Dante



"I think this right mixture between popstar and sweetness is it what makes all the hearts of young girls fly to him."

Ich sitze in einem Caf� inmitten der sch�nen Altstadt von Freiburg. Morgen Abend ist das Konzert von IHM, deshalb �bernachte ich bei einer Freundin mei-nes Bruders um gleich morgen fr�h mich f�r das Open Air Concert anzustellen. Warum ich schon so fr�h hingehe? Weil ich mir so schnell kein weiteres Konzert leisten kann, und wenn ich schon mal auf eines gehe, dann w�rde ich auch gerne in die erste Reihe, ganz nah hin, alles miterleben. Von hinten w�rde ich genauso viel sehen wie vom Fernseher aus. Allerdings, wenn ich zu Hause w�re, w�rde ich mir gar nicht VIVA angucken, wo sie live das Konzert �bertragen. Ich interessiere mich nicht besonders f�r Musikgruppen, ich finde, da wird einfach zu viel Wind drum gemacht. Sind doch auch nur ganz normale Menschen. Die Karte f�rs Kon-zert habe ich zum Geburtstag geschenkt bekommen.
"Noch einen?", fragt der Kellner und deutet auf mein leeres Glas.
"Ja, bitte."
Ich l�chle den jungen Studenten freundlich an. Dieser grinst zur�ck. Nettes L�-cheln ist er von seinem Job her gew�hnt.
Ich sitze �ber eine halbe Stunde schon in dem Caf�. Eigentlich hatte ich mich ja mit meiner Freundin Judy verabredet. Warum die wohl nicht kam? Vielleicht hat-te sie ja den Zug verpasst.
Mein Handy klingelt: Judy.
"Tut mir Leid, Maike. Wir hatten eine Panne!"
"Was hei�t hier �wir'?"
"Na, Marcel wollte mich doch zum Zug fahren, und seine alte Kiste ist mitten auf der Bundesstra�e stehen geblieben! Ich kann also nicht mehr nach Freiburg kom-men. Wenn der Abschleppdienst endlich mal da ist, lohnt sich die Fahrt nicht mehr."
"Klar, verstehe," antworte ich kurz. "Mach's gut! Sag Marcel nen sch�nen Gru�!" Sichtlich genervt stecke ich das Handy zur�ck in die Jackentasche. Als wolle er mich aufmuntern guckt mich der Kellner fragend an und schenkt mir sein liebstes L�cheln. Ich bedanke mich, wenigstens einer, der mich aufmuntert. Ich wei� nichts mit der nun freien Zeit anzufangen, drau�en regnet es in Str�-men. Also auch kein Stadtbummel. Warum also nicht hier in dem gem�tlichen Ca-f� sitzen bleiben, Musik h�ren, Leute beobachten, mit s��en Jungs Augenflirt machen,...
Apropos s��e Jungs, da kommen gerade vier herein. Amerikaner, wie ich gleich an ihrem Slang erkenne, als sie den Kellner nach einem Tisch fragen. Dieser deutet gewohnheitsgem�� auf einen am Fenster, direkt neben mir. So direkt auch wie-der nicht, ich sitze sehr abseits. Dann stockt er, starrt die jungen M�nner an und macht sich dann �berst�rzt daran den Tisch sauber zu machen, deutet sogar eine kleine Verbeugung an, als er die Bestellung und den R�ckzug auf genommen hat. R�ckzug w�re vielleicht nicht so gut gewesen, er stolpert in seiner Verwirrt-heit gleich �ber zwei St�hle. Das zieht die Blicke der �brigen Caf�besucher auf sich und mit einem Mal ist es still. Dann fangen ein paar an zu tuscheln. Was ist denn an den Jungs so besonders? Ich runzle die Stirn. Sind doch nur et-was besser aussehende Amis! Naja, so normal scheinen sie doch nicht zu sein, der eine kommt mir verdammt bekannt vor.
Jetzt stehen zwei M�dels auf und gehen sichtlich sch�chtern auf den einen zu. "K�nnten wir bitte ein Autogramm bekommen?", bringen sie gerade noch mit hochroten K�pfen heraus.
Also doch jemand Bekanntes. Auf einen Wink reicht einer seiner Begleiter ihm zwei Flyer, er kritzelt was drauf, die M�dels starren ihn noch einen Moment an, bedanken sich stotternd und verziehen sich schnell wieder an ihren Tisch, ki-chernd und tuschelnd. Ich schiele vorsichtig zu dem Tisch hin�ber, versuche ei-nen Blick auf die Flyer zu werfen. So eins hab ich doch auch! Ich krame in meiner Handtasche, wo ich die Konzertkarte habe. ER! Das ist ER!
Was tun? Auch um ein Autogramm bitten? Nein, das ist doch affig! Die Herren sind eh schon genervt, nicht mal einen Kaffee l�sst man sie trinken ohne dass sie gleich best�rmt werden.
Lieber versuche ich etwas von dem Gespr�ch am Nachbartisch zu verstehen. Ei-ner der Begleiter muss anscheinend mal, ER r�ckt zur Seite um ihn vorbei zu las-sen und schaut mich jetzt direkt an. Ich l�chle IHM mit meinem sch�nsten L�-cheln zu, trinke einen Schluck Orangensaft - und halte mir schnell die Hand vor den Mund um nicht laut hervorzuprusten. Der Witz gerade war knallhart tref-fend! Ein entschuldigender Blick zu IHM, dann krame ich in meiner Tasche nach einem Tempo um mir die Tr�nen vom unterdr�ckten Lachen aus den Augen zu wi-schen.
Ich sitze noch �ber eine Stunde in dem Caf�, h�re still dem Gel�chter und Fach-gesimple am Nachbartisch zu und l�chle bei einem Witz vor mich hin. Endlich rei�e ich mich los, zahle und verlasse das Caf�, nicht ohne IHM noch ein-mal leicht zuzuwinken.
Erst als ich mich bei Birte auf der Matratze zurechtkuschle, bemerke ich, dass ich mein silber-blaues Fu�kettchen verloren habe.

