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Knappes Ja zu Auslandeinsätzen

Militärvorlagen - 2 x JA! Ist Blochers Zeit vorbei?

Militärvorlagen Blocher: Ich bin noch lange nicht erledigt

«Das ist ein Ja zu Neutralität und Solidarität»

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Knappes Ja zu Auslandeinsätzen

Zum ersten Mal seit Jahren setzte sich der Bundesrat in einer aussenpolitischen Frage an der Urne gegen Christoph Blocher durch.

Von Markus Somm, Bern

Mit der äusserst knappen Mehrheit von 51 Prozent Ja-Stimmen akzeptierten die Schweizerinnen und Schweizer die beiden Militärvorlagen. Zu verdanken ist das Ergebnis vor allem den Stimmberechtigten in den grossen Städten Zürich, Basel und Bern. Auf dem Land wurden die Vorlagen mehrheitlich abgelehnt, ebenso reserviert stimmte die Romandie und das Tessin. Die Stimmbeteiligung lag bei 42 Prozent.

Verteidigungsminister Samuel Schmid reagierte erfreut auf die Annahme der Militärvorlagen - gab sich aber betont nüchtern und sensibel: Man werde die grosse Minderheit derjenigen, die Nein sagten, auf jeden Fall respektieren. "Wir werden unsere Versprechen halten." Was konkret vor allem heisst: Auf die Neutralität werde geachtet, und die Schweizer Soldaten unter Uno- oder OSZE-Mandat würden "in keinem Fall an Kampfhandlungen teilnehmen". Ausserdem wolle man prüfen, ob das Ergebnis auch Konsequenzen für die Armeereform (Armee XXI) haben müsste. Schmid unterliess es tunlichst, das knappe Ja als Zeichen der "Öffnung" zu interpretieren. Mit Blick auf den Uno-Beitritt sagte er: "Für mich gibt es keinen direkten Sachzusammenhang."

Christoph Blocher, Zürcher SVP-Nationalrat und Präsident der Auns, vermied es ebenso, eine aussenpolitische Niederlage einzuräumen: Umso mehr erinnerte er den Bundesrat an dessen Versprechen, die Neutralität zu wahren. Zudem erwartet Blocher Abstriche bei der Armeereform - ansonsten werde er die gesamte Revision erneut mit einem Referendum bekämpfen. Auch die GSoA, die zweite Gruppe, die das Referendum ergriffen hatte, will den Bundesrat überwachen: Nehme die Landesregierung ernst, was sie versprochen habe, müsste sie die Armee XXI auf jeden Fall korrigieren. Sehr zufrieden waren drei Bundesratsparteien: Die SP sieht im Ergebnis vor allem eine Niederlage von Blocher und eine gute Voraussetzung für den Uno-Beitritt; auch die CVP erkennt darin die Bereitschaft zu mehr "internationalem Engagement". Die FDP warnte vor "Übermut" bei der Armeereform. Die SVP schliesslich, die Bundesratspartei, die gegen den eigenen Bundesrat angetreten war, wies auf das knappe Ergebnis hin: Das Volk habe explizit nur Ja zum Selbstschutz bei humanitären Einsätzen gesagt. Schützenpanzer etwa seien damit schon ausgeschlossen.

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Militärvorlagen
2 x JA! Ist Blochers Zeit vorbei?


 
VON URS MOSER
 
BERN ­ Der Abstimmungskampf war so hart wie nie zuvor. Der Bundesrat hat sein ganzes Gewicht in die Schlacht geworfen. Jetzt hat das Volk entschieden: Es sagte 2 x Ja zu den Militärvorlagen. Es sagte Ja zu einer solidarischen Schweiz und Nein zu Blochers Isolationskurs.
 
Christoph Blocher hat eine bittere Niederlage eingefahren. Ohne die Stimmen aus dem links-pazifistischen Lager der Armeegegner hätte er mit seiner Auns eine deutliche Schlappe erlitten. Mit 51 Prozent Ja-Stimmen stärkte das Stimmvolk dem Bundesrat den Rücken.
Blocher hatte die Abstimmung über die Militärvorlagen zur Schicksalsfrage für die Zukunft einer neutralen oder Nato-hörigen Schweiz stilisiert.
Das Stimmvolk ist Blochers millionenschwerer Kampagne nicht auf den Leim gekrochen. «Die nationalistische Kampfmaschine Auns wurde gestoppt», stellte SP-Vizepräsident Hans-Jürg Fehr fest. Ist wirklich das Ende der von Blocher angeführten Isolationspolitik eingeläutet? «Seine Position in der SVP wurde eher geschwächt», meint der neue FDP-Präsident Gerold Bührer. Ist Blochers Zeit vorbei?

