Strahlung beschr�nkt auf einen engen Bereich von Radiofrequenzen um 1420 Megahertz. Diese Frequenz ist in einem Teil des Radiospektrums, in dem alle �bertragungen durch internationale Vereinbarung untersagt sind. Nat�rliche Strahlungsquellen, wie die W�rmeausstrahlungen von Planeten verbreiten sich gew�hnlich �ber einen viel breiteren Bereich von Frequenzen. Also, was hat es verursacht?

Der n�chste Stern in dieser Richtung ist 220 Lichtjahre entfernt. Wenn es von dort herkam, m�sste es ein ganz sch�n starkes kosmisches Ereignis gewesen sein � oder eine fortgeschrittene au�erirdische Zivilisation, die einen erstaunlich gro�en und starken Sender benutzt.

Die Tatsache, dass Hunderte von Abtastungen des gleichen Flecken Himmels nichts dem Wow-Signal �hnliches gefunden haben, bedeutet nicht, dass es nicht Au�erirdische sind. Wenn Sie die Tatsache bedenken, dass das Big Ear Teleskop nur ein Millionstel des Himmels auf einmal abdeckt und ein au�erirdischer Sender wahrscheinlich auch nur �ber den selben Bruchteil des Himmels ausstrahlen, sind die Chancen das Signal wieder zu entdecken, gelinde gesagt, gering.

Andere denken, dass es eine allt�gliche Erkl�rung geben muss. Dan Wertheimer, Hauptwissenschaftler f�r das SETI@home Projekt, sagt, das Wow-Signal war fast sicher Verschmutzung: Radiofrequenzst�rung von auf der Erde kommenden �bertragungen. "Wir haben viele Signale wie dieses gesehen und diese Art von Signal stellt sich immer als St�rung heraus," sagt er. Die Debatte wird fortgesetzt.

12 Nicht so konstante Konstanten

IM JAHRE 1997 analysierten der Astronom John Webb und seine Gruppe an der Universit�t von New South Wales in Sydney das Licht, das die Erde von weit entfernten Quasaren erreicht. Auf seiner 12-Milliarden-Jahres-Reise war das Licht durch interstellare Wollen aus Metallen wie Eisen, Nickel und Chrom gegangen und die Forscher fanden heraus, dass diese Atome einige der Photonen des Quasarlichts absorbiert hatten � aber nicht diejenigen, die sie erwarteten.

Wenn die Beobachtungen richtig sind, ist die einzige vage vern�nftige Erkl�rung, dass eine Konstante der Physik namens Feinstrukturkonstante, oder Alpha, in der Zeit, zu der das Licht durch die Wolken gegangen ist, einen anderen Wert hatte.

Aber das ist Ketzerei. Alpha ist eine �u�erst wichtige Konstante, die bestimmt, wie Licht und Materie aufeinander einwirken � und sie sollte nicht f�hig sein, sich zu ver�ndern. Ihr Wert h�ngt, unter anderem, ab von der Ladung des Elektrons, der Lichtgeschwindigkeit und Plancks Konstante. K�nnte sich eine von diesen wirklich ver�ndert haben?

Niemand in der Physik wollte den Messungen glauben. Webb und seine Gruppe haben seit Jahren versucht einen Fehler in ihren Ergebnissen zu finden. Aber bislang sind sie daran gescheitert.

Webbs Ergebnisse sind nicht die einzigen, die darauf hindeuten, dass uns etwas f�r das Verst�ndnis von Alpha fehlt. Eine k�rzliche Analyse des einzigen bekannten nat�rlichen Atomreaktors, der vor beinahe 2 Milliarden Jahren dort aktiv war, wo heute Oklo in Gabun liegt, deutet auch darauf hin, das sich etwas in der Wechselwirkung zwischen Licht und Materie ver�ndert hat.

Das Verh�ltnis von gewissen Radioaktiven Isotopen die innerhalb eines solchen Reaktors erzeugt werden, h�ngen von Alpha ab und so liefert das Suchen nach den Spaltungsprodukten, die im Boden bei Oklo zur�ckgelassen wurden, eine Methode den Wert der Konstante zur Zeit seiner Formation zu errechnen. Unter Benutzung dieser Methode folgern Steve Lamoreaux und seine Kollegen an dem Los Alamos Nationallabor in New Mexico, dass Alpha um mehr als 4 Prozent abgenommen haben k�nnte, seitdem Oklo ansprang (Physical Review D, Bd. 69, S. 121701).