Todm�de von der schlechten Nacht auf der Matratze in Birtes kleiner Studen-tenwohnung und dem stundenlangen Warten vor dem Einlass, finde ich dennoch die Kraft mich bis in die erste Reihe vorzuk�mpfen. Das w�rde ein Gedr�ngel ge-ben! Nur gut, dass ich nur meinen Ausweis, etwas Geld und nat�rlich die Karte in der hautengen Hose hatte, das konnte mir keiner so schnell nehmen! Total ver-r�ckte Girlies neben mir packen ihr Transparent aus, beratschlagen was ER wohl anhaben w�rde, das typische Gepl�nkel eben.
Die Vorbands sind wirklich gut ausgew�hlt, die Stimmung ist bereits auf dem H�hepunkt, als ER endlich auf die B�hne kommen. Dann aber legen die Quetscher und Dr�ngler hinter mir erst richtig los, ich muss zeitweise mit H�nden und F�-�en meinen Platz verteidigen. Die Gatter vor uns sind stabil, aber ob sie diesem Ansturm stand halten werden? M�ssen sie, hier haben schlie�lich schon viele Popstars ihr K�nnen gezeigt.
Und jetzt ER. ER ist wirklich gut auf der B�hne, wei� wo seine St�rken in seiner Ausstrahlung sind, was auf die Besucher wirkt. Und singen kann ER auch, ich zweifle nicht daran, dass ER Playback singen k�nnte, es wird auch nicht viel mit dem Synthesizer herumgemischt, schlie�lich habe ich gestern eine Stunde lang seine Stimme geh�rt, so nah wie sonst wahrscheinlich niemand hier um mich he-rum. Jetzt nimmt ER das Mikro in die Hand und wandert �ber die B�hne. ER tr�gt ein wei�es Hemd, von dem mindestens die H�lfte der Kn�pfe offen sind. Das wirkt jedoch nicht machohaft, nein, zusammen mit der sanften Stimme und dem verz�ckten Gesichtsausdruck passt das zu IHM.
"ER kommt her," quietscht das M�dchen neben mir und wedelt mit ihrem Trans-parent "WE LOVE YOU". Affentante! Wie kannst du blo� von Liebe hier reden?! Der Song ist zu Ende. �tsch, du M�del da neben mir, ER ist doch noch nicht hier hergekommen! Ups, hab ich was gesagt? Da ist ER, direkt vor uns.
"M�sst ihr so verr�ckt schieben!", �chze ich und finde mich eine Sekunde sp�ter �ber das Gatter geklappt. Ein Bodyguard versucht die aufgeregte Menge zur�ck-zuweisen, mit m��igem Erfolg. ER reagiert jedoch sofort und zieht sich etwas zur�ck, geht zur Mitte und begr��t erst mal seine Fans. Ich kann aufatmen. Es soll nicht das einzige Mal sein, dass ich in Wohnungsnot gerate, ein Mal rei�e ich mir sogar die Hand an einer scharfen Kante des Gel�nders auf. Da ich selber kein Taschentuch dabei habe und keiner meiner Nachbarn meine blutende Hand-fl�che bemerkt, bleibt mir nichts anderes �brig als sie mit Spucke zu befeuch-ten und die Hand fest zu einer Faust zu ballen. Ich vergesse bald den Schmerz und lasse mich von der Musik treiben, winke und l�chle den S�ngern auf der B�hne zu und singe mit, soweit ich die Texte kenne.
"ER hat mich angel�chelt, ER hat mich gemeint, ganz sicher, ER hat mich ge-meint!" So und �hnlich bringen sich einige M�dels noch mehr in Trance und tr�u-men weiter von �ihrem' Date mit �ihrem' Popstar. Ich denke da nur zur�ck an den vergangenen Nachmittag. Abends hatte ich mich sogar dabei erwischt auf Eng-lisch gedacht zu haben!
"I think this right mixture between popstar and sweetness is it what makes all the hearts of young girls fly to him."