Grabkreuz-Inserate, Verunglimpfung von Offizieren, zu Pistolen verunstaltete Schweizerkreuze. Die Gegner hatten die Politik von Bundesrat und Parlament durch den Dreck gezogen.
Der Bundesrat liess sich das nicht gefallen, verurteilte die Kampagne in einer noch nie dagewesenen Schärfe. Und er bekam gestern Recht.
Verteidigungsminister Samuel Schmid zu BLICK: «Es ist nicht Sache des Bundesrates, für künftige Kampagnen Vorschriften zu machen. Aber es wird jetzt Sache der Parteien und der Gesellschaft sein, dies zu thematisieren.»
Die Diskussion wird nötig sein. Blocher kündigte bereits an, gegen Armeereform und Uno-Beitritt erneut mobilzumachen. CVP-Präsident Philipp Stähelin sieht Blochers Einfluss zwar auf «ein normales Mass zurückgestutzt». Aber gerade bei der Uno-Abstimmung wird er noch einmal ein harter Gegner. Dann wird es neben dem Volks- auch das Ständemehr brauchen.

Gestern liessen sich die Stimmberechtigten in 15 Kantonen von der Auns-Maschinerie überzeugen, zur Ja-Mehrheit reichte es nur in elf Kantonen. Die traditionellen CVP-Stammgebiete in der Innerschweiz: mit Ausnahme von Luzern Blocherland. Die Ostschweiz: fest in der Hand der selbst ernannten Bewahrer von Souveränität und Neutralität.
Der Graben verlief entlang einer neuen Front. Nein an der Peripherie und in den ausgesprochen ländlichen Kantonen, Ja in den Agglomerationen des Mittellands. Eine besondere Genugtuung für VBS-Chef Samuel Schmid: Nirgends fiel der Ja-Stimmen-Anteil so deutlich aus wie in seinem Heimatkanton Bern mit 58 Prozent. In der armeekritischen Westschweiz, wo SVP und Auns eine untergeordnete Rolle spielen, fiel die Spaltung der Linken massgeblich ins Gewicht.
Der Bundesrat ist sich bewusst, dass er gestern eine labile Mehrheit auf seiner Seite hatte. Im Zürcher Rechenzentrum des GfS-Forschungsinstituts lagen die Hochrechnungen zwischenzeitlich bei exakt 50 Prozent für Befürworter und Gegner. Im Bundeshaus hatte man die Abstimmung insgeheim schon verloren gegeben. Um 17 Uhr verkündete Samuel Schmid vorsichtigt: «Das knappe Resultat ist ein Entscheid für einen besseren Schutz der Truppen im Ausland und eine gut ausgebildete Armee, aber kein Blankoscheck.»
 
Worum geht es bei Armee XXI?
BERN ­ Blocher zielt jetzt voll auf die Armee XXI:

 
Das militärische Reformwerk befindet sich bis Ende Juli in der Vernehmlassung. In der Wintersession soll es ins Parlament kommen. Neben einer Verkleinerung der Armee auf rund 140000 Mann Aktive und 80000 Mann Reserve soll die Armee XXI Kosten von je zwei Milliarden Franken für Investitionen und Betriebskosten verursachen. Belastet ist die Armeereform von internen Studien und Papieren, die sie dem Verdacht aussetzen, dass es letztlich doch um eine Annäherung an die Nato geht.

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SVP-Bundesrat Samuel Schmid
«Das ist ein Ja zu Neutralität und Solidarität»

 

VON URS MOSER
 
BERN ­ Bundesrat Samuel Schmid (54) bleibt vorsichtig. Er will den Abstimmungssieg nicht als Zeichen der Öffnung interpretieren.
Bundesrat Samuel Schmid will die Entscheide vom Wochenende nicht als Zeichen der Öffnung interpretieren.


Haben Sie überhaupt noch an einen Sieg geglaubt?
Samuel Schmid:
«Ich hatte bis am Schluss des Abstimmungskampfes ein positives Gefühl. Ich war überzeugt, dass es von den rund elf Prozent Unentschlossenen noch zahlreiche Ja-Stimmen geben würde, wenn sie sich näher mit den Vorlagen befassen.»

Nächstes Jahr steht die Abstimmung über den Uno-Beitritt an. Glauben Sie, dann auch die Mehrheit der Kantone überzeugen zu können?
Schmid:
«Ich bin dagegen, einen Zusammenhang zwischen den Militärvorlagen und dem Uno-Beitritt zu konstruieren. Es ging am Sonntag auch nicht um eine sicherheitspolitische Öffnung der Schweiz, sondern um eine Bestätigung und Verbesserung dessen, was heute schon möglich ist. Das Stimmvolk hat sich für eine Fortsetzung der schweizerischen Tradition von Neutralität und Solidarität ausgesprochen.»

