Pandaimonion

herausgegeben von Ernst Wurdack

Taschenbuch
130 Seiten
Preis: Euro 7,70

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Kurzgeschichten von Eddie M. Angerhuber, Fran Henz, Markus K. Korb, Judith Rau, Petra Wilfert, Martin Herbst, Jakob Berghammer, Heike Rau, Frank Liebchen, Christian Sch�nwetter, Regina Schleheck, Nadine Muriel, Thomas Kohlschmidt, Armin R��ler, Wulf Dorn, Niels Peter Henning, Henry Bienek, Bernhard Brunner, Martin Witzgall, Michael Borlik und Christine K�ck


Zum Inhalt:
Bereits zwei Monate nach der Themenanthologie 'D�stere Visonen'
erscheint ein weiterer Band der neuen Reihe Story-Olympiade 'Spezial'.
Die Autorinnen und Autoren erz�hlen vom D�monischen in den Menschen,
von ihren �ngsten, von der Hilflosigkeit, dem Ausgeliefertsein,
und von allzu absonderlichen Verhaltensweisen mancher Zeitgenossen.
Die Erz�hlungen schildern aber auch, wie das Unfassbare, das B�se in unsere Welt eindringt -
Schritt f�r Schritt, und oftmals von unserer Gesellschaft unbemerkt oder unbeachtet.
Schlie�lich ist es f�r die Menschheit leichter und bequemer,
die Augen und die Ohren zu verschlie�en,
anstatt die Warnungen von vermeintlichen Spinnern zu beachten
oder die verzweifelten Hilferufe von Sonderlingen ernstzunehmen.
Splatter und Gemetzel wird der Leser in diesem Buch allerdings vergeblich suchen.
Denn Horror ist nicht gleichzusetzen mit sinnlosen Gewaltorgien.
Horror in Verbindung mit Phantastik ist ein Grauen, das im Kopf entsteht.


Schatten der Vergangenheit
(Leseprobe)

Ein d�sterer, kleiner Raum, bar jeder Einrichtung. Seinen Proportionen nach vielleicht eine Dachkammer. Darin sind zwei Gestalten, beide wegen der Dunkelheit kaum zu erkennen. Unzweifelhaft aber eine Frau und ein Mann.

Die Frau hat langes, fast schon unnat�rlich schwarzes Haar. Ihr Gesicht bleibt verschwommen. Sie tr�gt dunkle Kleidung, hebt sich nur wenig vom Hintergrund ab. Der Mann steht bei ihr, beobachtet, was sie tut. Er ist einen halben Kopf kleiner und hat eine Schildm�tze auf dem Kopf. Die Aufschrift ist nicht zu lesen. Auch seine Kleider sind schwarz. Er bewegt sich selten, wenn, dann um ihr auszuweichen. Sonst wirkt er passiv, abwartend, unschl�ssig. Als wisse er nicht so recht, was er von dem zu halten hat, was sich hier abspielt.

Dagegen ist die Frau in beinahe hektische Aktivit�t verfallen. Nichts von dem, was sie macht, wirkt ziellos. Sie scheint sich immer sicher zu sein, was ihr n�chster Handgriff sein wird. Sie holt verschiedene Utensilien aus einem kleinen Koffer, verteilt sie in dem kleinen Zimmer, beugt sich zu Boden, kniet nieder, f�hrt mit ihren H�nden �ber das Holz, schreibt oder zeichnet dort etwas hin. Dann ist sie wieder in einem anderen Eck des Raums, wiederholt dort die Prozedur. Der Mann steht nur da, schaut zu, m��ig interessiert.

Die Frau geht einen Kreis ab, langsamer jetzt, nicht mehr eilig, verteilt Teelichter in regelm��igen Abst�nden auf den Boden. Sie zieht ein Streichholz hervor, entz�ndet es und schreitet den Kreis erneut ab, brennt dabei die kleinen Lichter an. Der dunkle Raum wird dadurch schwach erhellt. Tats�chlich ist ein perfekter Kreis auf den Boden gezeichnet. Au�erhalb von ihm stehen die neun Teelichter, die jetzt das Licht spenden. Auch ihr Platz ist pedantisch vorgegeben. Kleine f�nfzackige Sterne sind mit roter Farbe auf das blanke Holz gemalt. Auf jedem Stern befindet sich nun ein Licht. Der Mann betrachtet, was die Frau gezeichnet hat.