Das Konzert ist zu Ende. Mehrere Zugaben hat der S�nger geben m�ssen, ich habe sie gar nicht mehr gez�hlt. Langsam verfl�chtigt sich die Menge, doch weil ich so weit vorne gestanden bin, dauert das sehr lange. Ich nutze die Zeit des Wartens und bitte ein M�dchen um ein Taschentuch f�r meine fast taube Hand. Dann bleibe ich einfach noch eine Weile sitzen, ans Gel�nder gelehnt und z�hle meine Knochen. Der Brustkorb tut mir weh, kein Wunder, so oft wie ich ge-quetscht wurde! Ich beobachte die Techniker, die anfangen die Kabel aufzurol-len, Boxen und Verst�rker zu schieben, alles mit Ruhe und Routine. Wieder ein ganz normaler Konzertabend vorbei.
Die Bodyguards stehen noch etwas herum, der gro�e Ansturm ist vorbei. Jetzt kommt einer aus einem Seitenaufgang der Backstage, spricht mit einem der schwarzen M�nner, der ihm bereitwillig ein Gatter zum Zuschauerraum �ffnet. Wahrscheinlich auch ein Techniker. Ich stehe �chzend auf, klopfe mir den Staub von der Hose und ziehe die Jeansjacke wieder an, die ich zuvor um die H�fte ge-schlungen hatte.
"W�rdest du mal bitte mitkommen. Jemand m�chte dich sprechen." Ich schaue den Mann mit gro�en Augen an.
"Mich? Sind Sie sicher?"
Ich schaue mich unsicher um. Der Mann nickt.
"Ja, er hat dich mir genau beschrieben."
"Wer?"
"ER."

Ich folge dem Mann, unf�hig das Gespr�ch glauben zu wollen. Er f�hrt mich di-rekt ins Backstage, klopft an eine T�r und l�sst mir dann den Vortritt. Wir ste-hen offensichtlich in einem Empfangsraum. ER steht h�flich auf und reicht mir die Hand. ER hat frische Klamotten an, bemerke ich sofort. Von dem anstrengen-den Auftritt ist ER nat�rlich verschwitzt gewesen, umso mehr wundert mich sein lockeres Auftreten jetzt.
"You are the girl in the cafe yesterday afternoon, aren't you?"
Ich kann nur nicken.
Jetzt nimmt ER etwas von dem Sideboard und h�lt es mir hin.
"Meine Kette," jauchze ich, zucke erschrocken zusammen und versuche es noch einmal. "This is my chain! How do you�?"
ER l�chelt, doch da bemerkt ER das blutverschmierte Taschentuch an meiner lin-ken Hand.
"Oh, I'm sorry about that, I can think about how this happened. John, would you please�"
Der Aufpasser nickt nur und kehrt kurze Zeit sp�ter mit einem Pflaster zur�ck. "Thank you... John." Schnell habe ich die kleine Wunde versorgt. "And thank you for the chain."
"It laid under your chair after you was gone. So I took it. I saw you in the con-cert in the first line and so I let you come, because I wanted to hand it back to you."
ER gibt sich wirklich M�he langsam und deutlich zu sprechen, gestern hatte ich wirklich nicht alles aus dem amerikanischen Slang verstanden. Ich gebe mir einen Ruck und bedanke mich, um mein bestes Englisch bem�ht. Ich sage wie unter-haltsam und witzig ich den Nachmittag im Caf� gefunden hab und werde immer sicherer. Ein gestrenger Blick einer der Aufpasser bringt mich dazu mich zu ver-abschieden.
"Thank you for the chain. And thanks for this great concert!"
ER reicht mir die Hand.
"It was nice to meet you, Maike."
ER gibt dem Aufpasser einen Wink mich hinauszubegleiten. Gl�cklich l�chelnd ge-he ich in die Nacht hinaus und taste vorsichtig nach dem Autogramm. "For Maike, the nice girl in the cafe with the silver-blue chain..."
Ich werde niemandem davon erz�hlen, nehme ich mir vor. Nicht zuletzt, weil sonst ein ewiges Gerede um IHN los gehen k�nnte. Das bleibt unter uns... "I think this right mixture between popstar and sweetness is it what makes all the hearts of young girls fly to him, my one, too�"

"Tut mir wirklich Leid, dass ich doch nicht nach Freiburg gekommen bin," sagt Judy am n�chsten Tag am Telefon. "Aber ich denke, du hast dich auch so gut am�siert."
"Ja, hab ich," sage ich nur l�chelnd und ber�hre sacht den Schriftzug auf dem Autogramm, von meinem Star. Danke, Judy, dass du nicht gekommen bist...


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