Bedeutet das knappe Ergebnis, dass massive Korrekturen am Konzept für Armee XXI vorgenommen werden müssen?
Schmid:
«Ob sich Retuschen oder Korrekturen aufdrängen, wird die laufende Vernehmlassung zum Armeeleitbild zeigen. Grundsätzlich bin ich offen gegenüber Verbesserungsvorschlägen. Es gibt aber keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Volksentscheid vom Sonntag und der Armee XXI. Im Übrigen darf man die 49 Prozent Nein angesichts der gespaltenenen, ganz unterschiedlich motivierten Nein-Front im Hinblick auf die Armeereform nicht überinterpretieren.»

Friedenstruppen können bewaffnet werden. Heisst das, Sie schicken jetzt Schützenpanzer in den Kosovo?
Schmid:
«Wir werden zusammen mit den zuständigen Kommissionen des Parlaments zu entscheiden haben, ob der Einsatz verlängert und wie der Auftrag der Schweizer Truppe definiert werden soll. Es ist möglich, dass dazu auch Schützenpanzer eingesetzt werden. Aber ich betone, dass auch Schützenpanzer nur zum Selbstschutz der Truppe eingesetzt würden.»

Der Kurs Ihrer Berner SVP hat sich durchgesetzt. Ist das Ende der Blocher-Dominanz in der SVP eingeläutet?
Schmid:
«Das will und habe ich nicht zu interpretieren. Ich nehme erfreut zur Kenntnis, dass der Kanton Bern, wo meine Partei die Ja-Parole herausgab, den höchsten Ja-Stimmen-Anteil verzeichnete. Ich bin allen dankbar, die sich für die Vorlagen einsetzten, und bemühe mich jetzt, auch diejenigen vom Sinn und der Qualität unserer Sicherheitspolitik zu überzeugen, die am Wochenende Nein stimmten.»

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Militärvorlagen
Blocher: Ich bin noch lange nicht erledigt

 
VON GEORGES WÜTHRICH


 
ZÜRICH ­ Blocher trotzt: Unbeeindruckt von der Abstimmungsniederlage gibt der Kämpfer für Neutralität und Unabhängigkeit nicht auf. Er behauptet, sie sei auch bei einem Uno-Beitritt bedroht. Deshalb sei er jetzt erst recht gefordert, erklärt Christoph Blocher im BLICK-Interview.
 
Herr Blocher, was bedeutet diese Niederlage für Sie?
Christoph Blocher:
«Ich verstehe Ihre Frage nicht.»

Sie haben verloren.
Blocher:
«Natürlich, und das bedauere ich auch.»

Aber Ihre Gegner sagen Ihr politisches Ende voraus.
Blocher:
«Wer meint, ich sei erledigt, der täuscht sich. Man hat mein politisches Ende schon manchmal angesagt.»

Nochmals: Was bedeutet der 10. Juni 2001 für Ihre politische Karrriere?
Blocher:
«Die geht weiter. Nur noch etwas intensiver. Jetzt muss ich wachsam sein wie ein <<Chog>>, dass der Bundesrat alle Versprechen einhält, die er unter unserem Druck gemacht hat: neutral bleiben, Milizarmee aufrechterhalten, kein Nato-Anschluss. Der nächste Prüfstein ist die Armeereform XXI, beziehungsweise die damit verbundene Totalrevision des Militärgesetzes. Wenn der Bundesrat und die Befürworter von heute die Versprechen nicht erfüllen, treten wir wieder an. Dann kommen wir bestimmt durch.»

Was heisst das für die künftigen Rüstungsprogramme?
Blocher:
«Diese Kredite werden wir ganz genau durchleuchten und jeden Schabernack heftig bekämpfen.»

Welchen Schabernack?
Blocher:
«Beispielsweise die Vorbereitung auf eine Kriegsführung im so genannten operativen Vorfeld von 300 Kilometer Radius. Ich will keine Schweizer Brigaden vor Genua. Das steckt nachweisbar in den Köpfen des VBS ­ und das muss Samuel Schmid wieder rausbringen.»

Und der Uno-Beitritt?
Blocher:
«Ich trete nochmals voll gegen den Uno-Beitritt an, weil die Neutralität aufgegeben wird.»

Was sagen Sie zum Sieg des Bundesrates gegen Sie?
Blocher:
«Ich habe die Militärvorlagen nicht zum Prestigeobjekt zwischen mir und dem Bundesrat gemacht ­ ganz im Gegensatz zum Bundesrat. Ich hätte ja nach dieser Rechnung 49 Prozent der Schweizer Bevölkerung hinter mir und der siebenköpfige Bundesrat nur 51 Prozent. Das wäre ja für den Bundesrat wahnsinnig.

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