Es gibt Neinsager, die immer noch jede Ver�nderung von Alpha bezweifeln. Patrick Petitjean, ein Astronom an dem Institut f�r Astrophysik in Paris, leitete eine Gruppe, die Quasarlicht analysierte, das von dem Sehr Gro�en Teleskop (Very Large Telescope � VLT1) in Chile aufgefangen wurde und fand keine Beweise, dass Alpha sich ge�ndert hat. Aber Webb, der sich jetzt die VLT Messungen ansieht, sagt dass sie eine vielschichtigere Analyse ben�tigen, als sie Petitjeans Team ausgef�hrt hat. Webbs Gruppe arbeitet jetzt daran und k�nnte sp�ter in diesem Jahr in der Lage sein, die Anomalie f�r gel�st zu erkl�ren � oder nicht.

"Es ist schwierig zu sagen, wie lange es dauern wird," sagt Teammitglied Michael Murphy von der Universit�t von Cambridge. "Je mehr wir uns diese neuen Daten ansehen, desto mehr Schwierigkeiten sehen wir." Aber was auch immer die Antwort ist, die Arbeit wird immer noch wertvoll sein. Eine Analyse der Art, wie Licht durch weit entfernte molekulare Wolken passiert, wird mehr dar�ber enth�llen, wie die Elemente in der fr�hen Geschichte des Universums erzeugt wurden.

13 Kalte Fusion

NACH 16 Jahren ist sie zur�ck. Tats�chlich ging die kalte Fusion nie weg. �ber einen 10-Jahres Zeitraum von 1989 an f�hrten US Navy Labore mehr als 200 Experimente aus, um zu untersuchen, ob nukleare Reaktionen, die mehr Energie erzeugen k�nnen als sie verbrauchen � angeblich nur innerhalb von Sternen m�glich � bei Zimmertemperaturen vorkommen k�nnen. Zahlreiche Forscher haben sich seitdem zu Gl�ubigen erkl�rt.

Mit kontrollierbarer kalter Fusion w�rden viele der Energieprobleme der Welt davon schmelzen: Kein Wunder, dass die US Energiebeh�rde interessiert ist. Im Dezember, nach einer erm�dend langen �berpr�fung des Beweismaterials, sagte sie, sie w�re offen f�r das Erhalten von Vorschl�gen f�r neue Experimente mit kalter Fusion.

Das ist eine ziemliche Wende. Der erste Bericht der Beh�rde �ber das Thema, vor 15 Jahren ver�ffentlicht, kam zu dem Schluss, dass die urspr�nglichen Resultate �ber Kalte Fusion, ver�ffentlicht von Martin Fleischmann und Stanley Pons von der Universit�t von Utah, enth�llt bei einer Pressekonferenz im Jahre 1989, unm�glich reproduzierbar und daher wahrscheinlich falsch waren.

Die grundlegende Behauptung von kalter Fusion ist, dass das Eintunken von Palladiumelektroden in schweres Wasser � in dem Sauerstoff mit dem Wasserstoffisotop Deuterium verbunden ist � eine gro�e Menge von Energie freigeben kann. Eine Spannung �ber die Elektroden zu legen erlaubt angeblich den Deuteriumkernen sich in das molekulare Gitter des Palladiums zu bewegen, was sie bef�higt ihre nat�rliche Absto�ung zu �berwinden, zusammenzuschmelzen und dabei einen Energiesto� loszulassen. Der Haken ist, dass Fusion bei Zimmertemperatur von jeder akzeptierten wissenschaftlichen Theorie als unm�glich erachtet wird.

Das macht nichts, gem�� David Nagel, einem Ingenieur an der George Washington Universit�t in Washington DC. Supraleiter zu erkl�ren dauerte 40 Jahre, unterstreicht er, also gibt es keinen Grund kalte Fusion von der Hand zu weisen. "Der experimentelle Beweis ist felsenfest2," sagt er. "Man kann ihn nicht zwingen zu verschwinden."

  • 19. M�rz 2005
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  • �bersetzung Ulf B�hnke
1Anm. d. �.: Was ist los mit diesen Astronomen? Haben die �berhaupt keine Phantasie mehr? Sehr Gro�es Teleskop. Oh, Mann.
2kugelsicher im Original.

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