Sie ist l�ngst nicht fertig. Erneut kniet sie am Boden, malt jetzt ein Dreieck. In dieses stellt sie eine Schale, die schwach golden gl�nzt, und in der sich eine r�tliche Fl�ssigkeit tr�ge bewegt. Langsam steht sie auf, geht wieder zu dem Koffer. Aus diesem holt sie ein silbernes Gef�� hervor, �ffnet es, entz�ndet ein neues Streichholz an einem der Teelichter und h�lt es ins Innere des Gef��es. Nach kurzer Zeit ist schwacher Rauch zu sehen, der aus dem Inneren dringt. An einer metallenen Kette h�lt sie das Gef�� auf Brusth�he von sich, den Arm ausgestreckt. Sie l�sst es leicht vor- und zur�ckwippen, w�hrend sie den Kreis erneut abschreitet. Sie geht exakt auf seiner d�nnen Linie. Aus dem Gef�� raucht es in gleichbleibender Intensit�t. Der Mann blinzelt mit den Augen, als der Rauch ihn erreicht. Er schnuppert, Erkennen zuckt �ber sein bisher teilnahmsloses Gesicht. Er hustet nicht.

Der Rundgang ist beendet. Die Frau taucht das Gef�� in eine weitere vorbereitete Schale, die neben dem Koffer steht. Es zischt leise, noch einmal steigt Rauch auf, st�rker jetzt, ehe er endg�ltig ausbleibt. Sie legt das Gef�� achtlos weg, greift in den Koffer. Sie bedeutet dem Mann, in den Kreis zu treten. Sie selbst h�lt nun zwei Gegenst�nde in H�nden. Der Stab in der Linken ist aus dunklem Holz, das vollst�ndig mit verschn�rkelten Ornamenten verziert ist. N�chtern wirkt dagegen das archaische Schwert in ihrer Rechten. Die Klinge aus blankem Stahl, der Griff schmucklos und kalt. Die Frau hebt beides �ber ihren Kopf, tritt dann ebenfalls in den Kreis, in dem der Mann schon wartet. Noch immer ist ihr Gesicht nicht zu sehen.

Genau in der Mitte des Kreises ist eine weitere Zeichnung auf dem Boden. Sie macht keinen Sinn, gleicht entfernt einigen der Ornamente auf dem Stab der Frau, aber keinem konkreten Gegenstand. Die Frau h�lt ihren Blick dennoch starr auf das Bild gerichtet, b�ckt sich, f�hrt mit dem Stab die Linien nach. In der anderen Hand h�lt sie immer noch das Schwert. Jetzt murmelt sie leise fremdartige Worte, die nicht zu verstehen sind. Was sie sagt, klingt d�ster, bedrohlich. Ihre Stimme ist unnat�rlich tief.

Immer noch Unverst�ndliches vor sich hin murmelnd, beginnt sie langsam und regelm��ig, sich mit dem ganzen K�rper vorw�rts und r�ckw�rts zu bewegen. Der Mann imitiert sie, den Blick dabei st�ndig auf sie gerichtet. Auch seine Lippen zucken, doch kein Laut ist von ihm zu h�ren. W�hrend die Bewegungen der Frau gleichm��ig bleiben, werden die seinen langsamer, als versinke er in Trance. Dann scheint auch die Frau diesen Zustand erreicht zu haben, beide sind wieder synchron. Das Schwert h�lt sie jetzt sch�tzend vor sich.

Feiner Nebel entsteht an der Stelle, an der die Frau die golden gl�nzende Schale mit der r�tlichen Fl�ssigkeit abgestellt hat. Beide schauen hin, wie gebannt. Der Nebel wird dichter, gewinnt Gestalt. Ein Laut ist zu h�ren, einem St�hnen gleich, das lang gezogen durch den Raum hallt.


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